Hunter of Darkness von Plotchaser (Schattenspiel) ================================================================================ Kapitel 9: Neun --------------- Am 3. und letzten Tag vor meinem Geburtstag, mussten wir ständig das Training unterbrechen, um Bücher zu wälzen und komplett neue Wege zu gehen. Denn, so wie das Spiritualistentraining nicht funktioniert hatte, so funktionierte auch das Animalistentraining nicht reibungslos bei mir und so mussten wir einen neuen Mittelweg erfinden. Chester schrieb dabei jeden Versuch nieder und strich die Reinfälle gleich wieder heraus, während er neue Ideen einbrachte. Währenddessen brachte mir Loren bei, was er alles wusste und wir tüftelten weiter an dem Feinschliff der bereits gewonnen Erkenntnisse herum. Bis zum Mittagessen hatte ich es geschafft, mit Mishka zusammen als Einheit zu agieren, ohne ihn dabei zu sehen oder zu hören. Trotzdem konnte ich genau sagen, wo er sich befand und was er tat, wenn er dies auch wollte. Umgekehrt schien Mishka das alles instinktiv auf Anhieb hinzubekommen und brauchte keinen Leitfaden dazu. Die Sache mit dem Waffe-herbei-rufen war auch so ein Ding der Unmöglichkeit für mich. Während normale Animalisten sich eine Waffe heraufbeschwören konnten, konnte ich lediglich mit einem schwachen, elektrischen Schlag kontern. Wobei ich damit auch ein kleines, magnetisches Feld knapp über meiner Haut aufbauen konnte, durch das ich quasi mit der Hand eine Klinge abwehren konnte. Und ja, ich hatte mir bei den ersten Versuchen wortwörtlich mehrfach ins Fleisch geschnitten, bis wir einen möglichen Weg für mich gefunden hatten.   Doch zehrte jeder einzelne Versuch an meinen Kräften und so lag ich beim Mittagessen mit dem Kopf auf dem Tisch und stocherte lustlos in meinem Essen herum. Chester war versunken in die Aufzeichnungen und schrieb bereits weitere Vorschläge nieder, was und wie wir es als nächstes probieren sollten. Lorens Blick jedoch haftete an mir. „Kris, du musst etwas essen, du brauchst deine Kräfte.“ Ach, nein, das hatte ich auch schon bemerkt. Der Sarkasmus troff geradezu aus meinen Gedanken heraus. Mürrisch schob ich mir eine volle Gabel in den Mund und kaute übermäßig lange darauf herum. „Du bist ja völlig am Ende.“ Bei diesen Worten schaute nun auch Chester zu mir herüber. „Das ganze Austesten, wie es für sie am einfachsten ist, scheint wohl doch anstrengender zu sein, als normal.“ „Ich bin nicht normal“, murmelte ich direkt, wobei ich die Worte meiner Mutter wiederholte, und nahm den nächsten Bissen. Ich sah, wie die beiden einen kritischen Blick tauschten, dann wandte sich Loren wieder an mich. „Nein, bist du nicht. Du bist etwas Besonderes. Und genau deswegen müssen wir dir alles beibringen, was du nutzen kannst.“ Kauend schielte ich zu dem blonden Lockenkopf neben mir. „Morgen wirst du 17, Kris. Wenn du danach den Schutz dieses Gebäudes verlässt, musst du dich vor allen Eventualitäten schützen können. Die richtige Übung wirst du danach noch erlernen, doch vorerst wärst du nicht schutzlos.“ Natürlich sah ich das ein, also seufzte ich schwer, quälte mich in eine aufrechte Haltung und aß meinen Teller zu mehr als der Hälfte leer. „Wollen wir dann noch etwas üben?“ „Erfinden wir die Wege neu“, stimmte ich brummend zu.   Wieder im Trainingsraum ging es dann weiter. Loren zeigte mir eine Art magische Kampfunterstützung – wie ich es insgeheim nannte – mit der man die Fähigkeiten seines Partners verstärkte. Schnelligkeit, Kraft und Elementar-Angriff waren nur ein paar der Möglichkeiten. Doch gelang mir nichts davon. Stattdessen rüstete ich Mishka mit einem elektrischen Schild aus, der ihn des Öfteren selbst schockte. Etwas, was normalerweise nicht passieren sollte, da eigentlich das Element eines Animalisten seinen eigenen Partner, sowie umgekehrt, nicht verletzen konnte. Als es dem Kater jedoch zu viel wurde, drehte er sich plötzlich um und riss mich mit einem gezielten Sprung von den Füßen. Mit einem erschrockenen Aufquieken landete ich auf dem Rücken und hatte eine unglaublich schwere, missgelaunte und fauchende Großkatze auf mir liegen. Doch schaute ich nicht auf ihn, mein Blick glitt flehend zu Loren, der uns erschrocken anblickte. Als ich einen Finger krümmte, brüllte mir Mishka ins Gesicht, dass mir die Ohren nur so klingelten. „Das soll wohl heißen, dass ich für heute weiteres Trainingsverbot habe“, brummte ich leise und rang mit der Luft, die mir langsam aber sicher aus den Lungen gepresst wurde. Mishka entblößte seine gewaltigen Reißzähne und atmete mir ins Gesicht. „Brüll' mich jetzt nicht wieder an. Wenn du wen anbrüllen willst, dann nimm dir einen von denen.“ Ich deutete mit den Augen in Chesters und Lorens Richtung, was Mishkas Blick von meinem Gesicht fort lockte. Und schon stand er mit gesträubtem Rückenfell über mir und fauchte gereizt in die Richtung der Männer, während ich gierig die Luft einsog und reflexartig nach der Gänze meines Brustkorbs tastete. Kaum, dass ich mich gefangen hatte, trat er beiseite und ließ mich aufstehen, wobei er weiterhin fauchte. Niemand wagte es, ein Wort zu sagen oder sich zu bewegen. „Ist ja gut, Mishka. Wir haben es alle verstanden.“ Ich stand auf wackeligen Beinen da und beobachtete den Kater, wie er sein Fell zögerlich glättete und das Maul schweigend schloss. Nur seine beiden Schwänze peitschten noch hin und her und die Ohren waren weiterhin flach an seinen Kopf gepresst. Ich wusste, dass er eine wörtliche Bestätigung wollte, also hob ich den Blick fragend zu Loren an. „Können wir bitte für heute aufhören?“ Es dauerte einen Augenblick, bis der Angesprochene antwortete. „Nach einer so deutlichen Zurechtweisung, kann ich schlecht nein sagen. Geh und ruh' dich aus, Kris.“ Zufrieden hob Mishka nun endlich das Kinn an und lief direkt an meinem Bein neben mir her, als wir den Raum verließen. Für diese Stütze war ich ihm überaus dankbar. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie fertig ich in Wirklichkeit war. Tja, der Kater hatte es sehr wohl bemerkt. Denn in meinem Zimmer angelangt, schaffte ich es gerade noch so auf mein Bett, ehe ich auch schon eingeschlafen war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)