Sturm und Stille von Orpheliae (Thorki, Thor x Loki) ================================================================================ Kapitel 16: Chapter 15 ---------------------- Das grüne Licht, in dem der Gott der Lügen nur eine Sekunde erstrahlte, blendete Thor, doch er wandte den Blick nicht ab. Der Bruchteil einer Sekunde kam ihm ewig vor, auf einmal war es, als wäre die Zeit in ihm stehen geblieben. Seine Augen flackerten, als er geradewegs in das Gesicht des Menschen blickte, für den er vom ersten Moment an sein Leben gegeben und bis in den Tod gekämpft hätte. Er wusste, dass die Jane, die sich gerade vor ihm befand, seine Jane war, egal mit welcher Magie, oder welchen Tricks man sie hätte kopieren wollen, so konnte nur die echte Jane ihn aus diesen Augen heraus ansehen. Niemand anderes hätte diesen Geruch nachahmen können, der von ihr ausging, diese Aura, die sie umgab, doch vor allem wäre es niemandem möglich gewesen, dieses Schimmern in ihrem Blick in seinen eigenen Augen leuchten zu lassen. Thor fiel jetzt zum ersten Mal wirklich auf, dass Jane Loki nicht nur ähnlich war, sondern dass Jane wirklich Loki war. Alle Merkmale, die von der Menschenfrau ausgingen, für die sich der Gott in sie verliebt hatte und für die er sie vergötterte, als wäre er selbst ein Mensch und nicht sie, all diese Merkmale gingen von dem aus, der Jane war, von seinem Bruder. Es waren die Merkmale, die er ebenfalls an Loki seit seiner Kindheit so sehr bewundert hatte. Es war sein Verstand, mit dem er jedem anderen in den neun Welten überlegen war, mit dem er in der Lage war die schwierigsten Dinge und die ältesten Sprachen zu beherrschen. Den gleichen Verstand besaß Jane, die den Tesserakt, sowie die Portale zwischen den Welten von allein begriffen und analysiert hatte. Es war der Wissensdurst, mit dem Loki stets jedes Buch verschlungen und jeder Information nachgegangen war, die ihm zu Ohren kam. Wenn etwas in Asgard geschehen war und sei es nur, dass Fandral sich einmal mehr zwei Maiden zu seinen Feinden gemacht hatte, weil er mit beiden zur gleichen Zeit verkehrte, so wusste es Loki nach den Betreffenden stets zuerst, trotz der Tatsache, dass ihn solche Geschichten nicht wirklich interessierten, es ging einfach nur darum, das Wissen zu besitzen. Das Wissen war immer wieder eine seiner Waffen gewesen, die er geschickt gegen alles und jeden hatte einsetzen können. Genauso war es Jane, die nie aufhören konnte zu forschen und den Mann, der sie über alles liebte, deswegen des öfteren schon einmal abends hatte warten lassen, ehe sie aus ihrem Labor zu ihm zurück kehrte. Ein weiteres Merkmal war es, dass Loki ihn immerzu aus den schwierigsten Situationen geholfen hatte, er hatte ihn schon so oft aus den misslichsten Situationen gerettet, hatte ihm zum Sieg verholfen und ihm das Leben gerettet. Genauso hatte auch Jane ihm geholfen und sein Leben gerettet, als er gegen den Fürst der Dunkelelfen gekämpft hatte. Die Fähigkeit immer in Thor hineinzusehen, dessen Gefühle erraten zu können und dessen Gedanken zu lesen, nur Loki und Jane waren dazu je in der Lage gewesen. Nur die beiden konnten ihm die Wahrheit immer ins Gesicht sagen, konnten ihn auf seine Fehler aufmerksam machen, ihn mit seinen Schwächen necken und ihn provozieren und ärgern. Niemand sonst hatte sich sonst je getraut so mit dem Sohn des Allvaters umzugehen, nicht einmal seine besten Freunde wagten es sich, ihn wie einen normalen Gott zu behandeln, sie ließen ihm die einfacheren Gegner, die bessern Kämpfe und den Sieg im Duell, nur um den Thronprinzen nicht zu demütigen oder zu verärgern. Auch wenn seine Freunde ihn akzeptierten, er zu ihnen gehörte und sie ihn als einen Freund liebten, so war er stets etwas besonderes in ihrem Kreis gewesen und würde es immer bleiben. Loki und Jane waren die einzigen gewesen, die ihn nicht einmal einer Sonderbehandlung unterzogen hatten, sie hatten beide diese Frechheit in der Stimme, dieses Necken auf den Lippen und diesen wilden Blick in den Augen. Sie waren beide ohne Thor fast hilflos, wenn es darum ging zu kämpfen, doch unterstützen ihn stets so gut es ging. Jetzt, wo der Donnergott so darüber nachdachte gab es etliche parallelen zwischen den beiden, auf die er zuvor nie geachtet hatte. Die Zufälle, die er zuvor nicht wahrgenommen hatte schlugen nun auf ihn ein wie dicke Hagelkörner vom Himmel. Als Thor mit diesen Menschen gegen Loki und seine Armee gekämpft hatte, war es wohl kein Zufall gewesen, dass Jane zu diesem Zeitpunkt fern und unerreichbar für ihn gewesen war. Wahrscheinlich wäre Loki einfach nicht dazu in der Lage gewesen, sich gleichzeitig als die Menschenfrau auszugeben und gegen die gemischte Truppe aus kampferprobten Menschen und seinem Bruder anzukämpfen. Er konnte sich vage erinnern, dass Jane ihm zu dem Zeitpunkt das erste Mal begegnet war, als der Gott der Lügen das erste Mal für eine kurze Zeit den Thron für sich beansprucht hatte. Selbst die Menschen, die Jane kannten waren nicht schwer zu manipulieren gewesen. Der junge Gott wusste selbst, wie einfach es war, solchen niederen Kreaturen Erinnerungen einzupflanzen, für einen Magier war es so einfach, wie eine Kette zu einem Talisman zu verzaubern. Selbst kurz bevor Loki das zweite Mal seinen Tod vorgetäuscht hatte, war es wohl kein Zufall gewesen, dass diese seltsame Macht der Dunkelelfen ausgerechnet von Jane Besitz ergriffen hatte. Höchstwahrscheinlich hatte er sich in diesem Moment ihrer Gestalt bemächtigt um Schutz bei Thor zu suchen, nicht nur vor den Dunkelelfen, sondern auch von der Macht selbst, als er bemerkt hatte, dass sie sich an seinem Leben genährt hatte und er sie nicht wieder ohne Weiteres loswerden würde. Langsam und vorsichtig streckte er seine Hand nach der Frau vor ihm aus und legte diese an ihre Wange, streichelte sanft mit dem Daumen darüber. Ihre Haut war weich, immer noch so weich und leicht warm, wie er sie in Erinnerung hatte, in der Erinnerung, die nun in ihm aufkam und die so schwer wurde, als würde man die Steine von ganz Asgard in seine Seele legen und diese darunter begraben. Er schluckte und versuchte diesem Gefühl nicht nachzugeben, versuchte der süßen Versuchung, alles um sich herum zu vergessen, zu widerstehen und sich davon abzuhalten, das zu tun, was er vorhatte. Es half nichts, er beugte sich langsam nach vorn und kam dem Gesicht der jungen Frau immer näher, sah ihr tief in die Augen, in denen er Lokis Seele zittern sehen konnte. Zärtlich legte er seine Lippen auf die ihren, ergriff ihr Gesicht in beiden Händen und hielt ihren schwachen Versuch, sich ihm zu entwinden, so zurück. Als er den Kuss löste, zitterte wie die Seele auch der Körper, in dem diese beheimatet war. Thor war erschrocken, die Farbe wich aus seinen Zügen und er konnte sich an keinen Moment in seinem Leben erinnern, in dem er über eine seiner Taten so beschämt und erschrocken gewesen war. Er presste die Lippen aufeinander und senkte den Blick von dem verstörten Wesen vor ihm. “Es tut mir Leid...”, hauchte er leise, mehr in sich hinein, als alles andere: “Ich...” Zuvor hatte er die Jüngere an ihren Armen gepackt, hatte sie gehalten, damit sie ihm nicht hatte davonlaufen können, wobei dies reine Ironie war, da sie nicht aus der Zelle entfliehen konnte. Nun drückte er fest zu, ohne sie dabei anzusehen, versank in seinen Gedanken und in der Wut auf sich selbst. Erst nach einiger Zeit wurde ihm klar, dass das Zittern stärker geworden und ein leises Wimmern zu hören war, er hatte so fest zugegriffen, dass er Loki wohl weh getan haben musste. “Hasst du mich?”, nuschelte der Jotun ihm entgegen, der nun wieder seine normale Gestalt angenommen hatte. Ob er Loki hasste, für das was er getan hatte, für das Spiel, das er mit Thor gespielt hatte? Er wusste es schmerzte fürchterlich in ihm, doch er wusste auch, dass dieses Gefühl nicht im Geringsten etwas mit Hass zu tun hatte. Sein Bruder war sein Bruder und würde es immer bleiben, komme was auch kommen wolle. Er liebte Jane, doch genau sehr liebte er auch seinen Bruder und desto mehr Angst dieser vor ihm hatte, desto mehr die Beziehung zwischen den beiden angekratzt und zerstört wurde, desto mehr zerbrach auch der Donnergott daran. Er brauchte Loki, er brauchte Jane, die Frau an seiner Seite, er brauchte sie beide. Er würde sich Loki unterwerfen müssen, um sich dessen Loyalität sicher zu sein und sich daran zu machen, sein Vertrauen zu gewinnen. Ob er seine Seele heilen konnte, daran wagte er nicht zu denken. Wahrscheinlich würde er es ohne Jane nicht aushalten, wahrscheinlich würde Loki daran zu Grunde gehen. “Ich liebe dich”, hauchte er ihm entgegen und zog ihn in seine Arme. Er wusste selbst nicht an wen diese Worte gerichtet waren. Er hasste keine der beiden Seiten Lokis, er liebte sie beide. Vorsichtig streichelte er den Hinterkopf des Schwarzhaarigen, vergrub seine Nase in dessen wilder, schwarzer Mähne und sog dessen Duft in sich auf. Als Loki vor Schmerz leicht aufkeuchte, zuckte Thor deutlich zusammen. Er hatte ihn wohl zu fest an sich gepresst, das war alles, trotzdem hatte er unheimliche Angst davor, dem jungen Mann könnte etwas passieren. Langsam ließ er ihn los und drehte sich um. Schweigend verließ er die Zelle und stieg die vielen Stufen hinauf. Es war an der Zeit, die vielen Zutaten zu holen, die er über die Monate mühevoll zusammengesammelt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)