Sturm und Stille von Orpheliae (Thorki, Thor x Loki) ================================================================================ Kapitel 13: Chapter 12 ---------------------- Thor schritt eiligen Schrittes aus dem Haus heraus. Die Unsicherheit, die Kopflosigkeit, die ihn eben noch Stolpern ließ, war wie weggeblasen vom Sturm, der sich über ihm aufgetan hatte. Die dunklen Wolkentürme blitzen und donnerten laut und hell über ihm, während der Wind so stark unter ihnen wütete, dass die Kinder in den Häusern der Stadt anfingen zu schreien und zu weinen, dass die Männer die Fenster und Türen verriegelten und Bäume entwurzelt über die Straße fielen. Zum ersten Mal in seinem Leben war ihm Midgard, die ihm liebste aller neun Welten, lieber als seine eigene Heimat, egal. Sie war ihm so nichtig wie ein Kratzer, den er auf sich nehmen musste um die zu beschützen, die ihm lieb und heilig waren. Sein Herzschlag war ruhig, aber fest in seiner Brust und er spürte ein Gefühl, dass ihm so unheimlich war, dass er es nicht zuzuordnen wusste. Die Ungewissheit, darüber wo Jane war, was dort geschehen war und was noch geschehen würde, erfüllte ihn noch immer, doch sie verunsicherte ihn nicht mehr, sie bereitete ihm keine Angst, sie brachte ihn nicht mehr aus der Fassung. Seine Miene war ernst und kalt, jeder der ihn nun betrachten würde würde ihn alles andere als den Sonnengott Asgards nennen, mit dem stürmischen, aber gerechten und heiterem Gemüt. Er war vielmehr Angst einflößend, die blonden lockigen Haare klebten nass in seinem Gesicht, die Waffe hielt er fest in der Hand, die Miene verriet, dass er bereit war alles zu tun, sei es zu töten oder eine der neun Welten zu vernichten. Das Gefühl, dass ihn durchströmte war unbeschreiblich. Er fühlte sich sicher, er wusste, wohin er musste, er wusste, zu wem er musste, er wusste wer seine Fragen beantworten konnte und er wusste, dass ihm beide Personen nicht fortlaufen konnten. Seine Tasche hing ihm über die Schulter, die Tasche aus rauem Wildleder, die er stets bei sich hatte, als er auf Midgard gelebt hatte, die sein Mobiltelefon und seinen Hausschlüssel beinhaltete und einige andere Sachen. In ihr waren nun außerdem noch zahlreiche blutbefleckte Buchseiten und ein zerrissener Buchrücken sicher verstaut. Er würde den Gott der Lügen zu seinem Untertanen machen, er würde die Macht über ihn haben und über sein Leben. Sein Kopf war klar und er war in der Lage zu denken. So langsam verstand er, warum Lokis Verstand so scharf war und seine Zunge so flink. Der Schmerz und die Verachtung, die er über die Jahrhunderte hin geerntet hatte und ertragen hatte müssen, mussten ihn gestählt haben wie die Hitze eine scharfe Klinge. Schon als Kinder, als die beiden vermeintlichen Brüder noch gemeinsam durch Asgard zogen und den Aesiern Streiche spielten, war der Jüngere immer härter bestraft worden, als der Ältere der beiden. Auch als sie so langsam erwachsen wurden hatte sich das nicht geändert. Thor hatte aufgehört Streiche zu spielen, hatte anderen Unsinn im Kopf und stellte schlimmere Dinge an, für die er bis auf das eine Mal, das Mal seiner Verbannung, minder bestraft wurde, als er es verdient hatte. Loki hingegen spielte weiter Streiche, keine netten Streiche, er spielte Spiele und Tücken, trieb sich rum und begab sich zu seinen Studien der Magie und der neun Welten. Einige seiner Streiche waren ehrlich zugegeben etwas zu weit gegangen, zum Beispiel Sifs goldenes Haar braun zu färben, doch es war dabei nie jemand ernsthaft zu Schaden gekommen. Thor hingegen hatte so öfters verletzte Männer wieder mit nach Hause gebracht, nachdem er sich im Kampf mit fremden Völkern und Kreaturen erproben wollte und diese mit sich genommen hatte. Es hatte schlicht und ergreifend an Loki gelegen, Odin strafte ihn für jede List und jede Lüge, er strafte ihn für jedes Buch über Magie, das der junge Gott las und studierte. Es ärgerte ihn stets, dass Loki sich der Magie hingab, wie nur Frauen es tun sollten, dass er in wahrer Kampfkunst unbegabt war wie ein junges Kind und dass seine größte Waffe sein Verstand war. Loki war ein besserer Stratege, als Odin es je gewesen war und als Thor es jemals werden würde. Wobei der Donnergott nie auch nur ansatzweise ein Stratege gewesen war, ihm lag es einfach drauf los zu stürmen und sich durchzuschlagen. Loki, der Gott der Lügen hingegen hatte sich stets durch List durchgeschlagen, hatte seine körperlichen Defizite so ausgeglichen und Macht an sich gerissen, hatte Personen und Kreaturen mit seiner silbernen Zunge gefesselt und sich gefügig gemacht. Das einzige was dem Gott der Lügen fehlte war das Vertrauen, dass er ebenso aufbringen musste, wie die Armee, die für ihn kämpfte, wie das Volk, das er regierte. Jenes Vertrauen, dass das Volk Asgards in Thor hatte. Die Strafen, die der junge schwarzhaarige Gott hatte ertragen müssen waren demütigend, wie schmerzhaft, er wurde oft und lange ausgepeitscht und eingesperrt, wurde bespuckt und beschimpft. Nicht nur einmal hatte er in seinen jungen Jahren den kompletten Thronsaal mit seinen Händen auf den wunden Knien geschrubbt, hatte die Ställe aller Pferde gemistet und jede Waffe jedes Soldaten poliert. Thor fing Sleipnir ein und wollte aufsteigen, doch der Hengst trabte auf der Stelle, unwillig ihn auf seinen Rücken zu lassen. Er riss am Zügel und hielt diesen fest in seiner Hand, während er der Kreatur tief in die Augen sah. Das verunsicherte und beunruhigte junge Tier hielt den Atem regelrecht an und las aus den Augen des Gottes, es schien Thor zumindest so, als könne es ihn anhand seines Blickes verstehen. „Heimwärts, in Richtung deiner Mutter.“, dachte der Donnergott und stieg auf das, nun genauso wie er, ruhige Pferd. Er klopfte der schwarzen Schönheit den Hals und verbrannte sich dabei die Hände an dessen Haut und dessen Fell, das so kalt war, dass Thor froh war, dass er Sleipnir aufgesattelt und nicht ohne Sattel hin geritten war. „Ein halber Jotun...wie L-“, schoss ihm durch den Kopf und er verwarf diesen Gedanken wieder. Er hatte die Eisriesen immer so gehasst, er war so erzogen worden, dass es Monster waren, die es nur verdient hatten zu sterben. Dass sein geliebter Bruder selbst einer dieser Eisriesen sein sollte hatte er bis heute noch nicht verarbeiten können, es hatte ihn so schwer in den Magen und in sein Herz und seine Seele getroffen, dass er es einfach immer wieder verdrängte, anstatt sich damit abzufinden und es hinzunehmen. Er wollte das nicht, er wollte nicht, dass sich etwas änderte, er wollte nicht, dass sich die Beziehung zwischen den beiden Göttern noch mehr verschlechterte. Als Thor in Asgard angekommen war, war er ohne zu überlegen, ohne zu zögern direkt zu der Zelle geeilt, in der sich sein Bruder befand. Auf dem Weg traf er niemanden. Der Sturm tobte auch in Asgard und er tobte hier noch mehr, als sonst irgendwo in den neun Welten, sodass sich alle Aesier verkrochen und vor dem Auslöser dieses Sturms versteckt hatten. Der Allvater musste die Wachen auf dem Weg und bei den Zellen abgezogen haben, um ihr Leben vor seinem eigenem Sohn zu schützen. Er wusste wo Thor hinwollte, dass war dadurch eindeutig heraus zu lesen. Thor wusste schon in Midgard, dass sein Vater wusste, was vor sich ging, dass er es seinem Sohn verschwiegen und ihn belogen hatte. Er würde noch früh genug mit ihm sprechen und es alles wenn es sein musste aus ihm herausschlagen, zunächst würde er aber seinen Bruder zur Rede stellen. Als er in den Zellen ankam saß Loki gegen die Wand gelehnt, die Augen geschlossen und die Enden seiner Haare mit Blut verklebt. Von seinen Lippen abwärts war er mit Blut besudelt, es klebte an ihm wie Erbrochenes. Seine im künstlichem Licht schneeweiße Haut gab einen enormen Kontrast zu dem tiefen Rot seines Blutes, sodass es aussah wie dutzende roter Blumen im Schnee. Als Thor die Zelle betrat öffnete er die Augen einen Schlitz breit, sah ihn mit den giftgrünen Augen an, die im Licht rot auf schimmerten, wie das Blut, dass er hustend zwischen seinen Lippen hervor presste. Der blonde junge Mann eilte auf ihn zu und legte ihm die Hand auf die Schulter. Er war nun wieder verunsicherter, wusste nicht, was er tun sollte, wusste nicht, was er sagen sollte. Er wusste, dass Odin ihm das angetan hatte. Was er nicht wusste war, ob es schlimmer war, was sein Vater seinem Bruder angetan hatte, als die Tatsache, dass der Donnergott bei seinem Aufbruch wusste, dass Loki das würde ertragen müssen, wenn er nach Midgard ging. Er schluckte, als er eine Hand unter das Kinn des anderen legte und mit dem Daumen das Blut von diesem wischte. Er drehte den Kopf des Anderen in seine Richtung und sah ihm fest in die Augen, versteckte seine Unsicherheit und seine Schuldgefühle hinter der Fassade der Wut. „“Hilf mir, Bruder!“....“zitierte er und schwieg danach kurz:“ Was hattest du dort zu suchen?“ Die Lieder des Schwarzhaarigen öffneten sich erschöpft etwas mehr, als er seinem älteren Bruder in die Augen sah. Seine tief grünen Augen wirken müde und ausgelaugt. „Ich hatte nichts zu suchen...“, keuchte er leise und seine Augen flimmerten dabei ängstlich. Angst. Sein Bruder hatte Angst vor ihm, einer der Albträume, die Thor schon und vor allem in seiner Jugend viele Nächte wach gehalten hatten. „Ach nein? Hast du nicht das hier gesucht?!“, stieß er ihm scharf entgegen und wühlte dabei aus seiner Tasche die vielen Seiten des Buches. „Ich habe es nicht gesucht.“, keuchte Loki wieder, diesmal nur leiser als zuvor, wobei Thor nicht wusste, ob es wegen dem Blut, oder wegen der Angst vor ihm war. Er biss die Zähne zusammen, innerlich bebte er. Der Gott der Lügen mag ausnahmsweise einmal die Wahrheit zu sprechen, das sah der Donnergott ihm an, er kannte Loki lang genug um zu wissen, wann er log. Was er stattdessen war, war es einfach nichts zu sagen, er ließ Thor die Fragen stellen, ließ jede Antwort aus sich herauspressen, er wollte nicht mehr verraten als nötig. Thor erkannte er nicht nur an seinen Antworten, vor allem aber erkannte er es an seiner Miene. Nach jeder Antwort presste er die Lippen aufeinander und unterbrach für eine Sekunde den Blickkontakt der beiden. Thor musste nicht intelligent sein, die Erfahrung brachte ihm hier mehr Vorteil, als alles andere. Er sah Loki scharf an, als seinen Augen heraus schien es zu blitzen und seine Stimme war wie ein leiser, drohender, grollender Donner: „Nicht gesucht? Woher hattest du es dann, wenn nicht gesucht? Ich-“, er wurde von einem Husten unterbrochen, das erneut den Blickkontakt der beiden Götter unterbrach. „Ich musste es nicht suchen, ich wusste wo es ist.“, hauchte der Jüngere dem Älteren der beiden Männer entgegen. Noch bevor dieser ihn fragen konnte, ihn anschreien konnte, woher er es wusste, gab er die Antwort von selbst: „ Du hast es mir wiedergebracht. Du hast es mir geschenkt.“ Thor stockte, seine Miene wurde bleich wie die des anderen Gottes. Sein Kopf schien zu brennen, als sich seine Gedanken überschlugen, er brachte keinen Ton heraus, sondern starrte seinen gegenüber einfach nur wortlos an. „Ich...bin Jane.“, keuchte Loki Thor noch einmal entgegen, gefolgt von einem großen Schwall Blut, dass er mit einem Husten ausspuckte. Thor sah ihn noch einige Sekunden an, erhob sich dann langsam und verließ so schnell es ging die Zelle. Er ergriff die Flucht. Er konnte er nicht ertragen, er verstand und gleichzeitig verstand er nicht. Wenn Loki Jane war, dann seit wann? Das war nur eine der zahlreichen Fragen, die ihm durch den Kopf schossen, als er die Treppen hoch stolperte und stakste. Er begab sich in Richtung Thronsaal, wollte die zweiten der beiden Personen, denen er sich sicher war, dass sie Antworten für ihn hatten, befragen, wollte sie durchlöchern und ausquetschen wie ein Stück Obst nach seinem süßen Saft. Er wollte die Wahrheit wissen, er zerbrach an der Unsicherheit, der Ungewissheit, sie schmerzte ihn so sehr, dass er glaubte sein Brustkorb würde zerspringen. Als er seinen Vater erblickte füllte sich seine Seele mit schwerem Zorn, die Wut trat an Mjölnir aus ihm heraus und Blitze zogen sich um seinen ganzen Arm und schließlich seine ganze rechte Körperhälfte. „Wo ist sie?“, schrie er den Allvater an, schritt dabei weiter auf diesen zu und die Blitze wurden stärker, größer und heller: „WO IST JANE?!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)