Fight me, please! von Shizana (Sommerwichteln 2013 für Baku_Chan) ================================================================================ Prolog: -------- „Ich mache mir Sorgen.“ Ein leises Seufzen begleitete die Worte der jungen Frau, der man ihre vierziger Jahre nun wirklich nicht abvermutet hätte. Während sie das frisch gewaschene Gemüse auf der Arbeitsplatte ablegte und sich in einer gewohnten Ablauffolge die Hände an der blassrosafarbenen Küchenschürze trockenwischte, warf sie einen prüfenden Blick in Richtung Küchenuhr gleich neben dem Fenster. Einer der beiden geschnitzten Dodu-Köpfe, die als Zeiger fungierten, rückte einen Strich weiter nach unten – es war zehn vor halb sechs, abends. Besorgt legte sie die Stirn in Falten. „Er wird sich wieder verspäten, hm?“ „Wie üblich“, kam der Kommentar von dem heranwachsenden Jugendlichen, der seinen Platz am Küchentisch eingenommen hatte und dort das Kinn in die Hand stützte. Auch er hatte seinen Blick auf die traditionelle Wanduhr geheftet, wie man sie in vielerlei Variationen rund um Tokiwa City und näherer Umgebung in den Wohnhäusern vorfinden konnte. Besonders in Tokiwa City selbst und auch hier in Masara Town waren sie bei den Einwohnern sehr beliebt. Man gewöhnte sich schnell an sie, ganz im Gegenteil zu manch anderen Üblichkeiten, die weitaus lästiger waren als das hölzerne Ticken einer Wanduhr. „Allmählich wird das zur Gewohnheit bei ihm. Ich hoffe, ihn erschlägt der Blitz.“ „Sei doch nicht so gemein“, sprach die Frau sanft. „Er kommt bestimmt gleich. Vielleicht wird er nur aufgehalten und kam noch nicht weg.“ „Tze.“ Leise knirschte der Holzstuhl unter ihm, als er das überschlagene Bein zurückzog und sich in einer aufrecht sitzenden Haltung zurücklehnte. Zwei schwarze Pfoten ergriffen sofort Besitz von ihm und legten sich über den mattbraunen Baumwollstoff seiner Cargohose, woraufhin er schon die Hand hob, um den schwarzen Kopf des Nacht-Pokémon mit dem gelben Kreismuster auf der Stirn zu streicheln. „Als ob ihm ein paar tausend Volt noch etwas anhaben könnten. Dem dürften inzwischen schon alle Sicherungen durchgebrannt sein. Ich hoffe ja immer noch für ihn, dass das der Grund dafür ist, dass er es schon wieder vergessen hat und uns hier wie die Blöden warten lässt.“ Einen Moment lang schwieg die Frau vor der Küchenzeile und schien zu überlegen. Nur zaghaft richtete sie ihre Stimme wieder an ihn. „Meinst du wirklich, er hat es vergessen?“ Ihm wären viele Möglichkeiten eingefallen, wie er darauf hätte antworten können. Er wusste vermutlich mehr treffende Beschimpfungen, als er Pokémon kannte, um seinem Ärger über das Fernbleiben des ersehnten Gastes Luft zu machen. Lediglich aufgrund der Tatsache, dass jene Frau ihm gegenüber niemand Geringeres als die Mutter jener Person und er sich dessen durchaus bewusst war, verkniff er sich den bissigen Kommentar, der ihm gerade noch durch den Kopf ging. „Würde es dich noch bei deinem verpeilten Sohn wundern?“, entgegnete er stattdessen und befand, dass diese Formulierung noch milde genug von ihm gewählt war. „Ich meine, hattest du mir nicht erzählt, dass er letztes Mal sogar seine Wechselklamotten hier vergessen hat, als er hier war?“ „Hm. Ja, da muss ich dir allerdings recht geben.“ Sie klang nachdenklich, dann kehrte wieder Stille ein. Als sie das nächste Mal das Wort ergriff, drehte sie sich nach dem braunhaarigen Jungen mit den grünen Augen um und wandte sich direkt an ihn. Jetzt, da ihr die Schatten ins Gesicht fielen, ließ sich auch erahnen, dass sie ihre jungen dreißiger Jahre bereits hinter sich gelassen hatte. Nicht, dass es einen Beweis gebraucht hätte, damit er dies wusste, immerhin kannte er die Mutter aus dem Nachbarshaus sein ganzes Leben lang. Genauso wie ihren Sohn, der dasselbe tiefschwarze Haar von ihr geerbt hatte, aber nicht ihre kastanienbraunen Augen. Nein, seine Augen waren… intensiver. Er erkannte die Sorge in ihrem Blick sofort. Die typische Sorge einer Mutter um ihr Kind. Er hatte diesen Blick schon oft an ihr gesehen und nicht selten ihren Sohn darum beneidet, eine so fürsorgliche Mutter wie sie zu haben, doch dieser wusste es nicht zu schätzen. Seiner Überzeugung nach zumindest. Er ahnte sofort, was als Nächstes kommen würde, noch ehe sie es aussprach. „Green-kun, darf ich dich um einen Gefallen bitten?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)