Moon became Dark von Apple_tree (»Tsuki ga kuraku natta«) ================================================================================ Prolog: -------- Eine kleine Träne perlte auf den Boden. Eine weitere folgte. „Shinichi“, hauchte jemand gegen die kalte Fensterscheibe. Noch eine Träne. „Wo bist du nur. Komm zu mir zurück, Shinichi.“ Ein ganzer Bach floss an ihren unterkühlten Wangen herab. Ganz leise, ohne die herrschende Stille zu zerstören. Ihre Sicht trübte sich. Sie fühlte sich leer. Ohne ihn. Ihrem Shinichi war sie ... zerstört. Ein Teil fehlt ihr. Ein Teil ihres Lebens. Sie war alleine. Er war nicht bei ihr, um sie zu trösten. Keiner wusste wo er war. Die meisten behaupteten, dass er tot sei, doch dies war nur reine Spekulation. Er lebte, was man deutlich an den Anrufen erkennen konnte. Doch diese verdammten Anrufe gingen ihr auf den Nerv. Wieso kam er nicht einfach her? Warum ließ er sie so leiden? Um etwas zum Lachen zu haben? Oder nur aus Langeweile? War das Geständnis in London ihm egal? So viele Fragen. Keine Antwort war in Sicht. Wieder eine Träne. Wie sie im Mondschein nur so glänzte. Wie eine kleine Perle. Eine Perle, die umsonst floss. Wie oft saß sie hier, seitdem er verschwunden ist? Sekunden? Minuten? Stunden? Tage? Wochen? Monate? Nein, Jahre lang. Um genau zu sein: Zwei Jahre. Zwei Jahre voller Leid, voller Schmerz, voller Leere. Voller unerwiderter Liebe ... Ein lautes Schluchzen durchbrach die Ruhe in diesem Raum. Ihr Körper bebte, zitterte. „Shinichi.“ Schon wieder hauchte sie gegen das Glas seinen Namen, in der Hoffnung, dass er es hörte. Doch dem war nicht so. Sie hoffte mit ganzer Kraft, dass er hier wäre. Doch nichts geschah. Immer noch eisige Stille ... Wie in einem Grab. Welch Ironie das doch war ... Alles ... ist einfach nur ein Traum. Wie oft redete sie sich das schon ein? Das sie am nächsten Tag aufwachen würde, und er vor ihr stand. Die erste, große Liebe ihres Lebens. Mit seinem typischen Grinsen im Gesicht, in das sie sich so sehr verliebt hatte. Hände wie immer in den Hosentaschen. Und jetzt. Tod in einer Ecke liegend. Sein strahlend weißes Hemd voller besudeltem Blut. Seinem Blut. Bei diesem Bild zog sich ihr Herz zusammen, etwas schnürte ihr die Luft ab. Irgendetwas kroch in ihr hoch. Etwas widerliches, bitteres. Schnell rannte sie ins Badezimmer und übergab sich. Noch eine Träne ... Jeden verdammten Tag dasselbe! Jeden Tag diese Träumerei! Das muss doch alles mal ein Ende haben!! Vielleicht sollte ich mich ins Bett legen, dachte sie erschöpft und begab sich in den besagten Raum. Sie ließ sich auf das warme Bett fallen. Doch Ran spürte nichts von der Wärme ihrer weichen Decke. Alles in ihr war kalt. Sie musste an den kleinen Conan Edogawa denken, der im Zimmer neben an seine Nachtruhe bekam. Und dann wurde ihr alles klar. Sie grinste. Und mit diesem Grinsen schloss sie ihre indigoblauen Augen, atmete ganz ruhig ein und wieder aus. Auch der kleine Junge im Zimmer nebenan lag wach. Seine Brille lag direkt neben ihm. Seine Brille. Seine Schutzmauer. Seine Tarnung. Starr fixierte er den Blick zur Decke, sah aus wie eine tote Person. Die Augen waren matt, ohne jeglichen Glanz. Sein Gesicht war blass, er bewegte sich keinen Millimeter. Doch er lebte. Lebte, um zu Leiden. Nicht nur seine Freundin litt unter dieser verdammten Situation, nein, auch er. Denn er war die Person, die daran Schuld war. Ganz alleine er. Wie sehr er sich ekelte. Vor sich selbst ... Und vor den Männern in Schwarz, die ihm dieses Leid zufügten. Er würde diese Menschen, nein Ungeheuer, hinter Gittern sehen. Wegen diesen Monstern … fügte er Ran so viel Leid zu. Nein, sie hatte so etwas nicht verdient. Sie war ein gutes Mädchen, immer mit reinem Herzen. Ein Engel ohne Flügel. Wunderschön, und dennoch verboten. Er durfte sie nicht berühren, wie er es gerne als Shinichi Kudo getan hätte. Ja, er mochte es, wenn Ran ihn berührte. Es gab ihm ein wohliges Gefühl, es kribbelte, eine angenehme Wärme machte sich immer in ihm breit, während sein Herz aufgeregt das Blut pumpte. Conan seufzte. Wenn doch Ai nur endlich ein Gegengift hätte. Aber diese Hoffnung war verschwunden, wie der kühle Mond hinter den grauen Wolken dieser Nacht. Warum er? Warum gerade er? Was hatte er getan? Warum tat man ihm das an? Konnte er nicht auch einmal glücklich sein? Warum konnte Ran nicht glücklich sein? Warum? Warum? Warum?! Sein Leben bestand aus dieser bescheuerten Frage. Es musste doch eine Lösung geben. Es musste doch … Nein, es gab nichts. Er wollte schreien, ihr die Wahrheit erzählen. Und vielleicht sollte er es auch tun. Aber dennoch war es gleichzeitig das dümmste was er jemals getan hätte. Lieber sollte sie leiden, statt das sie tot in einer Ecke lag. Nein, so ein Risiko ging er nicht ein. Nicht so wie er das Risiko damals eingegangen war. Und er hatte bezahlt, und wie. Ran, ich … Und bei seinem letzten Gedanken schlief er ein, öffnete den Zugang für Albträume aller Art, bis die orangerote Feuerkugel Tokio mit neuer Energie versorgte … ~*~ Der nächste Morgen brach an. Alles Leid musste wieder zurückgedrängt werden, falsche Mienen wurden aufgesetzt. Kurz streckte sich der kleine Zwerg, bevor er sich erhob und Richtung Küche schlenderte. Seine Augen waren dank der Müdigkeit leicht gerötet, seine Haare waren wie ein Tornado. „Guten Morgen“, kam es mit leiser Stimme von ihm. Seine Ran stand wieder vor dem Herd, mit einem Lächeln im Gesicht. Mit einem unechten Lächeln im Gesicht. Ja, er erkannte es schon, wenn sie spielte. Er war nicht mehr blind, wie früher. Ihr Lächeln sah seit jenem Tag anders aus. Negativer. „Guten Morgen.“ Sie sah ihm in seine Augen, wuschelte kurz durch sein Haar. „Hast du gut geschlafen, Conan-kun?“, erkundigte sich ihre sanfte Stimme. Er hasste es, wenn sie Conan sagte. Es war schon schlimm genug, dass er so klein war. Dass sie seinen ausgedachten Namen sagte, war der reinste Horror. Das schlimmste an der Situation war, dass dieser Horror nie sein Ende nahm. Unauffällig ballte er seine Hände zu Fäusten. Wie lange würde dieses Spiel noch gehen? „Ist was, Conan-kun?“, fragte sie unsicher. Was war mit dem kleinen Jungen los? Conan erschrak. Er hatte vergessen ihr zu antworten! „Äh, ich war am Tagträumen“, log er sie an. Er grinste; es war schief, ironisch, unwahr. Seine Brille – seine Schutzmauer, die er die ganze Zeit benutzte – glänzte, wie ein Lügendetektor, der ihn erwischte. „Und ich hab wunderbar geschlafen, danke der Nachfrage. Und du?“ Ihr Blick wurde schwerer. „Wunderbar“, murmelte sie leise. Sie seufzte noch einmal und lächelte wieder. „Du hast bestimmt Hunger, Conan-kun.“ Ihre Stimme klang glockenhell. Er wollte sie. Mehr als alles andere. Verdammt, er wollte ihr auch durch die Haare streichen, ihre sanfte Haut berühren, ihre Lippen spüren. Sie lieben. Ihr sagen, dass er, Shinichi Kudo alias Conan Edogawa, sie liebte. „Ja, ich hab richtig Hunger! Ich könnte glatt ein Pferd essen!“ Er lächelte wie ein … Kind. Sie schmunzelte über seine Dummheit. „Ja, dann mach ich dir schnell was, und du ziehst dich solange um, okay?“ Sie lächelte müde. „Geht klar, Ran-neechan!“ Er düste in sein Zimmer, holte schnell frische Sachen und begab sich ins Badezimmer. Verdammt. Er hasste es, sie -neechan zu nennen. Das war echt peinlich. Der Edogawa zog sich um, betrat wieder die Küche. Er aß sein Brot, packte seine nötigen Schulsachen in die Tasche, zog sich seine Power-Kick-Boots an und wartete auf seine Freunde. Die Detective Boys. Bestehend aus Ayumi Yoshida, Mistuhiko Tsuburaya, Genta Kojima und Ai Haibara. Früher gehörte Ai auch zu der Gangsterbande, aber da diese ihre Schwester auf dem Gewissen hatten, wollte sie nicht weiter an dem Apoptoxin4869 weiterarbeiten. Daraufhin wurde sie in einen Keller eingesperrt. Sie hatte eine Kapsel des Giftes bei sich, schluckte es, woraufhin sie ebenfalls schrumpfte. Seitdem lebte sie als Ai Haibara bei dem netten Professor Agasa, der ein guter Freund und Nachbar von Shinichi Kudo war. „Conan-kun, jetzt beeil dich doch einmal!“, äußerte sich die kleine Ayumi. „Ja, ich komm ja schon. Aber wir müssen noch auf Ran-neechan warten“, erwiderte der geschrumpfte Grundschüler. „Ach, ihr könnt schon vor gehen. Ich laufe dann mit Sonoko“, sagte die Gemeinte. Ihm entfloh ein leichtes „Ran“ über die Lippen, bevor er sich doch noch auf den Weg machte. Ein seltsames Gefühl schlich sich in seine Gedanken. Als ob dies der letzte Tag wäre. Kapitel 1: Angst ... -------------------- ~Nach der Schule~ Der lange Herbsttag nahm sein Ende. Die scheinbar brennenden Blätter der Bäume wehten sachte im kühlen Winde. Kreischende Autoreifen ertönten, Eltern, die ihre weinenden Kinder trösteten liefen an der Detektiv-Truppe vorbei. Es war ein milder, erfrischender Herbsttag Mitte September. Während die drei wahren Kinder vorne liefen, so blieben die Geschrumpften hinten, um sich in Ruhe zu unterhalten. Das taten sie immer, wenn es wichtig war. Sehr wichtig, wie zum Beispiel beim Thema Organisation. Conan kickte seinen runden Fußball herum, legte dabei ein Grinsen auf seine Lippen, Ai wiederum beobachtete ihn unauffällig. Ein Gefühl der Trauer und Angst durchströmte ihren Körper. Als sie wieder an diese Empfindung von dem heutigen Morgen dachte, erschrak sie. Denn diese Emotion kam mit voller Wucht zurück, impulsiver, gefährlicher, ließ sie frösteln. Ein kalter Schauer durchzuckte die Haibara. Shinichi, schoss es ihr durch den Kopf. „Du, sag mal, Shinichi“, räusperte sie sich. Sie blickte betreten zu Boden, konnte ihm kaum in die neugierigen, azurblauen Augen sehen. Ein kurzes „Hm“ schlich sich über seine Lippen. Ein Zeichen, dass er zuhörte. „Du hast mir doch einmal gesagt, dass ich nicht vor meinem Schicksal wegrennen darf“, berichtete sie bedrückt, bolzte einen kleinen schwarzen Kiesel. Er schaute sie verdutzt an. Was wollte sie damit sagen? So war sie doch sonst nicht. Muss wirklich wichtig sein. „Und du willst mich beschützen?“, erkundigte sie sich weiter mit dieser Frage. „Ja, ganz genau. Ich werde dich immer beschützen“, versicherte der Edogawa ruhig und verstand die Fragerei nicht. „Ich habe so ein komisches Gefühl, dass du es bald musst. Der Organisation gegenüber stehen, meine ich. Heute morgen hatte ich ein seltsames Gefühl. Als ob dies mein letzter Tag sein wird. Und ich habe schrecklich Angst. Angst, dass wir alle sterben werden. Angst um die Kinder, Angst um den Professor“, offenbarte sie, sah Conan daraufhin ernst an. „Angst um dich, Shinichi“, gab sie zu. Conan reagierte auf ihre zitternden Worte gelassen, versicherte ihr, dass nichts geschehen würde. Schließlich wäre es so gut wie unmöglich ihre wahren Identitäten herauszufinden, zu unecht klang diese Geschichte. Doch die kleine Haibara gab sich damit nicht zufrieden, zu groß war die Angst. Sie spürte es. Dieses Gefühl hatte sie noch nie verwechselt. „Jetzt reg dich wieder ab und hör auf, dir unnötig Gedanken zu machen“, sprudelten diese Worte aus ihm heraus. Wenn das nur so einfach wäre, Shinichi Alsbald verabschiedete sich Conan von seinen Freunden, lief entspannt die Treppen hoch. Er machte sich keine Gedanken um Ais Angst. Sie halluzinierte bloß wieder und übertrieb einfach nur. Als er eintrat, vernahm er direkt einen dumpfen Schluchzer. Nicht schon wieder, dachte er, während das dunkle Gefühl von gestern Abend sich in sein mickriges Herz schlich. Er selbst ging in ihr Gemach und erblickte zusammengesunken auf ihrem Bett, eine Packung schneeweißer Taschentücher neben ihr. „Ran“, flüsterte er leise. Seine Stimme klang verzweifelt gehaucht, fast wie ein kleiner Schrei. Sie hob ihr hübsches Gesicht, wischte sich die Tränen aus ihrem Antlitz und setzte ein Lächeln auf. Er wusste, dass sie sich dazu rang, ein Lachen aufzusetzen. Fast schon reflexartig tappte er auf sie zu, fuhr mit seinen Fingern über ihr verweintes Gesicht, wischte ihre kleinen Tränen weg. Ran lächelte dankbar. „Ist es wegen Shinichi?“, fragte er kindlich. Wie dumm er sich vorkam. Natürlich war es wegen Shinichi! Aber das konnte er schlecht sagen. „Conan“, statt einer Antwort, sprach seinen Namen und weinte. Es war wie ein erstickter Hilfeschrei, den niemand hören oder sehen wollte. Und auch er spürte, wie er unter der Stimme versank; wie ein zerbrochener Spiegel fühlte er sich, sein altes Ego verschwand immer mehr und hinterließ eine Spur von Tränen. Seine Gefühle erdrückten ihn, ein tonnenschweres Gewicht lag auf seinen Schultern. Und das einzige, was er wollte, war, dass sie glücklich wurde. Mehr nicht. Und zwar auch ohne ihn. „Es geht mir gut.“ All seine Alarmglocken läuteten, schellten schrill in seinem Gehirn wieder, während dasselbe Wort immer und immer wieder in seinem Kopf pulsierte: Lüge. Doch das konnte er ihr ebenfalls nicht sagen. „Okay!“ Sie erhob sich schwungvoll, blickte ihn fröhlich an. „Soll ich dir was kochen?“, stellte sie die Frage, erntete dafür ein Magenknurren seinerseits. Noch deutlicher ging es nicht mehr. Zufälligerweise sah er über ihre Schultern. Und plötzlich überkam ihm den Schlag. Alles schien so unwirklich, surreal. Das konnte nicht wahr sein. Es war wie in einem Film. Die Realität verlangsamte sich spürbar, während ein ihm ohrenbetäubender Klang in sein Höreingang eintrat. Schnell wurde diese Information verarbeitet. Ein Schuss! Sein geliebter Engel blieb schock steif stehen, rührte sich keinen Fleck. Blut benetzte ihr perlweißes Hemd, saugte sich mit der überlebensfähigen Substanz voll. Ihre Körperfarbe hatte die 'weißer-als-ein-Kissen' Grenze überschritten, blickte den kleinen Jungen vor ihr ein. Ein weiterer Knall. Ihre Beine knickten ein, wie ein kleiner Zweig. Ein weiteres Geräusch drang in seine Ohre, konnte nur mitansehen, wie sie fiel. Eine weitere Kugel durchbohrte ihren zierlichen Körper, sie keuchte stark und rang nach der stickigen Luft ihres Zimmer. Kleine Splitter und Scherben landeten auf ihr Leib. „Conan“, hechelte Ran. Sie wusste genau, dass es zu Ende war. Und sie wusste auch, dass sie ihren Shinichi niemals wiedersehen würde. Und dieser Gedanke schmerzte, brachte Tränen in ihre trüben Augen. „Sag Shinichi, dass ich ihn liebe“, äußerte die Sterbende ihren letzten Wunsch. Ihr Körper entspannte sich, die Atmung fiel ihr immer schwerer. „Ran, ich liebe dich auch, hörst du?! Du musst durchhalten!! Bitte!“, flehte er und verfluchte gleichzeitig die gesamte Welt. Endlich hatte er ein Zeichen der Organisation gefunden und wollte dieser nachgehen und jetzt … ? Die Person, die er über alles liebte, musste sterben? Konnte er nicht endlich glücklich sein? Ein normales Leben führen, wie all die anderen Teenager? Was hatte er nur falsch gemacht? Er wusste es. Er wusste seinen Fehler. Denn er begann ihr an jenem Abend im 'Tropical Land', als er Wodka hinterher rannte. Zu sagen, dass die Begegnung ziemlich schlecht verlaufen ist, wäre untertrieben. „Das freut mich“, hauchte sie leise. Ihre Augen fielen zu. Es sah so aus, als würde die junge Mori schlafen. Sie atmete noch einmal ein, seufzte. Und dann nicht mehr aus … Ihr Körper lag still und klamm vor ihm, seine Hände mit Blut besudelt. Ihrem Blut. Und diesen Gedanken konnte er einfach nicht ertragen, konnte sich kaum vorstellen, dass es der Lebenssaft seiner geliebten Freundin war. Und so unvorstellbar es klang, es war die Wahrheit. Seine kleinen Hände ballte er zu Fäusten, bis seine Knöchel hervortraten, seine Haut sich spannte. Conan nahm seine Brille ab, ließ sie zu Boden fallen. Seine blauen Augen funkelten dunkel. Sein Lebensinhalt wurde ihm genommen, und er will Rache für das, was sie getan haben. Das, was sie getan haben. Denn er wusste, wer der kalte Schütze war. Gin. Er würde seine Vergeltung noch bekommen. Der junge Edogawa erhob sich, schritt aus der Detektei. Für immer … Kapitel 2: ... und Verzweiflung ------------------------------- Der kalte Regen prasselte auf den kleinen Jungen ohne seine schützenden Brille nieder. Er hatte weder Regenschirm noch Jacke bei sich, war einfach aus der leerstehenden Detektei gestürmt, ohne überhaupt nachzudenken, was er tat. Dass es der schlimmste Tag seines Lebens war, musste er nicht erwähnen. Sein geliebter Engel war gegangen, zum Himmel, wo sie ohne Leid und ohne Schmerz bleiben konnte. Und er wusste, dass sie über ihn wachen würde. Dass sie glücklich war, ließ sein Leid etwas lindern. Die ausgestorbenen Straßen wurden immer länger, kamen ihm endlos vor. Und unendlich dunkel. Genauso wie sein Herz, welches mit der Trauer des gestorbenen Engels gefüllt war. Doch endlich … Er hatte die Chance auf Rache. Sie werden bezahlen. Er wird dafür sorgen, dass sie im Gefängnis verrotteten. Seine Hände ballten sich wieder zu Fäusten, voller Zweifel schlug er sie gegen die raue Wand. Verdammt! Warum nur? Warum sie?! Warum nur nicht er? Wollten sie ihn leiden sehen? Ihn seelisch zerstören? Wenn ja, dann hatten sie es erfolgreich geschafft. Mit einem Wimpernschlag wurden seine Hoffnungen auf ein gemeinsames Leben mit Ran zerstört. Und das Leben vieler anderer Personen mit dazu. Wie dumm war er nur gewesen? War sein Gespür für die Gefahr etwa … verschwunden? Hatte er sich zu sehr an sein jetziges Leben gewöhnt? Zu sehr gewöhnt? Vielleicht … Resigniert und verzweifelt fuhr er sich durch seine kastanienbraunen Haare, seufzte bitter auf. Nachdem er seinen fünfzehn minütigen Lauf hinter sich gebracht hatte, kam er plitschnass beim freundlichen Professor an. Er zögerte, bevor er klingelte. War es richtig, was er hier tat? Das Leben seines Freundes aufs Spiel setzend? Nein. Und das wusste er zu gut, und trotzdem … Er musste sofort zu Ai. Denn wenn sie wussten, dass er die Person ist, die durch das Apoptoxin 4869 geschrumpft war, geriet seine Freundin ebenfalls in die Schusslinie. Und er musste sie dringen warnen. Sie musste hier weg. Ohne lange Nachzudenken von Tokio, wahrscheinlich aus ganz Japan, verschwinden. Es war sicher. Sicherer als hier. Entschlossen presste er seinen kleinen Finger auf die goldene Klingel seines alten Freundes. Diese wurde direkt aufgemacht, er drang durchnässt ein. Wie in Zeitlupe legte er seine vor Matsch verdreckten Power-Kick-Boots neben den anderen Schuhe. Der alte Mann erschrak, als er Conan so sah. Verzweifelt. Ohne einen Ausweg wissend. Was ziemlich ungewöhnlich für den Siebzehnjährigen war. Er wusste doch immer weiter. Immer fand er einen Ausweg, wie knifflig die Lage auch war. Der Edogawa nahm auf dem Sofa platz, benachbart von der Rotblondhaarigen. Der Professor stellte eine heiße Tasse Tee vor seinen Augen hin, setzte sich ebenfalls. Conan nahm einen tiefen Schluck von der grünen Brühe, entspannte sich, was ihm nicht gelang. Zu aufgeregt war er über das eben geschehene. „Zuallererst möchte ich sagen, dass …“, er stockte mitten ihm Satz. Nie hatte er sich das vorgestellt. Diese Hiobsbotschaft so locker hinzulegen, einfach ohne jegliche Emotionen zu sagen. Aber er musste. Gefühle brauchte er nicht mehr. Er hatte das verloren, was ihm das Gefühl der Wärme brachte. Und obwohl er sich immer wieder schwor, dieses Gefühl nicht aus seinem Körper entweichen zu lassen, tat er es in jenem Moment. „ … Ran nicht mehr lebt“, sprach er die Worte aus, während er wieder in das Loch der tiefen Verzweiflung fiel. Er schrie, doch niemand hörte ihn. Er befand sich in einer Kuppel. Er kreischte, doch sie hallten immer wieder in seinen Ohren. Die beiden anderen bleichten direkt. Die Augen weit aufgerissen. Nicht glaubend, was sie gerade gehört hatten. Conan fuhr sich durch sein Gesicht, nahm all seinen Mut zusammen und erzählte ihnen alles. „Und ermordet wurde sie von Gin.“ Vor allem Ai stieß einen undefinierbaren Laut aus. Sie sah betreten zu Boden, schien wieder die Aura der Organisation spüren. Jedoch impulsiver. „Und sie wissen, dass ich durch das APTX geschrumpft bin“, er sah das ehemalige Mitglied intensiv an, „und auch, dass du das Mittel geschluckt hast.“ Sie beäugte ihn erschrocken. Wie ein scheues Reh, so sah sie aus. Unschuldig. Ängstlich. Warum wohl? Mit dem Tod Rans sagten diese Raben nur eines aus: Die Jagd kann beginnen. Und alle Anwesenden im Raum wussten, dass sie es auf sie, die junge Wissenschaftlerin, abgesehen hatten. Das Erschrecken wandelte sich schleunigst in Wut um. „Das ist alles deine Schuld, Kudo!! Es war doch klar, dass sie dich finden, wenn du ständig diese bescheuerten Fälle löst!! Das hast du nun davon!! Du nennst mich Mörderin?! Fass dich erst einmal an deine eigene Nase, du grandioser Oberschüler-Detektiv!!“, brüllte sie ihn an. „Jetzt wissen sie es!! Sie werden alle töten, nur wegen diesen bescheuerten Fällen!! Du bist Schuld an dem Tod, nicht ich!!“, fuhr sie fort, keuchte angestrengt. Schleuderte ihm eiskalt diese Worte gegen den Kopf. Und sie hatte recht. Er war hier der wahre Mörder. Warum nur? Dieser Gerechtigkeitssinn hatte sie alle ins Grab gebracht. Ran war tot. Und wer wusste schon, wer der nächste auf der schwarzen Strichliste war! Heiji? Kogoro? Kaito Kid? Seine Eltern? Eisuke? Jodie? Die Kinder? Oder Ai und der Professor? So viele Leben standen auf dem Spiel, keine Chance auf eine Rettung. Wieder ertrank er in der Verzweiflung, schnappte hilfesuchend nach Luft. „Ich weiß“, gab er seufzend zu. „Wie recht du hast, Haibara. Alles ist meine Schuld, nicht deine. Tut mir leid, würde ich ja gerne sagen, aber das bringt auch nichts mehr“, der Edogawa konnte sich kaum halten, sprach seine Seele aus. Die klirrende Kälte in seinem Körper breitete sich unaufhaltsam aus. „Aber … ihr müsst verschwinden. Sofort.“ „Und was ist mir dir?“, fragte der Professor, der bist jetzt schweigend auf dem Sofa saß. „Ich bleibe, und ich will keine Widerrede. Ai, du musst mir ein Prototyp geben.“ „Aber Kudo …“, setzte sie einen Satz an, wurde jähzornig unterbrochen. „Nichts aber! Wir müssen handeln!“ „Kudo, sie werden dich umbringen!“, ließ Ai einen spitzen Schrei los. Conan wandte bloß den Kopf ab. „Na und?“, gab er voller Trauer und Bitterkeit von sich. Um sich von diesem Gespräch abzulenken, schaltete der Oberschüler die Mattscheibe an. Was er dann sah, verschlug ihm die Sprache. Monoton wie immer, las der Mann mit dem Anzug die Abendnachrichten vor. »Heute, um 13.40 geschah am Gleis Acht des Tokioter-Bahnhofs ein schrecklicher Unfall. Der Zug, welcher von Shin-Osaka nach Tokio fuhr, entgleiste plötzlich, während die hinteren Reihen explodierten. Momentan geht die Polizei von einem schlichten Unfall aus, dennoch schließt man einen Mord nicht aus. Außerdem werden immer noch Verletzte oder Überlebende gesucht, doch dies ist unwahrscheinlich.« Bitte nicht, schoss es ihm durch den Kopf. Heiji! Sofort drehte sich der fassungslose Edogawa zu dem alten Mann, brüllte, bis ihm die Spucke wegblieb. „Sie müssen sofort überprüfen, ob Heiji in diesem Zug saß!!“ Hiroshi tapste direkt zu seinem Dinosaurier-Computer und suchte, ob Conans bester Freund einer der Toten war. Währenddessen kämpften die Hoffnung und die Verzweiflung gegeneinander, rangen wild miteinander. Sein Bauch verdrehte sich förmlich, ein Schwindelgefühl erfasste ihn. Nicht auch noch er. Wahrscheinlich wollte Heiji ihn nur wegen einem Fall besuchen, der sich gerade in Osaka abspielte. Selbst Conan hatte mitbekommen, dass ein brutaler Serienkiller dort agierte. Doch das Heiji nun selber Opfer eines Verbrechens wurde, wollte einfach nicht in sein Kopf. Seine Schläfen pulsierten, während die Ängste ins Unermessliche stiegen. Wie dumm diese Situation doch war! Agasa kehrte zurück, schaute bedrückt zu Boden, um nicht in hoffnungsvollen Augen Conans blicken zu müssen. „Er war dabei.“ Seine gesamte Welt, die er aufgebaut hatte … Zerstört. Seine erste Liebe, wie eine zarte Kerze sollte diese Liebe entflammen … Zu Wachs in seinen Händen geworden. Sein bester Freund … Wie Goofy und Max, so waren sie … Tot. Er fiel auf die Knie, Kummer, Leid und Pein schlotterten in seinen Knochen. Was sollte er noch tun? Es schien aussichtslos. Was zur Hölle hatte er angerichtet?! Diese idiotischen Fälle hatte er immer Ran vorgeschoben. Wie dämlich musste man sein? Wegen einem Fall hatte er sie im Beika-Center zum Weinen gebracht, auch wenn ihre Tränen noch so schön waren, durften sie sich nicht zeigen. Er schrie verbittert auf … Kapitel 3: Tiefes Loch der Erleichterung ---------------------------------------- In den nächsten Tagen ließ sich Conan immer weiter gehen, aß nicht, trank nicht, bewegte sich nicht. Er befand sich in einem komatösen Zustand. All seine Gefühl verpufften wie kleine Nachtwolken vor seinem Auge. Nachts konnte er kaum seinen Schlaf kriegen, zu viele Schuldgefühl plagten ihn, ließen ihn einfach nicht in Ruhe. All seine schönen Erinnerungen, die er tief in seinem Herzen bewahrte, verblassten langsam. Und sein altes Ego mit ihnen. Aber er wollte nicht für immer so klein bleiben! Und trotzdem … Was sollte er machen, wenn er wieder er selbst war? Seine Liebe zu Ran gestehen schied für ihn aus. Es gab immerhin keine Ran mehr. Und Detektiv werden wollte er auch nicht mehr, wollte nicht noch mehr in diese Situation miteinbeziehen. Während er vor sich hin grübelte, merkte er nicht, dass sich eine schwarzgekleidete Person sich zutritt in das Haus des Professors verschaffte. Apropos Professor. Dieser war immer noch nicht mit seiner Schein-Nichte Ai verschwunden, auch wenn es ihm Conan nur immer wieder riet. Und eigentlich wollten die beiden nach Eurpoa verschwinden, in die Schweiz vielleicht. Hauptsache weg von diesem Krieg. Weit, weit weg. Dass die Zeit so schnell verging, war schon ein Mysterium. Warum konnte er sie nicht zurückdrehen und all seine Fehler wettmachen? Ein Wunsch, der niemals erfüllt werden sollte. Als er Ais kreischende Stimme wahrnahm, reagierte der Detektiv schnell, stolperte die Treppen runter und hastete zu der Haibara. Sie stand erschrocken da, deutete mit ihrem dünnen Zeigefinger auf etwas. Und da geschah es. Es war einer dieser Momente, wo Conan woanders sein wollte. In einer einsamen Wüste, in einem tödlichen Dschungel oder auf dem Mars. Nur nicht in diesem Zimmer, wo die herrschende Leere die Überhand ergriff und sie alle in einen schrecklichen Bann zog. Er hatte schon alles verloren, doch mit diesem Verlust, wurde die Grenze zum Wahnsinn überschritten. Seine Augen weiteten sich bis zum Gehtnichtmehr. Dass er so viele Fehler in seinem Leben gemacht hatte, war klar. Dass er dumm war, war ebenfalls klar. Aber das dieser eine Fehler nun auch seinen Freund erdrückte, war unverzeihlich. Da lag der friedliche Professor vor seinem Laptop, den Kopf auf seinen Armen gebettet. Und er sah aus, als würde er schlafen. Und das tat er auch. Nur, dass er das Licht dieser Welt nie wieder erblicken konnte. „Nein“, hauchte die Rotblonde. Sie hatte wieder die Menschen, die sie liebte, verloren. Er war wie ein Vater gewesen, den sie niemals kennenlernen durfte. Der schon Früh von ihr gegangen war. Und dass er nun auch da lag, brach ihr das Herz. Kleine Tränen stiegen in ihre Augen, sie weinte bitterlich. Feste krallten sich ihre Fingernägel in ihr Oberteil, zerriss das Stück Stoff beinahe. „Professor!!“, sie rannte auf den Mann zu, rüttelte und schüttelte an ihm. Doch zwecklos. Er lag weiterhin da, regte sich nicht. „Nein, nein, nein!“ Sie vergrub ihr Gesicht in seinen Klamotten, ließ all den Tränen ihren Lauf. Doch schon nach kurzer Zeit drehte sie sich zu ihm um, packte ihn am Kragen. „Warum? Warum hast du ihn nicht beschützt?! Nenn mir einen Grund, Kudo!!“ Er tat nichts, brachte keinen Laut über seine Lippen, zu entsetzt war er vom Anblick seines alten Freundes und Nachbarn. Das rote Blut tropfte langsam, hallte in dem Raum wieder. Etwas bitteres stieg auf, kroch die Speiseröhre hinauf. Und doch konnte er sich nicht übergeben. „Verdammt!“, fluchte er leise, entriss sich ihrem Griff und rannte einfach hinaus. Auch wenn es Nacht war und er sich nicht wehren konnte, musste er raus. Er konnte nicht länger in ihre Augen sehen, ohne Gewissensbisse zu haben. Also rannte er – wie immer – vor seinen Problemen weg, entzog sich ihnen und wollte lieber alleine sein. Die Kälte umhüllte ihn wie einen eisernen Mantel, der sich nicht mehr entfernte. Die Atmung fiel ihm schwer, seine Lungen pulsierten stechend. Es tat einfach nur noch weh. In seinen Augen konnte man den puren Hass wiedererkennen. Hass auf diese Ungeheuer, die sein Leben zur reinen Hölle machten. Hass auf das Gift. Hass auf alles. Auf die ganze Welt. Er stapfte durch die einsamen Straßen Tokios, die frierenden Hände in den Hosentaschen, während sich Dampf vor seiner Nase entwickelte und sachte in die Höhe stieg. Lange Zeit bewunderte er dieses Schauspiel, sah zu. Und dann schweifte er wieder ab, zu dem Tag im 'Tropical Land'. Er erinnerte sich noch an den dunklen Himmel und die grellen Beleuchtungen der Attraktionen. Und dann dieser pochende Schmerz in deiner Schläfe. Danach das Brennen in seinen Knochen und die unverwechselbare Stimme, die sein Leben für immer zur Hölle gemacht hatte. Conan schüttelte seinen Kopf, versuchte zu vergessen und ging seines Weges. In jeder Lüge, in jeder Verabschiedung, gab es nur einen Grund. Und er verabscheute diesen Grund. Nach einer geschlagenen Stunde, machte er sich auf den Weg nach 'Hause'. Wahrscheinlich hatte Ai die Polizei benachrichtigt und es wie einen Unfall aussehen lassen. Damit diese unschuldigen Beamten nicht mit hineingezogen wurden. Sie gab es nicht oft zu, doch er wusste, dass sie sich Sorgen um ihre Mitmenschen machte, da sie für den Tod dieser verantwortlich war. Und nun war er - Conan - es. Der Schuldige. Doch als er den Anblick des Gemäuers im Augenwinkel erkannte, verschlug es ihm regelrecht die Sprache. Flammen verschluckten das Gebäude, zischten laut auf und hinterließen Asche. Und jene Asche schwebte behutsam in der Luft, beinahe wie klirrender Schnee. Das Wasser sprudelte aus den roten Schläuchen, taten ihr bestes und trotzdem brannte es einfach weiter. Und es hörte einfach nicht auf. Die Menschen bestaunten die Glühen des Hauses, er nicht. Er schaute einfach erschrocken, reagierte dann endlich. Sein Mechanismus wurde aktiviert, er stürmte auf das Gebäude zu. Schließlich musste er diesen Dickkopf retten. Ai Doch einer der Feuerwehrmänner hielt ihn zurück, packte ihn grob am Arm und schob ihn weg. „Du kannst da nicht rein!“, brüllte er. „Nein, ich muss da rein“, seine Stimme ging im Wasserstrahl unter. Er zerrte wie verrückt, doch brachte es nichts. Schon wieder war er zu spät. Und ein weiteres Menschenleben wurde brutal ausgelöscht, wie das Feuer, welches im Wind hin- und herschwang. Der Braunhaarige hatte einfach keine Kraft mehr. Er sank einfach zu Boden, ließ seinen Tränen freien Lauf. Ganz ruhig, ohne jegliches Geräusch, saß er stumm auf dem eiskalten Boden und weinte sich die Seele aus dem Leib. Seine Finger vergruben sich in seinen Haaren, er war kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Eine bekannte Dunkelheit machte sich in ihm breit, nahm vollkommen Besitz von ihm. Er redete sich immer wieder ein, dass es nur ein böser Traum war. Ein böser Traum, aus dem er gleich erwachen würde. Und doch geschah nichts, es war die eiskalte Realität. Er konnte nicht mehr entkommen, konnte nicht mehr wegrennen. Abhauen. Sich entziehen. Im Hintergrund seiner Gedanken, vernahm er die schreienden Stimmen der Feuerwehrmänner, die hoffnungslos versuchten das Feuer zu löschen. Während er weinte, schlich sich eine schwarze Person von hinten, drückte ihm ein schneeweißes Tuch auf seinen Mund. Conan wehrte sich nicht, zu schwach und elend fühlte er sich. Und er wusste mit Sicherheit, dass er es war, der ihn lebend haben wollte. Die Person, die eigentlich Conan fertigmachen wollte, tat es nun bei ihm. Er fiel nur noch. Fiel in ein tiefes schwarzes Loch, aus dem er nie wieder erwachen konnte. Und es gefiel ihm. Sehr sogar … Kapitel 4: Anbahnendes Gefühl ----------------------------- Aufwachen ist meistens verschieden. Es kommt ganz auf die Situation an. Oft befindet man sich noch im Traum und sieht Nachbilder, was das menschliche Gehirn ziemlich verwirrt. Oder man wird gestört, wie durch einen schellenden Wecker, der uns mit einem Schlag weckt. Oder es ist ganz anders und wird mit einer kleinen spitzen Spritze, die sich tief in deine Haut bohrte, wach. Genauso war es bei Conan. Benommen durch das eingeatmete Chloroform, öffnete der kleine Edogawa seine trüben Augen. Über sich sah er den grellen Schein eines Lichtes, er spürte etwas hartes kaltes an seiner Wirbelsäule. Er schniefte; ein Zeichen für eine Unterkühlung. Kein Wunder, in den letzten Tagen war er ziemlich oft draußen gewesen und da kam es vor, dass man sich erkältete. Wie lange hatte er geschlafen? Oder bessere Frage: Wie lange war er bewusstlos? Und dann sah er eine kurvige Silhouette. Es war eine Frau. Dies erkannte er an den Haaren, die wirr ab standen. Anscheinend wurde sie kurzfristig gerufen, als sie in ihren kuscheligen Bett gelegen hatte. Aber wer? Wer war über ihm? Warum lag er auf diesem Metall? Er sah verschwommene Bilder des gestrigen Tages. Da war diese Gasse. Und … Er erschrak heftig. Gin und Wodka!! Sofort wand er sich hin und her, doch er wurde durch irgendetwas aufgehalten. Es war klar, dass er gefesselt auf dem Tisch lag. Verdammt, er musste hier raus. Mit einem Schlag war er hellwach, erkannte auch die Person, die neben ihm stand. Conan konnte und wollte nicht glauben, wer es war. Ai?! Aber sie war nicht mehr klein. Sie war groß. Erwachsen. Und in einem Laborkittel. Der Brillenträger verstand sofort. Sie … Sie gehörte wieder zu den Kerlen. Zu den Männern in Schwarz! Hieß es, dass sie die ganze Zeit gelogen hat?! „Ai“, schrie er. „Was soll das?! Was mach ich hier?! Und wieso …“ „Jetzt hör auf hier rum zu schreien. Das macht ja einem Angst“, unterbrach Shiho ihn. Er legte sich zurück, fixierte sie mit einem ernsten Blick. „Was soll das?“, wiederholte er seine Frage. Ruhiger. Gesonnener. Ernster. „Du bist ein Taugenichts von Detektiv. Das du nicht bemerkt hast, dass wir beide aufgeflogen sind. Du musst wissen, dass die Organisation eine Live-Übertragung deines letzten Falles in die Hände bekommen hat. Und da ich auch dabei war und dummerweise keine Mütze oder ähnliches hatte, sahen sie mein Kindergesicht. Ich hatte dir schon einmal gesagt, dass sie Kinderbilder von mir hatten. Sie haben mich aufgespürt. Dafür brauchten sie nicht einmal einen Tag. Den Professor haben sie umgebracht, damit er nichts von den Nachforschungen des Giftes der Polizei verraten kann. Zuerst wollten sie ihn ebenfalls mitnehmen, doch der Professor weigert sich, und somit wurde über sein Urteil diskutiert. Und er starb. Ich konnte für ihn nichts mehr machen. Auf jeden Fall hat man mich mitgenommen und verschont. Dennoch wollten sie wissen, wer alles über dieses Gift weiß. Ich sagte nichts, denn du warst die einzige Rettung für uns alle. Tja, sie nahmen mich mit und sagten, dass ich weiter arbeiten soll. Anscheinend hat der Boss das verordnet, obwohl Gin ziemlich scharf darauf wahr, mich umzulegen. Und dennoch erhielt Gin einen Hinweis, dass du, Shinichi Kudo, ebenfalls durch die Einnahme des Apoptoxin4869 geschrumpft bist. Und sie fanden dich, sowie den lausigen Detektiven und deine kleine Freundin aus der Detektei“, erklärte sie sachlich, zeigte keinerlei Emotion. Ihre kühle Stimme durchschnitt den Raum förmlich. Oh nein, deswegen?! Nur weil dieses Monster vor mir sich nicht richtig getarnt hatte?! Deswegen?! Nur deswegen musste ich dieses Leid durchmachen?! Ich kann und will das einfach nicht glauben!! Ich habe kläglich versagt, dachte er niedergeschlagen. „Ai!“, sprach er, wurde jedoch wieder von der Angesprochenen unterbrochen. „Sherry, meinst du“, korrigierte sie ihn. „Nein, ich werde dich nicht so nennen! Nicht, wie einen dieser Mistkerle! Du wolltest doch aus dieser Organisation vollkommen aussteigen! Und schon steigst du wieder ein! Ich kann dich einfach nicht verstehen, wie du diesen Gangstern helfen kannst, während sie deine Schwester auf dem -“ Die Miyano verpasste ihm eine Ohrfeige. In dem Labor hallte das Schallen wieder. Ihr Gesicht war verdeckt durch ihre sandbraunen Haare. „Du solltest ein Buch nie nach dem Einband verurteilen, Shinichi“, flüsterte sie leise. Fragend sowie wütend und geschockt guckte Conan sie an. Was sollte dieses Gelaber wieder? Seine gerötete Wange brannte. Als ob er Chilipulver gegessen hatte, so sehr. Er wollte sie mit seiner kalten Hand berühren, doch es ging nicht, zu fest war er gefesselt. Diese Situation war einfach nur Dreck. Gefesselt an einem Stalltisch. Die Skalpelle lagen dicht vor seinen Augen. Er sah, wie viele Menschen durch dieses Seziermesser ihr Leben gelassen haben. Sogar den kupferartigen Geruch stieg in seiner Nase auf. Er wusste, dass er Ran nie wieder sehen würde. Nicht als Shinichi, nicht als Conan. Einfach nur schrecklich. Shihos Mundwinkel fuhren nach oben. Nun schaute Conan nur noch verwirrt zu ihr. Warum lächelte sie nun? Was gab es für einen Grund so zu lächeln?! Wegen ihr waren alle tot und sie lachte?! Er verstand diese Frau nicht. „Glaubst du im Ernst, dass ich die Seite wechsle, Shinichi?“ Zuerst musste er ihre Worte realisieren, doch dann verstand er es endlich. Ihm fiel ein Stein vom Herzen. Sie war nicht böse. Sie war immer noch … Ai Haibara. Das nette, aber auch kalte Mädchen von nebenan. Ein Gefühl der Erleichterung machte sich in seinem kleinen Körper breit. Dass er, Conan, noch einen Verbündeten auf seiner Seite hatte, machte die Situation leichter. Aber dennoch. Die Chancen standen sehr schlecht. Diese Kerle in Schwarz hatten den Professor, Ran, Heiji und womöglich noch Kogoro, die Kinder und Kazuha auf dem Gewissen und würden niemals zögern, ihn und Ai auch zu der rabenschwarzen und endlos langen Liste der Toten hinzuzufügen. Verdammt! Wie konnte er nur so dumm sein? Schon damals er an jenem Morgen aufgewacht war, rührte sich dieses Gefühl. Wie konnten seine Sinne nur so versagen? Sie drehte sich von ihm weg, bastelte an irgendetwas herum. Was hatte sie jetzt mit ihm vor? Seine Müdigkeit holte ihn nun wieder ein. Er unterdrückte ein ermattetes Gähnen. Er wollte schlafen. Wie lange lag er hier eigentlich? Sherry wandte sich wieder dem geschrumpften Oberschülerdetektiven zu, hielt ein kleine Kapsel in der Hand. Die linke Seite war ein zitronengelb, die andere so weiß wie eine stille Wolke. Das Gegengift! Zahlreiche Gefühle und Gedanken schwebten durch seinen Kopf. Was war, wenn es schief ging und er qualvoll starb? Was war, wenn er es überlebte und somit zu seiner Ran konnte? Diesen Gedanken strich er wieder. Sie war tot und würde nicht so schnell wieder leben. Wieder wurde sein Herz mit Trauer gefüllt, aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt zum Heulen. Er würde seine Rache kriegen. Schon sehr bald würde er in die Augen dieser Verbrecher sehen. Endlich. Zögerlich strich; wenn auch beinahe mütterlich; sie über seine zarte Wange. Sie versuchte ihm mit dieser ungeahnten, leicht dezenten Berührung zu übermitteln, dass es ihr leidtat. All die Schmerzen, die Angst, die sie ihm zugefügt hatte. Und das der Tod ihrerseits inszeniert wurde, um ihn auf eine falsche Fährte zu lenken, ebenfalls. Sie selbst wollte nicht in dieser Organisation sein, doch somit könnte sie zumindest andere Menschen in Sicherheit wiegen und vielleicht auch Conan kontaktieren. Der Siebenjährige drehte den Kopf weg, um der Geste zu entkommen. „Tut mir leid, Shinichi. Hoffentlich kannst du mir irgendwann verzeihen“, hauchte sie dich vor seinen Lippen. Leicht öffnete sich sein Mund. Mit leichter verdutzter Miene beobachtete der junge Edogawa jede Bewegung dieser Frau. Was zur Hölle hatte sie nun vor? Und da geschah es. Es war, als würde die harte Realität um zwei Gänge herunterfahren. Ihre andere, versteckte Hand schnellte hervor, drückte die Kapsel in Conans Mund. Darauf hielt sie die Atemwege zu, sodass der Geschrumpfte schlucken musste. Seine Augen weiteten sich vor Schock und Überraschung, er zappelte wild, doch brachte es nicht fiel. Er musste schluckte, sonst würde er ersticken. Nun spürte der Edogawa, wie dieses kleine Dragée durch seine Speiseröhre glitt, ganz langsam und nervenzerreißend. Und dennoch fühlte er nichts. Noch nicht. Und kaum dachte er daran, dass diese Tablette wieder nutzlos war, so setzten die Wirkungen ein. Seine Hände ballte er vor Schmerz zusammen, sodass seine Knöchel durch die elastische Haut drangen. Er spürte den Herzschlag in seinen Ohren pulsieren, seine Augen wurden glasig.. Es war wieder dieses Gefühl, dass seine Knochen brannten und sich seine Haut dehnte. Er konnte kaum etwas erkennen, zu sehr setzte das Gift ihm zu. Nur, dass eine weitere Person den Raum betrat und sich neben Shiho stellte. Er kannte diese Person zu gut, war ihr oft genug begegnet. Und trotzdem wusste diese Person nie etwas über seine Identität. Seine Sicht verschlechterte sich mit jeder Sekunde, die er verbrachte. Ein unnatürliches Schwindelgefühl machte sich in ihm breit. Gin, schoss es ihm durch den benebelten Kopf, als er sich jenem anbahnendem Gefühl hingab … Kapitel 5: Lügen ... -------------------- Eine trübe milchige Schicht legte sich auf seine Augen. Sein Blick verschwamm vor ihm, er war ziemlich unkoordiniert. Das einzige, was er sah, war Schwarz. Zumindest nahm er es so wahr. Als seine Hand zu seinem Oculus wanderte, rieb er an diesen. Verwirrt was sich vorhin abspielte, fuhr er sich durch seine fluffigen Haare, stöhnte kurz und schmerzhaft auf. In seinen Seite verspürte er Seitestiche. Was war nur los? Und eine wichtigere Frage, die genau in diesem Moment durch seinen Kopf schoss: Wo war er? Keinesfalls war das hier das Labor von vorhin. Es sah eher aus wie ein kleines Gefängnis. Die stählerne Wand hatte seine besten Tage hinter sich, waren zu einem leichten Rot gerostet. Ebenfalls roch es moderig in diesem stickigen kleinen Raum. Warum sperrte man ihn hier ein? Gab es einen bestimmten Grund? Wollten sie ihn foltern? War ihm nur recht. All die Menschen, die ihm etwas bedeuteten, waren tot. Allesamt durch die Hand der mächtigen Organisation verraucht worden. Er seufzte auf. Das war wohl sein Ende. Er lachte verbittert auf, hielt dann inne. Was zur … ? Als ob er zu Stein gemeißelt worden war, starrte er erschrocken an seine gegenüberliegende Wand. Langsam, als ob seine Hand eine Zeitbombe wäre, die jede Sekunde explodieren könnte, hob er diese, studierte sie eingehend. Sie war … groß. Und rau. Nicht mehr klein und fein. Sein Kopf betrachtete seinen Oberkörper. Er war beachtlich gewachsen. Er war nicht mehr zehn Zentimeter vom Boden entfernt. Nein, er war … Er war wieder in seinem eigenen Körper! Shinichi hätte vor Freude gestrahlt, wenn es da nicht nur einen Hacken gab. Was sollte er schon tun, wenn er wieder groß war? Stimmt. Gar nichts. Nicht mehr mit dem Strom des Lebens schwimmen, sondern in die entgegengesetzte Richtung fahren. Sich dem Leben widersetzen. Was anderes – außer den schnellen Tod – hatte der 17-Jährige nicht verdient. Aber zuallererst wollte er etwas zu Ende bringen. Etwas wichtiges. Etwas zerstören. Er richtete sich schwankend auf, legte seine Hand auf seine schweißnasse Stirn. Shinichi musste hier raus, sofort. Schon wollte der benebelte Kudo die Tür irgendwie einbrechen, doch dies wurde ihm durch einen stämmigen Mann abgenommen. Mit nur einem Blick wurde ihm klar, wer vor ihm stand. „Wodka“, knurrte er leise. Doch dieser gab sich unbeeindruckt, hielt seine Waffe hoch. Direkt verstummte er, sah in das dumpfe Schussloch. Sein Leben wäre mit einem Fingerzucken zu Ende und es wäre sein größter Wunsch zu sterben. Bei seinen Freunden sein. Bei seiner Ran sein. Nur noch eine Sache und es wäre vorbei. „Los!“, brüllte der schwarzgekleidete Mann. Langsam kehrte das Leben in Shinichis Glieder, er trat mit vorsichtigen Schritten auf ihn zu. Dann begleitete er den korpulenten Mann mit nach draußen, Wodka direkt vor ihm. Und plötzlich ergriff er die Oberhand seiner Rache, schlug mit seinem Ellbogen direkt in den Nacken. Natürlich zeigte sich eine Reaktion seinerseits. Eine Reaktion, die Shinichi erhofft hatte. Er fiel zu Boden. Der Kudo grinste kurz auf, schleifte Wodka in seine Zelle zurück, was sich schwieriger erwies, als er dachte. Schließlich schaffte er es doch, entwaffnete ihn vorher noch, bevor er mit einem teuflischen Grinsen die Tür schloss. Und er realisierte das Geschehen von vor einigen Sekunden. Er hatte … Er hatte tatsächlich ein Organisationsmitglied ausgeschaltet. Ein Mitglied, welches mit für sein Leid verantwortlich war. Und ein wahnsinniges Glücksgefühl durchströmte seine Adern. Es fühlte sich gut an. Verdammt gut sogar. Und in diesem Tempo musste es weitergehen. Als nächstes folgte Gin. Und dann Vermouth. Danach der Boss. Ein Schwung Euphorie machte sich in seinem Körper breit. „Conan Edogawa.“ Sofort durchzuckte ihn ein eiskalter Schauer. Diese Stimme. Diese rauchige Stimme war für ihn unverwechselbar. Seid jenem Tag geisterte dieser Klang seiner Stimme in seinem Kopf, plagte ihn, zerriss sein Inneres. Und er gab dieser Person die Schuld an allem. Stumpfsinnig drehte er sich um. „Tut mir leid. Ich meine Shinichi Kudo“, fügte er lachend hinzu. Gin „Hallo, Gin. Lange nicht mehr gesehen, nicht wahr?“ „Ja, verdammt lange. Aber wer hätte gedacht, dass dich das Apoptoxin schrumpft? Ich jedenfalls nicht. Genauso wenig wie bei Sherry“, sagte er. Wie gern würde Shinichi ihn umschießen? Ihn ein schönes Loch zwischen seine Augen ballern? Doch musste er diese Gier zurückhalten, geduldig warten. Auch wenn er sich geschworen hatten, niemals zu töten, so musste er es einfach. „Aber ich bin nicht hier, um dir einen Wiedersehens-Besuch abzustatten.“ „Genau.“ Stille entstand zwischen den beiden Männern. Gegenseitig analysierten sie jede Zuckung, jede Bewegung. Bis es geschah. Er wusste nicht mehr genau, was passierte, doch alles ging so schnell ab, so surreal, dass er es selbst kaum glauben konnte. Gleichzeitig wurden die Waffen gezückt, auf den jeweiligen gerichtet. Im Hintergrund seiner Gedanken ertönten synchrone Schüsse. Er spürte, wie sich etwas in seinen Fleisch bohrte, es pulsierte und rauschte in seinen Ohren. Getroffen. Er wurde getroffen! Vor Schreck ließ er seine Waffe fallen, bemerkte dann, dass er – Shinichi Kudo – daneben geschossen hatte! Verdammt! „Und, Shinichi Kudo? Was wirst du jetzt tun?“, fragte er ironisch, richtete seine Pistole direkt auf seinen Kopf. Was jetzt? Was soll ich tun? Ist das nun … mein Ende? Ohne jemals die Organisation zu zerstören? Was soll ich nur tun? Auf einmal vernahm er einen weiteren Schuss, kniff seine Lider zusammen und machte sich bereit von den Fängen des Todes aufgefangen zu werden. Doch es geschah nichts. Gar nichts. Er hörte nur noch einen fallenden Körper. Shinichi öffnete seine Augen einen Spalt breit, erschrak sich dann aufgrund des Bildes, welches sich ihm bot. Gin kauerte quälend auf dem Boden, während seine Arme ihn umschlangen. Warmes, rotes Blut floss aus ihm. Dadurch konnte Shinichi schlussfolgern, dass ihn jemand angeschossen hatte. Aber wer? Keine drei Meter weiter stand sie. „Ai?!“, quetschte er verwundert aus seinen Lippen hervor. Keuchend hielt sie eine Kampfgerät in ihren Händen, zielte wieder auf den Boden liegenden Gin. Statt ihre Aufmerksamkeit Shinichi zu widmen, sah sie mit wutverzerrtem Gesicht auf ihr Opfer. „Dieser Schuss war für meine Eltern!“, rief sie, drückte wieder auf den Abzug. Die Bleikugel grub sich in seine Muskeln. „Und der war für meine Schwester!“ Dabei nahm sie nun sein Kopf in Visier, während ihr Herz immer schneller vor Aufregung schlug. Der Geschmack seines Blutes trieb sie vorwärts. Sie wollte es. So sehr. „Und der ist für meine Freunde!“, fauchte sie und drückte ab. In weniger als zwei Sekunden wurde das Gehirn des Schützens zu einem Haufen Brei. Tot. Er war tot! Die Person, die wahrscheinlich sein ganzes Leben lang getötet hatte, wurde selbst ermordet. Grinsend betrachtete Shiho ihr größtes Meisterwerk. Endlich hatte sie es geschafft, Rache an ihn zu nehmen. Stolz schritt die Miyano auf Shinichi zu, lächelte. „So macht man das“, sagte sie beim vorbeigehen, drückte ihm dabei noch ihre Knarre in seine Hände. Verdammt, sie war gut im Schießen. Hätte er nie von ihr gedacht. Der Kudo fuhr sich erschöpft durch seine Haare, lief Ai hinterher. „Was jetzt?“, fragte der Braunhaarige angeschlagen. Tatsache war, dass sie ziemlich koordiniert umherlief. Aus diesem Grund ging er davon aus, dass sie einen Plan hatte. „Abhauen. Und zwar schnell“, klärte das Mädchen ihn auf, beschleunigte etwas, um ihre Worte zu verstärken. „Nein, du haust ab. Ich muss noch etwas erledigen, kapiert?“ Abrupt blieb sie stehen, sah ihn daraufhin ernst an. „Hast du eigentlich eine Ahnung, was du da sagst? Dir ist wohl unklar, dass du beinahe gestorben wärst. Und du willst noch bleiben, um Rache an dem Boss zu nehmen?“, bevor er wieder zu Wort kommen konnte, redete sie weiter, „Wir können von Glück reden, dass wir überhaupt noch leben. Am besten wir verschwinden von diesem Land – am besten nach Europa – und legen uns eine andere Identität an. Aber nein, du willst unbedingt sterben, nicht wahr?!“ „Ja“, antwortete in einem kurzen Wort. „Shinichi, du bist mein Freund. Und ich will nicht, dass du stirbst, klar? Also, bitte, lass mich nicht in allein. Komm mit mir und wir fangen ein neues Leben an, okay?“, sie hielt ihm die Hand hin. Er zögerte kurz, zog seine Hand jedoch zurück. „Tut mir leid“, er wuschelte durch ihr rotblondes Haar und rannte an ihr vorbei. Sie rief ihm hinterher, doch er kapselte sich von seiner Umwelt ab. Rache, das wollte er. Nicht ein neues Leben begingen mit Ai, welches er nie wieder auf die Reihe kriegen würde. Denn sein Herz war wie eine Glasscheibe zerbrochen. Er hastete einige Treppen empor, bis er in einem riesigen Raum ankam. Riesig wie eine Turnhalle. Und da stand eine Person, soweit er erkennen konnte. Eine Frau. Etwa … Vermouth? Sicher war er nicht, aber während seiner Zeit in diesem Gebäude hatte er sie nicht gesehen oder von ihr gehört. Seltsam. Langsam nahm er seine Beine in die Hand, trat auf diese Person zu. Als er jedoch in das Gesicht beäugte, sickerte die Wahrheit in sein Hirn. Er konnte es nicht glauben. Er wollte es einfach glauben. Dass diese Person es war, wollte er nicht realisieren. Denn diese Person war doch … tot! Da konnte sie doch nicht vor ihm stehen! „Ran?!“, entfleuchte es ihm. Keine Reaktion ihrerseits. Aus Freude auf ihr Erscheinen rannte er direkt auf sie zu, umarmte sie daraufhin. Sie hing schlaff in seinen Armen, doch dies bemerkte er gar nicht. So viele positive Gefühl prallten auf ihn. Sachte sog er den Duft ihrer Haare – Orchidee. Plötzlich fühlte er etwas kaltes an seiner Seite. Shinichis Augen weiteten sich vor Schock. Konnte das sein … ? Leicht sank sein Haupt, sah eine M16. Was sollte das … ? Warum tat sie das … ? War sie nicht … tot? Gestorben durch Gins Hand … ? Aber wenn seine Deduktion stimmte, dann hieß es nur eines. „Ran, du … ?“, durchbrach er die herrschende Stille in diesem eiskalten Raum. Eine tödliche Atmosphäre legte sich in die Luft, die die beiden wie einen eisernen Mantel umhüllte. „Ganz genau, Shinichi“, sie verstärkte den Druck der Waffe. „Ich bin es. Ich, der Boss der mörderischen Organisation!“ Vollkommen fassungslos starrte er seine Kindheitsfreundin von der Seite an. Sie war es! Sie, die Person, die er am meisten liebte. Die Person, die sein ganzes Leben lang bei ihm war. Die Person, die ihn am Leben hielt. Die Person sollte gleichzeitig der Mensch sein, den er umbringen wollte?! Nein, das … war unmöglich. Völlig unmöglich! Das kam nicht in Frage! Nein, er … Er war müde. „Warum?“, war die Frage, die ihm auf der Zunge lag. „Vor vielen Jahren hatten sie mich gefunden. Und bedroht. Natürlich habe ich zugestimmt, jedoch durfte man dir oder meinem Vater nichts antun. Natürlich hielten sie sich an die Abmachung. In vielen Jahren stieg ich immer mehr auf, ohne jemals einen Mord begangen zu haben. Nach dem Tod des ersten Bosses, wurde ich dafür ausgewählt. Na klar, ich hätte auch 'nein' sagen können, tat ich aber nicht. Denn mit dieser Macht in meinen Händen, könnte ich meine Freunde beziehungsweise meine Familie beschützen. Doch als ich eines Tages durch Zufall in die Liste der Toten durch das Apoptoxin 4869 durchguckte, ließ mich ein Name erschaudern. Den dein Name stand dort. Schwarz auf Weiß. Natürlich war mir sofort klar, was das hieß. Du konntest nicht tot sein, immerhin telefonierten wir manchmal. Da fiel es mir nicht schwer, Eins und Eins zusammenzuzählen. Trotzdem konnte ich es kaum glauben, dass gerade du in die Machenschaften der Organisation geschlittert bist. Traurig, traurig. Aber glaube mir: Nur, weil ich noch keinen getötet habe, heißt es nicht, dass du nicht die erste Person auf meiner Liste bist, Shinichi.“ Während ihrer gesamten Rede, blieb er stumm. Was er da gerade aus dem lieblichen Mund dieses Mädchen gehört hatte, durchdrang nur schwer sein Gehirn. Und er spürte, wie sein Herz in tausend Teile zersprang. Ran ließ von ihm ab, ging zehn Meter weiter nach hinten. Er sah direkt in das träge Loch der M16. Ja, er würde sterben. Doch dieser Gedanken schreckte ihn nicht ab. „Es tut mir leid, Shinichi.“ Ein Schuss ertönte, während Unmengen an Blut floss. Und ein Körper fiel schlaff zu Boden … Epilog: ... und Träume ---------------------- „Ran!“ Er schrie auf, während sich ein dicker Schweißfilm auf seine Stirn legte. Das Bild, welches sich ihm bot, verschwamm vor seinen Augen und er sah schwarz. War er ohnmächtig? Nein, es war zu real, zu echt. Eine warme Brise streichelte seine Wangen; seine schwachen Lider öffneten sich. Hatte er wieder Chloroform zu sich genommen? Oder … Einen Spalt breit wurden seine Augen geöffnet. Weiß. Alles war weiß. Komisch. Bis vorhin war alles schwarz, woher kam dann das weiß her? Ein Krankenhaus? Nein, diese Option schied auch aus. Denn sonst wäre ihm ein leichter Duft von ärztlichen Mitteln in die Nase geflogen. Und dies war nicht der Fall. Was war es dann? Und woher kam diese unerträgliche Wärme? Es war keine angenehmen Hitze, die sein Körper durchflutete. Er brannte innerlich. Was ging hier vor sich?! Sein Gehirn hämmerte gegen seinen Schädel, seine Glieder zuckten die gesamte Zeit. Dann setzte ein erschütterndes Niesen ein. Plötzlich verschwand das Bild vor seinen Augen, stattdessen starrte er mit trüben Augen eine Wand an. Eine weiße Wand. Aha, daher also diese langweilige Farbe. Er richtete sich auf, musste dann aber feststellen, dass er wieder ein kleiner Junge war. War er wieder geschrumpft oder … War er überhaupt groß gewesen? Seltsam. Und wo war überhaupt … Ran?! Zu schnell erhob er sich. Für diese Dummheit bekam er einen Schwindelanfall geschenkt, sowie einen dezenten Hauch von Übelkeit. Dennoch schaltete er das Bedürfnis aus, sich jetzt und hier zu übergeben. Ran. Er musste sie finden. Beim näheren hinsehen, bemerkte er, dass dies kein unwichtiger Raum war. Im Gegenteil, er kam ihm so vertraut vor. „Bin wieder Zuhause!“, drang ihre Stimme in sein Ohr. Ran! Mit eiligen Schritten öffnete er die Tür, sah seine Kindheitsfreundin. Unversehrt, zum Glück. Was war aber geschehen? Und wie kam er zurück zur Detektei? Diesen Fakt konnte er sich nicht erklären. „Geht es dir gut, Conan? Tut mir übrigens Leid, dass ich zu spät bin. Es ist ja schon dunkel draußen und ich werde dir dafür eine schöne Hühnersuppe machen, okay?“, lächelte sie ihn freundlich an. Doch wie sie ihn angesprochen hatte. Conan. „Okay“, hauchte der Grundschüler verwirrt. Was war nur geschehen?! „Du, Ran“, sprach er sie auf dieses Thema an. Ihre Augen leuchteten fröhlich. „Ja? Was ist?“, hakte sie nach. „Also … ich …“, druckste er herum, tippte sich als Geste an die Finger. „Was denn? Geht es dir schlechter? Sag es mir, wenn deine Grippe sich verschlechtert, okay?“ Grippe? War das alles … nur ein Traum gewesen? Ein Fiebertraum? All die Entdeckungen und Todesfälle seiner Freunde? Seine Stimme verlor er; nickte als Antwort auf Rans Frage und ging zurück zu seinem Zimmer. Dabei steuerte sicher das Fenster an. Der Mond schien über ihm, ließ sein Antlitz in ein zartes Weiß strahlen. Ein einziger Traum … Und trotzdem … Leicht vernahm er Rans summende Stimme. … können Träume wahr werden. Während er über die Ereignisse grübelte, verwandelte sich der schneeweiße Mond in tiefes dröhnendes Schwarz … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)