Nothing to lose von ChogaRamirez (Arkham Origins) ================================================================================ Kapitel 71: Was ich eigentlich antworten will, habe ich völlig vergessen. Jetzt kommt es nur noch darauf an, dich leiden zu lassen. ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- "Was ist, hm?" Leise lache ich dich aus. "Du bekommst den Mund nicht auf, aber sonst machst du auch nichts. Das war doch wohl nicht alles, dieser läppische kleine Schubser?" Ich schüttle den Kopf und spiele meine Trumpfkarte. "Du bist so eine Enttäuschung, Edward." Ruckartig mache ich einen Schritt nach vorn, um wieder deine Schultern zu fassen zu bekommen. Kaum, dass du den Schritt auf mich zu machst, zucke ich wieder heftig zusammen und meine Hand klammert sich so fest um den Brieföffner, dass es weh tut. Aber eigentlich spüre ich den Schmerz gar nicht richtig, da ich viel zu sehr auf dich fixiert bin. Durch die Panik, die stärker wird, je näher du mir kommst, ziehe ich reflexartig die Hand aus der Hosentasche und gehe mit dem Brieföffner auf dich los. Ich erwische durch meine recht unkoordinierte Bewegung deine ausgestreckte Hand und ziehe den Brieföffner durch deine Handfläche. Da du durch den Angriff perplex bist, versuche ich diese kleine Chance zu nutzen und stürze in Richtung Tür. Der plötzliche Schmerz in meiner Hand trifft mich so unvorbereitet, dass ich erschrocken keuche, um einen kleinen Schrei zu unterdrücken. "Du mieser Hund", stoße ich aus und halte meine Hand mit der anderen fest, um das Blut daran zu hindern, auf den Teppich zu tropfen. Es hilft nicht viel. "Das kriegst du zurück", zische ich. Was ich eigentlich antworten will, habe ich völlig vergessen. Jetzt kommt es nur noch darauf an, dich leiden zu lassen. Während du versuchst, dich aus dem Büro zu befreien, stapfe ich zu meinem Schrank, ohne mich darum zu kümmern, dass ich eine dünne Blutspur hinter mir herziehe. Ich reiße zwei weitere Dosen Toxin an mich, drehe mich zu dir um und bin innerhalb weniger Sekunden bei dir. Damit du dich von der Tür anwendest, ramme ich dich mit der Schulter und entleere die beiden Dosen gleichzeitig in dein Gesicht. "Wie gefällt dir das?" Ich kann gar nicht so schnell reagieren, als mich gegen die Tür schubst und mir noch mehr von diesem psychoaktiven Zeug ins Gesicht sprühst. Es dauert auch nur Sekunden, bis ich die Wirkung spüre und panisch nach Luft schnappe. Völlig unkoordiniert versuche ich dich irgendwie von mir weg zu bekommen, aber meine Knie geben nach und ich rutsche apathisch an der Tür runter, während ich dich anstarre. Mittlerweile zittere ich am ganzen Körper und muss fest die Kiefer aufeinander pressen, um keine Laute von mir zu geben. Diese ganze Situation ist erschreckend real und schlimmer - viel schlimmer - als das letzte Mal. Zufrieden, aber reichlich außer Atem gehe ich vor dir in die Hocke und sehe eine Weile zu, wie du versuchst, gegen die Panik anzukämpfen. Schließlich strecke ich meine Hand aus und packe dein Kinn, um dich zu zwingen, mich anzusehen. Dabei schmiere ich etwas Blut in dein Gesicht, was mir herzlich egal ist. "Wovor hast du Angst? Daddy ist tot. Viel realer ist doch die Chance, dass du deinem Kind gegenüber genauso wirst, wie er zu dir war. Ist es das? Oder fürchtest du die Bindung an Barbara? Wer will schon mit einer Frau zusammen hocken, die so eine schreckliche Klette ist?" Auch wenn es mir zutiefst zuwider ist, dass du mich anfasst, bin ich gar nicht in der Lage, mich irgendwie dagegen zu wehren. "Nein ...", hauche ich tonlos mit zitternder Stimme und drücke mich noch näher an die Tür. "Ich ... Ich will ihr nicht weh tun ..." Ich schlucke schwer und merke nicht mal, dass mit langsam aber sicher Tränen in die Augen steigen. "Awww, sag bloß, du magst das naive kleine Ding wirklich?" Amüsiert tätschle ich dir die Wange. "Dann muss es sicher schlimm für dich sein, dass sie da draußen ist und versucht, ihr Leben auf das Kind vorzubereiten ... Und du bist hier drin und kannst nichts machen." Ich lache schnaubend. "Das tut mir aber leid, Edward." Deine Berührung an meiner Wange lässt mich zusammen zucken und automatisch versuche ich mich, so klein wie möglich zu machen. Da du aber immer noch mein Kinn in deinem Griff hast, habe ich momentan nicht den Hauch einer Chance, von dir wegzukommen. "Sie ist mir wichtig ...", gebe ich schließlich leise zu und merke dabei nicht einmal, wie ehrlich ich eigentlich zu dir bin. Begeistert lasse ich die Hände sinken und lege sie auf den Oberschenkeln ab. Na endlich kommen wir hier voran. "So so. Kein Wunder, dass du dieses Ultraschallbild so behütet hast. Könnte mir ja fast leid tun, dass ich es dir weggenommen habe." Ich lache leise in mich hinein. "Fast." "Ich will es besser machen ...", sage ich leise vor mich hin und nehme dich immer weniger richtig wahr. "Ich will es richtig machen ..." Ich merke nicht einmal, dass die Tränen mittlerweile über meine Wangen laufen. Unwillkürlich sehe ich vor mir, was ich Barbara in den letzten Wochen an den Kopf geworfen habe und muss schluchzen. Ich wollte dass doch Alles nie. Ich wollte nie, dass es soweit kommt, dass ich ihr mit purer Absicht weh tue. Aber genau das habe ich getan. Und es tut mir unendlich leid. Zu sehen, wie du vor mir völlig zusammenbrichst, bereitet mir unglaubliche Freude. Die ganze Frustration der letzten Tage fällt angesichts dieses süßen Erfolges von mir ab und ich kann den Moment so richtig genießen. "Aber natürlich willst du das", sage ich feixend. "Nur mit wollen ist es nicht getan. Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass du das hinbekommst. Du richtest doch bloß jeden Tag mehr Schaden an." "Ich weiß ...", schluchze ich und versuche nicht besonders erfolgreich, die Tränen wegzublinzeln. "Deswegen soll sie sich von mir fernhalten ..." Meine Stimme ist dünn, brüchig und weinerlich. "Aber das will ich gar nicht ..." Ich schluchze erneut, kneife die Augen zusammen und lasse den Kopf hängen, weil die Tränen unaufhörlich laufen und mich mittlerweile fast so sehr schütteln wie das Zittern. Eine Sekunde lang empfinde ich sogar ein kleines Fünkchen Mitleid für dich. Aber zu wenig, um dir zu helfen. Zu wenig, dass ich es überhaupt realisiere. Die diebische Freude, dich gebrochen zu haben, überwiegt und treibt mir ein leicht sadistisches Glitzern in die Augen. "Das ist natürlich ein Dilemma...", raune ich. "Du bist dir also darüber im Klaren, dass es besser für wäre, sie in Ruhe zu lassen. Aber wie immer bist zu egoistisch, ihr diesen Gefallen zu tun. Und die arme Barbara muss darunter leiden. Oder hoffst du immer noch, dass alles wieder gut wird? Was willst du machen? Plötzlich ein langweiliges Familienleben führen? Im hübschen Vorstadthäuschen der Gordons?" "Ich ... weiß es nicht ...", bringe ich stockend und unter Tränen hervor, während ich den Boden unter mir anstarre. "Ich ... will ihr nicht weh tun ..." Ich habe inzwischen kaum noch Kontrolle über meinen Körper und zittere unkontrolliert. Einen klaren Gedanken kann ich auch nicht mehr fassen. Alles, was ich weiß, ist, dass ich jetzt unbedingt bei Barbara sein will. "Was weißt du eigentlich...", murmle ich gehässig. Ständig markierst du den Allwissenden und tust so, als wärst du vollkommen unantastbar. Von wegen. Das hier ist, wie du wirklich bist. Dieses bemitleidenswerte Häufchen Elend zeigt, wie es in dir tatsächlich aussieht. Eigentlich bist du unsicher und geplagt von Selbstzweifeln und versuchst das alles hinter deiner Arroganz zu verstecken. Das hat sich dann jetzt wohl erledigt. "Ich ...", schluchze ich unter Tränen und fühle mich so klein und nichtig unter deinem Blick und den Worten. Wie mein Vater. Genau wie mein Vater. "Es ... tut mir ... leid. Ich wollte das doch nie ..." Inzwischen realisiere ich nicht einmal mehr, wo ich bin und wer du bist. "Ich habe ... alles ruiniert", murmle ich apathisch vor mich hin. "Ich hatte Pläne ... Ich wollte die Fledermaus ..." Ich muss mich unterbrechen, um zu schluchzen. "Ich habe meinen Vater aus dem Weg geräumt ... Ich will eine richtige Familie ..." Unter der Maske verdrehe ich die Augen. Blablabla. Du armes Ding. Du merkst nicht mal, dass du ausgerechnet mir deine traurige Situation vorjammerst. In Momenten wie diesen wird es doch offensichtlich, warum du hier eingewiesen bist. Du hast Probleme. Schwerwiegende. Pech für dich, dass mir nicht der Sinn danach steht, sie zu beheben. Mich interessiert eher, wie du reagierst, wenn ich dafür sorge, dass alles noch viel, viel schlimmer wird. "So gehst du also an deine Probleme ran? Du tötest sie? Was bedeutet das für Barbara, wenn du ihrer irgendwann überdrüssig wirst? Oder das Kind? Wenn es ein Teenager ist und anfängt, Schwierigkeiten zu machen?" "Nein ...", hauche ich tonlos und schüttle dabei apathisch den Kopf. "Ich kann ... ihr nichts antun ... Nicht ihr ..." Kurz muss ich die Augen schließen, als eine neue Welle Tränen auf mich zurollt. "Ich habe ihr schon ... so viel angetan ... ohne es zu wollen ... Dabei liebe ich sie ..." "Was?" Ich lache lautstark auf. Und obwohl ich dich nicht mal richtig auslachen will, kann ich es einfach nicht zurückhalten. Ich breche in schallendes Gelächter aus und kann mich gar nicht mehr halten. Unter der Maske laufen mir die Lachtränen herunter. "Das ... Das ist so süß, Edward", kichere ich. Einfach köstlich. Dieses Geständnis bedeutet mir unglaublich viel - weil es das Ausmaß der Angriffsfläche zeigt, die Barbara für dich bietet. Jede Aktion gegen sie ist eine Aktion gegen dich. Und jede Annäherung meinerseits an sie, wird dich in den Wahnsinn treiben. Die Möglichkeiten sind grenzenlos. Bei deinem Gelächter schlage ich mir die Hände vor die Augen und fühle mich wieder wie der zehnjährige Junge, der sich im Schrank versteckt und sich dabei die Ohren zugehalten hat, um nicht das Geschrei seines Vaters hören zu müssen. Ich fühle mich so unglaublich klein, dass ich am liebsten im Boden versinken möchte. Schluchzend lasse ich den Kopf hängen. "Ich muss es ihr sagen ...", murmle ich hinter meinen Händen zu mir selbst. "Dann bekomme ich vielleicht noch das, was ich will ..." "Das kann schon sein", sage ich nachdenklich. "Oder du bekommst das, was du verdienst: Eine Zurückweisung. Vielleicht gibt sie dir einen Korb. Denk doch mal nach. Warum sollte sie dich wollen? Was für einen Grund hast du ihr bisher gegeben, dich zu lieben? Wenn ich an all die Tränen denke, die sie deinetwegen schon vergießen musste, bezweifle ich, dass du ihre Liebe überhaupt wert bist." Lachend zucke ich mit den Schultern. "Aber bitte. Versuch dein Glück. Jetzt hast du ja nichts mehr zu verlieren, wenn ich dich so ansehe. Du bist schon am Boden." Und es ist mir ein Vergnügen, noch einmal richtig zuzutreten. Meine Tränen fließen mittlerweile so unaufhörlich, dass ich nicht einmal mehr die Hand vor Augen sehen kann. Ich lasse meinen Kopf noch tiefer hängen, so dass meine Hände auf ihm zum liegen können. Automatisch raufe ich mir die Haare. Ich kann schon lange keinen klaren Gedanken mehr fassen, aber inzwischen ist es so schlimm, dass ich nicht mal mehr weiß, wo ich bin. Ich kann wohl froh sein, dass ich noch weiß, wer ich bin. Um mich herum fängt die Welt an, sich immer schneller zu drehen. Der Fußboden direkt unter mir verschwimmt zu einer konturenlosen Masse. Und mein Kopf schmerzt. Es fühlt sich an, als ob ich eine Migräne-Attacke bekomme. Ohne es überhaupt zu realisieren, nehme ich mir die Brille ab, lasse sie auf den Boden fallen und presse mir die Handballen an die Schläfen, während ich krampfhaft die Augen zusammen kneife. Und in dem Moment, als der Kopfschmerz fast unerträglich wird, umfängt mich endlich eine wohltuende Schwärze. Nachdem der dumpfe Aufschlag deines Körpers verklungen ist, hocke ich noch einen Moment lang da und betrachte deine reglose Gestalt. Meine Hand tut weh und der Schnitt ist ein bisschen weiter aufgerissen, weil ich sie weiter benutzt habe. Aber das ist egal. Gemächlich erhebe ich mich und ziehe mir die Maske vom Kopf. Fahrig versuche ich, Ordnung in mein zerzaustes Haar zu bringen. "Hat Spaß gemacht, an deiner Heilung zu arbeiten, mein Freund", murmle ich. Die Maske verschwindet wieder in meinem Schrank. Ich setze mir die Brille auf und breite deine Akte auf dem Schreibtisch aus, einen Stift daneben. Dann zerre ich dich von der Tür weg und arrangiere dich neben dem Schreibtisch. Deine Brille lege ich neben dir auf den Boden. Bevor ich Wachen uns ein paar Pfleger rufe, wische ich dir mein Blut aus dem Gesicht. Du hattest eine Panikattacke, hast mich angegriffen und bist zusammengebrochen. Nichts weiter. Wer würde schon etwas anderes erwarten? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)