Story between Worlds von FeelLikeParadise (Samael und Aurelia) ================================================================================ Kapitel 16: Kapitel 16 ---------------------- Aurelia wurde von dem Dämon durch die unterirdischen Gänge gezerrt. Er hielt sie fest am Nacken und gab ein schnelles Tempo an. Da sie sich nun auf der dämonischen Seite der Tunneln befanden, die anscheinend ebenfalls erneuert wurden, hatte Aurelia jeglichen Orientierungssinn verloren. Die unterirdischen Gänge in Edinburgh zählten zum Großteil zu dem Besitz der Keylands, Aurelias Familie. Sie waren eine uralte Konstruktion aus Tunneln, die sich direkt unter den Straßen der Stadt befanden. Ihr Zweck bestand darin, dass Engel sich unbemerkt von einem Ort zum anderen fortbewegen konnten, ohne den Gedanken mit herumschleifen zu müssen, dass ihnen Dämonen folgen könnten. Irgendwann waren ihre Feinde dahinter gekommen und hatten die Tunnel gestürmt, danach einen beträchtlichen Teil für sich eingenommen. An den Wänden konnte man noch vereinzelte Baupläne sehen, die aber zum Teil schon so veraltet waren, dass man sich nicht mehr auf sie verlassen konnte. Nach dem Kampf wurden einige Gänge zugeschüttet, um es den Dämonen schwieriger zu machen, sich zurechtzufinden. Die Nachkommen des Himmels jedoch hatten seit den letzten fünf Jahren angefangen neue Pläne zu entwickeln, damit sie neue Gänge bauen konnten. Dadurch wurde ein ganzes System wieder aufgebaut, eines durch das man die Dämonen in ein Hinterhalt locken konnte. Doch das brauchte Zeit. Eine unnatürliche Kälte hatte sich inzwischen durch die Gänge geschlichen, gaben einem das Gefühl nie wieder ans Tageslicht zu kommen und die Wärme der Sonne auf der Haut zu spüren. Die eisige Luft brachte Aurelia zum frieren und der Druck seiner Hand, der sie erlegen war, machte es nicht besser. Sie marschierten seit einer gefühlten Ewigkeit durch die Tunnel und langsam kam sie auf den Gedanken, dass auch der Dämon nicht wusste wo sich der Ausgang befand. Er murrte unverständliches Zeug vor sich hin und beachtete sie keineswegs. Aurelia wunderte sich, dass er trotz seiner schlimmen Verletzungen noch aufrecht gehen konnte und kein Wehklagen von sich gab. 'Natürlich. Er wollte ja den „Entführer“ spielen',dachte sie. Wut schäumte in ihrem Innern auf und brachte sie zur Weißglut. Plötzlich hielt sie es nicht mehr aus: „Weißt du überhaupt wo du hinläufst?“, fragte sie barsch. Aurelia erwartete irgendeine böse Bemerkung oder ein Schlag in den Bauch, aber anstatt sie zu beachten, ignorierte er sie und ging weiter. Sie seufzte und versuchte es nach einigen Augenblicken noch einmal: „Gib es zu! Du weißt genauso wenig wie ich, wo wir sind“. Sein Griff verstärkte sich zunehmend. Sie wusste, dass sie anfing langsam verrückt zu werden: „Ha, dann hatte ich also recht!“. Aurelia lachte kurz auf, hörte aber abrupt auf, als sie gegen die Steinwand gepresst und ihre Luftröhre zerdrückt wurde. Sie rang nach Luft, grub die Finger in ihre Handfläche, bis der Schmerz größer war als die Atemnot. Er hielt sie an den Schultern fest und drückte sie hart gegen den kalten Stein: „Halte einfach deinen Mund, verstanden!?“. Nachdem sich ihre Atmung wieder etwas normalisiert hatte, japste sie: „Der Tag wird kommen, an dem ich dich umbringen werde!“. Er lachte auf und lockerte seinen Griff: „Ach, dass würde ich ja zu gerne...“. Er schnitt sich selber das Wort ab, ließ sie los und fasste sich an die Brust. Keuchend krümmte er sich einen Moment, fing sich wieder, holte tief Luft und richtete sich wieder auf. Aurelia hatte ihre eigenen Schmerzen vergessen und fragte sich stattdessen, was er hatte, denn es sah nicht so aus, dass die Wunden das Problem wären. Dann standen sich beide eine Minute stillschweigend gegenüber, rührten sich nicht. Vielleicht hätte sie es geschafft zu fliehen, schob es aber für einen Zeitpunkt auf, in dem sie wusste wo genau sie sich befand. Sein Gesichtsausdruck änderte sich und ehe Aurelia reagieren konnte, nahm er sie grob am Arm und zog sie zielstrebig hinter sich her. Kurz darauf erreichten sie einen Gang, der durch Fackeln hell erleuchtet wurde. Aurelia musste blinzeln, da die bisherigen Tunnel auf der dämonischen Seite nur dürftig beleuchtet waren. Sie steuerten auf das Ende des Ganges zu, das nichts anderes als eine Wand wie jede andere zu sein schien. Aus dem Blickwinkel konnte sie die hervorgetretenen Blutergüsse und die inzwischen trockenen Blutspuren erkennen. Vor ein paar Stunden hatte sie noch gemeint, dass sie sich das dunkel- blaue, fast schwarze Blut vor Müdigkeit nur einbilden würde, doch nun konnte sie sehen, dass sie das nicht getan hatte. Normalerweise hatten Dämonen schwarzes Blut, so schwarz wie ihre Seele. Aber wenn man genau hinsah, hatte er dunkel- blaues Blut. Aurelia wurde je aus ihren Gedanken gerissen, als sie seine Stimme hörte. „Halte am besten die Luft an und folge mir. Stell keine Fragen“. Als sie an der Wand ankamen beschleunigte er nochmals sein Tempo. Sie nahm den letzten Atemzug und kurz darauf war sie von kaltem Stein umgeben. Als sie die Augen wieder öffnete befand sie sich auf einer Straße. So wie es aussah waren sie in der High Street gelandet, neben der sich die alte St. Giles Cathedral befand. Aurelia hatte sie schon mehrfach bewundert, doch mit dem was sie darstellte, eine Kirche, hatte sie genauso wenig wie der Rest der Engel und Dämonen zu tun. Sie hatten kein Glauben, keine Priester, keine Götter. Sie waren Krieger, an mehr mussten sie nicht glauben. Plötzlich spürte Aurelia wieder seine Hand an ihrem Nacken. „Los weiter“, sprach er und zwang sie, sich in Bewegung zu setzen. Sie passierten das Royal Museum of Scottland und gingen in eine stark belaufene Einkaufstraße. Er zerrte sie unter einem Rundbogengang durch. Es war unmöglich sich unter seinem Griff zu wehren. Er würde ihr sonst einfach das Genick brechen. Trotzdem musste ihr irgendetwas einfallen. Aurelia konnte sich nicht darauf verlassen, dass Elijah ihr noch folgte, nicht mehr. Schließlich hatte sie sich das auf eine gewisse Weise selbst zuzuschreiben. Doch bevor sie einen Plan zurechtlegen konnte, stürzte sie zu Boden. Und schrie. Unerträgliche Schmerzen durchfuhren ihren Körper und zogen sie innerlich zusammen. Der Boden vor ihrer Nase fing an zu beben, der Asphalt riss auf. Laternen und Straßenschilder kippten um. Die Gebäude bekamen Risse an ihren Fassaden und krachten anschließend ineinander zusammen, als wäre eine Bombe eingeschlagen. Die Menschen kreischten, rannten um ihr Leben. Doch niemand blieb verschont. Sie wurden von den Trümmern der Häuser zerquetscht oder fielen in den endlosen Abgrund, der sich vor ihnen ausbreitete. Ein Sturm zog auf. Einzelne Äste der Bäume wirbelten in der Luft herum. Aurelia konnte einem gerade noch ausweichen, als dieser zu Asche zerfiel und sein Staub ihr ins Gesicht wehte. Aurelia sah gen Himmel. Er wurde immer dunkler. Die Sonne färbte sich von einer gold- gelben Scheibe zu einer glühenden Feuerkugel. Feuerballen stürzten auf die Stadt hinab und setzten sie in Brand. Aschenregen setzte ein. Das Schreien der Menschen verstummte, keiner hatte überlebt. Aurelia war allein. Allein, während die Welt die Hölle lostrat. „Das ist nicht real!“, schrie eine weit entfernte Stimme. Aurelia atmete ruckartig auf. Ihre brennenden Augen waren weit aufgerissen, Tränen liefen ihr über die Wange. Ein kräftiger Schlag ins Gesicht ließ sie aus ihrer Starre lösen. Der Schmerz durchflutete sie und erinnerte sie daran, dass das, was gerade passiert oder auch nicht passiert war, ihr für einen Moment so klar und zum greifen nah gewesen schien, einfach in sie hinein gestürmt war. Aurelia blinzelte und erkannte den Dämon, der direkt vor ihr kniete. Etwas ähnliches wie Zorn flackerte in seinen Augen. „Du schlägst mich?!“, schrie sie ihn an, holte mit geballter Faust aus und schlug ihm heftig in den Kiefer. Er zuckte einen Augenblick zusammen, griff dann aber nach ihrem Handgelenk und hielt es eisern fest. „Ja! Es funktioniert ja anscheinend nicht anders!“, erwiderte er wütend. Aurelia währte sich, ließ es aber sein, als ihr wieder einfiel, dass das nichts brachte: „Du kannst von Glück reden, dass die Menschen uns nicht sehen können, sonst wärst du geradewegs auf dem Weg in die Psychiatrie“. Er schien vor Wut zu glühen. Ein Moment verstrich und Aurelia versuchte sich zu beruhigen. Ihre Kehle war ganz ausgetrocknet und kratzte schrecklich. Die Fußgänger liefen ihre Wege und kümmerten sich um ihre eigenen Probleme. Was war gerade geschehen? Sie hatte das Gefühl, als würde ihr Leben außer Kontrolle geraten. Nichts passte mehr zusammen und ließ sich einfach nicht mehr steuern. Sie nahm kaum wahr, wie der Dämon sie wieder auf die Beine zog. Er sagte ihr zwar, dass sie weitergehen sollte, doch seine Worte drangen kaum zu ihr durch. Beide standen immer noch unter dem Rundbogengang, von dem man einen hübschen Ausblick auf den Platz hatte. Aurelia war noch immer wie betäubt, kam aus der Trance nicht raus. Auf einmal hob er sie hoch und legte sie sich über die Schulter. Danach setzte er sich eilig in Bewegung. Sie tat gar nichts, ihr regloser Körper ließ sich von seinem tragen und kämpfte erbittert gegen den Schmerz an. Die Gebäude standen stabil, die Äste der Bäume bewegten sich nur, wenn der Wind auffrischte. Die Ampeln wechselten von rot auf grün. Alles war wie immer. Verlor sie den Verstand? Dann bekam sie gar nichts mehr mit. Man hätte meinen können, ihr wäre es egal wo der Dämon sie hinbrachte, aber tief in ihrem Inneren tobte ein Kampf, ein Kampf mit sich selbst. Sie musste etwas unternehmen! Aber letztendlich siegte die sonst so ungewohnte Antriebslosigkeit doch. Nach einer Weile spürte Aurelia, wie sie eine Außentreppe hoch getragen, eine Tür geöffnet und in einen Lichtdurchfluteten Raum gebracht wurde. Die Wände waren weiß gestrichen und auch der Rest der Möbel wurden zum größten Teil in hellen Tönen gehalten. Die Fenster waren riesig und bieten einem die Sicht auf die Stadt und dem dahinterliegenden Edinburgh Castle. Der Dämon legte sie unsanft auf eine lederne Couch und verschwand um die Ecke. Aurelia blieb noch einen Moment liegen. Sie rührte sich nicht, hielt aber trotzdem die Augen offen. Wie aus dem Nichts übernahm eine unvertraute Kraft ihren Körper: „Er wird kommen!“, flüsterten drei unterschiedliche Stimmen aus ihrem Mund: „Er wird kommen!“, riefen sie, diesmal lauter. Ihre Stimmlagen veränderten sich gleichzeitig mit Aurelias Atem. Ihr Blut pulsierte plötzlich in ihren Adern nach vorne und weckte sie aus ihrer Antriebslosigkeit. Auf einmal war sie wieder sie selbst. Die unheimlichen Stimmen, woher sie auch immer gekommen waren, waren verschwunden, als wären sie nie da gewesen. Aurelia stand auf, nicht länger gewillt sich unter den Befehlen des Dämons zu beugen. Er kam wieder ins Zimmer und würdigte sie keines Blickes. Anscheinend war er immer noch der Annahme, dass sie in ihrem Trance artigem Zustand auf dem Sofa lag. Er kehrte ihr den Rücken zu und wandte sich einer Sache am Tisch zu, die scheinbar seine ganze Aufmerksamkeit auf sich zog. Schließlich kam sie zu dem Schluss, dass er sie, - die Stimmen- gar nicht gehört hatte. Aurelia schlich näher an ihn heran. Während sie darauf achtete, dass er sich nicht umdrehte, hielt sie ihren Blick starr auf seinen Rücken gerichtet und zog den Schürhaken des eingebauten Kamins an der Wand heraus. Als sie so dicht an ihm dran war, dass sie jede Kontur der Wunden an seinem Hals sehen konnte, bemerkte Aurelia, dass er um seine Hand einen Verband wickelte. Ohne einen weitere Moment zu vergeuden, verstärkte sie ihren Griff um den Schürhaken, holte aus und wollte auf ihn einschlagen. Bevor jedoch der Haken ihn erreicht hatte, drehte er sich zu ihr um und bekam die Metallstange zu fassen. Der Dämon riss ihre Hand vom Haken weg und hielt sie so fest umklammert, dass es schmerzte und einige ihrer Knochen knacksten. Er warf den Schürhaken beiseite. Dann holte er Schwung, um ihr ins Gesicht zu schlagen. Aurelia wich in letzter Sekunde geschickt aus und nutzte den kleinen Augenblick, um unter seinem Arm hindurch zu tauchen. Sie packte ihn am Hals, wodurch er erschrak. Er fasste sich aber schnell wieder, zog einen versteckten Dolch aus seinem Gürtel und schlang ihr den Arm um den Hals. Die Klinge hielt er ihr an die Kehle. „Ich glaube du lässt so etwas besser. Zu deinem eigenen Wohl.“, raunte er ihr mit düsterer Stimme zu. „Auf deine Ratschläge kann ich gut verzichten!“, zischte sie zurück. Aurelia war der kalte, leichte Druck des Dolches nicht entgangen. „Du wirst es bitter bereuen!“. „Du wärst nicht der erste Engel, den ich umbringen würde“. Er stand jetzt so nah bei ihr, wie noch nie ein Dämon zuvor. Sie konnte den Zorn in seinen Augen erkennen und genauso sah auch sie ihn an. Wieder einmal glühten seine Augen wie loderndes Feuer. Ein lautes Krachen ertönte.Ihr Blickkontakt brach sofort ab. Reflexartig drehten sie sich zur Wohnungstür um, die im selben Moment aufgerissen wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)