Ein unverhofftes Ende von abgemeldet (Pretender Fanfiction) ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Ein unverhofftes Ende von ZoeP Teil 2 Ein warmer Sonnenstrahl streifte seine Nase. Benommen öffnete er die Augen und sah auf den Wecker neben seinem Bett. Die roten Digitalzahlen zeigten an, dass es bereits kurz nach halb Zehn war. Er drehte sich um und als er sie neben sich liegen sah, musste er lächeln. Sie sah so schön aus, wenn sie schlief. Das Zimmer wurde von bläulichem Licht durchflutete, und als er nach draußen sah, erkannte er warum. Der Schneesturm hatte aufgehört zu toben und eine kristallbedeckte Landschaft erstreckte sich vor dem großen Schlafzimmerfenster, und das Morgenlicht wurde von Millionen kleiner Wasserkristalle reflektiert. Es war ein wunderschöner Anblick. "Nur noch übertroffen von dir, Parker...", murmelte er leise. Sie lächelte im Schlaf und kuschelte sich etwas zusammen. Er strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht und küsste sie sanft auf die Nasenspitze. Sie grinste. War sie wach? "Jarod?", flüsterte sie vorsichtig. "Guten Morgen, Parker", meinte er liebevoll. "Jarod, sag mir, dass das kein Traum ist." Sie grinste noch immer und hielt die Augen geschlossen. "Ich weiß was Besseres", erwiderte er und küsste sie zärtlich auf die Lippen. Sie schlug die Augen auf und strahlte ihn an. "Für einen Moment dachte ich, ich hätte geträumt." Er schüttelte den Kopf und legte seinen Finger auf ihre Nasenspitze. Dann ließ er ihn über ihre Augenbrauen wandern, zeichnete die Kontur ihrer Wangenknochen nach, fuhr ihr über das Kinn und ließ ihn dann auf ihren Lippen liegen. Sie küsste seine Fingerkuppe und schloss die Augen. Er legte seine Lippen auf ihre Augenlider und zog sie näher zu sich heran. "Wie spät haben wir es?", wollte sie wissen. "Früh genug, um noch etwas liegen bleiben zu können..." Er grinste und drehte sich auf den Rücken, um an die Decke zu blicken. Sie legte ihren Kopf auf seine Brust und sah ebenfalls hinauf. "Was siehst du?", fragte sie und betrachtete die Holzdielen. "Holz", meinte er trocken und sie lachte. "Da ist noch etwas..." "Und was?", fragte sie weiter. "Ich sehe eine unheimlich tolle Frau, die endlich den Mut hat, ihre Gefühle zu zeigen und einen Mann, der diese Frau sehr bewundert." "Wer das wohl sein kann...", meinte sie leise und fuhr unbewusst mit ihren Fingern seinen Unterarm entlang, der sich um sie gelegt hatte. "Ich weiß nicht." Er grinste. Es folgte eine Pause. "Parker?" Er wurde ernst. "Ja." "Bist du... Bist du glücklich mit mir?" Sie stutzte. "Meinst du das ernst?" "Ja. Ich möchte das wissen. Ich empfinde sehr viel für dich." Sie überlegte. Was meinte er damit? Zweifelte an ihrer Liebe? "Wie meinst du das? Du solltest wissen, dass du mehr als nur eine Affäre für mich bist. Viel mehr. Ich möchte mit dir zusammenleben." Sie staunte, wie leicht es ihr fiel, das zu sagen. "Das möchte ich auch..." Er hörte sich an, wie ein unerfahrener Schuljunge, und sie begriff seine Fragen. Er hatte bisher sehr wenig Erfahrungen mit Frauen gemacht, nicht nur körperlich. All diese Gefühle waren recht neu für ihn, und er musste noch viel darüber "lernen". Sie lächelte. Sie würden beide noch eine Menge lernen müssen. Plötzlich setzte er sich im Bett auf und streckte sich. Dann stand er auf. "Was ist?" Sie legte sich auf den Bauch, quer über das Bett, und stützte sich auf die Ellenbogen. Er grinste und schüttelte den Kopf. "Nichts. Bleib ruhig liegen." Sie zuckte mit den Schultern und legte ihr Kinn auf ihre Arme. Sie wusste genau, dass ihm ständig kuriose Einfälle kamen, und trotzdem war sie überrascht, was er denn jetzt schon wieder vor hatte. Es dauerte eine ganze Weile, bis er wiederkam. Er hatte sich angezogen und trug ein Tablett mit sich. Es roch verheißungsvoll nach Brötchen und Marmelade. Sie setzte sich auf, das Laken um sich gewickelt, und er stellte das Tablett direkt vor ihr ab. Darauf standen zwei Teller, ein Korb mit Croissants, Butter und Marmelade. Sie lachte leise und sanft. "Lieb von dir." Dann nahm sie sich ein Messer und bestrich ihr Croissant mit Kirschkonfitüre. Er tat es ihr gleich, wählte jedoch die Aprikosenmarmelade. "Wenn ich es mir recht überlege", grinste sie ihn an, "hätte ich doch lieber die Aprikosenmarmelade." Er lachte, setzte sich auf das Bett und hielt ihr das Croissant hin. Sie stützte sich mit den Armen auf und wollte davon abbeißen, aber er zog es zurück. "Jarod..." Sie lachte. "Ah ah... Umsonst gibt es nichts." Er grinste schelmisch und kam ihrem Gesicht immer näher. Sie wartete, bis er ihre Lippen berührte und biss ihm schnell und sanft in die Unterlippe. "Au", rief er überrascht. "Was war das denn?" "Und ich lasse mich nicht erpressen!", stellte sie fest und nahm ihm das Croissant aus der Hand. Er grinste und wollte nach ihrem Arm greifen, aber sie war schneller, sprang auf und entkam ihm. Eine wilde Jagd durch das ganze Haus begann. Parker musste aufpassen, dass sie nicht über das Laken stolperte, dass sie immer noch um sich gewickelt hatte. Sie stand hinter der Couch und grinste ihn frech an. Er kam herum, aber sie hielt ihn auf Abstand. Provozierend biss sie in das Croissant und schloss genießerisch die Augen. Diesen Moment nutzte er aus, um über die Lehne zu klettern und sie einzufangen. Er schloss sie von hinten in die Arme und sie lachte laut. Er legte seinen Kopf auf ihre Schulter und sie hielt ihm das Croissant hin. Er biss ab und grinste. "Ich wusste gar nicht mehr, wie schön wir es als Kinder hatten!", seufzte sie, und begann, ihre Sachen vom Boden aufzusammeln. Dabei dachte sie an die letzte Nacht und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Nachdem sie sich angezogen hatte, ließ sie sich auf die Couch fallen. Er kam aus der Küche zurück und reichte ihr eine Tasse Kaffee. "Danke", murmelte sie und nahm einen großen Schluck. Er wusste es noch, ohne Milch und ein Würfel Zucker. Sie hätte wirklich nicht glücklicher sein können. "Schau mal nach draußen", sagte er, und sie tat es. "Himmlisch." Sie nahm noch einen Schluck, und er nickte. "Aber ich glaube nicht, dass ich hier für immer bleiben möchte." Er dachte an die kalten Stürme und die scharfen Witterungen. "Ich auch nicht." Sie schüttelte den Kopf und sah ihn an. Er stand am Fenster und sah sich die weite Schneewüste an. "Ich habe noch etliche... Reserven vom Center. Eine Art Entschädigung für alles, was sie mir genommen haben. Davon könnten wir uns ein Haus in wärmeren Gebieten kaufen." "Aber nicht Kalifornien!", protestierte sie. "So warm muss es nun auch nicht sein. Maine oder New York wäre in Ordnung." Er antwortete nicht. "Woran denkst du?", wollte sie wissen. "Mir ist da gerade etwas eingefallen. Ein Mensch, der mir sehr viel bedeutet, hat mal davon erzählt..." Er beugte sich zu herunter und flüsterte ihr etwas ins Ohr. "Jarod, das wusste ich gar nicht! Das wäre großartig! Ich hatte sowieso schon überlegt, wie ich es ohne ihn schaffen würde. Er fehlt mir jetzt schon!" Jarod strahlte. Gleich nach dem Frühstück begannen sie, ihre Sachen zu packen. Als sie alles in ihrer kleinen Tasche verstaut hatte, sah sie ihm zu. Er bemerkte sie, und grinste. Sie lehnte im Türrahmen und amüsierte sich. "Ich habe immerhin eine ganz schön lange Zeit hier gelebt." Er verpackte gerade das Foto von ihnen und sah sich im Raum um und nickte. Er hatte alles, was er besaß, in seiner schwarzen Reisetasche und einem silbernen Metallkoffer verstaut. Sie zogen sich ihre wärmenden Jacken an und verließen das Haus. Er warf einen letzten Blick ins Innere, es wirkte jetzt nicht mehr persönlich, da alles eingepackt war. Er ließ die Tür ins Schloss fallen und sah in die Ferne. Miss Parker war bereits einige Schritte gegangen. Er grinste und ließ seine Tasche in den Schnee gleiten. Jarod scharrte ein bisschen Schnee zusammen und formte einen Schneeball. Dann holte er aus, warf - und traf sie direkt am Kopf. Sie drehte sich erschrocken um und blickte in sein grinsendes Gesicht. "Na warte!", drohte sie und ließ ebenfalls ihre Tasche los. "Was sollte das denn?" "Wir müssen in eine andere Richtung", meinte er unschuldig und sah sie mit seinem Dackelblick an. "Gibt es den keine sanftere Art, mir das zu sagen?", meinte sie und tat beleidigt. "Wenn ich es mir recht überlege..." Er grinste noch mehr. "...schon. Aber die ist nicht so lustig!" Auch er kam sich vor, wie ein kleines Kind. Beide mussten lachen. Plötzlich spürte er einen Schlag und etwas Nasses im Gesicht. Verdutzt bemerkte er, dass sie zurückgeworfen hatte. "Dann sind wir ja quitt", grinste sie, konnte aber nicht verhindern, dass er erneut einen Schneeball formte, und nach ihr warf. Sie duckte sich geschickt und der Ball schlug hinter ihr auf. Miss Parker und Jarod begannen eine wilde Schneeballschlacht. Sie jagten sich über das verschneite Feld und bewarfen sich mit Schnee, wie zwei Kleinkinder, die das erste Mal in ihrem Leben Schnee gesehen haben. Nach einigen Minuten stoppte Miss Parker und keuchte. "In Ordnung, Jarod, ich kapituliere..." Sie atmete tief ein und schloss die Augen. Dann öffnete sie sie wieder und lachte. Jarod ließ den Schneeball fallen, den er gerade geformt hatte, und nickte. Sie nahm seine Hand und ging mit ihm zurück zu den Taschen. Er führte sie Beide ein Stück über das Feld, und hinter einem Hügel, der auf der anderen Seite seines Hauses lag, stand sein Helikopter. Sie staunte nicht schlecht, als sie ihn sah. "Jarod, gibt es etwas, das du nicht besitzt?" "Ja", meinte er ernst. "Was?", wollte sie wissen, scherzhaft die Augenbrauen hochziehend. Er schüttelte den Kopf. "Es gab etwas, das ich nicht hatte. Familie. Aber jetzt habe ich sie gefunden." Er lächelte sie an, und Miss Parker wurde rot. Sie ärgerte sich darüber. "Lass und los fliegen", lenkte sie ihn vom Thema ab. Er grinste, öffnete ihr die Tür und half ihr beim Einsteigen. Dann ging er um den Hubschrauber herum und setzte sich hinters Steuer. Er prüfte die Instrumente und startete. Sie flogen quer über Alaska, unter sich nur die Weiten der Schneelandschaften und Eiswüsten. Miss Parker konnte nur vermuten, dass er nach Osten flog, weil sie für eine gute Orientierung zu hoch waren. "Was machst du da?", fragte sie ihn, als er ein verdrahtetes Mikrofon nahm und etwas eingab. "Kündigen", erwiderte Jarod und sagte einen Code aus Zahlen und Buchstaben. Es rauschte. "Kündigen?" Miss Parker sah ihn verständnislos an. Eine Stimme meldete sich zwischen dem Rauschen. "Hier Basis 2873, Alaska Südost. Meldung empfangen." "Hallo Timmy", sagte Jarod in das Funkgerät. "Hier ist Station 2873-1 Revier Alaska Südost. Ich wollte nur sagen, dass ich in zwei Minuten landen werde." Wieder Rauschen. "Und du willst wirklich gehen, Jarod? So einen erfolgreichen Sucher hatten wir noch nie." Rauschen. "Ich habe meine... privaten Gründe." Er grinste kurz. "Landung in Punkt 82 möglich?" "Ja, 82 ist frei. Wirst du mal wiederkommen?", fragte dieser Timmy weiter. "Ich glaube nicht, aber ich melde mich mal. Kannst du uns einen Rover zur Verfügung stellen? Ich lasse ihn am Flughafen stehen, und ihr könnt ihn euch abholen..." "Uns?", fragte die Stimme neugierig. "Doch nicht etwas das uns, welches ich vermute?" Stille und Rauschen. "Doch genau das", erwidere Jarod und grinste erneut. Dann wendete er den Helikopter und sah nach unten. "OK, Timmy, ich bin jetzt direkt über 82. Bereit?" "Ja. Over, Jarod." "Over." Jarod hing das Mikrofon wieder an seinen Platz und flog den Hubschrauber nach unten. Er setzte sanft zur Landung an und stoppte die Maschinen. Der Propeller drehte sich langsam aus und blieb stehen. Jarod verließ das Cockpit und öffnete Miss Parker die Tür. Eine Windböe schlug ihr entgegen. Jarod hob sie an und ließ sie zu Boden gleiten, dann strich er ihr ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht, die der Wind dorthin gewedelt hatte. Sie lächelte und sah sich um. Der Helikopter hatte auf einer betonierten Fläche gehalten, die an einen unscheinbaren Flachbau grenzte. Aus diesem kam ihnen ein Mann entgegen, groß, Jarods Alter, eingepackt in dicke Winterkleidung. Jarod ging zu ihm hin und umarmte ihn freundschaftlich. Dann wandte er sich an Parker. "Das ist Timmy. Ich habe die letzten Wochen hier mit ihm gearbeitet." Timmy schüttelte Miss Parker die Hand. "Freut mich, sie kennenzulernen." Sie lächelte unsicher. "Sie müssen Miss Parker sein!", strahlte sie der Mann an und drückte kräftig zu. "Jarod hat mir wochenlang die Ohren voll gejammert wegen ihnen!" Er grinste und Jarod sah etwas verlegen zu Boden. "Was habt ihr denn gemacht?", schlug Miss Parker ein neues Thema ein. Jarod dankte ihr im Stillen dafür. Er räusperte sich. "Das hier ist eine Flugbasis für die Helikopter der Suchtrupps in Alaska. Es gibt vier davon, jede mit zwanzig Hubschraubern ausgestattet. Für jeden gibt es einen Piloten und einen Koordinator am Boden. Timmy ist mein Koordinator." Jarod grinste zu ihm. "Was sucht ihr denn?", fragte Parker. "Menschen", erwiderte Jarod, und auf ihren fragenden Blick fügte er hinzu: "In den Schneeweiten diesen Staates gibt es viele Menschen, die sich verirren. Unsere Aufgabe ist es, sie zu finden und in den nächsten Ort zu bringen. Ein Dienst der Behörden." Sie nickte und musterte Timmy. Er war, soviel sie unter der Mütze erkennen konnte, dunkelblond und hatte blaue Augen. "Jarod ist der erfolgreichste Sucher gewesen, den wir je hatten. Er hat jeden Menschen lebend zurück gebracht, und er hat mehr Menschen ausfindig machen können, als die anderen Sucher zusammen!", schwärmte Timmy. "Ja, im Entdecken ist er sehr gut", grinste Miss Parker. Timmy musterte nun seinerseits sein Gegenüber. "Hat er es endlich geschafft", meinte er. Sie zog ihre Augenbrauen hoch. Die alte Mauer wollte sich in ihr aufbauen. Sie schluckte eine bissige Bemerkung herunter, nachdem Jarod sie angesehen hatte, zugleich warnend und liebevoll besorgt. "Was geschafft?", fragte sie statt dessen. "Ach kommen sie. Ich kenne sie nur aus seinen Erzählungen, aber wenn man dem glauben kann, wären sie niemals hier, wenn er es nicht geschafft hätte." "Na, wenn das so ist." Sie grinste ihn an, halb belustigt halb verärgert. Jarod musste sich ein Lachen verkneifen. Es würde noch lange dauern, bis sie ihren Selbstschutz durch Ironie und Sarkasmus abgelegt haben würde. "Ich glaube, wird müssen weiter", sagte Jarod und sah sich um. "Können wir einen Rover haben?" "Klar, für so einen guten Mitarbeiter lässt Timmy gerne mal seine Beziehungen spielen." Er lachte und führte die zwei um das Gebäude herum. "Viola!", meinte er und machte eine Geste auf das Auto. Der Land Rover war silbergrau und flach. "Danke, Timmy. Ich hoffe, du findest einen neuen Partner!" Er klopfte seinem ehemaligen Kollegen und Freund auf die Schulter und stieg ein. Miss Parker schüttelte Timmys Hand zum Abschied und ließ sich ebenfalls in die weichen Polster sinken. Jarod fuhr los. Im Rückspiegel sah er Timmy winken. "Jarod, wie oft hast du das mitmachen müssen?", fragte Miss Parker nach einer ganzen Weile des Schweigens. "Was?" "Abschied." "Wie meinst du das?" Er sah sie kurz an und konzentrierte sich dann wieder auf die schmale, verschneite Straße. "Ständig bist du vor uns weggelaufen. Ständig musstest du dich von deinen Freunden verabschieden, wenn du gerade welche gewonnen hattest. Und nicht zu vergessen deine Familie..." Er überlegte kurz. "Wenn du nichts anderes kennst, macht es dir nichts aus", meinte er leise. "Aber jetzt habe ich eine Familie..." Er lächelte Miss Parker an. Sie grinste zurück und sank entspannt etwas tiefer in ihren Sitz. Sie schloss die Augen und ließ die Bilder der letzten Tage noch einmal an sich vorüber ziehen. Irgendwann schlief sie ein. "Aufwachen." Eine tiefe, warme Stimme drang dumpf zu ihr hervor. Benommen öffnete sie ihre Augen und blinzelte ein paar Mal. "Wo sind wir?", fragte sie schläfrig. Jarod machte eine Geste in Richtung der Windschutzscheibe des Autos. "Am Flughafen." Er grinste und stieg dann aus dem Auto aus. Parker strich sich die Haare nach hinten und sah sich um. Hier war sie gestern Nachmittag gelandet. So vieles hatte sich verändert... Schwungvoll stieg auch sie aus. Jarod war bereits dabei, sein Gepäck auszuladen. Als er seine Tasche und den Metallkoffer auf dem Parkplatz abgeladen hatte, schloss er das Auto ab und machte sich mit Parker auf den Weg in die Flughafenhalle. "Meinst du, wir bekommen auf die Schnelle überhaupt noch zwei Tickets?", meinte Parker plötzlich. Dass sie daran nicht eher gedacht hatte! Jarod grinste nur vielversprechend. "Natürlich." Er stoppte an einem Schalter und machte sich bemerkbar. "Hallo Jarod!", begrüßte ihn die Lady hinter der Glasscheibe. "Was kann ich für dich tun?" "Ich brauche dringend zwei Tickets für die nächste Maschine nach Toronto." Er betonte das Wort sehr seltsam, ließ es sich regelrecht auf der Zunge zergehen. Parker lächelte leicht. Sie wollte schon immer in Kanada leben. Damals mit Tommy hatte es sie nach Oregon gezogen - doch jetzt wollte sie nach Kanada. Ein Schatten huschte über ihr Gesicht, wenn sie daran dachte, doch er verschwand sofort wieder, als sich Jarod strahlend zu ihr umdrehte und die Tickets unter ihre Nase hielt. Wenig später saßen die Beiden im Flugzeug und überquerten Kanada. Es waren noch knappe zwei Stunden, bis sie ihr Ziel erreichen würden. In Parkers Bauch kribbelte es leicht. Sie konnte ihr Glück noch immer nicht fassen - es war so absurd! Sie saß hier in einem öffentlichen Flugzeug und reiste mit Jarod nach Toronto! Keine Waffen, keine Sweaper, kein Center weit und breit. Zufrieden lehnte sie ihren Kopf an Jarods Schulter und seufzte leise. "Was hast du?", fragte Jarod warm. "Nichts. Ich fühle mich so... erleichtert, ich habe dieses Gefühl noch nie gespürt." Sie versuchte, es irgendwie zu beschreiben, doch es gelang ihr nicht. Sie fand keine Worte, die auch nur annährend ihre Empfindungen widerspiegelten. "Ich weiß, was du meinst, Parker." Er flüsterte es sanft gegen ihr Ohr, sah sie dann liebevoll an und küsste sie. Parker erwiderte den Kuss und lächelte. Er liebte dieses Lächeln, sie hatte es viel zu lange versteckt gehalten. "Sag mal..." Jarod grinste. "Meinst du nicht, ich sollte langsam aufhören dich immer nur ,Parker' zu nennen?" Sie sah ihn erstaunt an. Mit dieser Frage hatte sie nun überhaupt nicht gerechnet. Sie war es gewohnt, dass man sie Parker nannte. Niemand, außer ihrem Vater, kannte ihren Vornamen. Und sie wollte nicht mit ihm angesprochen werden, es verletzte sie zu sehr, sich an früher zu erinnern. Damals, als sie noch liebevoll von ihrer Mutter so genannt wurde. "Jarod, ich..." Sie wusste nicht, was sie ihm antworten sollte. Sicherlich würde Jarod es falsch auffassen und denken, Parker vertraue ihm nicht, wenn sie ihm ihren eigentlichen Namen verweigerte. Doch er sah es in ihren Augen. Sie war noch nicht bereit, so vielen Erinnerungen ihrer Vergangenheit wieder Einlass in ihre Gedanken zu gewähren. "Es ist okay..." Er beugte sich ganz nah an ihr Ohr. "...Samantha." Er hauchte ihr das Wort sanft ins Ohr, und sie spürte es mehr, als dass sie es hörte. Ihre Augen weiteten sich. Doch bevor sie etwas sagen konnte, meinte er leise: "Ich werde ihn nur benutzen, wenn du es möchtest." Sie verstand, was er sagen wollte, und das Lächeln trat zurück auf ihre Lippen und füllte ihr gesamtes Gesicht aus. Das war es immer gewesen, was sie so stark mit ihm verband - dieses Verständnis ohne Worte, ein Band aus gegenseitigem Vertrauen. Es war noch fast mitten in der Nacht. Der Wecker zeigte in leuchtend roten Zahlen 5:32 an. Sydney zog seinen Morgenmantel fester um sich um ging auf die Veranda seines Appartements. Im Osten zeigten sich bereits erste rötliche Verfärbungen. Im Westen schimmerte der Himmel noch in tiefem Dunkelblau. Er liebte die Ruhe um diese Zeit. Als er sich an das Geländer lehnte, um langsam die frische Luft einzuatmen, stieß er mit dem Fuß gegen ein hellbraunes Bündel. Verwundert hob er es auf und betrachtete es von allen Seiten. Es handelte sich um ein Päckchen mit seiner Aufschrift, jedoch fehlte der Absender. Rasch ging Sydney ins Wohnzimmer und öffnete die Schnüre, die das Paket zusammenhielten. Er streifte das Packpapier ab und öffnete den flachen Karton, der sich darunter befand. Er staunte nicht schlecht. Der gesamte Inhalt bestand aus einem Flugticket, einer Landkarte und einem Brief. Mit leicht zitternden Fingern riss Sydney den Umschlag auf und begann zu lesen. Als er fertig war, überflog er die Zeilen wieder und wieder, bis er endlich begriff, dass er nicht träumte. So schnell er nur konnte stürmte er ins Schlafzimmer und raffte seine Sachen zusammen - viel besaß man nicht, wenn man solange für das Center gearbeitet hatte. Innerhalb weniger Minuten war Sydney angezogen und machte sich mit zwei Koffern und dem Ticket in der Tasche auf den Weg zum nächsten Flughafen. Er würde ein neues Leben beginnen - sofort. Niemals hätte er sich das zu erträumen gewagt. Tränen traten in seine Augenwinkel, als er im Taxi saß, doch er blinzelte sie beiseite. Sydney wurde zum ersten Mal in seinem Leben wirklich ungeduldig - hoffentlich war das alles kein Traum. "Es ist wunderschön hier", stellte Parker fest, als sie über den ruhigen, tiefblauen See blickt, der von einem saftig grünen Wald umgeben war und an dem das Haus stand, von dem Jarod gesprochen hatte. Es gehörte Sydney. Früher. Jarods Mentor hatte im Center eine Freundin gehabt, Michelle. Sie und Sydney planten eine gemeinsame Zukunft und besaßen heimlich ihre eigene kleine Idylle, in den kanadischen Rocky Mountains. Doch viel zu früh bemerkte das Center von ihrer Verbindung und trennte sie - auf die geheimnisvolle und zugleich brutale Art, die es stets an den Tag gelegt hatte. Seit dem war Sydney nicht mehr hier gewesen... Und jetzt waren sie hier, zu zweit. Einen Umstand, den Jarod sich nie hatte vorstellen können. Er machte sich daran, das Gepäck ins Haus zu bringen. Er war müde, ihre Fahrt vom Flughafen bis hierher war lang gewesen. Doch dafür genossen sie hier draußen Ruhe und Abgelegenheit von der nächsten Stadt. Jarod durchforschte das Haus. es war genau so, wie er es sich vorgestellt hatte: Idyllisch und gemütlich. Im Erdgeschoss befand sich die helle Küche, die über einen Tresen an das warm eingerichtete Wohnzimmer anschloss. Auf dem bordeauxroten Kaminsims lagen seltsam geformte Steine und Wurzeln. Vom Wohnzimmer aus konnte man direkt auf die Terrasse hinter dem Haus gehen, die den Blick auf einen kleinen, verwilderten Garten und den See frei gab. Jarod konnte zwischen all dem Gebüsch und den wuchernden Pflanzen eine einsame Schaukel entdecken. Er erinnerte sich daran, dass Sydney einen Sohn besaß, von dem er lange Zeit nichts gewusst hatte. Sicherlich hatten er und Michelle die Schaukel mit Blick in die Zukunft gebaut... Wenn man die geflieste und mit Fell belegte Treppe nach oben ging, gelangte man zu zwei großen Schlafzimmern mit je einem Doppelbett, Wandschränken und wunderschönen, leicht orientalisch wirkenden Teppichen. Parker war Jarod gefolgt und blieb nun fasziniert vor einem hohen Spiegel stehen, dessen Rahmen mit unendlich vielen Ornamenten verziert war. Sie ließ sanft ihre Fingerspitzen darüber gleiten und strich eine matte Staubschicht ab. Wie schön würde es hier sein, wenn sie erst einmal sauber gemacht und alles aufgeräumt hätten! Jarod lächelte schwach, als er Parkers Gesichtszüge sah. Er liebte es, wenn sie so zufrieden und erleichtert schien. Als sie noch für das Center gearbeitet hatte, gab es diese Momente nicht, in denen sie ihre sanfte, verletzliche Seite zeigte - wo sie einfach sie selbst, eine Frau, war. An beide Schlafzimmer grenzte je ein Badezimmer, und gegenüber der kleinen Kammer lag noch ein Gästezimmer, indem Sydney alle möglichen Gerätschaften und alte Möbel verstaut hatte - es war eine einzige, chaotische Rumpelkammer. Parker stieg die Stufen wieder hinunter und machte sich daran, die Küche zu untersuchen. Sie mussten dringend in die Stadt und den Kühlschrank füllen! Außerdem brauchten sie sicherlich noch einige Kleinigkeiten... Ganz in ihre Zukunftsträume versunken begann sie, ihre wenigen Sachen zu verstauen und nebenbei einen Tee aufzusetzen. Jarod machte sich derweil am Kamin zu schaffen und entfachte ein knisterndes Feuer - Feuerholz gab es hinter dem Haus genügend. Anschließend untersuchte er den Garten. In Gedanken ging er bereits durch, was er alles verändern würde. Wenn Parker nichts dagegen hatte - und das würde sie sicherlich nicht - wollte er gerne einen Hund haben. Er liebte Tiere, aber seine ständige Flucht hatte es ihm stets unmöglich gemacht, sich näher mit dem Wunsch zu beschäftigen, eigene zu besitzen. "Na, Tagträumer...", meinte Parker leise und stellte sich neben ihn. Sie reichte ihm eine Tasse dampfenden Tee und lehnte sich an seine Schulter. "Weißt du, dass ich noch nie so glücklich war, seit dem..." Sie stockte kurz. "Seit dem Tod deiner Mutter?", vollendete Jarod ihren Satz. Parker nickte. Sie nahm einen Schluck und sah eine Weile einfach nur auf den See. Jarod legte ihr einen Arm auf die Schulter und sie schlenderten langsam zurück zur Veranda, stellten die Tassen ab und lehnten sich an das Geländer. "Ob er kommt?", fragte Parker plötzlich in die Stille hinein. "Ich bin mir sicher. Sydney war für mich irgendwie immer... wie ein Vater, irgendwie." Er machte eine kurze Pause, ließ seinen Blick in die Ferne schweifen und sprach dann weiter. "Und ich glaube, dass das auch bei dir ganz ähnlich ist..." Fragend sah er sie an. Parker nickte nur leicht. Sie hatte sich immer bemüht, ihre Zuneigung zu Sydney nicht allzu sehr zu zeigen - doch vor Jarod konnte sie eben nichts verbergen. "Ich weiß, dass er kommt", stellte Jarod noch einmal fest, und drehte sich dann zu Parker um. Sie sah im sanft in die Augen und hatte wieder dieses Gefühl, wie sie es bereits in Alaska gehabt hatte. Ein Schauer jagte ihr über den Rücken und sie verlor sich in der unergründlichen Tiefe von Jarods Blick. Doch diesmal wehrte sie sich nicht dagegen, sie ließ es geschehen und fühlte eine wohlige Wärme in sich aufsteigen. Noch vor wenigen Wochen hatte sie ihn gejagt - und jetzt standen sie hier und waren eins. Jarod legte seine Arme um sie und zog Parker sanft zu sich. Er lächelte und auch er fühlte diese Wärme, als sie ihn liebevoll ansah. Es verstrich keine Sekunde, und seine Lippen legten sich auf die von Parker. Er wollte sie festhalten, nie mehr loslassen und ihr zeigen, wie viel sie ihm bedeutete. Langsam vertiefte er den Kuss und auch Parker ließ sich auf das wilde Spiel ein. Jarod drückte sie sanft, aber fordernd an sich und fuhr ihr mit den Händen unter ihrem Shirt über den Rücken. Parker brach den Kuss und grinste ihn herausfordernd an. "Was ist?", wollte er wissen. "Hast du Hunger?", fragte sie auf einmal in einem Tonfall, den er nicht deuten konnte. "Wie bitte?" Jarod hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit. "Nein, eigentlich nicht", meinte er leicht verblüfft. Er erinnerte sie an einen kleinen Schuljungen, dem man den Lolli weggenommen hatte. Jarod grinste. "Das heißt, wenn du so fragst..." In seinen Augen erkannte Parker ein geheimnisvolles Funkeln. Sie kam ihm ganz nahe und wisperte gegen seine Lippen: "Genau das meinte ich..." "Na dann...", wisperte Jarod zurück und stellte sich hinter Parker. Sie wollte sich zu ihm umdrehen, doch er verweigerte es ihr. Parker begriff erst, was er vorhatte, als Jarod sie schwungvoll hochhob und ins Haus trug. Im Wohnzimmer ließ er sie sanft auf das weiche Sofa gleiten. Parker schlang seine Arme um ihn und verschloss seine Lippen mit den ihrigen. Fordernd streifte sie Jarod sein Shirt über den Kopf und sah ihm tief in die Augen. "Ich liebe dich." "Ich dich auch...", flüsterte er und knabberte an ihrem Ohrläppchen. Als er sie erneut küsste, wurde sie schnell fordernd und stürmisch und drehte ihn herum. Dabei rollten sie auf das Fell vor dem Kamin und nun lag sie über ihm und hielt ihn unter sich gefangen. Langsam wanderte sie mit ihren Lippen über seine Brust und wieder zu seinem Mund. Die Flammen im Kamin warfen die weichen Schatten ihres Liebesspieles in den Raum. Epilog. Vier Monate später. "Ist es nicht ein bisschen kalt?", fragte er und trat hinter sie. Zärtlich legte er ihr seine Arme um die Taille. Parker schauderte leicht, doch die Ursache war nicht die kühle Brise, die über den See und um das Haus strich. "Nein." Lächelnd lehnte sie sich an seine Brust und schloss die Augen. Es war ruhig hier draußen, nur leise waren die Laute eines Vogels zu vernehmen, das Zirpen der Grillen und das Glucksen der Wellen, wenn sie auf das Ufer trafen. Die Sonne war bereits hinter den Baumwipfeln verschwunden. Sie hatten das Wochenende ganz für sich allein. Sydney war gleich an dem Tag nach ihnen angekommen und hatte vor lauter Rührungen geweint. Parker hatte ihn noch nie weinen sehen... Sie hätten ihm keine größere Freude als diese machen können - obwohl er schon immer geahnt hatte, dass zwischen Jarod und Parker eine größere, mächtigere Verbindung bestand, als das Center, hatte er nie geglaubt, dass sie selbst das bemerken würden. Und für ihn ging sein größter Traum in Erfüllung: Ein Leben außerhalb der Centermauern, gemeinsam mit Menschen, die er liebte. Auch wenn ihn die Atmosphäre des Hauses am See noch immer an Michelle erinnerte, so genoss er die Frische, die Parker und Jarod darin verbreiteten. An den Wochenenden fuhr er manchmal in die Stadt oder einfach fort, um allein zu sein. So auch dieses mal... "Weißt du, Jarod...", holte Parker Jarod in die Realität zurück. "Ich war noch nie so glücklich, seit..." Sie unterbrach sich. "Seit dem Tod deiner Mutter?", vollendete er ihren Satz. Sie nickte stumm und sah eine Weile auf die seichten Wellen hinaus. "Ich habe mir immer gewünscht, einmal mit meiner Familie irgendwo zu leben, wo es kein Center gibt. Schon ganz früher, mit Mommy. Ich fragte sie so oft, ob wir nicht wegziehen könnten, irgendwohin, wo Daddy nicht so viel arbeiten musste. Doch kurz nachdem sie mir die Zusage gab - wurde sie ermordet." Für einen kurzen Moment schien sie sich in ihren Erinnerungen zu verlieren. Jarod wusste nicht, ob er sie weiterreden lassen sollte - waren die Gedanken nicht zu schmerzlich? Doch sie schien es zu brauchen, als wolle sie sich endlich befreien. "Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, jemals zu wissen, was es bedeutet eine Familie zu haben." Sie drehte sich leicht um, noch immer seine Arme um ihre Taille, und gab ihm einen flüchtigen Kuss. "Doch jetzt weiß ich es..." Sie legte ihre Hände auf seine und drückte sie sanft an sich. Dabei lächelte sie ihn so glücklich an, dass in Jarod ein Verdacht aufkam. "Sag nicht, du bist..." Seine Augen strahlten überrascht und erfreut, als sie leicht nickte. Sie grinste ihn verlegen an. "Doch. Ich bin schwanger." "Seit wann weißt du es?" Jarod drehte sie jetzt ganz zu sich um und drückte sie liebevoll an sich. "Heute morgen." Sie wusste, dass er sich freuen würde. Auch er hatte nie wirklich eine eigene Familie gehabt - und nun hatten sie beide die Chance dazu. Sie wussten, was es bedeutet, einsam und alleine zu sein, und es war, als würden sie stillschweigend einen Schwur ablegen. Ihr Kind würde es besser haben. Jarod strich Parker eine Haarsträhne aus dem Gesicht und hob ihr Kinn leicht an. Dann küsste er sie, seine und ihre Hand noch immer auf ihren Bauch gelegt. "Parker, ich liebe dich", flüsterte er. Lächelnd wisperte sie etwas gegen seine Lippen, dass er es mehr spürte als hörte. "Ich dich auch. Für immer." Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)