Hinter den Spiegeln von Chaoskeks ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Hinter den Spiegeln In all den Jahren hatte sich die Winkelgasse kaum verändert. Noch immer fegte das gellende Kreischen der Eulen durch die Gassen, bunte Stoffe tanzten im Wind und überall dieser verführerische Geruch von Abenteuer. Es war ein ähnlich schöner Tag als er zum Ersten Mal hier war, als Hagrid mit seinem Schirm gegen eine Steinwand schlug und diese zur Seite wich um ihm den Weg in eine neue Welt zu ebnen. Heute, Jahre später, war er Teil dieser Welt. Wie all die anderen Zauberer und Hexen hatte er an diesem schönen Herbsttag nichts Besseres zu tun als sich durch das viel zu gut besuchte Flourish and Blotts schieben zu lassen. Obwohl die Tatsache, dass er Harry Potter war sonst bei seinen Mitmenschen oft zu Kreischanfällen und Freudentänzen führte, half ihm sein Status heute wenig. Die Menschen um ihn herum nahmen ihn kaum wahr, waren viel zu sehr damit beschäftigt von einem Regal zum Anderen zu drängen und die Bücher zusammen zu sammeln die der Nachwuchs für den Besuch in Hogwarts benötigte. Bald war Schulbeginn und auch seine größte Sorge galt im Moment der Frage ob das letzte Exemplar von „Die Geschichte der Zauberei“ bereits vergriffen war. Harry hatte es bereits zweimal durch den Laden geschafft, hatte sich von „Allerlei magische Tricks“ bis zu den „Zauberstatistiken des 19 Jahrhunderts“ gekämpft, doch ohne Erfolg, von dem Buch fehlte jede Spur. Seine letzte Hoffnung war eine Nische, die er gerade erst ausfindig gemacht hatte. Nachdem er sich ein weiteres Mal quer durch den Raum geschlagen hatte entglitt Harry ein erleichtertes seufzen und ein breites Lächeln legte sich auf seine Lippen. Die Geschichte der Zauberei, zusammengefasst auf 400 Seiten und verpackt in einen braunen Lederumschlag lag gleich als erstes auf einem Bücherstapel, griffbereit, fast so als hätte es nur auf ihn gewartet. „Das ist meins! Verdammt Potter musst du dir immer die Sachen unter den Nagel reißen, die dir nicht gehören?“ Harry erschrak, spürte wie mit einem Mal das Blut in seinen Adern zu gefrieren schien und sein Magen verkrampfte. Diese Stimme… Er spürte die Blicke, spürte wie sich die Verachtung in seinen Rücken bohrte und ohne zu sehen wer hinter ihm stand wusste er mit wem er es zu tun hatte. „Selbst schuld!“ raunte Harry ehe er sich umdrehte. „Du warst schon immer ne lahme Schnecke! Kaum zu glauben, dass du mal Sucher warst!“ So viele Jahre und er war noch immer der Selbe. Noch immer das Selbe selbstbewusste Auftreten, noch immer das stolze unnahbare Antlitz. Noch immer die eisblauen Augen, welche eine schauderhafte Gänsehaut über seinen Rücken jagen ließen. Draco Malfoy Potter und Malfoy, sie waren Feinde, hassten sich seit dem ersten Tag als sie sich auf Hogwarts begegnet waren. Niemand hatte das je in Frage gestellt oder versucht etwas anderes in ihrem Worten und Taten zu sehen als pure Rivalität. Für Harry war das keine große Sache. Er hatte nie einen Hehl aus seiner Abneigung gegen das reiche Muttersöhnchen gemacht und es war im egal, dass sich das niemals ändern würde…doch das tat es. Harry konnte sich noch gut daran erinnern, wusste es als wäre es gestern gewesen. Er wusste zwar nicht mehr was ausschlaggebend gewesen war oder wer angefangen hatte, das war auch nicht wichtig. Es waren andere Dinge, die er nicht vergessen hatte. Der Geschmack der herben Lippen, der Geruch ihrer verschwitzten Körper, das unglaubliche Gefühl von Dracos Hand auf seiner Haut. Es war ihr Augenblick, ihr perfekter Moment, jenseits aller Regeln, hinter den Spiegeln. Der Goldjunge und das Muttersöhnchen. Was hatten sie getan? Sie hatten sich die Masken von ihren Gesichtern gerissen, hatten es gewagt den Kopf zu heben und die Wahrheit anzusehen. Noch nie hatte sie Etwas mehr verflucht und erlöst, hatte sie gefangen und befreit. Noch nie waren sie Stärker gewesen als in diesem Moment der Schwäche. Erst nach der letzten Berührung kamen die Zweifel, erst als sie ihre Scharm unter dem schwarzen Umhängen und dem entehrten Wappen verbargen. Als Harry gehen wollte sagte Draco kein Wort, sah ihn nur mit diesen alles durchdringenden Blicken an. Er wollte nicht, dass es zu Ende war, wollte sich an den kleinen Klumpen Glück krallen, dass das Leben ihnen vor die Füße geworfen hatte. Er hatte es so satt. Das Verstecken, das Verstellen, sich so sehr in eine Rolle zu zwängen, dass man irgendwann nicht mehr weiß wo man selbst endet und die Lüge beginnt. Sie konnten all das hinter sich lassen, konnten endlich über diesen schwarzen Abgrund hinweg, der sie immer mehr zu verschlingen drohte. Plötzlich schien es so einfach, so nah, so greifbar. Nachdem er ausgerechnet in seinem Feind gefunden hatte was er so lange gesucht hatte war alles möglich, die Sonne hinter dem Abgrund aufgegangen. Sie konnten es schaffen, gemeinsam. Ein Schritt, ein „Ja“ nur ein einziges Mal! Wortlos reichte Draco ihm die Hand. Wenn du springst dann springe ich auch! „Dad? Dad! DAAAD!“ Lautes Rufen und das plötzliche Ziehen an seinem Ärmel rissen Harry aus seinen Gedanken. Sie waren nicht gesprungen. Manche Schluchten sind einfach zu tief um sie hinter sich zu lassen und das Licht auf der andren Seite ist zu guter Letzt nur eine Illusion. Nicht jede Geschichte endet mit einem und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende, manchen enden mit einem leisen „Gute Nacht!“ und dem Zufallen einer Türe. Als der nächste Morgen kam waren sie wieder Potter und Malfoy, die Feinde, welche die Welt in ihnen sehen wollte. Ihre Leben und ihre Wege trennten sich….bis heute. „Hallooo! Erde an Dad! Hast du das blöde Buch endlich gefunden?“ Die Ungeduld des Jungen und das erneute Ziehen ließ Harry die Augen überdrehen. „Ist ja gut!“ murrte der Schwarzhaarige, nahm das Buch und drückt es seinem Sohn in die Hand. „Geht schon mal vor, ich komme gleich nach.“ Trotz des strengen Tonfalls war der Junge mit der Antwort seines Vaters zufrieden. Er ahnte nichts von dessen Gedanken, lies sich von ihm durch die kohlrabenschwarze Haare streichen und zur Kasse schicken. Harry sah ihm nach. Es wäre eine Lüge zu sagen, dass er nicht immer wieder an diese Nacht gedacht hatte. Was wäre wenn er es gewagt hätte mit Draco zu springen? Wie wäre sein Leben verlaufen? Besser? Schlechter? Wo wäre er an diesem sonnigen Herbsttag? Bei Flourish and Blotts um seinem Sohn Schulbücher zu kaufen? Harry hatte es nie bereut Ginny zu heiraten, wie könnte er wenn er in das Gesicht von James blickte, Al lachte oder die bezaubernde Lilly in seine Arme sprang? Wie könnte er? Wie konnte er? Draco schwieg und sah dem jungen Potter nach. Es war unmöglich zu erahnen was in ihm vorging, ob wütend, erregt oder gar verletzt, der Blonde verbarg es gut. „Ganz der Vater!“ murmelte er schließlich und ging einen Schritt auf Harry zu. „Auch wenn das arme Kind nicht um seine Familie zu beneiden ist.“ Harry lächelte müde Es war so grotesk, nach allem was sie damals erlebt hatten spielten sie sich jetzt diese Schmierenkomödie vor. Vielleicht war es besser so. Auch er sollte seine Rolle spielen und Draco den blöden Spruch an den Kopf werfen, der ihm als Erstes in den Sinn gekommen war sich umdrehen und gehen. Was hatten sie schon? Die Erinnerung an einen dummen Jugendspaß, nicht mehr, nicht weniger. Sie sahen sich an. Da waren sie also, der Goldjunge und das Muttersöhnchen nach all den Jahren so verändert und doch keinen Schritt weiter. Doch vielleicht war das der Stand der Dinge. Vielleicht war es noch nicht vorbei, vielleicht hatten sie sich noch nicht entschieden sondern standen nach all der Zeit noch auf der Kippe. Vielleicht fehlte nur noch ein Schritt, ein „Ja“ nur ein einziges Mal. Und vielleicht, aber nur vielleicht war es ein Anflug von ehrlicher Hoffnung in Dracos Gesicht als Harrys Lächeln ihm dieses verdammte Versprechen gab. Wenn du springst, springe ich auch! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)