Das Lied im Automaten von pandine ================================================================================ Kapitel 13: Rebellen -------------------- Die beiden Elfen gingen schweigend dem immer noch deutlich erkennbarem Geruch nach, der ihnen Übelkeit bereitete. In ihrer sicheren Nähe befand sich ein weiterer Elf, der sich nach Aufmerksamkeit sehnte. Er lugte immer wieder hinter Bäumen, Büschen und Baumkronen hervor, die beiden immer beobachtend. Erfline sah immer wieder kurz zu Futave hinüber, der wiederum unauffällige Blicke zu ihr warf. Es war ihre Art und Weise auf beinahe telepathischem Wege miteinander zu kommunizieren. Was tun, damit dieses vermeintliche Kind redete? Es war eine etwas bizarr schwierige Angelegenheit. Einerseits wäre es wohl nicht schwer, die Informationen zu bekommen, doch ohne sich dabei lächerlich zu machen oder mit dem Kind wieder in Kontakt zu treten, war unmöglich. Doch es war auch unverzeihlich, wenn die Rebellen einen, wenn auch kleinen, Aufstand zustande bringen konnten. Das würde dem Ruf ihres Vaters nur schaden, und das wiederum der Monarchie und dem König. Eine ganze Flut der Rebellen könnte das Land heimsuchen und alle in das Verderben reißen. Nein, das musste verhindert werden. Egal wie klein oder schwach die Zahl der Rebellen auch war, sie konnten wachsen. Dessen war Erfline sich nur allzu bewusst. Doch stand sie vor einer Hemmschwelle. Der Grenze, die sich Stolz nannte. Es war vermutlich keine unzumutbare Sache, den Elf zu fragen, was sie vor hatten. Wenn man es geschickt anstellte würde er auch reden. Doch konnte sie sich dazu überwinden? Sie hatten ihn erst einmal abgewiesen, aber war das richtig gewesen? Sie wollten sicherstellen, keine voreiligen Entscheidungen zu treffen und ihn im Auge behalten zu können. Etwas berührte sachte ihre Hand. Sie blickte zu ihrem Partner, der aufmunternd lächelte. Sie verband es mit dem Gedanken, dass sie ja nicht alleine war. Zusammen würden sie eine Lösung finden. Als sie seinen eindringlichen Blick bemerkte, sah sie ihn fragend an. Sie las in seinen Augen, was er wollte. Es war wohl der Zeitpunkt gekommen, an dem es galt, alte Fehler zu begleichen, auch wenn sie noch nicht lange her waren. „Rebellenjunge?“, fragte Erfline laut und blieb stehen. Sie spürte seine Magie, die still stand. „Wir haben eine Frage an dich.“ „Und wieso...“ Sie drehte sich zu ihm um, der nun aus dem Gebüsch hervorkam, sein Tonfall war selbstüberzeugt. „... sollte ich dir antworten?“ Er plusterte sich ein wenig auf, sichtbar stolz, ihre Aufmerksamkeit wieder zu haben. „Weil es vielleicht zu deinen Gunsten sein wird“, antwortete sie vage. Sie hielt seinem bohrenden Blick stand. Nun wirkte er nicht mehr wie der schmollende Junge von vorhin. „Lass sie mich doch zuerst stellen, okay?“ Er schwieg und verschränkte die Arme vor der Brust. „Dann sag.“ „Es ist eher eine Bitte als eine konkrete Frage“, stellte sie noch einmal richtig. „Eine Bitte?“ Er klang spottend. „Aber gut, sag sie mir.“ „Bring uns zu den Rebellen.“ Eine Weile herrschte ernstes Schweigen. Die kurz aufblitzende Überraschung auf seinem Gesicht hatte der Nachdenklichkeit Platz gemacht. „Warum?“, war schließlich das Wort, welches er von den vielen in seinem Kopf aussprach. „Wir wollen mit ihnen verhandeln.“ Er konnte sich das trockene Lachen nicht verkneifen. „Das Königreich? Verhandeln? Mit den Rebellen?“ Es war, als spie er das letzte Wort aus, es klang genauso so, wie die Hofelfen von ihnen sprachen. Verächtlich, auch wenn es hier nur gespielt und mit Ungläubigkeit vermischt war. „Nein, niemals. Das kann niemals eure Absicht sein.“ In seinen Augen und seiner ganzen Haltung lag wahre Bitterkeit. „Du hast wohl schlechte Erfahrungen mit dem Königreich gemacht?“ Sie sah ihn an, ihr Mitgefühl verbarg sie unter einem musternden Blick, der hoffentlich nicht herausfordernd wirkte. Er schüttelte den Kopf ebenso wie beinahe seinen ganzen Körper. „Was... weiß das Königreich schon von uns.“ Sie nickte nachdenklich. „Ich kann nichts versprechen, aber ich bitte dich.“ Sie ließ sich auf ein Knie nieder. Es kostete sie ein großes Maß an Überwindung, doch sie wusste, dass dies im Moment nötig war. „Bitte führe uns zu dem Hauptsitz der Rebellen. Wir...“ Sie schluckte, einen kurzen Blick zu Futave wagend. Dieser nickte ihr aufmunternd zu. „Wir brauchen eure Hilfe.“ Der Elfenjunge starrte sie verblüfft an. Ihm war das Lachen im Hals stecken geblieben als sie, eine ranghöhere Elfe, sich vor ihm, einen Rebellen, niedergekniet hatte. Er blickte sie einfach fassungslos an, ganz vergessend, zu antworten. Erst ein Räuspern von dem anderen Elf erinnerte ihn wieder daran. „D-das ist keine Entscheidung, die ich alleine treffen kann“, antwortete er hastig und übereilt. „Ich darf euch nicht einfach...“ „Habt ihr Halbelfen in eurer Gesellschaft?“, ertönte eine Stimme, die bisher nicht zu Wort gekommen war. Die Elfe kniete immer noch, das Kinn auf ihre Brust gelegt mit dem Kopf nach unten. Es war der Elf, der ihn forschend anblickte. „J-ja“, stotterte er. „Dann sind sie in größter Gefahr. Bitte bring uns zu deinem Anführer.“ Er schluckte, nickte dann aber. Er konnte sich nicht vorstellen, was für eine Gefahr es war, die die beiden mit diesem Ernst versahen. Doch er ahnte, auch anhand des üblen Geruches, der immer noch in der Luft hing, dass es etwas ganz, ganz Schlimmes war. Sie gingen schweigend, er führte sie von der Spur, die das Monster hinterlassen hatte, weg. Es war ein gefährliches Unterfangen, denn man wusste nicht, ob sie das Biest ohne diese Spur wiederfinden würden, wenn sie erst einmal verwaschen war. Erfline hoffte, dass ihr magischer Impuls dazu ausreichte, die Spur deutlich haltbarer zu machen. Denn sie wusste nicht, wann sie wieder hierherfinden würden. Sie schluckte bei dem Gedanken daran, dass sie nun bald wahrscheinlich dem führenden Organ der Rebellen von Angesicht zu Angesicht blicken würden. Dem Gegenspieler der Monarchie. Dem ewigen Feind ihres Vaters. Er versuchte, sich wirklich nichts anmerken zu lassen. Obgleich ihm dieser Prozess, bestehend aus einer Schar aus Dienern und Adligen, scheinbar überallhin folgen wollen würde. Er unterdrückte den schon vielfach in ihm aufgekommenen Wunsch, zu seufzen. Wieso war er gleich hierhergegangen? Feliff hatte wirklich nicht geahnt, dass es derart ausarten würde, wenn er sich einem Elfendorf nähern würde. Man hatte ihn seit der ersten Sekunde an behandelt wie einen König. Wobei das sogar untertrieben wäre. Schritt für Schritt wurde er regelrecht verfolgt, unter starrenden Blicken hatte er an einem Festmahl teilgenommen. Als er vor dem Zimmer angelangt war, welches ihm zur freien Verfügung gestellt wurde, atmete er tief durch und drehte sich zu der wartenden Menge um, ein gezwungenes Lächeln auf den Lippen. „Ich wünsche Ihnen noch eine schöne Nacht.“ Dann öffnete er die Tür, erdrückt von der vielstimmigen Erwiderung, und schloss sie hinter sich. Wieder einmal versuchte er, seine Gefühle nicht nach außen dringen zu lassen. Elfen besaßen ein viel zu viel zu feines Gespür für die Regungen der Reinblütigen. Oder ließ er schon zu viel von seinem Gemüt nach außen dringen? Er seufzte nun doch. Es war ein wirklich anstrengender Tag gewesen, auch wenn er gar nicht so begonnen hatte. Doch nun befand er sich ausgelaugt in einem ihm fremden Zimmer und dachte über die Informationen nach, die man ihm gegeben hatte. Oder besser: Nicht geben wollte. Es war eine Art Herumdrucksen gewesen und er hatte es dabei gelassen. Sein Blick ruhte auf der Tasche, die auf seinem Bett lag. Mit zögernden Schritten überwand er die Distanz, selbst unsicher, ob er wirklich nachsehen wollte. Als er sich dann doch einen Ruck gab, war es nur Gewissheit, die ihn überkam. Die Blume, welche seit jeher in ihrem Fach gelegen hatte, lag dort immer noch. Und zwar unversehrt. Ihre Blüten waren noch von demselben zarten Farbton, der beinahe Weiß zu sein schien. Aber das auch nur fast. Irgendetwas in dem filigranen Muster der Blüten und dem Aufbau der Blume fasznierte ihn. Doch wieso hatte er sie mitgenommen? Nun spürte er leichte, magische Wellen. Ob er sie sich einbildete? Sie ähnelten einem Pulsieren, einem ewigen Klang. Dem Klopfen an der Türe nicht ungleich. Er verstaute sie leise, aber schnell wieder in eine der vorderen Taschen seiner Tasche. „Ja?“, fragte er dann. Eine leise, dünne Stimme antwortete kaum hörbar: „E-entschu-schuldig-digen Sie bitte, E-elfis Feliff, a-aber der H-herr möchte sie spr-sprechen.“ „Ich komme sofort.“ Er unterdrückte ein Seufzen. Ob er sich draußen wohl wieder eingekeilt zwischen einer Menge vorfinden würde? Es half ja alles nichts. Er war froh, wenn er sich wieder unter Leuten befand, die keine so große Ehrfurcht vor ihm pflegten wie hier. Es war ja zum Verrücktwerden! Dennoch sah er sich gewzungen, die Türe zu öffnen und hinauszutreten. „Wohin geht es denn?“, fragte er den kleinen, zittrigen Elfen vor ihm. „H-hier lang bitte“, wich der Elf mit gesenktem Haupt vor ihm zurück, als er aus der Tür trat. Feliff selbst hatte kein einziges Mal gezittert, seit er im Dorf war. Wieder eine Eigenheit, die ihn nicht erstaunte. Tief in sich kannte er den Grund ja schon. An die Anrede eines Reinblütigen konnte er sich aber einfach nicht gewöhnen, als er sie wieder von gesenkten Köpfen wieder und wieder gemurmelt hörte, während sie durch die Flure des Hauses gingen. Feliff musste sich auch eingestehen, dass er den Geschmack des Hausherrn absolut nicht verstehen konnte. Es waren manchmal teils barbarische Wandteppiche, die die Behausung des Obersten in diesem Dorf mittlerer Größe zierten. Er sah sich diese Kunstwerke brutaler Natur nicht näher an, denn sie schienen ihm falsch. Falsch an solch einem Ort. Und dennoch war der Herr ein doch recht zivilisierter Gesprächspartner, doch er wurde das dumpfe Gefühl nicht los, in eine gefährliche Gegend geraten zu sein. Er konnte froh sein, dass sein Zimmer nicht mit solcherlei Gemälden verunstaltet worden war. Der Elf, welcher ihn durch die Flure manövrierte, blieb vor einer Tür stehen und klopfte, also tat er es ihm gleich und verharrte auf seiner Stelle. Die tief brummende Stimme des Obersten des Dorfes grummelte irgendetwas, was für Feliff unverständlich klang. Der Diener schien jedoch zu verstehen. „Ich bin es, mein Herr. Ich tat Ihrem Befehl Folge und brachte den Elfis Feliff zu Ihnen.“ Er musste sich noch an die komisch antik klingende Art der Bewohner gewöhnen, wenn sie mit einem Ranghöheren sprachen. Er schien in ein wirklich altertümliches, wenn nicht gar barbarisches Dorf gekommen. „Lass den Gast zu mir.“ Das tiefe Brummen hatte sich in verständliche Worte der Landessprache, die sich in einigen Teilen des Landes weiter auseinander fächerten als sie gemeinsam hatten. Dennoch nannte man sie, wenn sie denn überhaupt einen Namen trug, die Sprache des Landes. Einen spezifischeren Namen gab es in dem noch nicht zur Gänze erforschten Gebietes nicht, welches durch die Ödnis im Westen, eine eiswüstenähnliche, weit reichende Fläche im Osten und Gebirgsketten im Norden und Süden eingegrenzt wurde. Doch zwischen solcherlei Begebenheiten erstreckte sich das Land weit, an einigen Ecken traf es sogar auf Meer. Doch wer brauchte das, wenn man nicht wusste, welche Länder jenseits des Kontinents warteten? Feliff trat durch die Tür, welche ebenfalls mit tierischen Schnitzereien versehen war. Ein Löwe, dessen Gesichtszüge bei genauerem Hinsehen den Feinen der Elfen ähnelte. Eine unwillkürliche Unsympathie wallte in ihm auf, die er schleunigst verbarg. Es war vielleicht auch ein gewisser Unmut, der mit ihr gekommen war. Das endgültige Bewusstsein, auf einem Mienenfeld zu gehen. „Ah, Elfis.“ Die kräftige, stämmige Statur des Elfen passte zu seiner rindenartigen Haut, die gleichzeitig glatt und golden wirkte. „Ich hoffe, die Adligen bei Hofe haben Euch nicht allzu sehr missfallen?“ Er war von recht kleiner Statur, mit kurzen Beinen. Bartstoppeln bedeckten sein Kinn, das beim Reden unablässig zuckte. „Ich kann es ihnen aber nicht verbieten“, seufzte dieser noch hinzufügend, „Man muss seinem Volk gewisse Freiheiten lassen. Setzen Sie sich doch, Elfis“, lud er ihn dann ein, auf dem Stuhl vor seinem Tisch Platz zu nehmen. Er selbst klemmte sich wieder hinter seinen Schreibtisch. „Ich entschuldige mich aufrichtig für ihr Vergehen. Aber es geht eben nicht anders, das verstehen sie doch, Elfis?“ Er nickte. Er sollte dem Gegenüber wohl lieber nicht eine gemeinschaftlichere Umgangsform anbieten, auch wenn diese Anrede ihn nicht behagte, aber es gab schlimmere. „Natürlich. Warum haben Sie mich hergebeten?“, verlangte er dann, zu wissen. Der Hausherr nickte langsam, seine Augen versanken scheinbar an einen anderen Ort. Einen Ort, der sich wohl nicht in der unmittelbaren Umgebung befand. „Entschuldigen Sie?“, fragte Feliff noch einmal höflicher nach, der Angesprochene erwachte aus seinem tranceartigen Zustand, den er von einem Kommunikationszauber kannte. „Entschuldigen Sie bitte, man hat mir so eben eine Nachricht mitgeteilt, die ich unverzüglich überdenken musste.“ Er kratzte sich am Kopf, Nachdenklichkeit hatte sich über die wettergegerbten Züge seines Gesichtes ausgebreitet. „Ich befürchte, dass Sie hier nicht sehr lange werden bleiben können. Man munkelt, wissen Sie?“ Er wandte seinen Blick nicht auf, sondern richtete ihn starrend auf das leere Papier vor ihm, welches sich auf seiner Tischplatte befand. Feliff nickte nur, verstand aber nicht, worum es ging. „Warum?“ Er hatte bemerkt, dass ihm niemand auch solch kurze, schroffe Fragen übelnahm. Oder nehmen konnte? „Die... Rebellen“, rückte der Oberste des Dorfes schließlich mit einem mulmig unwohlen Unterton heraus. „Sie scheinen wieder zu agieren, wenn Sie wissen, was ich meine.“ Die Miene des reinblütigen Elfens verdüsterte sich. „Sie verstehen es, natürlich verstehen Sie es...“ Nachdenkliche Stille trat ein. „Welche Aktivitäten haben sie sich bisher geleistet?“ „Nicht viele, nicht viele“, beschwichtigte der Elf vor ihm seinen eisigen Tonfall, welcher ihm unwillkürlich entrutscht war. „Es ist nur so, dass sie sich scheinbar in alle Lande ausbreiten. Sie scheinen etwas zu suchen und mir schwant, dass sie herausgefunden haben, dass Sie sich außerhalb von ihrer Heimat befinden“, umschrieb dieser Efarnia. Wieder ein langsames Nicken. „Aha. Und nun suchen sie mich?“ „Ja, Elfis.“ Unruhe breitete sich auf den Zügen des Elfes aus. Es gab noch eine unangenehmen Nachricht zu erzählen, die er dem Anderen bisher vorenthalten hatte. „Und gibt es noch etwas Wichtiges, was Sie mir mitteilen wollen?“ „Ja.“ Er schloss kurz die Augen, atmete tief durch. Ihm fiel es sichtlich schwer, diese Worte auszusprechen. „Es scheint, als wären auch zwei der Unseren übergelaufen.“ „Wie meinen Sie das?“ Feliffs Augen verengten sich kurzzeitig zu Schlitzen, ehe sie wieder offen wurden und einer gleichgültigen Miene Platz machen, die keine Besorgnis und keine Ungeduld zeigte. „Es scheint, als wäre die Tochter des obersten königlichen Beraters und ihr Leibwächter mit einem Rebellen unterwegs. Man hat sie nur kurz gesehen, aber der Augenzeuge war sich sehr sicher.“ Unwohlsein war unverkennbar aus seiner Stimme herauszuhören. Er konnte es einfach nicht verstehen und wollte es auch nicht glauben, dass diese beiden, diese beiden ranghohen jungen Elfen übergelaufen waren. Doch er konnte es sich nicht erklären. „Ich vertraue dem Augenzeugen, aber ich kann einfach nicht verstehen, wie-“ „Wo hat man sie zuletzt gesehen?“, fiel Feliff ihm in das Wort ein. Seine Stimme war schneidend, bedrohlich in ein leises Kleid gehüllt. „G-gestern“, stotterte der Oberste, überrascht von der plötzlichen Kälte und Bestimmtheit in Feliffs Stimme, die ihn insgeheim auch reizte. „Wo?“ „Nur wenige tausend Meter weiter von hier, hundert Meter südlich bei dem Dorf, wo der König seine Winterresidenz pflegt...“ Feliff fluchte innerlich. Es war zwar keine unüberbrückbare Distanz, doch von dort aus führten viele Wege und Nichtwege in alle Himmelsrichtungen. Dieses Dorf, welches eine der vielen Abzweige der Hauptstadt mit hohen Minister- und Beraterposten und deren Familien bildete, war das, welches beinahe komplett mittig in der Landkarte platziert war. Und er würde nicht wissen, wohin sie gingen. Er atmete unhörbar durch. „Bereiten Sie mir Proviant und Kleidung vor. Ich werde noch heute abreisen.“ Eine gewisse Unruhe erfüllte seit einigen hundert Metern die Luft mit ihren Vibrationen und Klängen. Erfline war sichtlich unwohl dabei, auch wenn sie ihre Mimik unter strengster Kontrolle hielt. Futave erging es nicht anders, seit sie wussten, dass sie sich dem Rebellendorf ungemein näherten. Und dass der Stützpunkt so zentral im Land lag. Es war eine Überraschung für die beiden gewesen, als Adrains, der Rebell, ihnen eröffnet hatte, dass sie in ein paar tausend Kilometern da sein würden. Noch hatten sie die Gegend nicht wiedererkannt, weil sie einen großen Umweg gelaufen waren, den er vermutlich gemacht hatte, um die beiden zu verwirren. Doch dann kamen ihnen Büsche bekannt vor. Die Bäume, Anordnungen und Wege. Ihnen war schnell bewusst geworden, dass sie sich ihrem eigenem Dorf näherten. Und es war ein mulmiges Gefühl entstanden, voller Unwohlsein. Erfline wäre am liebsten geradewegs zu ihrem Vater gelaufen, um ihm zu sagen, wie nahe sie dem Feind eigentlich waren, doch sie riss sich am Riemen. Futave hatte sich in der Zeit darum bemüht, ein gutes Verhältnis zu dem Rebellen aufzubauen, was ihm auch gelang. Bereitwillig hatte er seine Friedenserklärung angenommen, auch wenn niemand wusste, wi lange sie währen würde. Aber Reisen war in gelöster Atmosphäre immer angenehmer. Doch davon war nichts mehr zu spüren gewesen, je näher sie dem Stützpunkt der Rebellen kamen. Die beiden Elfen spürten bohrende Blicke, vor dessen Besitzern sie nur geschützt waren, weil einer der ihren mit ihnen reiste. Er war zweifelsohne auch von höherem Rang, jedenfalls so hoch, dass die Grenzwächter ihn nicht aufhielten. Das hatte Erfline dem Kind gar nicht zugetraut. Auf seinem Gesicht konnte man Ernst lesen, den man die Tage vorher nie gesehen hatte. Angespanntheit beherrschte die unruhige Stille, die von emsigen Flüstern unterbrochen wurde. Dann blieb der Rebell stehen, seine Augen auf einen unsichtbaren Punkt vor ihm fixiert. „Schließt für einen Moment die Augen und dreht euch um“, bat er seine beiden Mitreisenden. Ohne zu überprüfen, ob sie es auch taten, schloss er seinerseits die Augen und begann, unhörbare Worte mit seinen Lippen zu formen. Ein sanfter Kuss wurde Adrains von dem Wind auf die Stirn gehaucht, dasselbe Phänomen spürten auch die verwirrten Elfen. „Wa-“, wollte Erfline überrascht fragen, doch schwieg dann, als sie immer noch einen Ernst spürte, der nicht vergehen wollte. Sie hatte nicht gewusst, dass das Rebellendorf durch solcherlei Sicherheitszaubern und Bännen geschützt wurde. Sie waren vorsichtiger, als man dachte. „Ihr habt nun ein Siegel, welches die Barriere anerkennt und euch durchlasst. Wenn ihr aber einmal drin seid, verschwindet es wieder, also könnt ihr nicht wieder heraus“, begann Adrains dann, zu erklären. Die beiden öffneten die Augen und drehten sich zu dem Rebellen um, der sich ebenfalls ihnen zugewandt hatte. „Also versucht es nicht erst. Ihr würdet nur eure und unsere Energie verschwenden, okay?“ Er sah sie eindringlich an, sie nickten. Seitdem sie mit den Grenzwächtern in Berührung gekommen waren, umhüllte ihn ein Ernst, den sie zuvor nicht einmal geahnt hatten, und dieser mahnte sie zur Vorsicht. Er vergewisserte sich noch einmal, dass die für die beiden Elfen unsichtbaren Siegel da waren und nickte dann. „Folgt mir.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)