Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende von Lupus-in-Fabula ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Langsam drehte sich Lighter um. Seine Gehilfen sahen sich beunruhigt an. Bud kratze sich am Nacken und Lou versuchte zu lächeln. „Warum wollt Ihr Beide gleichzeitig einen freien Tag?“ Lou schlug sanft seinen Freund in die Seite. Beschwörend blickte er den Anderen an. „Nun ich … eh wir …“, stammelte Bud. Er blickte zum Waldboden. „Wir dachten nur, damit wir ein wenig …“ „… Ruhe und Kraft tanken können“ Lighter hob eine Augenbraue. „Arbeitet ihr etwa zu viel? Bin ich ein so strenger Boss?“ Mit dieser Frage hatten die zwei Männer nicht gerechnet. Verwirrt schauten sie sich an, bemerkten, dass sie ihrem Boss eine Antwort schuldeten und gerieten ins Schwitzen. Während Lou Lighter geradezu hypnotisierend wollte, besser gesagt ihn so anblickte, betrachtete Bud wieder den Waldboden. „Wenn ihr mich schon so lieb darum bittet“, der Mann mit dem Holzbrett auf der Schulter warf einen Blick zum Himmel, „solltet ihr auch freibekommen.“ Stumm gafften die Zwei den Sprechenden an. „Rede ich verflucht nochmal undeutlich oder hört ihr nicht mehr gut?“, knurrte Lighter und schwenkte sein Holz gefährlich durch die Luft. „Danke, Boss!“, rief Lou. Bud lächelte glücklich. Lighter glaubte an vieles, jedoch nicht an eindeutige Zufälle. Bud wollte heute dringend einen Ruhetag haben. Heute würden einige neue Rekruten im Dorf eintreffen, Tessie würde heute viel und lange arbeiten müssen – und wohl auch oft umschmeichelt werden. Das waren zu viele Zufälle auf einmal. Lighter konnte es verstehen. Tessie war ein bezauberndes junges Fräulein. Dazu eine der einzigen Frauen im Dorf, welche noch nicht verheiraten gewesen ist oder ein Kind geboren hat. Oder selbst noch eins war. Dazu war sie zu fürsorglich. Naiv. Hilfsbereit. Die zwei Gehilfen tuschelten miteinander. Gerade wollte Lighter sich Gedanken über den Tagesablauf machen, da ertönte eine heitere Stimme: „Morgen, Dad! Morgen, Lou und Bud!“ Ein Junge winkte breit grinsend vom provisorischen reparierten Fenster hinunter. „Willst du was zum Frühstück?“, rief der Mann hinauf. „Nein Dad. Ich muss zur Bäckerei. Arbeiten. Mit Angie“, sagte das Kind heiter, während es hüpfte, um besser hinauszusehen. „Fall nicht hinaus“, lachte Lighter und blickte zu seinen Gehilfen. Lou zog Bud Richtung heissen Quelle. Bewaffnet mit einem Kamm und einem Rasiermesser. Der Tag kann nicht besser werden., schoss es dem Mann durch den Kopf und rief seinen Sohn nach, er soll seine Haare kämmen. Die frische Morgenluft wirbelte die abgestorbenen Blätter der Blumen durch die Dorfmitte. Aus Carolines Haus duftete es nach frischem Brot. Um diese Zeit befanden sich nicht viele-Lighter fiel es schwer, Schweinemasken und Fremde als neue Bewohner zu zählen - Leute auf der Gasse. Lighter genoss es zu spazieren. Ausserdem tat er das schon seit Jahren. Alte Gewohnheiten starben nicht so schnell. Einige Polizisten stolzierten wichtigtuerisch herum. Haben diese Wichtigtuer erneut einen streunenden Hund eingefangen? Diese Lackaffen sind für nichts zu gebrauchen. Seine Schritte gingen nach Norden. Vielleicht hatte er jetzt Glück. Der Blumenstrauss schien frisch zu sein. Ein Dutzend Blumen, liebevoll zusammengebunden wachten über das Grab. Demütig beugte Lighter den Kopf, um ein stilles Gebet zu sprechen. „Guten Morgen hust Herr Lighter.“ Obwohl der Mann den Totengräber gehört hatte, dieser war nicht mehr der Jüngste und sein Humpeln und Husten verrieten sein Kommen immer, grüsste Lighter ihn erst als er angesprochen wurde. „Er ist schon gegangen hust. Vermutlich hust wollte er keiner Menschenseele begegnen hust. Das konnte sein. Einige gaben es schon längst auf, ihn daran zu erinnern, dass er noch ein Kind hatte, um das er sich kümmern sollte. Andere nicht. Sie taten es eindringlicher. Und da der Gute ein elender Dickkopf war … Kopfschüttelnd massierte sich Lighter seine Stirn. „Warum?“, der Angesprochene reagierte nicht erkennbar, jedoch wusste Lighter, das er ihm zuhörte, „Warum sind nur alle so verdammt leichtgläubig. Diese verfluchten Bastarde übernehmen …“ Lighter hätte vor Wut auf den Boden gespuckt. Allerdings besass er Manieren und würde niemals einen Friedhof entehren. Der Mann mit dem Holzbrett hatte Mühe, sich zu beherrschen. Der Friedhofswärter schlürfte zum Grab. Sanft strich er über den Grabstein. „Die Sonne hust scheint immer.“ Verwundert drehte Lighter sich zum alten Mann um. Sein Gesicht war ein einziges Fragezeichen. „Egal hust was passiert, die Sonne scheint immer hust, auch wenn sie von den Wolken verdeckt wird hust. Sie wird auch hust für die Urenkel deines Sohnes scheinenhust. Und natürlich für jene Enkel.“ Lighter sah Nippolyte ernst an. Auch wenn dieser erschöpfter als sonst war, strahlte er seine Ruhe und Stärke aus. Die erste Eisenbahn fuhr mit den Früharbeitern zur Claymanfabrik. Die Bahnwächter kontrollierten alles. Im Gegensatz zu den Schaffnern hatten sie die gefährliche Aufgabe zu überwachen, dass sich niemand durch den Tunnel schlich. „Morgen Lighter, altes Haus“, rief Ed und strahlte ihn an. Auch Lighter schlich ein Grinsen über das Gesicht. Wohin der Mann schritt, war klar. „Auch schon unterwegs? In dieser Herrgottsfrühe? Hat dich deine Frau laufen lassen?“ Ed zwinkerte und flüsterte verschwörerisch: „Was meine Angetraute nicht weiss, macht sie nicht heiss.“ Lachend klopfte Lighter zum Abschied dem Mann auf die Schulter. „Trink auch ein Glas für mich. Ich komme gleich nach.“ Er wollte noch was einkaufen. Fuel brauchte ein neues T-Shirt. „Willkommen verehrter … ach du bist es.“ Nichol gähnte und rieb sich die Augen. „Noch nicht ganz wach?“ Nickend gähnte das Kind nochmals. „Mama muss sich um den Haushalt kümmern, Richie ist noch zu klein und Papa ist in der Fabrik. Und Opa ist ja schon alt.“ Nichol blinzelte, um die Müdigkeit zu vertreiben. „Was kann ich dir geben?“ *** Das Yado Inn strahlte trotz des Umbaues seine alte Gemütlichkeit aus. Kaum betrat Lighter das Hotel, wurde er schon begrüsst. „Es ist schön, dich hier zu sehen. Machst du eine Pause? Passt gar nicht zu dir“, stellte Betsy amüsiert fest. Ed sass schon an einem Tisch, die Bar existierte nicht mehr, und diskutierte mit Bob. Lighter nickte nur und liess seinen Blick schweifen. „Bist du froh, endlich ein wenig Ruhe zu haben?“ „Oh ja! Sie nehmen mir das Hotel zwar nicht mehr auseinander, aber da ist ja immer noch die Sache mit den Blitzen.“ Seufzend wischte sich die Wirtsfrau ihre Hände an der Schürze ab. „Die Betten sind frisch bezogen und genug Essen haben wir auch. Die Armee könnte ruhig ihren Beitrag dazu beisteuern. Nicht wahr Schatz?“ Der Angesprochene zuckte zusammen. „Ehm ja … Hast recht Schnuzelchen“, murmelte Jackie. Tessie tänzelte die Treppe hinunter. Kaum erblickte sie Lighter blieb die junge Frau erschrocken stehen. „Lighter, bist du verletzt?“, fragte sie besorgt. Der Mann lachte laut auf, was Tessie irritierte. „Tessie, unser Lighter verletzt sich niemals!“, rief Ed dazwischen und hob sein Glas. „Keine Krankheit getraut sich, ihn anzufallen.“ Bob prustete los und ergänzte japsend: „Lighter kommt nur freiwillig zu dir, wenn er seinen Kopf unter den Armen trägt.“ Tessie blickte zwischen den Männern hin und her, legte den Kopf schief und sagte bestimmt: „Das ist nicht witzig!“ Schallendes Gelächter durchdrang das Hotel. Betsy klopfte aufmunternd auf die Schulter der jungen Frau. „Nimm es dir nicht zu Herzen. So sind die Herren der Schöpfung. Nicht wahr, Schatz?“ Jackie nickte und murmelte: „Ich muss noch das Inventar kontrollieren …“ Zufrieden legte Bob die Karten auf das Tischen. „Meine Herren, diese Runde geht an mich.“ Ed ächzte und warf seine Karten auf den Boden. Lighter zuckte lässig mit den Schultern. Tessie räumte die Gläser weg und brachte für jeden ein neues Getränk. Betsy sprach mit einem der Schweinemasken. Dieser fuchtelte mit einem Formular herum. Er war ziemlich aufgebracht. „Soll ich den Schlappschwanz beruhigen?“, brummte Lighter und trank einen grossen Schluck. Bob grinste, während er seinen Gewinn zählte. Ed legte lachend eine Hand auf Lighters Schulter. Endlich stolzierte der Soldat in der blauen Uniform aus dem Gebäude. Die Wirtsfrau schüttelte den Kopf und stemmte ihre Hände in die Hüften. „Was ist mit dem Captain los? Bis heute hat sich noch nie ein Gast beschwert.“ Entrüstet blickte sie die Türe an. „Meine Teuerste, ich finde Sie liebenswürdig. In Ihrer Nähe fühle ich mich wie im Paradies.“ Die Wirtsfrau hob eine Augenbraue. Dann setzte sie ihr charmantestes Lächeln auf und tippelte zum Tisch. „Na na, da werde ich ja ganz verlegen“, schnurrte Betsy und beugte sich nahe zu Bob. „Wäre ich ein paar Jährchen junger und nicht schon glücklich verheiratet, könnte ich deinem Charme nicht widerstehen“, sagte die Frau und kniff Bob sanft in die Wange. Dieser grinste schelmisch. Sein Lächeln fror jedoch ein, als Betsy gebieterisch erwähnte: „Das Bier musst du trotz allem bezahlen, gell?“ Lighter verschluckte sich an sein Bier. Ed kippte vor Lachen fast vom Stuhl. Eine Touristin blickte belustigt zu den Männern. Sie wollte sich die aktuelle Zeitung holen. Lighter stand auf, packte seinen bescheidenen Gewinn ein und leerte sein Glas mit einem Zug. Eigentlich wollte er nicht so lange sitzen bleiben. Aber auch er vergass die Zeit, wenn er sich amüsierte. Er hob die Hand zum Abschied und lief mit seinem Holzbrett zur Türe. Es war wirklich schon früher Vormittag. Eine freundliche Stimme begrüsste ihn. Nan ging mit ihrem Kind spazieren. Die Kleine winkte begeistert. Sie hüpfte regelrecht auf und ab. Nan schmunzelte über ihre Tochter und nickte Lighter zum Grusse zu. Sicherlich gingen die zwei Damen zum Strand. Tazmily bot reichlich Natur und Erholung. Knurrend dachte Lighter an eine andere Attraktion. Schnaubend wollte er Richtung Wald gehen - wenn er seinen Gehilfen freigab, musste er auch ihre Arbeit übernehmen. Auf dem Dorfplatz standen drei eifrig schwatzende Frauen. Unsere Dorfspatzen sind bereits wach, schoss es Lighter durch den Kopf. Jill, Lisa und Brenda diskutierten laut über die alles Mögliche und Unmögliche. Plötzlich hörte man einen wütenden Schrei. Die Türe der Bäckerei wurde aufgeschlagen. Fuel rannte feixend hinaus, verfolgt von einer tobenden Angie. Der Junge kaute zufrieden auf einem Brötchen. Angie, mit einem geblümten Schürzchen bekleidet, war ziemlich aufgebracht. Sie rannten um den Dorfbrunnen, welcher aus dubiosen Gründen zugenagelt wurde, und zwischen den Beinen der Damen durch. So schnell, dass die Anwesenden gar nicht richtig dazukamen hinzusehen. Das Mädchen schrie Fuel unschöne Dinge nach. Dieser blieb gelegentlich stehen, liess Angie nahe an sich herankommen und flitzte wieder davon. Die Zuschauer lachten aus vollsten Herzen. Es tat einfach gut nach der schweren Zeit Zeuge von diesem unschuldigen Schauspiel zu werden. „Fuel, du Dieb!“ „Ich konnte nicht widerstehen.“ „Die Brötchen sind für die zahlenden Kunden. Und nicht für dich, Vielfrass!“ „Ich helfe doch im Laden …“ „Du machst nur Unordnung. Fuel ich … du bist … Ich finde dich doof!“ Jill kicherte und blickte zu Lighter. „Man bemerkt die Familienähnlichkeit“, sagte die Frau mit einem koketten Zwinkern. Zufrieden sah Lighter in die Runde. Er war wirklich stolz auf seinen Sohn. Genauso aufgeweckt war er als Junge. Lisa sah besorgt den Kindern nach. Brenda warf einen amüsierten Blick zu Caroline, welche aus der Backstube trat, um nach ihrer Tochter zu sehen. Die Kinder schlängelten sich durch die Beine der Dorfbewohner. Das Mädchen rief weiterhin Fuel Verwünschungen hinterher. Nicht einmal auf das Rufen ihrer Mutter reagierte Angie. Sie wollte den Dieb fangen und ihm ein paar Manieren beibringen. Schwere Schritte von Stiefel durchbrach die Szene. Alarmiert hob Lighter den Kopf. Die Frauen tauschten besorgte Blicke miteinander aus. Es war kein Geheimnis, dass der Mann mit dem Holz Schweinemasken verachtete. Der Junge schlug einen Haken und rannte in die Richtung des Soldaten. Angie schnurstracks hinterher. Der Mann blieb stehen. „Bleib stehen, du Gauner.“ „Dann erwisch mich doch.“ „Fuel, du … Kerl!“ „Guten Tag, Herr grasgrüne Schweinemaske.“ „Guten Tag. Fuel, bleib endlich stehen!“ Amüsiert blieb der Major stehen, während die Kinder um ihn herum rannten. „Na na, benimmt man sich so in der Anwesenheit einer Dame?“, fragte er lachend. Fuel, immer noch davon rennend, erwiderte frech: „Ich sehe keine Dame. Nur ein wütendes Wildschwein.“ Das brachte das Mädchen erst recht zu Weissglut. Sie versuchte den grinsenden Jungen durch einen Sprung zu erwischen. Sie erwischte ihn nicht und fiel zu Boden. „Fuel … jetzt ist meine Schürze ganz dreckig. Ich hasse dich.“ Schluchzend sass Angie auf der Strasse. Der Soldat kniete sich neben das Mädchen hin. Caroline rannte zu Lighter und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Keine Aufregung, bitte bleib ganz ruhig“, flüsterte sie ihm leise zu. „Kleines Fräulein, nicht weinen. Schau, es ist nichts passiert“, sprach die Schweinemaske tröstend und half dem Kind auf. Er klopfte ihr den Staub von dem Kleid. Dann sah er zu Fuel, welcher daneben stand und ein wenig besorgt dreinschaute. „Junger Mann! Als richtiger Mann darf man keine Frauen zum Weinen bringen.“ Mit gespielter Strenge blickte der Mann zum Knaben. „Du solltest dich schämen! Das mindeste, was du jetzt tun kannst, ist dich in aller Form zu entschuldigen.“ Fuel legte nachdenklich den Kopf schief. Sein Papa hat immer gesagt, dass er Erwachsenen gehorchen sollte. Jedoch auch, dass man den Schweinemasken nichts glauben durfte. Angie wollte er jedoch nicht so traurig sehen. Sein Papa hat ihm auch gesagt, man muss immer galant zu Frauen sein. Unsicher glotzte der Junge zu seinem Vater. Dieser nickte nur. „Angie, es tut mir wirklich leid, dass dein Kleid und dein Schürzchen schmutzig geworden sind“, sprach Fuel blitzschnell. Die Angesprochene schaute eingeschnappt weg. „Du meinst es eh nicht ernst.“ „Doch.“ „Nein.“ „Doch.“ „Dann beweis es. Du Dieb.“ „In Ordnung“, sprach Fuel grinsend und schritt auf das Mädchen zu. Blitzschnell drückte er ihr einen Kuss auf die Wange. Die Frauen kichern, Lighter lachte darüber sogar leise. Fuel schmunzelte über das ganze Gesicht. Angie stand mit offenem Mund da. „Fuel, das ist …“, stammelte das Mädchen nach ein paar Sekunden. Sie lief rot an. „Ja, Angie?“, fragte der Junge neugierig. „Du bist der grösste Blödmann, den ich kenne!“ Beleidigt stolzierte das Kind davon. Der Major lachte laut. Überrascht sahen die Anwesenden zu ihm. Da stand tatsächlich eine ranghöhere Schweinemaske auf dem Platz und lachte öffentlich. Sonst zeigten die uniformierten Männer nie ihre Gefühle. Natürlich fluchten sie oder zeigten sonst wie ihren Ärger. Aber freudiges Lachen? Der Frieden wehrte nicht lange. Gemächlich nährte sich Fassad. Sein Lächeln zierte sein gebräuntes Gesicht. Statt einen Gruss auszusprechen, lachte er nur. „Soso, was ist das nur für ein entzückender Schwank. Ist das nicht ein Teil des Glücks, wonach wir alle streben?“ Der Soldat salutierte pflichtbewusst. Fassad winkte den Frauen zu, Lighter fixierte er lange. Fuel, der sofort zu seinem Vater gerannt war, klammerte sich an Lighters Beine. „Angie. Fuel. Gehen wir wieder an die Arbeit“, sprach Caroline mild. Fuel sagte Ligther auf Wiedersehen und trippelte der Bäckerin hinterher. Die drei Dorfspatzen plauderten wieder weiter. Die Laune von Lighter war auf dem Tiefpunkt. Er hasste Fassad. Dieser Typ war verdächtig. Leider sahen das einige nicht. Oder wollten es nicht sehen? Auf den Weg spuckend, drehte sich Lighter um. Wollte wieder Richtung Wald gehen. Doch da lenkte ihn was von seinem Vorhaben ab. Lou versuchte, seinen Freund zum Hotel zu ziehen. Bud wehrte sich jedoch. „Komm schon, Junge.“ „Ich getraue … ich getraue mich … doch nicht.“ „Das kann nicht wahr sein. Beweg dich.“ „Bitte lass mich zurück, das war vielleicht trotzdem eine schlechte Idee.“ „Die ganze Mühe soll umsonst gewesen sein?“ Lou zog Bud an seinem frisch angezogenen Hemd. Jammernd wehrte sich dieser. Lou schob seinen Freund ächzend an. „Das nächste Mal steck’ ich dich in ein Fass und roll dich ins Dorf!“ „Hey Lighter, altes Haus!“ „Dir scheint es ja heute richtig langweilig zu sein.“ „Oder er hat Sehnsucht nach uns.“ Ed winkte den Mann mit dem Holz zu sich. „Oder willst du dich ein wenig amüsieren?“ Ein paar Tische weiter sass ein stammelnder Bud, welcher Tessie ein Sträusschen mit selbst gepflückten Blumen hinstreckte. Tessie freute sich und bedankte sich strahlend. Der junge Mann errötete. Bob feixte und beugte sich rüber zu Lighter, der sich wieder hingesetzt hatte. „Willst du wetten, wie lange es dauert, bis sich unser Herzensbrecher blamiert?“ Bud fummelte sich an den Haaren herum, den Blick zum Fussboden gerichtet. Ich muss es ihr jetzt sagen. Ich kann es nicht länger vor Tessie geheim halten. Und bevor mir jemand anderes zuvorkommt … Er holte tief Luft. „Tessie, ich mag dich. Ich werde alles für dich tun. In anderen Worten: Du bist die Frau, die ich über alles liebe!“ Seine Augen funkelten. Es war ein Moment sehr still im Raum. „Es zerbricht mir das Herz, es dir sagen zu müssen, jedoch kann ich deine Avancen nicht annehmen. Ich hab schon lange jemanden, den ich liebe. Es tut mir schrecklich leid.“ Das Gesicht von Bud verfärbte sich. Die drei Männer lachten aus vollem Hals. Betsy tätschelte den Kopf von Bud. „Auch wenn du ganz süss bist, bist du trotzdem ein wenig zu jung für mich.“ Lou, der die ganze Zeit im Hintergrund gewartet hatte, lief zu seinem Freund. „Hast du nicht mitbekommen, dass Tessie gesagt hat, dass sie die Blumen in eine Vase stellen will?“ Lou klopfte Bud auf die Schulter. „Sie es doch so: Der Boss und die Anderen hast du zum Lachen gebracht.“ „Das soll mich aufheitern? Sie lachen mich aus!“ „Sieh es so: Sie lachen mit dir.“ Als Tessie die Treppe wieder hinunterlief, bemerkte sie die gute Stimmung. Erfreut klatschte sie in die Hände. Vor allem, dass Lighter bessere Laune hatte, machte die junge Frau glücklich. Langsam beruhigten sich alle wieder. Bud lächelte Tessie träumerisch an. Jackie wuselte herum und sortierte die Prospekte und Zeitschriften. Die Wirtsfrau plauderte mit den Herren. Lou sah sich um. Bewunderte die Umbauarbeiten. Die Türe öffnete sich leise. Tessie drehte sich um. „Hallo Ollie. Ist was passiert?“ Der junge Mann schien betrübt. Mehr als üblich. „Ihr habt nicht zufällig Flint gesehen, oder?“ Lighter hob eine Augenbraue. Weshalb suchte Ollie Flint? Falls was am Haus des Bürgermeisters beschädigt wäre, würde Sebastian nach den Handwerkern suchen. Und sicherlich würde niemand nach Flint Ausschau halten. Heute zumindest nicht mehr. Der Mann fummelte an seiner Brille herum. „Das ist schlecht …“, murmelte er und schritt wieder hinaus. Die Anderen hatten kaum Zeit sich fragend anzusehen, da kam Ollie mit Begleitung wieder hinein. Der Junge drückte seinen linken Arm fest an seine Brust. Sein Hund stützte ihn, so gut er konnte. Ollie hatte die Hand auf den Rücken seines Begleiters gelegt. Beschämt sah dieser zu Boden. Boney winselte. „Lucas stromerte ziellos durch das Dorf. Ich hab gefragt was los ist, jedoch will er mir nichts erzählen.“ Ollie zuckte mit den Schultern. „Ich wollte doch zum Friedhof … zu meiner Mutter …“, flüsterte der Junge. Seine Haare waren mehr schlecht als recht gekämmt. Auf seiner Kleidung waren einige frische Flecken, andere waren mehr oder weniger ausgewaschen. Hatte das Kind Gewicht verloren? Er sah sehr blass aus. Tessie nährte sich zögerlich Lucas. Sie kniete sich vor ihn hin. Wischte den Jungen eine Strähne aus dem Gesicht. „Ist was mit deinem Arm?“, fragte die junge Frau sanft. Der Junge schüttelte den Kopf. Der Hund setzte sich hin. Unsicher blickte Ollie zu Betsy. Die Männer tauschten argwöhnische Blicke aus, während Jackie hinter dem Tresen verschwand. Wieder winselte Boney. Er stupste mit der Schnauze den Jungen an. Lucas fühlte sich unwohl. Er wollte weg. Tessie nahm den Jungen in den Arm. Dass der Junge heftig zusammen zuckte, als sie seinen Arm berührte, bemerkte die Frau. „Kann ich Lucas bei euch lassen?“ Während Ollie seine Brille richtete, schaute er Betsy an. In diesen Moment hörte man den Jungen wimmern. Perplex drehten sich die Anwesenden zu ihm um. Tessie versuchte, seinen Arm anzusehen. „Bitte … nicht. Du darfst nicht schimpfen“, sprach Lucas bebend. „Ich sehe mir nur deinen Arm an, Lucas. Niemand wird mit dir schimpfen. Versprochen.“ Lucas zitterte. Langsam streckte er Tessie seinen linken Arm hin. Sie wickelte das mit Sonnenblumen bestrickte Tuch von seinem Arm. „Wie konnte das passieren? Oh, meine Güte …“ Das Tuch flog zu Boden. Boney hob es auf. Er war ja ein braver Hund. Die Hand vor dem Mund hebend, setzte sich die Wirtsfrau hin. „Lucas, Junge, wie konnte das passieren?“, brummte Lighter und schoss vom Stuhl hoch. Ed und Bob schwiegen. Der Junge zitterte noch mehr. Er erblasste. „Nicht schimpfen. Bitte nicht schimpfen.“ Tränen flossen ihm die Wangen hinunter. Tessie sah schweigend auf seine Wunde. Sie war nicht tief, blutete aber stark. Ollie räusperte sich und kniete sich vor Lucas hin. „Niemand schimpft mit dir. Wir wollen nur wissen, wie das geschehen ist.“ Boney schwänzelte ein wenig, als Lighter sich nährte „Ich wollte Dad nur helfen“, flüsterte der Junge. Bud warf Lou einen furchtsamen Blick zu. Es erinnerte fast an die Tragödie, die vor einigen Monaten geschehen war. Lighter knirschte den Zähnen. „Mit was wolltest du deinem Vater zu Hand gehen?“, fragte Tessie besorgt. Schüchtern schaute Lucas in ihre Augen. „Dad hat es wohl vergessen. Aber den Schafen tat es doch langsam weh. Ich hab …“, er schluckte und hauchte den Rest des Satzes, „… versucht selbst den Schäfchen die Hufen auszuputzen.“ Das Glas mit der Milch fiel Betsy hinunter, welche sie extra für Lucas geholt hatte. Bud und Lou fixierten ihren Boss. Dieser stand nur da und starrte zur Decke. Er schien ruhig, doch in ihm brodelte es. Flint. Sein Freund hat sich verändert. Auch wenn er eine schlimme Sache erlebt hatte, durfte er seinen Sohn nicht vergessen. Lucas litt still vor sich hin. Der Junge vertraute sich niemanden an. Jedes Mal, wenn man ihn ansprach, lächelte das Kind traurig und sagte, dass alles in Ordnung wäre. Und jetzt tat Lucas schon Arbeiten, für die er viel zu jung war. Der Mann mit dem Holz bückte sich und kraulte den Hund. „Du bist ein braver Junge, Boney. Pass gut auf Lucas auf.“ Das Kind blinzelte um, was sehen zu können. „Bitte sei nicht böse auf meinen Vater.“ Der Mann tätschelte sanft den Kopf des Kindes. Er sagte nichts. Mit drei schnellen Schritten verliess Lighter das Hotel. „Warte!“ Ollie verfolgte ihn. „Lighter, bitte verliere nicht die Beherrschung.“ Wortlos drehte sich der Mann mit dem Holz um. „Sag meinen Gehilfen, sie sollen Fuel abholen. Und ein Auge auf diese verdammten Schweinemasken werfen“, sprach Lighter nach einer Weile. Seine Stimme zitterte vor Erregung. Ollie schielte zum Hotel. „Und sag Ed und Bob, sie sollen mich auf dem Laufenden halten. Sonst bekommen die Halunken einen Satz heisse Ohren.“ *** Er konnte warten. Hier musste Flint vorbeikommen. Und dann würde er seinen besten Freund gehörig die Meinung geigen. Der Wald hatte sich verändert. Statt lebhaften Vogelgezwitschers hörte man das metallische Flattern von den fliegenden Mäusen. Statt Schlangen krochen merkwürdige Slitherhen herum. Nachdenklich setzte sich der Mann auf einen Stein. Auf Isaac war so gut wie kein Verlass mehr. Er trieb sich viel zu häufig beim Militärgebäude herum. Ed, auch wenn er sich nichts anmerken liess, machte sich grosse Sorgen um seinen Vater. Sicherlich, er war nicht mehr der Jüngste und er hatte ein langes und erfülltes Leben geführt. Wenn doch nur Flint sich öfters im Dorf blicken lassen könnte! Lighter spuckte auf den Waldboden. Ob sich die Schweinemasken abschrecken liessen? Diese Waschlappen von Soldaten konnte man ganz leicht einschüchtern. Die Sonne schien dem Mann ins Gesicht. Unter anderen Umständen hätte er es genossen. Blätterrascheln liess Lighter aufstehen. „Hier, damit du nicht verhungerst.“ „Danke, Caroline. Bist echt ein Schätzchen.“ Er biss herzhaft in ein Butterbrötchen. Er stand auf, um der Frau Platz zu machen. „Und wissen es schon alle?“ Lachend drehte sich die Bäckerin zu ihm um. „Du weisst, doch wie es in unserem Dörfchen läuft.“ Ihr Lachen verschwand. Ernst blickte sie den Mann an. „Ich habe Fuel freigegeben. Er ist bei Lucas.“ Einen tiefen Schluck nehmend, wippte Lighter mit dem Kopf. Die Frau sah einem Schmetterling nach. Eine Weile schwiegen Sie einfach. Vermutlich brauchte die Bäckerin auch eine Pause. Ein Mehlfleck zierte ihre Wange. „Was ist mit Angie?“ „Sie ist noch in der Backstube.“ Lighter brummte. Caroline lächelte. Lighter machte sich umsonst Sorgen. Was sollte schon in diesem friedlichen Dorf passieren? Wieder ein Biss in ein neues Brötchen. Kauend schloss der Mann die Augen. „Wegen des Brötchens …“, er spülte mit etwas Milch nach und wischte sich den Mund mit dem Ärmel ab, „… Das Fuel einfach genommen hat, werde ich bezahlen. Oder er wird es abarbeiten.“ Lächelnd wollte Caroline den Vorschlag abwinken, aber Lighter schaute sie bestimmend an. „Wir können uns sicherlich einigen.“ „Mein Sohn wird, solange ich lebe, keine Schulden machen!“ Der Mann kratzte sich am Kopf. „Vielleicht bin ich zu nachgiebig mit dem Kleinen“, seufzte Lighter. Dazu sagte die Frau nichts. Die Luft kühlte ab. Ed und Bob berichten Lighter, was er alles verpasst hatte. Wie erwartet haben sich die Soldaten aufgeblasen, als würde ihnen das Dorf schon gehören. Zum Glück liess sich Betsy nicht so schnell aus der Ruhe bringen. Leider wollten andere Personen Lighter davon abbringen, auf Flint zu warten. Wenn das aber nochmals einer versuchte, würde diese Person einen sanften Schlag mit seinem Holz kriegen. Sollen sie ihn doch für verrückt halten. Wie Flint. Wieder stieg Wut in den Mann auf. Dieser Idiot. Er hatte noch einen Sohn zu Hause. Der mit Sicherheit noch lebte. Der Zärtlichkeit brauchte. Lucas war eine Heulsuse. Jedoch würde jedes Kind in seiner Situation so reagieren. Seine Mutter war gestorben, sein Zwillingsbruder galt als verschollen, sein eigener Vater ignorierte ihn und seine Heimat veränderte sich rasant. Knurrend schlug Lighter in einen Baum. Warum war alles nur so aussichtslos? Seit Hinawa von Ihnen gegangen war, schien Tazmily verflucht. Ein grimmiges Lächeln huschte dem Mann über das Gesicht. Es wäre sogar besser, wenn das Dorf untergehen würde. Oder die ganze Insel. Endlich hörte er die Schritte eines Mannes. Leise erhob sich Lighter und fixierte das Gebüsch. Dieses Mal musste sein bester Freund ihm Rede und Antwort stehen. „Gutes Wetter, um einen Nachtspaziergang zu machen, nicht wahr?“ Ausdruckslos sah der Angesprochene zu Lighter. „Wollen wir nicht ein Stück zusammen gehen? Wie in guten, alten Zeiten.“ Lighter wartete die Antwort gar nicht ab. Flint sprach seit dem Tag so gut wie nicht mehr. Nicht einmal mit seinen Freunden. „Ich muss mit dir reden.“ Flint senkte den Blick. Er sah einer Slitherhen nach, die gackernd davon kroch. „Lass mich in Ruhe, Lighter. Ich habe nichts mit dir zu bereden." Die Antwort war nur ein Knurren. „Statt mir kluge Ratschläge zu geben, hilf mir suchen. Claus braucht meine Hilfe.“ Bitter lachend stemmte Lighter sein Holz in den Waldboden. „Oh, das treibst du also den ganzen Tag. Was für eine Überraschung.“ Flints Augen sprühten vor Zorn. Er spannte seine Muskeln. „Ich dachte, du pflückst Blümchen. Oder beobachtest Vögelchen. In den Bergen.“ Empört wandte sich Flint zum Gehen. Er zog seinen Cowboyhut tief ins Gesicht. „Ihr wisst gar nicht, wie es mir geht“, murmelte Flint und stürmte davon. Kopfschüttelnd nahm Lighter augenblicklich die Verfolgung auf. Gut, sein Freund wollte nicht mit ihm sprechen. Auch wenn Flint es nicht hören wollte, er würde es ihm sagen. Lighter holte Flint ein. „Meinst, du sturer Vollidiot, du leidest als Einziger? Bemerkst du die Veränderungen nicht? Verdammt nochmal! Mach die Augen auf!“ Ohne stehenzubleiben, antworte der Mann mit dem Cowboyhut: „Ich bin nicht blind.“ Das reichte Lighter nicht. Dann musste er wohl oder übel deutlicher werden. „Es geht mich ja nichts an, aber weisst du noch wie Lucas aussieht?“ Das bewirkte was. Flint blieb sofort stehen. Zitternd drehte er sich langsam um. „Lucas geht es gut“, flüsterte Flint lauernd. Die beiden Männer standen vor der kleinen Kapelle. Wenigstens etwas, das sich nicht verändert hatte. Trotz den Happy Boxen. „Hat dir das dein Sohn selbst gesagt? Zu dir?“ Keine Antwort war auch eine Antwort. „Lucas, dein Sohn, braucht dich. Als Vater!“ Lighter betonte jedes Wort. Flint schwieg weiterhin. Der Mann biss sich auf die Lippen. „Ich bin dir keine Antwort schuldig. Niemanden!“ Überrascht sah Lighter zu dem Mann, der nur noch ein Schatten seiner selbst war. „Willst du das dein eigenes Kind vor die Hunde geht?!“ Lighter liess sich doch nicht anschreien. Und besonders nicht von einem Menschen, der wie ein Feigling die Augen vor der Wahrheit verschliesst. *** Der Dorfplatz war verlassen. Ein streunender Hund sauste davon, mit einem weggeworfenen Stück in der Schnauze. Grob packte Lighter Flint an der Schulter. „Hör doch einmal zu, anstatt wie ein Feigling davonzulaufen.“ „Lass mich los!“ „Nein. Verdammt nochmal, ich bin auf deiner Seite!“ „Dann lass mich los! Ich schlag’ dich, Lighter!“ „Lucas, braucht einen Vater. Er braucht dich!“ „Ich muss Claus suchen. Claus irrt alleine herum. Claus ist alleine.“ „Willst du es nicht verstehen? Claus ist vermutlich schon lange tot!“ „NEIN!“ „Flint, verliere nicht die Beherrschung!“ „Ich mache, was ich will! Und was verstehst du schon?!“ „Ich bin dein Freund.“ „Was für ein Freund! Wegen deines Sohnes konnte ich meiner geliebten Frau nicht helfen.“ Lighter starrte Flint an. „Sag das noch einmal …“, flüsterte der Mann bedrohlich. Die Augen seines Freundes glitzerten. „Hätte ich Fuel nicht geholfen, dann wäre ich rechtzeitig bei meiner Hinawa gewesen.“ Die Faust fand ihr Ziel. Benommen von dem unvorhergesehenen Schlag, taumelte Flint zurück. „Beleidige mich, schlag mich. Aber lass meinen Sohn aus dem Spiel!“, schrie Lighter fuchsteufelswild. „Wenigstens bin ich ein guter Vater. Sogar Matt war ein besserer Vater. Du bist nur herzloser und irrer Egoist. Wie konnte es die bezaubernde Hinawa nur mit dir aushalten?" Flint stürzte sich auf ihn. Nicht wegen der Anschuldigungen. Sondern, dass Lighter seine geliebte Hinawa hineingezogen hat. Die beiden Männer prügelten sich heftig. Flint und Lighter waren beide kräftige Männer. Sie schenkten sich nichts. Abbot und Abbey wurden vom Lärm wach. Besorgt liefen sie nach draussen. Ob sich die Anhänger der Schweinemasken verdroschen? Oder ob der alte Mann Wess wieder Terror machte? Aber als das Ehepaar bemerkte, dass sich die beiden Freunde aus Kindertagen wie wilde Tiere an die Gurgel gingen, erbleichten sie. „Oh, das darf nicht wahr sein. Das darf einfach nicht wahr sein …“, hauchte die Frau und klammerte sich an ihren Ehegatten. Dieser versuchte, die Lage zu deuten. Doch da kam schon Ollie angerannt. Seinen hellblauen gestreiften Morgenrock hinter sich herziehend und wild mit den Armen schlagend tauchte er auf. „Ihr zwei hört damit auf! Seid vernünftig!“ Ollie stoppte im Lauf, da er böse angefunkelt wurde. Flint, sein Hut war weggeflogen und er hatte ein blaues Auge, hatte den gleichen Gesichtsausdruck wie in der Nacht. Beinahe wahnsinnig starrte er den Sohn des Bürgermeisters an. Lighter, seine Lippe war aufgeplatzt und seine Wange war geschwollen, blickte Ollie so an, als wäre er bei was Wichtigem gestört worden. Schlichtend hob der junge Mann die Hände. „Regelt das doch wie Ehrenmänner.“ Abbey sah weg. Sie hatte Angst, dass Flint wieder ausrastete. Eilige Schritte nährten sich. Ausser Atem erschien Tessie. Lighter vermutete, dass sie nach Scamp gesehen hatte. „Flint! Lighter! Keine Schlägerei!“, bat sie weinerlich. Auch wenn es dunkel war, Lighter konnte ihre Tränen erkennen. Ollie atmete erleichtert aus. Wenn es jemand friedlich regeln konnte, dann Tessie. „Was ist dann geschehen? Warum geht ihr aufeinander los? Ihr seid doch Freunde.“ Auf eine gewisse Weise war sie froh, Flint wütend zu sehen. Sie dachte schon, er hatte jegliches Gefühl verloren. „Ja Flint. Erzähl Tessie, was los ist. Oder hat es dir die Sprache verschlagen?“, lachte Lighter verdrossen. Flint schwieg. „Wir haben nur …“ „SCHWEIG!“ Böse hob Flint seinen Hut auf. „Wer versteht mich schon?! Was bildet ihr euch ein? Für euch bin ich eh schon verrückt.“ Der Mann fixierte Lighter. „Ich brauche niemanden. Besonders keine Verräter!“ Bevor jemand es verhindern konnte, schlug Lighter Flint ins Gesicht. Jammernd sah Tessie zu Ollie, der verzweifelt auf die Prügelnden blickte. Warum war gerade heute Bronson nicht da? Und die anderen kräftigen Männer wohnten zu weit weg. Sogar wann Abbot ihm half, hatten sie keine Chance. „Was soll das werden? Es herrscht Nachtruhe!“ Die Türe vom Hotel sprang auf und der Major vom Nachmittag rannte hinaus. Beherzt trennte er die zwei Streithähne. Verzog keine Miene, als er einige Treffer abbekam. „Ich weiss nicht, weshalb ihr euch wie zwei räudige Köter prügelt. Ich spreche jedoch sicherlich in Namen aller Anwesenden und verlange RUHE! Wenn ihr euch verdreschen wollt, tut es woanders.“ Flint riss sich los, warf Lighter einen vernichtenden Blick zu und lief wieder zum Wald. Der Soldat schüttelte den Kopf und ging zurück. Schweigend sahen die Zurückgeblieben Lighter an. „Hast du Flint die Freundschaft gekündigt?“, fragte Tessie nach einigen Minuten ängstlich. Erbost schnaubend griff der Mann nach seinem Holz, welches er im Eifer des Gefechts auf den Boden geworfen hatte. „Du Dummerchen, das würde ich niemals tun! Ich bin vielleicht alt, habe aber noch Anstand in den Knochen“, brummte er. Seufzend blickte er nach Norden. Zu den Bergen. „Ich dachte, ich könnte ihm ein wenig Vernunft rein prügeln.“ Lächelnd, trotz seiner Verletzungen, sah er in die Runde. „Für einen kurzen Moment war es wie früher.“ Er klopfte Ollie, der zusammenzuckte, auf die Schultern. „Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)