Die Trauerweide von Gurgi ================================================================================ Kapitel 2: Reise ohne Wiederkehr -------------------------------- Reise ohne Wiederkehr Dunkle Wolken jagten über den schwarzen Himmel, sie schlossen sich zu geballten Fronten zusammen. So sehr das Licht der Sonne auch zu kämpfen versuchte, sie hatte keine Chance gegen diese Übermacht welche ihr wärmendes Licht verschluckte. Ein heftiger Regen prasselte auf die Erde hernieder, begierig saugten die Wurzeln der Sträucher und Bäume das Lebens spendende Naß in sich auf. Ein frischer Geruch lag über dem Wald, so als wäre alles alte und tote fort geschwemmt worden. Der Waldboden wurden mit jedem Augenblick der verstrich noch schlammiger und unebener. Die Pferde hatten Mühe vorwärts zu kommen, und doch trieben ihre Reiter sie unerbittlich weiter voran. Ayesha hatte ihre Kapuze tief in ihr Gesicht gezogen und starrte gedankenverloren vor sich hin. Sie spürte die Regentropfen die ihr ins Gesicht schlugen, ihre Kleidung durchweichten und die Kälte, welche ihren Körper befiel, ihre Glieder steif werden und ihren zierlichen Körper erschauern ließ. Doch all das störte sie nicht, zu tief war sie in ihren Gedanken versunken als das sie diese Kälte wirklich hätte wahrnehmen können. Seit zwei Tagen waren sie unterwegs, Meile um Meile entfernten sie sich weiter vom Katzenstein. Von den vertrauten Wiesen, Flüssen und Wäldern. Doch die Gedanken Ayeshas waren noch immer bei ihrem Vater und ihrer Heimat. Sie konnte einfach nicht anderes als jede Sekunde an all das was sie zurück gelassen hatte zu denken. "Es war ein Fehler," verfluchte sie sich selbst in ihren Gedanken. "Es war ein Fehler zu gehen." Verbissen drückte sie ihre Lippen aufeinander und starrte über den Kopf ihres Pferdes hinweg in den dunklen Wald. Warum hatte sie sich nicht mehr gewehrt? Warum war sie so einfach gegangen? Warum all dies, wenn sie doch tief in sich genau wußte das es ein Fehler gewesen war? Ihre kalten Hände umkrampften die Zügel und ihr Atem entwich seufzend ihrer Kehle. Ayesha wußte das sich ihr Vater um sie sorgte, dass er für seine Tochter nur das beste wollte. Und dennoch kam sie sich vor als würde man sie wegschieben wie einen unliebsam gewordenen Klotz. Was sollte ihr Vater nur ohne sie tun? Er hatte doch sonst niemanden. Plötzlich brachen Gefühle über sie herein, Gefühle die schon so alt waren, das man glauben konnte sie würden nicht mehr schmerzen und doch taten sie es immer noch. All zu oft war er über Ayesha herein gebrochen wie ein Gewittersturm. Ihre Mutter, nie hatte sie ihre Mutter bewußt wahr genommen. Sie kannte sie nicht. Diese Erkenntnis schmerzte bei nahe noch mehr als der Abschied von ihrem Vater. Schon immer war sie da gewesen, diese Erkenntnis das sie ihre eigene Mutter nicht kannte und es ihr auch nie vergönnt sein würde es zu tun. Man hatte sie ihr genommen ehe sie alt genug war, um ihre Augen aufzuschlagen und ihre Umwelt wahr zunehmen. Ihr Vater hatte ihr immer viel über sie erzählt und doch war es Ayesha nie gelungen all dies in ihrem Kopf zu einem Bild zusammen zu setzen, ihre Mutter war ein Name ohne Gesicht. Ein Name, mit dem sie nichts verbinden konnte. Eben so gut hätte ihr Vater von einem wunderschönen Sonnenaufgang berichten können, welchen er vor Jahren gesehen hatte. Was nütze das, wenn man ihn nicht selbst erblickt, nicht selbst seine Wärme gespürt und nicht selbst davon berichten konnte? Niedergeschlagen senkte Ayesha ihren Blick, sie fragte sich warum sie gerade jetzt über diese Dinge nachdachte. War es durch den Abschied? War es aus der Tatsache heraus, das sie sich nicht von ihrer Mutter hatte verabschieden können, oder weil sie sich fürchtete? Fürchtete vor einer Zukunft sie so unbekannt war wie dieser Wald durch den sie ritten. Was würde aus ihr werden? Sie wußte es nicht. Alles was sie wußte war, das sie bald die Frau eines Mannes werden würde welchen sie nur durch seinen Namen her kannte. Gesehen hatte sie ihn nie, was war das für ein Mensch? Was war das für ein Leben, das vor ihr lag? Fragen über Fragen, aber niemand war gewillt ihr Antworten darauf zu geben. Sie würden unbeantwortet bleiben bis sich ihr Schicksal erfüllen würde. "Verdammt Ayesha, es war ein Fehler." "Was war ein Fehler?" fragte plötzlich eine Stimme neben ihr. Irritiert hob Ayesha ihren Kopf, es war ihr nicht bewußt gewesen das sie ihren Gedanken laut ausgesprochen hatte. "Nichts Leros," gab sie dem jungen Mann der nun neben ihr ritt zur Antwort. "Ich habe nur laut gedacht." Leros lenkte sein Pferd noch näher das ihre heran und sah sie aus besorgten Augen an. "Du hast nur laut gedacht? Aber was du gedacht oder auch gesagt hast, das reicht mir." Schwer atmete Ayesha die kalte Luft ein und aus, sie wußte das sie vor ihm nichts verheimlichen konnte, dazu kannte er sie zu gut. "Ayesha," sagte er leise damit es die anderen nicht vernehmen konnten. "Ich weiß doch das du das alles nicht willst. Warum tust du es?" Traurig blickte Ayesha ihren Freund aus Kindertagen an, wie sollte sie ihm eine Antwort auf seine Frage geben, wenn sie doch selbst danach suchte? "Ich weiß es nicht Leros, ich weiß es nicht." Argwöhnisch hob Leros eine Augenbraue und schüttelte dann seinen Kopf. "Ayesha, wir beide wissen doch das du dort nicht glücklich wirst. Es ist nicht deine Heimat, du gehörst dort nicht hin," sagte er und in seiner Stimme schwang Traurigkeit mit. Zum ersten Mal seit ihrem Aufbrauch huschte ein Lächeln über Ayeshas Gesicht und sie berührte ihn flüchtig an seiner Hand. "Ich danke dir," sagte sie aufrichtig. "Aber wir beide wissen auch, das es für mich kein zurück mehr gibt." Leros nickte und sie ritten schweigend neben einander her. Der Wald würde immer dichter, die Regentropfen erreichten kaum mehr den Waldboden und man konnte nur erahnen wie spät es sein mochte. Das fahle Licht welches vereinzelt durch das Geäst der Bäume brach, ließ auf frühen Abend schließen. Müde ritt Ayesha immer noch schweigend neben Leros, hin und wieder blickte sie ihn an. Ihr Freund wirkte genau wie sie abgekämpft und müde, doch irgend etwas stimmte nicht. Ayesha konnte es mit jeder Faser ihres Körpers spüren. Nachdenklich nahm sie ihren Blick wieder von ihm, die hinunter gefallenen Zweige knackten unter den Hufe der Pferde und Ayesha zuckte kaum merklich zusammen. Was war nur los mit ihr? Ayesha schüttelte dieses Gefühl von sich, und konzentrierte sich darauf mit den anderen das Tempo zu halten. Das Licht wurde mit jedem Augenblick schwächer und die Kälte, die schon den gesamten Tag ihre Glieder lähmte verstärkte sich zunehmend. Plötzlich hob Vers, der Führer der kleinen Gruppe eine Hand, und wies sie zum Anhalten an. "Absitzen," befahl er. "Für heute ist es genug, die Pferde brauchen ihre Ruhe und ich glaube wir auch." Dankbar glitt Ayesha von ihrem Pferd. Ihre Glieder fühlten sich steif an und jede Bewegung schmerzte. Routiniert wie eh und je luden die Männer das Gepäck von den Pferden, untersuchten die Umgebung welche ihr Lager umgab, ein Feuer wurde entzündet und die Flammen vertrieben die dunklen Schatten welche langsam aus dem Unterholz zu kriechen schienen. Eine angespannte Stimmung lag in der Luft, es wurden nur wenige Worte gesprochen. Die Geräusche des Waldes drangen an ihre Ohren, in der Ferne hörte man das leise Heulen eines Wolfes, dunkle Vögel saßen in den Baumwipfeln und starrten die kleine Gruppe aus glühenden Augen an. Der Mond war aufgestiegen, doch die kleine Sichel spendete kaum Licht. Ruhig und unbewegt stand er am schwarzen Firmament, graue Wolken schoben sich vor ihn, die Flammen des Feuers züngelten empor und in der Glut begann es laut zu knacken. Müde schloß Ayesha ihre Augen, sie hatte keine Ahnung gehabt, wie anstrengend solch eine Reise sein konnte. Sie hörte, wie der Wind leise auf heulte, das Blattwerk zu rauschen begann und die Stimme Leros, der begonnen hatte zu singen. Sie kannte das Lied, schon oft hatte sie ihn es singen hören, doch erst jetzt konnte sie erahnen was ihr Freund besang. Sie wußte wem er auf diese Weise sein Leid klagen wollte. Ein Lied über eine verlorene oder auch unerwiderte Liebe. Ayesha öffnete ihre Augen und sah ihn über den Rand des Feuers hinweg an. Sie erinnerte sich, das Leros vor einem Mond bei ihrem Vater gewesen war. Ayesha hatte nicht lauschen wollen, doch die Stimmen der beiden waren so laut gewesen, das sie es selbst vor dem Haus gehört hatte. Sie hatten sich gestritten, zum ersten Mal, wie es Ayesha erschienen war, hatten sich ihr Vater und Leros gestritten. Wegen ihr. Immer noch konnte es Ayesha nicht glauben. Leros hatte um ihre Hand gebeten, doch ihr Vater hatte schon damals beschlossen für wen sie bestimmt sein würde. Immer noch sang Leros sein Lied und ließ Ayesha keinen Augenblick aus den Augen. Sie erkannte, wie das Feuer in seinen dunklen Augen aufleuchtete, und glaubte eine Art von Traurigkeit in seiner Stimme zu erkennen, wie sie es noch nie bei ihm vernommen hatte. Sie hätte ihm so gerne gesagt das es ihr leid tat. Plötzlich verstummte Leros, seine Augen weiteten sich und kein Laut entrann mehr seiner Kehle. "Was ist los Leros?" fragte Vers und lachte leise. "Hat es dir die Sprache verschlagen? So schlimm singt du nun auch wieder nicht." Die Männer lachten und Walun, der neben Leros saß schüttelte ihn leicht am Arm. Leros Augenlieder begannen zu zittern, ein leiser Laut entfuhr seiner Kehle, er schien keine Kontrolle mehr über seinen Körper zu haben und sein Oberkörper kippte nach vorne. Augenblicklich wurde es still, Ayesha schrie so laut und gellend auf, das es die Stille der Nacht durchzuckte wie ein Blitz. Vers der neben ihr saß starrte ungläubig auf den Pfeil der sich tief zwischen Leros Schulterblätter gebohrt und seine Lunge durchschlagen hatte. Augenblicklich sprangen die Männer auf und zogen ihre Waffen. Nichts war zu hören, nur das leise Rauschen in den Baumwipfeln. Ayesha preßte sich eine Hand auf ihren Mund, um nicht erneut schreien zu müssen, ihr Blick streifte über den toten Körper von Leros. Seine vor wenigen Minuten noch so traurigen Augen wirkten nun ausdruckslos, die Gesichtszüge wirkten auf eine grausige Art und Weise entstellt, wie es nur der Tod vermochte ein Gesicht in Bruchteilen von Sekunden zu verzerren, es alt und grau werden zu lassen. Angst befielen ihren Körper, sie spürte wie sich ihre Kehle zusammen zog und ihr Blut leicht gegen ihre Schläfen pochte. Vorsichtig sah sie zu Vers hinauf, der sich dicht neben sie gestellt hatte. Anspannung lag in dem vom Wetter gegerbten Gesicht. Seine Augen versuchten in der Dunkelheit etwas zu erkennen, auszumachen aus welcher Richtung die Gefahr auf sie zu kam. Seine Hände umklammerten fest den Griff seines Schwertes, jeder Muskel in seinem Körper schien sich anzuspannen wie die Sehen eines Bogens. "Macht euch bereit," flüsterte er. "Sie kommen." Vor ihnen bewegte sie das Dickicht, Äste wurden zur Seite geschleudert und mit lautem Gebrüll sprangen ein duzend Männer aus der Dunkelheit hervor. Die Stille wurde durch das klirren der Schwerter zerrissen. Ayesha sprang auf ihre Füße, mit schnellen hastigen Schritten erreichte sie das Dickicht und preßte sich hinter einen mächtigen Baumstamm. Sie hörte die Schreie, Schreie wie sie einer menschlichen Kehle nur im Anblick des Todes entrinnen konnten. Sie wagte nicht zu amten, selbst das Schlagen ihres Herzens erschien Ayesha zu laut. Vorsichtig lugte sie aus ihrem Versteck hervor. Vers sank unter einem mächtigen Schwerthieb auf die Knie, ein letztes Mal sah er in die Augen seines Gegners, ehe dieser ihm mit aller Kraft sein Schwert durch das Herz trieb. Walun lag enthauptet in einem Gebüsch. Malti, der jüngste von ihnen, war von drei Männer umringt und es war nur eine Frage von kurzer Dauer bis auch er unterlag. Blut glitzerte dunkel im nächtlichen Licht. Gequält schloß Ayesha ihre Augen, sie konnte diesen Anblick nicht mehr ertragen. Panische Angst befiel ihre Gedanken. "Ich muß hier fort," war der einzige klare Gedanke den sie fassen konnte. Ein letztes mal wagte sie es aus ihrem Versteck hervor zu spähen. Stille war wieder eingekehrt. Die leblosen Körper ihrer Reisegefährten, der Männer die so schon seit ihrer Kindheit gekannt hatte, lagen auf dem Waldboden, ihr Blut sickerte lautlos aus ihren Wunden. Alle waren Tod. Ayesha atmete noch einmal tief die kalten Luft ein und ließ sie zischend ihrer Kehle entweichen, dann rannte sie los, rannte so schnell sie ihre Füße tragen konnten. "Da ist noch jemand," hörte sie hinter sich rufen. Sie verstärkte ihr Lauftempo. Angst verlieh ihrem Körper plötzlich ungeahnte Schnelligkeit, doch es waren einfach zu viele. Ein immer lauter werdendes Keuchen kam unaufhaltsam näher und näher. Ayesha versuchte noch schneller zu rennen, doch ihre Kraft reichte nicht. Zwei starke Hände umfaßten ihr Handgelenk, rissen sie zu Boden. Hart fiel sie auf den vom Regen aufgeweichten Waldboden, eine große Hand legte sich ihr über den Mund und verhinderte ihren lauten Aufschrei. Sie schlug, trat und biß um sich, wie ein wildes Tier, doch ihr Verfolger war zu stark. Ein leises Lachen drang an ihre Ohren. "Mach es nicht noch schlimmer," zischte er und sein heißer Atem brannte auf ihrem Gesicht. "Ich hab sie," rief er laut und seine kleinen flinken Augen ruhten wieder auf Ayesha. Ein letztes Mal versuchte sie sich aufzubäumen, ihn abzuschütteln, eine schwere Hand legte sich um ihre Kehle, drückte zu und nahm ihr die Luft zum atmen. "Da haben wir wohl eine kleine Wildkatze gefangen wie ich sehe," erneut lachte er leise und verstärkte den Druck um ihre Kehle. Verzweifelt kämpfte Ayesha darum nicht das Bewußtsein zu verlieren, Angst regierte in jeder Faser ihres Körpers und biß fest in einen der Finger welche immer noch auf ihrem Mund lagen. Der metallene Geschmack von warmen Blut breitete sich in ihrem Mund aus und sie hörte wie der Mann laut aufschrie. Er nahm seine Hand fort und funkelte sie an. "Du elende kleine Hure," schrie er und schlug ihr mit all seiner Kraft ins Gesicht. In ihrem Kopf explodierte der Schmerz, ihr Körper gab seinen Widerstand auf. Schwärze umschloß Ayesha wie die Schwingen eines mächtigen Vogels. Ihr Bewußtsein glitt immer tiefer hinab, hinab in eine nie gekannte wunderschöne Stille in welcher es weder Angst, noch Schmerz noch Licht gab. Nachwort: Junge ich muß wirklich zuviel Zeit haben *gg*. Tja, was soll man auch als *faule* Abiturientin machen wenn das Wintersemester erst im Oktober anfängt?! Erst einmal möchte ich mich wieder dafür bedanken das dies hier überhaupt gelesen wird. Also DANKE an diejenigen welche es gelesen haben, ich weiß es wirklich zu würdigen. Ferner noch einmal DANKE für das wirklich positive Feedback mit dem ich um ehrlich zu sein nicht gerechnet hatte. Ich hoffe man fühlt sich angesprochen!!! Außerdem hoffe ich das es etwas Spaß gemach hat diesen Teil zu lesen. Und noch was: Ich habe mich echt nicht im Genre vergriffen, der Shoujo-Ai Teil wird noch kommen. Nur, wenn ich DAS jetzt schon verraten würde...tja wo bliebe dann die *Spannung*?! In dem Sinne bis bald Adios seen Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)