Schwachstelle von Ur (Tango Pair | Atobe x Sanada) ================================================================================ Kapitel 2: Handschlag --------------------- Atobe hatte seine Bediensteten ein Fotoalbum kaufen lassen. Er mochte Ordnung und Perfektion. Also sortierte er alle Fotos, die der Privatdetektiv ihm hatte zukommen lassen, in ein Album. Er sortierte sie nach Wichtigkeit – die Bilder mit Yukimura landeten auf der letzten Seite, die von Sanada mit freiem Oberkörper beim Trainieren ganz vorn – und machte feinsäuberliche Notizen darunter. So zum Beispiel stand unter dem Bild mit Sanada und seinem Schwert in der Hand, auf dem er sein schrecklich hässliches Cap nicht trug: ›Sanada ore-samas Friseur empfehlen. Artikel über Parasiten besorgen, die sich in Mützen sammeln können.‹ Wenn er es recht bedachte, könnte er solche Artikel an mehrere Mitglieder der Tenniswelt schicken. Wenn man nur an Echizen dachte… Oder dieser Psychopath aus Fudomine, der immer mit sich selbst sprach… Aber was nützte es, wenn er seine wertvollen Gedanken an solche Leute verschwendete. Sein Interesse galt Sanada Genichirou. Atobe hatte die Bilder in den letzten vier Tagen so oft angesehen, dass er mittlerweile beinahe jedes Detail kannte. Vielleicht entging ihm etwas, sagte er sich manchmal, und das war ungewöhnlich, denn normalerweise glaubte er niemals daran, dass er etwas übersehen könnte. Dunkel hatte sich in seinem Hinterkopf die Idee breit gemacht, dass Sanadas Schwachstelle vielleicht Yukimura war. Aber dieser Gedanke gefiel ihm nicht und was Atobe nicht gefiel, das wurde ignoriert. Wie sich in den nächsten zwei Wochen herausstellte, war der angeblich beste Privatdetektiv der Stadt ein absoluter Stümper, der nicht in der Lage war, das zu tun, was Atobe ihm aufgetragen hatte. Zwar brachte er immer neue Fotos und neue kleine Informationen, – Sanada konnte Bohnen offensichtlich nicht ausstehen, aber was brachte Atobe diese Information, wenn er ihn auf dem Tennisplatz geschlagen sehen wollte? – doch nichts davon fand Atobe wirklich zufrieden stellend. Also feuerte Atobe den Privatdetektiv, ehe er sich daran machte, die restlichen Fotos in das Album zu sortieren und anschließend eine feinsäuberliche Liste mit all den Informationen über Sanada anzulegen. Damit konnte er niemanden von seinen Angestellten betrauen. Das war sein Kleinkrieg gegen Sanadas vermeintliche Perfektion. Zwei Tage später beim Training saß Atobe mit elegant übereinander geschlagenen Beinen auf einem Klappstuhl, Kabaji stand neben ihm unter dem Sonnenschirm und er beobachtete ein Trainingsmatch zwischen Oshitari und Choutaro. In Gedanken war er allerdings auf einem anderen Trainingsplatz. Das dumpfe Phlok des Tennisballs, der auf die Schläger der Spieler traf, erinnerte ihn an das Match gegen Sanada. 3:3 hatte es gestanden. Wieso hatten diese Armleuchter das Match auch abbrechen müssen? Das war ungeheuerlich! Er bemerkte kaum, wie er aufstand. »Kabaji«, sagte er. »Usu.« »Hab ein Auge auf die Jungs. Ore-sama muss noch etwas erledigen.« »Usu.« Es kostete ihn einen Anruf und fünf Minuten Wartezeit, bevor er von seiner Privatlimousine abgeholt wurde und dem Fahrer die Adresse vom Trainingsplatz der Rikkaidai- Schule nannte. Seine Jungs waren schon ganz eingerostet. Ein Trainingsspiel würde sicherlich helfen. Und bei dieser Gelegenheit hatte er Zeit, Sanada genaustens zu beobachten. Während er sich in allen Farben ausmalte, wie Sanada vor ihm zu Kreuze kriechen würde, um ihm dann zu sagen, wie sehr er von seinen unglaublichen Fähigkeiten beeindruckt war, glitt draußen die Stadt mit all den unwichtigen Bewohnern an ihm vorbei. »Da sind wir, Master Keigo. Soll ich hier warten, während Sie ihre Geschäfte erledigen?« »Ja, es wird nicht allzu lang dauern«, sagte er und strich sich mit einer eleganten Geste die perfekt sitzenden Haare aus dem Gesicht, während er darauf wartete, dass sein Fahrer ausstieg und ihm die Tür aufhielt. Schließlich stand er vor dem hohen Gitterzaun, der den Tennisplatz von Rikkaidai umgab. Es war einiges los und hier und da standen Mädchen herum, die jubelten und die Spieler anfeuerten, indem sie immer wieder ›Always win, Rikkaidai!‹ riefen. Atobe war beinahe ein wenig beleidigt, dass sich nicht sofort alle Blicke auf seine makellose Gestalt richteten, doch so hatte er immerhin genug Gelegenheit, die Situation im Stillen auszukundschaften. »Atobe.« Beinahe wäre er zusammengezuckt, als die tiefe, autoritäre Stimme neben ihm erklang. Doch dank seiner unnachahmlichen Reflexe riss er sich gerade noch zusammen und wandte den Kopf mit einer fließenden Bewegung, die seine perfekt sitzenden Haare wunderbar zur Geltung bringen musste, zur Seite. Sanada stand neben ihm und sah zu ihm hinunter. Atobe ärgerte sich im Stillen darüber, dass der elende Möchtegern- Samurai fünf Zentimeter größer war als er. »Sanada«, gab er mit möglichst viel Gleichmut und einer Prise Verachtung zurück, um dem anderen deutlich zu zeigen, dass allein seine Aufmerksamkeit schon ein Grund war, dankbar vor ihm im Staub zu kriechen. Sanada schien nicht gebührend beeindruckt, er hob lediglich eine Augenbraue und starrte Atobe fragend an. »Was suchst du hier?« Er war immer so direkt. Direkt auf eine ungehobelte Art und Weise, die Atobe keinesfalls gut heißen konnte. »Ore-sama hat sehr wohl das Recht, sich Trainingsspiele von anderen Mannschaften anzusehen«, gab er mit einer wegwerfenden Handbewegung zurück, die deutlich machen sollte, dass Rikkaidai nur eine Schule unter vielen war. Kein bisschen wichtig. »Du kommst allein hierher, um dir ein ganz normales Trainingsspiel anzusehen?«, fragte Sanada. Seine steinerne Miene ging Atobe auf den Senkel. Da sollte dieser Mützenträger ihm noch mal sagen, er wäre immer so kalt und gleichgültig. »Ore-sama hat darüber nachgedacht ein Übungsmatch anzusetzen. Aber ich habe mich noch nicht ganz entschieden, welche Schule gut genug ist, um gegen Ore-samas Team zu spielen.« Sanada ließ sich durch seine wohl gewählte Gleichgültigkeit nicht aus der Ruhe bringen. Er zuckte nur mit dem Schultern, als wäre es ihm vollkommen egal, was Atobe von ihm hielt, und wandte sich ab. »Na dann viel Spaß beim Zusehen«, sagte er nur und stakste zurück in Richtung Spielfeld. Atobe starrte ihm empört nach. Der Kerl sollte sich die Finger danach ablecken, gegen sein Team spielen zu dürfen! Er ballte kurz die Hände zu Fäusten und rang mit sich. Atobe Keigo rannte niemandem nach. Und schon gar niemandem, der so einen miesen Geschmack und keinerlei Stil hatte! Trotzdem fand er sich zwei Minuten später neben der Bank wieder, auf der Sanada neben Yukimura hockte und zwei seiner Leute beobachtete. »Ah, Atobe«, sagte Sanada unbeeindruckt, als er ihn entdeckte. Yukimura wandte den Kopf mit der miesen Frisur und lächelte ihn auf ekelhaft freundliche Art und Weise an, als wären sie schon ein Leben lang beste Freunde. Atobe hatte nicht übel Lust, diesem weibischen Vollidioten den Hals umzudrehen. »Hast dich ja schnell entschieden, doch gegen uns zu spielen.« Yukimura erhob sich – immer noch lächelnd – und reichte ihm mit funkelnden Augen die Hand. »Es wird Rikkaidai eine Ehre sein, Hyoutei in einem Übungsmatch zu besiegen«, sagte er zuckersüß. Atobe überlegte, ob er den Captain von Rikkaidai auf der Stelle zurück ins Krankenhaus befördern sollte. Dann erinnerte er sich daran, dass Sanada zusah. »Ore-sama kann es kaum erwarten, das Team von Rikkaidai geschlagen zu sehen«, sagte er so würdevoll wie möglich und packte die Hand des Captains. Überraschenderweise konnte Yukimura ziemlich fest zupacken. Beinahe so fest, als wollte er ihm am liebsten die Hand brechen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)