Still Some Hope Left von Lady_Red-Herb ================================================================================ Kapitel 38: Der Albtraum wiederholt sich ---------------------------------------- Eine ganze Weile lang war Sherry mit Wesker unterwegs gewesen, doch sobald es diesem etwas besser gegangen war, hatten sich ihre Wege wieder getrennt. Der Blonde war, weil es sich einfach nicht länger vermeiden ließ, nach Hause zurück gekehrt, und Sherry hatte sich auf den Weg zu Chris und den Anderen gemacht. Einen verpassten Anruf von Jill hatte sie auf dem Handy entdeckt, und schnell hatte sie ihr in einer kurzen Nachricht geschrieben, dass alles in Ordnung war, und dass sie zurück kommen würde, dass sie bereits auf dem Weg war. Und auch, dass der Simmons-Klon endgültig vernichtet worden war, von Wesker. Anschließend hatte die junge Agentin bei Hunnigun angerufen, weil sie sich langsam doch Sorgen machte, dass von Seiten der Regierung gar keine Rückmeldungen mehr kamen. Hunnigan hatte sich entschuldigt, weil einfach so viel los gewesen war, und sie sich deshalb nicht hatte melden können. Truppen würden jedoch jeden Moment ausrücken, um die restlichen Virusträger unschädlich zu machen. Auch das hatte Sherry Jill dann in einer weiteren SMS mitgeteilt, damit sie und die Anderen schon einmal ein wenig aufatmen konnten, ehe sie ihre Schritte ein wenig beschleunigt hatte. Sie wurde langsam wirklich müde, und der Verlust schmerzte noch immer sehr, er war kaum zu ertragen, vor allem jetzt, da doch ein Teil der Angst von Sherry abfiel. Als die Agentin nach einer Weile ankam, richteten sich die Blicke der Drei auf sie, und in ihren Augen zeichnete sich Schmerz ab. Selbst in Piers' Blick war dieser deutlich zu erkennen. Klar, er hatte Jake nicht gemocht, aber den Tod hatte er ihm nicht gewünscht, nicht mehr. Irgendwie waren sie in der kurzen Zeit doch alle ein wenig zusammengewachsen, und auch Jake hatte er verstehen gelernt. Natürlich rechtfertigte nichts davon, dass der Kerl auf seinen Captain geschossen und ihn dieses Mal fast getötet hatte, aber dennoch milderte es die Umstände ein wenig. Und letzten Endes war Jake bei dem Versuch gestorben, sie alle zu retten. Das war ihm durchaus hoch anzurechnen. „Es tut mir leid, Sherry", murmelte der junge Soldat deshalb leise, erhob sich und legte leicht die Arme um die Blonde, die bei dieser sanften Berührung dankbar seufzte. Die Nähe tat gut, und sie zeigte ihr, dass sie nicht alleine war, dass sie hier Freunde hatte, die ihr halfen, irgendwie mit dem Schmerz klar zu kommen. Und das war einfach wunderbar, alleine das Wissen half, sich ein wenig besser zu fühlen. „Hey…" Sherry blinzelte leicht, als sie Piers' Stimme erneut vernahm, dieses Mal leiser, beinahe etwas besorgt. Und erst jetzt merkte die Blonde, dass sie sein Oberteil an der Schulter schon mit ihren Tränen genässt hatte. Sie hatte gar nicht mitbekommen, dass sie wieder zu weinen begonnen hatte, es war einfach über sie gekommen. Sie waren in Sicherheit, Simmons war tot, Wesker stellte keine Gefahr mehr dar. Nun ließ das Adrenalin nach, und die Trauer übermannte die junge Frau einfach. Schluchzend drückte sie sich etwas an Piers und krallte die Finger in sein Oberteil. Etwas unbeholfen strich der junge Soldat über Sherrys Rücken, um sie irgendwie zu trösten. Damit hatte er nicht unbedingt Erfahrung. Chris wäre eher der Mann für so etwas gewesen. Oder am besten Jill, die war immerhin eine Frau. Und Frauen konnten so etwas ja meistens besser. Aber Chris war noch immer ziemlich angeschlagen, auch wenn seine Verletzung halbewegs geheilt war, in der kurzen Zeit, in der sein Körper das C-Virus beherbergt hatte. Aber das Blut hatte es nicht auffüllen können, und der Kampf von Virus gegen Antivirus hatte seinem Körper ebenfalls zugesetzt. Jill hätte zwar die Möglichkeit gehabt, Sherry zu trösten, aber Piers war nun einmal als Erster aufgestanden, und so hatte sich die Blonde eben ihm an den Hals geworfen. Und es störte ihn ja auch nicht, er wusste nur nicht, was er tun oder sagen sollte. Aber etwas zu tun oder zu sagen war eigentlich auch gar nicht nötig. Sherry reichte die Nähe, das Wissen, jemanden bei sich zu haben, Menschen, denen sie vertrauen konnte. Langsam beruhigte sie sich dann auch wieder, wischte sich die restlichen Tränen weg und blickte entschuldigend auf den nassen Fleck auf Piers' Oberteil. Doch der Scharfschütze schüttelte nur den Kopf und strich Sherry eine ihrer kurzen Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Alles wieder ok?", fragte er, auch wenn er wusste, dass natürlich nicht alles ok war. Weinen brachte Jake nicht zurück, und auch, wenn Sherry mit dem Schmerz nun etwas besser klar kam, war der nicht einfach verschwunden. Dennoch antwortete Sherry mit einem Nicken und einem schwachen Lächeln. „Ja, geht schon wieder." Was sollte sie auch sonst sagen? Jammern, wie schlimm das alles war? Das wollte sicher keiner der Anderen hören, auch wenn sie sich vermutlich nicht einmal beschwert hätten. Aber es musste dennoch nicht sein. Sherry wollte ihren Worten gerade trotzdem noch etwas hinzufügen, als sie ein leises Brummen vernahm und dann einen ihr bekannten Klingelton hörte. Ihre Hand wanderte zu ihrem Handy, und sie erkannte Hunnigans Nummer. Sherry bedeutete den Anderen, leise zu sein, auch wenn von ihnen ohnehin keiner etwas gesagt hatte, dann ging sie ran, meldete sich und wartete ab. Nach und nach verfinsterte sich ihre Miene, dann wurde Sherry immer blasser, und sie begann so sehr zu zittern, dass Piers fürchtete, sie würde gleich einfach das Handy fallen lassen. Wieder waren alle Blicke auf die junge Agentin gerichtet, die nun einfach ins Leere stierte und Hunnigan weiter zuhörte, oder vielleicht auch nicht mehr, das war ihrem Blick nicht mehr wirklich zu entnehmen. „Sherry…?", versuchte Piers es deshalb, und auch Jill kam ihr näher, bedeutete Chris, der sich ebenfalls erheben sollte, mit einem strengen Blick, lieber sitzen zu bleiben. „Was ist los?" Sherry, wer ist dran? Was ist passiert?" „Hey?!" Erst Piers' lautere Stimme holte die Blonde wieder richtig hoch, und sie blinzelte ein paar Mal, bis sie sich wieder des Telefons in ihrer Hand bewusst wurde, an dem sie nun wieder Hunnigans Stimme vernahm, die ebenfalls lauter und besorgter geworden war. „Ich… ich hab verstanden. Wir… wir werden sehen, ob wir das irgendwie… verhindern können", stammelte sie, legte auf und ließ das Handy dann tatsächlich einfach fallen, ehe sie selber nach vorne und in Piers' ausgebreitete Arme fiel. Zum Glück reagierte der Scharfschütze automatisch verdammt schnell und konnte sie deshalb auffangen. „Was zum Teufel ist denn passiert?", wollte er wieder wissen, und seine Stimme klang sehr alarmiert. Sherry sah aus, als hätte man ihr berichtet, dass man sie alle grausam abschlachten würde. Und was sollten sie verhindern? Doch Piers fragte nicht noch einmal nach, sondern wartete nun, bis Sherry wieder richtig bei sich war, die Schultern straffte, und sie alle drei mit ernstem Blick ansah. „Ruft… ruft Leon und Claire her und dann… dann muss ich euch etwas Schreckliches mitteilen", flüsterte sie und senkte leicht den Blick. Was Hunnigan ihr da gesagt hatte, konnte sie einfach nicht glauben… „Sie… sie werden was?!" Leon starrte Sherry bei ihren Worten ungläubig an, schüttelte den Kopf und ballte die Hände zu Fäusten. Das konnte nicht wahr sein, das durfte nicht wahr sein! Sollte das alles wieder von vorne los gehen? Sollten schon wieder so viele Unschuldige… Aber gab es überhaupt noch welche? Bisher hatten sie keinen lebenden Menschen mehr gesehen, sie waren die Einzigen. Und sie wussten Bescheid, sie konnten verschwinden. Und dennoch… dennoch wollte Leon das einfach nicht glauben. „Hunnigan hat versucht, sie abzuhalten, ihnen zu erklären, dass es nicht nötig ist. Aber der neue Präsident ist anderer Meinung. Simmons und er wären vermutlich gute Freunde geworden…", murmelte die Blonde und seufzte leise und müde auf. „Sie wollen die Stadt vernichten, auslöschen, wie sie es mit Raccoon City getan haben. Einfach alles in die Luft sprengen, alle Spuren verwischen und den Menschen irgendein Märchen auftischen…" Und das war es, was Leon am meisten aufregte. Sie waren so nah dran gewesen, der Welt die verdiente Wahrheit zu präsentieren. Die Menschen hatten ein Recht darauf, zu erfahren, was wirklich da draußen vor sich ging. Ja, es würde eine Panik geben, vermutlich. Aber dann waren die Leute wenigstens gewarnt. Doch so? So wurde alles wieder totgeschwiegen, alles vertuscht, der Bioterrorismus als Mythos dargestellt, der gar nicht existierte. Es war wie damals mit S.T.A.R.S.. Niemand würde ihnen glauben, wenn sie versuchten, doch alles an die Öffentlichkeit zu bringen. Selbst jetzt, 15 Jahre nach Raccoon, war es noch immer so verdammt kompliziert, den Menschen die Wahrheit zu berichten. Denn es gab immer Leute wie Umbrella, Simmons, den neuen Präsidenten. Leute, die nur an sich selber dachten, an ihren Ruf. Ruf… Was brachte der einem schon? Ruf half nicht, zu überleben, sich zu verteidigen, den Wahnsinn zu beenden. Ruf brachte einem verdammt noch mal rein gar nichts. „Und was machen wir jetzt?" Claire hatte sich zu ihrem Bruder auf die Couch gesetzt und diesen erst einmal eingehend besorgt gemustert. Als sie gehört hatte, was passiert war, war sie entsetzt gewesen, aber Chris hatte sie beruhigt, dass alles in Ordnung war, dass er das überstehen würde. Und trotz allem hatte Claire und Leon auch Jakes Tod erschreckt. Von Wesker hatte Sherry erst einmal nichts berichtet. Sie hatte nicht einmal gesagt, dass dieser Jakes Leiche hatte, und auch Jill hatte nichts dazu gesagt. Sherry hatte die Lüge in den Raun geworfen, dass sie Jakes Körper vergraben hätte, wie es sich eben gehörte. Niemand hier musste unbedingt die Wahrheit wissen. Und sie war sicher, dass sie Wesker, zumindest, was seinen Sohn betraf, vertrauen konnte, dass er dessen Körper nichts antun würde. Und vermutlich würde der Blonde Jake später selber wirklich vergraben oder verbrennen. Wieder schluckte Sherry schwer, doch sie schaffte es, nicht wieder in Tränen auszubrechen, sondern konzentrierte sich einzig und alleine auf Claires Frage. „Ich weiß es nicht", murmelte sie dann aber nur und schüttelte hoffnungslos den Kopf. Was sollten sie auch schon tun? Sie konnten keine Truppe der Army aufhalten, das war unmöglich. Hunnigan hatte ja schon alles versucht, und auch sie hatte keinen Erfolg gehabt. „Ich fürchte, wir… wir können nur fliehen", fügte sie dann leise hinzu und ließ den Kopf hängen. Ja, das war vermutlich ihre einzige Wahl. Die Stadt verlassen, dabei schauen, dass nichts und niemand außer ihnen sie verlassen hatte. Zumindest nichts, das nicht menschlich und am Leben war. Und wenn sie unterwegs den ein oder anderen Infizierten trafen, oder irgendeine BOW, dann mussten sie diese vernichten. Mehr konnten sie nicht mehr tun. Diese Stadt war verloren, so, wie Raccoon vor guten 15 Jahren verloren gewesen war. Sie alle waren dort gewesen, jeder Einzelne von ihnen. Sherry war damals erst 12 gewesen, doch sie erinnerte sich an alles. An die Angst, die schiere Panik, an die Erleichterung, als sie Claire und Leon begegnet war. Daran, wie sie erfahren hatte, dass ihre Eltern gestorben waren, daran, wie die Regierung Leon und sie aufgeschnappt hatten. Und Jill und Chris waren wenige Monate vor dem schlimmsten Ausbruch dort gewesen. Beim Vorfall im Spencer-Anwesen. Gemeinsam mit Wesker, der an diesem Tag Chris' Erzfeind geworden war. Und Jill war anschließend ebenfalls in der Stadt gewesen und hatte einen erbitterten Kampf gegen die mächtige BOW Nemesis gefochten. Ja, das war etwas, das diese Gruppe wirklich zusammenschweißte. Ihre gemeinsamen Erinnerungen an Raccoon City. Und so traf es sie alle wie ein Schlag. Für jeden war das, was hier nun passieren sollte, ein Déjà vue. Sie hatten es in Raccoon City erlebt, bis auf Chris, und sie sollten es nun wieder erleben. Und schon in China hatten sie gedacht, dass sich das Unglück wiederholen würde, dieses Mal weltweit. Das hatten sie verhindern können. Die gesamte Welt hatten sie retten können, warum dann nicht auch eine einzige Stadt? Gut, hier war es nicht das Werk Derjenigen, die mit den Viren spielten. Hier gab es keine einsame Rakete auf einem Schiff, die sie abwehren konnten. Und selbst da war es ihnen letztendlich doch nicht ganz gelungen. Die Stadt Tatchi hatte dran glauben müssen. Vielleicht mussten sie es einfach endlich einsehen. Sie konnten nicht immer alle retten. Opfer völlig zu vermeiden, das war einfach unmöglich, so sehr sie es auch immer und immer wieder versuchten. Das hier war kein Film mit einem perfekten Happy End, es war die Realität. Und die sah nun einmal weitaus düsterer aus. „Dann sollten wir uns auf den Weg machen und verschwinden", murmelte Chris nun, und er erhob sich mit einem leisen Ächzen von der Couch. Noch immer war er blass, und seine Stirn glänzte vor Schweiß. Piers warf seinem Captain einen strengen Blick zu, sagte aber nichts. Er hatte ja recht, sie mussten verschwinden, so schnell wie möglich. Hier konnten sie einfach nichts mehr tun, es war aussichtslos. Das wusste jeder Einzelne von ihnen, auch wenn Sherry beim Telefonat wenigstens versucht hatte, irgendwie Hoffnung aufzubringen. Es war sinnlos. Piers nickte also leicht, und Jill und Claire stützten nun Chris, während der Scharfschütze auf die Tür zu trat, sie öffnete, und gemeinsam mit den Anderen das Haus verließ. Er wollte sich dann auch gerade dem Weg aus der Stadt hinaus zu wenden, als Sherry mit einem Mal stehen blieb, auf ihrer Unterlippe herum kaute und nach Worten zu suchen schien. „Was ist noch?", hakte Piers nach und sah die Blonde mit gerunzelter Stirn an. Diese schwieg noch einen Moment, dann hob sie den Blick, sah erst den Scharfschützen und anschließend dessen Captain an. „Es… es ist… wegen Wesker", murmelte sie dann und wandte den Blick wieder ab. „Er… er hat Jake. Er kam zu uns, nachdem der Simmons-Klon ihn…" Sherry stockte, schluckte schwer und biss sich so fest auf die Lippe, dass sie Blut schmecken konnte. „Jake ist sein Sohn, er würde ihm nichts tun. Und Wesker war es ja auch, der Simmons vernichtet hat. Er… er ist am Boden zerstört, er hat kein Interesse mehr daran, uns zu jagen und zu töten", meinte sie leise, wie, um sich zu rechtgertigen, und blickte nun doch wieder zu Chris, sah diesem direkt in die Augen. „Wir müssen ihn warnen, bitte", fügte Sherry nun noch hinzu, und ihr Blick war ebenso flehend wie ihre Stimme. Chris' Hände ballten sich zu Fäusten, und man konnte dem B.S.A.A.-Captain deutlich ansehen, dass er sich alle Mühe gab, nicht die Beherrschung zu verlieren. Dann jedoch beruhigte er sich langsam wieder und atmete ein paar Mal tief durch. „Na schön, suchen wir ihn und warnen wir ihn. Aber dann verschwinden wir. Wesker wird schon alleine klar kommen", murrte Chris und wandte sich ab. „Wo lang?" Sherry atmete etwas auf, lächelte leicht und gab die Richtung vor, in die sie mussten, um zu Weskers Haus zu gelangen. Sie war sicher, dass er dort sein würde. Und nach allem, was hier passiert war, wollte sie ihn wenigstens vor dem warnen, was passieren würde. Damit er die Chance hatte, ebenfalls zu entkommen. Seinen Tod wollte Sherry nicht mehr. Immerhin war Wesker alles, was sie noch irgendwie mit Jake verband… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)