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Dance of Death

von

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Dance of Death

"Hihihihi..." ein Kichern hallt durch das leere Gebäude. Rollt über die kalte Marmortreppe hinunter, über den weichen Perserteppich, springt aus der zerschlagenen Tür und läuft über die knarzenden Eichendielen. Es wieselt durch die verschlungenen Windungen der alten Trompete und fliegt über die Tastatur des Flügels. Und schließlich schwebt es durch die Löcher im Glas der mächtigen, vernagelten Haustür in die kalte Dunkelheit der Nacht. Folgt man dem Uhrsprung des Kicherns durch das baufällige Gebäude, gelangt man in einen dunklen Raum. Der Raum ist leer. Nur an den Wänden des Raumes hängen Spiegel. Alle sind mit schweren, dunkel roten Vorhängen verdeckt. Aus einem von ihnen entwischt das kalte Lachen und kriecht langsam und hinterlistig unter dem schweren Vorhang hervor, der den Spiegel verdeckt. Und ist man so mutig und töricht den Vorhang zur Seite zu schieben, so erblickt man im Spiegel die Gestalt eines Jungen. Der Junge hat halblange, blonde, gelockte Haare und strahl blaue Augen. Seine weichen Lippen öffnen sich und er flüstert:
 

Hello, hello

Anybody out there? Cause I don't hear a sound

Alone, alone

I don't really know where the world is but I miss it now.
 

Das Flüstern folgt dem Kichern. Es scheucht ein dutzend magere und räudige Ratten auf, pustet eine dünne Schicht Staub in die Spinnennetze und streichelt sanft über den Ramen eines alten Ölgemäldes einige Zimmer weiter, bevor es sich zwischen den, zu hohen Türmen gestapelten, Eichenstühlen versteckt.
 

Das Mädchen, das in dem Gemälde steht, schüttelt ihre Haare. Lang und schwarz fallen sie glatt über ihren schmalen Rücken. Ein Seufzer entfährt ihr. Mit ihrem schlanken Körper schmiegt sie sich an die, von blutroten Rosen bewucherte Säule. Mit großen, Reh Augen blinzelt sie in die undurchdringliche Dunkelheit.
 

I'm out on the edge and I'm screaming my name

Like a fool at the top of my lungs

Sometimes when I close my eyes I pretend I'm alright

But it's never enough
 

Ihre zarte Stimme fährt über die Decke und schlängelt sich durch die Kronleuchter. Mit leisem klirren begleiten sie die zerbrechliche Stimme des Mädchens.
 

Der kleine Junge drückt sich eng an das Spiegelglas. Als die Stimme des Mädchens über seine Haare huscht und ihm sanft über die Nase streicht jagt ein Zittern durch den dünnen Körper und lässt die Rüschen auf seiner Brust rascheln. Er erwidert die sanfte Stimme. Jegliche Hinterlist darin ist Sehnsucht gewichen.
 

Cause my echo, echo

Is the only voice coming back

My shadow, shadow

Is the only friend that I have
 

Das Mädchen lässt sich an der Säule herab sinken. Ihre Wimpern flattern. Das weiße, dünne Kleid bauscht sich um ihren Körper und lässt sie noch gebrechlicher wirken, als sie ist. Mit ihren langen, schmalen Fingern streicht sie über eine kleine Rosenknospe. Mit leisem Knistern wird sie schwarz und fällt zu Boden.
 

Listen, listen

I would take a whisper if that's all you had to give

But it isn't, isn't

You could come and save me and try to chase the crazy right out of my head
 

Ein kleiner Vogel fliegt leise zwitschernd durch ein kaputtes Fenster. Er flattert vorsichtig auf den Rahmen des Ölgemäldes und fächert den Gesang des Mädchens mit weichen Schwingen zum Spiegel.
 

Mit blassen Fingern versucht der Junge den Spiegel zu durchbrechen. Immer und immer wieder rutscht er an der glatten Scheibe ab. Frustriert lässt er sich in eine Ecke des Spiegels fallen und zieht die Beine an. Er schlingt seine Arme um seine Knie. Sein Gesicht versinkt in seiner blauen Ballonhose. Lautlos erreicht der Gesang des Mädchens seinen Spiegel. Plötzlich geht ein Ruck durch den zusammengekauerten Körper. Er legt den Kopf in den Nacken und erwidert mit zitternder, tapferer, sehnsüchtiger Stimme das Lied des Mädchens.
 

I'm out on the edge and I'm screaming my name

Like a fool at the top of my lungs

Sometimes when I close my eyes I pretend I'm alright

But it's never enough
 

Rote Tränen tropfen aus den Reh Augen des Mädchens. Der kleine Spatz sieht sich aufmerksam um. Mit seiner Schwanzfeder berührt er das Gemälde. Das Mädchen streckt die Hand aus und hält sich an den weichen Federn fest. Es geht ein Zittern durch den Vogel. Seine schwarzen Knopfaugen glühend rot auf. Er beginnt mit trägen Flügelschlägen von dem Bild weg zu fliegen. Er taumelt im Flug und pumpt mit den Flügeln. Das Mädchen klammert sich an seinen Rücken und ihre Stimme hallt Hoffnungsvoll durch das Gebäude.
 

Cause my echo, echo

Is the only voice coming back

My shadow, shadow

Is the only friend that I have
 

Mit leisem Knistern zerreißt das Glas des Spiegels. Der kleine Junge greift hoffnungsvoll durch einen Spalt. Seine Finger graben sich in dichtes Gefieder. Er steht vor einem riesigen Falken. Mit roten Augen starrt er den Jungen an, der sich auf seinen Rücken schwingt. Die mächtigen Schwingen des Tieres verschlucken die Stimme des Jungen.
 

I don't wanna be down and

I just wanna feel alive and

Get to see your face again
 

Der Spatz wühlt sich tapfer durch die staubige Luft. Er segelt die große Marmortreppe hinunter und sein zarter Brustkorb hebt und senkt sich heftig. Das Mädchen flüstert mit beschwörender Stimme auf den Vogel ein.
 

I don't wanna be down and

I just wanna feel alive and

Get to see your face again
 

Der Falke wirft sich in die Lüfte und stößt einen gierigen Schrei aus. Er rast durch die Zimmer und schießt eine enge, hölzerne, Treppe hinab. Der Junge brüllt die Worte in den Wind, doch sie werden ihm von den Lippen gerissen und verlieren sich in den krachenden Stufen.
 

But 'til then

Just my echo, my shadow

You're my only friend and I'm
 

Der Spatz landet mühselig. Er schüttelt sein zerrupftes Gefieder. Seine kalten Augeb mustern das Mädchen starr. Er dreht sich um und hüpft schwerfällig an den Rand des Saals unter den zerfetzten, samtig roten Vorhang.
 

I'm out on the edge and I'm screaming my name

Like a fool at the top of my lungs

Sometimes when I close my eyes I pretend I'm alright

But it's never enough
 

Antwortet das Mädchen, dann steht es regungslos im Saal. Die Flügelschläge des Falken werden lauter und die klare Stimme des Jungen wird lauter.
 

Cause my echo, echo
 

Sanft und mayistätisch landet der Falke.

Der Junge springt vom Rücken des Falken. Ein wehmütiges Lächeln kräuselt seine schönen Lippen.

Das Mädchen antwortet wispernd, leise.
 

Oh my shadow, shadow
 

Die beiden gehen langsam aufeinander zu. Vorsichtig nimmt der Junge die Hand des Mädchens. Sie beginnen zu Tanzen. Wild und schwindelerregend. Immer schneller wirbeln sie durch das Zimmer. Der Falke und der Spatz sehen stimmschweigend zu. Schatten versammeln sich auf der morschen Amphore und singen stimmlos zu der Musik des Regens, der auf das Dach trommelt. Der Junge wirbelt das Mädchen im Kreis. So elegant, das man meinen könnte, sie würden schon ewig zusammen Tanzen. Der Mond steigt höher und noch immer tanzen sie. Tanzen in einer Lache aus Blut.
 

Das Kleid des Mädchens ist längst von ihm durchtränkt und tief rot. Spatz und Falke sehen dem wilden Tanz aus toten Augen zu. Langsam lösen sich die Federn und schwimmen in der roten Flut davon. Nach und nach reißt das Fleisch auf und gibt die blanken, weißen Knochen frei. Das Mädchen sieht dem Falken liebevoll in die leeren Augenhöhlen. Ein helles Lachen gleitet aus ihrem Mund. Es fällt schwer in den Teich aus Blut und lässt ihn augenblicklich gefrieren. Sie hebt den Schädel auf und tanzt und segelt mit ihm über die Eislaufbahn aus Blut. Der Junge sieht ihr wie verzaubert zu. Die ersten Sonnenstrahlen berühren warm das rote Feld. Es kracht und knistert in dem schrecklichen Eis. Die Vögel verwandeln sich zu Staub. Das Mädchen fällt dem Jungen um den Hals. Und beide versinken zusammenmit dem Blut der Vögel im Ebenholz.
 

Die Schatten jubeln stimmlos Applaus und verstecken sich in der morschen Kommode.
 

Als die ersten Sonnenstrahlen auf das Ölgemälde fallen, sitzt dort ein Mädchen unter blutroten Rosen. Es hat lange, schwarze Haare und ein elegantes, feines weißes Kleid an. Einige Zimmer weiter hängt ein Spiegel. Er wird von einem schweren Vorhang verdeckt. Und in manchen Nächten zieht jemand den Vorhang zurück und dann tanzen die beiden ihr blutiges Duett.
 

Hello, hello

Anybody out there?



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