Nothing to lose von ChogaRamirez (Arkham Origins) ================================================================================ Kapitel 9: Und hör endlich auf mich zu siezen, darüber sind wir doch inzwischen hinaus. --------------------------------------------------------------------------------------- "Aber natürlich", sage ich eilig. Ich bin froh, dass du keinen Streit über deinen Arzt vom Zaun brichst, denn das würde unser Gespräch sicherlich trüben. Als du an mir vorbei durch die Tür gehst, lege ich dir kurz freundschaftlich die Hand auf die Schulter. "Es freut mich wirklich, dass du das mitmachst, Edward. Danke." Irritiert bleibe ich stehen, als ich deine Hand auf meiner Schulter spüre. Langsam drehe ich dir den Kopf zu und sehe dich fragend und gleichzeitig verwirrt an. Ich setze an, etwas zu erwidern, verkneife es mir aber im letzten Moment. Eigentlich weiß ich nicht einmal, was ich genau dazu sagen soll. Deswegen schüttle ich deine Hand kurzerhand ab und marschiere zielstrebig durch die Gänge in Richtung des Freigeländes von Arkham. Kaum bin ich ein paar Schritte draußen, bleibe ich stehen und atme tief durch. Das Wetter ist, wie zu erwarten, für Anfang Februar ziemlich mies. Aber das ist mir egal. Für diesen Moment genieße ich einfach das geheuchelte Gefühl von Freiheit, denn die Wachleute, die überall zu sehen sind und die Handschellen, die sie mir natürlich nicht abgenommen haben, zeigen deutlich, dass Arkham ein Gefängnis ist. Als du neben mich trittst, seufze ich lautlos und öffne wieder die Augen, die ich für einen Moment geschlossen hatte, um mir vorstellen zu können, dass ich nicht in der Klapse bin. "Sie haben nicht rein zufällig ein paar Kippen dabei, oder Jim? Crane gönnt mir nicht das geringste bisschen Spaß." Mit einem amüsierten Lächeln beobachte ich, wie du es genießt, wieder draußen im Freien zu sein. Mental klopfe ich mir für diese Idee auf die Schulter. Hier bist du sichtlich entspannter als da drinnen in dem engen, fensterlosen Raum. Bei deiner Frage muss ich die Stirn runzeln. "Na ja", fange ich an. Theoretisch hat Crane es nicht verboten oder? Andererseits könnte er es eventuell als »Faxen« werten, wenn du mir eine Zigarette abschwatzt. Tja, notfalls kann ich das ganze immer noch auf meine Kappe nehmen. Fürs Erste will ich dein Vertrauen gewinnen, also kann es nicht schaden, dir ein bisschen entgegen zu kommen. Ich ziehe meine Zigaretten aus der Innentasche meines Mantels und halte dir die geöffnete Packung entgegen. "Bedien dich", sage ich freundlich. "Und hör endlich auf mich zu siezen, darüber sind wir doch inzwischen hinaus." Mit einem skeptischen Blick bedenke ich die Zigarettenschachtel, die du mir auffordernd hin hältst. Für meinen Geschmack ist es zu einfach gewesen, dass du mir diesen Wunsch erfüllst. Du führst doch irgendwas im Schilde, so viel ist mir klar. Ich lasse dich nicht aus den Augen, als ich eine Zigarette aus der Schachtel ziehe und sie mir zwischen die Lippen stecke. Dann ziehe ich eine zweite Zigarette heraus und stecke sie mir hinter ein Ohr. Automatisch hältst du mir noch ein Feuerzeug entgegen, welches ich nehme und mir die Zigarette anzünde. Dann reiche ich dir das Feuerzeug zurück und nehme genüsslich einen tiefen Zug. Eigentlich sollte man annehmen, dass ich nach den vier Wochen in Arkham, in der mich Crane konsequent von Nikotin, Koffein und Alkohol fern gehalten hat, diese Sucht mittlerweile überwunden habe. Aber da ich Mittel und Wege habe, musste ich nicht so großen Verzicht üben, wie Crane denkt. Nach wie vor muss ich mich zwei Mal pro Woche in der Krankenstation einfinden, damit die Schwestern dort meinen Arm inspizieren können und bei dieser Gelegenheit versorgen mich die Schwestern – allen voran die süße kleine Brünette – mit Kaffee und Zigaretten. Wenn man es so betrachtet, ist es doch gar nicht so übel in Arkham. Zumindest hat selbst dieser Schuppen seine Momente. Nach diesem ersten Zug, der mir fast wie eine Offenbarung vorkommt, hebe ich eine Augenbraue und sehe dich fast schon fragend an. "Seit wann sind wir über den Zeitpunkt des Siezens hinaus?", frage ich mit verhaltener Neugier in der Stimme. Es hat mich nie gestört, dass du während der Ereignisse um Weihnachten einfach angefangen hast, mich zu duzen, ohne dass ich es dir angeboten habe. Aber irgendwie kommt es mir seltsam vor, dich einfach zu duzen - auch wenn du es mir gerade angeboten hast. Aber Ende interpretiert Crane wieder irgendwas da hinein. Typisch, denke ich mir, als du dir die zweite Zigarette schon mal auf Vorrat hältst. Gib ihnen den kleinen Finger und sie nehmen die ganze Hand. Nachdem deine Kippe angezündet ist, stecke ich mein Feuerzeug weg und schiebe die Hände in die Taschen. Langsam setze ich mich in Bewegung, sodass wir in gemütlichem Tempo über das Gelände schlendern können. "Ich weiß nicht. Vielleicht seitdem du mir erzählt hast, was du Alles mit meinem Kind angestellt hast. Oder seit ich dir im Krankenhaus deinen Mistkerl von Vater auf den Hals gehetzt habe - was mir übrigens verdammt Leid tut. Oder seit du mir beinahe in dieser Gasse weggestorben wärst." Mit einer hochgezogenen Augenbraue mustere ich dich, während wir nebeneinander langsam über das Freigelände von Arkham gehen. Ich nehme noch einen tiefen Zug, ehe ich dir antworte. "Also wenn man es ganz genau nimmt, habe ich nichts mit Barbara gemacht. Sie -" Ich unterbreche mich und schüttle andeutungsweise mit dem Kopf. Es hat sicherlich nicht viel Sinn, dich davon zu überzeugen, dass die Intention von deiner Tochter ausging und nicht von mir. Vermutlich willst du nichts davon hören, um weiterhin glauben zu können, dass Barbara das kleine unschuldige Mädchen ist, für das du sie hältst. "Was meinen alten Herrn betrifft ... Das Thema habe ich abgeschlossen." Ich seufze lautlos und verziehe ein wenig angewidert das Gesicht. Das mich ausgerechnet dieser Mistkerl dazu gebracht hat, meine eigenen Regeln über Bord zu werfen, nagt immer noch an mir. Aber er hat es mehr als verdient, rede ich mir immer wieder ein. "Tja und Silvester ... Das ist ein wenig unglücklich verlaufen ..." Ich zucke mit den Schultern und ziehe an meiner Zigarette. Wieder mal entfährt mir ein leises Seufzen. "Du brauchst dich wegen Barbara nicht zu verteidigen, Edward", sage ich versöhnlich. "Ich mache dir keine Vorwürfe mehr. Lieber wäre es mir zwar, wenn sie sich einen netten Jungen in ihrem Alter gesucht hätte, aber was soll's. Die sind wohl alle nichts für mein Mädchen." Ich lächle stolz. Barbara ist etwas Besonderes. Wahrscheinlich würde irgendein naseweiser Quarterback tatsächlich nicht zu ihr passen. "Das ist gut", meine ich mit einem aufmerksamen Seitenblick auf dich. "Lass dich von dem Typen bloß nicht unterkriegen. Der Kerl ist es nicht wert." Ich werfe dir einen erstaunten Blick zu, als du das Thema mit Barbara quasi unter den Tisch fallen lässt. Es verwundert mich schon sehr, dass du jetzt so locker darauf reagierst, weil ich bisher angenommen habe, dass du mit allen Mitteln die Ehre deiner Tochter verteidigen willst. "Sie -" Ich unterbreche mich. "Du brauchst dir keine Sorgen mehr wegen ihr machen." Irgendwie ist es ein komisches Gefühl, dich zu duzen. "Ich werde mich zukünftig von Barbara fern halten." Genau so, wie ich es ihr am Telefon gesagt habe, als ich mitgeteilt habe, dass ich mich nie wieder bei ihr melden werde. "Hm", mache ich nachdenklich. Eigentlich sollte ich jetzt am Ziel meiner Wünsche sein. Aber irgendwie will mir der Gedanke, dass zwischen dir und Babs endgültig Schluss ist, auch nicht gefallen. "Ist wahrscheinlich besser für euch beide", sage ich also wenig überzeugt. Am besten wäre es, wenn du als geheilter Mann hier raus gehst, bei Babs bleibst und ihr einfach glücklich werdet. Aber das ist wohl zu viel verlangt. "Barbara wird dich wohl auch in Ruhe lassen. Sie scheint in letzter Zeit wirklich wieder auf die Beine zu kommen. Geht abends aus, manchmal bleibt sie sogar bis spät weg. Sie lebt endlich mal ein bisschen." "Gut für sie ...", murmle ich vor mich hin, während ich wieder an der Kippe ziehe. Erstaunlicherweise nagt es ein wenig an mir, das Barbara anscheinend einfach weiter macht, als wäre nie etwas passiert. Aber gut, dass muss ich dann wohl akzeptieren. Dann brauche ich mich bei Rachel, der jungen Krankenschwester, auch nicht mehr zurück halten. Vielleicht ist sie doch mein Ticket hier raus. Nachdem ich darüber nachgedacht habe, bleibe ich stehen und sehe dich an. "Hör zu ...", setze ich an und muss mich kurz unterbrechen. "Ich wollte nie, dass es so weit kommt. Es ist alles ziemlich blöd gelaufen und ... na ja ..." Ich mache wieder eine Pause, um meine Gedanken zu ordnen. Angespannt fahre ich mir mit einer Hand durch die Haare. "Es tut mir Leid ...", murmle ich leise und senke den Blick. Deine Entschuldigung wirft mich so aus der Bahn, dass ich überrascht stehen bleibe und dich einen Moment lang verwirrt anblinzle. "Ähm ... wow", rutscht es mir heraus. Sehr intelligent, Jim. "Ich meine, danke. Ich schätze es sehr, dass du dich entschuldigst. Mir ist klar, dass dir so etwas schwer fällt." Irre ich mich oder haben wir hier gerade einen kleinen, vertraulichen Moment? Mit einem offenen Lächeln drücke ich kurz deine Schulter. "Entschuldigung angenommen." Als du mich so irritiert ansiehst, wird mir schlagartig klar, dass es ein blöde Idee war, überhaupt den Mund aufzumachen. Ich hätte einfach meine große Klappe halten sollen, statt mich hier zum Vollidioten zu machen. Ich ringe mir ein knappes Lächeln ab, um meine eigene Unsicherheit zu überspielen und ziehe an der Zigarette, damit mir jetzt nicht doch noch ein blöder Kommentar raus rutscht. Ein "Ähm ..." schleicht sich trotzdem über meine Lippen, als du meine Schultern drückst. Es ist ein denkbar ungünstiger Moment, jetzt zu erwähnen, dass ich kein großer Fan von Berührungen jeglicher Art bin, weswegen ich mich einfach stur wieder in Bewegung setze und hoffe, dass du diesen Moment der Unsicherheit nicht mitbekommen hast. Dir ist anzumerken, dass du völlig überfordert mit der Situation bist. Als du es so eilig hast, weiterzugehen, muss ich mir ein kleines Auflachen verkneifen, um es für dich nicht noch schlimmer zu machen. Ich schließe wieder zu dir auf und sehe mich um, auf der Suche nach einem günstigen Gesprächsthema. Die Wachen und Patienten, die hier und da zu sehen sind, geben allerdings nicht viel her. "Also", fange ich lang gezogen an. "Irgendwelche interessanten Geschehnisse da drinnen?" Ich habe den Blick stur geradeaus gerichtet, als du wieder zu mir aufschließt. Ich nehme die letzten Züge der Zigarette, ehe ich sie schwungvoll wegschnipse. Gerne würde ich jetzt die Hände in den Hosentaschen des Overalls vergraben - aber wieder sind die Handschellen im Weg. Langsam bekomme ich wirklich einen Hass auf diese Dinger. Auf deine Frage schüttle ich nur knapp mit dem Kopf. Dass das Verhalten von Crane mehr als nur interessant ist, erwähne ich besser nicht. Du machst nicht den Eindruck, dass es dich auch nur ansatzweise interessiert, dass Crane ein falscher Fünfziger ist. "Ich habe nur gehört, dass Cobblepot demnächst hier einquartiert wird ..." War ja klar. Was soll da drinnen auch groß los sein, das ein Gespräch wert wäre. "Ja, Cobblepot leistet euch hier demnächst Gesellschaft. Crane hat ihn sich schon in Blackgate angesehen und verfügt, ihn herzubringen." Ich zucke mit den Schultern. "Ein komischer Vogel ist er schon", witzele ich. "Aber die großen Bosse da draußen haben wohl alle einen an der Klatsche. Wenn du mich fragst, sollten die hier alle mal eine Runde Urlaub machen." Dann wird mir klar, dass du im Moment ja irgendwie einer von Denen bist. Ich werfe dir einen entschuldigenden Blick zu. "Sorry. Aber die halten mich in letzter Zeit mal wieder auf Trab." "Cobblepot ist nicht nur ein komischer Vogel, er ist ein kleiner, dicker, flugunfähiger Vogel", sage ich und verziehe meine Lippen zu einem spöttischen Grinsen. Dass ich bereits geschäftliche Beziehungen mit ihm unterhalte, muss ich dir ja nicht auf die Nase binden. Dann werfe ich dir einen missbilligenden Blick zu, der dir demonstrieren soll, dass ich es nicht besonders witzig finde, dass du mich mit Cobblepot und dem Joker in einen Topf wirfst. "Ich bin keiner von diesen »großen Bossen« ...", grummle ich und betone die letzten beiden Worte abfällig. "Tja ...", sage ich dann betont gelangweilt und zucke mit den Schultern. "Ich denke, das größte Problem ist der Joker. Ich nehme jetzt einfach mal an, dass das GCPD nicht den Hauch einer Ahnung hat, wo sich der verrückte Clown herum treibt, richtig?" Über deinen Witz lache ich laut. Wer hätte gedacht, dass man sich ausgerechnet mit dir so gut unterhalten kann? Gleich darauf bin ich allerdings wieder ernst. "Das ist beruhigend, Edward. Du bist nicht wie die und das ist auch gut so." Wie viel ich dir über die Angelegenheiten der Polizei erzählen soll, ist äußerst fragwürdig. "Nun ja. Das GCPD nicht ...", sage ich vage. Batman ist allerdings schon seit einer Weile an einigen Informationen dran, die seiner Meinung nach früher oder später zu dem Clown führen dürften. Genauer gesagt zu dessen Liebchen. So enthusiastisch Miss Quinzel auch bei der Sache ist, sie ist um einiges schlampiger als ihr Freund. Ich winke genervt ab. "Schon klar ... Die Fledermaus ...", sage ich angesäuert. Meine Sympathie für diesen geflügelten Irren hält sich nach wie vor stark in Grenzen. Ich seufze leicht theatralisch und stecke mir die Zigarette, die ich mir hinters Ohr geklemmt habe, zwischen die Lippen. "Mir ist vor einer Weile zu Ohren gekommen, dass der Joker irgendein großes Ding plant ...", murmle ich vage. Überrascht hebe ich die Augenbrauen, als du Jokers »großes Ding« erwähnst. "Edward", frage ich völlig baff. Du wirfst mich heute wirklich immer wieder aus der Bahn. Ich komme nicht mal auf die Idee, die Sache irgendwie eleganter anzupacken, um Informationen aus dir herauszubekommen. "Du hast mich gar nicht um eine Gegenleistung für die Info gebeten", erinnere ich dich verwirrt. "Das Feuerzeug würde fürs Erste reichen", erwidere ich mit einem verschmitzten Grinsen. "Aber ich hätte nichts gegen das gelegentliche Mitbringen von Kippen. Vielleicht fallen mir dann noch mehr so interessante Dinge ein", füge ich mit einem kurzen Zwinkern hinzu. Es amüsiert mich tatsächlich, dein überraschtes Gesicht zu sehen. Es ist allerdings kein Geheimnis, dass ich mich für meine Informationen gut bezahlen lasse. Und ich habe einige Informationen zu bieten. Ich, zum Beispiel, habe mehr Ahnung davon, wo der Clown steckt, als das GCPD oder Batman. Mit einem herzlichen Lachen reiche ich dir mein Feuerzeug. "Gelegentliches mitbringen?", hake hoffnungsvoll nach. "Jetzt sag mir nicht, ich darf den Herrn öfter besuchen, obwohl er nichts von Besuch hält?" Gegen die eine oder andere Information hätte ich natürlich auch nichts einzuwenden. Obwohl das nicht wirklich der Grund ist, aus dem ich hier bin. "Aber Edward. Ich will nicht, dass du jetzt denkst, ich bin hier, um dich zu befragen. Das hat damit gar nichts zu tun." "Nein, natürlich nicht", erwidere ich theatralisch und greife nach dem Feuerzeug. "Du bist nur wegen meiner charmanten Persönlichkeit hier", füge ich mit einem ironischen Grinsen hinzu und zünde mir die Zigarette an. "Ich bin ja so liebenswürdig, dass sich Alle um mich reißen." Mit einem Grinsen reiche ich dir das Feuerzeug zurück. "Sag aber nicht Crane, dass ich mit dir rede, aber nicht mit ihm." Ich werfe einen Blick über die Schulter auf das Gebäude, von dem wir uns langsam entfernen. Crane hockt doch bestimmt hinter einem der Fenster mit dem Fernglas und notiert eifrig auf seinem Notizblock. "Aber mal ernsthaft Jim ...", sage ich wieder ernst. "Warum bist du überhaupt hier? Es ist ja nicht so, dass du dich jemals besonders für mich oder meine Arbeit interessiert hast, als ich noch im GCPD gearbeitet habe." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)