I'll always remember von Liete ================================================================================ Kapitel 1: 1. Kapitel --------------------- Wie lange war es nun schon her, dass sie in einem richtigen Bett geschlafen hatten? In einem gemütlichen, warmen Raum mit einem prasselndem Feuer? Nicht auf hartem Stein, in einer Höhle oder unter freiem Himmel. Immer der Gefahr ausgesetzt von Feinden überrascht zu werden. Thorin konnte es nicht sagen. Genauso wenig konnte er wissen, wie lange es dauern würde, bis seine Gemeinschaft nochmals diese Annehmlichkeiten haben würde. Dann vielleicht sogar in ihrem eigenen Zuhause - ihrer Heimat. Wie fremd ihm diese Worte geworden waren. Zuhause… Heimat… Aber nun stand er im Türrahmen eines Raumes der ihm – zumindest für einige Nächte – genau dies ersetzen sollte. Eingeladen von einem Elben aus einem Dorf zwischen dem Düsterwald – welcher auf ihrer schweren Reise erst noch durchschritten werden musste – und dem Nebelgebirge – welches sie eben erst hinter sich gelassen hatten. Es war der letzte solcher Orte die überhaupt noch auf dem Weg zum Erebor zu finden waren. Sogar um seine Wunden, die er durch den Kampf mit Azog erlitten hatte, wollte man sich hier kümmern. Weshalb die Bewohner des Dorfes so hilfsbereit waren war ihm unklar. Das Leben musste für sie in solch einer unwirtlichen Umgebung ohnehin schwer genug sein. Aber der Zwerg war zu erschöpft für Misstrauen, zu erleichtert darüber seine Freunde in Sicherheit zu wissen. Zumindest Gandalf schien die Dorfbewohner bereits zu kennen und ihnen zu vertrauen. Langsam durchschritt Thorin den Raum, der von einem warmen Feuer erhellt war. Auch eine Schale und ein Krug mit Wasser zum Waschen standen bereit. Notdürftig wischte er sich damit das Blut aus dem Gesicht. Zu seinem Bedauern war es sein eigenes. Viel lieber hätte er das Blut des blassen Orks von sich waschen wollen. Aber er hatte versagt. Dieses Wissen schmerzte ihn mehr als jede körperliche Wunde es könnte. Azog… Der Mörder seines Großvaters und seines Vaters. Zerfressen von Hass, der ihn zu unbesonnen Taten trieb, glaubte er dennoch, dass die Zeit für seine Rache noch kommen würde. Ein leises Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen düsteren Gedanken. „Tretet ein.“ grummelte er. Eine, sogar für ihre Art kleine, recht zierliche Zwergin trat ein, beladen mit einer Tasche, mehreren sauberen Tüchern und einer weiteren Schüssel voll Wasser. „Ich wurde geschickt um Eure Wunden zu versorgen, mein König.“ Ehrfürchtig blieb sie stehen. Ihre Worte waren fast nur ein Flüstern, aber Thorin erkannte Ihre Stimme. Die Zwergin war ihm einst in einer großen Stadt im Süden aufgefallen, in der er eine Weile als Schmied gearbeitet hatte. Sie war eine unter vielen Zwergen und Zwerginnen gewesen, die sich dort ebenfalls zwischenzeitlich niedergelassen hatten, nachdem auch sie ihrer Heimat im einsamen Berg beraubt wurden. Mit verbissener Miene begab Thorin sich ans andere Ende des Raumes in dem ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen stand. Nun wo sein Körper zur Ruhe kam, machte sich ein reißender Schmerz in seinem Brustkorb bemerkbar. Das Ergebnis des brachialen Keulenschlags Azogs. Das Gehen viel dem jungen Helden zusehends schwerer und doch hielt er sich aufrecht. Darum bemüht die Haltung zu wahren, wie es ihm sein Vater vor so vielen Jahren beibrachte. Und doch konnte er seine Schmerzen nicht vor der Zwergin verbergen, die ihre Utensilien mittlerweile auf dem Tisch ausgebreitet hatte. „Darf ich Euch helfen, mein König?“, fragte sie und deutete auf die Schnallen die Thorins Wams zusammenhielten. Er nickte nur und legte mühsam seinen staubbedeckten Umhang ab. Kaum löste sich der Wams konnte er aufatmen. Ein riesiger Bluterguss erstreckte sich über seine Brust. Durchzogen von Narben längst vergangener Kämpfe. „Diese Wunden gehen weit über meine Fähigkeiten hinaus“, sagte die Zwergin leise, „Ihr solltet den Heiler aufsuchen, mein König. Er ist oft in den Wäldern unterwegs, aber Ihr habt Glück. Er ist für einige Tage hier. Wenn Ihr wollt, bringe ich euch hin, sobald ich getan hab was ich kann. Es ist nicht weit. Nur ein paar hundert Meter zum Fluss.“ Thorin zog scharf die Luft ein, als sie anfing die Bisswunden des Warges an seinem Arm und Schulterblatt mit einer übel riechenden Tinktur abzutupfen. „Verzeiht mir, mein König.“ „Hört auf mich so zu nennen!“, knurrte er, „Ich bin nicht Euer König. Solange mein Reich in den Klauen dieses widerlichen Drachen liegt, bin ich niemandes König.“ Hörbar seufzend fuhr die junge Zwergin fort die Bisse zu säubern. Hätte er nicht seine robuste Weste getragen, wären die scharfen Zähne direkt bis in die Lunge vorgedrungen. „Was ist euch widerfahren, dass ihr solch schlimme Verletzungen davon tragen musstet?“ „Ihr seid zu neugierig und ich nicht in der Stimmung meine Erlebnisse zu schildern.“ „Nun, vielleicht möchtet Ihr lieber eine Geschichte hören? Sie handelt von einer Zwergin die in einer Stadt der Menschen in der Ebene des Celebrant lebte.“ Ein Keuchen durchfuhr Thorin als ihn eine erneute Welle des Schmerzes seinen Brustkorb durchfuhr. „Ihr solltet Euch ausruhen, mein König.“ Ein kurzes, heiseres Lachen durchfuhr Thorin: „König… Nein. Erzählt ruhig eure Geschichte.“ Und sie erzählte. „Vor nicht allzu langer Zeit lebte eine Zwergin in einer Stadt der Menschen. Sie war nicht besonders schön, sehr jung und unerfahren. Ihre Eltern sind bei einem Feuer ums Leben gekommen, als sie noch ein Kind war. Eine Gruppe anderer Zwerge welche ebenfalls ihr Zuhause verlassen mussten, nahmen sie mit auf ihre Suche nach einem neuen Wohnsitz und ließen sie in eben dieser Stadt bei einer Menschenfamilie als Wäscherin zurück. Es war kein einfaches Leben, aber sie hatte stets genug zu essen und ein Dach über dem Kopf. Die Menschen bei denen sie unterkam behandelten sie stets sehr freundlich. Doch sie konnten ihr eine Heimat und die Gesellschaft ihres eigenen Volkes nicht ersetzen. Viele andere Zwerge zogen zu jener Zeit durch die Lande, verweilten vielleicht einige Monate oder auch Jahre und verschwanden wieder. Andere blieben. Meist Alte, die die Kraft für weitere Reisen nicht mehr aufbringen konnten oder wollten. Als die Zwergin schon viele Jahre in der genannten Stadt gelebt hatte, kam ein stattlicher junger Zwergenmann mit tiefen, unruhigen Augen in die Stadt. Er suchte sich eine Anstellung bei einem Waffenschmied und schnell wurde klar, dass er kein Meister in diesem Handwerk war, sich jedoch durchaus damit durchschlagen konnte. Dem Fremden ging es damit nicht anders, als es ihr selbst ergangen war. Obwohl die Zwergin ihn nie zuvor gesehen hatte und nicht wusste wer er war, war ihr auf den ersten Blick klar, dass dies der Eine war. Ihn wollte sie durch ihr ganzes Leben begleiten. Ihm wollte sie Glück und Freude in sein schönes Gesicht zeichnen und die Traurigkeit und Verbittertheit aus den Augen verbannen. Erst später erfuhr sie, wer er war und dass es ein unüberwindbares Hindernis zwischen ihnen gab. Und trotzdem wuchs ihre Sehnsucht nach ihm mit jedem Tag. Allein der Mut fehlte ihr es zu wagen. So verging die Zeit. Oft blieb sie in seiner Nähe, aber nie begegneten sich ihre Blicke. Sie nahm sich fest vor doch wenigstens einmal mit ihm zu sprechen, doch dann war er fort. Ohne den Fremden war die so große, volle Stadt für die Zwergin nur noch leer. Sodass sie es schließlich nicht länger dort aushielt und auch sie ihre wenigen Habseligkeiten packte und dem Ort den Rücken zuwandte. Sie zog einige Zeit durch die Lande, immer nordwärts in die Richtung ihres Geburtstortes und ließ sich schließlich in einem kleinen Ort, in dem fast alle Völker Mittelerdes vertreten waren und dem es doch keinen davon wirklich zu gehören schien, nieder. Sie erlernte im Laufe der nächsten Jahre verschiedenste Fähigkeiten. Sie stellte sich als gute Wirtin heraus, sie war eine gute Köchin, konnte schöne Stoffe weben, pflegte kranke oder verletzte Dorfbewohner oder Reisende, sogar als Schmiedin von Gold- und Silberschmuck konnte sie sich bewehren. Sie hätte mit ihrem Leben zufrieden sein können. Doch nichts was sie tat, konnte eine echte Leidenschaft entfachen. Und nie verlor sich die Sehnsucht nach dem einen Zwerg, welchen sie bis zum heutigen Tage nicht wieder sah.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)