Nur ein Spiel von minowari (...oder?) ================================================================================ Kapitel 11: Game ᴏᴠєя --------------------- Er mochte Shinjuku noch nie und wenn er konnte, vermied er diesen Stadtteil so gut wie nur möglich. Aber dass er immer wieder durch unangenehme Ereignisse gegen seinen Willen hierher musste, brachte sein Blut zum Kochen. Er ballte seine Faust. Celty hatte nach einigen Versuchen ihn zu überreden, dann doch aufgegeben. Sie wusste zwar noch nichts von dem Foto, aber sie wusste anscheinend, wie ernst die Lage für Shizuo war. Der ehemalige Bartender verließ gerade den Bahnhof und starrte zum siebten Mal auf die Adresse in der MMS. Es lag nicht weit vom Bahnhof entfernt, sodass man den Ort schnell zu Fuß erreichen konnte. Shizuo mischte sich unter die Menschenmassen und ließ sich von ihnen mit tragen. Nach kurzem Fußmarsch befand er sich schließlich vor einem Hotel. Das Logo leuchtete in bunten Farben und hub sich extrem von dem dunklen Nachthimmel ab. Shizuo runzelte die Stirn. „Ein Hotel…?“, murmelte er und überprüfte nochmals die Daten. Sie stimmten. Er griff seufzend in sein Jackett und schnappte sich eine Zigarette. Er blies den Rauch in den Nachthimmel und starrte bewegungslos auf die leuchtenden Neonfarben des Hotels. Er wusste absolut nicht, was er erwarten sollte. Es könnte jeden Moment etwas passieren. Vielleicht hetzte man wieder irgendwelche Schlägertypen auf ihn los. Oder man würde ihn einfach zwingen etwas zu tun, was er nicht wollte. Ein gutes Druckmittel hatten sie zumindest. Als plötzlich sein Handy in der Hand anfing zu vibrieren, erschrak er sich mehr, als er es wollte. Sein Ausdruck verfinsterte sich, als es wieder mal die unterdrückte Nummer war. Mit der einen Hand nahm er die Zigarette aus dem Mund, während er mit der anderen den grünen Hörer auf dem Handy betätigte. „Ah, hallo Heiwajima-kun. Schön, dass du gekommen bist.“, ertönte die vermutete Stimme. Shizuo grummelte. Bevor der Blondschopf überhaupt was sagen konnte, kam auch schon die nächste Anweisung. „Bitte geh hinter das Hotel. Links von dir ist ein schmaler Gang.“ „Zeig dich, du hinterlistige Schlange.“, kam es dunkel aus Shizuos Kehle und zeigte damit dem anderen, wie grausig schlecht seine derzeitige Laune war. Dann hörte er ein kurzes Lachen am anderen Ende der Leitung. „Geduld, Geduld, Heiwajima-kun. Wenn du nun bitte dem Weg folgen würdest.“ So ein Großmaul. Wenn er ihn erstmal erwischt, dann ist diese Schlange so gut wie erledigt. Aber ganz sicher… Der ehemalige Bartender stapfte in die gesagte Richtung und passierte dabei einige seltsame gekleidete Touristen. Sie starrten ihn verwundert an und hielten ihn – wahrscheinlich aufgrund seiner Kleidung – als einen Mitarbeiter des Hotels. Als ihn ein ulkiges Ehepaar in Englisch ansprach, reichte ein recht gereizter Blick, um die beiden Touristen zu verscheuchen. Shizuo ignorierte sie und stapfte grummelnd weiter. Die anderen Leute hatten das Geschehene beobachtet und trauten sich nun nicht näher heran, eher machten sie eilig Platz für den blonden Mann in dem Bartender-Outfit, der sich gerade wie Moses fühlte, der das Meer teilte. „Witzig wie du die Leute vergraulst.“, kommentierte der mysteriöse Mann am Telefon und Shizuo blieb kurzerhand stehen. Er war nun einige Meter in der Gasse und er konnte von weitem eine Tür an der Seite entdecken. Darauf war eine Aufschrift mit den Worten: Privat. Shizuo drehte seinen Kopf und blickte in diverse Richtungen und Ecken. „Du kannst auch gerne rauskommen, Schlange, dann können wir vernünftig sprechen…“, kam es kalt vom Blondschopf und er nahm noch einen weiteren Zug von seiner Zigarette. „Was für ein fieser Name! Wenn ich irgendwann mal lebensmüde bin, dann ja, aber im Moment muss ich dein Angebot leider ausschlagen.“ Das brachte Shizuo kurz zum Schmunzeln. „Pah. Weise Worte für einen Angsthasen.“ „Ein wenig Sinn für Humor scheinst du ja zu haben.“ „Genug mit dem Unsinn, warum hast du mich hierher bestellt?“, fragte er, während er das Handy ans andere Ohr nahm. „Bloß nicht so vorlaut. Ich finde, du solltest mal nach oben schauen, meinst du nicht auch?“ Shizuo blieb kaum eine andere Wahl, als das zu tun, was er von ihm verlangte. Er blickte an der Wand des Hotels empor. „Was soll da sein?“ „Ah, entschuldige, Licht…Licht…“, murmelte der Mann und im nächsten Moment konnte er ein etwas lauteres Schnippen hören. Shizuo starrte derweil immer noch perplex nach oben und wunderte sich, was passieren sollte, bis plötzlich ein heller Lichtstrahl das Hoteldach erleuchtete. „So besser?“, fragte die Stimme, aber Shizuo antwortete nicht. Er verengte die Augen, als er zwei Personen im Halbdunkel erkennen konnte. Sie standen beide dicht aneinander, der eine starrte zu ihm hinunter, während der andere den Rücken zu ihm gedreht hatte. Einer mit langen, schwarzen Haaren und einer mit einem dunklen Plüschmantel… „Izaya...“, murmelte Shizuo abwesend und konnte nicht anders, als ihn zu fixieren. „Haha, ich wusste, du würdest ihn erkennen. Dann schau gut hin.“ Im nächsten Moment sah Shizuo etwas Längliches blitzen und erkannte, dass es eine Klinge war. Die Schlange hob sie an und führte sie langsam zu Izayas Nacken. Dieser stand still da und bewegte sich nicht. Warum tat Izaya nichts? Warum stand er still da und ließ den Kerl gewähren? Dann sah er, wie die der Mann mit den langen Haaren sich bewegte und er hörte plötzlich Rascheln am Telefon. „Shizu-chan…“, ertönte dann Izayas Stimme und der Blondschopf war sich nun zu hundert Prozent sicher, dass es der echte Izaya war. „Floh, was machst du hier?“, fragte Shizuo und er hörte sein Lachen, was durch das Handy nur noch mehr verzerrt klang. „Vermutlich dasselbe wie du.“ Shizuo verengte die Augen. Dann wieder Rascheln. „Ne, Heiwajima-kun, warum bleibst du nicht ein wenig dort unten und genießt die Show? Denn ich, Kamiya Rin, werde heute persönlich Orihara Izaya zur Strecke bringen.“ Shizuo knurrte verärgert. Was fällt dem Typen eigentlich ein? „Ich bin der einzige, der Izaya umbringen wird.“, kam es kalt über seine Lippen, aber anscheinend brachte diese Aussage die Schlange nur zum Lachen. „Haha, zu süß. Wirklich zu süß! Nein, mal ernsthaft, meinst du nicht auch, ich würde dir sogar einen Gefallen tun? Du brauchst dir nicht einmal die Hände schmutzig machen.“ Wenn Shizuos Sichtweite nicht so eingeschränkt wäre, hätte er das schmierige Grinsen auf dem Gesicht der Schlange entdecken können. Aber er konnte sich seine große Klappe auch so vorstellen… Shizuo ballte die Faust und sein Gesichtsausdruck wurde zu Eis. „Hörst du schlecht? Nur ich werde Izaya umbringen, niemand sonst.“ ♔ ♕ Izaya begann zu lachen. Wahrlich war das Ganze amüsanter als er anfangs geglaubt hatte. Namie stierte ihn immer noch fixiert an und nach einer Weile fragte sich der Informant, wann ihr Arm mit der Pistole wohl schlapp machen würde. Izaya drehte seinen Kopf zur Seite und sah wie das Grinsen des anderen wuchs und wuchs. Rin schien die ganze Show wohl auch Spaß zu machen. Nun, er selbst musste zugeben, dass das Ganze geschickt eingefädelt war. Aber so leicht gewann man kein Spiel gegen Orihara Izaya. Plötzlich weiteten sich Rins Augen, als er seinen Kopf ruckartig nach hinten lehnte. Wie ein Blitz erschien ein Straßenschild in der Luft, glitt knapp an seinem Gesicht vorbei, bevor es den Schwung verlor und wieder nach unten segelte. „Puh, das war knapp.“, flötete der Schwertkämpfer und tat so, als ob er sich Schweiß von der Stirn wischte. Er wollte gerade wieder etwas ins Telefon sagen, als Izaya ihn unterbrach. „Misch dich nicht in unser Spiel ein.“, kam es kalt über seine Lippen und Rin meinte, dass seine dunklen, leicht rötlichen Augen noch bedrohlicher wirkten, als sonst. Es ließ ihn vor Aufregung zittern. Er verbiss sich jedoch einen neckenden Kommentar, denn nun war der Bartender dran. „Heiwajima-kun, hast du etwa das Foto vergessen?“ Izaya konnte ein Knacken aus dem Handy hören und er wusste, was dies bedeutete. „Versuchst du etwa das Monster von Ikebukuro zu kontrollieren?“ Augenblicklich schossen Rins Augen wieder zu ihm. Izaya grinste. Mit Sicherheit kann niemand das Monster so leicht zähmen. Hatte er erwartete, dass das Ganze mit einem einfachen Druckmittel funktionieren würde? „So wie du?“, erwiderte der Schwertkämpfer und Izaya verengte die Augen. Rin nahm in dem Falle keine Rücksicht und es war ihm auch total egal, dass Shizuo noch in der Leitung war. „Wenn du nicht willst, dass das Foto seine Runden macht, tust du besser was ich sage.“, sagte er ins Mobiltelefon. Rin nahm die gefährliche Stille, die darauf folgte, als stille Zustimmung und redete munter weiter. „Bleib dort wo du bist und genieß einfach die Show!“ Rin warf die Arme in die Luft nahm dabei das Wakizashi aus Izayas Nacken. Das rote Handy verschwand derweil in Rins dunkle Lederjacke, während er sich nun komplett zu ihm wandte. Izaya begann zu kichern. „Show? Was kommt als nächstes? Bestimmt hast du-“ Ein plötzlicher Schuss unterbrach seine Rede und Izayas Augen weiteten sich. Die Kugel war knapp an seinem Kopf vorbei und hatte zum Glück nur einige seiner schwarzen Haare getroffen. Eine erdenkliche Stille breitete sich aus, ehe Namie das Wort ergriff. „Schluss jetzt mit dem Spielchen. Hast du den Plan vergessen?“ Rins Gesicht wandelte sich in einen genervten Ausdruck, während er seufzend die Schultern fallen ließ. „Yagiri-san, bleib geduldig. Der Plan ist im vollen Gange und du weißt was wir abgesprochen haben. Also halte dich da auch dran... sonst kann ich dir nicht helfen.“ Izaya spitzte die Ohren. Interessant, interessant. Anscheinend hatte Namie irgendein Problem, wo ihr nur der alte Kauz helfen konnte. Er blieb stumm, aber grinste. „Tsk. Dann beeil dich.“, keifte Namie. Rin ließ sich nicht weiter beirren, sondern trat wieder auf den kurzhaarigen Informanten zu. Dieser hatte, wie so oft, seine Hände in den Jackentaschen vergraben und Rin wusste, dass er ganz sicher noch Messer parat hatte. Er bewegte sich nur nicht, weil eine Pistole auf ihn gerichtet war. „Du hast etwas was mir gehört.“, sagte Rin und streckte seine Hand aus. „Ich wüsste nicht, was du meinst.“ Rin schnaubte. Er will in seiner Situation weiter spielen? „Oh, du weißt schon. Dieser kleine Gegenstand mit dem süßen Foto drauf.“ „Oh, meinst du das hier?“, sprach Izaya in derselben verspielten Stimme und begann seine linke Hand zu bewegen. Im ersten Augenblick war der Schwertkämpfer darauf gefasst, ein Messer ins Gesicht zu bekommen, aber zu seiner Überraschung holte er wirklich den USB-Stick aus seiner linken Jackentasche. „Ups. Meine Hand ist mir ausgerutscht.“, sagte Izaya unschuldig und warf damit den Stick hinunter in die Tiefe. Das Objekt funkelte noch kurz im Licht, bevor es im dunklen Nachthimmel verschwand. „Fang, Shizu-chan!“ Rin starrte irritiert hinterher. Dann herrschte eine gebannte Stille, die sich wie ein eiskalter Schleier auf die Haut legte. Izaya grinste zufrieden. Er wusste, Shizuo konnte ihn noch hören, da Rin am Handy noch nicht aufgelegt hatte. Wenn er- Ein Knall ließ den Informanten plötzlich zusammenzucken und durch die schlagartig auftretenden Schmerzen, klappte er auf seine Knie zusammen. Er hockte zitternd, während er sich die rechte Wade festhielt. „Ups, meine Hand ist ausgerutscht.“, äffte Namie ihn nach, während Izaya eine Grimasse zog. Zum Glück nur ein Streifschuss, dennoch schmerzhaft. In seiner Hose war nun ein Loch und man konnte genau sehen, wie die Kugel den Stoff zerfetzt hatte. „Ach Izaya, Izaya…“, Rin schüttelte den Kopf, so als ob er ein Kind tadelte, dass etwas angestellt hatte, „Ich finde du solltest ihn wieder holen. Ne, Yagiri-san?“ Die Frau rollte mit den Augen, trat aber nun näher an die beiden Informanten heran, während sie die Pistole keine Sekunde von Izaya entfernte. „Ist das also deine Art von Spiel, Namie-san?“ „Ich spiele nicht.“, erwiderte sie kalt und drückte die Waffe an Izayas Hinterkopf, der widerstandslos die Hände hob und sich aufrichtete. Rin mischte sich nicht ein, sondern beobachtete amüsiert das Geschehen. „Geh.“, kommandierte die Frau, während sie mit der Pistole mehr Druck ausübte. Izaya tat was sie verlangte, und trat auf den Rand des Gebäudes zu. Kurz vor dem Abgrund stoppte er. „Haha, was für eine Szene! Jetzt kann dein Loverboy zusehen, wie du in deinen eigenen Tod springst.“ Rin packte sein Wakizashi in seine Scheide, ehe er es wieder in seine Jacke verstaute. „Wolltest du mich nicht selbst zur Strecke bringen?“ Izaya fixierte Rins Augen und konnte darin ein Funkeln sehen. Ha, so ein Bastard. Izaya lachte kurz. Rin wusste genau, was hier passiert. Er wusste genau das… „Spring.“, befahl Namie. „Wollen wir ihm keine letzten Worte lassen?“, fragte Rin mit einem gewissen Unterton, der Namie aus irgendeinen Grund zum Stoppen brachte. Der Schwertkämpfer grinste schief, da er anscheinend wusste, warum sie zögerte. Er wischte sich mit der einen Hand die langen schwarzen Haare hinter die Ohren. „Los, Izaya, deine Chance.“ Für eine Weile blieb der Informant still, dann grinste er. „Niemand schlägt den großartigen Orihara Izaya ohne langwierige Folgen.“ Rin lachte kurz. „Keine traurigen Worte, wie: Bitte sagt Shizuo Heiwajima, dass ich ihn liebe? Ich bin enttäuscht.“ „Ich? Ihn lieben?“, fragte Izaya ungläubig und brach in Gelächter aus. Er hielt sich kichernd den Bauch, während er begann ein paar Lachtränen wegzuwischen. „Ich wusste, so jemand wie du würde sich das nie eingestehen.“, kommentierte Rin und schüttelte den Kopf. Izaya verengte kurz die Augen, ließ sich aber nicht anmerken, wie sehr ihn das nervte. Wie sehr Rin ihn schon den ganzen Abend auf die Nerven ging. Und dann das Gequatsche über Liebe. Als ob dieser Schwertfetischist mehr Ahnung davon hätte… „Wir sehen uns in der Hölle, Rin…“, sagte Izaya lediglich. Dann schenkte er seiner ehemaligen Sekretärin einen eiskalten Blick über die Schulter. Sie hatte die Augen fies zusammengekniffen, drückte mit ihrer Pistole ein weiteres Mal an seinen Kopf. Sie würde auch noch das bekommen, was sie verdient, dachte sich der Mann in dem Plüschmantel. „Langweilig, Izaya. Wirklich langweilig...“, ergriff der Schwertkämpfer ein weiteres Mal das Wort und Izaya musste sich zusammen reißen nicht gleich- „Was ist bloß mit dir passiert? Bist du wirklich blind vor Liebe geworden?“ Izayas Gesicht verzog sich zu einer Grimasse und er fixierte Rin dabei mit einer Intensität, die den Schwertkämpfer kurz zusammen zucken ließ. „Vielleicht“, sagte er, dann schloss er die dunklen, leicht rötlichen Augen mit einem zufriedenen Lächeln, bevor er den letzten Schritt wagte und im nächsten Augenblick hinunter in die schwarze Tiefe fiel. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)