Geliebter Dämon von Rogue37 ================================================================================ Kapitel 10: Die Ruhe vor dem Sturm ---------------------------------- So, da bin ich wieder. Hab euch ja versprochen auch gleich noch den nächsten Part hochzuladen. Momentan schreibe ich gerade an der großen Schlacht, aber so ganz zufrieden bin ich damit noch nicht. Aber vorerst habt ihr ja mal genug zu lesen, gelle? Ach ja, was ich eigentlich schon letztes Mal hatte sagen wollen: Klar, Sss Alter ist reichlich frei von mir erfunden, aber irgendwie passt es grad so schön in meine Story. Der Rest der ganzen Familiengeschichte ist auch alles auf meinen Mist gewachsen. Aber irgendwie hab ich grad ziemlichen Gefallen an Sesshoumarus Familienchronik gefunden. so, here we go: Je tiefer sie in den Wald gingen, desto deutlicher fühlte Rijan die böse Aura, die ihr entgegenschlug. Sie begann zu frösteln, ohne dass ihr wirklich kalt war. Verdammt, wo war sie hier bloß hineingeraten? Der Abstand zwischen ihr und den beiden Dämonen betrug mittlerweile ein beachtliches Stück. Sie konnte nur noch schwach hören wie Jaken auf Sesshoumaru einredete, war sich aber genauso sicher, dass dieser wiederum Jaken kein bisschen zuhörte. Rijan hatte Fragen, sehr viele Fragen, die nach wie vor nicht beantwortet waren. Und doch brachte sie nicht den Mut auf, ihn darauf anzusprechen. Nach wie vor wusste sie nicht, warum er sie nie zurückgeholt hatte. Es schmerzte ihr Herz, dass sie ihm offenbar so gleichgültig war, während er ihr ein und alles war. Sie konnte selbst nicht begreifen, woher diese Wandlung kam. Noch vor kurzem war sie zerfressen gewesen von Hass und Wut. Sie hatte kaum noch klar denken können, so sehr hatten diese Gefühle sie beherrscht. Nun jedoch, nach nur wenigen Tagen in seiner Gegenwart waren diese Gefühle verschwunden. Die Wut, die nun manchmal in ihr tobte, rührte nicht von Hass her. Sie rührte von etwas vollkommen anderem her. Rijan blickte auf die schmerzenden Knöchel ihrer Hand. Sie hatten sich tiefrot gefärbt, so heftig war der Aufprall gewesen. Verzweiflung hatte sie getrieben. Sie würde das niemals laut aussprechen, doch genau das hatte sie gefühlt, als er so vollkommen belanglos von seinem bevorstehenden Tod gesprochen hatte. Womöglich waren die Worte nicht so gemeint gewesen, wie sie bei ihr angekommen waren, aber dennoch konnte sich Rijan nicht gegen die Verzweiflung in ihr wehren. Sie fühlte sie tief in sich. Und sie nahm zu, je tiefer sie in den dunklen Wald gingen. Das Leben ging schon sehr seltsame Wege. Rijan blickte auf und starrte einen Moment auf Sesshoumarus silberne Haarpracht. Sie konnte sich noch an das kleine Mädchen erinnern, das sie einst gewesen war. Damals hatte sie Sesshoumaru als ihren Helden, ihren Beschützer angesehen. Er war etwas wie großer Bruder oder sogar fehlender Vater gewesen. Deutlich konnte sie sich daran erinnern. Dann war sie älter geworden und hatte das Monster in ihm kennen gelernt. Mit diesem Bild hatte sie ebenfalls jahrelang gelebt. Nun jedoch, wo sie selbst eine junge Frau war, war Sesshoumaru weder Vater noch Bruder noch Monster. Plötzlich war er ein Mann. Und das war das wirklich beängstigende an der Sache. Wie konnte man jemanden, den man derartig lange, derartig intensiv gehasst hatte so schnell anfangen zu lieben? Es ängstigte sie nach wie vor sich diese Gefühle auch nur im Stillen einzugestehen, doch Selbstbetrug war lange nicht so einfach wie man allgemein annahm. Diese kleine Tatsache stellte ihr ganzes Universum auf den Kopf. Es widersprach einfach allen menschlichen und auch dämonischen Gesetzen. Es widersprach vermutlich sogar den Gesetzen der Natur. Dämonen und Menschen waren nicht dafür geschaffen, einander zu lieben. Wenn es nicht so wäre, wäre der Mensch den Dämonen nicht so sehr unterlegen. Wenn jemand geplant hätte, dass diese Wege sich doch kreuzen sollten, hätte er nicht dafür gesorgt, dass Dämonen so viel länger lebten als Menschen. Und doch konnte sie nicht aufhören an Sesshoumarus Vater zu denken. Er hatte sich selbst über diese Grenzen hinweggesetzt. Aber selbst wenn sie in Betracht zog, dass es möglich war, blieb doch die Tatsache bestehen, dass sie eine Berufung hatte. Sie war eine Dämonenjägerin. Das konnte sie nicht einfach vergessen. Sicher, sie war auf sehr seltsamen Wegen zu dieser Berufung gekommen, doch nun war diese Aufgabe ein wichtiger Teil ihres Lebens. Womöglich war es für andere Menschen möglich Dämonen zu lieben, doch eine Dämonenjägerin hatte dieses Recht nicht. Ihre Aufgabe war es Dämonen zu vernichten, nicht sich in diese zu verlieben. Rijan seufzte unglücklich. Nun, in der Theorie hörte sich das alles sehr einfach an. Doch wie bekämpfte man Gefühle? "Rin." Sie blickte auf und sah, dass Sesshoumaru stehen geblieben war. "Rijan!", verbesserte sie gereizt. Sesshoumaru blickte über seine Schulter hinweg in ihr Gesicht. "Rin!", erklärte er entschieden. Konnte dieser Dämon nicht einmal in einem so kleinen Punkt nachgeben? Es machte sie wütend. Doch natürlich wusste sie, dass sie eigentlich nicht auf ihn wütend war. Diese Wut bezog sich nur auf ihr eigenes Unvermögen. "Nani?", fuhr sie ihn an. "Wir rasten hier.", erklärte er nur und verschwand dann auch schon wieder im sicheren Schutz der Bäume. "Verfluchter Dämon.", maulte sie, machte sich aber wirklich daran, trockenes Holz aufzusammeln. "Jaken?" Es raschelte im Gebüsch und Jaken erschien direkt vor ihr. "Warum bist du eigentlich immer noch mit diesem ... diesem ..." Sie suchte nach einer passenden Beleidigung, fand aber nicht den Begriff, den sie suchte. "Dämon?", half Jaken ihr aus. Rijan bedachte ihn mit einem Blick, der eindeutig besagte, dass sie heute für seine Scherze nicht zu haben war. "Warum begleitest du ihn immer noch? Er behandelt dich nicht gut, er kümmert sich nicht um dich. Im Grunde war es ihm doch schon immer egal, ob wir beide bei ihm waren, oder nicht." Jaken schien diese Frage zu überraschen. "Du bist auch wieder hier.", erinnerte er sie überflüssigerweise. Rijan seufzte. Richtig, sie war auch wieder hier und ließ zu, dass er sie ignorierte. "Weiß der Himmel warum.", murmelte sie und fegte mit dem Fuß eine Stelle für das Feuer frei. Dann legte sie das Holz ab und machte sich daran, dieses in Brand zu setzen. Doch irgendwie wollte ihr auch das heute nicht gelingen. "Geh zur Seite.", erklärte Jaken, nachdem er eine Weile zugesehen hatte. Rijan tat es und ließ zu, dass er mit seiner Stabwaffe das Feuer entzündete. Sie setzte sich im Schneidersitz davor und wärmte ihre Hände. "Fühlst du es auch?" Sie blickte Jaken von der Seite her an. "Die geballte Dämonenkraft? Hai. Aber das sollte dich nicht verwundern." Natürlich sollte es das nicht. Dennoch gab es einen Unterschied zwischen etwas wissen und etwas zu fühlen. Sie hatte gewusst, was auf sie zukommen würde, doch sie hatte es sich offenbar nicht exakt genug vorgestellt. "Was macht ihn so stark?", fragte sie schließlich. Jaken schien eine Weile darüber nachzudenken. "Er stammt aus einer sehr alten Familie. Allein sein Vater war schon sehr alt gewesen. Die meisten Dämonen können das nicht von sich behaupten. Ihnen fehlt die Kraft ihrer Vorfahren, weil auch diese nicht so mächtig waren." Rijan nickte und starrte in die Flammen. Bilder drängten sich ihr auf. Bilder eines toten Dämons. "Offenbar wird das sein Verhängnis werden. Es wäre besser für ihn, wenn er nicht so mächtig wäre." Jaken lachte schallend. "Wäre er weniger mächtig, wäre er jetzt nicht schon so alt." Das stimmte auch wieder, doch tröstete es Rijan nicht über ihren Kummer hinweg. "Wie konnte sein Vater so alt werden? 2000 Jahre erscheint mir ewig. Es muss doch auch damals bereits die Dämonen in Angst und Schrecken versetzt haben." Jaken stützte sich auf seinen Stab und ließ seinen Blick in die Ferne schweifen. "Die Zeiten waren damals anders. Die Dämonen haben sich geändert. Damals war es nicht so, dass jeder der Mächtigste hatte sein wollen. Dieses Denken kam erst mit der Zeit. Und als es dann soweit war, hätte keiner mehr mit Sesshoumaru-samas Vater mithalten können. Sie wussten das, deswegen ließen sie ihn in Ruhe." Rijan schüttelte ihren Kopf. "Aber warum ist er eine Gefahr? Ich war so lange mit ihm unterwegs. Er tötet nicht einfach Dämonen. Er tut es nur, wenn sie sich ihm in den Weg stellen. Sie müssten ihn nur in Ruhe lassen und alles wäre in Ordnung." Jaken lachte erneut und streckte sich müde. "Manchmal, Rijan, erscheinst du mir noch immer sehr unreif. Früher oder später würde jeder Dämon Sesshoumaru-samas Weg kreuzen. Einzeln haben sie keine Chance, das wissen sie. Es ist nur natürlich, was jetzt geschieht." Natürlich? Nun, Rijan blieb das Natürliche daran verborgen. Sie konnte das nicht verstehen und sie würde es auch nicht verstehen. Wie ließ sich dieses Natürliche damit vereinbaren, dass doch eigentlich immer der Stärkere überlebte? Langsam aber sicher kam sie zu dem Entschluss, dass Dämonen die Regeln gerade so auslegten, wie sie ihnen am besten in den Kram passten. Jaken erklärte, dass er etwas Essbares suchen würde und verschwand. Rijan ließ ihn gehen. Sie rollte sich zusammen und fiel bald in einen unruhigen Schlaf. Rijan schreckte mit einem entsetzten Keuchen aus ihrem Schlaf auf. Einen Moment lang fiel es ihr schwer zu sagen, wo sie sich befand. Der Traum, den sie gehabt hatte, hallte noch in ihr nach. Sie konnte sich nicht mehr erinnern, was genau geschehen war, aber sie fühlte noch die Enge in ihrer Brust, die kalte Hand, die sich gnadenlos um ihr Herz schloss. Fahrig fuhr sie sich mit der Hand durch die Haare und rieb sich schließlich die Augen. Das Gefühl ließ nach, während sie aufstand und tief durchatmete. Ihr Blick glitt über Sesshoumaru, der - sofern man das von ihm sagen konnte - entspannt an einem Baum gelehnt dastand. Er musterte sie und hatte ohne Zweifel mitbekommen, dass sie einen Albtraum gehabt hatte. Einen Moment überlegte sie, ob sie zu ihm gehen sollte, doch sie entschied sich dagegen. Dieser Kloß in ihrer Kehle wurde größer, wenn sie in seiner Nähe war. Panik griff von ihr Besitz, denn während sie ihn einfach nur ansah, strömten Bilder auf sie ein, die ohne Zweifel aus ihrem Traum herrührten. Sie sah wie sich ein Schwert durch seinen Körper bohrte und ihn schließlich zusammenbrechen ließ. Das war mehr als sie ertragen konnte, sie drehte sich um und rannte davon. Einmal mehr wurde ihr bewusst, dass das offenbar ihre größte Stärke war. Sie hastete ohne anzuhalten durch die einzelnen Gebüsche. Kleine Äste verschrammten ihr Gesicht. Sie fühlte Feuchtigkeit ihre Wangen hinunterlaufen. Zuerst dachte sie es wäre Blut, doch es stellte sich als salzige Tränen heraus. Sie schluchzte auf und brach zusammen. Schluchzend saß sie auf dem Boden und versuchte zu bekämpfen, was in ihr wütete. Ihr Herz schmerzte so sehr. Sie wollte ihn nicht verlieren. Nicht schon wieder. Sie konnte das einfach nicht. Wie sollte sie leben, wenn diesem sturen Dämon etwas zustieß? Wie sollte sie tatenlos mit ansehen, was man ihm ohne Zweifel antat? Sie war nicht stark genug dafür. Sie war doch nur ein dummes, naives Mädchen, dass sich einbildete auf dieser Welt allein zu Recht zu kommen. Hysterisch fing sie an zu lachen. Ja, man sah wirklich sehr deutlich wie gut sie mittlerweile auf sich selbst aufpassen konnte. Schritte drangen zu ihren Ohren durch. Schritte, die normalerweise sehr viel leiser waren. "Geh weg!", schluchzte sie. Einen Moment wurde alles um sie herum still und sie hoffte darauf, dass er wenigstens dieses eine mal tat, was sie wollte. Doch Sesshoumaru wäre nicht Sesshoumaru, wenn er sich von einem Menschen Befehle erteilen ließ, geschweige denn auf dessen Wünsche und Bedürfnisse einging. Unter einem Tränenschleier sah sie zu ihm auf und war nicht milde überrascht, als er ihr tatsächlich seine Hand reichte um ihr beim Aufstehen zu helfen. Widerwillig nahm Rijan seine Hilfe an und versuchte sich dabei daran zu erinnern, ob sie jemals zuvor seine Hand gehalten hatte. Nein, vermutlich hatte sie das nicht getan. Sesshoumaru entzog ihr seine Hand, jedoch nur um seinen Arm fest um sie zu legen. Und bevor Rijan auch nur dieses seltsame Verhalten verstehen konnte, erhob er sich trotz ihrem Gewicht mit absoluter Leichtigkeit und Eleganz in die Luft. Sie landeten auf einem sehr großen, sehr breiten Baum. Genauso überraschend, wie er den Arm um sie gelegt hatte, ließ er nun wieder von ihr ab. Rijan verdankte es nur ihrem Gleichgewichtssinn, dass sie nicht in die Tiefe fiel. Vorsichtig ließ sie sich auf dem stabilen Ast nieder und baumelte mit ihren Füßen. Ihre Tränen begannen langsam zu versiegen. "Der Wald ist nicht mehr sicher, Rin.", erklärte Sesshoumaru irgendwann. Sie nickte. Das wusste sie auch, dennoch hätte sie keinen Moment länger in seiner Nähe ausgehalten. Sie hatte einfach weglaufen müssen. "Für jemand, der mit dir durch die Hölle gehen wollte, bin ich ein reichlicher Feigling." Die Worte kamen leise über ihre Lippen, doch für Sesshoumarus Gehör waren sie klar verständlich. Er stand da und blickte auf sie herab. Schließlich schüttelte er seinen Kopf. "Darauf vertraue ich." Rijan blickte zu ihm auf und runzelte die Stirn. "Worauf? Dass ich ein Feigling bin?" Das klang nicht wirklich schmeichelhaft. Aber natürlich hätte sie sich denken können, dass sie ihr Selbstvertrauen niemals wieder von diesem Dämon aufgebaut bekommen würde. Das musste sie schon alleine bewerkstelligen. Einen Moment sehnte sie sich zurück in ihre kleine Hütte in dem kleinen Dorf. Sie vermisste die Kinder, die sie strahlend ansahen. Ihr fehlten die ehrfürchtigen Blicke, wenn sie in ihrer Uniform durch die Dörfer schritt. Das alles baute ihr Selbstvertrauen auf. Das war es, was sie jetzt brauchte. Doch sie war nun einmal hier bei Sesshoumaru und Jaken. Und sie war hier, weil sie es so gewollt hatte. Es gab kein zurück mehr. "Nein, ich vertraue auf deinen Instinkt, der dir genau sagt, wann du weglaufen sollst." Rijan glaubte sich verhört zu haben. "Ich werde nicht weglaufen, wenn es darauf ankommt.", erklärte sie entschieden und wusste doch tief in ihrem Inneren, dass es nicht stimmte. Sie konnte nicht dagegen an. So sicher, wie sie eben seinen Anblick nicht ertragen hatte, so sicher konnte sie nicht dabei sein, wenn er letztendlich doch verlor. "Doch wirst du. Du wirst weglaufen, wenn ich es dir sage, denn du weißt, was gut für dich ist." Rijan schwieg daraufhin erst einmal. Sicher, sie hatte einen angeborenen Überlebenswillen. Und wenn es hart auf hart käme, würde sie die Beine in die Hand nehmen und machen das sie davon kam. Doch ob sie wirklich genau dann ging, wenn er es wollte? "Wirst du!", versicherte er ihr, so als ob ihre Gedankengänge zu durchschauen für ihn das Leichteste auf der Welt wäre. Und vielleicht war es das ja auch. "Aber was, wenn du mir diesen Befehl nicht mehr rechtzeitig geben kannst?", fragte sie aus einer Überlegung heraus. Seine goldenen Augen ruhten auf ihr. "Ich werde nicht sterben, bevor du in Sicherheit bist." Rijan nickte und blickte wieder in die Ferne. Bevor sie in Sicherheit war? Hm, vielleicht sorgte er sich doch um ihr Wohlergehen. "Du kannst dir aber nicht sicher sein. Außerdem sagst du doch immer, dass wir Menschen unvernünftig sind. Womöglich weigere ich mich." Sesshoumaru ging neben ihr in die Hocke und wartete bis sie ihn ansah. Er sah wirklich sehr entschlossen aus. "Du sprichst hier immerhin mit mir. Glaub mir also, wenn ich sage, ich sterbe nicht ehe du getan hast, was ich sage. Abgesehen davon seid ihr wirklich unvernünftig, aber ihr seid auch berechenbar. Das war schon immer euer größter Schwachpunkt. Du wirst weglaufen, Rin. So wie du es immer getan hast." Rijan fühlte sich getroffen von seinen Worten. "Ich hatte auch immer einen Grund wegzulaufen.", verteidigte sie sich wie ein kleines Mädchen. Und momentan fühlte sie sich wirklich so. Doch seltsamerweise nahm der Kummer in ihrem Inneren ab. Ihr Selbstvertrauen kehrte zurück. Wie seltsam, dass er es vermochte ihr dabei zu helfen, ohne sie zu loben. "Hai, den hattest du." Er erhob sich wieder und schwieg einen Moment. Sie konnte sehen wie sein Blick umherschweifte. Er suchte etwas, doch was auch immer er gehört hatte, war wohl wieder verschwunden, denn er widmete sich erneut ihr. Rijan blickte ihn dabei die ganze Zeit über an. Manchmal glaubte sie wirklich, dass Dämonen und Menschen einfach nicht beieinander sein konnte. Zumindest dieser Dämon strahlte eine derartig herbe Schönheit und schlichte Eleganz aus, dass es für das menschliche Auge beinahe unerträglich wurde, länger hinzusehen. Wie konnte sie zulassen, dass etwas so Vollkommenes vernichtet wurde? Wie hatte sie jemals etwas derartig Perfektes vernichten wollen können? Sie wusste es nicht mehr. Dunkel erinnerte sie sich an Sango. Das Schuldgefühl, das sie erwartet hatte, blieb aus. Erstaunlich, so lange Zeit hatte Sango immerhin ihr Leben bestimmt. "Du wusstest, warum ich damals weggelaufen bin." Ruhig stellte sie dies fest. Es überraschte sie längst nicht mehr. Sie wusste nicht einmal, wie sie bisher hatte annehmen können, dass ihm das entgangen war. Er hatte sie an ihrem Duft erkannt, obwohl seit dem sieben Jahre vergangen waren. Er hatte sie am See gehört, obwohl sie ein Meister im Anschleichen war. Damals war sie ein übermütiges Kind gewesen. Mit Sicherheit hatte er gehört, wie sie sich im Gebüsch versteckt hatte. Und wenn er schon das nicht gehört hatte, dann doch spätestens ihren entsetzten Laut als er Kohaku und schließlich Sango umgebracht hatte. "Du beginnst zu begreifen, was mich von dir unterscheidet." Beinahe klang er belustigt, doch Rijan war sich dessen nicht wirklich sicher. "Du hattest nicht beabsichtigt, Sango zu töten." Wieder nickte er. "Das stimmt, aber letztendlich hatte ihr Leben für mich auch keine Bedeutung." Rijan starrte in die Tiefe hinab. Sie konnte den Boden nicht sehen. Sie atmete tief durch. Die Luft hier oben war klarer und kühler als zwischen den ganzen Bäumen dort unten. Es war angenehmer und befreiender. Überhaupt war es eine sehr schöne und auch sehr stille Nacht. Und das war auch das, was sie ängstigte. Keine Vögel zwitscherten, keine kleinen Tiere wühlten auf dem Boden herum. Kein einziges Tier ließ sich hier blicken. Der Wald war wie ausgestorben. Es war die Ruhe vor dem Sturm, die hier herrschte. "Du hättest sie nicht töten müssen." Und doch während sie die Worte aussprach, wusste sie, dass er es hatte tun müssen. Sango war von ihrer Trauer derartig beherrscht worden, dass sie niemals aufgegeben hätte. Sie hätte nicht eines Tages erkannt, dass Sesshoumaru aus seiner Sicht heraus vollkommen richtig gehandelt hatte. Kohaku hatte versucht mit ihm zu spielen. Das war nichts, was Sesshoumaru einfach hinnahm. Wer mit ihm etwas auszufechten hatte, tat das direkt und zog nicht ein kleines unschuldiges Mädchen hinein. Ihm damit zu unterstellen, dass er erpressbar war, war ein Fehler gewesen. Ein tödlicher Fehler, auch wenn Kohaku damals keinen freien Willen gehabt hatte. Es zählte nicht für Sesshoumaru. Und Sango hätte ihren Bruder gerächt. Daran bestand kein Zweifel. Er hatte sie somit töten müssen, sonst hätte sie irgendwann doch noch ihre Rache bekommen. Rijan seufzte und kam sich plötzlich wieder sehr unbedeutend vor. Sie hätte das alles schon viel früher einsehen müssen. Doch sie war genauso verblendet gewesen wie Sango. Vielleicht sogar noch schlimmer, denn schließlich hatte sie im Grunde genommen keinen Grund für eine solch heftige Reaktion gehabt. Sie war ein Idiot, das war die schlichte Wahrheit. "Ich bin vollkommen nutzlos. Vermutlich werde ich deinen Kampf nur behindern." Sie hörte selbst, dass ihre Stimme vor Selbstmitleid nur so triefte. "Du bist eine Dämonenjägerin, oder?" Rijan nickte, doch die Überzeugung fehlte ihr. War sie das eigentlich wirklich? Sie hatte einmal fest daran geglaubt. Genauso wie sie angenommen hatte, dass Sesshoumaru im Unrecht gewesen war. Doch mittlerweile wusste sie, dass bei dieser Sache keiner Recht oder Unrecht gehabt hatte. Sowohl für Sango als auch für ihn war es richtig gewesen. Eine Dämonenjägerin? Wurde man zu einer Dämonjägerin, indem man deren Gewand anlegte? Wohl kaum. Sicher, sie konnte Dämonen töten, doch auch das machte sie nicht zur Dämonenjägerin. "Ich töte Dämonen. Das ist richtig. Aber eine Dämonenjägerin bin ich nicht." Sesshoumaru gab ein leises Knurren von sich. "Menschen!" Niemand außer Sesshoumaru brachte es fertig dieses einfach Wort wie ein Beleidigung klingen zu lassen. "Wir brauchen nun einmal ab und an etwas Bestätigung." Sie suchte nach einem Vergleich. "Wir sind wie Pflanzen. Die brauchen um gut zu gedeihen auch viel Fürsorge." "Und von wem hat dieser Wald Fürsorge erhalten?" Rijan hasste es, wenn er auf alles eine Antwort wusste. "Gut, dann ist das ein falsches Beispiel. Aber die Tatsache bleibt bestehen, Menschen brauchen Bestätigung." Sie blickte zu ihm auf und er schüttelte entschieden seinen Kopf. "Ich bin nicht dazu da, dein mickriges Selbstbewusstsein aufzubauen. Du musst selbst wissen, was du kannst." Er wandte ihr den Rücken zu. "Ich weiß es aber nicht. Ich weiß gar nichts mehr. Und wenn ich an deiner Seite kämpfen soll, wirst du mir jetzt schon mal etwas Nettes sagen müssen." Einzelne Haarsträhnen tanzten im Wind. Rijan seufzte, nein, natürlich würde er nichts sagen. "Du vergisst dabei eine Kleinigkeit." "Und was wäre das bitte schön?", fragte sie gereizt zurück. Dämonen waren wirklich anstrengend. Wie kamen diese überheblichen Geschöpfe nur auf die Idee, Menschen wären seltsam? "Ich habe dich nicht gebeten, hier zu sein. Kämpfe oder flieh. Es ist allein deine Entscheidung, was du tust." "Vor kurzem hast du aber noch gesagt, du wirst nicht zulassen, dass mir etwas geschieht." Er drehte sich leicht um, so dass sie die Streifen auf seinen Wangen sehen konnte. "So habe ich das nicht gesagt. Was mit dir geschieht, Rin, ist mir reichlich egal. Ein Mensch mehr oder weniger kümmert mich nun ganz bestimmt nicht." Wie Peitschenhiebe trafen diese Worte ihr Herz. "Was ich jedoch verhindern werde, ist, dass du wegen einer Sache stirbst, die mit dir rein gar nichts zu tun hat. Erinnere dich, das war schon immer so." Rijan kämpfte sich mühsam in eine stehende Position und sah ihn deutlich verletzt an. "Wegen einer Sache, mit der ich nichts zu tun habe? Jetzt vergisst du aber eine Kleinigkeit." "Ich vergesse nie etwas." Dieser überhebliche Tonfall gab ihr den Rest. "Im Grunde genommen kann ich jeden Tag sterben. Erinnere dich, Sesshoumaru, ich wäre schon längst tot, wenn du nicht Gott gespielt hättest." Sesshoumaru drehte sich komplett zu ihr herum und sah sie finster an. "Ich habe keineswegs Gott gespielt. Mir war es um genau zu sein vollkommen egal, was aus dir wird." Rijan wich einen Schritt zurück und taumelte dabei gefährlich. Seine Augen verengten sich einen Moment lang. "Aber du hast mir mein Leben zurückgegeben." Rijans Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, während sie ihn aus großen Augen ansah. "Nein, das habe ich nicht. Tensaiga hat dir dein Leben gegeben. Es war allein sein Wille." Nun, das war ihr neu und es schmerzte mehr als ihr lieb war. Sie verfluchte sich einmal mehr dafür diesen arroganten, selbstverliebten, menschenverachtenden Dämon zu lieben. "Aber ...", sie brach ab und versuchte den Schluchzer, der in ihrer Brust brannte, herunterzuschlucken. Dennoch kam er über ihre Lippen. "Es ist also ein Versehen, dass ich noch lebe.", murmelte sie und sah Sesshoumaru wieder an. "Dann kämpfe doch allein. Mir ist es vollkommen egal, ob du dabei drauf gehst oder nicht. Was macht es schon? Ein Dämon mehr oder weniger ist nun wirklich nicht der Rede wert." Sie versuchte verächtlich zu klingen, doch ihre Stimme zitterte bei jedem einzelnen Wort. Verdammt, wie konnte es sein, dass sie trotz seiner verletzenden Worte immer noch an ihm hing? Was für ein Mensch war sie, wenn sie so jemanden lieben konnte? Sie wusste es nicht und doch schien es das einzig Konstante in ihrem Leben zu sein. Es war egal, was er noch sagte, an ihren Gefühlen konnte er damit nichts ändern. "Ich bin stark, hörst du?" Die Worte kamen leise aber dennoch kamen sie und je öfter sie sie wiederholte, desto mehr glaubte sie auch selbst daran. "Mir ist es vollkommen egal, was du noch sagst. Es interessiert mich auch nicht, ob du lieber allein kämpfen würdest oder ob du mich mit diesen Worten nur versuchst abzuschrecken. Es spielt keine Rolle. Ich bin hier und ich werde nicht eher weichen, bis es keine Hoffnung mehr gibt." Genau so war es. Sie war kein naives, nutzloses Menschenweib. Sie hatte ihre eigene Kraft. Sie konnte Dämonen vernichten. Sie war gut darin. Sie hatte unzählige dieser Abarten in die ewigen Abgründe geschickt. Und sie würde mit Freude noch mehr dahinschicken. Sie würde diesem arroganten Kerl schon noch zeigen, warum Tensaiga damals ihr Leben als lebenswert ausgewählt hatte. Aus den Augenwinkeln sah sie ihn an, wie er dastand und sie betrachtete. Einen Moment hob sich sein rechter Mundwinkel tatsächlich einige Millimeter und sofort fühlte sie wie sie ihrerseits anfing zu lächeln. Nun, man musste diesem Dämon zumindest eines lassen. Er verstand es ihr Selbstvertrauen wieder aufzubauen. Und vermutlich hatte das eben besser funktioniert als alle Lobeshymnen dieser Welt. Jetzt nämlich glaubte sie auch selbst daran. Rijan drehte den Kopf und blickte ihm direkt ins Gesicht. "Es ist also egal, ob ich lebe oder nicht." Er zuckte nur mit den Schultern und Rijan schenkte ihm ihr breitestes Lächeln. Immerhin sah sie in seinen Augen sehr deutlich, dass ihn das etwas überraschte. Die neu gefundene Selbstsicherheit in ihr schenkte ihr noch eine weitere wichtige Eigenschaft. Und das war der Glaube. Glaube an Sesshoumaru. Sie vertraute auf diesen Dämon wie sie noch nie zuvor auf etwas Vertraut hatte. Und das sie das konnte würde sie genau jetzt beweisen. "Wir sehen uns unten.", meinte sie knapp, winkte ihm kurz und ließ sich kopfüber nach unten fallen. Wind blies ihr ins Gesicht, während sie von etwas weiter über sich ein lautes überaus wütendes "Chikuso" vernahm. Es trennte sie kein ganzer Kopf mehr vom überaus festen Boden, als Sesshoumaru, wenn auch sehr widerwillig, ihr Vertrauen in ihn bestätigte. Einzelne Blutadern zeichneten sich in seinen Augen ab, doch die Zeiten in denen Rijan Angst vor ihm gehabt hatte, waren vorbei. "Es ist dir wohl doch nicht so egal.", meinte sie lächelnd. "Baka!", fauchte er nur und ließ sie los. Rijans Lächeln vertiefte sich, während sie ihm nachsah. Schließlich folgte sie ihm doch. "Sag mal, jetzt wo wir sozusagen Partner sind, kann ich dich da Sessy nennen?" Ein tiefes Knurren erhielt sie zur Antwort. Ihr Gelächter hallte durch den ganzen Wald wieder. "Dann vielleicht Sess?" Sie überlegte weiter "Maru? Houmi?" Es folgten noch einige weitere, äußerst idiotische Namen, doch den Spaß wollte sie sich nicht nehmen lassen. Immerhin waren seine Worte einen Augenblick lang wirklich sehr verletzend gewesen. "Ich hätte dich doch dem Boden überlassen sollen.", erklärte er wenig später vernichtend. Sie hatten den Lagerplatz wieder erreicht. Rijan legte sich wieder auf ihren Schlafplatz und rollte sich zusammen. "Hai, ich mag dich auch." Fortsetzung folgt ... Ja, ja, meine süße Rijan erlaubt sich schon eine ganze Menge, nicht wahr? Auf jeden Fall ist mir das Mädel schon derartig ans Herz gewachsen, dass ich vermutlich sogar schon eine Idee für die nächste Fanfic hätte. Mal abwarten, erst mal muss ich schauen, ob Sess und Rijan die große bevorstehende Schlacht auch irgendwie überleben. Ach ja, hätt ich doch glatt meine Widmung vergessen. Dieser Part hier geht diesesmal an Taji-Nami, mit der ich mich immer wieder supernett unterhalten kann. (Ps. Danke für den Link. Werd mal schauen, ob ich da fündig werde.) Mata ne Rogi Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)