Scheidewege von Nicki_R ================================================================================ Kapitel 3: Seifenblasen - Remus ------------------------------- Seifenblasen Remus erwachte jäh und im ersten Moment hatte er keine Ahnung, wo er sich befand. Er lag unbequem, ihm war kalt, um ihn her raschelte es, und in seinem Mund hatte er einen schalen Geschmack. Ein Geschmack, der ihm so zuwider war, eine Mischung aus rohem Fleisch und Blut. Remus schlug die Augen auf und starrte auf das dichte Blätterdach über sich. Er spürte, wie sein Herz schneller schlug. Hatte er jemanden gebissen? Die Erinnerung an den letzten Abend streifte ihn. Die Geschehnisse in der Heulenden Hütte. Er hatte einen Freund wiedergefunden, ein Stück des Lebens, das vor 12 Jahren zerbrochen war, zurückbekommen. In seinem Inneren zog sich etwas zusammen. Was, wenn der Wolf das Unaussprechliche getan hatte? Remus setzte sich auf. Er fühlte jeden Knochen, jeden Muskel. Er musste die ganze Nacht gerannt sein, gejagt haben. Seine Hand stützte sich auf etwas Weiches und Feuchtes. Remus wandte sich um und fühlte einen heißen Schmerz in seinem Rücken. Ja, er erinnerte sich. Sirius hatte sich verwandelt, sie hatten gekämpft. Er hatte ihn weggezerrt von den Kindern, dem frischen Fleisch, das er so sehr wollte. Remus schüttelte sich. Seine Finger hatten sich in die Überreste des toten Kaninchens unter seiner linken Hand verkrallt. Die Erinnerung des Wolfes war unangenehm. Sie fühlte sich falsch an. Es war, als würde er die Erinnerung eines anderen betrachten, doch sein Körper erkannte sie, strafte seinen Verstand lügen, der so nicht sein wollte. Mit der Zeit war Remus immer besser darin geworden die Erinnerung wegzuschieben, sie aus seinem Bewusstsein zu verbannen. Doch jetzt war dafür nicht der richtige Zeitpunkt. Er versuchte sich zu erinnern. Hatte er jemanden gebissen? Er hatte es so sehr gewollt! Aber nein. Er hatte seine Zähne nur in ein paar Kaninchen schlagen können, die sich nicht schnell genug hatten verstecken können. Trotz des Ekels durchströmte ihn Erleichterung. Remus erhob sich vollends, vorsichtig, um seinen Rücken nicht zu stark zu beeinträchtigen. Noch einmal tauchte er in die Erinnerung des Wolfes um zu wissen, welchen Weg er einschlagen müsse. Dann schob er sie wieder weit von sich und trottete los, durchfroren und nackt wie er war. Der Waldboden stach in seine Fußsohlen, doch es half nichts, er hatte keine Wahl, er musste weiter. Die Sonne, die ab und zu zwischen dem Baumkronen über ihm durchblitzte, stand schon weit im Süden. Remus wusste nicht, ob er noch eine Nacht im Freien ohne Wolfspelz und ohne Zauberstab überleben würde. Außerdem hatte er Durst. Seine Kehle brannte und gerne hätte er den schrecklichen Geschmack weg gewaschen. Hätte er doch gestern Abend an den Wolfsbanntrank gedacht. Gerne hätte Remus sich selbst geohrfeigt, doch weil er so schon genug Schmerzen hatte, ließ er es lieber bleiben. Er war weit gelaufen gestern Nacht. Er würde noch eine ganze Weile durchhalten müssen. Doch was ihn am Schloss erwartete, ließ seine Schritte kräftiger werden. Sirius war unschuldig! Die Worte festigten sich in seinen Gedanken. All die Jahre hatte er geglaubt all seine Freunde verloren zu haben, aber alles war so anders, so furchtbar anders, als er gedacht hatte. Natürlich schmerzte ihn der Verrat von Peter. Nie hätte er ihm zugetraut sie zu verraten. Sie im Stich zu lassen. Aber das hatte er auch Sirius nie zugetraut. Der Schmerz um das Wissen, das ein Freund ihn hintergangen hatte quälte ihn nun schon so lange. Das Gefühl trug er seit Jahren mit sich herum. Das eine war so schwer zu begreifen wie das andere. Er kannte es, dieses Gefühl. Er hasste es sich zu fragen, warum. Aber er kannte es nicht mehr anders, nach all den Jahren. Doch jetzt war er damit nicht mehr allein. Sirius war zurückgekommen. Er hatte wieder einen Freund. Es würde wieder ein bisschen so wie Früher werden. Remus hielt inne. Er stützte sich an einem Baum ab und holte ein paar Mal tief Luft. Er spürte die Anstrengung in seinen Beinen. Aber er musste weiter. War er hier vorbei gekommen? Sofort flackerte die Wolfserinnerung in ihm auf. Ja, er war hier gewesen, wild und wütend. So lange hatte er nicht mehr durch irgendeinen Wald irren müssen. Noch einer der Vorteile des Wolfsbanntrankes. Auch wenn er in diesem Moment dankbar für ein wenig mehr Kondition wäre. Also lief er weiter. Seine Fußsohlen brannten und seine Arme und Beine waren bereits übersäht mit Schrammen und Kratzern. Die Erinnerung des Wolfes drängte sich immer mehr in sein Bewusstsein und auch der Durst wurde immer unangenehmer. Aber Remus wusste, dass der Weg zum Bach ein Umweg wäre, ein Umweg, der gefährlich werden konnte, denn wenn es dämmerte, wollte er nicht mehr hier sein. Er kannte den Wald wie seine Westentasche. Früher waren sie hier herumgestreunt. Zu viert. Als es noch keinen Verrat, keinen Verlust gegeben hatte. Vier Freunde, die ihr Leben noch vor sich hatten. Remus spürte seine eigene Bitterkeit. James war tot, Sirius hatte 12 Jahre in Askaban gesessen und Peter hatte sich genauso lange versteckt, in der Gestalt einer Ratte, mit der Furcht von der einen oder der anderen Seite entdeckt zu werden. Und er selbst? War es ihm denn besser ergangen weil er frei und am Leben war? Weil er sich nicht fürchten brauchte? Er hatte sie alle vermisst. Es war nicht leicht als Werwolf unter Zauberern zu leben. Und die Menschen, die ihm die Kraft gaben das auszuhalten, waren nicht mehr da gewesen. Ein Geräusch ließ ihn zusammenfahren. Es knackte im Gehölz und er hörte ein schweres, tiefes Atmen. Da war etwas im Wald, etwas Großes! Remus duckte sich hinter einen Strauch, obgleich er wusste, dass ein Tier mit Leichtigkeit seiner Fährte folgen könnte. Doch was blieb ihm anderes übrig. Remus saß ganz still und lauschte. "Ruhig jetzt, Fang! Ich glaub', ich hab' was gehört." Remus rutsche das Herz in seine nicht vorhandene Hose, als er die tiefe, dröhnende Stimme von Hagrid hörte. Erleichtert richtete er sich auf und rief Hagrid zu sich. Es war ihm egal, dass er nackt war, dass Hagrid Fragen stellen würde, auf die er Antwort geben müsste. Remus war einfach nur erleichtert, Hilfe gefunden zu haben. Denn wenn er ehrlich war, wusste er, dass er nicht mehr lange durchgehalten hätte. Hagrid machte große Augen, als er ihn sah. „Na, als Dumbledore meinte ich sollte was zum Anzieh'n für Sie mitnehmen, wusste er wohl was er tat.", entgegnete er und ließ seinen Blick über Remus nackten und völlig geschundenen Körper wandern. Sein Saurüde kauerte mit eingezogenem Schwanz hinter Hagrids linkem Bein und fiepte leise. Hagrid nahm einen großen, unförmigen Beutel von der Schulter und wühlte darin. Er brachte einen zerknitterten Zaubererumhang zum Vorschein und ein paar Schuhe und Strümpfe. „Danke!", entgegnete Remus ehrlich, nahm die Sachen und zog sich an. „Dumbledore meinte, ich soll Sie suchen. Sie wär'n irgendwo hier im Wald, hat er gesagt." Hagrid beobachtete wie Remus seine geschundenen Füße vorsichtig in die Schuhe schob. „Und hier sind sie, genau, wie Dumbledore gesagt hat." Remus nickte. Jetzt, da er erst einmal saß und die Spannung von ihm abfiel fühlte er sich unglaublich müde und erschöpft. „War ganz schön was los in der Schule heute Morgen.", erzählte Hagrid. Remus schaute auf. „Ich glaub die ham Sirius Black gekriegt. So viele Leute aus dem Ministerium un' so. Und dann kam Dumbledore und hat mit losgeschickt Sie zu suchen." Remus ließ den Kopf wieder hängen. Gerne hätte er mehr gehört über Sirius, über seine Rehabilitation, über die Reaktionen. Aber er würde wohl warten müssen bis Sirius es ihm nachher selbst erzählte. „Hab' schon 'ne ganze Weile nach Ihnen gesucht.", riss Hagrid ihn aus seinen Gedanken. „Aber wie kommt's, dass Sie hier im Wald sind, ganz alleine und ohne Kleider?" Hagrid kratzte sich am Kopf und schaute sich um, als könnte der Grund hinter dem nächsten Busch lauern. Remus lächelte. "Ich bin ein Werwolf, Hagrid.", krächzte er, mehr gab seine trockene Kehle nicht mehr her. Es brachte nichts, sich jetzt eine Ausrede einfallen zu lassen, die doch nur schwächlich wäre, vor allem weil er mit dem Lehrer für Pflege magischer Geschöpfe sprach. Und Dumbledore hatte Hagrid geschickt, er vertraute darauf, dass er sein Geheimnis bewahren und ihn nicht hier im Wald zurücklassen würde. Hagrid sah ihn an. Remus sah wie seine Augen strahlten. Eine ungewöhnliche Reaktion, die meisten Menschen waren entsetzt, verängstigt oder wütend. „Ich hätt's mir ja denken können!", gluckste Hagrid. „War schließlich Vollmond, letzte Nacht, nich‘?" Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Aber sie wirken gar nich' wie einer." „Auch unter Werwölfen gibt es solche und solche." Remus musste husten. Am liebsten würde er sich auf dem Boden zusammenrollen und schlafen. Hagrid sah scheinbar, dass er mit seinen Kräften am Ende war. „Kommen Sie!", sagte er, zerrte Remus an den Armen hoch und bugsierte ihn auf seinen Rücken, wo er neben der unförmigen Tasche wie ein nasser Sack hing. "Ich bring Sie erst mal zurück." Gerne hätte Remus protestiert, als Hagrid in einen schnellen Lauf verfiel, aber der Gedanke auf seinen geschundenen Füssen weiter zu laufen hielt ihn zurück. Remus beobachtete aus halb geschlossenen Augen, wie der Wald an ihm vorüberzog. Würde sein Rücken nicht bei jeder Erschütterung schmerzen, wäre er wahrscheinlich eingeschlafen. Doch bei Hagrids großen Schritten dauerte es nicht lange bis der Wald sich lichtete und die Schlossgründe sein Gesichtsfeld ausfüllten. Die Sonne stand bereits weit im Westen. Remus räusperte sich. „Hagrid!", krächzte er, als sie schon fast das Eichenportal erreicht hatten. Hagrid hielt inne. „Lass mich runter, ja?" Behutsam setzte Hagrid ihn auf den Boden. „Ich kann Sie hoch bis in den Krankenflügel bringen, wenn sie woll'n.", bot Hagrid an. Doch Remus schüttelte den Kopf. Er wollte keine Aufmerksamkeit erregen, das würde er so schon genug. „Danke, Hagrid! Den Rest schaff ich allein.", Remus zwang sich zu einem Lächeln. Seine Gesichtsmuskeln rebellierten, aber er wusste, dass Hagrid es verdient hatte. Er war den ganzen Tag durch den Wald gelaufen um ihn zu suchen, er hatte ihn hierher zurückgetragen, er hatte einfach so akzeptiert, was er war. „Ach, Hagrid!", rief er ihm nach. Hagrid hatte sich achselzuckend umgewandt, jetzt blieb er stehen und drehte sich noch einmal zu Remus um. „Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du mein kleines Geheimnis für dich behalten würdest. Du weißt ja wie-" „Das wird nicht mehr nötig sein!", wurde er unterbrochen. Remus wandte sich um. Das Eichenportal hatte sich geöffnet, und Minerva McGonnagal schritt auf sie zu. „Professor Snape hat heute Morgen dafür gesorgt, dass Ihr Geheimnis keines mehr ist.", entgegnete sie mit zusammengekniffenen Lippen. „Und jetzt folgen Sie mir. Professor Dumbledore möchte Sie sprechen und der Minister ist noch hier. Es ist besser, wenn Sie ihm jetzt nicht in die Arme laufen." Sie musterte seinen Aufzug mit leicht gerümpfter Nase. Einen Moment stand Remus ganz starr, nicht in der Lage sich zu bewegen oder das gehörte zu verarbeiten. Doch dann setzte er sich in Bewegung und folgte Professor McGonnagal steifbeinig ins Schloss. Er wusste, was das bedeutete. Er würde Hogwarts verlassen müssen, würde nicht weiter unterrichten dürfen. Er hätte wütend auf Snape sein sollen, er hätte ihn verfluchen sollen, aber das Gefühl kam nicht. Er fühlte sich einfach nur dumpf und leer, trottete hinter seiner Kollegin her, ohne eigentlich zu wissen was er da tat. Vielleicht kam es nicht, weil er so müde war, vielleicht aber auch, weil ihm schon, seit er heute Morgen aufgewacht war, klar war, dass es so das Beste war. Wie könnte er weiter unterrichten und die Schüler dieser Gefahr aussetzen? Er hatte es nicht wahrhaben wollen, hatte nicht daran denken wollen. Er hatte lieber an Sirius gedacht, an das Gute was er zurückbekommen hatte, und nicht an das, was er verlieren würde. Doch wenn er ehrlich zu sich selbst war, blieb ihm keine andere Wahl. McGonnagal lief ihm voran bis zu dem Wasserspeier, der den Zugang zu Dumbledores Büro bewachte. Sie sagte das Passwort, trat zur Seite und ließ Remus auf die sich nach oben windende Wendeltreppe steigen. Remus schenkte ihr einen dankbaren Blick, dann verschwand sie hinter der Windung der Treppe. Remus klopfte an die Tür zu Dumbledores Büro und wartete, bis er ein „Herein!" vernahm und trat ein. „Setz dich, Remus!", sagte Dumbledore, der mit aneinandergelegten Fingerkuppen hinter seinem Schreibtisch saß. Die Sonne, die bereits weit im Westen stand schien durch das Fenster in Dumbledores Rücken und warf lange Schatten. Remus setzte sich. „Es tut mir Leid, Albus.", begann er, doch Dumbledore unterbrach ihn: „Es besteht kein Grund sich zu entschuldigen, Remus. Es war ein Risiko, das wir beide bereit waren einzugehen." Dumbledore blickte auf und sah Remus direkt in die Augen. „Und wenn man die Umstände der letzten Nacht bedenkt, ist dein Versäumnis durchaus verständlich." Ein Lächeln stahl sich auf das faltige Gesicht und Remus merkte, wie er sich ein wenig entspannte. Das Gefühl Dumbledore enttäuscht zu haben, obwohl er ihm eine unglaubliche Chance gegeben hatte, hatte ihm mehr zugesetzt, als er sich hätte eingestehen wollen. „Trotzdem werde ich nicht mehr unterrichten können.", entgegnete Remus langsam. „Nein, wahrscheinlich nicht.", stimmte Dumbledore ihm zu. „Doch das ist nicht der Grund, warum ich dich sprechen wollte." Dumbledore hielt inne. „Ich möchte mit dir über deine alten Schulfreunde sprechen. Wahrscheinlich bist du noch nicht auf dem neusten Stand der Ereignisse." Remus Herz begann schneller zu schlagen. Was wollte Dumbledore sagen? „Durch deine Verwandlung wurden alle Beteiligten gestern Abend abgelenkt, sodass Mr. Pettigrew leider entkommen konnte. Sirius hatte mir die ganze bemerkenswerte Geschichte gestern Nacht noch erzählt. Doch leider wollte der Minister kein Wort davon glauben, und ohne den entscheidenden Beweis war es leider unmöglich ihn umzustimmen." Remus stockte der Atem. Seine rosigen Zukunftspläne zerfielen in seinem Kopf zu Asche. "Sie haben ihn zurück nach Askaban gebracht?", fragte er mit belegter Stimme. „Nein. Cornelius zog eine weit drastischere Methode vor, doch zum Glück habe ich dies mit der Hilfe von Mr. Potter und Ms. Granger verhindern können." Und Dumbledore erzählte ihm was er unternommen hatte, wie es ihnen gelungen war Sirius zu retten. Doch Remus konnte ihm nur schwer mit seiner Aufmerksamkeit folgen. Obwohl er erleichtert war, fühlte er eine dumpfe Leere in sich. Er hatte ein Stück seiner Vergangenheit zurückbekommen, ein kleines bisschen Gutes und Frohes. Nur, um es gleich wieder zu verlieren. Nicht ganz zu verlieren, doch so weit, dass es nichts ändern würde. Er bedankte sich bei Dumbledore und nahm Abschied. Er wollte jetzt allein sein. Remus schlurfte auf wehen Füßen in sein Büro. Dort ließ er sich auf sein Bett fallen. Doch an Schlafen konnte er, trotz seiner Müdigkeit nicht denken. Viel zu viele Gedanken jagten ihn, überschlugen sich, hielten ihn gefangen. Nach so vielen Jahren hatte sein Leben endlich wieder gut ausgesehen. Seine Arbeit gefiel ihm. Es machte ihm Spaß zu unterrichten, und es gefiel ihm James Sohn zu sehen, ihm zur Seite zu stehen. Er mochte Harry, er wollte ihn nicht wieder alleine lassen. Und dann hatte das Schicksal ihm, ganz kurz, Sirius zurückgegeben. Und jetzt sollte das alles fort sein. Das Alte, wie das Neue. Verloren. Und noch schlimmer: Snape hatte aller Welt verkündet was er war. Das machte es nicht einfacher neue Arbeit zu finden. Snape! Plötzlich saß Remus aufrecht auf seinem Bett. Warum hatte er nicht eher daran gedacht? Warum fiel ihm erst jetzt ein, dass-? Trotz Schmerzen sprang Remus auf und hastete zu seinem Kamin. Hoffnung keimte wieder in ihm. Vielleicht würde alles doch noch gut werden. Schnell entzündete er ein Feuer und griff nach einer kleinen Vase, die auf dem Sims stand. Er nahm eine Hand von einem feinen Pulver heraus und warf sie ins Feuer. Er sagte laut und deutlich: "Severus Snapes Büro" und trat in die Flammen. Sofort begann er sich schnell zu drehen, doch nach nur wenigen Sekunden sah er das Büro seines Kollegen und machte einen Schritt nach vorne aus dem Kamin in Snapes Büro. Dieser saß hinter seinem Schreibtisch und sah überrascht auf, als Remus aus dem Kamin stieg. „Lupin.", sagte er kalt. „Was verschafft mir die zweifelhafte Ehre?" „Severus", Remus humpelte auf den Schreibtisch zu ohne auf die abweisende Miene seines gegenüber zu achten. „Du kannst doch bezeugen, dass Sirius kein Todesser ist, du warst Dumbledores Spion." Snape sah ihm spöttisch an. „Severus, vergiss die Streitigkeiten, bei Merlin! Wir sind doch keinen Kinder mehr.", beschwor Remus ihn. Er musste ihn nur überzeugen. Musste ihn dazu bringen die Vergangenheit ruhen zu lassen. „Black bekommt, was er verdient.", entgegnete Snape knapp. „Du weißt, dass er nie für Voldemort gearbeitet hat.", versuchte Remus es erneut. Sein Herz schlug hart in seiner Brust. Dies war seine einzige Chance. Snape stand auf. Er stützte sich auf seine Handballen und beugte sich über den Schreibtisch: „Er hat es verdient, Lupin. Und ich werde der Gerechtigkeit nicht im Wege stehen." Snapes Lippen kräuselten sich. „Aber das ist Selbstjustiz!", rief Remus und warf die Arme in die Luft. Ungläubig starrte er Snape an. Dieser ließ sich wieder auf seinen Stuhl sinken und verschränkte die Arme. „Nenn es, wie du willst. Du kannst es nicht ändern." Seine Lippen kräuselten sich zu einem hinterhältigen Grinsen. Remus schaute in das Gesicht ihm gegenüber und sah die Genugtuung, die Freude der Rache, sich darin widerspiegeln. „All die Jahre!", hauchte Remus. „All die Jahre hättest du etwas sagen können, aber du hast geschwiegen!" Remus war fassungslos. Er wollte wütend werden, wollte Snape die Schuld geben an Sirius‘ Schicksal, an seinem eigenen Leid, an seiner Einsamkeit, all die Jahre. Wie konnte man sich nur am Leid anderer erfreuen? Doch unter der Genugtuung konnte er den Schmerz und die Erniedrigung sehen, die Snape immer noch mit sich herumtrug, die ihn antrieben. Er hatte wahrlich gelitten unter James und Sirius. Remus fühlte erneut Bitterkeit in sich aufsteigen. Sein Gesicht nahm einen gequälten Ausdruck an. Er wollte nicht über so etwas nachdenken, und ganz bestimmt nicht jetzt. Er wandte sich um ohne Snape noch eines weiteren Blickes zu würdigen, nahm eine Hand voll Flohpulver von dem Kaminsims und ging zurück in sein eigenes Büro. Er setzte sich auf sein Bett und atmete ein paar Mal tief durch. Die Wut ließ nach, und nur das dumpfe Gefühl blieb zurück. Es brachte nichts, sauer auf Snape zu sein. Er war, wie er war, zerfressen von seinem eigenen Schmerz. Und Remus‘ Leben war wieder zurückgedreht, zurück zu dem Tag, da er sie alle verloren hatte. Doch eine Sache war anders als damals. Sirius war dort draußen, doch nicht als Verräter oder Mörder, sondern als sein Freund. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)