Alles oder nichts von canina ================================================================================ Kapitel 2: Folgen einer Begegnung --------------------------------- Der Mann, Mitte 30, liegt in seinem Blut auf dem Boden, den Bauch aufgeschlitzt. Eine schnelle Deduktion von Sherlock und schon hat das Scotland Yard den ersten Verdächtigen. Die Freundin des Opfers. Laut Sherlock war das eine Eifersuchtstat, begangen, da der Mann die Frau betrogen hatte. Lisa Pawell, so heisst die Verdächtige, streitet zwar alles ab, doch nach einigen Minuten, in denen der Consulting Detective alleine mit ihr gesprochen hat, gibt sie alles zu. Sie gesteht die Tat, zeigt aber keine Reue. Er hätte es verdient, flüstert sie immerzu mit einem kalten Unterton in der Stimme. John folgt seinem Freund nach diesem Erfolg nach draussen an die frische Luft, denn plötzlich ist der Consulting Detective mit wehendem Mantel hinausgestürmt. Draussen stellt John seinen Freund zur Rede: «Warum sind Sie gerade eben so schnell hinausgestürmt?» «Gegenfrage: Wollen wir heute Abend etwas zusammen Essen gehen bei Angelo?» Der Arzt ist ganz verdattert. Was hat denn nun das eine mit dem anderen zu tun? Da ihn der Grössere immer noch fragend anschaut, gibt John schnell seine Antwort: «Ja, gerne.» John fragt nicht weiter, Sherlock wird schon einen Grund gehabt haben, sich so beeilt zu haben. Zu Hause angekommen lässt sich John ein warmes Schaumbad ein. Immer nach einer Leiche muss er sich den Totengeruch abwaschen. In der Badewanne kann er sich aber auch entspannen, kann nachdenken über alles. Er legt sich genüsslich in die Wanne und schliesst die Augen. Ihm entfährt ein glücklicher Seufzer. Plötzlich hört er, wie sich die Türe zum Badezimmer öffnet. John macht erschrocken die Augen auf, um zu sehen, wer ihn da in seiner Ruhe und Behaglichkeit so unverfroren stört. Natürlich, es ist Sherlock. «Was um alles in der Welt tun Sie hier, Sherlock? Ich bin verdammt nochmal am Baden!», ruft John aus. «Ich brauche nur Ihr Parfüm, um an einem Experiment weiterfahren zu können», antwortet daraufhin seelenruhig der Jüngere. John wirft ihm einen kalten und bösen Blick zu und zieht wütend den Duschvorhang zu. Da fällt ihm noch eine schnippische Frage ein: «Haben Sie mich überhaupt um Erlaubnis gefragt, ob Sie mein Parfüm für Ihre Experimente brauchen dürfen?» Doch der Grössere ist schon längstens gegangen. John seufzt wütend. Jetzt ist es mit der Ruhe vorbei, er kann sich nicht mehr zurücklehnen, zu sehr schwirren wütende Gedanken in seinem Kopf herum, lassen ihn nicht klar denken und lassen ihn sich nicht beruhigen. Er steht also auf, geht aus der Wanne heraus und stapft wütend in sein Zimmer, um sich anzuziehen. Sherlock hingegen ist nicht entgangen, wie wütend sein Mitbewohner ist. John ist manchmal ein bisschen zu emotional, aber auch das gehört zu seinen Eigenheiten. Sherlock mag seinen Freund so wie er ist, auch wenn er sich manchmal eigenartig verhält. «Kommen Sie schon, Sherlock. Es ist bald acht. Angelo wird nicht ewig auf uns warten», ruft der wieder ruhige John seinem Freund entgegen. Dieser, noch immer im Badezimmer, um sich für heute Abend bereit zu machen, ruft zurück: «Warten Sie, ich komme ja bald.» Die Tür geht auf und heraus kommt ein Consulting Detective, der sich sehen lässt. Er hat sein dunkelviolettes Hemd an und eine schwarze Jeans, die ihm hervorragend steht. Seine Haare hat er ein bisschen zurückgekämmt, aber die eine Strähne hängt ihm immer noch in die Augen. John hat sich schon mehrmals überlegt, ob er sie seinem Freund sanft und zärtlich aus dem Gesicht streichen soll. Er hat aber immer den Gedanken sofort wieder verworfen. John kann einen Augenblick lang nichts tun, so fesselt ihn der Anblick seines Freundes. Dann holt ihn Sherlock aus seiner Starre, indem er ihn ruft: «Kommen Sie, John. Ich warte.» John dreht sich zu seinem Freund um, der plötzlich bei der Ausgangstüre steht, und läuft ihm entgegen. Sie setzen sich im Restaurant an einen kleinen runden Zweiertisch. Angelo kommt und will wieder die Kerzen hinstellen, was ja von John immer mit einem «Er ist nicht mein Date!» kommentiert wird. Heute aber nicht. John lächelt Angelo nur an und wendet sich dann wieder seinem Gegenüber zu. Angelo hat ein schelmisches Lächeln auf dem Gesicht, als er wieder in die Küche zurückgeht. «John? John Watson?», ertönt plötzlich eine Frauenstimme hinter den beiden Freunden. Der Angesprochene wendet sich in die Rufrichtung und sieht die Ursache. Diese ist eine Frau Mitte 30 und hat braune Haare. Die Frau hat ein blaues, knielanges Kleid an, braune Augen und eine weiche, feine Stimme. Sie kommt dem Doktor merkwürdig bekannt vor. «Allie? Allie Jordan? Bist du es?», fragt er daraufhin. Allie bejaht und fragt ihn daraufhin ob es ihm gut ginge, was er beruflich mache, wie es ihm seit der Schulzeit gegangen sei. Nach einem kurzen Gespräch haben die Beiden abgemacht, dass sie sich am nächsten Abend treffen wollen, um sich ein bisschen zu unterhalten. Allie und John waren zusammen in der Grundschule und haben sich seitdem nie mehr gesehen. Deshalb möchten sie sich ein bisschen darüber austauschen, was in den letzten paar Jahren passiert ist. Sherlock wird von Wort zu Wort, das die Beiden austauschen, griesgrämiger und gegen den Schluss hat er so eine saure Miene aufgesetzt, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Als Allie wieder gegangen ist, spricht John seinen Freund auf den Gesichtsausdruck an. «Was war das denn?» «Mir gefällt es gar nicht, dass Sie mit dieser Frau etwas abgemacht haben. Sie will Sie nur benutzen, glauben Sie mir!», entgegnet der Detective mit einem wütenden Blitzen in den Augen. Sherlock bemerkt, dass er eifersüchtig ist und dies gefällt ihm gar nicht. Eifersuchtsgedanken schwächen die Deduktionsfähigkeit und lenken vom wesentlich Wichtigeren ab. «Sherlock! Hören Sie sofort auf damit! Ich kenne sie, sie ist die Nettigkeit in Person! Niemals würde sie mich ausnutzen!», ruft John wütend aus, erhebt sich und stapft zornig nach draussen in den Schnee. Sherlock schaut ihm ungläubig hinterher. Angelo kommt und will fragen, was passiert ist, doch da ist der Jüngere auch schon aufgestanden und eilt seinem Freund hinterher. «John! Warten Sie!», ruft Sherlock. Der Angesprochene bleibt stehen und dreht sich um. Mit wehenden Locken kommt Sherlock näher, bis er dann schlussendlich vor dem immer noch wütenden John stehen bleibt. «Was? Wollen Sie sich entschuldigen? Ach nein! Ein Sherlock Holmes entschuldigt sich ja nie!», knurrt der Kleinere. Jetzt wird Sherlock auch wütend und sie blitzen sich gegenseitig zornig an. John ergreift die Initiative und wendet sich ab. Eilig und wütend auf den Boden stapfend läuft er nach Hause in die Bakerstreet 221b. Dort angekommen zieht er seinen Mantel aus, wirft ihn über den nächsten Küchenstuhl, nimmt sich ein Glas und die erstbeste Flasche Alkohol, die ihm in die Finger kommt. Es ist ein schottischer Scotch. Er füllt sich ein Glas, setzt sich auf den Sessel und nimmt den ersten Schluck. Der Doktor ist so wütend, dass er das Glas daraufhin in einem Zug hinunterstürzt, obwohl er diesen Scotch überhaupt nicht mag. Sherlock nimmt einen grossen Umweg, um nach Hause zu kommen. Frische Luft und Bewegung regt zum Nachdenken an. Seine Hirnzellen erfreuen sich der klirrenden Kälte und laufen auf Hochtouren. Sherlock überlegt sich, was er falsch gemacht hat, was er besser hätte machen können. Er kommt aber nicht drauf. Er wollte John doch nur die Wahrheit sagen, ihn nur vor Schmerzen bewahren. Nach einer kurzen Deduktion hat der Consulting Detective nämlich festgestellt, dass Allie eine Frau ist, der es nur um das Geld und um Sex geht. Sie würde sich nie in eine Beziehung mit John einlassen, dafür ist er ihr zu uninteressant. Aber sie würde mit ihm Sex haben, ihn ausrauben und dann auf immer verschwinden. Aber John will ja nicht der Wahrheit ins Auge schauen. Sherlock läuft in Gedanken vertieft Richtung Bakerstreet. Dort angekommen steigt er die Treppe hoch zu ihrer gemeinsamen Wohnung. Mrs Hudson, die Sherlock zuwinkt, ignoriert er. Er hat jetzt keine Zeit für einen Nachbarsschwatz. Er öffnet die Türe und erschrickt sogleich, als er realisiert, was er da sieht. John liegt nämlich auf dem Sofa, die zu drei Viertel leere Scotchflasche in der Hand und will sie gerade wieder an seine Lippen setzen, um einen tiefen Schluck zu nehmen. Sherlock ergreift die Initiative und schlägt John die Flasche aus der Hand. Unbeachtet des Scotches, der sich über den Teppich ergiesst, setzt sich Sherlock vor seinem Freund in die Hocke und befiehlt: «John! Ich weiss nicht, warum Sie sich betrinken, aber Sie müssen schleunigst ins Bett!» «Nneiin.. Muuss ich niicht... Shsherlock, hat Ihnnen jjemand schschon gessssagt, wie wwwunderschön Sssie sssind?», erwidert der betrunkene John. Da bemerkt Sherlock hinter Johns Rücken die zweite Scotchflasche. Sie ist leer, das heisst, er hat schon sehr viel Alkohol intus und ist ein Fall fürs Bett. Sherlock ignoriert die Aussage von John und legt seinen Arm um Johns Hüfte. Mit dem anderen Arm hält er Johns Hand fest. Schwankend und langsam wird John von Sherlock in Sherlock's Zimmer geführt, da dieses am nächsten ist. Sherlock hilft John sich auszuziehen und der Doktor legt sich dann mit Unterhose bekleidet in Sherlock's Bett. Aber nicht bevor er Sherlock umarmt hat, ihm Komplimente gegeben hat und ihm gesagt hat, dass er ihn liebt. Sherlock ignoriert die Annäherungsversuche und schiebt sie auf den hohen Alkoholpegel im Blut seines Freundes. Wenn er dann am nächsten Morgen wieder erwachen würde, würde er sich schämen für den Müll, den er da gesagt hat. Sherlock ist sich sicher, dass John dies nicht ernst meint. Ganz anders aber John. Er meint es so wie er es sagt, aus ganzem Herzen. Er ist nämlich nicht ganz so betrunken, wie es scheint. Er will die Reaktion von Sherlock sehen. Die eine Flasche war nämlich nur halb voll, als er angefangen hat, sie zu trinken. Aber er hat natürlich schon etwas über den Durst getrunken und das merkt er auch. Sherlock's Reaktion ist aber nicht ganz die, die der Doktor erwartet hat. Aber immerhin interessiert sich Sherlock für den körperlichen wie auch für den seelischen Zustand seines Freundes. Sherlock deckt John zu und dieser schliesst nach einiger Zeit die Augen. Er tut so, als würde er schlafen. John weiss selber nicht, warum er dies hier durchzieht. Er wollte sich zwar schon betrinken, da er dies in letzter Zeit immer macht, wenn er Streit mit seinem Mitbewohner hat, aber dass er weiterhin den Betrunkenen spielen würde, das hätte er nicht gedacht. Er will nur mal die Reaktion von Sherlock testen, will schauen, ob sein Mitbewohner dasselbe fühlt wie John für ihn. Doch bis jetzt hat sich dies nicht bestätigt und John wird immer wie trauriger. Er weiss auch wieso Sherlock sich nicht auf diese Weise für ihn interessiert. John ist einfach zu normal, zu uninteressant für Sherlock. Doch Sherlock denkt in diesem Moment genau das Gegenteil. Er muss sich enorm zurückhalten, um John nicht zu sagen, wie sehr er ihn begehrt, wie sehr er ihn will. Seine Gefühle unterdrückend und scheinbar seelenruhig schaut er noch einmal, ob alles in Ordnung ist, ob John wirklich auch überall zugedeckt ist. Dann lächelt er, als er sieht, wie der Militärarzt scheinbar seelig schläft. Sherlock kann den Drang nicht unterdrücken und beugt sich zu seinem Freund hinunter. Schaut ihn lange an und gibt ihm dann schlussendlich einen kleinen Kuss auf die Stirn. Es ist wohl eher ein Berühren der Lippen mit der Stirn, nur der Hauch eines Kusses. Aber dennoch hat es in Sherlock eine riesige Welle der Gefühle ausgelöst, hat ihn wieder zum Lächeln gebracht. Die Welle der Gefühle überrollt ihn, überrumpelt ihn und er geht nachdenklich aus dem Zimmer. Ganz leise und in Gedanken versunken geht er ins Wohnzimmer, setzt sich aufs Sofa, auf dem John zuvor gesessen hat und denkt nach. Da bemerkt er, wie sein Herz höher schlägt. Sobald er an John denkt und seinen Geruch einatmet, der noch im Stoff des Sofas hängt, beschleunigt sich sein Herzschlag, es wird warm um sein Herz. Sherlock weiss nicht, was dies bedeutet, denkt nach, ob es vielleicht eine Krankheit sein könnte. Er verfällt wieder in seine Denkposition und schliesst seine Augen. John indes kann vor Freude nicht einschlafen. Er hat vorhin nämlich nur gespielt, dass er schläft, doch jetzt macht sich die Wirkung des Alkohols durch Müdigkeit bemerkbar. Er lässt aber nicht nach, bleibt wach. Der Kuss, die Berührung ihrer beider Körper, ihrer beider Gesichter hängt noch in der Luft. John ist glücklich wie noch nie zuvor. Sherlock mag ihn, das steht fest. Aber mag er ihn denn auch so sehr, wie John ihn mag? Liebt er ihn denn auch? Mit diesen Fragen im Kopf schläft der Betrunkene schlussendlich ein. Sherlock denkt noch einige Augenblicke nach. Dann bemerkt er, wie spät es eigentlich ist. Seit seinem Zurückkommen in die Bakerstreet sind schon vier Stunden vergangen, es ist tiefste Nacht. Es ist aber auch so viel passiert. Die verbalen, wie aber auch die nonverbalen Annäherungsversuche von John bewirken, dass die grauen Zellen des Consulting Detectives auf Hochtouren laufen. Sprich, er denkt nach. Johns Berührungen und auch seine Worte sind dem Detective eingefahren, sie haben sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Er befürchtet immer mehr, dass er dem chemischen Defekt, der Liebe verfallen ist. Dies passt ihm aber überhaupt nicht! Liebe schwächt, Liebe macht krank und genau das kann er zur Zeit überhaupt nicht gebrauchen! Er geht ins Zimmer von John und macht sich bettfertig. Dann legt er sich ins Bett seines Freundes und atmet tief ein. Atmet den Geruch seines besten Freundes und Mitbewohners ein. In dieser Nacht schlafen beide Männer glücklich ein, mit dem Geruch des anderen in der Nase. Mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen begeben sie sich ins Land der Träume. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)