Nothing to lose von ChogaRamirez (Arkham Origins) ================================================================================ Kapitel 15: Tut mir Leid, aber Sie müssen mir schon ein bisschen mehr sagen, wenn Sie wirklich in den Hochsicherheitsbereich wollen. ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------ "Den Gang hinunter und dann die dritte Tür links, Miss Gordon." Die freundliche brünette Schwester, die ich gerade nach dem Weg zu deinem Büro gefragt habe, lächelt mich höflich an. "Er ist gerade frei." Ich bedanke mich mit einem halbherzigen Lächeln und gehe langsam den Gang hinunter. Meine Beine sind ein wenig zittrig, eine Hand streicht ganz automatisch über meinen Bauch. Bruce und Alfred wissen es. Bleiben noch meine Eltern und Edward. Heute ist Letzterer an der Reihe. Am meisten Angst habe ich nicht vor seiner Reaktion, sondern vor der von Mom und Dad. Vor deinem Büro bleibe ich stehen und atme tief durch, bevor ich verhalten klopfe. Als es an der Tür klopft, sehe ich mit einem leicht genervten Gesichtsausdruck von den Papieren auf, die vor mir auf dem Schreibtisch liegen und werfe der Wanduhr einen kurzen Blick zu. Er ist früher Nachmittag und für die Patienten ist jetzt so etwas wie Mittagsruhe. Ziemlich dämliche Vorschrift, aber eine der wenigen Möglichkeiten am Tag, mich mit den Akten zu beschäftigen. Und zurzeit habe ich eine sehr interessante - wenn auch reichlich nichtssagende - Akte vor mir. Dieser Patient ist ein absoluter Härtefall. Nicht, dass es mich stört, aber ich hätte auch nichts dagegen, wenn er einfach ein bisschen kooperativer wäre. Aber gut ... Nach den Ereignissen von vor zwei Tagen, als er sich so furchtbar aufgeregt hat, weigert er sich, auch nur ein Wort mit mir zu sprechen. Ich nehme mir die Brille ab und reibe mir kurz über die Augen. Richtig Psychiater zu spielen kann echt anstrengend sein. "Herein ...", sage ich und setze die Brille wieder auf. Bevor ich eintrete, nehme ich wieder meine Hand von meinem Bauch. Das ist eine Angelegenheit zwischen mir und Edward, die ich dir ungern unter die Nase reiben will. Die Öffentlichkeit braucht nicht früher als nötig zu erfahren, dass die Tochter des Commissioners sich hat schwängern lassen. "Guten Tag, Dr. Crane", grüße ich beim hereinkommen. Du bist ganz anders, als ich dich mir vorgestellt habe. In deinem Kittel strahlst du zwar Autorität aus, aber ansonsten bist du doch eher unscheinbar. Dunkles Haar, Brille, schlanke Statur. Nichts, was großartig im Gedächtnis bleiben würde. Als du mein Büro betrittst, mustere ich dich aufmerksam über den Rand meiner Brille. Du hattest dich zwar gestern angekündigt, trotzdem überrascht es mich wenig, was ausgerechnet die Tochter von Commissioner Gordon hier will. Und dann willst du auch noch ausgerechnet Edward Nashton besuchen. Ich runzle fast unmerklich die Stirn. Warum willst du ihn sehen? Mit ihm reden? Was hast du mit ihm zu tun, dass du wegen ihm hier bist? Diese Gedanken dauern nur wenige Sekunden, ehe sich ein gewinnendes Lächeln in mein Gesicht schleicht. "Miss Gordon", grüße ich dich höflich und deute auf den Stuhl vor meinem Schreibtisch. "Setzen Sie sich." Ich klappe die Akte zu. "Was verschafft mir die Ehre?" Ich komme deiner Aufforderung nach und lasse mich auf den mir angebotenen Stuhl sinken. Mein Blick schweift durch dein Büro. Ordentlich, sauber, sogar der Schreibtisch ist perfekt aufgeräumt. Unweigerlich muss ich an Edwards überladenen Schreibtisch denken und schmunzeln. Bei dir gibt es nicht mal eine einzige Kaffeetasse. An der Wand hinter dem Schreibtisch hängt ein gerahmtes Diplom, das ich über deine Schulter betrachten kann. "Wie ich Ihnen gestern bereits mitgeteilt habe, möchte ich gern mit ... Mr. Nashton sprechen", sage ich vage. "Ich habe das ein oder andere mit ihm zu klären." "Tatsächlich?", rutscht es mir neugierig heraus. Ich bin wirklich schwer versucht, mir bei unserem Gespräch Notizen zu machen, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass ich so noch einige Informationen über Edward bekommen kann. Einfach so aus Spaß wirst du nicht hier sein, so viel ist mir klar. "Nun ...", sage ich lang gezogen und mustere dich genau. "Ihnen ist sicherlich bewusst, dass ich nicht einfach so Jemanden zu einem emotional instabilen Patienten wie Edward lassen kann. Er hat sich erst vor ein paar Tagen furchtbar aufgeregt, nachdem der Commissioner mit ihm gesprochen hat. Sie verstehen sicher, dass ich jeden Stress von ihm fern halten möchte." Mit einem Lächeln beobachte ich deine Reaktionen auf diese Informationen, die größtenteils erstunken und erlogen sind. Aber das weißt du ja zum Glück nicht. "Oh ...", ist Alles, was mir anfangs dazu einfällt. Das erklärt zumindest, was Dad an seinem freien Tag außer Haus gemacht hat. Es regt mich nicht mal auf, dass er mir nichts gesagt hat. Ich kann nicht vermeiden, dass mein Blick sich auf meinen Bauch richtet. Das wird Edward so etwas von stressen. Aber ich kann schlecht sein Kind zur Welt bringen und es ihm unter die Nase halten, wenn er wieder aus der Anstalt heraus ist. "Ich weiß, dass das Alles ziemlich ungünstig ist, Dr. Crane", sage ich betrübt und fahre mir durch die Haare. "Aber ich muss wirklich mit ihm sprechen. Da ist etwas, das er unbedingt wissen muss." Interessiert beobachte ich deine Mimik. Du wirkst ein wenig verunsichert bei meiner Bemerkung über Edwards gegenwärtigen Zustand. Wirklich sehr interessant. Es scheint dich ja fast zu treffen, dass es ihm gerade nicht so gut geht. Ich mache mir eine geistige Notiz, dass ich dem näher auf den Grund gehen werde. "Kennen Sie Edward denn gut?", hake ich betont uninteressiert nach, auch wenn ich nichts lieber als das wissen möchte. "Bei Commissioner Gordon kann ich verstehen, warum es ihn interessiert, ob und welche Fortschritte ich bereits in der Therapie erzielt habe. Aber ich kann mir nur schwer vorstellen, was Sie dazu bewegt." Deine Frage wirkt ernsthaft interessiert. Natürlich, du bist Edwards Arzt. Das muss dir alles sehr seltsam vorkommen. Trotzdem bin ich nicht sicher, ob ich dir so einfach Alles erzählen sollte. "Ach, das ist alles ein bisschen kompliziert, Doktor", murmle ich also vage. "Ich hab Edward gern und mache mir eben Sorgen um seinen Zustand. Er ist eigentlich ein guter Kerl." Das klingt doch akzeptabel. Nicht, als wäre ich unsterblich in Edward verliebt, oder? "Ah ja ...", murmle ich und mein Lächeln nimmt fast schon raubtierhafte Züge an. Das ist doch mal eine sehr interessante Wendung. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich fast sagen, dass du mehr als nur freundschaftliches Interesse an Edward hast. Aber die Tochter des Polizeichefs wird sich doch wohl nicht in einen geisteskranken Kriminellen verliebt haben? Oder etwa doch? Ich mustere dich prüfend und lege dabei besonderen Wert auf deine Mimik und Körperhaltung. Du fühlst dich anscheinend ein wenig unwohl wegen meinen Fragen, obwohl ich mich mit meiner Neugierde noch zurück halte. Betont desinteressiert lehne ich mich in meinem Sessel zurück. "Tut mir Leid, aber Sie müssen mir schon ein bisschen mehr sagen, wenn Sie wirklich in den Hochsicherheitsbereich wollen. Da kann ja Jeder kommen und das hier ist eine Nervenheilanstalt und kein Besucherzentrum. Wie soll ich denn abschätzen können, ob ich schon mal ein Beruhigungsmittel aufziehen muss, bevor sich der Patient noch etwas antut?" Scheinbar komme ich mit meinem Herumgedruckse nicht sonderlich weit. Verständlich. Welcher Arzt würde mich schon auf seinen Patienten loslassen? Abgesehen davon ist ein guter Therapeut vielleicht genau das, was ich brauche. Edward hat ja gelegentlich empfohlen, ich solle mir einen Psychiater suchen. "Sehen Sie", fange ich unsicher an. Wo beginne ich denn bloß am besten? "Edward und ich ... das ist ein bisschen schwierig. Wir haben so etwas wie eine Beziehung geführt. Und obwohl wir das mehrfach beendet haben, ist es nicht wirklich vorbei." Ich halte mich davon ab, meinen Bauch zu berühren. Das würde zu viel preisgeben. "Da sind noch ein paar ungeklärte Dinge, die äußerste Dringlichkeit haben." "Ach?", rutscht es mir heraus und ich muss mir ein wissendes Grinsen verkneifen. Na sieh mal einer an ... Es war also keine Kollegin. Er hat gleich die Tochter vom Chef flachgelegt. Na wenn das mal nicht höchst faszinierend ist. Das hätte ich Edward nun wirklich nicht zugetraut. Dieses Mal kann ich es mir nicht verkneifen, eine entsprechende Notiz - dick umrandet - in seine Akte zu schreiben. Diese Neuigkeit werde ich ihm richtig unter die Nase reiben und hoffentlich rastet er wieder so aus wie das letzte Mal. Um dieses Grinsen wieder aus dem Gesicht zu bekommen, schreibe ich noch ein paar Gedankengänge in die Akte. Dann sehe ich wieder zu dir auf und wahre ein neutrales Gesicht, was dir sicherlich nicht zeigt, wie wertvoll diese Information für mich war. "Nun gut ...", sage ich und lege den Stift zur Seite. "Ich mache Ihnen ein Angebot, Miss Gordon." Mit dem freundlichsten Gesichtsausdruck und dem versöhnlichsten Tonfall, den ich zu bieten habe, sehe ich dich an. "Ich werde Edward über Ihre Ankunft informieren und wenn er nichts dagegen hat, können Sie mit ihm sprechen." Dankbar lächle ich dich an. "Wirklich?", frage ich und kann meine Begeisterung kaum zügeln. "Oh, ich danke Ihnen, Doktor!" Natürlich ist da diese kleine Stimme in meinem Kopf, die mir sagt, dass Edward mich möglicherweise gar nicht sehen will. "Können Sie mir den Gefallen tun und ihm sagen, dass es wirklich sehr wichtig ist? Ich bin nicht aus Mitleid hier oder um mich zu versöhnen. Aber es gibt etwas, dass ich ihm unbedingt persönlich sagen muss." Und danach wird er mich eventuell erst recht nie wieder sehen wollen. "Aber selbstverständlich, Miss Gordon", sülze ich und erhebe mich mit einem herzallerliebsten Lächeln, um mich auf den Weg zu deiner Zelle zu machen. "Warten Sie kurz hier." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)