Story between Worlds von FeelLikeParadise (Samael und Aurelia) ================================================================================ Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- „Was sind das für Träume? Woher kommen sie?“, fragte Elijah, während sie bei hellstem Mondschein durch den Wald liefen. Die Temperatur war in den letzten Stunden deutlich gesunken, sodass schon erster Frost auf den Blättern zu sehen war. Dichter Nebel hatte sich breit gemacht, hing zwischen den Zweigen der Sträucher fest, wanderte langsam die Bäume hinauf. Eine leichte Brise strich durch die Gräser und zerrte an den Haaren von Aurelia, die sie vorhin zu einem lockeren Knoten zusammen gebunden hatte. Sie liefen jetzt seit etwa einer halben Stunde durch den Wald, in der sie Elijah von ihrem Traum erzählt hatte: Die überdimensionale Halle, dem grünen Baum, der eigentlich viel zu riesig gewesen war, dem hell leuchtenden Lichtstrahl, der die breite Baumkrone beleuchtete (und realistisch gesehen eigentlich gar nicht da sein konnte, doch was war an diesem Traum schon normal gewesen?) , sowie von dem jungen Mann mit den Höllenfeuer farbigen Augen. Lange Zeit war Elijah still gewesen und hatte darauf nichts gesagt. Bis jetzt: „Ich weiß es nicht, wirklich nicht. Weder der Ort, noch den Typen von dem ich dir berichtet habe, war mir bekannt. Mehr kann ich dazu nicht sagen, aber es macht mich verdammt unruhig“, antwortete sie ihm. Das Licht seiner LED- Taschenlampe, die er mitgenommen hatte, streifte die Pflanzen am Wegesrand, zeigte ihnen den Weg, der immer schmaler wurde und hinter einem wuchtigen Baum um die Ecke verschwand. „Nun, ich bin zwar keiner der sich mit Träume auskennt und habe auch keinerlei Ahnung was dir, was das anbelangt, helfen könnte . Außerdem denke ich das man nicht alles was man in seinen Träumen sieht oder im Inbegriff zu tun ist auf die Goldwaage legen sollte, aber sie hören sich dennoch nicht ganz ungefährlich an und du solltest Acht geben...naja, soweit man Träume als „gefährlich“ beschreiben könnte. Vielleicht war es aber auch der Stress mit Dad, wenn man an heute Nachmittag denkt“. Aurelia kam das wie ein Widerspruch vor. Einerseits sollte sie Acht geben, andererseits den Traum nicht zu ernst nehmen. „Wenn es sich nicht so seltsam komisch anfühlen würde, würde ich dir ja sofort recht geben, aber-“. Ein schmerzerfüllter Schrei durchschnitt die Ruhe der Nacht, unterbrach Aurelia mitten im Satz. Erschrocken fuhr sie hoch und auch Elijah konnte seine Verwunderung nicht verstecken. Forschend schwang er die Taschenlampe von links nach rechts und wieder zurück. Die tiefe Schwärze machte es ihnen schwer überhaupt etwas zu erkennen und als der Nebel wie durch Geisterhand noch dichter wurde und auf sie zukam war es schließlich unmöglich noch irgendetwas in der Dunkelheit zu erkennen. Aurelia sah die Hand vor Augen nicht mehr und als ihr Herzschlag sich einigermaßen wieder beruhigt hatte, sagte sie mehr, als fragte: „Was war das denn?!“ „Ich weiß es nicht. Es klang aber auf keinen Fall nach einem Tier aus dieser Umgebung. Irgendetwas ist auf unserem Territorium passiert und es ist nicht weit weg". Erneut ertönte ein qualvoller Schrei, doch dieses mal deutlich tiefer,sodass sich ihre Nackenhaare aufstellten. Elijah drehte sich zu seiner zwei Jahre jüngeren Schwester um. Seine Augen waren ganz dunkel und ließen den weißen Schimmer des Mondes, der sich in ihnen reflektierte, besonders hervorstechen. Aurelia erinnerten sie immer an ein hell leuchtendes Licht am Ende des Ganges, auf das man zusteuern konnte und wenn man angekommen war von einer Woge der Wärme und Zuneigung umhüllt wurde, nur das die Woge seine Arme waren, die ihr so vertraut wie ihre eigenen waren. „Warte hier.“,waren seine einzigen Worte bevor er sich zum gehen abwandte und somit erste Anzeichen von Wut in ihr weckte. 'Warum meint er in solchen Momenten seine Rolle als großer Bruder besonders heraushängen zu müssen?' „ELIJAH! Hör auf-,“ doch anscheinend sollte sie ihren Satz nicht zu Ende bringen, da in diesem Augenblick ein tiefes Dröhnen zu hören war und kurz darauf ein gewaltiger Körper mit riesigen Fangarmen aus dem Dunklen schoss, geradewegs auf Aurelia und Elijah zu. Sie konnte zwar nicht viel erkennen, nur den Kopf und die Umrisse der Tentakeln, die an ihm hafteten, aber sich trotzdem so erschrak, das sie in Schockstarre stehen blieb. Ihre Augen weiteten sich, der Pulsschlag schoss in die Höhe, unfähig noch den lebensrettenden Schritt zur Seite zu machen. Mit lautem Gebrüll kam er immer näher auf sie zu, doch als er in einer winzigen Sekunde durch das Mondlicht raste, erhaschte Aurelia einen Blick auf seine Augen. Sie waren nicht auf sie gerichtet, zumindest glaubte sie das. Doch ehe sie sich versah warf sie ein heftiger Stoß zur Seite, betäubte sie und schickte sie in das kalte Nichts. Aurelia wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, doch es konnte sich nur um Sekunden gehandelt haben, als sie unsanft mit dem Rücken auf dem Efeu bewachsenen Boden landete, ihr Bruder direkt obendrauf, ihr Körper unter seinem begraben. Beschützend schlang er die Arme um ihren Kopf. Später wurde Aurelia bewusst, das diese Kreatur sie umgerannt, wenn nicht sogar getötet hätte, wenn in diesem Moment Elijah nicht eingegriffen und sie beide nicht aus dem Weg gestoßen hätte. Als auf einmal Totenstille herrschte, nutze sie eine kurze Weile um tief einzuatmen und zur Ruhe zu kommen. Sie spürte ebenfalls den warmen Atem ihres Bruders an ihrer Stirn, der ihr versicherte, das ihm nichts schlimmes zugestoßen war. Er hatte ihr das Leben gerettet. Warum kann das nicht mal andersrum sein? , fragte sie sich, wurde aber abrupt aus ihren Gedanken gerissen, als sie ein paar wild schlagende Flügel vernahm, worauf sich Elijah von ihr hinunterrollte und nach oben gen Himmel blickte. Doch es waren nur einzelne Sterne zu erkennen, die durch die Äste schienen. Aurelia hörte ihn leise Fluchen. Genervt wandte er sich ihr wieder zu und fragte ob bei ihr alles in Ordnung sei, was sie mit einem Nicken beantwortete. „Ich hoffe ich war nicht allzu schwer“. Und genau das liebte sie an ihrem Bruder: Sein Hang dazu die Situation aufzulockern, wann immer es geht und unter normalen Umständen hätte sie sofort eine passende Antwort parat gehabt, aber er schien trotzdem so geistesabwesend zu sein, das sie es dabei beließ darauf nichts zu erwidern. Außerdem war dazu jetzt auch gar nicht der richtige Zeitpunkt. Stattdessen fragte sie: „Weißt du was das war?“. „Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube ich habe schon von solchen Viechern gelesen, aber das ist im Moment egal. Was mich eher aus der Ruhe bringt, war der Dämon, der kurz danach über uns geflogen und dem Ungeheuer gefolgt ist. Er befindet sich auf unserem Territorium, ich muss ihn aufspüren.“ Aurelia sah, das er seine Rückenmuskulatur anspannte und darauf zwei große Schwingen aus ihm heraustraten. Einen kurzen Augenblick sprühten kleine goldene Funken aus ihnen heraus und ließen sich auf den Federn nieder. Aurelia fand Elijahs Flügel besonders schön: Rabenschwarze Federn mit einem leichten Hauch von Gold, die seinen Wald grünen Augen jedes Mal hervorstechen ließen. Im Gegensatz zu seinen waren ihre Flügel Perlmuttfarben und hatten keine Extravaganzen. Sie zwang sich nicht weiter darüber nachzudenken und sagte: „Du meintest wir!“. Aurelia machte Anstalten seinem Beispiel zu flogen, wurde jedoch gestoppt, als er die Hand hob und den Kopf schüttelte. „Wenn es hart auf hart kommt, und das wird es, bin ich der bessere von uns zwei der sich körperlich wehren kann. Dein Dolch, den du mitgenommen hast, wird dir dabei nicht viel helfen. Warte hier auf mich und mach bitte nichts unüberlegtes, versprochen?“. Aurelia sah in seine Augen, die sich in ihre bohrten und sah den Kampfessgeist in ihnen. Jener eiserner Wille, den er von ihrem Vater geerbt hatte. Sie kannte ihn gut genug und wusste das sie ihn nicht mehr aufhalten konnte. Dennoch kostete sie es große Überwindung auf seine Forderung einzugehen: „Versprochen“. Elijah nickte ihr zum Abschied nochmal kurz zu, erhob sich in die Lüfte und verschwand durch die Baumkronen. Aurelia wartete bis auch das letzte goldene Schimmern verschwunden war und zog ihren Dolch aus der Scheide. Sie wog ihn in ihren Händen und betrachtete ihn: Der Griff war mit reichlichen Verzierungen versehen die sich um ihn schlängelten und in sich ein eigenes Muster bildeten. Manchmal erzählten solche Gravierungen eine Geschichte in einer sehr alten Sprache, die heutzutage nur noch die wenigsten Engel lesen konnten. Aber meistens berichteten sie wie die Klinge zu benutzen war und was ihre Stärke beinhaltete. Da Aurelia die alte Sprache mal ein Jahr studiert, dann aber doch, wegen ihrer Schwierigkeit unterbrochen hatte, konnte sie einzelne Worte entziffern, wenn sie ihn in den richtigen Winkel bewegte, sodass genügend Mondlicht drauf schien. Dazu war jedoch keine Zeit. Dann stach sie sich absichtlich in den Finger, um zu prüfen, ob noch genügend Gift vorhanden war, das für Dämonen zum Tode führte. Als die Jade grüne Flüssigkeit herausquoll, war Aurelia sich sicher, das es für einen noch reichen würde. Zufrieden steckte sie die am Rand gezackte Klinge Klinge weg und schlug dann die Richtung ein, in der das Wesen verschwunden war. 'Tut mir leid Bruderherz, aber ich kann einfach nicht hier bleiben und nichts tun, während du durch den Wald preschst und einen Dämonen umlegst'. Aurelia beschloss zu Fuß zu gehen, was sie zwar langsamer machte, aber wesentlich unauffälliger war, was das Leuchten ihrer Flügel betraf. Die Zweige, die den Weg am Rande säumten, streiften ihre Jeans und erzeugten Gänsehaut an ihren Beinen. Unwillkürlich musste sie wieder an ihren Traum denken: Die Halle, das Eis, der Baum...die Feuer farbigen Augen und ohne Vorwarnung machte sich wieder das beunruhigende, seltsame Gefühl in ihr breit, das sich die ganze Zeit in ihr versteckte und nur bis zum Ausbruch wartete. Es ließ sie bis in die Fingerspitzen erzittern, wodurch noch mehr Gänsehaut entstand. Sie hatte vorhin versucht Elijah dieses Gefühl zu beschreiben, doch die einzige Weise, wie sie es konnte, war das es sich so anfühlte, als ob sich ein Gift tief in ihre Haut einbrennen und nicht mehr aufhören würde. 'Denk jetzt nicht darüber nach. Falsche Zeit, falscher Ort', ermahnte sie sich und richtete ihre Konzentration so gut es ging auf den Weg, der vor ihr lag. Erst jetzt viel ihr auf, dass es viel zu Still war und das eine gefährliche Kälte auf sie zukam. Dämonen! Ihre Alarmglocken schalteten sofort ein. Zu dieser unnatürlichen Kälte frischte noch ein kühler Wind auf, der die Blätter der Bäume rauschen ließ und Aurelia einzelne Strähnen aus ihrem improvisierten Knoten zog. Vor ihren Augen lichtete sich der Nebel in Sekundenschnelle. Sie sah sich um, ging in Kampfposition und machte sich auf alles gefasst, was nun kommen könnte. Doch nichts geschah. Nach einem Moment der Stille, einzig allein von dem plätschern des kleinen Baches unterstrichen, huschte sie vom Pfad runter, lief noch ein Stück weiter in den Wald hinein und versteckte sich hinter dem nächstbesten Baum. Aurelia lehnte sich mit dem Rücken an der rauen Rinde des Stammes an, blickte nach unten und erstarrte: Vor ihr ging es meterweit einen steilen Hang hinab. Im Notfall hätte sie den Baum hinauf klettern können, was sie auch getan hätte, doch als die Kälte abermals zu ihr drang und immer eisiger wurde, sodass sie ihren Atem vor Augen schon sehen konnte, blieb sie wie angewurzelt stehen. Mist! Sie saß also in der Falle. 'Er wird gleich hier sein'. Die Kälte war schon längst in ihren Körper eingedrungen. Sie versuchte das quälende Zittern zu unterdrücken, es würde sie nur verraten. Aber insgeheim wusste Aurelia, das es dazu schon zu spät war. 'Er weiß längst wo ich bin'. Dann, das erwartete Knacken von Unterholz, lähmende Kälte, ein Schatten, der sich nicht nur auf dem Boden breit machte. Von nun an zählte sie ihre Herzschläge, die einer nach dem anderen in ihrer Brust pulsierten und ihm die letzte Spur ihres Aufenthaltsortes verrieten. 'Na, dann komm doch!', waren ihre letzten Gedanken, bevor sie in Windeseile ihren Dolch hinauszog und aus dem Schatten des Baumes wirbelte. Dave hatte ihr mal gesagt, das man seine Waffe präzise und exakt führen müsse, um sein Gegner erstechen zu können. Und das tat sie jetzt auch. Lange Jahres lernen und trainieren bis zur Erschöpfung hatten sie so weit gebracht wie sie jetzt war und das war bei weitem noch nicht alles. Geschickt brachte sie sich in ihre Balance, holte Kräftig aus und traf mit ihrer Klinge auf einen harten Widerstand. Durch den Aufprall ihres Angriffes fuhr ihr ein dröhnender Schmerz den rechten Arm hinauf, worauf sie die Zähne zusammenbeißen musste. Sie hatte nicht gedacht das er so stark sein würde. Als Aurelia ihren Blick hob, konnte sie außer einer kräftigen Statur ihres Gegners nichts erkennen. Trotzdem setzte sie zu einem zweiten Anschlag an, der dieses mal nicht von Schmerzen gefolgt, aber auch gekonnt abgewehrt wurde. Aurelia wusste, das er ihr körperlich überlegen war und sie mit ihrem Dolch nicht lange durchhalten würde. Wenn genügend Platz gewesen wäre, hätte sie die Klingen aus ihren Flügeln fahren lassen, doch mittlerweile stand sie schon zwischen zwei Bäumen. Es wäre unmöglich in so einer Enge zwei Meter lange Schwingen auszubreiten. Ein weiterer Schlag von Metall auf Metall folgte, noch einer und noch einer. Sie wich einen weiteren Schritt nach hinten aus, was ein verehrender Fehler war: Hinter ihr öffnete sich der tiefe Abgrund ins dunkle und würde sie verschlucken, sobald der nächste Hieb kommen würde. Ihr musste etwas einfallen und zwar sofort! Aurelia blieb kaum Zeit sich zu überlegen, was sie nun machen sollte, als die silberne Klinge abermals auf sie hinabsauste. Reflexartig steckte sie ihren Dolch in die Scheide, nahm ihre ganze Kraft zusammen, holte mit dem Fuß aus und schlug dem Dämon seine Waffe aus der Hand. Die Klinge flog nach hinten den Hang hinunter. Kurz darauf ließ er einen wütenden Schrei aus und stürzte sich auf sie. Aurelia verlor das Gleichgewicht und rollte mit dem Dämon die Böschung hinab. Unerwartet traf sie mit dem Rücken auf einem spitzen Stein auf, der stecken blieb und sich bei jedem erneuten Auftreffen immer weiter hinein bohrte. Aurelia schrie verzweifelt auf und versuchte sich den Stein, während des ständigen rollen hinaus zu reißen, wurde aber von den Armen, die sie kräftig umschlungen hielten, gehindert und mitgerissen. Dennoch schaffte sie es irgendwie den Stein hinaus zu zerren und ihn in die Schläfe des Gegners zu schlagen. Bei dem zweiten Ausholen wurde sie durch eine kleine Erhöhung unterbrochen, wodurch sie zu zweit durch die Luft wirbelten und einen Moment später hart auf dem wieder flachen Boden landeten. Aurelia stöhnte schmerzerfüllt auf als er mit seinem Körper auf ihr auftraf. 'Warum müssen sich alle Männer auf mich werfen?', fragte sie sich, hob ihren Blick und hörte auf der Stelle zu atmen auf. Sein Gesicht, die Konturen, die Augen...sie kannte sie inzwischen nur allzu gut. Und in diesem Moment schien es ihr, als würde das Gift, das sich durch ihre Haut fraß endgültig zu ihren Knochen hervor dringen und sie verätzen. Auf ihr lag der Mann aus ihren Träumen. Hosted by Animexx e.V. 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