Die Zeit deines Lebens von dattelpalme11 ================================================================================ Kapitel 20: Trennungsschmerz. ----------------------------- You never really can fix a heart. Fix A Heart, Unbroken. Demi Lovato, 2011. 04. Januar 2010. New York, USA. Studentenwohnheim. „Mimi jetzt iss‘ doch bitte was“, meine Kari besorgt zu ihr und hielt ihr die Schachtel mit den gebratenen Nudeln vor die Nase. Doch Mimi verzog nur angewidert das Gesicht, als ihr der Geruch in die Nase stieg. „Ich habe keine Hunger“, sagte sie und drückte ihr Gesicht in ihr Kissen. Am liebsten wollte sie alleine sein, doch sie konnte Kari nicht einfach rauswerfen, besonders weil sie ihr nur helfen wollte. Doch in solchen Momenten war jedes Wort und jede liebe Geste zu viel. Sie wollte nur ihre Ruhe haben, viel Schokolade essen und sich in den Schlaf weinen. Alleine. „Er ist wirklich ein Depp“, erwiderte sie plötzlich und legte ihren Kopf auf ihre Matratze. Mimi setzte sich auf und sah Kari mit einem mürrischen Gesicht an. „Ich weiß, aber trotzdem bin ich immer wieder auf ihn reingefallen“, antwortete sie traurig und fuhr sich durch ihre langen braunen Haare. „Ich komme mir so bescheuert vor.“ „Mimi“, murmelte Kari besorgt und stand auf. Leise ließ sie sich auf ihr Bett fallen und schlang beide Arme um sie. „Er hat dich nicht verdient“. „Ja das stimmt, aber trotzdem tut es weh“, gestand sich sie Brünette ein und blinzelte die aufkommenden Tränen weg. Sie hatte schon genug geweint. Eigentlich hatte er keine einzelne Träne verdient gehabt, aber trotzdem war Mimi so unfassbar traurig. Nicht weil es vorbei war, sondern viel mehr, wie es endete. Er hatte sich einfach eine andere geschnappt, weil sie für den Moment nicht verfügbar war. Wie schon einmal . Damals hatte sie ihm verziehen, doch sie wusste, dass sie es diesmal nicht konnte. Nicht nur weil er sie in aller Öffentlichkeit betrog, sondern weil sie wusste, dass er sich wohl nie ändern würde. Und so einen notorischen Fremdgeher brauchte sie wirklich nicht als Freund. Sie wollte lieber einen haben, der sie auf Händen trug und ihr jeden Wunsch von den Augen ablas . Doch erstmal musste sie so einen finden, aber wahrscheinlich existierte der „perfekte Freund“ nur in ihrer Vorstellung. Spukte in ihrer Phantasie und suchte sie in ihren Träumen heim – nur um ihr zu sagen, dass sie in einer Märchenwelt lebte. Mit Einhörnern und pinker Zuckerwatte als Wolkenschlösser. Sie schüttelte sich kurz. So langsam verlor sie den Faden. Kari sah sie auch schon komisch an und runzelte die Stirn vor Besorgnis. „Ist wirklich alles okay?“, fragte sie wieder und berührte sanft ihren Arm. „Ich würde ihm am liebsten den Hals umdrehen“, sagte sie wütend und ballte ihre Hände zu Fäusten. Doch sie wusste, dass es nichts bringen würde. Wahrscheinlich war sie bereits das Top-Thema auf dem Campus. Ach wie sie es liebte, wenn andere hinter ihrem Rücken sich das Maul über sie zerrissen. Auch wenn die meisten wussten, dass er Mist gebaut hatte und nicht sie. Wahrscheinlich wussten die meisten, dass er sie mehrfach getrogen hatte und niemand hatte ihr etwas gesagt. Hmpf. Das war typisch. Die Betrogene erfuhr es meistens als letzte. Ironie des Schicksals…oder wohl eher Fügung, die ihr zeigen wollte, dass Michael und sie nicht füreinander bestimmt waren. Egal was es war, jetzt brauchte sie erstmal eine Tafel Schokolade. „Wie du hast ein Date?“, fragte er vollkommen entgeistert und ließ sich aufs Bett fallen. „Wann hast du sie überhaupt gefragt? Bekomme ich denn gar nichts mehr mit?“ Peter drehte sich zu ihm herum und verzog sein Gesicht. „Ein richtiges Date ist es gar nicht“, gestand er sich ein und kramte eine Jacke aus seinem Schrank. „Seit wann gibt es ‚unrichtige‘ Dates? Wo wollt ihr überhaupt hingehen?“ „Zu einem Sinfonieorchester“, antwortete er knapp und betrachtete sich kurz im Spiegel. „Ein Sinfonieorchester?“ Wallace blickte ihn verwirrt an. Das hörte sich wirklich nicht nach einem Date an, sondern eher nach purer Langeweile . „April wollte unbedingt hin und hat gefragt ob ich mit will“. „Also hat sie dich gefragt?“, fragte der Blonde skeptisch. „Ja. Ich hätte dazu sicher keinen Mut gehabt“, meinte Peter niedergeschlagen. „Aber vielleicht ist es ja doch ein Date“. Er sah ihn zuversichtlich an, doch Wallace zog nur eine Augenbraue nach oben. Wahrscheinlich hatte April nur einen Dummen gesucht, der mit ihr zu dieser oberlangweiligen Veranstaltung ging. Vielleicht dachte sie ja, dass Peter darauf stehen könnte, da er Klavier spielte und ebenfalls auf klassische Musik stand. Vielleicht war ein Orchesterbesuch in ihrer Sprache ein Date. Doch Wallace konnte sich beim besten Willen nichts Romantisches darunter vorstellen. „Ja vielleicht“, erwiderte er knapp, sah jedoch nicht überzeugt aus. „Und was mache ich, wenn wir uns näher kommen?“ Peter setzte sich auf sein einiges Bett und runzelte die Stirn. Er hatte wohl von so lchen Dingen absolut keine Ahnung. Obwohl Wallace auch bezweifelte, dass sie sich währenddessen näherkommen würden. Doch das wollte er Peter lieber nicht sagen. „Keine Ahnung. Küss´ sie dann doch einfach“, schlug er gelassen vor, während Peter leicht rot anlief. „Ich…ich habe aber noch nie ein Mädchen geküsst“, gestand er fast schon flüsternd und erntete von Wallace einen ungläubigen Blick. Klar er war zwar schüchtern, aber der Blondschopf hätte nicht erwartet, dass er noch nie ein Mädchen geküsst hatte. „Okay? Und was heißt das jetzt? Soll ich es dir demonstrieren?“, fragte er grinsend und spitzte die Lippen. „Himmel, nein“, murmelte er angewidert. „Sowas will doch keiner sehen“. „Hey so übel küsse ich gar nicht!“, beschwerte sich Wallace . „Das kann schon sein, aber ich will nur wissen, ob man etwas falsch machen kann. Mehr nicht“. Wallace erinnerte sich kurz an seinen ersten Kuss zurück, den er mit fünfzehn hatte. Es war beim Flaschendrehen passiert. Er erinnerte sich noch gut daran, so als wäre es erst gestern gewesen. Das Mädchen, auf das die Flasche zeigte, war wirklich Wallace Typ gewesen. Sie hatte leicht gelockte, braune Haare und hörte auf den lieblichen Namen „Becca“. Eigentlich hätte alles perfekt laufen können, doch dann legte sie ihre Lippen auf seine. Jedenfalls versuchte sie es. Mit der Unterlippe traf sie auf seine Oberlippe. Zielen war anscheinend nicht ihre Stärke gewesen. Es hätte wirklich nicht mehr viel gefehlt und sie hätte seine Nase abgelutscht. Eine Erfahrung, die Wallace gut und gerne vergessen wollte. „Ach eigentlich klappt das schon“, flötete er und verdrängte für einen Moment diese peinliche Kusserfahrung, über die noch viele aus seiner damaligen Klasse gelacht hatten. Wahrscheinlich sah es wirklich so aus, als wollte ihn Becca eher auffressen, statt ihn zu küssen. Doch das konnte er Peter nicht sagen. Er wollte ihn nicht noch nervöser machen, als er ohnehin schon war. „Bitte mach' die Tür auf. Ich will mich bei dir entschuldigen“. Mimis Lippe zuckte vor Wut. Sollte er doch bleiben, wo der Pfeffer wächst. Nie im Leben würde sie ihn jetzt in ihr Zimmer lassen. „Hau gefälligst ab und schieb dir deine Entschuldigung sonst wohin“, geiferte sie und wandte sich mit einem genervten Blick an Kari, die stillschweigend auf ihrem Bett saß. Vor wenigen Minuten wurden sie aus ihren tiefsinnigen Mädchengesprächen unterbrochen, als es plötzlich klopfte und Michaels Stimme im Flur ertönte. „Aber Mimi, komm schon…das war nur ein Ausrutscher“, hörte man ihn sagen. Reue klang deutlich anders, ein Grund für Mimi komplett auszuflippen. „Da hört sich doch wohl alles auf“, zischte sie zu Kari und ging zur Tür. Wutentbrannt öffnete die Brünette sie und sah in das dämliche Gesicht ihres Ex-Freundes, der ein Strauß rote Rosen in der Hand hielt. Er lächelte entschuldigend, doch das brachte Mimis Blut nur noch mehr zum Kochen . „Es tut mir wirklich leid. Verzeih mir doch bitte“. Mimi musterte den Strauß Rosen und verzog ihre Augen zu Schlitzen. Wahrscheinlich hatte er sie an der Tankstelle besorgt und sie würden genauso schnell welken wie ihre einst „perfekte“ Beziehung. „Hau ab“, knurrte sie und wollte die Tür wieder zuschlagen, als er seinen Fuß dazwischen schob. „Nein, wir können doch über alles reden. Ich liebe dich“. Kari beobachtete das Szenario vom Bett aus und sah gespannt zu Mimi, die seiner Liebeserklärung nur wenig Beachtung schenkte. Sie sah mehr so aus, als würde sie jeden Augenblick explodieren. „Du liebst mich? Hältst du mich für total bescheuert?“ Ihre Augenbraue zuckte bedrohlich. Ihr Blick fixierte Michael, so als wolle sie ihn am liebsten augenblicklich umbringen. „Man Mimi stell dich doch nicht so an. Es hat mir wirklich nichts bedeutet “, versuchte er ihr zu erklären und mit seiner freien Hand ihre zu ergreifen. Doch sie befreite sich aus seinem Griff und verschränkte die Arme vor der Brust. „Du verstehst rein gar nichts. Du wirst dich nie ändern und mich immer verletzten“, gestand sie ihm, diesmal in einem etwas ruhigeren Ton. „Ach Mimi…“. „Nichts ‚Ach Mimi‘, ich will das nicht mehr“, sagte sie ihm klipp und klar. „Such dir doch eine Andere , die du verarschen kannst. Du…du…du schwanzfixierter Mistkerl“. Die letzten zwei Worte spuckte sie angewidert von sich und knallte ihm augenblicklich die Tür vor der Nase zu. Er reagierte erst gar nicht, sondern brauchte einige Sekunden, um zu verstehen, dass sie es ernst meinte. Sie war doch immer zu ihm zurückgekommen. So kannte er sie gar nicht. „Man Mimi, mach´ sofort die Tür auf“, brüllte er und hämmerte dagegen. „Verpiss dich“, hörte er sie rufen. Er umklammerte den Strauß Rosen, den der kurz zuvor im Blumenladen für sie gekauft hatte. Ein Dorn bohrte sich in seinen Finger und ließ ihn vor Schmerz japsen . Diese bescheuerte Kuh. Wie konnte sie ihn einfach so vor ihrer Tür stehen lassen? Er machte sich gerade zum Deppen für sie, doch Mimi? Sie war wieder überaus nachtragend. Besonders seit ihre brünette Freundin aufgetaucht war, hatte sie sich sehr verändert gehabt. Leider nicht zum Vorteil. Jedenfalls empfand das Michael so. Aufgebracht schmiss er den Blumenstrauß auf den Boden und sah, dass sein Finger leicht blutete. Er leckte das Blut vom Finger und sah bedrohlich zur Tür. Sie sollte ihm besser schnellstens verzeihen , sonst würde sie es noch bereuen. Und Michael hatte auch schon eine Idee, wie er Mimi mitten ins Herz treffen konnte. „Also wirklich Joe, dass muss schneller gehen“, sagte seine Chefin in einem grimmigen Unterton zu ihm und zeigte, wie er möglichst zeitsparend die Regale in dem kleinen Supermarkt auffüllen konnte. „So geht das“, meinte sie und zog ihr verhärmtes Gesicht zu einem selbstzufriedenen Lächeln. Joe betrachtete das Regal kritisch, das wie zugestopft aussah. „Aber ist das nicht viel zu voll?“, fragte er skeptisch und sah, wie sich eine Tüte der Gummibärchen verselbstständigte. „Ach so ein Quatsch. Mach so viel rein, wie geht. Aber achte auf die Etiketten!“ „Alles klar“, meinte er missmutig und zog ein unerfreutes Gesicht. So hatte er sich seinen ersten Arbeitstag nicht vorgestellt. Da bekam er einfach einen Rolli mit den verschiedensten Sachen hingestellt und fühlte sich mega überfordert. Keiner gab ihm eine anständige Anweisung. Jeder sagte nur, dass er sich beeilen und die Regale voll kriegen sollte. Netter Umgangston war hier definitiv fehl am Platz. „Willkommen in der Hölle“, murrte er im Flüsterton und öffnete den nächsten Karton gedankenverloren mit einem Cuttermesser. „Nein, nein, nein“, brüllte auf einmal ein Kollege hinter ihm und riss ihm das Messer aus der Hand. „Bist du bescheuert? Du kannst das doch nicht mit dem Messer aufschneiden, die Ware könnte kaputt gehen“. Der etwas dickbäuchige Mann zeigte Joe, wo er genau den Karton zu öffnen hatte, ohne etwas im Inneren zu beschädigen. Joe sah ihn verzweifelt an und brachte ein leises „Danke“ hervor. Danach war er verschwunden. Er hatte noch nicht mal etwas erwidert oder ihm noch einen Tipp gegeben. Er ging einfach weiter zu seinem Rolli, der schon fast fertig war. Doch beschweren half in diesem Fall wohl nicht viel. Joe wollte unbedingt diese Reise mitmachen und brauchte das Geld. Auf seinen Vater konnte er sich ja nicht verlassen. Wahrscheinlich überprüfte er gerade, ob eine solche Enttäuschung überhaupt sein Sohn sein konnte. Vielleicht wurde er im Krankenhaus vertauscht und eine rührselige, gutherzige Familie wartete auf ihren richtigen Sohn. Doch Joe wusste, dass das nur Spinnereien waren. Dafür sah er seinem Vater wirklich zu ähnlich. Und trotzdem waren sie so verschieden. Konnte er ihn denn kein bisschen verstehen? Wie unwohl er sich in seinem Studium fühlt e? Dass er sich jeden Tag aufs Neue hin quälte? War er etwa so blind? „Joe, das geht auch schneller“, rief ihm seine Chefin im Vorbeigehen zu und riss ihn prompt aus seinen Gedanken. „Jaja“, kläffte er und räumte den Rest ins Regal ein. Dann schob er den Rolli in den nächsten Gang und öffnete die nächste Kiste. 15. Juni 2010. Odaiba, Japan. Kleines Café. Sie rührte in ihrem Milchkaffee und wich seinen Blicken gekonnt aus. Insgeheim hasste sie Mimi dafür dieses Treffen arrangiert zu haben. Es war…komisch. Richtig unangenehm. Er versuchte sie mit seinen Blicken regelrecht zu röntgen und starrte sie mit diesem mitleidigen aber auch bedrohlichen Blick an. „Guck nicht so“, meinte sie plötzlich und nippte an ihrem Kaffee. „Wie soll ich denn sonst gucken? Ich mache mir wirklich Gedanken um dich“, flüsterte er fast schon und aß von seinem Bagel. Eigentlich wollte sie nur mit Mimi frühstücken gehen, als plötzlich ihr Bruder am Tisch saß und Mimi ihr ins Ohr flüsterte, dass sie mit ihm mal reden sollte. Danach war sie verschwunden und ließ sie in dieser äußerst beklemmenden Situation zurück. Er hatte mitbekommen, wie sie ausgeflippt war und ihre Sachen packen wollte, um prompt das Land zu verlassen. Beide hatten an diesem Abend versucht, ihr gut zuzureden , doch Kari hatte sich im Bad eingeschlossen und bitterlich geweint . Etwas das Tai sehr spanisch vorkam. Was hatte Matt nur mit seiner kleinen Schwester gemacht? Am liebsten würde er ihm eine reinhauen, doch seit der Sache war er bei einem Freund untergekommen und immer nur zu Hause aufgetaucht, wenn Tai nicht da war. Matt sollte ihm in nächste Zeit auch besser nicht über den Weg laufen. Er wusste wirklich nicht, ob er sich beherrschen konnte. „Was ist eigentlich zwischen euch beiden passiert? Habt ihr…naja du weißt schon“, stammelte der Brünette und bemerkte erst gar nicht, wie rot seine Schwester auf einmal wurde. Sie schüttelte nur den Kopf und sah, wie Tai erleichtert ausatmete. „Gott sei Dank. Dem hätte ich was erzählt, wenn es dazu gekommen wäre“, eröffnete er Kari bedrohlich. Kari sah ihn geschockt an und auch wenn ihr die Sache mit Matt äußerst peinlich war, wollte sie natürlich nicht, dass er ihm wehtat. Sie hatte es doch so sehr gewollt und jetzt konnte sie Matt auch besser verstehen, warum er das Ganze abgebrochen hatte. TK, ihr bester Freund, war verliebt in sie. Und das schon seit Jahren. Sie hatte so ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber . Immer wieder hatte sie ihm die Ohren voll geheult und schwärmte wie toll sie Matt doch fand. In all den Jahren hatte sie ihm so wehgetan, ohne es gewusst zu haben. „Ganz ehrlich, Matt sollte sich auf etwas gefasst machen. Auch wenn nichts gelaufen ist, kann er doch nicht einfach…“. „Hör auf“, sagte sie mahnend und senkte den Kopf. „Ich wollte es so“. Sie flüsterte den letzten Satz, sodass Tai Probleme hatte ihn zu verstehen. „Was?“ „Ich wollte mit ihm schlafen“, gestand sie ihm peinlich berührt, schaute kurz in sein geschocktes Gesicht und wand te wieder den Blick von ihm. „Bitte was? Das denkst du dir doch gerade aus“, mutmaßte Tai fassungslos. Seine Schwester wollte mit seinem besten Freund schlafen? Das konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Nicht Kari. Nicht seine kleine Schwester. Kari hob den Kopf nicht an, sondern fuhr sich mit dem Handrücken über ihre Augen. Ein Zeichen dafür, dass sie weinte. Tai wollte schon aufstehen und sie in den Arm nehmen, um sie zu trösten. Doch dann schaute sie ihn an. Ein paar Tränen liefen ihr über die Wangen und sie quälte sich zu einem Lächeln. „Bitte sei ihm nicht mehr böse. Er kann nichts dafür. Irgendwie wollte ich, dass er mich in einem anderen Licht wahrnimmt“, schluchzte sie. „In einem anderen Licht? Sag mal bist du etwa in…“. Er hatte den Satz noch nicht beendet, als Kari langsam nickte und wieder schniefte. „Oh mein Gott“, entfuhr es ihm und er ließ geschockt die Ellenbogen auf den Tisch sinken. „Warum hast du nie was gesagt?“ „Es gibt halt Dinge, über die man nicht gerne mit seinem Bruder sprechen will“. Sie sah unsicher zu ihm und presste die Lippen kurz aufeinander, bevor sie weitersprach. „Außerdem hatte ich Angst, dass du es ihm weitererzählst oder mich erst gar nicht ernst nimmst“. „Ich und weitererzählen? Sag mal für wen hältst du mich?“ „Du bist eine Plaudertasche“, giftete sie zurück. „Besonders wenn du zu viel getrunken hast“. „Ehm…ja…das ist wohl wahr“, gab er kleinlaut zu und drückte sich gegen die Lehne. „Damit habe ich wirklich nicht gerechnet“. Er schnaubte kurz und schüttelte sich leicht. „Wie lange bist du denn schon in ihn verliebt?“ „Seit ich fünfzehn bin“, antwortete sie knapp. „WAS? Schon so lange? Moment, dann war die Sache mit Davis…“. „Nur Ablenkung“, vervollständigte sie seinen Satz und schämte sich dafür, Davis sowas angetan zu haben. Kein Wunder, dass er sie immer noch hasste. Sie hätte ihm zeigen müssen, dass er ihr nach wie vor wichtig war, doch das hatte sie nicht getan. Kari hatte die Freundschaft mit Davis einfach abgehakt und gar nicht wirklich um sie gekämpft. „Ich schäme mich ja so“, sagte sie auf einmal und sah mit einem leeren Blick auf den Tisch. Am liebsten würde sie zu Wallace gehen, der ihre Situation von allen noch am besten verstand. Doch sie konnte doch nicht vor jeder Konfrontation weglaufen. Vor allem nicht bei ihrem Bruder. „Hey“, Tai berührte leicht ihren Arm und fuhr ihr über den Handrücken. „Das ist nicht deine Schuld. Hormone sind wirklich sehr verwirrend, besonders wenn man so jung ist“. Kari zog die Nase hoch und lächelte leicht. „Da sprichst du wohl aus er Erfahrung, ne?“ Tai machte ein verdattertes Gesicht und runzelte die Stirn. „Hä? Wie meinst du das denn jetzt?“ „Naja ich weiß das von dir und Mimi“. Sein Blick verwandelte sich in blankes Ersetzen und er zog rasch die Hand zurück, um seine Arme vor der Brust zu verschränken. „Diese Frau“, nuschelte er und verrollte die Augen. „Kann sie denn nicht einmal ihre Klappe halten?“ Kari musterte ihn und erwischte ihn dabei, wie er leicht vor sich her grinste, dann aber wieder versuchte ein ernstes Gesicht zu machen. Doch dann lenkte er das Gespräch wieder auf das eigentliche Thema. „Hast du es ihm eigentlich gesagt?“ „Wem was gesagt?“, fragte sie, obwohl sie genau wusste, wen er meinte. „Na Matt natürlich“, antwortete er aufbrausend und zog eine Augenbraue in die Höhe. „Nein, hab ich nicht“. „Wirst du nochmal mit ihm reden?“ „Keine Ahnung, redest du nochmal mit ihm?“, stellte sie die Gegenfrage und wurde allmählich ungeduldig. Was sollte dieses Frage-Antworten-Spiel überhaupt? Merkte er nicht, wie unangenehm ihr die ganze Sache war? Langsam sackte sie ihren Stuhl hinunter und fragte sich, ob die einen Klobesuch als Vorwand nehmen sollte, um endgültig von hier zu verschwinden. Doch Tai redete ohne Punkt und Komma auf sie ein. Sagte ihr, dass er wohl doch nochmal mit Matt reden wollte, da er wirklich einige Dinge nicht gewusst hatte. Kari befürchtete jedoch, dass er Matt die Wahrheit sagen würde und alles nur noch komplizierter wurde, als es ohne hin schon war. Das konnte sie wirklich gar nicht gebrauchen. Besonders nicht nach TKs Liebesgeständnis, das sie ganz schön aus der Bahn geworfen hatte. Seither hatte sie auch nicht mehr mit ihm gesprochen, da er Abstand von ihr wollte. Und diese Tatsache tat ihr noch mehr weh als die Absage, die Matt ihr erteilt hatte. So langsam fragte sie sich, ob sie Matt wirklich liebte oder nur die Vorstellung davon, mit einem „Rockstar“ zusammen zu sein. Mittlerweile war sie sich ihren Gefühlen nicht mehr sicher . Er blinzelte leicht und bewegte sich langsam. Ein knappes Stöhnen zog sich durch den Raum. Er hielt sich den Kopf und wollte sich gerade aufsetzten, als er ein zusätzliches Gewicht auf seinem Brustkorb spürte. Er sah an sich herab und entdeckte eine friedlich schlafende Mariko, die ihre Arme um seinen Oberkörper geschlungen hatte. Er schnaubte kurz und versuchte sich aus ihrem Griff zu lösen, doch sie verschärfte ihn, als er sich an ihren Armen zu schaffen machte. Leicht genervt ließ er sich sachte auf das Bett zurückfallen und durchforstete seine Gedanken. Takeru fühlte sich schrecklich. Erst die Sache mit Kari und jetzt war er wie ein räudiges Hündchen zu Mariko zurückgekehrt. Er konnte ein deutliches Grinsen auf ihren Lippen erkennen. Ja, sie war zufrieden und er in ihrer Umarmung gefangen. Kari hatte es wirklich geschafft, ihn wieder in ihre Arme zurückzutreiben, obwohl er eigentlich die Sache mit Mariko beenden wollte. Doch jetzt konnte er auch weitermachen. Diesen Moment beim Babysitten hatte er sich wohl doch nur eingebildet und gehofft, es könne mehr dahinter stecken, was letztendlich nicht so war. Kari hätte beinahe mit seinem „ach so tollen“ Bruder geschlafen. Ohne mit der Wimper zu zucken. Klar, er wusste, dass sie in ihn verliebt war, aber trotzdem hatte der gehofft, dass das Jahr in Amerika alles verändern würde. Er wusste selbst eigentlich nicht so richtig, was er sich dabei gedacht hatte. Hatte er wirklich erwartet, dass sie endlich aufwachen und in ihm den langersehnten Traumprinzen sehen würde? Anscheinend glaube er noch an Märchen, die alle ein Happy End versprachen – jedenfalls die überarbeiteten Versionen. Wäre man nur bei den Originalen geblieben, dann hätte sich diese Happy-End-Fantasie auch nicht in seinen Schädel eingebrannt. So langsam glaubte er noch nicht mal mehr bei seinen Eltern dran, obwohl sie sich zurzeit gut verstanden hatten. Doch er lebte nicht im Märchen. Seine Familie würde wohl nie wieder zusammen kommen, auch nicht wegen Saya. Und Kari würde seine Gefühle wohl nie erwidern, egal wie sehr er sich auch anstrengte. Er hatte verloren und musste sich wohl oder übel mit diesem Gedanken arrangieren. Takeru blickte kurz zu Mariko, die ihren Griff etwas gelöst hatte und immer noch schlief. Er setzte sich wieder auf und schaffte es diesmal, sich aus ihrem Griff zu befreien. Lautlos setzte er sich auf die Bettkante und suchte mit den Augen nach seinen Boxershorts, die er in dem Klamottenberg nicht gleich erkennen konnte. Leise stand er auf und kramte unter Marikos Jeans seine Unterwäsche hervor. Er schlüpfte hinein und suchte sich den Rest seiner Sachen zusammen, als er plötzlich seinen Namen hörte. Er drehte sich erschrocken um. Mariko saß auf dem Bett und sah ihn mit verquollenen Augen und etwas strubbeligem Haar an. Takeru hatte sie wohl geweckt. „Willst du schon gehen?“, fragte sie leise. In ihrer Stimme spiegelte sich die Enttäuschung wider . TK fuhr sich durch die Haare und sah sie an. Ihr dringlicher Blick war unerträglich für ihn. Auch wenn sie ihn manchmal nervte, wollte er sie nicht verletzten. „Nein, ich wollte was zum Frühstück holen“, log er und stieg in seine Jeans. „Was isst du denn gerne?“ Mariko lächelte und stieg ebenfalls aus dem Bett. Sie ging splitternackt auf ihn zu und blieb ganz dicht vor ihm stehen. TK sah auf sie hinab und blickte ihr in die Augen. Ihr Blick war lustverschleiert und spiegelte pures Verlangen wider . Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und fuhr mit ihrer Hand über seine nackte Brust. Dann kam sie ihm etwas näher und schlang seine Arme um seinen Nacken, sodass Takeru ihren warmen Atem auf seiner Haut spüren konnte. „Ich glaube, das Frühstück können wir heute ausfallen lassen“, raunte sie in sein Ohr und verwickelte ihn in einen langen leidenschaftlichen Kuss. Auch wenn TK eigentlich gar keine Lust hatte, wusste sie genau, wie sie ihn wieder dazu bekommen konnte. Sie öffnete seine Jeans und merkte, dass er unregelmäßig zu atmen begann. Sein Herz schlug schneller, die Erregung wuchs und ließ ihn alles um sich herum vergessen. Er merkte nur, wie sie seine Jeans leicht nach unten zog und ihre Hand am Saum seiner Boxershorts entlang wanderte… Sie saßen gemeinsam im Park und eine frische Brise blies durch die Gegend. Sie konnte immer noch nicht fassen, dass sie ihrem Bruder die Wahrheit über Matt gesagt hatte. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Würde er den Rand halten? Was würde Matt sagen, wenn es herauskommen würde? Würde er überhaupt etwas sagen? Dabei war sie sich gar nicht mehr so sicher, ob sie wirklich verliebt in ihn war. Irgendwie hatte die Knutscherei und der Fast-Sex einiges verändert. Es war so, als wäre ein langersehnter Jugendtraum zerplatzt wie eine Seifenblase. Und es hatte nichts damit zu tun, dass er sie abgewiesen hatte. Viel mehr fragte sie sich, ob sie jahrelang einfach nur einem Hirngespinst gefolgt war. „Du siehst so nachdenklich aus“, meinte Wallace besorgt und lehnte sich zurück. Kari schnaubte nur. „Willst du darüber reden?“ „Ich weiß nicht“, antwortete sie wahrheitsgemäß. „Geht es um die Sache mit Matt?“ Sie nickte. Doch das war nicht alles, was sie beschäftigte. Auch die Tatsache, dass TK mit ihr im Moment nichts zu tun haben wollte, beschäftigte sie sehr. Sie wollte ihren besten Freund nicht verlieren…obwohl, hatte sie das nicht schon? Er war in sie verliebt gewesen. Schon vor der ganzen Geschichte mit Davis. Vielleicht sogar schon, bevor sie sich in Matt verliebt hatte . Manchmal fragte sie sich, wie beide als Paar funktionieren würden. Alle sagten ihr, dass sie so toll zusammen passen würden. Immer und immer wieder, sodass es Kari schon nicht mehr hören konnte. Doch was wenn alle anderen Recht hatten und sie nur zu blind war, um die Tatsachen zu erkennen? Sie machte alles mit ihm. Sogar im selben Bett hatten sie geschlafen. „Was ist los? Jetzt rede doch bitte mit mir“, bettelte Wallace und stupste sie leicht an. „Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Mein bester Freund hat mir gestanden, dass er in mich verliebt ist und ich weiß nicht, wie ich dazu stehen soll“. Ihr bester Freund? Wallace wusste genau, wen sie meinte. Sie hatte immer mal wieder von ihm erzählt. Nie viel, aber man sah ihr an, dass sie ihn sehr mochte. Immer wenn sie eine Geschichte von ihnen erzählte, leuchteten ihre Augen und auf ihren Lippen bildete sich ein leichtes Lächeln ab. Besonders als es ihr schlecht ging, war der Name TK öfters gefallen, als Wallace lieb war. Zwar kannte er die Geschichte rund um Matt, doch TK nahm ebenfalls einen sehr großen Raum in ihren Erzählungen ein, was ihn manchmal sehr störte. Lange Zeit verstand er noch nicht mal warum, da er TK schließlich nur einmal kurz gesehen hatte, als er und Kari Mimi besucht hatten. Und das war schon Jahre her gewesen. Er hatte sich verliebt. In sie. Wie praktisch. Doch er wusste, dass diese Liebe unerfüllt bleiben würde. Er hatte einfach keine Chance bei ihr. Es gab so viele Menschen in ihrem Leben, die ihr sehr viel bedeuteten. Wallace befand sich sicher nur auf den hinteren Rängen, auch wenn sie im letzten Jahr viel Zeit miteinander verbracht hatten. Doch das war nicht das gleiche. Er hatte gegen einen TK oder Matt keine Chance . Er hatte noch nicht mal gegen Michael eine Chance gehabt. Seine Augen weiteten sich plötzlich. Michael. Wie konnte er nur so vergesslich sein? Was sollte das? Was machte er überhaupt hier? Und warum musste er ausgerechnet seinem größten Rivalen gegenübersitzen? Ken verschränkte die Arme vor der Brust und musterte Izzy skeptisch. Auch wenn Yolei ihn zum Schweigen verdonnert hatte, brannte es ihm unter den Fingernägeln Izzy auszufragen. Er wollte wissen, ob er das gleiche für sie empfand wie sie für ihn. Er wollte wissen, ob es für ihn nur eine billige Affäre war oder es sich um eine ernste Beziehung handelte. Er wollte einfach alles wissen. „Was guckst du mich denn so böse an?“, fragte Izzy leicht überrascht und tippte ungeduldig mit dem Zeigefinger auf der Tischplatte herum. Bevor Ken etwas erwidern konnte, war jedoch Matt von der Toilette zurückgekehrt und setzte sich zwischen die beiden. Er hatte das Treffen arrangiert und Ken wusste wirklich nicht, was er ausgerechnet von ihm wollte. Sie hatten so gut wie kaum Kontakt. Eigentlich verband sie nur TK, der Matts Bruder und sein Mitbewohner war. „Okay was soll das hier? Warum bin ich hier?“ Ken wurde langsam ungeduldig und kippelte mit dem Stuhl. Izzys Anwesenheit machte ihn nervös. Matt und Izzy tauschten vielsagende Blicke miteinander aus und Ken fühlte sich nur noch mehr deplatziert als vorher. Was sollte das? Konnten sie nicht klipp und klar sagen, was sie von ihm wollten? „Also“, begann Matt langsam. Ken hatte immer noch die Arme verschränkt und zog die Augenbrauen zusammen. „Ich brauche eure Hilfe“, sagte der Blondschopf und schaute auch kurz zu Izzy, der anscheinend schon eingeweiht war. „Ich möchte mich gerne bei allen für mein Verhalten entschuldigen. Besonders bei Tai und TK. “ „Und wie willst du das machen?“, murrte Ken patziger als gewollt. „Naja am Wochenende habe ich ein Konzert und ich wollte alle einladen, um mich persönlich zu entschuldigen“, erklärte er und lächelte leicht. Ken kniff nur kurz die Augen zusammen. „Und wozu brauchst du uns?“ „Ihr seid sozusagen meine Lockvögel. Das Konzert ist am Strand. Ihr müsste einfach nur zur besagten Zeit vor Ort sein. Sora und Mimi habe auch eine Nachricht zukommen lassen“. Ken nickte langsam. „Also soll ich mich um TK kümmern, oder was?“ Matt bejahte es. „Tu dich doch einfach mit Yolei zusammen. Sie ist sicher energisch genug, um alle zu überzeugen.“ Das war wohl wahr . Ken schenkte Izzy einen kurzen Blick, der nur teilnahmslos neben Matt saß und Löcher in die Luft starrte. Ihm war die Situation wohl genauso unangenehm wie ihm. „Und seid ihr dabei?“, riss Matt ihn aus seinen Gedanken. „Ich habe doch schon zugesagt“, murrte Izzy verständnislos. „Ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich hier bin.“ „Und was ist mit dir?“ Matts Blick fixierte Ken, der nur belanglos mit den Schultern zuckte. Er wusste wirklich nicht, ob er sich dort einmischen sollte. Eigentlich hatte er genug mit sich selbst zu tun, aber natürlich war ihm das Wohlergehen seiner Mitbewohner nicht egal. „Von mir aus“, stimmte er schließlich zu. „Super das ist wirklich klasse von dir“, lobte Matt ihn und klopfte ihm auf die Schultern, sodass er prompt zusammenschreckte. Auch Izzy nickte ihm zustimmend zu, doch die Stimmung der beiden wirkte deutlich unterkühlt. Doch davon durfte er sich nicht beeindrucken lassen. Er hatte eine Aufgabe zu erfüllen. Wenn auch widerwillig. Es war schon Abend, als er sich auf den Weg zu Sora machte. Sie hatte auf keine einzige SMS von ihm reagiert. Sie hatte eigentlich schon mehrere Tage nichts mehr von sich hören lassen – vollkommen untypisch für sie. Tai machte sich langsam Sorgen. Und er musste unbedingt mit ihr reden, besonders nachdem er von seiner Schwester erfahren hatte, dass sie ebenfalls in Matt verliebt war. Natürlich hatte er ihr versprochen, niemandem etwas zu sagen, aber gegenüber Sora zu schweigen, fand er einfach nicht fair. Sie hatte die Wahrheit verdient. Er blieb vor ihrem Wohnheimzimmer stehen und klopfte zweimal direkt hintereinander. Es dauerte einen Moment, aber Sora öffnete langsam die Tür. „Was willst du denn hier?“, fragte sie und aus ihrer Stimme war herauszuhören, dass sie geweint hatte. Auch ihre Augen waren leicht geschwollen und etwas rot unterlaufen. „Was ist denn mit dir passiert?“ Tai schaute sie besorgt an und überlegte sich, ob sie es vielleicht schon wusste. Ihrem Gesicht zu urteilen wusste sie es. „Kann ich vielleicht reinkommen?“, wollte er wissen, nachdem sie nichts erwidert hatte. Sie trat einen Schritt zurück und ließ ihn in ihr kleines Zimmer. Es war unordentlich und ihr Bett war durchwühlt. Nebenbei lief der Fernseher. „Ist hier eine Bombe eingeschlagen oder warum sieht es hier so durcheinander aus?“ witzelte Tai und grinste schief. Sora hob nebenbei ein paar Klamotten, die auf dem Boden lagen, auf und schmiss sie in ihren Wäschekorb. Ihr war ganz sicher nicht nach Witzen zu Mute. Eigentlich wollte sie sich lieber in ihr Bett kuscheln und kitschige Seifenopern schauen. Tai hatte wirklich das perfekte Timing. „Was willst du, Tai?“, fragte sie bissig und ließ sich genervt auf ihrem Bett nieder. „Hey warum bist du so zickig? Ich habe doch gar nichts getan“, verteidigte er sich immer noch grinsend und setzte sich neben sie. „Entschuldige“, nuschelte sie kaum verständlich. „Ich wäre im Moment einfach nur gerne alleine.“ Kaum hatte sie den Satz beendet, kullerten ihr einige Tränen über die Wangen. „Du weißt es“, mutmaßte Tai und legte behutsam den Arm um sie. Sie nickte nur und verschränkte die Finger ineinander. „Matt war im Café gewesen und wollte meinen Rat.“ „Oh“, stieß Tai unweigerlich hervor und drückte seine beste Freundin noch ein wenig näher an sich. Diese vergrub ihr Gesicht in seinem blau karierten Hemd und schluchzte laut. „Hey alles wird wieder gut“, tröstete er sie behutsam und strich ihr über den roten Haarschopf. Doch Sora wusste, dass es nicht einfach wieder gut werden würde. Matt hatte beinahe mit Tais Schwester geschlafen und stand offensichtlich auf Frauen wie Mimi. Da würde das beste Umstyling nicht helfen. Sie würde immer noch Sora bleiben, für die er sich einfach nicht interessierte. „Was ist an mir nur falsch?“, stellte sie in den Raum und Tai biss sich instinktiv auf die Unterlippe. Es war gar nichts an ihr falsch, doch Matt war eben Matt. Er hatte schon reihenweise Frauen flachgelegt, ohne sich über ihre Gefühle nur ansatzweise Gedanken zu machen. Außerdem wusste er nicht, dass Sora ihn liebte. Er wusste auch sicher nicht, dass Kari schon seit Jahren in ihn verliebt war. Tai kaute auf seiner Unterlippe und blickte nachdenklich durch den Raum. Diese Tatsache sollte er ihr heute besser nicht offenlegen. Das würde sie zu sehr verletzen. „Hey es ist überhaupt nichts falsch an dir“, sagte Tai selbstsicher und hob ihren Kopf an, sodass sie sich in die Augen blickten. „Matt hat einfach noch nicht erkannt, wie toll du bist.“ Er lächelte leicht. „Danke“, erwiderte Sora knapp und drückte ihn näher an sich. Sie legte ihren Kopf auf seine Schulter und merkte, wie er ihr sanft durchs Haar strich. Sora erinnerte sich unweigerlich an die Zeit ihrer Beziehung zurück und schmunzelte leicht. Sie hatten eine schöne Zeit zusammen gehabt. Sora war richtig glücklich gewesen und nicht nur, weil Tai sie auf Händen trug. Sie verstanden sich einfach blind, ohne Worte. Es war einfach schön. Sora hob ihren Kopf wieder an und sah ihm direkt in die Augen. Er lächelte sie immer noch an und signalisierte ihr durch seine Tai-Art, dass schon alles wieder gut werden würde. Erst jetzt merkte sie, wie nah sich ihre Gesichter gekommen waren. Ohne darüber nachzudenken, näherte sie sich seinem Mund. Er war leicht geöffnet, so als wollte er etwas zu ihr sagen, doch er kam nicht dazu. Ihre Lippen versiegelten die seinigen. Tai riss vollkommen perplex die Augen auf, doch schloss sie nach kurzer Zeit wieder, nachdem sich das Gefühl der Geborgen- und Vertrautheit einstellte. Er fuhr mit der Hand ihre Wangen entlang, die noch etwas nass waren. Danach umfasste er ihren Nackenbereich und intensivierte damit ihren Kuss. Mit der anderen Hand fuhr er ihren zierlichen Körper entlang und ließ sie auf ihrem Oberschenkel ruhen. Sora hatte ihre Finger in seinem Hemd verschränkt und spielte am obersten Kopf. Sie öffnete ihn plötzlich und widmete sich prompt den anderen. Kurze Zeit später hatte sie sein Hemd aufgeknöpft und fuhr mit den Fingern seine Bauchmuskeln entlang. Eine leichte Gänsehaut überkam ihn und die zarten Härchen seiner Brust stellten sich unter ihrer Berührung auf. Er wanderte inzwischen mit seiner freien Hand weiter und landete unter ihrem T-Shirt, das ihr deutlich zu groß war. Er unterbrach kurz den Kuss und zog ihr mit beiden Händen ihr Shirt über den Kopf. Sie starrten sich kurz an, bevor sie wieder in einem langen Kuss versanken, der mit einem seichten Zungenspiel gekrönt wurde. Langsam ließen sie sich auf Soras Bett nieder und sie merkte das zusätzliche Gewicht auf ihrer Brust. Sie vergrub ihre Finger in seinen Haaren, während er mit der einen Hand zu ihrer Jeans hinunter wanderte. „Okay willst du hier vielleicht Wurzeln schlagen?“, fragte Mimi aufgebracht, als sie sah, dass Wallace immer noch in ihrem Hotelzimmer war. Sie hatte sich mit Yolei zum Essen verabredet und schlichtweg die Zeit vergessen. Es war schon kurz nach 22 Uhr und so langsam konnte er sich wirklich auf den Weg nach Hause machen. Mimi war generell verwundert, als Kari ihr plötzlich berichtete, dass Wallace seinen Vater in Japan besuchen wollte. Es passte nicht zusammen. Viel mehr hatte sie das Gefühl, dass Kari etwas mit seinem Auftauchen zu tun hatte. „Er geht ja gleich, beruhig dich mal“, geiferte Kari genervt und verrollte die Augen. „Tse von mir aus kann er auch hier übernachten, aber dann schläft er in deinem Bett “, sagte sie fordernd und verschwand ins Badezimmer um sich bettfertig zu machen. Wallace lief leicht rot an, während Kari Mimis Worte ignorierte. Sie hatte wirklich keine Lust, sich weiter mit ihr zu streiten. „Vielleicht sollte ich wirklich gehen. Es ist schon spät“, meinte er, als er auf sein Handy sah. Beide hatten den ganzen Tag zusammen verbracht, waren im Park gewesen, hatten sich eine Pizza geteilt und bis eben einen Film gemeinsam geschaut. Noch immer hatte Wallace Angst ihr die Wahrheit zu sagen, obwohl er es musste. Er hatte eine SMS von Peter bekommen, die ihm ein deutliches Warnsignal war. Er öffnete sie unbemerkt und las sie schnell. Seine Augen weiteten sich und er sah mit einem erschrockenen Blick zu Kari. „Was ist los? Stimmt was nicht?“ Wallace schnaubte kurz und legte das Handy beiseite. Es war Zeit, es ihr zu sagen. „Man wie fange ich am besten an“, meinte er zu sich selbst und kratzte sich am Hinterkopf. Kari sah ihn fragend an. „Vor ein paar Tagen habe ich ausversehen ein Gespräch belauscht“. Ihr fragender Blick wich einem verwirrten. „Und weiter? War es so schlimm?“ „Naja…es…es war ein Gespräch zwischen Carter und Michael“, eröffnete er ihr. „Okay?“ Sie blickte verunsichert zu ihm, konnte jedoch seinen Blick nicht deuten. „Was haben sie gesagt?“ Wallace atmete tief ein und schaute Kari dringlich an. „Michael wird nach Japan kommen “. Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)