Zwischen den Fronten von Izu-chan (RusAme) ================================================================================ Kapitel 1: Konfrontation auf eisigem Grund ------------------------------------------ Vollkommen allein stand der hochgewachsene Mann in der eisigen Tundra, ohne sich zu rühren. Die Augen geschlossen und den frostigen Schneesturm genießend, hob er das Gesicht dem Himmel entgegen. Er hasste die Kälte und doch war sie sein Verbündeter. Aber noch mehr hasste er die Hitze, welche jede Länderversammlung, selbst solch eine geheime wie diese, in ihm hinterließ. Er hasste es, dorthin gehen zu müssen, nur um anschließend in seine kalte Heimat zurückzukehren. Sein ganzer Körper schien unnatürlich zu glühen und zu schmerzen… Zwar konnte der kalte Wind ihm diese Hitze nur langsam nehmen, doch Russland wusste, dass sich sein aufgewühltes Inneres früher oder später beruhigen würde. Das Land vor ihm war verwüstet und verbrannt - ein Anblick, der ihn wütend machte. Seine eigenen Leute hatten dies getan und doch waren es nicht sie, auf die er wütend war, sondern jene Person, vor der die heutige Versammlung geheimgehalten worden war. Jene Person, die nun mit ihren Streitkräften am anderen Ende des gefrorenen Feldes die Flaggen ihres Landes hisste. Ohne jede Eile hob Russland sein Gewehr und lud es. Bis hier her und nicht weiter würde er die Franzosen lassen. Ganz gleich, was sein Boss sagte, nachdem Moskau in seiner Abwesenheit niedergebrannt war, würde er keinen Schritt mehr weichen! Ein sadistisches Grinsen schlich in sein düsteres Gesicht, als sich die gegnerischen Streitkräfte sichtlich mit der Witterung kämpfend näherten. Ohne, dass ihn jemand bemerkt hätte, legte er an. Der Wind flüsterte ihm zu, welcher der Schatten sein Ziel sein musste. Der Schuss hallte trotz des tosenden Windes über das Feld. Frankreich riss den Oberbefehlshaber vom Pferd, sodass die Kugel ihr Ziel verfehlte. Grinsend legte Russland ein weiteres Mal an. Obgleich sein Schuss verfehlt hatte, hatte er doch einen seiner Feinde in den Tod gerissen. Die Gruppe wurde unruhig. „Russland!“, brüllte Frankreich ihm entgegen, während er Napoleon hinter sich schützte. „Eh? Ich kann dich so schlecht hören…“, lächelte der Mann in beigefarbener Uniform finster. „Willst du nicht etwas näher kommen?“ Mit jedem Schritt, der sich nähernden Gestalt loderte die Hitze des Gefechts stärker in Russland auf und machte ihn noch wütender. Er legte an und zwei weitere Soldaten aus Frankreichs Heer fielen. Sein Kontrahent lief mit gezückter Waffe auf ihn zu und schoss, doch keine der Kugeln traf ihr Ziel, woraufhin Russland lachend die Arme ausstreckte. „Das ist mein Grund und Boden“, grinste er gruselig. „Denkst du, dass du mich hier schlagen kannst?“ „Das werden wir noch sehen, du verdammter Bastard!“, giftete Frankreich ihn an, die Waffe nachladend. „Wo zur Hölle ist deine Armee? Willst du ganz allein gegen mich kämpfen?“ Wolfsheulen und Gebrüll von Bären drang durch den tosenden Schneesturm, während Russland sein Gewehr zur Seite warf. „Für euch genüge ich völlig“, erwiderte er und riss den Wasserhahn einer nahen Pumpe aus dem gefrorenen Boden. Mit übermächtiger Stärke schlug er nach Frankreich, der den Schlag mit seinem Gewehr mühsam blockierte. „Gib einfach auf“, grollte Frankreich. „Es hat keine Bedeutung, was du hier allein tust!“ „Du kotzt mich wirklich an.“ Als hinter ihm Schüsse fielen und seine Männer sich schreiend gegen die wilde Natur Russlands zur Wehr setzten, blickte der Blonde erschrocken über seine Schulter. „Rückzug!“, brüllte Napoleon und galoppierte davon. Russland nutzte den unaufmerksamen Augenblick seines Gegners, um ihn mit dem Eisenrohr niederzuschlagen. Der Sturm nahm ungeahnte Ausmaße an, als er seinen Feind am Kragen gepackt hoch hob, sodass dieser den Boden unter den Füßen verlor und sich schwach in seinem würgenden Griff wand. „Wärst du jetzt so nett, zu sterben?“, erkundigte sich Russland überfreundlich. Frankreich brachte nur undeutliche Würgelaute zustande. Intensiv in sein sadistisches Vergnügen vertieft, bemerkte er die beiden Schatten, die sich ihnen näherten, erst spät, obgleich diese sich keinerlei Mühe gaben, sich anzuschleichen. Abgelenkt bemerkte Russland nicht, wie Frankreich ein Messer aus der Uniform zog. Zurück taumelnd ließ er den Mann fallen, als sein Unterarm aufgeschlitzt wurde und sich die Klinge in seine Brust bohrte. Kaum ließ der Überraschungsmoment nach, schloss sich seine unverletzte Rechte fest um die Eisenstange und hob den Wasserhahn gnadenlos über den Kopf des keuchend am Boden nach Luft ringenden Landes. Gerade, als er ihn niedersausen lassen und damit das letzte Wort in diesem Konflikt sprechen wollte, stieg ihm die Hitze in seinem Innern endgültig in den Kopf und brachte ihn zum Wanken. „Frankreich!“, rief Österreich, der hinter seinem Verbündeten aus dem Schneesturm auftauchte. „Russland! Na endlich!“, beschwerte sich Amerika, die Hand erschöpft auf die Schulter des größeren Landes legend. „Es war echt nicht leicht, dich hier zu finden.“ Die Hand des verletzten Armes mühsam vor sein Gesicht gehoben, versuchte Russland sich zu sammeln. Ihm war schwindelig, heiß und von weit weg nahm er Schmerzen wahr. „Was macht ihr hier? Mischt euch nicht ein.“ „Sch, sch“, machte Amerika scheuchend zu Österreich, der Frankreich aufhalf. „Immer mit der Ruhe!“, bekam er besonnen zur Antwort. „Komm, Frankreich, finde dich damit ab, dass du verloren hast.“ „Na ja, sieh mal“, lenkte Amerika Russland eifrig ab. „Frankreich interessiert mich nicht. Er ist in deinem Gebiet, also ist er der Böse. Als Held bin ich verpflichtet, mich auf die Seite der Schwachen zu stellen. Du kannst dich also auf mich verlassen!“ Abrupt holte Russland mit dem Wasserhahn aus und schlug nach Amerika. „Geh mir nicht auf die Nerven!“ Der Blonde landete auf dem Hintern im Schnee, die Arme schützend erhoben. Doch der große Mann drehte sich einfach um und ging. Schlagartig wurde Amerika bewusst, dass er die unnahbare Weltmacht soeben als schwach bezeichnet hatte. Kurz bevor Russland im Schneesturm als dunkler Schatten verschwinden konnte, fiel die Eisenstange zu Boden und ihr Träger brach zusammen. „R-Russland?!“, rief Amerika erschrocken, sprang auf und lief zu seinem Verbündeten. Am Rande der Bewusstlosigkeit lächelnd, ruhte das entspannte Gesicht im Schnee. „Hey! Was ist mit dir?“, schüttelte er den Größeren, bevor er seine Hand auf die glühende Stirn legte. „D-Du verbrennst ja!“ „Ah, ich liebe Schnee…“, seufzte Russland selig, schob sich unbeholfen einen kleinen, weißen Berg auf die freie Wange. „Ich liebe… Schnee…“ „Ey, du…“, setzte Amerika an, doch das Gesicht des sonst so gruseligen Mannes drückte nun rein gar nichts mehr aus. Verzweifelt blickte sich das junge Land um. „Österreich?!“ Doch Österreich war bereits mit Frankreich abgezogen, um diesen in Sicherheit zu bringen. Ohnehin stand er auf Frankreichs Seite und sorgte sich wohl kaum um das verfeindete Russland. „Fuck“, ärgerte der Blonde sich und mühte sich ab, Russland hochzuziehen und nach einem Unterschlupf zu suchen. Den Großen mehr oder weniger auf seinem Rücken mit schleifend, stiefelte er auf gut Glück durch den tiefer werdenden Schnee. Dass diese Aktion so enden würde, hatte er nicht vorausgesehen, als er nach Russlands plötzlichem Aufbruch die Versammlung mit Österreich verlassen hatte, um das Schlimmste der russisch-französischen Konfrontation zu verhindern. Eigentlich war er viel zu jung für diese Aufgabe, aber England hasste Russland und alle anderen europäischen Länder standen unter Frankreichs Kontrolle, obgleich sie davon alles andere als begeistert waren. Er war der Einzige gewesen, der es tun konnte. „Verdammt, warum muss jetzt dieser unmenschliche Sturm hier toben?“, keuchte Amerika außer Atem, blickte erschöpft in das rote Gesicht auf. „Du bist schwer, weißt du das? Wenn das so weiter geht, erfrieren wir beide hier draußen.“ Während er weiter stapfte, erklang ein tiefes Lachen aus dem Dunkel. Amerika zog sich die Kapuze tiefer ins Gesicht, als der Wind die Richtung änderte und das Treiben der Schneeflocken plötzlich die Sicht auf ein Licht im Wald freigab. Ohne Zögern hievte er Russland auf das Licht zu, bis er vor einer kleinen Holzhütte stand. Sich angestrengt auf den Beinen haltend, trat er einige Male sachte gegen die Tür. Nachdem er seine Kapuze zurückgezogen hatte, streifte unerwartet ein warmer Atemzug seinen Hals, woraufhin er erstarrte. Russland seufzte leise und Amerika bemerkte erleichtert, dass er noch immer bewusstlos war. Als die Tür sich öffnete, hätte er unvorbereiteter nicht sein können. Er öffnete den Mund, druckste herum, bekam jedoch kein Wort heraus. Die ältere Frau in der Tür trat zur Seite, sodass Amerika der unausgesprochenen Aufforderung zum Eintreten nachkam. „T-Tut mir leid, mein… Freund scheint krank zu sein…“, begann er verzweifelt, während die Frau die Tür gegen den unbarmherzigen Wind zu stemmte. „Kann ich Sie um Hilfe bitten?“ Erkennen schien in den alten Augen aufzuleuchten, als sie sich auf den Bewusstlosen richteten und die zitterigen Hände den Schnee aus den graublonden Haaren strichen. Ein Wort, das sich in Amerikas Ohren ehrfürchtig anhörte, erklang aus dem Mund der Hausherrin, bevor diese ihm half, Russland in ein Zimmer zu bringen, in dem sie ihn auf ein Bett legen konnten. Erschöpft ließ sich der Blonde daneben auf die Bettkante plumpsen und wischte sich über die nasse Stirn. An Frieren hatte er nicht einmal denken können, beladen mit diesem schweren Kerl, der die Wärme einer Heizung abstrahlte. „Alles okay“, beruhigte die Frau, während ihre Hand auf Russlands Stirn lag. „Wird gesund.“ Verwundert blickte Amerika auf. „Sie sprechen meine Sprache?“ Nickend lächelte sie. „Bisschen.“ Einige Zeit später saß Amerika mit einer Tasse Tee am Fenster des Zimmers, den Blick fortwährend auf das Bett gerichtet, von dem schweres Atmen erklang. Es passte ganz und gar nicht zu Russland, wegen einer banalen Erkältung einfach so umzukippen. Nebenbei hatte die gute Frau in dieser Hütte nicht mal Cola, sodass er sich mit Tee begnügen musste, der ihn unweigerlich an England erinnerte! Vodka hatte er abgelehnt. Tief seufzend stellte er seine Tasse ab, ging zum Bett und beugte sich über Russland. „Wach auf!“, verlangte er leise. „Ich hab her gefunden, aber ich finde niemals zurück. In deinem Niemandsland kann sich doch kein Mensch orientieren! Also wach auf!“ Nichts änderte sich, woraufhin sich der Blonde mit einem erneuten, aufgebenden Seufzen zurückzog. Kaum hatte er sich gesetzt, trat ihre Gastgeberin mit einer Schüssel ein, die sie ihm hinstellte. Das dampfende Essen ließ Amerika das Wasser im Mund zusammenlaufen. Das eindeutige Vorhaben seines knurrenden Magens konnte nur versuchen, mit einem Lächeln zu überspielen. Die Frau setzte sich lachend zu ihm. „Essen Sie doch“, forderte sie auf. „Nicht viel da, aber teile ich gerne.“ „Danke sehr“, lächelte Amerika dankbar, den Blick anschließend nachdenklich auf den sich hebenden und senkenden Deckenberg gerichtet. „Das Feuerholz ist auch sehr knapp“, bemerkte sie entschuldigend. „Kalte Nacht. Väterchen Frost tobt sich aus.“ „Dieses Land hat es nicht leicht“, stimmte der Blonde zu, bevor er die Teetasse erneut zum Mund hob. Dann stutzte er jedoch, denn die alte Frau schüttelte mit einem gutmütigen Lächeln den Kopf. „Wir sind stark und halten durch“, winkte sie ab. „Sind harte Winter gewöhnt, aber die Armee hatte viele Verluste. Die Franzosen geben uns dieses Jahr vielleicht den Rest…“ „Sie sind abgezogen“, murmelte Amerika in seine Tasse. Die Hausherrin fragte überrascht nach, sagte Dinge auf Russisch, die Amerika nicht verstand. Doch da er nicht mehr zuhörte, machte es keinen Unterschied. Er war betroffen, schließlich hatte er nicht gewusst, dass die zunehmenden Sticheleien zwischen Russland und Frankreich solche Ausmaße angenommen hatten. Russland hatte es nie leicht gehabt, aber er war stark und hielt es aus. Doch wie jedes der anderen Länder konnte er die Entscheidungen seines Bosses kaum beeinflussen und musste sich dem zermürbenden Krieg stellen, egal wie seine derzeitige Situation aussah. Zudem hatte er sich Frankreich ganz allein in den Weg gestellt, um nicht noch weitere Verluste zu erleiden. Niedergeschlagen griff Amerika sich an die Stirn. „Neben dir komme ich mir wie ein Schwächling vor.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)