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Hey, riddle diddle...

von

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Tapp. Tapp. Tapp.

 

„Der Doc sagt, als nächstes kommen die Irren aus Zellentrakt B.“

 

Tapp, tapp, tapp.

 

„Okay, dann an die Arbeit.“

 

Tapp, tapp, tapp.

 

„Was ist mit ihm? Zusammen mit den anderen rausbringen?“

 

Tapp, tapp, tapp.

 

 „Nein, Doktor Strange will, dass er zuletzt rauskommt. Bekommt wohl seinen eigenen Wagen.“

 

Tapptapptapptapptapp…

 

„Was? Der ist doch keine Gefahr. Was soll uns so ein schmächtiger Kerl denn antu-“

 

Wumm.

 

Edward Nigma, der bisher mit wachsender Anspannung in den Gliedern auf seiner Zumutung von einer Pritsche verharrt war und die Fußspitze immer wieder gegen die schmutzige, mit Fragezeichen und Kritzeleien beschmierte Wand gestoßen hatte, fuhr nach oben und stampfte lautstark auf den Boden, um sich Gehör zu verschaffen. Die beiden Wachmänner wandten ihm überrascht die Köpfe zu. Es waren nicht die üblichen Kerle.

 

Er hatte im Laufe seines Verbrecherlebens genügend Zeit in Arkham verbracht, um die Geschicke der Anstalt zu kennen. Und obwohl das Sicherheitspersonal jedes Mal, wenn ein Angehöriger der umfassenden Verbrecherkartei Gothams es wieder einmal schaffte, auszubrechen, zunehmend verschärft und mit besseren Waffen ausgestattet wurde, waren diese Gestalten eine völlig neue Dimension.

 

Edward musterte die beiden eingehend, ehe er näher an das Panzerglas trat, das ihn in diesem Kerker gefangen hielt. Schwere Stiefel mit Stahlkappen, automatische Waffen in Holstern, verdeckte Gesichter, schusssichere Westen, ein Schriftzug auf den Jacken. „Tyger“, kommentierte Edward trocken. Er machte sich gar nicht erst die Mühe, überrascht zu klingen. „Ich hatte eigentlich schon vor zwei Wochen mit euch gerechnet. Strange scheint sich Zeit zu lassen.“

 

„Klappe, Riddler“, brummte eine der Wachen. Obwohl man seinen Mund nicht erkennen konnte, verrieten die Fältchen um seine Augen, dass der Kerl grinste. „Beleidigt, weil Batman deinen dürren Arsch hier rein verfrachtet hat?“

 

„Gerade jetzt, wo es euch Parasiten an den Kragen geht“, fügte der andere gehässig hinzu. Sein Kumpan stieß ihn kurz mit dem Ellbogen an, als wolle er ihn davon abhalten, wichtige Informationen preiszugeben. Zumindest einer von ihnen schien mehr IQ-Punkte als eine Kartoffel zu haben.

 

„Löst mir dieses Rätsel: was haben der Riddler und eine Kristallkugel gemeinsam?“

 

„…was?“ Er revidierte sein vorheriges Urteil. Das Gemüse lag schon wieder ganz weit vorn.

 

„Antwort: beide wissen bereits, was die Zukunft bringen wird.“ Edward neigte den Kopf und überlegte eine Sekunde. „Rein metaphorisch natürlich. Wahrsagerei ist völliger Humbug.“

 

Die beiden tauschten einen verwirrten Blick, dann machte der mit dem losen Mundwerk einen Schritt auf Edwards Zelle zu und hob in drohender Manier einen Zeigefinger. „Spar dir die Spielchen, Puzzleprinz. Setz dich brav hin und warte, bis du an der Reihe bist.“ Damit drehte er sich herum und bedeutete seinem Kollegen, mitzukommen.

 

Edward bewegte sich rückwärts auf seine Pritsche zu, um die beiden nicht aus den Augen zu lassen. Es war also tatsächlich so weit. Er setzte sich auf die Kante des unbequemen Nachtlagers und faltete die Hände im Schoß, während die Tyger-Wachen die Zellen zu seiner Rechten leerten. Er hörte das mechanische Summen, als Sicherheitstüren zur Seite gefahren wurden. Die übrigen Insassen dieses Zellenblocks wurden an seinem Fenster vorbei nach draußen geführt, die Hände mit elektronischen Fesseln auf dem Rücken fixiert. Die Wachen hatten ihre Waffen im Anschlag und es gab keinen Zweifel, dass sie erst schießen und danach Fragen stellen würden.

 

„Ein Supergefängnis, das die Irren aus Arkham und die gewalttätigen aus Blackgate vereint“, sagte Edward möglichst laut. Sie sollten wissen, dass er ihnen voraus war, dass er wusste, was sie vor allen anderen verheimlichten. Und eigentlich noch viel mehr als sie, aber das konnte er ihnen nicht unter die Nase reiben. Edward sehnte sich seine Freiheit viel zu sehr herbei, als dass er sie sich damit verscherzt hätte, so sehr es ihn auch drängte, diesen Idioten ein paar Gründe zu geben, zu ihm aufzuschauen.

 

Die Tyger-Wachen kehrten zurück, um auch die Insassen in den Zellen ihm gegenüber hinauszueskortieren. Edward wartete. Das Beste kam bekanntlich zum Schluss, weswegen es nur gerechtfertigt war, dass er sich gedulden musste. Sein Fuß begann wieder, unaufhörlich auf den Boden zu klopfen. Tapp, tapp, tapp. Vielleicht kam er doch nicht allzu gut damit aus, warten gelassen zu werden. Einem Genie wie ihm zuliebe durften sich die Leute ruhig beeilen.

 

Eine kleine Ewigkeit später flankierten die Wachen endlich beide Seiten seiner Zelle, die Waffen auf ihn gerichtet. „Aufstehen, Riddler“, bellte einer.

 

Edward verengte wütend die Augen, er brauchte keine Befehle von einem Affen in Uniform entgegenzunehmen. Aber er gehorchte, um die Sache zu beschleunigen, und nahm die Position ein, die auch für Zellendurchsuchungen oder die Mahlzeiten üblich war: er stand mit dem Gesicht zur Wand, die Hände über seinem Kopf direkt auf zwei leuchtend grüne Fragezeichen gelegt, die Beine geteilt, damit sie ihn abtasten konnten. Er verabscheute diese Prozedur. Es gab nichts Schlimmeres, als von einem Haufen niederer Kreaturen begrapscht zu werden.

 

„Er ist sauber“, entschied der Wachmann, nachdem er ihn länger als nötig abgetastet hatte.

 

„Hey, Jungs!“ Edward wurde herumgerissen und seine Hände hinter dem Rücken zusammengezogen, damit sie ihm die elektronischen Fesseln anlegen konnten. „Ich hoffe, ihr bügelt meinen Anzug, bevor ich ihn zurückbekomme. Ich will nicht ungepflegt aussehen, wenn sich mir die Tore der neuen Heimatstadt öffnen.“

 

„Woher-“

 

„Frag gar nicht erst“, zischte der Wachmann, der ihn durchsucht hatte, seinem Kumpanen zu. „Erlaub ihm nicht, irgendwelche Tricks mit deinem Kopf abzuziehen.“

 

„Tricks mit seinem Kopf?“, äffte Edward ihn nach und lachte. „Was glaubt ihr wer ich bin? Ein dumpfer Irrer wie Jervis? Oder Jonathan, der sich hinter seinem Gas verstecken muss… Ich bin so viel m-“

 

„Mister Nigma.“ Sein Kopf ruckte in Richtung der Stimme. Dort, im Eingang seiner Zelle, stand Dr. Hugo Strange, der neue Anstaltsleiter und Begründer des Projektes um Arkham City. „Wie ich sehe wissen Sie wieder einmal mehr, als Ihnen gut tut.“

 

„Es geht mir blendend, Stange, aber mich rührt Ihre Fürsorge.“

 

Strange maß ihn mit einem strengen, berechnenden Blick, den Edward bereitwillig erwiderte. „Bringen Sie ihn mit.“ Grobschlächtige Hände packten ihn an den Schultern und schubsten ihn vorwärts. Edward begnügte sich damit, die Männer mit verächtlichen Blicken zu strafen. Er konnte es sich nicht leisten, jetzt erschossen zu werden, so sehr er diese Dummköpfe auch in ihre Schranken weisen wollte.

 

Strange führte sie in das Behandlungszimmer, in dem er früher bereits seine Sitzungen mit Dr. Young abgehalten hatte, bis die Frau endlich einsah, dass sie mit einem Genie wie ihm nicht mithalten konnte und ihn an Dr. Whistler weiterreichte. Bedauerlicherweise hatte Young Jokers kleine Party in der Anstalt nicht überlebt. Jammerschade.

 

Was ihn dort erwartete, zauberte ihm ein zufriedenes Lächeln aufs Gesicht. An Dr. Youngs altem Bücherschrank baumelte ein schwarzer Kleidersack. Natürlich wollte Strange die volle Macht der Verbrecher von Gotham entfesseln, um vor der Außenwelt rechtfertigen zu können, was hinter den Mauern Arkham Citys geschah. Vielleicht würde es ihm so auch mehr Spaß machen, er schien ihm ein Freund des Chaos zu sein – zumindest solange er derjenige war, der das Chaos beherrschte. Edward hatte fest vor, Stranges Wesen genauer zu ergründen. Der Doktor hatte es vielleicht noch nicht bemerkt, aber er war offiziell zu den vielen Puzzles hinzugefügt worden, die Edward zu lösen gedachte. Derzeit sogar direkt hinter Batman.

 

Edward blickte über die Schulter zu Strange. „Sagen Sie Ihren Gorillas, sie sollen mich loslassen. Und die Handschellen müssen weg, wenn ich mich umziehen soll.“

 

Strange funkelte ihn wütend an, nickte den Tyger-Wachen aber zu. Edward gab sich nicht die Blöße, seine schmerzenden Handgelenke zu reiben. Er steuerte geradewegs den Kleidersack an und zog schwungvoll den Reisverschluss nach unten. Zum Vorschein kam einer seiner geliebten grünen Anzüge. Genaugenommen derselbe grüne Anzug, den er auch getragen hatte, als die Polizisten ihn hierherbrachten. Selbstverständlich nicht gebügelt, geschweige denn gewaschen. Es war eine Zumutung, dass Strange ihn in dreckstarrer Kleidung herumlaufen lassen wollte, aber er war nicht in der Position, sich zu beschweren. Jedenfalls noch nicht.

 

Edward drehte sich zu Strange um und hob eine Augenbraue. „Dürfte ich Sie bitten, den Raum zu verlassen, während ich mich umziehe?“

 

Eine der Wachen lachte prustend. „Was? Schämst du dich für deine blasse Hühnerbrust?“

 

„Es ist ein Segen zu wissen, dass du schon in kurzer Zeit tot sein wirst, du hirnamputierter Schwachkopf“, zischte Edward durch zusammengebissene Zähne.

 

„Regen Sie sich ab, Nigma. Noch sind Sie nicht in Arkham City, also werden Sie auch noch nicht aus den Augen gelassen. Und nun machen Sie schon, ich kann meine Zeit nicht an jemanden wie Sie verschwenden.“ Strange verschränkte mit einem provozierenden Schmunzeln die Arme vor der Brust und machte es sich auf Youngs Schreibtischstuhl bequem.

 

Edward schluckte seine Empörung über die Dreistigkeit dieses Mannes herunter und drehte ihm und den Wachen wieder den Rücken zu. Seine Hände flogen zu den Knöpfen des grellorangenen Overalls mit seiner aufgestickten Patientennummer und öffneten sie fahrig. Wie erniedrigend. Fühlte sich ein bisschen an wie in den guten alten Zeiten, als  ihn seine Mitschüler in der Jungenumkleide schikanierten. Er schälte sich missmutig aus dem verhassten Jumpsuit und blendete die anderen Anwesenden so gut es ging aus.

 

„Nicht so schüchtern, Riddler, wir gucken dir nichts weg“, schnarrte einer der Affen.

 

„Warum auch, das ganze sehe ich in besserer Ausführung jeden Tag bei mir selbst.“

 

„Es reicht, Gentlemen“, mahnte Strange.

 

Edward ignorierte das nervtötende Gebrabbel weiterhin und zog sich die Hose etwas schneller nach oben, als eigentlich nötig gewesen wäre. Er streifte das Hemd über und stopfte es in den Hosenbund. Als nächstes die Krawatte. Neben dem Schrank stand ein Paar anständiger Stiefel, die nicht ihm gehörten. „Nicht unbedingt passend zum Anzug“, murmelte er und schlüpfte in die Schuhe. Es überraschte ihn kein bisschen, dass sie perfekt passten. Die Anstalt hatte sämtliche seiner Maße im System gespeichert.

 

„Glauben Sie mir, Nigma, Sie werden mir für das feste Schuhwerk noch einmal danken.“ Wie umsichtig von Strange. Allerdings machte es durchaus Sinn. Edward wusste nicht, was genau ihn in Arkham City erwarten würde, aber gemessen daran, dass es sich um eine Stadt handelte, in der die gefährlichsten Verbrecher frei herumliefen, dürfte man mit wandertauglichen Schuhen auf der sicheren Seite sein. Spätestens wenn es darum ging, jemanden kräftig zu treten.

 

„Wo ist der Rest meiner Sachen?“, fragte Edward, während er sich die Schnürsenkel zuband. Zuletzt zog er das Jackett über.

 

„Den bekommen Sie, wenn wir Sie auf Arkham City loslassen“, erklärte Strange. „Ich kann keine unnötigen Zwischenfälle bei Ihrem Transport gebrauchen.“

 

„Ach, was“, lachte einer der Wachmänner. „Haben Sie Angst, dass er uns mit seiner Krawattennadel niedersticht?“

 

„Zum Beispiel.“

 

Man musste Strange lassen, dass er seine Patienten gut einschätzen konnte und ein angemessenes Bild von Edward hatte. Wobei dieser sich nicht die Mühe gemacht hätte, so kreativ bei der Tötung dieser Blödmänner zu sein. Ein schlichter Schlag über den Kopf mit seinem geliebten Stock wäre absolut ausreichend gewesen, womöglich hätte er ihnen auch das Ende in den Rachen gerammt, um diese widerlichen Mundwerke zu schließen…

 

„Legen Sie Mr. Nigma seine Handschellen wieder an“, befahl Strange. Keine Minute später wurden seine Hände wieder von den Fesseln hinter seinem Rücken gehalten, doch diesmal fühlte er sich weniger gefangen. Was das Kostüm anging unterschied Edward sich nicht sonderlich von den anderen Mitgliedern der Verbrecherkartei. Es war ein Teil seiner zweiten Identität, kennzeichnete ihn als die Person, die er war, und verlieh ihm mehr Stärke und Sicherheit. Trotzdem würde er sich erst wieder komplett fühlen, wenn er seinen Hut auf dem Kopf und seinen Stock in der Hand hatte.

 

„Kriege ich wenigstens die Brille?“

 

„Selbstverständlich“, sagte Strange mit einem spöttischen Unterton. Er zauberte Edwards Brille aus seiner Kitteltasche hervor – etwas, das in Edward den Ärger erneut zum hochkochen brachte –, faltete die Bügel auseinander und setzte ihm die Brille auf die Nase. Edward hätte gern nach dem Doktor gegriffen und ihm die Finger um den Hals gelegt. „Wir wollen ja nicht, dass Sie stolpern und sich ihr brillantes Köpfchen stoßen.“

 

„Wäre ein kaum zu tragender Verlust für Gotham“, schoss Edward zähneknirschend zurück.

 

Strange schnaubte wütend und machte eine harsche Handbewegung. „Nach Arkham City mit ihm.“ Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, wurde auch schon wieder an Edward gezerrt und er wankte zur Seite in Richtung der Tür. Er blickte nicht zurück, aber er spürte, dass Stranges Augen an seinem Rücken klebten. Der Mann schien sich seinen Teil bei der ganzen Sache zu denken und Edward würde herausfinden, was genau diese Gedanken beinhalteten.

 

Allerdings gab es noch etwas ganz anderes, das auf seiner To-Do-Liste stand. Rache. Wundervolle, bittersüße Rache an Batman, der all seine Rätsel auf der Arkham Insel hatte lösen können, der sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte, persönlich zu ihm zu kommen, sondern nur ein paar Bullen nach ihm ausgesandt hatte, der ihm zum Gespött für die anderen Verbrecher gemacht hatte, weil er sich so einfach hatte besiegen lassen, während sie es Batman umso schwerer gemacht hatten. Natürlich wäre jeder einzelne von ihnen kläglich an seinen Aufgaben gescheitert…

 

Als die Wachen ihn durch die Tür des Gebäudes nach draußen eskortierten, schloss Edward für einen Moment die Augen und saugte die frische Luft in seine Lungen. Seit Strange die Anstalt übernommen hatte, waren die Bestimmungen erweitert worden. Gefährliche Patienten wie Edward – wobei er sich selbst nicht zwanghaft als gefährlich ansehen würde, sich in Prügeleien beim Mittagessen zu verwickeln war nicht wirklich sein Stil – hatten kein Anrecht auf Ausgang mehr, weswegen er seine gesamte Zeit in seiner Zelle verbracht hatte.

 

Jedenfalls die Tage. Ein selbstgefälliges Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit. Strange war ein Idiot, wenn er glaubte, dass eine so simple Zelle den großartigen Riddler zurückhalten konnte. Es war für ihn ein leichtes gewesen, die Sicherheitscodes zu knacken und das nötige technische Equipment über einen Handlanger einschmuggeln zu lassen, mit dem er die Geheimnisse Arkhams zu seinen eigenen machte. Besonders begeistert hatte ihn Dr. Youngs Titan-Projekt, dem er (Gott sei Dank) nicht zum Opfer gefallen war. Edward war ein Mann des Geistes und sich in ein riesiges Wutmonster mit leuchtenden Venen wie Bane zu verwandeln war nicht unbedingt ein Zeichen besonderer Intelligenz. Über Missbrauch illegaler Substanzen wurde man immerhin schon in der Schule aufgeklärt.

 

Und dann war da natürlich noch Arkham City. Edward hatte alle Informationen gesammelt, die Strange nicht anständig vernichtet hatte. Er bezweifelte, dass es irgendwo ein Versteck mit weiteren Plänen gab, das er nicht gefunden hatte. Letztendlich war das Supergefängnis der Grund, aus dem er seine Kompetenzen nicht genutzt hatte, um die Anstalt zu verlassen. Arkham City, die beste Gelegenheit, die sich bieten konnte, um Batman ein für allemal den Garaus zu machen.

 

Die Tyger-Wachen bugsierten ihn rüde in einen Transporter, der wohl unauffällig sein sollte. Natürlich wäre das glänzend schwarze Ding nur dann auffälliger gewesen, wenn sie das Tyger-Logo auf den Anhänger geprägt hätten. Wahrscheinlich gaben sie sich absichtlich keine Mühe. Die Bürger von Gotham sollten ruhig wissen, dass ein weiterer Insasse die Arkham Insel verlassen hatte. Edward vermutete, dass es nicht mehr lang dauern würde, bis alle Patienten aus der Anstalt nach Arkham City übergesiedelt sein würden. Die Insel würde geschlossen werden, eine Ära zuendegehen. Nicht, dass er sich daran störte.

 

„Du rührst dich nicht von der Stelle“, befahl einer der beiden harsch.

 

Edward verdrehte die Augen. „Ich hatte nicht vor, mich aus einem fahrenden Wagen zu stürzen.“

 

„Wäre eine Schande, wenn dein süßes Gesichtchen einen Kratzer bekommt, was?“

 

„Allerdings.“

 

Der Weg nach Arkham City war holprig. Weil seine Hände noch immer fixiert waren, konnte er sich bei den etlichen scharfen Kurven nicht festhalten und plumpste von einer Seite des Laderaumes zur anderen. Verbrecher waren wohl zu großer Abschaum, um ihnen einen Sicherheitsgurt zu gewähren. Wenn das so weiterging, würde er sich wirklich eine Schramme in sein süßes Gesicht machen…

 

Der Transporter kam mit quietschenden Reifen zum Stehen und Edward knallte mit dem Hinterkopf gegen die Wand. Autsch. Er setzte sich wieder gerade hin und versuchte, nicht allzu wehleidig auszusehen, auch wenn sein Schädel dröhnte. Da die Wände des Anhängers verstärkt waren, hörte er nicht, wie seine Aufpasser ausstiegen. Erst als sie die Tür für ihn öffneten, blickte er wieder in ihre vermummten Gesichter.

 

„Du bist blass, Riddler. Reiseübelkeit?“

 

„Ich bin dabei, herauszufinden, welcher Blödmann euch Vollpfosten den Führerschein ausgestellt hat.“

 

„Reizend wie eh und je.“ Der Wachmann stieg zu ihm in den Laderaum und zerrte Edward nach oben. Er machte sich an den Fesseln zu schaffen. Kurz darauf konnte Edward seine Hände wieder benutzen und richtete geschäftsmäßig seine Manschetten.

 

„Ich denke, ihr habt noch etwas, das mir gehört“, sagte mit drohendem Unterton und blickte die beiden abwechselnd an. „Wo sind meine Sachen?“

 

Scheinbar hatten die zwei auf den letzten Metern beschlossen, doch noch Anstand zu beweisen. Ohne einen weiteren Kommentar wurde ihm ein Karton gereicht, in dessen Inneren er seinen Hut und eine Anstecknadel in Form eines Fragezeichens fand. Aber es fehlte… „Wo ist mein Stock?“ Sein liebstes Accessoire wurde ihm entgegen gepfeffert, scheinbar mit dem Ziel, ihm den fragezeichenförmigen Knauf in den Magen zu rammen. Edward fing den Schlag gekonnt ab und pflückte der Wache seinen Stock aus der Hand. „Du solltest nicht übermütig werden, wenn du jemandem eine Waffe aushändigst.“

 

Der Wachmann schnaubte verächtlich. „Du kannst uns nicht provozieren, Riddler. Wir müssen bloß abwarten, Arkham City wird sein übriges tun. Du kommst nicht lebend raus.“

 

„Wir werden sehen“, zischte Edward zurück. Er rückte seinen Hut zurecht, zog seine Krawatte fest und ließ den Stock probeweise in der rechten Hand schwingen. Das Gewicht war vertraut, ein Gegenstand, mit dem er umgehen konnte wie mit keinem anderen. Herrlich. Er fühlte sich wieder vollständig, nachdem Batman ihm so übel mitgespielt hatte.

 

Er schob sich an der Tyger-Wache vorbei und sprang leichtfüßig von auf den Boden. Karger Beton unter seinen Füßen. Er ließ den Blick schweifen. Der Himmel über der monumentalen Mauer war in rotes Licht getaucht, die Sonne war bereits im Innbegriff unterzugehen. Rechts und links von ihm erstreckte sich die riesenhafte Begrenzung ins Unermessliche.

 

Edward unterdrückte einen anerkennenden Fluch. „Wie viele Teile der Stadt hat Strange abgeschottet?“, fragte er beiläufig.

 

„Kannst ja auf Erkundungstour gehen. Mitkommen.“ Diesmal bekam er nur den Befehl und wurde nicht angepackt. Natürlich nicht, innerhalb der letzten Minute hatte sich die Gefahr, die von ihm ausging, mindestens verdreifacht. Edward folgte den Wachleuten – die nun ihre Waffen im Anschlag hielten, um sich gegen einen möglichen Angriff zu verteidigen – zu einem Gebäude, das direkt an die Mauer anzuschließen schien. Jede Wette, dort drinnen befand sich eine Art Sicherheitsschleuse, durch die er in die scheinheilige Freiheit der Verbrecherstadt entlassen werden würde.

 

Allmählich juckte es ihn in den Gliedern. Er wollte endlich dort hinein, wollte diese Hohlköpfe loswerden und sich frei bewegen. Als erstes müsste er sich einen Überblick verschaffen, welche Gebiete Gothams in die Stadt integriert worden waren. Er musste herausfinden, welcher Verbrecher sich wo versteckt hatte, wie die Besitzverhältnisse bisher geregelt waren. Edward hatte sich nie als großer Mobboss gesehen, weswegen er es für unnötig hielt, sich Gebiet zu erkämpfen. Ihm ging es mehr um Informationen. Und solange er sich mit allen halbwegs gutstellte, würde er diese auch

bekommen.

 

„Wir müssen ihn doch nicht noch mal durch die Sicherheitskontrolle schicken, oder?“, fragte eine der Wachen, als sie Edward durch das Stahltor des Gebäudes führten. Er tappte genau in einen Metalldetektor hinein, dessen rote Lichter natürlich sofort zu blinken begannen. Kaum schrillte das nervige Piepen durch den Raum, bogen auch schon drei neue Kerle in derselben Uniform um die Ecke, Gewehre im Anschlag. Ihre Kollegen bedeuteten ihnen, dass es keinen Grund zur Panik gab. Strange schien unbedingt zu wollen, dass Edward bewaffnet nach Arkham City kam.

 

„Ich denke nicht. Bis auf den Stock hat er nichts weiter dabei. Soweit er kein Messer in irgendwelchen Körperöffnungen versteckt hat.“

 

„Ich bin nicht der Joker“, schnappte Edward empört. Er brauchte keine Klingen zu schmuggeln, solang er seinen Stock hatte. Trotzdem gab ihm das Ganze zu denken. Hatten sie jedem der schweren Jungs (und Mädels) die charakteristische Waffe gelassen? So angemessen es auch gewesen wäre, bezweifelte er, dass man für ihn eine Ausnahme machte. Was bedeutete, dass das Chaos größer sein musste, als man sich ausmalen konnte. Harvey mit seinen zwei Pistolen? Joker mit seiner Säure? Jonathan mit seinem Gas? Er fragte sich, ob die gewöhnlichen Kriminellen ebenfalls mit Waffen ausgestattet waren. Mochte sein, Strange zählte darauf, dass sie sich alle gegenseitig den Garaus machten.

 

Ihr Weg führte sie weiter durch karge Gänge, vorbei an unterschiedlichen Sicherheitsschleusen, in denen sich verschiedenste Gefangene tummelten, die darauf warteten, in die Stadt entlassen zu werden. Edward hielt den Blick geradeaus gerichtet, spitzte aber die Ohren. Er schnappte einige Gesprächsfetzen auf.

 

„-unfair, wieso darf der Kerl sein Outfit behalten-“

 

„-habe immerhin für Strange gearbeitet – kein Grund, mich hier mit diesen Verrückten einzusperren-“

 

„-bitte, oh, nein, bitte-“

 

„-aus, als wäre Mr. Nigma mit von der Partie-“

 

Ein leichtes Schmunzeln umspielte seine Lippen. Allerdings war Mr. Nigma mit von der Partie. Wäre ja nicht auszudenken, bliebe er außen vor. Edward wurde hinter ein paar Berserkern in orangenen Anzügen eingereiht und sich selbst überlassen. So ein Jammer. Er würde die Tyger-Jungs ja so sehr vermissen. Sobald die Wachen und damit die Gewehre abgerückt waren, drehten sich die Gefangenen, die ihm am nächsten standen zu ihm um.

 

„Mr. Riddler.“ Ein grobschlächtiger Mann mit dichtem Bart nickte ihm höflich zu. „Schön, Sie hier zu sehen, Mr. Riddler, Sir.“

 

Ach, wie hatte er es vermisst, anständig umgarnt zu werden. So gehörte sich das. „Das würde ich mir doch niemals entgehen lassen.“

 

„Wenn Sie noch Leute brauchen, Mr. Riddler-“, setzte der Gefangene an, wurde jedoch von einem anderen unterbrochen.

 

„Wir sind zur Stelle, Boss, gar kein Problem.“

 

Edward lächelte leise. „In Arkham City ist es sicher besser, wenn man für einen der Großen arbeitet, hm?“

 

Die Männer nickten eifrig. „Absolut“, stimmte einer zu. Seine Stimme wurde noch schmeichlerischer: „Und Sie sind der Größte, müssen Sie wissen.“

 

„Keine Sorge, das weiß ich“, entgegnete Edward. „Ich könnte ein paar Jungs gebrauchen.“ Er musterte die Umstehenden eingehend und ließ einen Zeigefinger vage in der Luft schweben. Schließlich zeigte er auf den Bärtigen, zwei bullige Typen, die aussahen, als könnten sie alles und jeden mit bloßen Händen in zwei Hälften brechen, und den, der so gern schleimte. „Ihr vier. Das sollte fürs erste genügen. Um andere kümmere ich mich später.“

 

„Geht klar, Boss.“

 

„Kein Ding.“

 

„Danke, Mr. Riddler.“

 

Er war zufrieden mit seiner Ausbeute. Die vier konnten ihn vorerst gegen Übergriffe abschirmen, wenn er sich ein Bild von der Stadt machte und einen geeigneten Unterschlupf ausmachte. Später würde er natürlich noch mehr rekrutieren müssen. Für das, was er geplant hatte, brauchte er mehr Muskelkraft, als er allein aufbringen konnte. Abgesehen davon benötigte er ein paar Spione, um andere Gruppierungen zu unterwandern. Arkham City barg ohne Zweifel eine Vielzahl an Geheimnissen, die er sich allesamt zu Eigen machen würde.

 

„Reihe A, bewegt euch!“, dröhnte die Stimme einer weiteren Tyger-Wache. Edward wartete ungeduldig, bis die Hohlköpfe vor ihm der Aufforderung schlurfend nachkamen und sich in Bewegung setzten. Der schmale Gang, durch den sie sich bewegten, wurde von hohen, mit Stacheldraht gekrönten Gitterzäunen begrenzt. Nichts hier deutete darauf hin, dass man sie gleich in die Freiheit entlassen würde und doch war das gewissermaßen der Fall. Eine trügerische, fehlleitende Freiheit, ganz klar, aber für Edward besser als nichts.

 

Der Gang endete vor einem riesigen Stahltor, das Ähnlichkeit mit der Militärversion einer Schleuse hatte. Was für ein ungemein passender Vergleich, lobte Edward sich in Gedanken, denn gleich würde man sie dort in Arkham City einsperren, während das Wasser stieg und stieg, bis zum Hals. Aber er hatte keine Sorge, zu ertrinken. Edward war sich sicher, dass es ihm gelingen würde, hinter Stranges Pläne zu kommen und seinen eleganten Hals aus der Schlinge zu ziehen. Wäre gelacht, wenn nicht.

 

„Sobald das Tor sich öffnet, werden Sie es gesittet passieren. Keine Kämpfe, keine Rangelei. Dafür bleibt genügend Zeit, sobald Sie drin sind“, mahnte einer der Wachmänner mit drohender Stimme. „Sie werden sich ohne Umstände aus dem näheren Bereich des Tores entfernen. Von da an sind Sie sich selbst überlassen. Verstanden?“ Zustimmendes, wenn auch hasserfülltes Gemurmel.

 

Keine Sekunde später öffneten sich die massiven Torflügel mit einem metallischen Schaben, unendlich langsam, als würde der Moment in Zeitlupe ablaufen. Edward hielt seinen Blick auf den Spalt gerichtet, der immer größer wurde und allmählich ein Bild dessen preisgab, was ihn auf der anderen Seite erwartete.

 

„Ihr bleibt in meiner Nähe.“

 

Obwohl er keinen von ihnen angesehen hatte, kam die Antwort seiner neuen Unterlinge prompt und ohne weitere Fragen zu stellen. „Jawohl, Boss.“

 

Hinter dem Tor erstreckte ein weiterer mit Stahlzäunen abgeschotteter Bereich, ihnen gegenüber noch ein Tor. Einige schaulustige Häftlinge hatten sich hinter dem Zaun versammelt und steckten neugierig die Nasen durch die Maschen, um einen Blick auf die Männer zu werfen, die entweder ihre neuen Mitstreiter oder ihre neuen Gegner sein könnten.

 

Edward straffte die Schultern, hob das Kinn an und setzte sich mit selbstbewussten Schritten in Bewegung. Sein Stock ruhte scheinbar harmlos auf seiner rechten Schulter, befand sich somit aber in der perfekten Ausgangsposition, um sich einen Angreifer mit einem gezielten Schlag vom Leibe halten zu können. Seine vier „Leibwächter“ sammelten sich um ihn herum, sodass von Anfang an klar war: der Riddler kam nicht als ein einzelner, kleiner Sträfling, sondern mit Pauken und Trompeten. Und einer Eskorte, ganz nebenbei.

 

Sobald die Gruppe aus Reihe A sich hinter der Schleuse gesammelt hatte, schloss sich diese wieder und schnitt ihnen und allen anderen Insassen von Arkham City den Weg nach draußen ab. Edward hörte nur das unverwechselbare Geräusch der sich schließenden Torflügel, schaute aber nicht zurück. Seine Augen hafteten an dem anderen Tor, dem, das direkt vor ihm lag und dessen Flügel sich öffneten, sobald die anderen wieder fest verschlossen waren.

 

Dahinter erwartete ihn eine düstere Straße. Einige der Laternen funktionierten nicht mehr, aus den Fenstern der hoch aufragenden Wohnhäuser drang kein einziger Lichtstrahl, überall lag Müll verstreut. Es war kalt hier draußen, scheinbar kälter als auf der anderen Seite der Mauer. Mochte an der bedrückenden Atmosphäre liegen, konnte aber auch gut sein, dass Victor sich hier irgendwo herumtrieb.

 

Ein ausgewachsenes Feixen erschien auf Edwards Gesicht. „Frage: Alle meine guten Freunde aus der Verbrecherkartei und eine Menge dämlicher Muskelpakete zusammen in ihrer eigenen Stadt, was ist das?“ Seine vier persönlichen dämlichen Muskelpakete blickten sich ratlos an und zuckten die Achseln. „Antwort: Die einzige brillante Idee, die Hugo Strange je in seinem Leben hatte.“

 

„Bei weitem nicht so brillant wie das, was Sie sich einfallen lassen können, Mr. Riddler, Sir“, kam es sofort. Edward lächelte. Ah, diese Jungs berührten sein Herz.

 

Edward runzelte die Stirn und blickte zwischen den vieren umher, als er an das dachte, was die Tyger-Wachen etwas früher an diesem Abend gesagt hatten. „Ich bin nicht dürr, oder?“

 

„Sie sehen blenden aus, Boss.“

 

„Einsame Spitze.“

 

„Ja, ein Bild von einem Mann!“

 

Mehr hatte er nicht hören wollen. Edward rückte seinen Hut so, dass er schräg auf seinem Kopf saß und ihm ein verwegenes Aussehen verlieh. Er setzte sich in Bewegung, als erster von der gesamten Gruppe. Alle anderen warteten gespannt und ließen ihm und seinen frisch erkorenen Lakaien den Vortritt. „Ratet, wer da ist!“, rief er mit erhobener Stimme in die Menge der Insassen, die ihn jenseits des Tores mit lauten Jubelrufen erwarteten.

 

Ach, der süße Duft der geheuchelten Freiheit. Edwards Grinsen wollte gar nicht mehr von seinem Gesicht weichen, so sehr genoss er das Gefühl, über den schmutzigen Asphalt zu laufen. Ohne eine Waffe im Rücken. Oder Handschellen an seinen Händen. Oder einen Wachmann an seiner Seite. Das angenehme Gewicht seines Stockes ruhte noch immer auf seiner Schulter, durch seine Finger an Ort und Stelle gehalten.

 

Beifall und lautstarkes Gegröle verrieten, dass die übrigen Insassen die Antwort wussten. Natürlich begrüßten sie ihn nur deshalb so überschwänglich, weil sie sich erhofften, von ihm in die Reihen seiner Gefolgsleute aufgenommen zu werden, denn bisher konnte er hier noch keinen erkennen, der so aussah, als würde er bereits einem seiner Kollegen dienen. Was nichts heißen musste, denn es konnte gut sein, dass die anderen ein paar Späher „in Zivil“ zum Tor geschickt hatten, um sich einen Überblick über Neuankömmlinge zu verschaffen.

 

„Wohin gehen wir nun, Mr. Riddler?“, fragte einer seiner Handlanger.

 

„Nach oben.“ Edward legte den Kopf in den Nacken und inspizierte die Dächer der Häuser. „Ich brauche einen Überblick.“

 

„Ich denke, damit kann ich dienen, Mr. Nigma.“

 

Edward wandte den Kopf und musterte den Mann, der ihn angesprochen hatte wie einen alten Bekannten, durch zusammengekniffene Augen. Er brauchte einen Moment, um zu erkennen, wen er da vor sich hatte, da sein Gegenüber für gewöhnlich nicht in einen orangenen Overall gekleidet war. „Fine…“, sagte Edward mit leichter Verblüffung. „Was machen Sie denn hier? Sie waren doch nicht in Arkham oder Blackgate.“

 

Der Broker schüttelte missmutig den Kopf. „Das nicht, aber Strange macht seinen Job gründlich, das muss man ihm lassen. Der alte Mistkerl hat mich in der Firma festnehmen lassen. Haben mir nicht mal meine Rechte vorgelesen.“

 

Edward schmunzelte. Er nahm den Stock von der Schulter und stützte sich lässig darauf. „Und was machen Sie hier? Am Tor stehen und auf bekannte Gesichter warten?“

 

„So ziemlich“, gestand Fine und ihm war anzusehen, dass ihm das gar nicht gefiel. Aber im Augenblick hatte Edward die Oberhand, da er nicht nur bewaffnet, sondern auch in muskulöser Begleitung war. „Ich habe immer noch ein paar hübsche Immobilien in dieser Gegend.“ Er musterte Edward eingehend. „Interesse, Mr. Nigma?“

 

„Sie werden es nicht glauben, Mr. Fine, aber ja.“ Der gute alte Broker hatte ihn bereits ein ums andere Mal mit Immobilien versorgt. Der Mann war ebenso korrupt, wie er kriminell war, aber er arbeitete gut und soweit Edward wusste, hatte er noch nie einen Angehörigen aus der Kartei der Superverbrecher über den Tisch gezogen. Edward war bisher jedenfalls stets zufrieden mit Fines Diensten gewesen. „Was halten Sie von einem kleinen Spaziergang?“ Er machte eine ausladende Handbewegung, die die Straße umschloss, die sich vor ihnen erstreckte.

 

„Liebend gern“, meinte Broker und setzte sich gemeinsam mit ihm in Bewegung. Edwards Handlanger schlossen ihn ohne weitere Fragen in ihre Formation ein. Wer mit dem Boss zugange war, wurde automatisch bewacht, sofern nichts anderes befohlen wurde, immerhin musste diese Person wichtig sein.

 

Broker führte Edward die Straße entlang. Sie schwiegen, was Edward nicht sonderlich störte. Er war nicht an Smalltalk mit Fine interessiert, solange der Mann ihm geschäftlich etwas zu bieten hatte. Ihre Schritte hallten in der sonst leeren Straße wieder, die anderen Insassen hatten sie bereits hinter sich gelassen. Das Klacken von Edwards Spazierstock auf dem Asphalt hob sich deutlich vom Klang ihrer Schuhe ab. Er betrachtete die Füße seiner Begleiter. Auch sie trugen schwere Springerstiefel, die nichts mit den weichen Slippern zu tun hatten, die sie ihnen für gewöhnlich in der Anstalt aushändigten.

 

Fine bog in eine enge Seitenstraße ein, die mit einem Auto nicht befahrbar gewesen wäre. Er hielt direkt auf eine baufällige Feuerleiter zu, die mehr schlecht als recht an der Seite eines Hauses hing. Edward war nicht sicher, ob das rostige Ding irgendjemandes Gewicht halten konnte, sagte aber nichts. Wenn man etwas haben wollte, musste man seinen Teil zu dem Schauspiel beitragen. Im Moment bestand sein Teil darin, Broker nicht bereits nach fünf Minuten infrage zu stellen, so gern er es auch täte. Als Fine also einen Fuß auf die Feuerleiter setzte und begann, nach oben zu steigen, folgte Edward ihm mit einem mulmigen Gefühl im Magen, sobald er das erste Knarzen hörte. Er benutzte das fragezeichenförmige Ende seines Stockes, um sich damit am Geländer festzuhalten. Seine Handlanger folgten ihnen auf dem Fuße und er wünschte sich, sie würden die Intelligenz besitzen, etwas Abstand zu halten. Stattdessen rückten sie noch näher zusammen, sodass die Männer die Feuerleiter auf einem Haufen erklommen und mit jedem Schritt beunruhigendere Geräusche ertönen ließen.

 

„Wir sind gleich oben“, informierte ihn Broker, als sie auf der letzten Etage vor dem Dach waren.

 

„Das sehe ich, Fine, danke“, presste Edward hervor, hakte seinen Stock erneut in das Geländer und zog sich weitere drei Stufen nach oben. Gott, wie er es hasste, behandelt zu werden, als könnte er nicht selbst denken. „Wir lassen besser einen der Jungs vorgehen“, fügte er dann geschäftig hinzu.

 

„Nicht notwendig.“ Fine schwang sich ohne abzuwarten die letzte Stufe hinauf und sah sich auf dem  Dach um. „Im Augenblick ist das hier noch neutrales Gebiet und bisher hat keiner von den Großen seine Leute hierher abgestellt.“

 

Edward gesellte sich zu Broker. Auf dem Dach war tatsächlich keine Spur von anderen Menschen zu sehen. Was nicht heißen musste, dass sie nicht da waren. Edward bedeutete seinen Jungs mit einer Handbewegung, auszuschwärmen. Drei von ihnen begannen sofort, jeden Winkel des Daches, der nicht einsehbar war, zu durchsuchen. Der vierte im Bunde baute sich hinter Edward auf, als wäre jeden Augenblick damit zu rechnen, dass jemand vom Himmel fiel und ihn attackierte. Nun, im Grunde war das nicht einmal abwegig, dachte Edward grimmig. Es gab da diese bestimmte, überdimensionale Fledermaus…

 

„Wer ist schon alles hier?“ Es gab keinen Zweifel, dass Strange jeden, den er noch nicht in dieses Loch geschafft hatte, früher oder später auftreiben und hineinwerfen würde. „Von den … Großen, meine ich.“

 

Broker überlegte kurz und begann, an seinen Fingern abzuzählen. „Pinguin, Joker und Quinn, Freeze, Poison Ivy. Das sind die, die aus ihrer Anwesenheit hier keinen Hehl machen. Den Mad Hatter habe ich schon gesehen, hat einen bulligen Kerl in seinen Kaninchenbau geschleppt, verhält sich sonst aber ruhig. Mr. Zsasz. Hat bei mir eine hübsche Immobilie gekauft, Sie sollten sich ranhalten, falls er an mehr interessiert-“

 

„Sparen Sie mir die Marketing-Strategien, Fine. Weiter.“

 

Broker runzelte grübelnd die Stirn. „Ah, ja. Black Mask war hier.“

 

„Was heißt, war hier?“, hakte Edward nach.

 

„Sionis hat es irgendwie geschafft, zu verschwinden. Er hat sich Sprengstoff besorgt und ist durch die Mauer abgehauen.“

 

Edward schnaubte abfällig. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Strange ihn wieder aufgabelt. Die Zeit ist noch nicht reif, diesen Ort wieder zu verlassen.“

 

Broker betrachtete ihn misstrauisch von der Seite, während Edward sich um einen möglichst erhabenen Gesichtsausdruck bemühte. „Was weißt du, Riddler?“, zischte er dann, die Stimme bar jeder kundenfreundlichen Sympathie.

 

„Vorsicht, Broker“, entgegnete Edward. Der Berserker hinter ihm ließ drohend die Knochen knacken und Fine machte mit beschwichtigend erhobenen Händen einen Schritt rückwärts.

 

„Schon gut, Mr. Nigma. Ich bitte um Verzeihung.“ Er zuckte mit den Schultern. „Es ist nur so, dass die Wenigsten hier eine Ahnung haben, was überhaupt gespielt wird.“

 

„Oh, aber natürlich haben sie das nicht“, entgegnete Edward mit einem breiten Lächeln. „Deswegen sind sie mir auch alle vollkommen unterlegen. Genau wie Sie, Fine“, flötete er. „Und nun weiter im Text. Wie sind die Territorien bisher verteilt?“

 

„Joker und Pinguin sind die einzigen, die sich Gebiet gesichert haben. Die anderen begnügen sich mit ihren eigenen Gebäuden und bleiben für sich.“

 

„Wo liegen diese Gebiete?“ Edward wandte zum ersten Mal seine Aufmerksamkeit vollständig von dem Makler ab und ließ den Blick über die Stadt streifen, die sich vor ihm erstreckte. Ganz hinten, hinter den Häusern, konnte er die Bucht sehen und jenseits der Bucht die hell erleuchteten Wolkenkratzer Gothams. Mitten im Wasser lag die Arkham-Insel wie eine bedrohliche, aber verlassene Festung. Sein Blick wanderte weiter nach rechts. In der Ferne blinkten bunte Lichter und- war das ein verdammtes Riesenrad? „Frage: Wohin gehört ein Clown?“

 

„Ins Stahlwerk.“

 

„Falsch, auf den Rummel.“

 

„Nein, Mr. Nigma. Ich meine es ernst. Joker hat sich das Industriegebiet unter den Nagel gerissen und sich mit seinem Herzblatt im Stahlwerk verschanzt.“ Edward hob eine Augenbraue. Was er da hinten sah hatte mehr Ähnlichkeit mit einem Jahrmarkt als mit einem Industrieviertel. „Er und der Pinguin stehen auf Kriegsfuß.“

 

„Nichts Ungewöhnliches.“ Edward grinste. Er konnte sich noch sehr gut an den Abend erinnern, als diese mehr oder minder kleine Fehde begonnen hatte. „Ist es wieder wegen der Kellnerin in der Iceberg Lounge?“

 

Broker rieb sich ratlos den Hinterkopf. „Ich verstehe immer noch nicht, weshalb sie sich so streiten. Es ist doch nur irgendein Mädchen, das Joker angegriffen hat.“

 

„Oswald ist sehr eigen, wenn es um seinen Besitz geht.“ Edward zuckte die Schultern. „Und wo wir gerade dabei sind, wo hat sich der flugunfähige Vogel denn verschanzt?“
 

Broker deutete in die entgegengesetzte Richtung. Edward konnte dort nicht wirklich etwas erspähen, was nach Pinguin aussah, aber das von der Mauer begrenzte Gebiet bog sich um eine Ecke, sodass nicht alles in seinem Blickfeld lag. Er konnte sich allerdings vorstellen, auf was Fine in Luftlinie etwa gezeigt hätte. In dieser Richtung von den Dogs aus lag die Iceberg Lounge. „Er hat sich im Westen das Museum unter den Nagel gerissen. Ich habe mit einem seiner Leute gesprochen, scheint sich irgendeine Kuriositätensammlung einzurichten und fleißig zu rekrutieren.“

 

„Wie immer auf Zack, der gute Oswald“, kommentierte Edward trocken. „Das neutrale Gebiet liegt also direkt zwischen den beiden Streithähnen?“

 

„Japp.“ Broker wackelte bedächtig mit dem Kopf. „Wenn Sie mich fragen ist es nur eine Frage der Zeit, bis der nächste kommt und Gebiet fordert. Dent ist noch nicht hier, aber wenn er erst mal da ist… Er ist ziemlich territorial veranlagt, wer sich auf sein Land verirrt, endet mit einer Kugel im Kopf.“

 

„Viel wahrscheinlicher mit zweien“, berichtigte Edward grinsend. Sein Handlanger lachte brav, während Brokers Miene ernst blieb.

 

„Die Situation ist angespannt, Nigma. Jeder will sein Stück vom Kuchen haben und jeden treiben die unterschiedlichsten Dinge an. Joker ist…“ Die Worte blieben in der kalten Nachtluft zwischen ihnen hängen, als Fine sich nachdenklich in Richtung der blinkenden Lichter drehte. Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Es geht ihm nicht gut.“

 

Das ließ Edward hellhörig werden. Er kannte den Clownprinz des Verbrechens nun schon seit geraumer Zeit und von einem Kerl, der ständig mit einem Dauergrinsen auf den Lippen herumrannte, zu behaupten, es ginge ihm nicht gut, war harter Tobak. „Was, liegt er im Sterben oder wie?“, witzelte er und hätte sich fast an seiner eigenen Atemluft verschluckt, als Broker ernst zu ihm herüberschielte. „Sie machen Witze, Fine.“

 

„Ich fürchte nicht. Ich hab keine Ahnung, was da los ist, aber soweit ich weiß, ist er krank.“

 

„Krank“, wiederholte Edward und rieb sich das stoppelige Kinn. „Krank…“ Er stieß ein Lachen aus, das halb triumphierend, halb bitter war. Wenn Joker krank war, dann konnte es dafür nur einen Grund geben: der Zwischenfall auf Arkham, als Joker Dr. Youngs Titanformel verwendet hatte, um sich selbst zu einem Übermenschen zu machen. Scheinbar war ihm sein kleines Experiment nicht sonderlich gut bekommen.

 

„Es heißt, er würde sterben“, sagte Broker mit einem Hauch von Unsicherheit in der Stimme. Als wisse er nicht, was genau er davon halten sollte. Edward wusste es selbst nicht. Auf der einen Seite war der Clown ein Konkurrent – und ein nerviger noch dazu. Edward konnte sich durchaus eine ruhige, entspannte Welt ohne klappernde Aufziehzähne und irres Gegacker vorstellen. Andererseits waren die anderen Superverbrecher von Gotham für ihn das, was Freunden am nächsten kam. So sehr er auch mit ihnen um die Vormachtstellung und um das Recht, Batman zur Strecke zu bringen, konkurrierte … er fühlte sich ein bisschen seltsam bei dem Gedanken, dass jemand wie der Joker bald nicht mehr da sein würde.

 

„Ach … ach, was“, murmelte Edward und zupfte sein Jackett gerade. „Joker stirbt nicht so einfach. Er findet einen Weg.“

 

„Wie Sie meinen, Mr. Nigma.“ Fine klang kein bisschen überzeugt, was Edward zusätzlich zu denken gab. Wenn die Leute nicht mehr daran glaubten, dass Joker überleben würde, wie schlimm stand es dann wirklich um ihn? Vielleicht war es besser, wenn er Joker aufsuchte, um ihm die letzte Ehre zu erweisen, solang er noch atmete.

 

Broker räusperte sich, als hätte er einen Kloß im Hals. Es war Wahnsinn, wie sehr irgendein Irrer mit buntem Gesicht eine Stadt so nachhaltig prägen konnte, das die Leute ihm nachtrauern würden, obwohl er ihnen nie etwas Gutes getan hatte. „Lassen Sie uns doch über Erfreulicheres sprechen. Was haben Sie vor, Mr. Nigma?“

 

Das zauberte ihm wieder ein Lächeln aufs Gesicht. „Rache an der Fledermaus nehmen. Was sonst?“

 

„Und wie gedenken Sie, das zu tun?“

 

„Ich werde ihm ein paar schöne Rätsel aufgeben, die er nicht beantworten kann. Er wird jämmerlich scheitern, am Boden sein und ich werde ihm diese lächerliche Maske vom Gesicht reißen und ihm in die Augen sehen, wenn ich ihm den Gnadenstoß verpasse.“

 

„Das klingt nach einem Plan…“, entgegnete Broker amüsiert. „Womit kann ich Ihnen dienen?“

 

Edward ließ seinen Blick einmal mehr über die Dächer Arkham Citys schweifen. „Ich brauche Räume an unterschiedlichen Orten in der Stadt. Besitzen Sie auch Immobilien in den Territorien von Joker und Oswald?“

 

„Ja. Aber Sie müssen selbst mit den beiden klären, ob sie die Räume benutzen dürfen.“
 

„Selbstverständlich. Ihre Autorität reicht dafür sowieso nicht aus, Fine.“

 

Broker ignorierte die Spitze und fuhr fort. „Die Immobilien sind in gutem Zustand. Überwiegend alte Lager oder Fertigungsräume. Ein oder zwei sind geflutet, aber wie ich Sie kenne, kommt Ihnen das ganz recht.“

 

Vor seinem inneren Auge sah Edward das Bild des Dark Knights, wie er mit dem Gesicht nach unten im Wasser trieb. „Allerdings. Ich brauche Gebäude, in denen der Strom noch eingeschaltet ist.“

 

„Jawohl.“

 

„Und ich brauche ein … Hauptquartier. Einen gut versteckten Ort, an dem ich meine Zelte aufschlagen kann. Platz für die Jungs sollte auch sein.“ Er machte eine Handbewegung in Richtung seiner Schläger, ohne sie anzusehen.

 

Broker schien kurz zu überlegen, grinste dann breit. „Da hätte ich genau das Richtige für Sie. Sagen Sie, Mr. Nigma, mögen Sie Züge?“

„Ich kreise unaufhörlich, aber ich bin kein Kreisel, ich überblicke alles, aber ich bin kein Wachmann, ich erhelle alles, aber ich bin kein Feuer.“ Edward hatte die Hände lässig hinter dem Kopf verschränkt und saß auf einer Kiste in dem Motorboot, das die Jungs aufgetrieben hatten. Sein geliebter Stock lehnte an seinem Oberschenkel, der kühle Nachtwind zerrte an seiner Kleidung, die Wellen brachten das Boot zum Schaukeln. Er wandte den Kopf zu Peter, dem Handlanger, der sich in der vergangenen Woche als erster Offizier herausgetan hatte. „Was bin ich?“

 

Peters Gesicht nahm einen angestrengten Ausdruck an. „Ich weiß nicht, Mr. Riddler“, sagte er. Peter hatte einen Kopf aus Holz, aber zumindest wurde sein Gehirn durch bedingungslosen Gehorsam ersetzt. Außerdem war er ein Schmeichler, weswegen Edward ihn gern in seiner Nähe hatte. „Was?“

 

Edward deutete auf Jokers Riesenrad, das in der Ferne aufragte. „Ein Riesenrad natürlich, Dumpfbacke.“

 

„Natürlich, Mr. Riddler.“

 

Edward hatte sich gut in Arkham City eingelebt. Er hatte sich einen genaueren Überblick über die Stadt verschafft, kannte die Teile Gothams, die von dem Gefängnis verschluckt worden waren und wusste zumindest von den meisten seiner Verbrecherkumpanen, wo sie sich häuslich eingerichtet hatten.

 

Strange war ebenfalls wachsam. Einer seiner Helikopter hatte bereits die Position seines Versteckes ausfindig gemacht. Edward war schon dreimal aus seinem Unterschlupf gekommen und direkt in einen Scheinwerferkegel getreten. Er kümmerte sich aber nicht weiter darum. Strange hatte ihn sicher nicht auf diese Stadt losgelassen, um ihn nun wieder gefangen zu nehmen. Sollte er doch wissen, wo Edward sich aufhielt. Er hatte nichts dagegen, dem verrückten Doktor einen kleinen Vorsprung zu gönnen, chancenlos wie er gegen ein Genie seines Formates war.

 

„Sind Sie sich sicher, dass Jokers Jungs uns so einfach in sein Gebiet lassen werden?“, fragte Peter mit leichter Besorgnis in der Stimme.

 

„Gut möglich, dass die schießen, bevor sie Fragen stellen…“, gab Adam, der Kräftigste in der Gruppe, zu bedenken.

 

„Das bezweifle ich.“ Edward zuckte desinteressiert die Achseln. Erstens wäre es eine Zumutung, wenn irgendwelche Trottel ihm den Zutritt zu einem Gebiet verwehrten, das er nicht einmal in Besitz nehmen wollte. Und zweitens besaß er keine Hemmungen, Jokers Männer über den Jordan zu schicken, ehe sie die Chance bekamen, ihm eines seiner umwerfenden Haare zu krümmen. „Wenn die Informationen, die ihr gesammelt habt, stimmen, werden die Typen sowieso andere Sorgen haben als meine Befugnis, das Gebiet von ihrem Boss zu betreten.“ Er bedachte die anderen im Boot mit einem hämischen Grinsen. „Was euch angeht, wäre ich mir da nicht so sicher.“ Peter tauschte einen besorgten Blick mit dem Hünen am Steuer, Adam schluckte sichtbar.

 

Die Docks waren ebenso verlassen, wie der Rest der Stadt. Keine Spur von einem Empfangskomitee nach Clown-Art. Edward war ein wenig enttäuscht. Andererseits hatte er seinen Besuch ja auch nicht angekündigt. Sobald das Summen des Motors verhallt war und das Boot ruhig im Wasser lag, erhob Edward sich von seinem gemütlichen Plätzchen und richtete seine Manschetten. Der Wind pfiff so stark durch den Hafen, dass er beim Aussteigen seinen Hut festhalten musste, damit er ihm nicht ins Meer geweht wurde.

 

Peter sprang hastig vom Boot und streckte eine Hand aus, ganz fürsorglich, um sicherzugehen, dass Edward ohne zu schwanken an Land ankam. Er schickte ihm einen giftigen Blick. Edward hatte nichts dagegen, umgarnt zu werden. Aber seine Jungs durften wohl annehmen, dass er fähig war, selbstständig ein Fahrzeug zu verlassen.

 

„Sollen wir das Boot hierlassen?“, fragte Adam. „Vielleicht ist es besser, wenn wir es wieder aufs Wasser fahren. Oder zumindest abdecken-“

 

„Reg dich ab, du Feigling“, lachte Edward. „Die sollen ruhig wissen, dass wir hier sind.“

 

Es dauerte auch gar nicht lang, bis sie es herausfanden. Sie waren kaum hundert Schritte vom Hafenbecken entfernt, da stellten sich ihnen drei Berserker mit hässlichen Clownsfratzen in den Weg, Gewehr bei Fuß. „Hey!“, grölte einer von ihnen und winkte  drohend mit der Waffe. Edward musterte das Ding mit gehobenen Brauen. Wo hatte Joker denn so schweres Geschütz her? Strange verteilte Waffen scheinbar wie Süßigkeiten… „Keinen Schritt weiter oder ich puste euch eure verfickten Schädel von den Köpfen!“

 

Edward versuchte gar nicht erst, sein amüsiertes Kichern zu unterdrücken. Er schob sich an Peter vorbei, der an seiner Seite klebte wie ein Schatten. „Verzeihen Sie die späte Störung, die Herren“, bat er spöttisch und breitete die Arme aus, damit die Männer genau sehen konnten, wem sie da drohten. „Aber ich habe ein Anliegen, dass ich mit eurem Boss besprechen muss.“

 

Er konnte die Augen hinter den Masken nicht sehen, aber er stellte sich vor, wie sie vor Erkenntnis geweitet waren. Der Kerl, der bereits gesprochen hatte, ließ sein Gewehr ein Stück sinken und machte einen Schritt auf sie zu. „Riddler?“

 

„Der einzig wahre“, entgegnete Edward inbrünstig und ließ den Stock einmal in seiner Hand wirbeln. „Sei so gut und richte Joker meine Ankunft aus.“

 

„Ich…“ Die Clowns tauschten einige Blicke, als würden sie versuchen, ein Problem zu diskutieren, ohne ihn daran teilhaben zu lassen. „‘tschuldigen Sie, Riddler, aber der Boss ist zur Zeit…“, er schien nach dem richtigen Wort zu suchen, „…unpässlich.“

 

„Lass das den Boss doch selbst entscheiden, Schwachkopf.“ Das dumpfe Geräusch seines Stockes, der auf den Boden schlug, ertönte, als Edward direkt vor den Handlanger trat. „Was ist mit der Dame des Hauses?“

 

„Naja, also… Harley könnte Sie schon empfangen… Ziemlich sicher, Riddler, sie-“

 

„Warum schwafelst du dann noch?“, mahnte Edward. „Besorg mir eine verdammte Audienz bei deiner Prinzessin des Verbrechens.“

 

Mehr brauchte es nicht, um die Männer zu überzeugen. Während zwei von ihnen weiter auf ihrem Posten verblieben, wurden Edward und seine Jungs vom Wortführer der Gruppe tiefer in das Industriegebiet hineingeführt. Unterwegs stießen sie auf den ein oder anderen Unterling des Jokers, der mit einem Gewehr im Anschlag auf und ab patrollierte. Gründlich waren sie, denn jeder einzelne schlug sofort an wie ein kläffender Wachhund, als er die Fremden erspähte. Was letztendlich dazu führte, dass sich jeder wortreich bei Edward entschuldigte, sobald er ihn erkannte.

 

Kein Wunder, dass er in Hochstimmung war, als Jokers Mann ihm schließlich mit einer einladenden Geste die Tür zum Stahlwerk aufhielt und dabei sogar einen Diener machte, der gar nicht zu so einer grobschlächtigen Gestalt passen wollte. Edward schlenderte wortlos hinein und blickte sich interessiert um. Eine Mischung aus Fertigungsanlage und Vergnügungspark. Nichts womit man nicht rechnen würde, wenn sich ein Clown im Stahlwerk einnistete. In der Ecke entdeckte er eine lebensgroße Gegensprechanlage, die ein groteskes Abbild von Quinn darstellte. Reizend…

 

„Ich rufe Harley“, sagte der Handlanger. Das Gewehr war auf seinen Rücken gewandert. Entweder war er schlau genug, ihm Vertrauen vorzuheucheln, oder blöd genug, es ihm tatsächlich entgegenzubringen. Der Mann schlurfte hinüber zu der Metall-Harley, drückte einen Knopf und zuckte, als eine schrille Stimme erklang. Edward konnte es ihm nicht verübeln, er fuhr selbst ein bisschen zusammen, als das sirenenartige Gequietsche durch den Raum schallte.

 

„Was?! Ich hoffe es ist sehr, sehr wichtig. Ich habe euch gesagt, ich kümmere mich um Mr. J. Keiner darf mich stören, wenn ich mich um Mr. J kümmere!“ Edward kniff die Augen zusammen und betrachtete die Gegensprechanlage. Wenn das sein einziges Pflegepersonal war, würde Joker es nicht mehr lange machen.

 

„H-Harley, es ist Besuch gekommen.“

 

„Oh, wer ist es diesmal?! Wieder irgendwelche Mistkerle, die für meinen Mr. J arbeiten wollen?! Oder irgendein kleiner Fisch, der beschützt werden will?!“

 

Edward räusperte sich verhalten. „Eigentlich ein großer Fisch, der ein paar gute Freunde wiedersehen wollte.“

 

Schweigen. Dann – auf einer Frequenz, die wahrscheinlich nur ein Hund richtig verstehen konnte: „EDDIE!“

 

„Hallo, Harley.“ Er erwischte sich dabei, wie er die Sprechanlage anlächelte.

 

„Ich bin in einer Sekunde bei dir!“, quiekte Harley und hielt ihr Versprechen. Keinen Wimpernschlag später stob sie hinter ihm durch eine weitere Tür und sprang ihm um den Hals. Edward gab ein klägliches Keuchen von sich, als sie ihre schlanken Arme um seine Mitte warf und zudrückte, als versuche sie, ihn aus seinem Anzug zu quetschen. Obwohl sie ihm Schnappatmung verursachte, erwiderte er die Umarmung kurz, bevor er sie an den Schultern von sich schob.

 

„Du siehst gut aus, Harley“, sagte er. Er versuchte nicht, Jokers kleinem Püppchen Honig ums Maul zu schmieren, Harley sah wirklich gut aus. Diese Lederkluft unterstrich nicht nur einige wirklich vorzügliche Vorzüge, sie erinnerte ihn außerdem daran, dass er keine Frau mehr zu Gesicht bekommen hatte, seit er seine letzte Sitzung in Arkham gehabt hatte. Und eine schnöde Ärztin in unförmigem Kittel war nun nicht vergleichbar mit Harley Quinn. Und das obwohl die früher selbst nichts anderes gewesen war. „Da hat man’s, Verbrechen macht sexy…“, murmelte er.

 

Harley grinste begeistert und drehte sich um die eigene Achse wie ein kleines Mädchen in seinem ersten Tutu. „Mein neues Outfit“, erklärte sie. „Heiß, nicht wahr?“ Edward pflichtete ihr mit einem etwas verlegenen Nicken bei. „Nur für Mr. J, natürlich, also komm bloß nicht auf dumme Gedanken, Eddie.“ Sie stemmte die Hände in die Hüften. „Okay?!“

 

„Wo denkst du hin, Harley.“ Er räusperte sich und schielte über die Schulter zu seinen Jungs, die mehr oder weniger erfolgreich ihre begierigen Blicke verbargen. Tja, der Unterschied zwischen ihm und Leuten wie denen war, dass seine Libido nicht sein Leben kontrollierte. Für niedere Triebe blieb glücklicherweise kein Platz, wenn man einen Verstand wie seinen besaß. „Wo ist dein Herzblatt?“, fragte er möglichst beiläufig.

 

Scheinbar nicht beiläufig genug. Er hatte vorgehabt, so zu tun, als wisse er von nichts, um es Harley leichter zu machen, zu lügen. Stattdessen hatte er jedoch von einer Sekunde auf die andere ein schluchzendes Bündel an sich kleben. Harley rieb schniefend das Gesicht an seiner Schulter und er machte sich ernsthafte Gedanken, wie er die dicke Schminkschicht aus seinem Jackett bekommen sollte, wenn es in Arkham City doch keine Waschmaschine gab. Er konnte seine Klamotten schlecht am Meer gegen einen Stein schlagen…

 

„Harley… Ich muss mit Joker sprechen“, sagte er in geschäftsmäßigem Tonfall. Harley wimmerte leise. „Ich brauche etwas von ihm, um mich an Batman zu rächen.“ Ihre kleine Hand krallte sich ärgerlich um seine Krawatte. Sie zog daran, sodass sie Nase an Nase waren.

 

„Du willst dich an Batsy rächen, Eddie?“, fragte sie mit einer Stimme, die überraschend hasserfüllt klang. Stell dich hinten an“, zischte sie und stieß seinen Kopf ruppig zurück. Ihre Wangen waren noch immer von nassen Spuren überzogen, aber ihre Augen schienen vor Wut zu glühen. „Das ist alles seine Schuld. Mein Armer Schatz. Immer muss Batsy alles kaputtmachen! Am liebsten würde ich ihn mit seinem lächerlich unmodischen Cape erwürgen.“

 

„Wer will das nicht“, sagte Edward versöhnlich. Er stützte sich ruhig auf seinen Stock und beobachtete, wie Harley mit geballten Fäusten auf und ab stürmte. Seine Jungs sprangen hastig auseinander, um ihr den Weg freizumachen. „Ich frage dich stellvertretend für deinen Freund, Harley: kann ich auf Jokers Unterstützung bauen?“

 

Harley hielt mitten in ihrer Raserei inne und wandte sich ein wenig verdutzt zu ihm um. „Das musst du Mr. J schon selbst fragen, Eddie.“

 

Er zog fragend eine Augenbraue nach oben. „Ist er in der Verfassung?“

 

„Natürlich“, erwiderte sie voller Überzeugung, doch das Zittern ihrer Unterlippe entging ihm nicht.

 

Edward entschied, Harleys Bedenken zu ignorieren und sich auf das einzulassen, was sie ihm an Zuversicht vorspielte. Vielleicht war da irgendwo tief in ihm eine gewisse menschliche Regung, die möglicherweise Mitleid sein konnte. Aber im Augenblick gab es wichtigere Dinge. Rache. Rätsel. Unbegrenzter Zugang zu Jokers Gebiet. „Nach dir, Harley.“

 

Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht – ohne Zweifel, um vor ihrem Liebsten nicht schwach zu erscheinen – und führte ihn tiefer in die Eingeweide des Stahlwerkes hinein. Edward blickte sich aufmerksam um, während er ihr folgte, versuchte, sich den Grundriss der Anlage vorzustellen, und spähte nach geeigneten Verstecken, an denen man eine Falle oder eine Trophäe platzieren konnte.

 

Harley brachte ihn in das ehemalige Büro der Werkleitung, in dem sie sich mit ihrem Clownprinzen eingerichtet hatte.

 

Joker sah gar nicht gut aus und diesmal gab er sich keine Mühe, das Gefühl in seiner Magengrube kleinzureden. Als Joker sich zu ihm umdrehte, rauschte eine Welle von Sorge durch ihn hindurch. Krank. Nicht mehr und nicht weniger; ungesund, fahl, wund und krank. Was würde passieren, wenn Joker weg war? Tot… Wie würde die Verbrecherwelt damit umgehen? Wie würden Oswald und Harv und Ivy und er selbst und all die anderen reagieren? Würden sie es schaffen, zusammenzuhalten und eine Lücke zu füllen, die kaum zu füllen war? Oder – und das war sehr viel wahrscheinlicher – würden sie sich gegenseitig die Köpfe einschlagen; nicht, weil es etwas nutzte, sondern schlichtweg weil es einen Anlass dazu gab?

 

Edward hielt einem langen Blick mit Joker stand, der ihn bis über beide Ohren angrinste, ehe er den Kontakt abbrach und stattdessen das Büro musterte. Blinkende Pfeile auf dem Boden, einige medizinische Geräte in der Ecke. Kein Arzt in Sicht. Versuchte Joker, sich selbst zu verarzten? „Du siehst beschissen aus, Joker.“

 

„Wenn ich ein Gesicht wie du hätte, wäre ich mit solchen Behauptungen vorsichtig, Eddie“, gackerte der Joker. Edward verdrehte die Augen und schob ein altmodisches Schnurtelefon hin und her, das auf einem der Schreibtische stand. „Was verschafft mir die Ehre, Puzzleprinz?“

 

„Er sagt, er braucht Hilfe, um gegen Batman anzukommen, Mr. J“, sprudelte Harley sofort los und hängte sich an Jokers Arm.

 

„Ich habe nie gesagt, dass ich ohne Hilfe nicht gegen ihn ankommen würde“, presste Edward hervor. So unterhaltsam Harley auch sein konnte, es wäre ihm lieber, Joker schickte seine Gespielin hinaus und sie konnten das unter vier Augen klären.

 

„Und trotzdem bist du hier, Eds“, erinnerte Joker ihn selbstgefällig.

 

„Mh-hm“, machte Harley langgezogen, schlang einen Arm um Jokers Hüfte und schob ihre Hand in seine Hosentasche. Joker pflückte sie ruppig heraus und stieß Harley zur Seite.

 

„Ich bitte nicht um Hilfe.“ Edward lehnte sich gegenüber von Joker gegen einen Tisch und faltete die Hände über seinem Stock. Seinen Daumen zog beinahe zärtlich die Konturen des Fragezeichens nach. „Ich brauche eine … Erlaubnis.“

 

„Du gibst also zu, dass ich in der Position bin, dir etwas zu verbieten?“, bemerkte Joker feixend.

 

„Ich gebe zu, dass du in der Position bist, einen meiner Jungs zu erschießen, wenn er dein Gebiet betritt“, schnappte Edward. „Ich respektiere anderer Leute Territorium.“

 

„Meistens jedenfalls…“, flüsterte Harley laut genug, dass jeder es hörte. Joker tätschelte ihr zur Belohnung den Kopf.

 

„Ja … meistens“, lenkte Edward ein. „Um ehrlich zu sein interessiert es mich keinen Deut, was ihr hier in Arkham City zu schaffen habt. Ich habe nicht vor, euch in die Quere zu kommen. Und ich erwarte, dass ihr es genauso mit mir haltet.“

 

„Mit dir?“ Joker gab ein schrilles Lachen von sich. „Welche großen Pläne hast du denn, Eddie?“

 

„Ja, Eddie. Du hast kein Gebiet, nicht viele Männer, soweit ich gesehen habe keine Waffen, kein-“

 

„Danke, Harl. Mach ihn nicht gleich völlig nieder.“

 

„Ich habe Informationen“, sagte Edward ungehalten. Er machte eine wütende Geste in die Luft. „Ich weiß so einiges, was hier vor geht.“

 

„Das will ich hoffen.“ Joker lächelte mitleidig. „Sonst bleibt dir ja nichts.“

 

„Okay, könnten wir den verbalen Pisswettbewerb kurz ruhen lassen und zum Thema kommen?“, brummte Edward genervt. „Alles, was ich will, ist deine Erlaubnis, einige Rätsel in deinem Gebiet zu verteilen und ein oder zwei Räume zu nutzen, die Broker mir verschafft.“

 

„Fine?“

 

„Ebender.“

 

Joker bedachte ihn mit einem nachdenklichen Blick, der vor allem durch die offenen Stellen seiner Gesichtshaut bedrohlich wirkte. Edward konnte nicht einschätzen, ob der Clown nur gefährlich spielte oder tatsächlich eine Bedrohung für ihn darstellte, doch er bewegte seinen Zeigefinger ein Stückchen weiter nach rechts, sodass er auf dem unscheinbaren Knopf zum Liegen kam, der die versteckte Klinge in seinem Stock herausschnellen ließ.

 

Seine Vorsicht erwies sich zumindest für den Moment jedoch als unbegründet. Joker schüttelte grinsend den Kopf und zuckte die Achseln. „Was soll’s? Man soll einem Kind ja nicht den Zucker verbieten.“ Das ergab so wenig Sinn, dass sogar Harley die Stirn runzelte. „Bau deine Spielzeuge ruhig auf, Eddielein.“

 

„Gut. Meine Jungs werden sich sobald wie möglich an die Arbeit machen.“

 

„Erwarte nicht, dass meine mit anpacken.“

 

„Gott bewahre. Ich verabscheue Pfuscher.“

 

Joker lachte erfreut. „Weißt du, Eddie, eigentlich kommst du mir ganz gelegen. Wird wohl nicht mehr lange dauern, bis Batsy sich hier blicken lässt, um Stranges Müll wegzuräumen. Und so gerne ich auch mit ihm spielen würde-“ Joker hustete lautstark in seine Hand und ließ sie sofort in die Hosentasche gleiten. Edward hätte seinen Hut darauf gewettet, dass Blut an seinem fleckigen Handschuh klebte. „Momentan sieht es ein bisschen schlecht aus und es ist ganz gut, wenn er unterwegs beschäftigt wird.“

 

„Ich glaube nicht, dass du dir große Sorgen machen musst, was das angeht.“ Edward stieß sich von dem Tisch ab und schlenderte hinüber zu einem der dreckigen Fenster. Dahinter erstreckte sich das Industriegebiet, das noch weiter entfernt in die Amüsiermeile überging. Sogar einen Teil der Mauer, die sie alle hier festhielt, konnte er sehen. „Wir beide sind immerhin nicht die einzigen, die hier sind. Und jeder hier hat irgendein Hühnchen mit der fliegenden Ratte zu rupfen.“

 

„Und jeder beansprucht den ersten Platz in der Reihe für sich“, fügte Joker belustigt hinzu. Edward musste sich nicht umdrehen, um das Grinsen in seiner Stimme zu hören. „Du doch auch, stimmt’s oder hab ich Recht?“

 

Edward ließ sich zu einem schiefen Lächeln hinreißen. „Natürlich hast du Recht. Der Unterschied zwischen mir und“, er deutete abfällig aus dem Fenster, „denen ist, dass ich derjenige sein werde, der diese Rache bekommt. Bildet euch einfach ein, ich würde es stellvertretend für euch alle tun.“

 

„Pah…“, kam es von Harley, die sich anscheinend zu langweilen begann. „Manchmal bist du so arrogant, Eddie.“

 

„Da kann man der Dame“ – ein Husten – „nur beipflichten. Also, was ist jetzt?“

 

Edward wandte sich wieder zu seinen Kameraden um. Tja, was jetzt? Er musste seine Jungs mobilisieren. Die nächsten Tage würden sie damit verbringen, im ersten Gebiet Fallen aufzustellen. Broker musste ihm die ersten Räume zeigen, damit er ein Konzept ausarbeiten konnte. Er brauchte mehr Handlanger, damit alles schneller und reibungsloser vonstattengehen konnte. Es war notwendig, sich genauer umzuschauen, herauszufinden, was es in der Stadt gab, damit er seine Rätsel schreiben konnte. Er- „HEY!“

 

Edward zuckte zusammen, als Harley direkt vor seinem Gesicht in die Hände klatschte. „Erde an Riddler“, nölte sie. Er blinzelte kurz, dann verdrehte er die Augen. Manchmal beneidete er Joker. Was auch immer er mit Harley hatte, es war definitiv ungesund, aber es war immerhin etwas. Und dann kamen Augenblicke wie diese und er war heilfroh, dass er nicht derjenige war, der sich Harleen Quinzell damals angelacht hatte. (Und es bestand kein Zweifel, dass sie sich sofort in ihn verliebt hätte, wäre sie seine Ärztin gewesen.) „Träumst du?“

 

„Ich denke nach“, berichtigte Edward. Er zupfte leicht pikiert an seinem Jackett. „Übrigens, J…“

 

„Für dich immer noch Joker“, murrte Harley.

 

„Wie kann ich dienen, Eds?“ Jokers spöttisches Grinsen strafte die Worte Lügen.

 

Edward blickte sich um und kratzte sich nachdenklich im Nacken. „Das ist doch ein Stahlwerk…“

 

Joker zog eine Augenbraue nach oben. „Und die Leute sagen, Harley wäre doof.“ Seine Freundin verschränkte schmollend die Arme vor der Brust. „Ja, du Blitzmerker, das ist ein Stahlwerk.“

 

„Also gibt es hier … Stahl?“

 

„Wie gesagt, Eddie, es ist ein Stahlwerk.“

 

Edward verdrehte genervt die Augen. „Und benötigst du diesen Stahl für irgendwas? Und wo wir schon dabei sind: was ist mit anderem Baumaterial, dass sich hier im Industriegebiet finden lässt? Und Werkzeug? Und-“

 

„Nicht so gierig, Eddie“, unterbrach Joker mit einem hämischen Lachen. Du weißt, dass alles zu einem Preis kommt.“

 

„Einem sehr hohen, wenn man mit dir verhandelt, ja“, stöhnte Edward. „Aber könnten wir nicht eine Ausnahme machen? Es wird dir nicht wehtun, mir zu überlassen, was dir gar nicht gehört, Joker. Komm schon.“ Edward versuchte sich an seinem besten Dackelblick, der zwar Harley verzückt die Hände zusammenschlagen ließ, bei Joker jedoch keine Regung hervorrief. „Für einen alten Freund?“

 

Joker schüttelte grinsend den Kopf. „Weißt du was? Du bekommst, was du brauchst. Und weißt du auch wieso?“

 

„Ich fürchte, das wirst du mir gleich sagen…“

 

Joker kam fröhlich zu ihm herübergehüpft und beugte sich ein Stück nach unten, sodass seine Nase die von Edward beinahe berührte. Edward konnte den leicht fauligen Atem seines Gegenübers riechen und die nässenden Wunden in seinem Gesicht glitzern sehen. Joker bleckte auf raubtierhafte Weise die Zähne. „Ich lasse dich tüfteln und werkeln und dann, wenn du es geschafft hast, werde ich dir Bats vor der Nase wegschnappen und mich daran erfreuen, wie du allein mit deinem fruchtlosen Werk zurückbleibst.“

 

„Ja. Oder du wirst zusehen, wie ich erreiche, was ich will, und dich ärgern, dass du keinen höheren Preis als dein eigenes Vergnügen gefordert hast.“
 

„Aber, Eddie! Vergnügen ist das Höchste, was es gibt!“ Joker stieß eine Salve irren Gekichers aus, direkt in Edwards Gesicht, und brachte ihn dazu, sich angewidert abzuwenden.

 

„Wie. Auch. Immer“, presste Edward hervor. „Kann ich den Kram sehen?“

 

Joker und Harley tauschten einen Blick und mit einer Miene, die von tiefster Zuneigung zeugte, drückte Harley ihrem Liebsten die Schulter. „Ruh du dich mal aus, Schatz. Ich zeige Eddie den blöden Stahl.“

 

„Das ist mein Mädchen!“

 

Edward wandte sich schnell von den beiden ab. Wie es aussah, wenn die beiden irren Clowns Zärtlichkeiten austauschten, war eine Vorstellung, die er lieber seiner Fantasie überließ, anstatt sie sich anzusehen. Vor allem da er wusste, wie Joker „sein Mädchen“ für gewöhnlich durch die Gegend prügelte. Er widmete seine Aufmerksamkeit also einer lebensgroßen Puppe, die – gemessen an dem knappen Outfit in charakteristischen Farben – wohl Harley darstellen sollte. Sie hatte keinen Kopf… „Interessante Deko“, murmelte er.

 

Harley quietschte ein verlegenes „Damit mein Schatzi mich immer bei sich hat“. Edward schaute gerade lang genug hin, um zu sehen, wie sie Joker die Arme um den Körper legte und sein Becken in den Schwitzkasten nahm. Wahrscheinlich hatte Joker den Kopf der Puppe persönlich abgetrennt, um das Gesicht der kleinen Klette nicht auch dann noch sehen zu müssen, wenn sie gar nicht im Raum war. Er ließ den Blick über die Wand hinter der Puppe gleiten. Eine übergroße Fotografie von Joker, übersät mit schmierigen, roten Küssen. Ah, ja…

 

„Können … können wir jetzt gehen?“, fragte er über die Schulter. Harley war soeben dazu übergegangen, ihren Kopf an Jokers Brust zu reiben wie ein schnurrendes Kätzchen. Apropos. Er fragte sich, ob Selina bereits ihren Weg nach Arkham City gefunden hatte.

 

Quinn zog einen Schmollmund, aber sie löste sich von Joker und kam mit federnden Schritten zu ihm. „Dann mal los, Eddie. Schnapp dir dein Stöckchen und ab geht’s!“

 

„Das ist kein Stöckchen…“, grunzte Edward und bedeutete ihr, voranzugehen.

 

Harley führte ihn erneut quer durch das Stahlwerk. Er hielt die Augen offen, versuchte sich die Räume einzuprägen. Um Rätsel anbringen zu können. Und für den Fall, dass er irgendwann einmal schnell von hier verschwinden musste. Was gar nicht mal so unwahrscheinlich war, denn Joker hatte seine ganz eigene Denkweise. Es war anzunehmen, dass er seine Meinung völlig grundlos ändern würde. Oder aber er hatte bereits einen Grund, es in naher Zukunft zu tun, wer konnte das schon sagen.

 

Edward musste sich eingestehen, dass Joker dem Stahlwerk tatsächlich seine ganz eigene, persönliche Note verliehen hatte. In seinem eigenen Unterschlupf sah es noch nicht sonderlich nach ihm aus. Allerdings legte er auch keinen gesonderten Wert darauf, dass jeder Hornochse sofort den Eingang zu seinem Heiligtum fand. Trotzdem… Die bunten Lichter, übertriebenen Joker-Köpfe und Schmierereien hatten ihren ganz eigenen Flair.

 

Er runzelte die Stirn. Eine Idee begann sich in seinem Kopf zu formen. Sein Versteck sollte natürlich unscheinbar bleiben, aber hatte er nicht ohnehin vor, seine Zeichen überall in der Gefängnisstadt zu verstreuen? Warum das Ganze nicht etwas pompöser? Hier und da ein kleiner, hübsch ausgestalteter Schrein seiner Großartigkeit und irgendwo an einem zentralen Punkt ein aufragendes Monument mit seinem Namen darauf. Ja. Das klang doch sehr vielversprechend.

 

Er räusperte sich gespielt beiläufig. „Sag mal, Harley…“ Sie drehte ihm den Kopf zu, ihre Zöpfe wippten dabei um ihr Gesicht. „Was ist eigentlich mit der Kirche?“

 

„Ich bin nicht religiös, Eddie.“

 

Die Art, wie sie ihren Mister J anbetete sprach zwar eindeutig gegen diese Aussage, doch Edward ging nicht weiter darauf ein. „Nein, ich meine die Kirche hier in Arkham. Eigentlich Niemandsland, oder?“

 

„Mmhh… Mehr oder weniger. Keiner von uns jedenfalls, aber die Ärzte haben sich da ein Lager eingerichtet.“ Sie zuckte die Achseln. „Ich war mit Mr. J ein paar Mal dort, um welche von denen … auszuborgen. Wir haben eine hier, willst du sie kennenlernen?“ Harley grinste bis über beide Ohren, als wäre es die grandioseste Idee aller Zeiten, ihn mit irgendeiner von Strange abgestellten Medizinerin bekannt zu machen.

 

„Um ehrlich zu sein interessiere ich mich eher für das Gebäude als für die Leute darin.“

 

Harley verengte die Augen. „Vorsicht, Eddie. Ich dachte, du willst uns kein Gebiet streitig machen?“

 

„Harley. Das ist nicht euer Gebiet.“

 

Noch nicht.“

 

Er hob beschwichtigend die Hände. „Schon gut, Harley. Ich will mich in den Mist nicht einmischen. Abgesehen davon hatte ich für eine Weile genug mit Strange zu tun.“ Er sah dabei zu, wie Harley beschwingt über ein Geländer hüpfte und nahm anschließend die zugehörige Treppe. „Wie seid ihr übrigens hier gelandet?“

 

„Gestrandet wohl eher“, nuschelte Harley. „Ist eine ziemlich lange Geschichte. Jedenfalls sind wir nicht wegen Strange hier.“

 

„Aha.“ Das warf eigentlich mehr Fragen auf, als es beantwortete, aber Edward beschlich die leise Ahnung, dass Harley wieder in Tränen ausbrechen würde, wenn er genauer nachbohrte, was sie und ihren Schatzi an diesen unheilvollen Ort geführt hatte. Und das war so ziemlich das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte.

 

Harley zeigte ihm verschiedene Hallen des Stahlwerkes, in denen es Baumaterialien zu holen gab. Und nicht nur das. Ohne es zu wissen, präsentierte sie ihm eine unglaubliche Auswahl an Antworten. Antworten auf Rätsel, die nur darauf warteten, von ihm entworfen zu werden. Jokers Trickkiste, ein hübsches Plakat von Boyle Cryogenics, Harleys Hammer. Keine Spur von ihren „Babys“, diesen sabbernden Plagen, die sie so anbetete. Edward fragte sich, was mit den Tieren passiert war, seit sie und Joker inhaftiert waren.

 

Der ersten Überraschung begegneten sie in der Schmelzkammer, in die Harley ihn eigentlich nur führte, um ihm einige Vorräte an leuchtend grüner Farbe zu zeigen, die dort gelagert wurden. Bemerkenswerterweise war es sogar ihr eigener Einfall, dass Edward die Farbe sicherlich gut gebrauchen könne. Scheinbar hatten Joker und seine Jungs sie benutzt, um grinsende Clownsfratzen an Wände zu schmieren und Jahrmarktkulissen für das Industriegebiet zu bemalen. Alle durfte er nicht haben, aber Harley versicherte mit einem koketten Augenzwinkern, dass er sich ruhig ein paar der Farbtöpfe nehmen könne, immerhin steckten sie alle im selben Boot und er sei schließlich ein „lieber Freund“. Er suchte nach einem Hintergedanken, fand aber keinen. Möglicherweise erlebte er gerade einen seltenen Moment von Großzügigkeit unter Schwerverbrechern.

 

Die eigentliche Überraschung bestand jedoch in der Ärztin, die in einem der Büros an einen Stuhl gefesselt war und… Du liebe Güte, er hätte nicht erwartet, dass Harley ihr Diplom überhaupt aufgehoben hatte. Machte sie sich eigentlich Vorwürfe, weil sie selbst ihrem Liebsten trotz ihrer medizinischen Grundausbildung nicht helfen konnte? Jemand wie Jonathan würde sich sicher eingehender damit beschäftigen…

 

Neben der Frau Doktor stand ein riesenhafter Kerl ohne Shirt und linken Arm. Dafür hatte er einen beeindruckenden Hammer in seiner verbliebenen Hand. Er war eifrig dabei, die zitternde und flehende Ärztin anzubrüllen. Die Dame sah nicht so aus, als wäre sie noch dazu im Stande, irgendjemanden zu kurieren, geschweige denn den Joker höchstpersönlich.

 

Edward betrachtete den Mann eine Weile. Er wusste wen er vor sich hatte. Jedenfalls zur Hälfte. Er konnte sich nie merken, welcher der beiden welcher war. „Abramovici“, sagte er schließlich mit einem Nicken.

 

„Riddler“, kam die Antwort, gefolgt von einem Klatschen, als Abramovici der Ärztin einen Hieb mit dem Griff des Hammers verpasste, ohne sie überhaupt anzusehen.

 

Edward sah zu, wie die Frau sich wimmernd in ihren Fesseln wand. Er wartete, bis ihr schmerzerfülltes Gemaule etwas abgeebbt war, ehe er wieder das Wort ergriff. „Immer wieder überraschend, wer einem hier so über den Weg läuft. Wie geht’s deinem Bruderherz?“ Aus einem unerfindlichen Grund schien das nicht das beste Gesprächsthema zu sein, denn er erntete von Abramovici nur einen äußerst angesäuerten Blick, die Ärztin bekam einen Schlag mit noch mehr Schwung und Harley schürzte die Lippen und schüttelte langsam den Kopf, als versuchte sie ihm zu vermitteln, dass er die Thematik ruhen lassen sollte.

 

Edward kam der stummen Aufforderung nach. Er konnte sich seinen Teil denken. So viele Möglichkeiten gab es ja nicht: Entweder war der Sichelschwinger auf freiem Fuß, tot oder – noch schlimmer – arbeitete für einen der anderen Superverbrecher, was ihn automatisch zum Konkurrenten seines Bruders machte. Edward war zwar der Meinung, dass Abramovici einer Persönlichkeit wie ihm etwas mehr Aufmerksamkeit schuldig war, doch er würde diese nicht einfordern. Zumindest nicht, wenn der Mann gereizt war und seinen Hammer bei sich hatte.

 

Harley räusperte sich hörbar und drückte ihm aus dem Nichts heraus einen Farbeimer in die Hand. „Ist das okay?“

 

Edward musterte das kleine Rinnsal getrockneter, neongrüner Farbe an der Seite des Topfes. „Das ist genau richtig, Harley, danke.“ Er stellte den Eimer auf eine Arbeitsfläche. Die Ärztin schrie beim Klang des dumpfen Geräusches laut auf. „Dann habe ich soweit alles gesehen?“

 

Harley breitete die Arme aus. „Unser gesamtes, lauschiges Heim. Naja. Vielleicht nicht das gesamte. Du warst nicht in unserem Schlafzimmer.“ Er würde sich eher den Schmelzofen von innen ansehen als einen Fuß in den Raum zu setzen, in dem Joker und Harley… Wie auch immer! „Und jetzt?“

 

„Ich gehe zurück zu meinen Jungs, damit sie anfangen können, das Zeug zu uns zu schaffen. Begleitest du mich?“

 

„Hm…“ Harley scharrte etwas auffällig mit den Füßen. „Wie … wie lange willst du denn-“

 

„Du kannst ruhig zu Joker zurückgehen, wenn du möchtest.“ Sie machte den Mund auf, als würden ihr die Regeln der Gastfreundschaft gebieten, dass sie zumindest so tat, als würde sie protestieren. Allerdings überlegte sie es sich keine Sekunde später anders und nickte eifrig. „Das ist ganz lieb von dir, Eddie, du weißt schon, ich will den armen Mr. J nicht so lang allein lassen, vielleicht braucht er mich“, quasselte sie und sprang auf ihn zu, um ihm wieder einmal die Luft abzudrücken. Dass sie dabei die für eine Umarmung angemessene Zeit überschritt und einfach an ihm kleben blieb, war ein mehr als deutliches Zeichen, dass sie nicht so fröhlich war, wie sie zu wirken versuchte. „Oh, Eddie! Es ist alles so schrecklich!“

 

Edward schickte einen hilfesuchenden Blick zu Abramovici, der ihn ebenso verwirrt erwiderte und die Achseln zuckte. Die Ärztin betrachtete die Szenerie mit schreckgeweiteten Augen. Scheinbar rechnete die Zivilbevölkerung Gothams nicht damit, dass sogar Kriminelle Sorgen hatten. „Ähm… Harley. Äh.“ Er ließ seine freie Hand über ihrem Rücken schweben und versuchte einen geeigneten Punkt zu finden, um sie abzulegen. Er wollte nicht riskieren, dass sie Joker erzählte, er habe sie betatscht.

 

„Du bist der erste von uns, mit dem wir überhaupt reden können“, heulte Harley in seine Schulter. Er war dazu übergegangen, sie ungeschickt zwischen den Schulterblättern zu tätscheln. Wenn Joker das herausfand, würde er ihn sofort vor die Tür setzen… „Überall nur minderbemittelte Handlanger und all unsere Freunde haben eigene Sorgen.“ Harley zog hörbar die Nase hoch und er machte sich ernsthafte Sorgen um sein Jackett. Abramovici und die Ärztin hatten ihre kleine Auseinandersetzung für einen Moment vergessen und starrten das Schauspiel mit großen Augen an. „Nicht mal Ivy ist da! Red ist sauer auf Mr. J wegen der Sache in Arkham und wir können nur reden, wenn ich zu ihr komme. Aber ich kann doch nicht weg von Mr. J!“

 

Er wartete geduldig, ob noch mehr folgen würde, aber Harley schniefte nur vor sich hin, bis sie sich schließlich von ihm löste. Sie wischte sich fahrig über die Wangen, um die Spuren ihrer Tränen zu beseitigen. „Entschuldige, Eddie…“, murmelte sie beschämt. Sie fuhr zu Abramovici herum. „Was gaffst du denn so, Mr. Hammer?“ Der Einarmige widmete sich ohne zu Murren wieder der Ärztin und Harley gab Edward einen raschen Abschiedskuss auf die Wange. „Wir sehen uns, hm?“

 

„Sicher“, sagte er eilig. Eigentlich wollte er nur so schnell wie möglich weg von Harley und ihrer unberechenbaren Emotionalität. Er glaubte kaum, dass Harley den Platz ihres Geliebten einnehmen konnte, wenn der erst einmal das Zeitliche gesegnet hatte. Wahrscheinlich würde sie vollkommen zerbrechen. Edward musste sich eingestehen, dass er das gewissermaßen bedauerte. Vor allem wollte er aber nicht derjenige sein, zu dem sie dann gerannt kam, wenn es so weit war. Er hatte beileibe andere Probleme. Eine dumme Nuss wie Harley würde ihn bei seinen Plänen nur aufhalten. „Ich geh dann mal.“ Er tippte zum Abschied an die Krempe seines Hutes und nahm den Farbeimer mit. Er trat aus dem Büro heraus in die mit Lichtern und Clownsgesichtern geschmückte Schmelzkammer. „Lass dich von den Veränderungen nicht runterziehen, Harley.“
 

Und dann bescherte ihm Harley die zweite Überraschung, als sie mit verblüffend gefasster Stimme entgegnete: „Tja… Je mehr sich die Dinge verändern, desto mehr bleiben sie sich gleich, nicht wahr?“

 

Er warf einen verblüfften Blick über die Schulter, zurück in den kleinen Raum und auch als er seine Unterlinge gefunden hatte, die mit einigen von Jokers Lakaien um einen Tisch saßen und pokerten, bewahrte er sich diese gar nicht mal so dummen Worte. Harley hatte doch Recht – zumindest ein bisschen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  Sherlysoka
2014-03-18T16:53:21+00:00 18.03.2014 17:53
Ohhh ist das genial! *-*
Warum sind denn hier nur keine kommis?
Meiner Meinung nach gibt es eh zu wenig DC-Kram auf Mexx :/
Du hast auf jedenfall die Atmosphäre des Spiels wunderbar wiedergegeben! Auch die Beziehung zwischen Joker und Harley ist wunderbar dargestellt.
Das ganze aus der Perspektive des Riddlers zu schreiben ist mehr als geschickt! ;D
Ich feier deinen Schreibstil& hoffe auf mehr!
LG, Roxy ^^
Antwort von:  PunkinPie
18.03.2014 17:57
Erster Kommentar und nur Lob! *Freudentanz*
Vielen lieben Dank - und ich trage mit Vergnügen dazu bei, mehr DC an den Mann zu bringen ^-^


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