Nothing to lose von ChogaRamirez (Arkham Origins) ================================================================================ Kapitel 18: Er hat es sich nicht einfach gemacht. Scheint ziemlich durchgedreht zu sein, kurz vor dem Ende und hat sich schlimm zugerichtet, bevor er sich die Kehle durchgeschnitten hat. ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------ Ich habe keine Ahnung, wie spät es ist, als sich Crane - begleitet von zwei Wachleuten - vor meiner Zelle aufbaut und mich mit einem Blick ansieht, den ich nicht so recht deuten kann. Irgendwie sieht er missgelaunt aus. Tja, wenn er mir blöd kommt, dann braucht er auch nicht erwarten, dass ich irgendwie mit ihm kooperiere. Im nächsten Moment betreten die Wachleute meine Zelle, zerren mich hoch und verdrehen mir fast die Handgelenke, um mir die Handschellen anzulegen. Dann bugsieren sie mich vor die Zelle, wo Crane mich anfunkelt. "Sie haben jetzt ein Date mit dem Commissioner", brummt er und geht zügig voran, während mich die Wachleute reichlich unsanft hinterher zerren. Reizend. Wirklich reizend. Verwirrt frage ich mich, was du hier schon wieder zu suchen hat. Sein letzter Besuch ist erst eine Woche her und nach Cranes Verhalten zu urteilen, gefällt es ihm nicht sonderlich, dass du hier ist. Den ganzen Weg bis zu den Besucherräumen grüble ich darüber nach, was das hier soll, aber ich komme nicht drauf. Vor den Besucherräumen wartest du tatsächlich. Allerdings nicht in Zivil wie beim letzten Mal, sondern in Uniform. Oder zumindest das, was du im Dienst trägst. Dann ist das also ein offizieller Besuch. In letzter Zeit habe ich nichts ausgefressen. Was also führt dich hier her? "Ich bin wirklich überrascht über Ihren Besuch, Commissioner", sagt Crane und du wirfst mir einen kurzen Blick über dessen Schulter zu. Die Wachleute zwingen mich, einige Schritte von dir und Crane entfernt stehen zu bleiben und so kann ich nicht verstehen, was Crane weiter sagt, da er nun leiser spricht. Aber anhand der Blicke, die du mir zuwirfst, wird er dich wohl über meine sogenannten Verfehlungen informieren. Na super. Scheinbar hast du dir meinen Rat, dich auf die Therapie einzulassen alles andere als zu Herzen genommen. Dr. Crane ist mehr als unzufrieden mit dir und erzählt mir mit leiser, aber sichtlich gereizter Stimme von deinem ungebührlichen Verhalten und weist mich darauf hin, dass du nach diesen Ereignissen eigentlich keine Erlaubnis hast, draußen herumzustromern. "Das kann ich natürlich verstehen, Doktor, aber wie gesagt, ich bin offiziell hier." "Dann nutzen Sie die offiziell für so etwas vorgesehenen Räumlichkeiten und nicht das Freigelände", kontert der Arzt und hat natürlich nicht Unrecht. Allerdings ist die Nachricht, die ich dir überbringen muss, ziemlich heftig, weswegen ich gern in einer angenehmeren Umgebung mit dir sprechen würde. So erkläre ich das auch Crane, der mich mit einem berechnenden Blick bedenkt. "Na gut, meinetwegen. Reden Sie Ihrem Schützling doch mal ein wenig ins Gewissen, wenn Sie schon mal hier sind." Er geht mit verbissenem Gesichtsausdruck davon. Ich lasse ein angestrengtes Seufzen ertönen. Scheinbar hat der Arzt heute schlechte Laune. Was vermutlich deine Schuld ist. "Was meinst du, Edward?", rufe ich dir zu und komme zu dir herüber. "Gehen wir wieder ein Stückchen?" Ich werfe dir einen skeptischen Blick zu, als du mir vorschlägst, wieder einen Spaziergang auf dem Freigelände zu machen. Dabei hat mir Crane doch sämtliche Privilegien entzogen. Außer zu den Therapiesitzungen darf ich momentan nicht mal meine Zelle verlassen. Deswegen reizt mich dein Angebot natürlich sehr, was ich allerdings hinter meiner gleichgültigen Fassade verberge. Mit einem schnellen Seitenblick stelle ich fest, dass dich meine uniformierten Schatten nicht aus den Augen lassen. Sie trauen dem Braten vermutlich genauso wenig wie Crane. Ich zucke mit den Schultern und erwidere deinen Blick gleichgültig. "Meinetwegen ..." Wir verlassen das Gebäude und schlagen schweigend denselben Weg ein wie beim letzten Mal. Deine Aufpasser bleiben zwar einige Schritte hinter uns, aber ich kann ihre Blicke in meinem Rücken spüren. Heute werden wir also nicht so ungestört sein wie beim letzten Mal. Du siehst recht abweisend aus, was schade ist. Irgendwie hatte ich gehofft, dass du dich mehr über meinen Besuch freust. Wobei er nicht unbedingt aus einem fröhlichen Anlass geschieht. Na ja. Ansichtssache. Vielleicht erleichtert dich die Nachricht sogar ein bisschen, auch wenn das makaber ist. "Edward", sage ich und halte meine Stimme gesenkt. Die Kerle dahinten müssen nicht alles mitbekommen. Ich schiebe eine Hand in meine Jackentasche und krame ein Päckchen Zigaretten hervor. "Ich erfülle übrigens meinen Teil der Abmachung." Auffordernd strecke ich dir die Packung entgegen. Die beiden Wachleute folgen uns natürlich. Ich habe zwar einen Moment lang angenommen, dass es für Crane ausreichend ist, dass ich mich in Begleitung des Polizeichefs befinde, aber Pustekuchen. Okay, Crane ist anscheinend doch nicht so doof, wie er aussieht. Während wir gemächlich über das Freigelände gehen, schweige ich beharrlich und halte meinen Blick auf den Boden gerichtet. Ich habe momentan nicht besonders viel Interesse daran, zu reden. Nicht mal mit dir. Ich muss schließlich irgendwie Crane aus der Reserve locken und dazu muss ich mir ein bisschen was überlegen. Überrascht sehe ich auf, als du mir plötzlich die Zigaretten hin hältst. Ich werfe meinen Schatten einen kurzen Blick zu, die mich misstrauisch beäugen. Unter Garantie werden die Crane alles stecken, was sich hier abspielt. Es hat den Psycho-Heini doch schon das letzte Mal genervt, dass er nicht wusste, was wir beide besprochen haben. "Ich darf eigentlich keine persönlichen Gegenstände besitzen ...", murmle ich und ein kurzes Grinsen huscht über mein Gesicht. "Und wenn schon", füge ich hinzu, zucke mit den Schultern und greife nach der Schachtel. "Der Police Commissioner hat es gestattet", sage ich augenzwinkernd, als ich dir mein Feuerzeug überreiche. "Außerdem passe ich ja gerade auf, dass du mit den Dingern Niemanden abfackelst oder so." Es kehrt wieder Stille ein, während wir den Weg fortsetzen und ich starre verdrießlich auf den Boden. Gelegentlich schieße ich missgelaunt einen Stein zur Seite. Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll. Normalerweise fällt es mir leichter, Angehörigen die traurige Botschaft zu überbringen. Aber du bist eben ein anderer Fall. Schon weil ich gar nicht einschätzen kann, wie du gleich reagieren wirst. "Edward ... Du hast ja sicher schon bemerkt, dass ich heute leider nicht nur zum Reden hier bin", fange ich etwas unsicher an. "Ich muss dir etwas Wichtiges mitteilen." Ich werfe dir einen skeptischen Blick zu, als ich das Feuerzeug nehme und mir eine Zigarette anstecke. Crane wird es garantiert nicht gefallen. Da werde ich mir wieder was von diesem Blödmann anhören dürfen. Aber sei's drum. Ein bisschen Spaß muss ich hier ja auch haben. Und solange Crane nicht wieder mit der Zwangsjacke kommt, komme ich damit klar. "Ich dachte mir schon, dass das kein Freundschaftsbesuch ist ...", erwidere ich leise und sehe dich kurz misstrauisch an. "Was habe ich dieses Mal angestellt, dass sogar der Commissioner hier aufkreuzt?" Eilig hebe ich in einer beschwichtigenden Geste die Hände. "Du hast überhaupt nichts angestellt. Na ja. Abgesehen davon, dass du deinem Therapeuten das Leben schwer machst." Ich räuspere mich verhalten. "Es ... es geht um deinen Vater, Edward. Es ist etwas passiert, worüber ich dich informieren muss, auch wenn du von dem Mann vielleicht nichts mehr hören willst." Erstaunt hebe ich eine Augenbraue, als du von meinem Vater anfängst. Stimmt, da war ja noch was. Ihr scheint ihn endlich gefunden zu haben, wenn du hier so rumdruggst und nicht so recht mit der Sprache rausrücken willst. Und dabei nahm ich eigentlich an, dass ihr Polizisten mit so etwas gut umgehen könnt. "Was hat er denn ausgefressen?" Ich mache eine schnelle Handbewegung, die verhindert, dass du das Wort ergreifen kannst. "Lass mich raten. Eine Kneipenschlägerei? Eine Messerstecherei? Eine Nutte? Oder hat er was in die Luft gejagt?" Ich gebe mich ruhig und unschuldig, denn ich weiß natürlich, was mit ihm passiert ist. Na ja, ich war ja selber dabei und das war mit Sicherheit kein schöner Anblick. Den Teppich kann der Vermieter vergessen. Mein Blick ruht mitleidig auf dir, als du deine Vermutungen aufzählst. Dass ein Sohn seinem Vater so etwas - mit Recht - zutraut, ist schrecklich. Es zeigt mir einmal mehr, was für ein schrecklicher Mensch dein Vater war. Und entschädigt mich dafür, dass ich den Tod dieses Mannes nicht einmal bedaure. "Nein, nichts dergleichen", murmle ich. "Dein Vater hat sich, wie es aussieht, das Leben genommen." Ich sehe dich eindringlich an. "Und im Gegensatz zu dir hat sich niemand sonderlich für ihn interessiert. Er lag da schon eine ganze Weile ..." Ich verschlucke mit tatsächlich an meinem Zug an der Zigarette und muss husten, als du mir mitteilst, dass sich mein Vater umgebracht hat. Nicht, dass es mich sonderlich überrascht, dass er tot ist. Aber dass es die Polizei wirklich für einen Selbstmord hält, ist äußerst interessant. Anscheinend bin ich besser, als ich dachte. Aber ich soll arrogant sein. Schon klar. Aber es hat sich zumindest schon mal bezahlt gemacht, die Bücher über Forensik und die Polizeiarbeit zu lesen. "Nimm's mir jetzt nicht übel ...", beginne ich mit einem nur absichtlich schlecht unterdrückten Grinsen. "Es wundert mich gar nicht, dass es Keinem aufgefallen ist. Und um ehrlich zu sein, tut es mir nicht Leid." "Tja ...", brumme ich. "Wenn ich ehrlich bin ... Ich hatte auch schon mehr Mitleid mit Opfern als in diesem Fall." Ich zucke mit den Schultern. "Jedenfalls bist du der letzte lebende Angehörige, weswegen ich dich darüber informieren muss. Was ich hiermit getan habe." Ich betrachte dich eingehend und suche nach irgendeinem Anzeichen, dass du die Sache nicht so leicht nimmst, wie du tust. Bisher kann ich da nichts erkennen. Du wirkst eher erleichtert, was ich nicht mal verwerflich finde. "Kannst du dir einen Reim darauf machen, wieso er das getan hat? Kurz nach deinem Selbstmordversuch. Das ist schon auffällig." "Glaub mir, um den ist es nicht schade ...", sage ich lapidar und werfe dir aus den Augenwinkeln einen Blick zu, als du mich musterst. Ich darf es jetzt nur nicht übertreiben und ich bin aus dem Schneider. Ich zucke nur mit den Schultern und schnippe den Zigarettenstummel weg. "Keine Ahnung. Vielleicht hat ihn ja die Fledermaus eingeschüchtert." Kurz muss ich leise auflachen, als mir das Gesicht meines Vater in den Sinn kommt, wie er um Gnade bettelt hat. Wirklich sehr amüsant. "Wie hat er es gemacht?", frage ich und lege besonderen Wert darauf, dass meine Stimme ehrlich mit einer Spur Neugier klingt. Ich werfe dir von der Seite einen schiefen Blick zu. "Willst du das wirklich wissen?", frage ich mit Besorgnis in meiner Stimme. Deine Meinung über deinen Vater ist nicht sonderlich gut. Zugegeben, ich mache mir ein wenig Sorgen, dass du es zu sehr genießen würdest, wenn ich es dir erzähle. Schließlich seufze ich und zünde mir ebenfalls eine Zigarette an. Das kann man durchaus als Stresssituation werten. "Nur so viel … Er hat es sich nicht einfach gemacht. Scheint ziemlich durchgedreht zu sein, kurz vor dem Ende und hat sich schlimm zugerichtet, bevor er sich die Kehle durchgeschnitten hat. Die Details sind hässlich - und nicht für deine Ohren bestimmt, Junge." Irgendwie ist es fast schon rührend, dass du dir wirklich darüber Sorgen machst, wie ich auf den tragischen und unerwarteten Tod meines Vaters reagiere. Ich halte den Kopf gesenkt, während du erzählst. Du könntest auch den Wetterbericht von gestern wiedergeben, es würde mich auch nicht mehr beeindrucken. "Na ja ...", sage ich lang gezogen, nachdem du geendet hast und zucke mit den Schultern. "Es war abzusehen, dass er irgendwann komplett abdreht." Und sein Gesicht war wirklich ziemlich psychopathisch, als ich ihn wie ein Schwein aufgeschlitzt habe. "Es tut mir nicht Leid um ihn. Von daher ..." Wieder zucke ich mit den Schultern. "Ich hoffe, du erwartest jetzt nicht, dass ich Mitleid heuchle oder so." "Nicht wirklich", seufze ich. "Wirklich glauben würde ich es dir sowieso nicht. Aber, Edward ..." Auch wenn ich weiß, dass du kein sonderlich großer Fan von Körperkontakt bist, landet meine Hand auf deiner Schultern und bleibt da liegen. "Wenn du irgendwie darüber reden willst, Junge, dann ... Na ja." Etwas unschlüssig fahre ich mir durch die Haare. "Ich stehe dir zur Verfügung. Nicht als Commissioner, meine ich. Als Freund." Wow. Damit habe ich mich also offiziell als Freund des attestiert verrückten Verbrechers bezeichnet, der meine Tochter auf einem Schreibtisch im GCPD entjungfert hat. Für einen kurzen Moment sehe ich deine Hand an, die auf meiner Schulter liegt und mache einen gequälten Gesichtsausdruck. Unwillkürlich verdrehe ich ein wenig meine Schulter, aber deine Hand werde ich so auch nicht los. "Es gibt nichts großartig zu reden. Er ist tot und gut ist. Meinetwegen kann er irgendwo im Wald verrotten, denn eine Beerdigung ist für ihn viel zu gut." Ich muss mich unterbrechen, um tief durchzuatmen. Die Wut, die ich gespürt habe, als ich meinem Vater die Lichter ausgeknipst habe, kommt langsam wieder hoch. Gott, wie ich den Kerl hasse! Selbst jetzt, wo er tot ist, verfolgt er mich immer noch. "Ich habe siebzehn Jahre mit ihm unter einem Dach gelebt. Einäschern und wegwerfen reicht vollkommen." "Ach, Junge", seufze ich und drücke noch einmal deine Schulter, ehe ich die Hand sinken lasse. Ich will deine Geduld mit mir nicht überstrapazieren. "Steigere dich nicht rein. Er ist weg und - so makaber das klingt - vielleicht ist das ganz gut für dich. Ich erwarte nicht, dass du mir jetzt dein Herz ausschüttest, wie sehr du Daddy vermisst. Aber du bist jetzt offiziell Waise. Das war dein letzter Angehöriger - wenn man den Mann so nennen kann." Mit verdrießlichem Gesichtsausdruck werfe ich die Zigarette nach unten und bleibe kurz stehen, um sie auszutreten. "Sag mir einfach, wenn irgendwas ist, okay? Komm bloß nicht wieder auf die Idee, dass du allein auf der Welt bist." "Ich steigere mich da nicht rein. Und wenn ich ehrlich sein soll, hätte er das ruhig schon eher machen können. Um den ist es mit Sicherheit nicht schade." Grummelnd wünsche ich mir, diese blöden Handschellen los zu sein, um die Arme verschränken zu können. Nicht, dass mich Handschellen großartig aufhalten können, aber es würde nicht gut kommen, wenn ich jetzt vor deinen Augen und denen meiner Leibwache die Handschellen knacken würde. "Es gibt da was ...", sage ich nach einem Moment. "Blackgate." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)