Die Trauerweide von Gurgi ================================================================================ Prolog: Die Wölfe ----------------- Die Wölfe Sie rannte, immer schneller und schneller. Der kalte Nachtwind riß an ihren Haaren, ihre Lunge brannte wie Feuer und jeder Muskel in ihrem Körper schmerzte vor Anstrengung und Furcht. Ihr Körper war am Ende, doch sie konnte nicht stehen bleiben. Sie wußte, dass sie hinter ihr waren, nicht mehr weit entfernt und was für ein Schicksal ihr bevorstand, wenn sie ihnen in die Hände fallen würde, das wußte sie. Vor wenigen Augenblicken hatte sie es mit ansehen müssen, hatte gesehen zu was sie Imstande waren. Die Dunkelheit trübte alles, Bewegung, Orientierung und ihr Denken, wohin sollte sie nur gehen? Der Wald war dicht und Verstecke gab es genug, doch wie lange würde sie dort verharren können? Wie lange würden ihre Verfolger brauchen um sie zu finden? Es wäre nur ein kurzer Aufschub, ein kurzer Frieden den sie genießen würde. Für einen Moment blieb sie stehen und stützte sich mit einer freien Hand an einem mächtigen Baumstamm ab. Ihr Lunge füllten sich mit Luft, doch ihr Atme entrann ihrer Kehle immer noch stoßweise. Ihr Herz schlug laut und aufdringlich, und ihre Nerven waren bis zum zerreißen gespannt. Ihr keuchen vermischte sich mit den Geräuschen des Waldes, sie hörte wie der Wind durch das Geäst der Bäume rauschte, das Kreischen der Tiere und ein langsam näher kommendes Knacken im Unterholz. Sie waren ganz in ihrer Nähe. Sie atmete noch einmal tief durch, drückte den kleine Weidenkorb in ihren Armen fest an sich und lief weiter. Die Äste der Sträucher schlugen ihr ins Gesicht und sie spürte wie ihr heißes Blut die Wangen hinab floß. Über ihr glitzerte der runde Mond und beschien ihren Weg mit seinem silbernen Licht, immer verschlungener wurden die Pfade und immer undurchdringlicher wurde das Dickicht des Waldes. Die junge Frau spürte noch immer die Gefahr die ihr im Nacken saß und mit jedem Augenblick näher zu kommen schien. "Es hat doch keinen Sinn," dachte sie, doch ihr Schritt verlangsamte sich nicht, er wurde noch schneller als zuvor. Panisch blickte sie sich um, Angst ließ ihren Körper erschauern und sie hatte Mühe sich zu zwingen weiter zu laufen. Sie mußte weiterleben, nicht für sich selbst. Nein, sie hatte es versprechen müssen, sie hatte ihr Ehrenwort gegeben. Sie hörte wie hinter ihr Sträucher umknickten und das Fluchen ihrer Verfolger. Mit hastigen Bewegungen kämpfte sie sich durch einen Dornenstrauch und stand auf einer kleinen Waldlichtung welche durch einen breiten Fluß getrennt wurde. Der Mond war von hier aus gut zu sehen, man konnte erkennen das sein Licht immer schwächer wurde. Bald würde der Morgen anbrechen und die Dunkelheit welche ihr Schutz geboten hatte würde verschwinden, dann war es ein leichtes sie zu finden und zu töten. Das laute Geschrei ihrer Verfolger durchschnitt die Stille des Waldes wie die scharfe Klinge eines Schwertes und ließ ihr Herz schneller schlagen. Hastig blickte sie sich um, sie mußte ein Versteck finden, wenigstens für eine kurze Weile. Erneut drückte sie den Weidenkorb fest an sich und zog sich immer tiefer in das dunkle Dickicht zurück bis ihre Gestalt mit der Umgebung verschmolz. Sie hatte während ihrer Ausbildung gelernt sich vor Augen zu verbergen, auch wenn es nur für eine kurze Zeit war. Wenige Meter neben ihr zerteilte ein mächtiger Hieb die Büsche. Drei große und kräftige Gestalten stapften aus dem Dickicht auf die Waldlichtung. Ihre Waffen glitzerten im fahlen Licht des Mondes auf. Die junge Frau wagte nicht zu atmen und beobachtete aus ihrem Versteck die Männer. "Ich habe doch gesagt das sie nicht hier ist," schrie der eine und schubste seinen Kameraden ein Stück von sich weg. "Wo soll sie sonst hin gelaufen sein? Wir haben alles abgesucht," schrie dieser zurück und beide Männer funkelten sich an. "Haltet endlich eure Mäuler," mischte sich nun der dritte in die Streiterei ein und die anderen beide Männer gehorchten auf sein Wort. "Sucht die Lichtung ab, sie muß hier irgendwo sein." Unbewegt verharrte die junge Frau in ihrem Versteck und spähte durch das Geäst der Sträucher auf die Waldlichtung, sie sah wie sich die Männer aufteilten und jeder einen Abschnitt der Lichtung absuchte. "Oh bitte, laßt sie mich nicht finden," flehte sie in ihren Gedanken und preßte sich noch ein Stück tiefer auf den Waldboden. Sie roch den würzigen Geruch welcher von dem zu Boden gefallenem Blattwerk zu ihr aufstieg und versuchte so leise wie möglich zu amten. Plötzlich schlug über ihr ein Schwert in den Stamm des Baumes, Blätter rieselten auf sich hinab und sie mußte ein Schrei welcher ihrer Kehle entfahren wollte unterdrücken. Sie hob vorsichtig den Kopf und sah das einer der Männer genau vor ihrem Versteck stand. Ihre Nerven vibrierten und sie wagte kaum zu atmen, eine falsche Bewegung und alles war umsonst gewesen. Die junge Frau zog den kleinen Weidenkorb noch näher an sich heran und senkte erneut den Kopf, wartete, hoffte das er sie nicht entdecken würde. "Hier ist nichts," hörte sie einen der Männer rufen. "Hier ist sie auch nicht, hast du etwas gefunden Arson?" Die junge Frau hörte, wie der Mann vor ihrem Versteck einige Schritte auf und ab ging, immer wieder mit seinem Schwert die Äste zur Seite bog und versuchte in dieser Dunkelheit etwas zu erkennen. "Nein," sagte er schließlich und drehte sich um, sie konnte das Knacken der dürren Zweige unter seinen Stiefeln hören. "Hier ist sie auch nicht." "Die Kleine will uns zum Narren halten," brummte er laut und sein Unmut war deutlich zu erkennen. "Wir werden sie getrennt suchen. Ihr sucht auf der anderen Seite des Flusses und ich suche noch einmal hier die ganze Umgebung ab. Weit kann sie noch nicht gekommen sein." Langsam entfernten sich die Schritte der Männer und es wurde Still auf der Lichtung. Die junge Frau hob vorsichtig ihren Kopf, spähte hinaus und seufzte dann laut und befreit auf. Sie verharrte noch für eine kurze Weile in ihrem Versteck bis sie ganz sicher sein konnte das ihre Verfolger fort waren. Dann erhob sie sich und löste sich aus der Dunkelheit. Die Nacht verwandelte sich langsam in den frühen Morgen. Die ersten Vögel begannen leise zu singen und am Horizont zeigte sich die erste Spur der Morgenröte. Ein bitteres Lächeln huschte über ihre verkrampften Gesichtszüge, diese Kerle besaßen eine große Kraft und genauso groß war auch ihre Dummheit. Mit langsamen und unsicheren Schritten ging sie auf den Fluß zu, ihre Glieder befiel plötzlich eine nie gekannte Müdigkeit und sie fühlte sich als wäre all ihre Kraft aus ihrem Körper fort gespült worden. Müde ließ sie sich an dem Ufer des Flusses nieder, tauchte ihre Hände in das kühle Naß und benetzte ihr immer noch vor Angst glühendes Gesicht. Das Wasser erfrischte sie und half ihr wieder einen halbwegs klaren Kopf zu bekommen. Sie blickte flüchtig in den Weidenkorb und lächelte versonnen, als sie den Inhalt erblickte. Dort schlief noch immer ihr vor wenigen Tagen zur Welt gekommenes Kind. Sie war froh, dass es noch nichts von den Schrecken dieser Nacht mitbekommen hatte, es war noch zu klein, um wahrnehmen zu können, in welcher Gefahr sie beide immer noch schwebten. Sanft strich sie über die kleine Hand, sofort umklammerte diese mit den kleinen noch so schwachen Finger die Hand der Mutter. Tränen stiegen in der jungen Frau auf als sie die Wärme ihres Kindes spürte, sie wußte das es noch nicht zu ende war. Die Männer würden nicht aufhören sie zu suchen, sie hatten Befehle und diese würden sie auch ausführen, dessen war sie sich sicher. Sie wußte nicht, wie lange sie sich noch verstecken konnte und sie wußte auch nicht, wie lange sie beide diese Flucht verkraften würde. Dieses kleine Wesen, war noch so schwach und hatte noch nicht genug Widerstandskraft für ein Leben, das ihnen bevor stand. Sie wußte, dass es nicht lange leben würde wenn sie es mit sich nahm. Vorsichtig löste sie den Griff der kleinen Finger und sah ihr Kind aus traurigen Augen an. Was sollte sie nur tun? Sie blickte sich um, wo war sie? Sie wußte nicht mehr wieviel Stunden sie gelaufen war, sie wußte nur das sie weit von ihrer Heimat entfernt sein mußte. Sie kannte den Wald und erahnte wo sie sich befand. Der Fluß, so weit sie es in Erinnerung hatte führte er in ein Dorf, es war nicht weit von hier und um diese Zeit würden bestimmt Frauen am Ufer sein um Wasser zu holen. Sollte sie wirklich. Nein, das konnte sie nicht. Sie konnte ihr Kind nicht in so ein ungewisses Schicksal entlassen. "Aber wenn ich dich mit mir nehme wirst du nicht mal einen Sommer alt," flüsterte sie leise und hob ihr Kind vorsichtig darauf bedacht es nicht zu wecken aus dem Korb. Leicht verzog es das Gesicht, doch als es die Wärme des anderen Körpers spürte rollte es sich in den Armen seiner Mutter zusammen und schlief friedlich weiter. Die junge Frauen spürte wie ihr Körper zitterte, Tränen stiegen erneut in ihr auf und sie versuchte abermals sie zurück zu halten. Sie konnte sich jetzt nicht leisten schwach zu sein. Das leise, aber doch aufdringliche Rauschen des Flusses, drang in ihr Bewußtsein, sie blickte auf die von kleinen Wellen bewegte Oberfläche und dann wieder in das Gesicht ihres Kindes. "Ich habe keine andere Wahl," sage sie leise zu sich selbst. "Egal wie ich mich entscheide, wir werden uns auf die eine oder andere Weise trennen." Sie drückte ihr schlafendes Kind noch einmal fest an sich und küßte es liebevoll auf die Stirn, dann legte sie es wieder in den Korb zurück. Ihre Hände tasteten sich zu dem Verschluß ihrer Kette und lösten den Knoten mit zittrigen Fingern. Als sie spürte, wie sich der Knoten löste und das dünne Lederband in ihren Händen ruhte seufzte sie laut. Ihr Blick blieb an dem weißen Stein, welcher an der Kette hing, haften. Er war an sich nichts besonderes, ein Stein wie man ihn überall im Wald fand, doch in ihm leuchtete etwas. Es sah aus als wäre das Licht eines Sterns dort eingefangen. Sanft hob sie ihrem Kind den Kopf an und befestigte die Kette an dem kleinen Hals, dann küßte sie das kleine Gesicht, hob den Korb vom Boden auf und ging zu einer Stelle, an welcher das Ufer seicht war. Tränen brannte auf ihrem Gesicht, als sie vorsichtig den Korb auf der Oberfläche des Wassers absetzte. Sie spürte den Sog des Flusses, ein eigenartiges Gefühl beschlich sie, so als wolle der Fluß ihr damit etwas sagen. Sie wußte plötzlich, dass ihr Kind sicher ankommen würde, doch wo genau, das wußte sie nicht. Ihre Lippen berührten noch ein letztes mal das Gesicht ihres Kindes, dann ließ sie den Korb los. Schnell trieb er den Fluß hinab, immer schneller und immer weiter von ihr fort. Sie weinte und bebte am ganzen Körper, nun war sie wirklich alleine, entschlossen kehrte sie dem Fluß den Rücken und ging einige Schritte. "Vergiß niemals das ich dich über alles liebe," sagte sie doch ihre Stimme war kaum mehr als ein hauchen, mit langsamen Schritten ging auch sie einer unbekannten Zukunft entgegen. Der Morgennebel stieg von taubedeckter Vegetation, als die Sonne am Horizont heraufkam. Das üppige Blattwerk am Waldrand strömte einen frischen Geruch aus; in diesem Augenblick der Morgendämmerung schwieg die Welt, als hielte sie den Atem an. Stille herrschte und alles wirkte friedlich als wäre nichts geschehen, denn, was konnte der Morgen auch schon von den Ereignissen der Nacht wissen... Nachwort: Also erst mal, diese Geschichte habe ich vor ca. 5 Jahren geschrieben, hatte sie heute beim aufräumen gefunden und dann den Prolog abgetippt. Tja, und dann hatte ich die Idee das alles einfach mal hier rein zu stellen. Es sind mehrere Teile, aber ich werde sie immer erst nacheinander veröffentlichen (das abtippen war anstrengend). Noch was, die Figuren und der Inhalt sind alle auf meinem eigenem Mist gewachsen und ich hoffe mal es war nicht ganz so schlimm das hier zu lesen. Noch ein DANKE an diejenigen die es gelesen haben. Für Verbesserungsvorschläge (man kann ja noch was ändern) und Kritik bin ich immer offen. Adios seen Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)