Nothing to lose von ChogaRamirez (Arkham Origins) ================================================================================ Kapitel 10: Das Kapitel Barbara Gordon ist abgeschlossen. Endgültig. -------------------------------------------------------------------- Zugegeben, ich habe Spaß mit dir. Wer hätte das gedacht? Noch vor einem Jahr hätte ich Jeden mit meinem Dienstwagen überfahren, der behauptet hätte, so weit würde es einmal kommen. Aber ich muss gestehen - du bist ein sehr angenehmer Gesprächspartner. Dein Sarkasmus stört mich nicht einmal, ich finde ihn eher amüsant. "Ach, komm schon. So schlimm bist du gar nicht." Ich schüttle grinsend den Kopf. "Babs würde Augen machen, wenn sie mich das sagen hören würde." Deinem Blick folge ich. Du wirkst ein bisschen, als würdest du dich beobachtet fühlen. Nun, garantiert ist das auch der Fall. Ich kann jederzeit wieder von hier verschwinden, du stehst hingegen unter ständiger Bewachung. Ein Gedanke formt sich in meinem Kopf. Wenn du dich gut schlägst, vielleicht dürftest du dann ja … Ich denke den Satz gar nicht zu Ende. Auf was für Ideen komme ich hier eigentlich gerade? Ich benehme mich, als wärst du mein lange verschollener Sohn, mit dem ich Zeit aufholen muss. "Ich weiß, Edward, und das tut mir auch Leid. Aber damals hatte ich die Hände um ehrlich zu sein voll damit, meine eigene Arbeit irgendwie zu machen. Was schwer ist, wenn du einer der wenigen anständigen Kerle in einem Haufen korrupter Schweine bist." Ich räuspere mich wegen des rüden Ausdruckes. "Glaub mir, ich versuche es besser zu machen als mein verehrter Vorgänger. Die IT-Abteilung bekommt Beachtung, ich habe gelernt." "Nein, ich bin schlimmer ...", kontere ich halbherzig mit einem schiefen Grinsen. Und so falsch ist es auch gar nicht, dass zu behaupten. Vielleicht gehöre ich tatsächlich hier hin, so verkorkst wie ich bin. Ich seufze und werfe dir einen kurzen Blick zu, als du Barbara erwähnst. Mir liegt ein Kommentar auf der Zunge, allerdings schlucke ich ihn runter, statt ihn auszusprechen. Das Kapitel Barbara Gordon ist abgeschlossen. Endgültig. "Ich bin mir sicher, dass Body der Aufgabe gewachsen ist", sage ich ironisch und mache eine wegwerfende Handbewegung. "Er ist bestimmt absolut spitze in seinem Job." "Nicht so gut wie du", sage ich schulterzuckend. "Aber er macht sich." Ein raues Kichern entweicht mir. "Barbara hat ihn praktisch eingewiesen. Sie hat bei ihm vorbei geschaut, ihn eine Weile beobachtet und plötzlich angefangen, alles was er tut, zu kritisieren. Der Mann wusste gar nicht, wie ihm geschieht. Seitdem arbeitet er doppelt so gründlich, wenn meine Tochter auf dem Revier ist. Sie hat ein Auge auf ihn." Wahrscheinlich versucht sie damit, das Andenken ihres Mentors zu wahren. Soll mir recht sein, solange er dadurch seinen Job gewissenhafter und vor allem effektiver erledigt. "Na dann ...", sage ich abweisend und ziemlich einsilbig. Es gefällt mir nicht sonderlich, dass du immer wieder auf Barbara zu sprechen kommst. Vermutlich realisierst du nicht einmal, dass mir dieses Thema sauer aufstößt. Aber nachdem sie mir im Gotham General quasi das Herz rausgerissen hat, mache ich einen großen Bogen um sie. Und je mehr Abstand ich dazu gewinne, desto besser. Ich zucke kurz mit den Schultern und ziehe an der Zigarette. "Body bekommt das schon irgendwann auf die Reihe ..." Ich seufze leise. Augenscheinlich willst du nicht mal über Babs reden. Schade. Ich hatte wirklich gehofft, dass du die Aussage, mit ihr sei endgültig Schluss, nicht allzu ernst meinst. Aber scheinbar interessiert es dich nicht einmal, wie es ihr so außerhalb von Arkham ergeht. Nun, ja. Ich bilde mir einfach ein, dass es Selbstschutz ist und nichts damit zu tun hast, dass du meine Tochter so einfach vergessen kannst. "Klar, der macht das schon", brumme ich und schieße einen Stein aus dem Weg. "Aber wenn ich ehrlich bin, hätte ich lieber dich hinter diesem Rechner sitzen. Ich kann jeden guten Mann gebrauchen." "Klar!", lache ich kurz auf. "Als ob ich jemals wieder für's GCPD arbeiten würde." Grinsend muss ich den Kopf schütteln. "Ich bin schließlich ein verrückter Psychopath, der mit allen Größen der Unterwelt per du ist", füge ich sarkastisch hinzu. "Wieder zwei Jahre für nichts verschwenden? Nein danke." "Junge", sage ich streng und bleibe wieder stehen, um dich eindringlich anzusehen. "Jetzt hör mir mal zu." Gott, klinge ich gerade wirklich so väterlich, wie ich mir vorkomme? "Du bist alles andere als ein verrückter Psychopath. Du bist einfach ein junger Mann, der ein raues Leben hatte und sich jetzt davon erholen muss. Ich halte dich weder für irre, noch für einen Schwerverbrecher. Und wenn du das von dir denkst, DANN spinnst du wirklich ein bisschen." Ich bin versucht, dir die Hände auf die Schultern zu legen, um meine Worte zu unterstreichen, halte dann aber in der Bewegung inne. Besser den Bogen nicht überspannen. "Und ja, ich weiß, dass dir und deiner Arbeit im GCPD Unrecht getan wurde. Aber du bist beileibe nicht der Einzige, dem es so ging, okay? Ob du es glaubst oder nicht, da sind noch viele Andere im GCPD, die sich den Arsch aufreißen, deren Arbeit aber in der ganzen Korruption untergeht. Ich bin dabei, das zu ändern. Ernsthaft, aber von jetzt auf gleich geht's nicht." Ich atme tief durch. "Bitte fühl dich jetzt nicht angegriffen", flüstere ich fast flehend. Ich reibe mir über das Gesicht und setze mich wieder in Bewegung. "Ich bin nur müde und gestresst und du solltest das gar nicht abbekommen. Entschuldige." Als du plötzlich stehen bleibst und so ernst und fast schon väterlich streng mit mir sprichst, kann ich dich nur noch mit großen Augen sprachlos ansehen. Ich vergesse sogar die Zigarette in meiner Hand. Wieder fühle ich mich wie im falschen Film. So ähnlich fühlt es sich also an, wenn Jemand, der durchaus eine Vaterfigur sein kann, sich für Einen interessiert. Faszinierend. Dieses seltsame Gefühl ist sowohl positiv, als auch negativ. Ich fühle mich unter deinem Blick wie am Pranger. Mit meinem Vater war es nie möglich, über irgendwas zu reden. Ich senke den Blick und gehe mir fahrig durchs Haar, um irgendwie zu übertünchen, wie ungewohnt es für mich ist, mit Jemanden so ein Gespräch zu führen. Mein alter Herr hat sich nie wirklich für mich interessiert und ich musste selber zusehen, wie ich mein Leben auf die Reihe bekomme. "Schon okay ...", sage ich langsam und leise, nachdem du geendet hast. "Jim, ich -", fange ich an, breche aber gleich wieder ab. Beschämt wende ich den Blick ab. Ich kann so etwas nicht. Ich kann schlecht mit dir über meinen Vater sprechen. Ich habe nicht mal Crane gegenüber ein Wort darüber verloren. Scheinbar habe ich dich mit meiner kleinen Ansprache einmal mehr durcheinander gebracht. Du siehst ziemlich hilflos aus. Kein Wunder. "Das ist gerade ziemlich ungewohnt für dich, oder?", nuschle ich kaum hörbar. Dein Arschloch von Vater wird sich sicher nie genügend um dich geschert haben, um mit dir über deine Probleme zu reden oder dir mal - mit gutgemeinten Ratschlägen statt Prügel - den Kopf zurecht zu rücken. "Tut mir Leid, wenn ich dich überfordere. Aber, Edward …" Ich werfe dir einen vorsichtigen Blick zu. "Ob du es glaubst oder nicht, ich halte dich für einen anständigen Kerl. Wenn du also Jemanden zum Reden brauchst und mit den Ärzten nicht auskommst - scheu dich nicht, es mir zu sagen." Sogar ich finde die Worte interessant, die ich gerade geäußert habe. Aber es stimmt. Du hast Jemanden verdient, der sich ein bisschen deiner annimmt. Abgesehen davon, kann ich die Gelegenheit ja ruhig nutzen, für spätere Vater-Sohn-Gespräche mit meinem Jungen zu üben. Ich muss mehrmals tief durchatmen, ehe ich in der Lage bin, dich wieder anzusehen. Ich weiß nicht, was du in meinen Augen sehen kannst, aber irgendwie bin ich fast schon gerührt von deinem Angebot. Es kommt mir so unwirklich vor, ausgerechnet mit dir in diesem Moment zu reden. Nicht mal bei Barbara habe ich großartig darüber gesprochen, obwohl es sie schon interessiert hat. "Ich -" - kann unmöglich sagen, wie sehr ich mir immer eine Vaterfigur wie dich in meinem Leben gewünscht habe. Das wäre doch total lächerlich, wenn ich das jetzt wirklich sagen würde. Ich würde mich lächerlich machen - und das kann ich nicht riskieren. Egal, wie stark dieser Wunsch ist. Ich schlucke schwer und lasse die Zigarette, die sich inzwischen selbst aufgeraucht hat, achtlos auf den Boden fallen. "Da habe ich aber schon ganz anderes von dir zu hören bekommen ...", murmle ich schließlich leise und spiele damit darauf an, wie du vor einem Jahr in Blackgate den Aufstand geprobt hast. "Seitdem ist einiges passiert, Edward", sage ich mit einem milden Lächeln. Du brauchst gar nicht zu glauben, dass ich nicht sehen kann, was dir mein Angebot eigentlich bedeutet. Du bist nur mal wieder zu stolz, um ehrlich zu sein. Endlich verstehe ich, über was Babs sich da immer beschwert hat. "Damals dachte ich, du hättest meine minderjährige Tochter verführt, manipuliert und weggeworfen wie ein Stück Dreck. Das klingt drastisch, ist aber die Wahrheit." Ich zucke mit den Schultern und winke ab. "Das ist Vergangenheit. Inzwischen weiß ich, dass du meiner Tochter gut getan hast. Du hast dich um sie gekümmert, als ich nicht für sie da war. Eigentlich sollte ich dir danken." "Ich habe eigentlich nie mit dem Gedanken gespielt, jemals irgendwas mit Barbara zu machen, was über ein bisschen Nachhilfe hinaus geht. Allerdings war sie ziemlich hartnäckig und ... na ja ...", versuche ich mich irgendwie zu rechtfertigen, was die Beziehung - oder was auch immer das war - mit Barbara betrifft. Ich sehe dich vorsichtig an. Du hast ja vollkommen recht damit, mir dafür, was ich mit deiner Tochter gemacht habe, die Pest an den Hals zu wünschen. Sie war minderjährig und ich hätte es eigentlich besser wissen müssen. Seufzend lasse ich den Kopf hängen. "Es tut mir Leid ...", murmle ich leise und entferne mich ein paar Schritte von dir, bevor ich mich wieder zu dir umdrehe. "Du hast allen Grund, deswegen sauer auf mich zu sein. Es war absolut unverzeihlich, was Alles passiert ist. Ich hätte besser darüber nachdenken sollen." Ich sehe dich fast schon mit einem verzweifelten Blick an, der dir hoffentlich zeigt, dass es mir wirklich Leid tut. "Verdammt noch eins, hör auf, dich zu entschuldigen, Junge!", lache ich und diesmal kann ich mich nicht zurückhalten und wuschle dir väterlich über den Kopf. Was passiert hier gerade? So hatte ich mir den Besuch jedenfalls nicht vorgestellt. Heute Morgen im Auto bin ich mir sogar ziemlich sicher gewesen, dass wir uns spätestens um diese Zeit wieder in den Haaren haben würden. "Du hast Barbara anständig behandelt. Sie hat dich einen Gentleman genannt, wenn ich mich recht erinnere. Wer meine Tochter gut behandelt, hat nichts von mir zu befürchten." Wieder hast du es geschafft, mich komplett sprachlos zu machen. Völlig entgeistert sehe ich dich an und weiß nicht, was ich sagen soll. So etwas ist mir vorher noch nie passiert. Okay, ich hatte vorher auch noch nie was mit einer Minderjährigen. "Ich ...", setze ich an und muss hart schlucken. Verdammt noch mal, wieso musst du ausgerechnet heute so nett zu mir sein? Mittlerweile ist es sogar schon so weit, dass ich mich richtig zusammenreißen muss, damit meine Augen trocken bleiben. Ich muss tief durchatmen, ehe ich wirklich etwas sagen kann. "So anständig war ich gar nicht ...", sage ich leise mit einem dicken Kloß im Hals. "Keine Ahnung, was sie erzählt hat, aber ... na ja ... Im Nachhinein bereue ich einige Dinge, die ich nicht mehr ungeschehen machen kann ..." "Soweit ich weiß, bereut Babs nichts. Also solltest du das auch nicht. Klar, zwischen euch ist einiges dumm gelaufen. Aber letztendlich habt ihr doch beide die Zeit genossen, oder? Ihr mögt euch und seid trotz aller Probleme in vielen Momenten glücklich gewesen. Und daran solltest du festhalten. Du kannst dir deine Fehler vorwerfen, so oft du willst. Aber damit machst du nichts ungeschehen und erst recht nicht besser." Ich seufze gedehnt. "Glaub dem Typen, der seit zwei Jahren geschieden ist ruhig", füge ich mit einem bitteren Lächeln hinzu. "Ernsthaft, ich kann dir ein Lied davon singen, einige Dinge zu bereuen. Aber das geht nicht mehr und die Konsequenzen muss man eben tragen." Verhalten räuspere ich mich. Allmählich wird es so richtig persönlich. Ich muss zugeben, dass mir diese Unterhaltung zunehmend an die Substanz geht. Normalerweise führe ich solche ehrlichen Gespräche nur mit Harvey und das nach mindestens zwei Bier. Tut überraschend gut. "Und jetzt hör auf, so bedröppelt zu gucken." Unschlüssig fahre ich mir durch die Haare und setze mehrmals an, etwas zu sagen, bringe aber letztendlich kein einziges Wort heraus. Ich schaffe es nicht einmal, deinem Blick sonderlich lange stand zu halten. Und das gefällt mir nicht sonderlich. Normalerweise kann ich Widerworte zu Allem geben. Warum nur fällt es mir gerade so schwer, überhaupt ein paar Worte in meinem Hirn zu finden? "Tut mir Leid, dass ich damals im GCPD so auf deiner Scheidung herum geritten bin. Das war nicht besonders nett von mir", bringe ich leise heraus. Erstaunlicherweise meine ich es tatsächlich so. "Generell alles, was ich dir da an den Kopf geworfen habe ..." Mein Blick ist fast schon verzweifelt, weil ich dir in den letzten Monaten immer wieder das Leben schwer gemacht habe. Und trotzdem bist du jetzt so unglaublich nett zu mir, dass ich wirklich kurz davor bin, in Tränen auszubrechen. Ich muss mich unbedingt zusammen reißen, auch wenn das gerade nicht einfach ist. Hast du eigentlich auch nur den Hauch einer Ahnung, wie unglaublich wichtig mir dieser Moment ist? Momentan habe ich das Gefühl, dass du mir sogar näher stehst als deine Tochter. So gerührt, wie ich bin, hätte ich dich am liebsten kurz an mich gedrückt, aber das würdest du wohl nicht wollen. Also beschränke ich mich darauf, dir das breiteste Grinsen aller Zeiten zu schenken. "Schon okay. Du warst mit dem Rücken an der Wand, kein Wunder, dass du alle Möglichkeiten genutzt hast." Versöhnlich winke ich ab. "Und was die Scheidung angeht - du hast Recht, ich hab's verbockt. Das war nur die Wahrheit. Beim nächsten Mal könntest du sie nur etwas netter formulieren", witzele ich und zwinkere dir freundschaftlich zu. In einem Anflug von Übermut strecke ich dir eine Hand entgegen. "Was sagst du? Alles vergeben und vergessen? Lass uns einfach einen Strich drunter ziehen und neu anfangen. Abgemacht?" Eigentlich habe ich damit gerechnet, dass du jetzt ausflippst oder mir zumindest eine ordentliche Standpauke hältst. Dass du mir stattdessen freundschaftlich die Hand hinhältst, überrascht mich. Verwirrt sehe ich zwischen deinem Gesicht und deiner Hand hin und her. Ich brauche tatsächlich einige Sekunden, ehe ich zögernd deine Hand ergreife. "Okay ...", sage ich langsam mit einem fragenden Unterton in der Stimme. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was ich davon halten soll. Es kommt mir so unwirklich vor. Als du meine Hand fest drückst, muss ich wieder schlucken und den Blick senken, damit du nicht bemerkst, dass sich tatsächlich eine Träne in meine Augen verirrt hat. Verrückt. Ganz eindeutig bin ich verrückt, wenn mir so etwas so zu Herzen geht. Selbst ziemlich sprachlos drücke ich deine Hand und schiebe meine danach zurück in meine Manteltasche. Demonstrativ sehe ich in eine andere Richtung, damit du Zeit hast, dich zu sammeln. Scheinbar geht dir das Ganze sogar noch näher als mir. Das verdeutlicht nur zu sehr, wie nötig du Jemanden hast, der dir Freundlichkeit entgegenbringt. Barbara ist eine Sache, aber ich schätze, manchmal ist ein bisschen Freundschaft sogar nötiger als Liebe. Und so sehr ich meine Tochter auch gern habe - ihre Eigenart, immer gleich überemotional zu werden, wenn sie mit jemandem mitfühlt, dürfte einen wie dich erst richtig überfordern. "Wer hätte das gedacht. Wir beide kommen tatsächlich miteinander aus", sage ich lachend, um die Stimmung ein bisschen zu heben und der Situation ihren emotionsgeladenen Ernst zu nehmen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)