The Place, where you belong... von caty (Wichtelgeschenk für Kiki) ================================================================================ Kapitel 3: Ungebetener Gast --------------------------- „Wenn du willst, können wir später noch ne Runde drehen!“, meinte Kazuki gut gelaunt, der mit Kaito auf der großen Couch in Nähe des riesigen Weihnachtsbaumes saß und sich mit ihm gerade angeregt über sein neustes Prachtstück unterhielt. Bei dem es sich natürlich um einen nigelnagelneuen Sportwagen handelte. Von seinen Eltern zu Weihnachten, wie er mit einem betont gleichmütigen Lächeln erzählt hatte, denn ihrem Sohn teure Geschenke zu machen, schien das einzige zu sein, das sie Kazuki zu geben hatten. Angesichts DIESES Geschenks jedoch… Kaito konnte einen gewissen Neid nicht leugnen. „Ist das dein Ernst?“, fragte er daher voll Begeisterung und setzte sich etwas aufrechter hin, als wolle er am liebsten gleich nach draußen und den Wagen probefahren, „Und ich… darf ich mal fahren?“ „Klar!“, antwortete Kazuki prompt, sah dann allerdings mit einem verschmitzten Grinsen zu der zum wiederholten Mal gefüllten Glühweintasse in Kaitos Händen, „Wir haben immerhin ne gute Versicherung! Wenn du nämlich noch mehr davon trinkst, weiß ich nicht, ob ich dich noch…“ „Hey Kaito!“, Renjos Stimme unterbrach ihr Gespräch und Kaito blickte fragend zu seinem besten Freund, der sich nun neben Kaito auf den freien Platz plumpsen ließ und ihm mit einem Lächeln ansah, das Kaito noch aus Kindheitstagen kannte. Das war dieses kindlich anmutende Lächeln, das Renjo immer drauf hatte, wenn ihm gerade ein Streich geglückt war und er sich schwer tat, nicht sofort loszulachen. „Was hast du angestellt?“, fragte Kaito mit skeptisch erhobener Braue seinen grünbemützten Freund. „Sieh nach oben!“, sagte dieser nur als sein Blick nun eindringlicher wurde und er mit einem verführerischen Lächeln mit den Augen nach oben wies. Kaito tat wie geheißen, blickte an die Decke und sah – nichts! „Nicht ganz so hoch!“, korrigierte Renjo ihn belustigt und erst nachdem dieser eine Hand hob um den Rentierhaareif, den Kaito von Amy aufgezwungen bekommen hatte, etwas nach vorne zu rücken, erkannte Kaito den kleinen grünen Zweig, den wohl „irgendein“ Weihnachtswichtel während seines vertieften Gesprächs mit Kazuki von hinten an seinem Geweih angebracht haben musste. „Ehrlich, Renjo, ein Mistelzweig? Ist das nicht ein bisschen zu klischeehaft? Selbst für uns?“, meinte Kaito, kam allerdings nicht umhin belustigt zu lachen und Renjo kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass es nicht böse gemeint war. „Ach, halt die Klappe und bewahre die Tradition!“, forderte Renjo nur und bevor Kaito noch widersprechen konnte, spürte er schon die Hand in seinem Nacken und die vertrauten Lippen auf den seinen. Es war ein inniger Kuss und Kaito ging nur zu gerne darauf ein, wobei es nun nicht mehr nur der Glühwein war, der ihm einheizte. Es war angenehm, sich mit Renjo nicht mehr verstecken zu müssen. Vor kurzem noch wären sie für so einen Kuss in irgendeine ungesehene Ecke verschwunden und wären dann in Erklärungsnot geraten, wenn sie dabei die Zeit vergaßen. Aber auch wenn sie zumindest in der Öffentlichkeit immer noch nur beste Freunde waren, so war es schön, es wenigstens vor den anderen Wächtern nicht mehr geheim halten zu müssen. Wobei sich herausgestellt hatte, dass es eigentlich eh nie so ein großes Geheimnis gewesen war, wie sie beide angenommen hatten, denn nachdem sie sich endlich dazu entschlossen hatten, sich vor den anderen zu outen, hatte jeder bereits schon Bescheid gewusst oder es zumindest geahnt. Nicht weil Yuki oder Shio etwas verraten hätten, sondern wohl schlichtweg, weil sie nicht ganz so subtil mit ihren Gefühlen waren, wie sie es sich eingebildet hatten. Aber da ihre Befürchtungen sich nicht bestätigten und sie von den anderen weder anders behandelt noch anders gesehen wurden, war es eine große Erleichterung gewesen. Um ihre Liebe auch der Öffentlichkeit zu zeigen waren sie noch nicht bereit, denn sie wussten, dass dort nicht jeder so tolerant sein würde und als „schwul“ ließen sie sich beide nicht gerne bezeichnen. Denn abgesehen davon, dass sie… nun ja einander liebten gab es keinen anderen Mann, der für sie von Interesse war! Für Kaito zumindest nicht! Bei Renjo war das manchmal schwerer zu sagen, denn auch wenn er nichts dafür konnte, so war sein Geist und sein Körper schlichtweg leichter zu manipulieren. Duras hatten bis zu einem gewissen Grad Einfluss auf seine menschliche Seite und Kyle… nun, Kaito war jedenfalls froh, dass der heute nicht hier war! Nachdem Satariel aus der Welt geschafft wurde, waren die beiden englischen Wächter noch eine Weile geblieben, um sie weiter zu trainieren und auch auf das vorzubereiten, was künftig auf sie zukommen würde, zu den Feiertagen allerdings waren sie zurück in ihre Heimat nach England geflogen um dort bei ihrer richtigen Einheit zu sein. Ein bisschen war es schade, denn Kaito hatte gerade begonnen, sich an sie zu gewöhnen, doch in Renjos Sinne war es dann eigentlich ganz praktisch, ihn nicht mehr Kyles „Dauerbestrahlung“ auszusetzen. Renjo löste den Kuss, trennte sich allerdings nur so weit von ihm, um ihm feixend entgegenzusehen. „Sonstige Beschwerden, Rudolf?“, fragte er leise und Kaito grinste. „Nichts gegen gute Klassiker!“, entgegnete er und war es dann selbst, der Renjos Lippen mit seinen verschloss und den Kuss intensivierte. Viel Zeit zum genießen blieb ihnen allerdings nicht, denn Amy, die man zuvor aus dem Esszimmer noch munter ihre Weihnachtslieder hatte schmettern hören, ließ nun verlauten, dass alles zum Essen fertig gedeckt und bereit war. Das Esszimmer und die gedeckte, lange Tafel waren ebenfalls ein Traum. Gehalten in dem von Azrael bevorzugten weiß und gold. Das Geschirr war feines Porzellan, das Besteck echtes Silber – was Kaito beurteilen konnte, denn in der Pension hatten sie ebenfalls ein Set – und die platzierten Sekt- und Wassergläser aus edlem Kristall. Der große Kristallkronleuchter an der hohen Decke tauchte den Raum in ein warmes, gemütliches Licht und die Tischdeko bestand aus verteilt liegenden kleineren und größeren Diamanten, ein paar Eisskulpturen in Engelsform sowie kunstvoll verzierten, goldenen Weihnachtskugeln. Im ersten Moment schien einfach alles zu glitzern und in den verschiedensten Farben durch die Lichtbrechung zu funkeln. Es war gut, dass man Kaito nicht zur Tischdeko eingeteilt hatte, wie ihm nun durch den Kopf schoss. Denn auch wenn er das immer noch besser konnte als Kochen, so wurde es bei ihm immer etwas rustikaler und seine bevorzugten Themenmottos waren „Autos“ oder „Sport“. In diesem Fall hätte er mal eine Ausnahme gemacht und „Weihnachten“ gewählt, aber auch das sähe bei ihm dann wesentlich anders aus. So war es ganz gut, dass die Deko von den besseren Feingeistern in ihren Kreisen übernommen wurde und Azrael stinkreich war! Aber auch die Köche hatten großes Lob verdient, denn die Speisen, die aufgetischt wurden, ließen einem schon beim Geruch das Wasser im Mund zusammen laufen. Nachdem alles von der Küche ins Esszimmer gebracht wurde, nahmen sie an der großen Tafel Platz und Kaito setzte sich zwischen Renjo und Ryo, dem er zuvor noch grüßend eine Hand auf die Schulter legte und ihm ein Lächeln schenkte, das für Ryo mehr sagen würde als es Worte taten, denn als Wächterpartner waren diese nicht nötig. Kaito wusste, dass der Rothaarige vermutlich hauptsächlich wegen ihm hier war und sich diese Feierlichkeiten „antat“. Er hatte schon die vergangenen Tage gespürt, dass Kaito etwas belastete, dass er trauerte und Kaito hatte gespürt, dass Ryo ihm als Antwort darauf seine übliche Art von stillem Beistand zukommen ließ. Keine unnötigen Worte, keine erzwungenen Gespräche und Aussprachen, nur seine stille Unterstützung und damit Hinweis genug um Kaito eigentlich da schon das wissen zu lassen, was Shio ihm vorhin auf dem Balkon nochmals näher gebracht hatte. Dass sie nicht mehr alleine waren! Also erwiderte Kaito Ryos Unterstützung und Anwesenheit nun mit seiner Art des unausgesprochenen Danks in Form eines Lächelns und wenn er sich nicht täuschte, schien sein Partner dieses sogar kurz zu erwidern. Kaito setzte sich und als er seinen Blick über die Runde schweifen ließ, schlich sich ein belustigtes Schmunzeln auf seine Lippen. Überall sah man nur Weihnachts- und Wichtelmützen oder Rudolfgeweihe, wie er eins hatte. Nun alle so mit ihren Weihnachtsaccessoires hier beisammen sitzen zu sehen hatte durchaus was für sich. Doch… einer fehlte noch… oder zwei? Überrascht bemerkte er, dass es nicht nur Azraels gedeckter Platz war, der frei blieb. Links neben diesem an der Tafelspitze war noch ein weiterer gedeckter Platz, was seltsam war, denn als Kaito nochmals reihum alle durchzählte, schienen alle da zu sein: Amy, Yuki, Shioya, Seraphin, Kazuki, Aeon, Akira, Noir, Ryo, er selbst und Renjo. „Ich fürchte, ihr habt einen Platz zu viel gedeckt.“, stellte Kaito an Amy gewandt fest, die bei der Deko beteiligt gewesen war und ihm nun am Tisch gegenübersaß. „Willst du mir damit etwa unterstellen, ich könnte einen Fehler gemacht haben?“, erwiderte sie schelmisch und als Kaito nur den Mund öffnete und vor sich hinstammelte, statt eine schlagfertige Antwort zu geben, lachte sie munter und schüttelte dann den ebenfalls mit einer grünen Wichtelmütze gezierten Kopf, „Nein, das stimmt schon so, Süßer. Ich habe bei der Sitzordnung Azraels Anweisungen befolgt, also nehme ich an, dass unser Liebchen noch einen Gast mitbringen wird.“ Sie wirkte dadurch nicht im Geringsten nachdenklich oder in ihrer Stimmung gedämmt, Kaito allerdings tauschte auf diese Worte hin mit Renjo einen beunruhigten Blick. Ein Gast? Azrael und ein Gast? Es gab nicht viele Personen, die das Recht hatten, in dieser Villa ein- und ausgehen zu dürfen und die Vorteile des Bannkreises zu nutzen. Normalerweise war dies lediglich Wächtern vorenthalten. Tatsächlich fielen Kaito nur zwei Personen ein, die als Gast gemeint sein könnten. Der eine war Azraels Erzengelbruder Gabriel und der andere… Noch bevor sich die Tür öffnete war Raynes Nähe zu spüren. Vermutlich war er zuvor in Azraels Büro gewesen, wo seine Aura verdeckt wurde, aber abgesehen von diesem einen Zimmer konnte ein Duras innerhalb dieses Bannkreises seine wahre Identität nicht verschleiern und kurz bevor er mit Azrael den Speisesaal betrat, erklang das warnende Summen seines Ringes. Wo zuvor noch rege Gespräche an allen Ecken geführt wurden, war es mit einem Mal mucksmäuschenstill geworden und alle Blicke richteten sich auf den hochgewachsenen Erzengel und seinen „Gast“. An sich gaben die beiden ein ulkiges Bild ab, denn Raynes Outfit gab beinahe noch mehr nackte Haut preis als es Amys schon recht knappes – und durchaus sexy aussehendes – Weihnachtselfenkostüm tat, aber dass Rayne gerne freizügige, extraordinäre Kleidung trug war hier niemandem mehr neu. Was viel verblüffender war, war eher dass er gerade tatsächlich eine Art schwarzes Weihnachtsmannkostüm trug. Sich also damit gewisserweise… anpasste? Dieser Begriff in Bezug auf Rayne schien nicht so recht zu passen und doch fiel Kaito spontan nichts anderes ein. „Wow…“, war es dann allerdings Rayne, der als erstes die Stille brach, „Mann, hier geht ja echt die Post ab!“, er klopfte Azrael anerkennend auf die Schultern während sich ein hämisches Grinsen auf seinen Zügen breit machte, „Wie gut dass ich das hier nicht verpasse!“ Gut, momentan war hier wohl wirklich tote Hose, denn Raynes unerwartetes Auftauchen hatte sie alle kalt erwischt. Fast alle zumindest, denn Amy löste sich rasch aus ihrer Starre und lachte erheitert auf. „Nun, Herr Dämon, die Stimmung ist immer so gut, wie man sie sich macht.“, entgegnete sie dann und zwinkerte ihm keck zu, „Wie wär’s wenn ihr euch erstmal setzt und dann zeigst du uns später, was ein Dämon unter einer gelungenen Feier versteht?“ Sie meinte es gut und schien Rayne wie immer eine Chance geben zu wollen, nichts Zynisches schwang in ihren Worten mit, doch der Gedanke, Rayne nun den Rest des Abends am Hals zu haben trug nicht unbedingt dazu bei, Kaito in Feierstimmung zu versetzen. „Glaub mir, Schätzchen, die Art wie Dämonen feiern…“, Rayne grinste verschwörerisch, während die intensiven, smaragdgrünen Augen über die jüngsten Mitglieder ihrer Runde glitten, „ist nichts für Kinder!“ Und doch folgte er nun Amys Aufforderung und setzte sich gemeinsam mit Azrael an die freien Plätze am Ende der Tafel. Kaito sah aus den Augenwinkeln wie sich Renjo neben ihm verspannte und als er besorgt zu diesem blickte, war nichts mehr von der vorigen Gelassenheit mehr zu erkennen. Ein Fakt, der nun auch Kaito aus seiner Fassungslosigkeit verhalf. „Was tut DER hier?“, fuhr Kaito den Erzengel ungehalten an, weder fähig noch gewillt, seinen Zorn zu verbergen. Es war schließlich Weihnachten! Das Fest der Liebe und Familie! Shios und sein erstes Weihnachtsfest mit ihrer neuen Familie, er wollte nicht diesen Störenfried hier haben und sich ständig fragen müssen, was in Renjo wohl vor sich ging, während er gezwungen war diesem Möchtegernvater gegenüber zu sitzen! „Ich habe ihn eingeladen.“, antwortete Azrael ruhig und wandte sich dann an die Allgemeinheit, „Rayne hat viel für uns getan! Im Kampf gegen Satariel hat er mehr riskiert und mehr einstecken müssen als jeder andere hier. Dass wir letztendlich siegreich waren, haben wir zu einem großen Teil ihm zu verdanken.“ „Hey, Engelchen! >Rayne< kann für sich selbst sprechen.“, meinte der Duras mit einem belustigten Grinsen, aber Azrael schien es vorzuziehen, diesen Einwand zu ignorieren. Denn er legte Rayne nur eine Hand auf die Schulter und fuhr an seine Wächter gewandt fort: „Er hat sich seinen Platz hier verdient!“ Erneute Stille trat ein. Kaito wusste nichts darauf zu erwidern. Was Azrael sagte stimmte ja gewisserweise, denn Rayne war ihnen trotz all ihres Misstrauens und ihrer Verdächtigungen eine große Hilfe gegen Satariel gewesen. Auch ihre Vermutung, dass er sich kaum, dass Satariel kein Thema mehr war, gegen sie richten würde, hatte sich bisher nicht bewahrheitet. Weder hatte er einen von ihnen angegriffen, noch hatte er in den letzten Monaten einem Menschen etwas angetan, denn natürlich hatten sie dies im Blick behalten. Manchmal war er sogar bei Renjo aufgetaucht, das wusste Kaito, weil er entweder dabei gewesen war oder es von Renjo erzählt bekam und auch ihm hatte er nichts getan. Nicht wirklich jedenfalls. Sie waren nie wirklich schlau aus ihm geworden, denn meistens wenn Rayne sie besuchen kam, nervte er sie nur ein wenig und ging dann wieder. Kaito vermutete, dass ihm wohl langweilig geworden war und dass er diese Langeweile nicht damit vertrieb, Menschen oder Wächter abzuschlachten sprach vielleicht für ihn, aber nichts desto trotz… war er einfach unerträglich! Azraels Worte und seine Fürsprache für Rayne waren ja schön und gut, aber so wie Kaito Rayne kennen gelernt und bisher erlebt hatte, hatte dieser nie wirklich Hinweise gegeben, überhaupt einen Platz hier haben zu wollen. Er verachtete sie schließlich, wie er nicht müde wurde, ihnen deutlich zu machen. Was also wollte er hier? Ihnen die Festlichkeiten verderben? Kaito wollte diese Gedanken gerade aussprechen, doch Renjos Hand, die seine unter dem Tisch ergriff und beruhigend streichelte, ließ ihn inne halten. „Ist schon gut, Kaito. Ich komm klar.“, flüsterte Renjo ihm zu und Kaito sah ihn prüfend an um zu sehen, ob das stimmte. Ein wesentlicher Grund, weshalb Kaito Rayne nicht hier haben wollte war schließlich Renjo! Nicht nur, dass Raynes Anwesenheit genügte, um in ihm wohl jedes Mal wieder ein heilloses Gefühlschaos anzurichten, wurde Kaito den paranoiden Gedanken nicht los, dass Raynes ganze Zurückhaltung in den letzten Wochen und das vermeintliche Wechseln auf die „gute Seite“ nichts anderes bezweckte als Renjos Vertrauen zu gewinnen, ihn zu manipulieren und dann irgendwann doch zu „bekehren“. Ähnlich wie Senator Palpatin alias Darth Sidious es mit Anakin Skywalker getan hatte. Oder wie es dieser als Darth Vader später mit seinem Sohn Luke versucht hatte. Renjo meinte darauf dann zwar immer, dass er dann eben Luke und nicht Anakin wäre und sich nicht auf die dunkle Seite der Macht ziehen lassen würde, aber Kaito war einfach nicht wohl dabei, ihn mehr Zeit als nötig mit Rayne verbringen zu lassen. Auch wenn Azrael Rayne vertraute, ihm selbst fiel das nicht so leicht! „Also… bist du nun einer von uns?“, war es schließlich Renjo, der die entscheidende Frage aussprach und sich im Gegensatz zu Kaito direkt an Rayne und nicht an Azrael wandte. Kaito sah Renjo irritiert an, denn er schien die Frage tatsächlich ernst zu meinen. Nicht sarkastisch wie es wohl bei Kaito geklungen hätte, der sich einfach nicht vorstellen konnte, dass Rayne jemals einer von ihnen sein könnte, geschweigedenn dies wollen würde. Waren sie nicht nur „Azraels Kindergarten“, „wertlose Maden“ oder „gerupfte Hühnchen, die sich Engel nannten“? Was Bezeichnungen anbelangte, hatte Rayne jede Menge für sie parat und Kaito erinnerte sich nicht, dass jemals etwas Nettes darunter gewesen wäre. So tauschte er mit Kazuki einen Blick und wusste, dass zumindest dieser seine Meinung teilte. Ein paar andere wirkten verunsichert, zum Teil wohl peinlich berührt durch die von Azrael zur Sprache gebrachten Schuld, in der sie bei Rayne standen und zum anderen wohl dem gesunden Misstrauen, das jeder Wächter gegenüber einem Duras hatte. Dass Rayne sich allerdings diesmal ungewöhnlich viel Zeit zum antworten ließ, machte Kaito hellhörig. Er hätte schon längst irgendeinen großspurigen Spruch erwartet, von wegen, dass Rayne sehr tief fallen müsse, um „einer von ihnen zu sein“ oder dergleichen, doch nichts davon kam. Stattdessen schien Rayne kurz nachzudenken, warf dann einen kurzen Blick zu Azrael, bevor er kurz die Augen schloss und ergeben seufzte. „Nun ja… es ist Weihnachten oder nicht?“, antwortete Rayne schließlich und lächelte resigniert als er wieder zu Renjo aufsah und diesem eindringlich entgegenblickte, „Behaupten die Menschen nicht immer, dass man dieses Fest zusammen mit der Familie verbringen sollte?“ Er lachte, auf eine Weise, wie Kaito ihn nie hatte lachen hören. Irgendwie verlegen, fast etwas verunsichert, bevor er schnell fortfuhr, wie um diese Unsicherheit zu überspielen: „Nicht, dass man viel auf das Gerede von Menschen setzen sollte. Laut denen stinken Dämonen auch nach Schwefel und Gott ist ein liebender Vater, der jede Sünde vergibt und allgegenwärtig ist, aber…“, er zuckte gelassen mit den Schultern, „Man kann’s ja mal ausprobieren.“ Mit dieser Antwort hatte wohl keiner von ihnen gerechnet und auch wenn Kaito sich nicht sicher war, in wieweit Raynes Worten zu trauen war und ob er ihnen nicht nur etwas vorspielte, spürte er zu seiner eigenen Überraschung noch etwas anderes in sich aufkommen, was er in Verbindung mit Rayne erst einmal empfunden hatte und das, bevor er ihn wirklich gekannt hatte, doch es war Mitleid! Die Art wie Rayne sprach, die ungewohnte Verunsicherung und die Tatsache, dass er hier war, dass er bereit war, es trotz seiner sonst immer großspurigen Worte „auszuprobieren“, die Besuche der letzten Monate bei Renjo… auf einmal fiel es Kaito wie Schuppen von den Augen – das war keine Langeweile! Es war Einsamkeit. Darum mordete er auch nicht oder versuchte, gegen die Wächter vorzugehen. Aus der Sicht eines Duras wäre dies vielleicht ein Mittel gegen Langeweile, aber gegen Einsamkeit würde es nicht helfen. „Und abgesehen davon…“, meinte Rayne dann noch und das Grinsen, das sich nun bei ihm breit machte, während er der erste war, der sich an den aufgetischten Speisen bediente, sah schon wieder mehr nach ihm aus, „Gibt’s hier was zu essen!“ „Hört, hört!“, stimmte Amy munter zu und machte dann den Vorschlag, dass sie alle zugreifen sollten, bevor es noch kalt wurde und tatsächlich kamen sie einer nach dem anderen der Aufforderung nach, während wohl jeder für sich stillschweigend beschlossen hatte, Rayne wenigstens für heute Abend hier zu dulden und ihm zumindest eine Chance zu geben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)