Lovestoned von Sunset- (SasuNaru/NaruSasu - NaruSaku) ================================================================================ Kapitel 5: What about us 'til the end? -------------------------------------- » We were so pathetic to think we could grow old and marry each other. God forgive us, we were just two kids, stupid and fearless.  « Eigentlich hatte ich ein wundervolles Leben. Meine Kindheit war unbeschwert und voller Liebe und wenn ich jemanden fragen würde, wäre ich mich sicher, dass derjenige mir sagen würde, ich hätte die glücklichste Kindheit gehabt, die man sich nur wünschen konnte. Und es war nicht so, dass ich dem nicht zustimmen würde, denn es stimmte. Ich wusste es. Ich erinnerte mich an all die wundervollen Zeiten, aber genau diese Erinnerungen, die voller Glück und Freude steckten, erdrückten mich heute so sehr. Denn heute… heute suchte ich verzweifelt nach dieser Lebensfreude und dem Glücklichsein, das früher so selbstverständlich war. Doch ich fand sie einfach nicht mehr. Dabei konnte ich nicht verhindern mich zu fragen, was in meinem Leben schief gelaufen war. Wann hatte ich meinem Weg verloren, wann war ich den falschen gegangen? Ich war mir nicht einmal sicher, ob ich ihn wirklich verloren hatte. Ob es wirklich der falsche war. Denn wenn er falsch wäre, dann hätte ich es bereut, oder? Dann würde ich mich für meine Taten hassen. Dann würde ich Reue spüren und den Drang, alles wieder geradezubiegen. Aber den spürte ich nicht… …also was war passiert? Was war so sehr schief gelaufen?   Die leisen Stimmen von fremden Passanten, die meinen Weg kreuzten, drangen nur träge an meine Ohren. Ich nahm sie gar nicht wirklich wahr, genauso wenig wie die wütenden Blicke, die mir zugeworfen wurden, wenn ich einen der Fußgänger anrempelte. Aber das konnte mich gerade nicht weniger stören, denn in der Ferne konnte ich es bereits sehen – die Kirche. Die Kirche, in der ich heute eigentlich den schönsten Tag meines Lebens haben sollte. Einzigartige Momente, von denen man später voller Elan und Euphorie seinen Kindern und Kindeskindern erzählt hätte, nur um von ihnen angemeckert zu werden, wie langweilig diese alten Geschichten doch waren. Doch genau auf solche Momente hatte ich mich vor Monaten noch so sehr gefreut, dass es für mich nun noch suspekter war, wie ich an diesem Punkt meines Lebens ankommen konnte. An einem Punkt, an dem ich meine Verlobte mit einem anderen Kerl betrogen hatte. Ein Punkt, an dem mich mein bester Freund sicherlich hasste.  An einem Punkt, an dem mich noch alle anderen hassen werden würden, weil ich derjenige war, der gleich alles kaputtmachen würde. Trotzdem… ich bereute es nicht. Und das war schrecklich. Die Worte, die Sasuke auf den kleinen Zettel geschrieben hatte, hallten immer wieder in meinem Kopf wider. Es waren nicht viele, es war nur ein einziger Satz. Aber es war ein Satz, der so viel mehr innehielt, denn er war die pure Wahrheit. Er war das, was ich in meinem Inneren gesucht hatte. Er war Bestätigung… und er hatte mich berührt. Auch wenn ich nicht wusste wieso Sasuke diese Worte geschrieben hatte, aber ich hatte auch keine Zeit, um darüber nachzudenken. Mein Kopf war leer, meine Schritte langsam und hinauszögernd, während ich mich mit jedem Schritt weiter an die Kirche heranwagte. Mit jedem Schritt kam ich näher an etwas heran, das ich nicht tun wollte, weil ich wusste, wie sehr ich Sakura verletzen würde. Eine andere Wahl blieb mir allerdings nicht… „Oh Gott, Naruto! Endlich! Wir haben uns schon alle Sorgen gemacht, wo du bist! Ich dachte, Kiba wollte dich abholen? Und warum hast du eigentlich diese Klamotten an? Oh nein, sag mir nicht, dass dein Anzug hin ist. Ich glaube, dann…-“ Ich unterbrach meinen Onkel Iruka, indem ich ihm einfach eine Hand auf den Mund legte und mich dazu zwang, ihn ein halbherziges Lächeln zu schenken. Doch Iruka konnte man nichts vormachen. Er erkannte es immer, wenn ich etwas vortäuschte, weswegen ich den besorgten Blick, den er mir in der nächsten Sekunde schenkte, bereits erwartet hatte. Daher war es eigentlich auch ein dummer Versuch, ihn mit einem erzwungenen Lächeln beschwichtigen zu wollen. „Nicht jetzt, Iruka. Ich muss… eh, weißt du wo Sakura ist?“ Sein Blick verriet mir zu gut, dass er eine Antwort auf seine unausgesprochene Frage wollte, doch ich konnte sie ihm nicht geben. Es würde schwer genug sein das zu tun, was ich im Begriff war zu tun. Ich wollte jetzt einfach nur noch zu ihr.  „Sie ist in dem Raum, der direkt neben der Orgel steht. Die weiße Tür ganz links, aber wieso willst du das wissen? Kannst du es nicht mehr abwarten?“, fragte er mich mit einem verzogenen Schmunzeln, aber ich wusste, dass er mich bereits durchschaut hatte. Er wusste, dass irgendwas los war. „Danke, Iruka“, antwortete ich knapp und wandte mich zum Gehen um. Es war nicht fair von mir, ihn so abzuspeisen, aber ich konnte gerade nicht anders handeln. Ich fühlte mich apathisch, ferngesteuert und schwer. Alles in mir fühlte sich so unglaublich schwer und heiß an. Es war keine angenehme, vorfreudige Hitze, die du hattest, wenn dir das erste Date mit deinem Schwarm bevor stand. Es war eine Hitze, die dich im Inneren gnadenlos verbrennen ließ, weil du wusstest, dass gleich etwas Schreckliches passieren würde. Etwas, dass alles veränderte. Mit jedem Schritt, den ich auf den Eingang der Kirche zuging, schien der kleine Weg doppelt so lang zu werden als er es eigentlich war. Zumindest kam es mir so vor. Vielleicht wollte ich das auch einfach nur, damit ich dem Unvermeidlichen entkam… dem Gespräch. Ich ignorierte die fröhlichen und überschwänglichen Stimmen von Familie, Freunden und Bekannten und ließ sie unbeantwortet hinter mir. Ich konnte mich jetzt nicht ablenken lassen, denn dann würde ich wieder anfangen nachzudenken und das durfte ich nicht, weil ich Angst hatte, dass ich dann nicht mehr den Mut finden würde Sakura zu gestehen. Dann würde ich vielleicht einfach abhauen. Nein, ich würde dann ganz sicher einfach abhauen… das wusste ich einfach. Mein Kopf war vollkommen leer, als ich die wenigen Treppenstufen hinauf stieg, die Kirche betrat und die weiße Tür ansteuerte, durch die ich gleich gehen würde. Das heiße Gefühl, das Brennen, wurde stärker. Mit jedem Schritt verteilte sich dieses grässliche Feuer in mir und nahm mich vollkommen gefangen. Es ließ meinen Magen schmerzhaft zusammenziehen und hinterließ einen unangenehmen Druck in mir. Immer wieder durchzuckte mich ein kaltes Zittern und wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich behaupten, mein Herz hätte aufgehört zu schlagen. Da war sie. Die weiße Tür. Ich blieb stumm vor ihr stehen, so abrupt, als hätte jemand in mir einen Schalter umgelegt, der meine motorischen Fähigkeiten abstellte. Meine Arme hingen schlaff und schwer an meinen Seiten hinunter. Ich fühlte mich plötzlich so unendlich… geschafft. Obwohl es nicht einmal begonnen hatte, denn mir stand noch alles bevor… uns stand noch alles bevor. Vielleicht war es moralisch gesehen falsch, sich so zu fühlen, wie ich es gerade tat – müde, träge und schwer. Mein Atmen ging nicht schneller, weil ich Angst vor dem Unvermeidlichen hatte. Ich fühlte kein Adrenalin, weil das Bevorstehende eines der Folgenschwersten Entscheidungen sein würde, die ich wohl je in meinem Leben getroffen hatte. Mein Herz raste nicht vor Aufregung oder Nervosität … nein, es setzte aus, weil ich wusste, dass ich gleich ein Leben zerstören würde. Ein Leben, das es nicht verdient hatte so hintergangen worden zu sein. Ich stand da. Ich stand für Sekunden einfach nur da und starrte das unschuldige Weiß der Holztür an. Es sah so rein und makellos aus, dass ich meine Augen nicht mehr abwenden konnte. Es wirkte so bodenlos und tief, obwohl sie nur eine kleine Tür war. Die kleinen, kaum sichtbaren Einkerbungen waren die einzigen Zeugen davon, wie alt diese Bauten sein mussten. In diesem Moment fand ich es faszinierend, wie sauber geschliffen und schön sie noch aussah, obwohl sie bereits so viele Jahrzehnte, vielleicht sogar Jahrhunderte, bereits hinter sich hatte, ohne dass sie davon Schaden genommen hatte, ohne dass sie daran zugrunde gegangen war. Sie stand immer noch aufrecht. Es gab ihr einen Hauch von Sicherheit, Stärke und Entschlossenheit. Etwas, dass ich an ihr bewunderte… diese Reinheit und Sicherheit, den Drang, sich in ihr zu verlieren, weil sie so unbeschwert wirkte. So normal, so einfach. Anders als ich. Ich war beschmutzt und unrein. Ich war unmoralisch und selbstsüchtig. Ich war egoistisch und unentschlossen … ich war auch  beeinflussbar und aufopfernd. Ich war hinnehmend und gutmütig. Ich war lenkbar und hoffnungsvoll. Ich war… …ich war schwierig. Nicht normal. Und genau das war es, was ich beneidete. Warum konnte ich nicht normal sein? Warum konnte mein Leben nicht genauso einen gradlinigen, vorrausehbaren Lauf nehmen wie all die Liebesgeschichten in den Märchen auch? Ich wollte keine tragische Liebesgeschichte, die über Ecken und Kanten ging und über Stock und Stein. Ich ertrug keine dramatischen Wendungen in meinem Leben, oder herzzerreißende Momente, die einem die Luft zum Atmen nahmen. Das alles wollte ich nicht, das wollte ich nie. Ich wollte einfach… etwas anderes. Etwas… Normales. War all das zu viel verlangt? Hatte ich es nicht verdient? War ich dazu nicht bestimmt?   Die plötzlichen Stimmen, die immer lauter wurden, rissen mich aus meinen tiefen Gedanken. Ich sah aus dem Augenwinkel wie die Gäste nach und nach die Kirche betraten und sich versammelten, um sich auf die ihnen vorgesehenen Plätze zu verteilen. Das Geräuschbad nahm zu und aufgeregtes Gemurmel füllte das große Gebäude. Ich atmete kehlig aus und fing auf einmal an, ganz leicht und bitterlich zu Lächeln. Ich legte meinen Kopf in den Nacken und schnaubte innerlich. Naruto Uzumaki... Du hast gerade echt zwölf Minuten lang über eine weiße Tür philosophiert… Das war so lächerlich, so verdammt sinnlos und bescheuert. Im Nachhinein brachten all diese Gedanken von mir nichts. Ich konnte mir keine Worte oder Philosophien ausdenken, mit denen ich Sakura die Wahrheit weniger verletzend beichten konnte. So etwas konnte man jemanden nicht schonend beibringen, denn es tat immer weh, ganz egal welche Worte man wählen würde. Das Herz des anderen würde so oder so schmerzlich zusammenfallen, bis es nur noch eine betrogene, zerbrechliche Hinterlassenschaft war. Und daran konnte auch ich nichts ändern. Das wollte ich auch gar nicht. Wenn ich genauer über unsere Beziehung nachdachte, war sie nur perfekt gewesen, als sie noch jung und frisch war. Da war die Liebe da, keinen Zweifel. Doch… ich hatte unendlich lange gebraucht, um zu erkennen wie sie mich nach und nach verändert hatte. Klar, Beziehungen veränderten einen stetig und immer, aber normalerweise müsste sie aus einem doch einen besseren Menschen machen, oder? Ein Mensch, der man schon immer sein wollte und mit dem man zufrieden war. Aber das war nicht so. Sie hat mich zu einem Menschen gemacht, der ich nicht sein wollte. Sakura hatte mir in all der Zeit stückweise etwas genommen, das mich ausgemacht hatte. Nicht, dass Rauchen und meine Sexualität etwas waren, das als Gründe zählen würden. Nein, ich meinte mein das Leben in meinem kleinen Apartment. Meine Vorliebe zum alltäglichen Stadtleben. Die legale Sucht, so gut wie jeden Tag Ramen essen zu können. Die Freude, am Wochenende etwas mit meinen Freunden zu unternehmen, weil ich es liebte. All das und noch viel mehr hatte sie mir genommen.  Und bei Gott, früher hatte ich ihr all das gerne gegeben, wirklich. Immerhin liebte ich sie damals abgrundtief und hätte alle Opfer gebracht, die sie verlangte. Doch nun hatte ich bemerkt, dass eine Beziehung nicht aus dem Willen bestand, alles für den Partner aufopfern zu wollen. Manche fanden dies sicherlich ehrenhaft, aber es war dumm und falsch. Wenn der Partner wirklich der Richtige war, dann hätte man für ihn nichts aufgeben müssen. Dann hätte man sich für den Partner nicht selbst aufgeben und verändern müssen, denn so durfte es einfach nicht sein. Das war nicht richtig… das war keine Liebe. Und das hatte ich erst bemerkt, als es bereits zu spät war. Viel zu spät.     Mit einem leisen, aber dennoch schrillen Knarren öffnete ich die weiße Tür und trat mit wenigen Schritten ein. Ich schloss die Tür ziemlich schnell wieder hinter mir, blieb aber direkt vor ihr stehen und starrte auf den Rücken der Frau, die mir unmittelbar bevorstand. Ich spürte wie sich mein Magen unangenehm zusammenzog und sich ein heißes, schweres Gefühl in mir breit machte, als ich sie in diesem wundervollen langen, weißen Brautkleid sah. Sie stand direkt vor einem Spiegel, zupfte an ihrem durchsichtigen Schleier herum und fuhr sich mit ihren schmalen Fingern über die mühsam hochgesteckten Haare, um einzelne Strähnen zu richten. Ihre Wangen wirkten leicht rosig, ihre Lippen waren zu einem kleinen, ehrlichen Lächeln verzogen und sie betrachtete sich mit einem für ihr untypisch schüchternen Blick in dem Spiegel. Scheinbar hatte sie mich noch nicht bemerkt. Es war wieder einer dieser Anblicke, die mein Herz vor Freude höher schlagen lassen, oder mir zumindest den Atem rauben sollte. Doch nichts geschah, gar nichts, außer diesem schuldigen Brennen, welches sich nach und nach durch meinen ganzen Körper zog. Es war ganz anders, als es in den Büchern und Filmen immer versucht wurde zu beschreiben… man war vor so einer Situation weder nervös oder durcheinander, noch voller chaotischer Gedanken oder einem Gefühlschaos. Denn was dir in dieser Lage in Wirklichkeit einzig und allein blieb, war die Leere. Eine unendliche, schwere Leere, die dich von innen heraus auffraß und versuchte in die Knie zu zwingen. Und dagegen konntest du rein gar nichts tun. Was mich allerdings am meisten traf war dieses Lächeln. Dieses Lächeln, das ihr schmales Gesicht zierte und den Anschein erweckte, sie sei das glücklichste Mädchen auf Erden. Sie wirkte so unbeschwert und freudvoll… …und das machte alles nur noch schlimmer, für uns beide. „Oh mein Gott, Naruto!“ Meine Gedanken wurden von ihren kleinen, panischen Ausruf unterbrochen. Ich sah auf und bemerkte, dass sie sich zu mir umgedreht hatte und mich scheinbar anschaute. Ich war mir nicht sicher, denn ich blickte ihr nicht in die Augen… das konnte ich einfach nicht. Es fiel mir so verdammt schwer. „Wie lange stehst du denn schon da?“ Die Überraschung in ihrer Stimme war nicht zu überhören und sie atmete tief durch, um sich vor diesem unerwarteten Schock zu erholen. „Oh, nein! Du durftest das Brautkleid doch noch gar nicht sehen! Ah, Naruto… das bringt Unglück, das habe ich dir doch gesagt!“ Sie klang nicht halb so vorwurfsvoll wie ich es von ihr erwartet hatte. Viel mehr klang sie amüsiert und dennoch irgendwie verständnisvoll. „Warst du neugierig?“ Ich konnte ihr kleines Lächeln quasi auf meiner eigenen Haut spüren, aber mich berührte es nicht. Das konnte es gerade einfach nicht, denn dafür herrschte ein viel zu drückendes Gefühl in mir. Ich öffnete meinen Mund, was mir plötzlich unglaublich schwer viel, aber kein Laut entfleuchte meiner Kehle. Sie fühlte sich trocken und kratzig an. „Hey, warum hast du keinen Anzug an?“, fragte sie nun etwas leiser und beobachtete mich von oben bis unten. Mein Blick war noch immer auf einen unsichtbaren Punkt am Boden fixiert. Ich wollte etwas sagen, wirklich. Aber das einzige, das aus meinem Mund kam, war heiße Luft, die sich wie ein heiseres Krächzen anhörte. Es war irgendwie seltsam, dass ich nun so sprachlos war, wo ich reden musste, aber wenn ich es nicht musste, redete ich wie ein Wasserfall. Das war vermutlich eine dieser schicksalhaften Ironien des Lebens, die einen aufgrund von schlechten Karma einholten. Vielleicht sponn ich mir auch nur etwas zusammen, um Zeit zu schinden. „Schatz, was ist denn los? Du bist so still.“ Wieso musste sie ausgerechnet jetzt so verständnisvoll und ruhig sein, wo es am wenigsten passte, wo sie doch sonst immer sofort bei jeder Kleinigkeit in die Luft ging? Ich verstand es nicht, aber es machte mich irgendwie sauer – diese sanfte, glückliche Art machte mich sauer. Ich hörte, wie sie einige Schritte auf mich zuging und nur knapp einen Meter vor mir zum Stehen kam. Sie hob ihre Hand in die Richtung meiner Schulter, um sie dort abzulegen, doch ich hielt sie in ihrer Bewegung auf, indem ich sie am Handgelenk stoppte. Ich atmete noch einmal tief durch, verdrängte alles, was versuchte in mir hochzukommen und blickte auf. „Wir müssen reden, Sakura.“ Er war verletzt. Der Blick, den ich erst vorhin als sanft und liebevoll erraten hätte, sah keinesfalls so aus. Viel eher sah er nach Misstrauen aus und diesem Gesichtsausdruck, den man hatte, wenn man wusste, wer einem den letzten Keks geklaut hatte. Nur nicht ganz so amüsiert, sondern… einfach verletzter. Wusste sie, was mit mir los was? War mir Kiba etwa zuvor gekommen und hat ihr alles erzählt? Das konnte ich mir nicht vorstellen. Kiba hätte ihr nie etwas gesagt, denn wenn er meinte, ich solle die Sache als Strafe alleine in die Hand nehmen, dann meinte er das auch ganz genau so. Aber… „…Naruto…?“ Ich hielt es nicht mehr aus, ihr in die Augen zu schauen, weil sich der Anblick in meine Netzhaut fraß und mir nur zu deutlich zeigte, was für ein Arschloch ich war. Ich wandte mich ab und drehte meinen Kopf nach links, sodass ich sie nun nur noch durch den Spiegel von der Seite betrachten konnte. „Wenn jemand ‚Wir müssen reden‘ sagt, dann ist das nie etwas Gutes… also, sag mir, was passiert ist.“ „Da ist… es ist etwas passiert, über das wir reden müssen.“ Wow, ich hatte gehofft nicht so klischeehaft zu klingen, aber ich schätzte, dass es in solchen Situationen nicht viele Worte gab, die man benutzen konnte. Zumindest keine, die nicht alles schlimmer machten, als es sein musste. Sakura antwortete nicht, riss allerdings ihr Handgelenk aus meinem Griff los, den ich bereits vollkommen verdrängt hatte. Ihre Bewegung war grob und harsch gewesen. Das war ein Zeichen dafür, dass diese Sanftheit und Freude von eben weg war… einfach so, von der einen auf die andere Sekunde. „Was ist passiert?“ Nun hörte ich das scharfe Schneiden in ihrer Stimme deutlich heraus. Ich verzog das Gesicht leicht, weil ich von ihr im Endeffekt nichts anderes erwartet hatte. Sie war eben doch Sakura. Eine Tatsache, von der ich mir nicht sicher war, ob sie mich erleichtern sollte oder nicht. Gott, ich… hatte überhaupt keine Ahnung wo ich anfangen sollte. Da gab es so viel, dass ich ihr schuldig war zu erzählen und einfach alles würde sich so unglaublich falsch und verletzend anhören, dass ich eigentlich nichts davon sagen mochte. Vielleicht wäre es leichter gewesen, sie doch einfach stehen gelassen zu haben. Es wäre falsch gewesen, aber leichter. Für mich. Vielleicht auch für uns. Aber im Grunde brachte es nichts, nach dem richtigen und schonendsten Worten zu suchen. Mich machte meine Direktheit aus, dass ich nicht um den heißen Brei herum redete und immer ehrlich war. Und so sollten wir auch auseinander gehen – so, wie wir waren. So wie ich war, bevor sie mich verändert hatte. „Ich habe gestern mit einem anderen Kerl geschlafen. In meinem Apartment.“ ... …das war es. ... das war die Wahrheit, für die ich so furchtbar lange gebraucht hatte, nur um sie in einem einzigen Satz heraus zu pressen. Ja, ich hätte es anders verpacken sollen. Ich hätte es vorsichtiger formulieren sollen, aber was hätte das geändert? Die Fakten wären dennoch dieselben geblieben und der Schmerz hätte trotzdem die gleiche Intensität gehabt. Also warum wäre es in der Norm besser, eine schmerzhafte Wahrheit in viele langatmige Einzelteile zu verpacken, als sie einfach schnell und ehrlich heraus zu bringen? Vielleicht waren es aber auch all die Bilder und Erinnerungen an unsere zahllosen Streite, endlosen Diskussionen und schmerzhaften Wortwechsel, die mich so plötzlich durchfluteten und mir aufzeigten, was wir alles falsch gemacht haben. Was ich alles falsch gemacht und verpasst hatte. Und genau das war es, dass mich meine Worte so kalt aussprechen ließ: Die Schuld, die ich Sakura gab. Nicht etwa die Schuld für unser Beziehungsende oder für die Lage, in der wir uns nun befanden, sondern für das, was sie aus mir gemacht hatte – einen Menschen, der ich nicht war und nie sein wollte. Das hatte nur sie selbst zu verschulden und das war es auch, was mir das Mitleid für diesen Moment verwehrte. „…du… ha… aber…“ Es waren nur unverständliche Wortfetzen, die nach minutenlangen, eisigen Schweigen die Stille durchbrachen, bis… Klatsch. Mein Kopf fegte so schnell und harsch zur Seite, dass ich nicht verhindern konnte, geschockt meine Augen aufzureißen und ein schmerzhaftes Geräusch zu machen. Es war die zweite Ohrfeige an diesem Tag und beide kamen von den Menschen, die mir die wichtigsten auf dieser Welt gewesen waren… …was war nur geschehen, dass alles so schieflaufen musste? „Du hast… du hast das nicht wirklich getan!“ Ihre Stimme klang wütend und verletzt, aber gleichzeitig auch flehend, flehend nach einem Anzeichen dafür, dass ich ihr nur den schlechtesten Witz auf Erden präsentieren wollte. Doch das hier war kein Witz. Das hier war alles, aber kein Witz. Ich wünschte, es wäre einer. „Du hast mir das eine Nacht vor unserer Hochzeit nicht wirklich angetan?!“, schrie sie mich an und ihre Stimme überschlug sich. Sie klang fest, nicht brüchig. „Sag, dass das nicht wahr ist!“ Sie trat einige Schritte von mir weg, beinahe so, als würde es die Sache besser machen, wenn wir uns nicht mehr so nahe standen. Ich schüttelte kraftlos den Kopf, als Sakura ihre zornige Frage immer wieder wiederholte. Es war so ermüdend… so schwer, dieses Gespräch zu führen, obwohl ich nicht ansatzweise so viel gesagt hatte, wie ich es hätte tun sollen.  „Es…“ …tut mir leid, Sakura. Das wollte ich nicht, war ich im Begriff zu sagen, doch… das stimmte nicht. Es tat mir nicht leid und dass ich das nicht gewollt hatte, war auch eine Lüge. Ich habe mit Sasuke geschlafen, weil ich es gewollt hatte. Weil ich mich dabei gut gefühlt hatte. Weil ich mich dabei frei gefühlt hatte. Ich würde Sakura nicht anlügen, das hatte sie nicht verdient. Auch nicht, wenn sie die Wahrheit vielleicht gar nicht hören wollte. „Das hätte so nicht passieren dürfen. Ich hätte viel früher mit dir reden sollen, dann wäre dir all das hier erspart geblieben.“ Dann wäre uns beiden der Schmerz erspart geblieben. „Was soll das heißen, du hättest früher mit mir reden sollen? Hast du schon länger was mit diesem Mistkerl? Wie heißt der eigentlich?“ Ihre Hand ballte sich zur Faust und zitterte unter dem Druck, den sie auf sich selbst ausübte. „Nein, verdammt, natürlich hatte ich keine Affäre, das hätte ich dir gesagt!“ Es verletzte mich irgendwie, dass sie mir so ein Lügenspiel scheinbar zutraute, aber in so einer Situation wie meiner sollte man sich wohl damit abfinden, als Arsch in jeglicher Hinsicht zu gelten. „Ich meinte damit, dass…“, versuchte ich zu antworten, unterbrach mich aber selbst, als mir nicht sofort Worte in den Sinn kamen. Ich fühlte mich so schwach und ausgelaugt … „Was, Naruto, was?! Willst du mir jetzt sagen, dass das hier ein Fehler war, oder was?“ Ihre Stimme bebte und sie trat näher an mich heran. Ich wagte es nun endlich wieder aufzuschauen und ihr in die Augen zu blicken.  „Sakura, ich…“ Das war viel schwerer, als ich es je erwartet hätte. „Ich wusste nicht, was ich damit anfangen sollte… mit diesen komischen Gefühlen, die ich auf einmal bekommen hatte. Obwohl… ich habe sie nicht auf einmal bekommen, eigentlich war das schon sehr lange so. Vielleicht schon seit Monaten.“ Ich hörte mich leise an und stand einfach nur reglos da, völlig im Kontrast zu Sakura. „Ich habe immer mit dir geredet und versucht dir zu erklären, wie ich mich fühlte und wie unglücklich ich mit unserer Beziehung war. Ich hatte gedacht, dann würden diese seltsamen Empfindungen vielleicht weggehen, aber das war nicht so…“ Ich seufzte kaum hörbar, während ich mir mit einer Hand über meine gerötete und leicht geschwollene Wange strich. „Das hat einfach nicht aufgehört und ich hatte das Gefühl, es würde dich nicht einmal interessieren wie es mir ging und wie unglücklich ich mich fühlte. Oder du hast es nicht einmal bemerkt. Aber egal was von beiden es nun war, es ist beides beschissenen und nicht so wie es sein sollte. Ich hatte einfach nicht mehr das Gefühl, dich zu lieben.“ Ich senkte meine Hand wieder und schluckte kurz, um mir eine kurze Pause zu gönnen. Doch wenn ich jetzt unterbrach, würde ich vielleicht nicht mehr die Kraft dazu finden, weiter zu reden. Deshalb erhob ich meine Stimme wieder, ehe mir Sakura zuvorkommen konnte. Ich musste das jetzt aussprechen. Zumindest etwas davon. „Du hast so vieles von mir gefordert, das ich dir anfangs echt gerne gegeben habe, wirklich! Immerhin habe ich dich geliebt… aber irgendwann, da war es zu viel. Ich musste so viel für dich aufgeben und hatte das Gefühl, nicht mehr ich selbst zu sein. Ich habe mich eingesperrt gefühlt, verstehst du das?“ Ich blickte sie nun direkt an, in der Hoffnung, dass sie mir eine Antwort gab, die ich verstehen konnte, denn sie war mir aus irgendeinem Grund sehr wichtig. „…nein, ich verstehe das nicht. Ich verstehe das alles überhaupt nicht! Warum hast du nicht gesagt, dass du mich nicht mehr liebst? Dass du dich in deiner Freiheit genommen fühlst, oder dass du all das gar nicht machen wolltest? Wie hätten auch in deinem Apartment leben können, wenn dir das so unglaublich wichtig war!“  „Gott, Sakura…“, gab ich mit quälender Stimme von mir, „das, genau das, meine ich. Du verstehst mich nicht! Es ging mir nicht um das beschissene Zusammenziehen oder wo wir wohnen sollten. Es ging mir um alles! Und vor allem darum, dass es dich nie interessiert hat, was das für mich bedeutete. Es gab immer nur dich und deine eigenen Empfindungen! Dir war es egal, was ich davon dachte!“ Jetzt spürte ich den schneller werdenden Herzschlag, der sich meinem Puls anpasste und das Beben, welches nun auch in meiner Stimme steckte. Ich hatte so gehofft, sie würde es verstehen. Ich hatte gehofft, sie würde es zumindest am Ende begreifen, aber nicht einmal jetzt tat sie es… „Ich werde mir nicht die Schuld dafür in die Schuhe schieben lassen, weil du mich hinter meinen Rücken betrogen hast! Du willst doch nur nicht mit dem Wissen leben, alles kaputt gemacht zu haben!“, erwiderte sie nach weiteren Minuten des Schweigens impulsiv und fing an, mit ihren Fäusten gegen meinen Brustkorb zu hämmern. Nicht doll, aber spürbar. Sie war verzweifelt und wütend. „Du machst alles kaputt, Naruto! Ich war glücklich! Ich war bis eben so glücklich und habe gedacht, heute würde der schönste Tag meines Lebens werden und nun… nun zerstörst du alles“, flüsterte sie nun leiser, ihre Stimme leicht zitternd und brüchig. Ihre Finger verkrallten sich in meiner Brust. Ich wollte etwas erwidern, doch sie hielt mich auf. „Wenn ich dich nicht mit anderen Frauen oder Männern sehen wollte, dann weil ich Angst hatte, dass du jemanden besseres als mich finden würdest. Aber als Frau hat man immer die kleine Hoffnung, dass das sowieso nie passieren würde, aber… aber du hast es trotzdem getan! Und das schlimmste daran ist, dass ich das immer irgendwie gewusst hatte.“ Ich sah die vereinzelten Tränen, die langsam und vorsichtig ihre Bahnen über ihr Gesicht zogen und es feucht werden ließ. Das Trommeln gegen meinen Brustkorb war eingestellt, dafür verteilte sich aber ein brennendes Ziehen an der Stelle, an der sie ihre Finger in meine Haut bohrte. „Aber… manchmal wird man wohl von etwas enttäuscht, obwohl man ganz genau wusste, dass es so kommen würde…“ Ein Schluchzen beendete ihren gehauchten Satz, ehe sie ihren Kopf für einige Sekunden gegen mich senken ließ und dort verharrte. Ich tat nichts. Auch wenn ich viele ihrer Worte verneinen wollte, weil sie nicht stimmten, tat ich nichts. Ich hatte das Gefühl, dass sie diesen Moment hier brauchen würde, auch wenn sie ihn vielleicht nicht verdient hatte. Es stimmte nicht, dass ich es auf einen anderen abgesehen hatte und ich war auch nicht bereit dazu, mir allein die Schuld dafür zu geben. Dass man jemanden betrug, brauchte einen Grund und um für etwas einen Grund zu haben, brauchte man mindestens eine weitere Person, die diesen Grund beeinflusste. Und dieser Einfluss war Sakura. Wir waren beide schuld, aber genau das wollte sie nicht einsehen, so war sie schon immer. Es waren immer die anderen Schuld und dass sie selbst Fehler gemacht hatte, kam ihr nie in den Sinn. Für sie schien das eine Unmöglichkeit zu sein und das war eine der vielen Gründe, die den Keil zwischen uns noch größer gemacht hatte. Ich trat einen Schritt zurück, als sie sich von mir löste und sich mit ihrem Arm über das Gesicht strich. Erst jetzt erkannte ich die schwarzen Flecken des Make-ups, die sich auf ihrem weißen Kleid gesammelt hatten und es beschmutzten. Die trügerische Reinheit war verschwunden… „Du wirst es nie verstehen, Sakura. Ich habe so gehofft, dass du es vielleicht noch begreifen würdest, um diese Sache im Reinen abzuschließen, aber… verdammt, du willst es einfach nicht sehen, oder?“ Ich warf den Kopf in den Nacken und schloss für einen kurzen Augenblick meine Augen, als diese unendliche Trägheit und Müdigkeit mich wieder einholte. Meine Knochen fühlten sich schwer und steif an.   Ich wusste nicht, was ich fühlen oder denken sollte. „Du willst nicht begreifen, dass du nicht perfekt bist. Ich bin es auch nicht, aber du selbst auch genauso große Fehler gemacht wie ich! Mein Fehler war, dass ich immer wieder versucht habe, dir meine Gefühle und Gedanken zu erklären. Ich konnte ja nicht ahnen, dass sie dir so egal sein würden und hätte wissen müssen, dass es für dich nur dich selbst gibt.“ „Das stimmt doch gar nicht, ich…-“ Ich unterbrach sie. „Nein, Sakura. Es ist vorbei und das ist das beste so.“ Ich blickte sie aus entschlossenen Augen an, meine Haltung fest und ehrlich.  „Ich hoffe, du wirst jemanden finden, der dir das geben kann, das ich dir nicht geben konnte.“ …und mit diesen Worten drehte ich mich um, ohne noch einen letzten Blick auf Sakura zu werfen. Ich hörte, wie sie mir noch etwas hinterher schrie, doch ich ignorierte es.   Ich war so enttäuscht, dass sie nichts gelernt hatte. Nicht einmal zum Schluss konnte sie Einsicht zeigen und das hat mich verletzt. Das war das einzige, das mich verletzt hatte. Es war mir so klar gewesen, dass für sie ich der einzige Schuldige sein und bleiben würde… dass sie aggressiv sein würde. Vermutlich war es auch nicht ganz gerecht von mir, dieses Gespräch mitten drin einfach abzubrechen und zu gehen, ohne ihr die Chance auf einer Antwort zu geben und ohne diese Sache ganz und in Frieden zu beenden. Aber ich glaubte nicht, dass dieses Gespräch je ein friedliches Ende genommen hätte und ich hatte es auch nicht mehr ausgehalten. Ich konnte nicht mehr. Ich wollte nichts mehr hören. Ich wollte nichts mehr fühlen. Ich wollte nichts mehr denken. Ich wollte nur noch weg hier. So weit weg wie nur möglich… Das alles ist so abgrundtief schief gelaufen. Ich hatte mir mein Leben nicht so vorgestellt. Vor einem Jahr hätte ich nie geglaubt, dass ich einmal hier stehen würde, aber so spielte das Leben wohl. Es war unberechenbar und skrupellos. Aber trotzdem fragte ich mich, wie man das alles hätte verhindern können… wie das alles so weit gehen konnte… Vielleicht haben wir beide uns einfach zum falschen Zeitpunkt im Leben kennengelernt. Obwohl ich nicht glaubte, dass es einen anderen Zeitpunkt hätte geben können. Vielleicht war es falsch, dass wir einander überhaupt je begegnet waren. Und ich hasste mich für diese selbstsüchtigen Gedanken, denn es war nicht so, dass wir niemals glücklich gewesen waren. Also wie konnte etwas, was einmal schön war, falsch gewesen sein? Doch vielleicht waren wir einfach zu jung, nein, ganz bestimmt waren wir zu jung.  Und trotzdem gab ich nur uns allein die Schuld dafür. Nicht der Welt, nicht Sasuke, nicht mir, sondern uns. Uns allein. Vielleicht haben wir uns wirklich einfach zur falschen Zeit, in der falschen Welt, im falschen Leben getroffen, denn es war wohl niemals dazu bestimmt glücklich zu enden… auch nicht, als wir alles dafür gegeben haben… …und das, nur allein das, tat mir leid. Ich wünschte, wir wären uns nie begegnet. Dann hätten wir uns so vieles ersparen können. So unendlich vieles. Dann wärst du vielleicht glücklich geworden … und ich auch.   All das ist erst falsch, wenn du sie wirklich heiratest. Die simplen, wenigen Worte eines Fremden waren die einzigen, die mich je wirklich verstanden hatten. Sie verstanden mich und meine inneren Schreie, meine innere Suche nach richtig und falsch. Sie gaben mir den letzten Anstoß, den ich benötigt hatte, um den Mut zu finden, endlich den richtigen Weg zu gehen… … die Worte eines Fremden. … Sasuke. All das ist erst falsch, wenn du sie wirklich heiratest.  Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)