Alles oder nichts von canina ================================================================================ Kapitel 4: Der veränderte Consulting Detective ---------------------------------------------- Was ist nur mit Sherlock los? Warum ist er so nett, warum hat er mir sogar einen Kaffee gekocht und eine Toastscheibe getoastet? Wobei letzteres ein bisschen misslungen ist, sie war pechschwarz. John fragt sich verwundert immer dieselbe Frage. „Warum Sherlock?“ Er ist ja schliesslich sonst nie so nett. Das kennt John gar nicht von seinem Freund. Solch eine 'Schokoladenseite' ist dem Doktor unbekannt. Er geniesst es aber, solang Sherlock diese Seite zeigt, auch wenn John weiss, dass das nicht lange anhält. Schade eigentlich, es wäre schon noch schön, wenn Sherlock von Zeit zu Zeit im Haushalt mit anpacken würde. Aber John kennt ja seinen Mitbewohner, wie er leibt und lebt und mag ihn so, wie er ist. «Brauchen Sie sonst noch was?», fragt plötzlich der Detective und holt John aus seinen Gedanken heraus. «N...Nein...», stottert der Kleinere zurück. Er ist wirklich sehr verwundert über seinen Freund. John sitzt auf dem Sofa und geniesst einen weiteren Kaffee, den ihm Sherlock eingeschenkt hat, nachdem der erste fertig getrunken war. John lehnt sich zurück und schliesst die Augen. Ihm entfährt ein wohliger Seufzer. «Hach, das Leben kann manchmal wunderschön sein!», flüstert er glücklich. Plötzlich spürt er, wie das Sofa nachgibt und Sherlock sich neben ihn setzt. John öffnet die Augen und sieht in wohl etwas verwundert an, denn sein Freund muss bei Johns Anblick lächeln. Da legt Sherlock seine Hand auf den Arm des Militärarztes und sagt mit rauem und tiefem Bariton: «Das wegen gestern tut mir Leid und dass ich Sie gestern so unfreundlich begrüsst habe, auch. Verzeihen Sie mir?» Jetzt fällt es John wie Schuppen von den Augen. Jetzt wird es ihm klar, Sherlock will sich auf diese Weise, mit seiner Nettigkeit, entschuldigen! «Klar verzeihe ich Ihnen. Habe ich schon lange...», antwortet daraufhin John leise. «Sie können ja nichts dafür, dass ich so dumm war und Ihnen nicht geglaubt habe, obwohl ich ja weiss, wie perfekt Ihre Deduktionen immer sind. Ich bin und ich war einfach zu dumm.» Beschämt schaut John zu Boden und schweigt. «Sagen Sie nicht so was, John! Sie sind ganz sicher nicht dumm! Wenn Sie dumm wären, würde ich nicht mit Ihnen unter einem Dach wohnen. Dann würden Sie wohl mit Anderson zusammen den IQ der gesamten Weltbevölkerung senken. Aber nein, Sie sind nicht dumm! Sie waren einfach von ihrer Attraktivität geblendet, was ich ja nicht verstehen kann. Aber dennoch, dumm sind Sie ganz sicher nicht. Wenn Sie es wären, würde ich Sie nicht mögen und das tue ich!» John blinzelt und schaut seinen Freund mit zusammengezogenen Augenbrauen an. Ist Sherlock krank? Warum redet der jetzt plötzlich über Gefühle? Was läuft hier falsch? «Sherlock? Was ist los mit Ihnen?» «Was sollte schon los sein mit mir?» «Sie sind etwas eigenartig. Sie sprachen noch niemals über Gefühle mit mir.» «Einmal ist das erste Mal, oder John?» «Ja, schon, aber...» John hat es die Sprache verschlagen. Er weiss nicht weiter. Sein Freund schaut ihn mit einem warmen Lächeln an. Der Doktor muss sich zusammenreissen, um nicht dahinzuschmelzen oder sein Gegenüber gerade anzufallen. Deshalb schaut er sofort zu Boden und wird auch etwas rot, als er daran denkt, was passieren könnte. Sherlock lächelt schelmisch, als er das Erröten seines Freundes bemerkt. «An was denken Sie gerade, John?», fragt er, den Angesprochenen aus seinen Gedanken holend. «A...An n...nichts Relevantes...» «Nichts Relevantes? Was bedeutet das?» Sherlocks schelmisches Lächelnd wird immer breiter. «N...Nichts! I...Ich... Es... es... ach nichts.» Dem armen John verschlägt es die Sprache und er schaut wieder zu Boden. Sherlock seufzt und lächelt John warm, fast väterlich an. Der Consulting Detective hat schon längst bemerkt, dass Johns Gedanken schmutzig waren. Nichtsdestotrotz wollte er dennoch die Reaktion Johns erfahren. Wie erwartet, belustigte ihn diese. Aber jetzt ist es wieder still im Raum. John, immer noch rot, betrachtet nun schon einige Minuten das Muster auf dem Teppich, während Sherlock in dabei beobachtet. Plötzlich springt Sherlock auf und ruft: «Palytoxin, das Gift der Krustenanemone! Das ist die Lösung des Problems!» Der Lockenkopf durchsucht mehrere Schränkchen in der Küche, während der Doktor ihm verdattert nachschaut. Palytoxin ist ein hoch-tödliches Gift, es ist illegal, es zu besitzen. Vor allem ist es sehr teuer! Es ist ein Gift, das sofort die Nerven lahmlegt und man hat bisher noch kein Gegengift erfunden. John ist aber auch traurig. Von Sherlocks Hand auf seinem Arm ging vorhin eine enorme Wärme aus, die jetzt natürlich wegbleibt. Kälte ergreift Johns Herz wieder. Ach könnte er die Zeit doch nur um einige Minuten zurückdrehen, er würde soviel dafür geben. «Hier ist es! Schauen Sie nur, John! Diese unscheinbare Flüssigkeit hat vor zehn Jahren Anna Hemsmith das Leben gekostet.» «Vor zehn Jahren? Anna Hemsmith? Was...? Wer...? Warum...?», stottert der Blonde verwirrt. «Telefon!», befiehlt der Jüngere und streckt fordernd seine Hand auf. John, immer noch verwirrt, da er nicht weiss, um wen es geht und warum das gerade so plötzlich kommt, gibt ohne Kommentar sein Handy her. Sherlock tippt eine kurze Nachricht an Lestrade und gibt dann das Handy wieder zurück. John, der jetzt wieder weiss, um was es geht, nimmt es entgegen. Die Polizei rollt alte Fälle wieder auf, da sie zur Zeit nicht so viel zu tun haben, um sie zu schliessen. Die meisten werden natürlich mit der Hilfe Sherlocks geschlossen. So wie wohl auch der Fall Anna Hemsmith. Diese junge Frau, Anfang 20, fand man eines Morgens tot in ihrer Wohnung. Keine Spuren, nichts. Die Forensiker fanden nichts heraus, sie war wohl einfach gestorben. Den Mörder fand man, jedoch tot. Es war ihr damaliger Freund, Michael Tommsen, er hatte sie in einem Wutanfall umgebracht. Dies konnten die Polizisten im Abschiedsbrief lesen, den der Mörder aus Trauer geschrieben hat, bevor er sich erhängte. Die Todesursache war aber nicht im Brief, also legte das Scotland Yard den Fall ad acta. Bis jetzt. Sherlock hat mit seiner Deduktionsfähigkeit den Fall innerhalb drei Tagen gelöst. John lächelt bewundernd seinen Freund an. Dieser lächelt zurück und fragt: «Was denken Sie? Pizza, heute Abend, auf dem Sofa?» John nickt lächelnd. Oh ja, Pizza hatte er schon lange nicht mehr. Dabei liebt er dieses italienische Gericht doch so sehr! Er setzt sich wieder aufs Sofa, legt die Füsse hoch und schliesst entspannt die Augen. Sherlock setzt sich neben seinen Freund und verfällt wieder in seine Denkposition. Einige Minuten ist es still im Wohnzimmer der beiden, bis Sherlock plötzlich sagt: «Sie haben es nicht verdient.» «Was? Was habe ich nicht verdient?», fragt John etwas müde klingend zurück. Er hat in der letzten Nacht nicht viel geschlafen. Nebst den Gedanken an Allie quälten ihn dann auch noch Albträume vom Krieg. John wachte fast jede Stunde schweissgebadet auf. «So verletzt zu werden.» «Ach so, Sie reden wieder von... Allie...» «Nicht nur. Ich rede auch von mir. Ich weiss, manchmal bin ich wirklich unausstehlich. Hiermit entschuldige ich mich. Ich würde es durchaus verstehen, wenn Sie irgendeinmal die Sachen packen würden und auf Nimmerwiedersehen verschwinden würden.» Jetzt schaut John seinem Freund tief und ernst in die Augen und antwortet: «Hören Sie, Sherlock. Egal, was Sie tun, Sie werden immer mein Freund bleiben. Klar, manchmal nerven Sie mich schon, aber auch das gehört zu Ihnen. Sie sind mein Freund und Freunde mag man so, wie sie sind. Ich mag Sie so, wie Sie sind.» Sherlock nickt, schweigt aber. Er legt sich wieder zurück und schliesst die Augen. Sein Freund macht es ihm gleich. Eine halbe Stunde sitzen sie so da, jeder seinen Gedanken nachhängend. «Ich mag Sie auch, so wie Sie sind», durchbricht der Lockenkopf plötzlich die Stille. John lächelt. Es ist wieder still im Wohnzimmer, man hört nur den Atem der beiden Männer. Plötzlich legt Sherlock seinen Kopf auf Johns Schulter. Der Jüngere scheint eingeschlafen sein und den Älteren mit einem Kissen zu verwechseln. John macht erschrocken die Augen auf, aber dann beruhigt er sich wieder. Diese Nähe, diese Wärme wirkt sehr beruhigend auf den ehemaligen Militärarzt. John hebt langsam die Hand und streicht seinem Freund zärtlich und sanft eine Locke aus dem Gesicht. Lächelnd und glücklich lehnt sich John zurück und nach einigen Minuten ist auch er eingeschlafen. Sherlock reckt sich, gähnt. Dann erhebt er sich aus seiner Position. Er hat etwas sehr eigenartiges geträumt. Er war auf einer Wiese und die Sonne schien. Plötzlich kam ein kleiner, aber warmer, Windstoss und strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. Die grosse Verwunderung kam aber erst, als er bemerkte, dass der Wind Johns Geruch hatte! Das könnte natürlich davon kommen, weil er auf dessen Schulter geschlafen hat, wie der Detective gerade bemerkt. Aber was wirklich eigenartig ist, der Consulting Detective träumt sonst nie! Wenige Minuten später erwacht auch John wieder. Jetzt fühlt er sich ausgeruht und er ist zufrieden. Seine Augen fallen ihm wenigstens nicht jeden Augenblick vor Müdigkeit zu. «Guten Appetit!», wünscht John seinem Freund. Dieser nickt mit vollem Mund. Die beiden sitzen auf dem Sofa und geniessen eine Pizza. Sogar Sherlock hat sich eine bestellt! «Das war jetzt gut!», seufzt John glücklich und mit vollem Bauch. «Oh ja! Genehmigen wir uns einen Schluck Wein?» „Was? Sherlock schlägt vor, Alkohol zu trinken? Was ist nur mit diesem Typen los?“, fragt sich John. Nichtssagend und lächelnd holt er dann doch die Flasche aus dem Kühlschrank. Aus dem einen Schluck wird eine ganze Flasche und die beiden sind nach zwei Stunden schon sehr angetrunken. Sie lachen sehr viel, reden eigentlich nur noch unnötiges Zeug. Doch plötzlich fragt der Detective, dem der Alkohol sehr zu Kopf steigt, da er ja sonst fast nie Alkohol trinkt: «John? Lieben Sie mich?» Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)