The chains that connect the world are in our hearts von sora-linn (~Holding the will to fight in our hands~) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Sie hatten wirklich schlimme Tage hinter sich. Egal, was sie angefangen hatten… nichts davon klappte so, wie es sollte und entsprechend fühlten sie sich nun auf dem Weg nach Hause. Er selbst wusste was es bedeutete, eine Niederlage nach der Anderen einzustecken und dass es nicht mehr lange dauern würde, bis die Ersten von ihnen frustriert aufgeben würden- oder sich zumindest wünschten, es zu können. Doch in ihrem Job konnte man nicht einfach von jetzt auf gleich Schluss machen. Jeder von ihnen hatte sich schon zu Beginn dazu entschieden, alles zu geben und bis zum letzten Ende weiter zu kämpfen. Egal, wie viele aus ihrem Team unterwegs an die Feinde verloren gingen, egal, wie schlecht es ihnen ging, wenn sie zurück kehrten… sie hatten keine Wahl. Jedes Mal war es das Gleiche. Sie versorgten ihre Wunden, bestatteten die Toten… die wenigen, die sie hatten bergen können und teilten es den vorhandenen Familien oder Freunden mit, damit diese um ihre Verstorbenen trauern konnten- damit es überhaupt jemand tat. Denn sie hatten keine Zeit dafür, mussten sich, noch bevor die Körper richtig unter der Erde waren, schon die nächste Taktik überlegen, schon einen neuen Plan schmieden, um beim nächsten Mal die Verluste zu verringern- selbst wenn sie schon zu Beginn wussten, dass dies nicht funktionieren würde, dass sie schon, bevor es los ging, die nächsten Opfer würden beklagen können. Bisher waren sie nie ohne einen einzigen Toten wieder in die Sicherheit der Mauern zurückgekehrt. Mindestens einer von ihnen starb jedes Mal und so konnten sie, selbst wenn es vorher noch so gut ausgesehen hatten, ihre seltenen Siege über die Feinde kaum genießen, denn sie alle hatten den schalen Beigeschmack des Todes, der ihnen anhaftete, egal was sie machten, egal wie viele der Gegenseite sie mit ins Verderben hatten reißen können. Im Gegenteil zu den meisten der Anderen hatte er allerdings jemanden, der Zuhause auf ihn warten würde, der das ungemütliche Gebäude zu einer Heimat für ihn machte… den einen, der ihn in die Arme schloss, sobald sie ankamen. Unfreiwillig hatte er sie nicht begleitet als sie von dem Angriff gehört hatten sondern hatte dort bleiben müssen, lag noch immer krank, aufgrund einer Verletzung, welche ihn eine ganze Weile sogar vollkommen ans Bett gefesselt hatte, in ihrem Zimmer und wartete dort auf ihn. Zumindest er hatte überlebt… zumindest er befand sich langsam aber stetig auf dem Weg der Besserung und nachdem er die letzten Tag vor ihrer Abreise sogar hatte aufstehen können, wusste er, dass der Jüngere über den Berg war. Er wusste, wie sein Partner sich fühlte… wenn er ungeduldig wurde war er beinahe ebenso schlimm wie wenn er sich sorgte… und gerade jetzt tat er sicherlich beides und als Sahnehäubchen würde er sich auch, trotz der Aufgaben, welche er ihm dagelassen hatte, furchtbar langweilen. Aus diesem Grund konnte Erwin sich ausmalen was auf ihn wartete, sobald er die Tür zu ihrem gemeinsamen Zimmer öffnete. Ein Blick über den müden Haufen, den er seine Kompanie nannte werfend, dachte er darüber nach, wie viele von ihnen sie dieses Mal verloren hatten… und überlegte, wie viele es wohl beim nächsten Mal ausgehen würden. Zum Glück hatten die Besten von ihnen überlebt, die, mit denen er im Notfall auch allein eine sinnvolle Verteidigung auf die Beine stellen konnte und die, denen er sein Leben in die Hände legen würde, wenn es hart auf hart kam. Auch ein paar der Rekruten, welche heute ihren ersten Einsatz außerhalb der schützenden Mauern gehabt hatten, waren lebend mit ihnen gemeinsam auf dem Rückweg. In ihren Gesichtern spiegelte sich Panik, in ihren Blicken die Leere des Verlustes geliebter und lieb gewonnener Menschen. Diejenigen, mit denen sie ihre Ausbildung durchlebt hatten, waren ihnen ans Herz gewachsen, ohne dass sie es geahnt hatten und nun wurde ihnen bewusst, was es bedeutete, sie verloren zu haben… diejenigen, für die sie nie ein nettes Wort gefunden hatten und die ihnen dennoch irgendwie wichtig gewesen waren. Stumm seufzte er, strich sich durch das dreckige, einstmals blonde Haar und blickte, als er die Hand zurück zog, auf ein dunkles Farbgemisch welches vom Staub, vom Matsch und vom Blut seiner verwundeten oder gefallenen Kameraden stammte. Sein Blick trübte sich und er war sich sicher, er sah nun ebenfalls so aus wie die jungen Leute vor ihm. Er wollte nicht daran denken, welche seiner Mitstreiter sie dieses Mal auf ewig verlassen hatten… von wem er das Blut auf seinem Körper kleben hatte, welches er am liebsten durch kräftiges Schrubben herunterwaschen würde. Doch aus Erfahrung wusste er, dass dieses widerwärtige Gefühl, das jedes Mal erneut von ihm Besitz ergriff, wenn er Kameraden verlor, nicht durch noch so heftiges Reiben verschwinden würde… lediglich die Berührungen seines Partners würden ihm so etwas wie ein sauberes Gefühl verschaffen… auch wenn er sicher war, dass er sie die nächsten Tage zuerst nur widerwillig zulassen würde, da er Angst hatte, ihn ebenfalls zu beschmutzen. Hätte der Jüngere von seinen Gedanken gewusst, sicherlich hätte er gelacht… doch so etwas teilte er nicht einmal mit seinem Geliebten, egal, wie sehr er ihm vertraute. Es lag eher daran, dass er ihn nicht unnötig noch mehr belasten wollte, als er es mit seiner ständigen Suche nach Nähe sowieso schon tat. Sie ritten weiter, der Rest, der von ihrem Trupp noch übrig war und er, sprachen in stiller Übereinkunft nicht ein einziges Wort. Was die seltsame, gespenstische Ruhe zu durchdringen vermochte, war lediglich das seltene Stöhnen und Ächzen der schwer Verwundeten, die in einem der übriggebliebenen Proviantwagen lagen und bei jeder Unebenheit des Bodens erneut viel zu heftig durchgeschüttelt wurden. Sie hatten ihr Bestes gegeben und waren nun auf dem Weg zurück, hofften, dass sie den Transport überstehen und wieder genesen würden, sobald sie sich wieder in ihrer sicheren Festung befanden. Doch auch von ihnen würden sie sicherlich noch zwei verlieren. Einer, das hatte Erwin schon zu Beginn gesehen, hatte viel zu viel Blut verloren, es wunderte ihn noch immer, dass er überhaupt in der Lage gewesen war, die Augen offen zu halten, als sie ihn fanden… sein Gesicht war bleicher gewesen als frisch gefallener Schnee und sein Atem ging schwer, während sein Herz mit jedem Schlag weitere Tropfen der kostbaren, roten Flüssigkeit aus dem zerschundenen Körper presste… sie hofften, dass er wenigstens ein letztes Mal das Gesicht seiner Frau sehen konnte, bevor er die Augen für immer schloss. Und ein weiterer würde gewiss schon bald einer Blutvergiftung erliegen… bisher konnten nur die Wenigsten mit den Bisswunden wie er sie hatte überleben… sein eigener Partner war eine dieser Ausnahmen und er kurierte sich nun schon seit beinahe zwei Monaten, war erst kurz vor ihrer Abreise überhaupt den Fieberträumen entkommen und hatte es kaum geschafft, sich aufzurichten, ehe sie gehen mussten. Als sie vor neun Tagen am späten Nachmittag aufgebrochen waren, hatte Levi alle noch verbliebenen Kräfte gesammelt, sodass er ihn hatte anschreien können, als er ihm verbot, mit ihnen zu gehen, hatte ihn sogar schlagen können, ehe er erschöpft wieder im Bett zusammengebrochen war und sich schmollend von ihm verabschiedet hatte. Sie hatten beide gewusst, es lag nicht nur am Frust darüber, dass er sie nicht begleiten durfte sondern auch an seiner Angst, dass ihm etwas zustieß und er nicht in der Nähe sein konnte, um ihn zu beschützen oder ihn ein letztes Mal seine Hand zu halten. Und vielleicht auch zu einem kleinen Teil an seiner Wut über sich selbst, weil er sich noch immer die Schuld für seine Verletzung gab, die ihn so lange ans Bett fesselte. Um das zu erkennen hatte Erwin ihm nicht einmal in die Augen blicken müssen, als er sich zu Levi beugte und ihm zum Abschied einen Kuss auf die fest zusammengepressten Lippen hauchte. Als vor ihnen ein lauter Glockenschlag ertönte, ruckte der Blick des Kommandanten in die Höhe und erleichtert erkannte er, dass sie sich nicht wieder vor einem Angriff fürchten mussten, sondern tatsächlich die Mauern vor ihnen auftauchten, welche ihre Heimat vor ihren Feinden abschirmten. Erleichtert streckte er die Hand in die Höhe und stimmte den Jubel an, in den seine Männer sofort einstimmten und der sie neue Kraft schöpfen und sie mit neuem Mut auf den Gesichtern nach vorn blicken ließ. Die bisher so geordnete Formation ihres Trupps faserte auf und die müden Kämpfer, die noch dazu in der Lage waren, gaben ihren Pferden die Sporen, um vorne weg zu preschen. Sie wollten einfach nur noch in die Sicherheit ihrer Mauern zurück und in die Wärme ihres Bettes, wo man sie gewiss auch noch den gesamten kommenden Tag anfinden würde. Er ließ sie. Selbst wenn er ihr Commander war, so ließ er sie ziehen, hielt sie nicht auf, als sie die ebenfalls müden Tiere erneut anspornten und auf das sich langsam öffnende Tor zuhielten. Endlich daheim. Endlich Sicherheit… endlich für ein paar Stunden die Illusion des Friedens und der Freiheit. Er lächelte unwillkürlich, sah den jubelnden Männern hinterher und ließ sich zurück fallen, um neben den Proviantwagen der letzte zu sein, der das Tor passierte. Wenigstens hier sollte alles bis zum Schluss klappen. Bald… bald würde er ihn wiedersehen. Nachdem sich das Tor hinter dem letzten Mann wieder geschlossen hatte, sattelte auch Erwin schließlich ab. Er übergab das Pferd an die Rekruten und die anderen Männer, die hier geblieben waren, denn diese würden sich darum kümmern dass es ebenso wie die Tiere seiner Leute versorgt wurde, während die erschöpften Krieger sich zurückziehen konnten. Erwin aber begab sich zu allererst zurück zu den Wagen und half, die Verwundeten vorsichtig auf Tragen umzubetten und sie in den Krankensaal zu transportieren. Das war er seinen Mitstreitern seiner Meinung nach wenigstens Schuldig, denn während er sich später auf den Weg zu seinem Partner machen konnte, würden sie sicherlich noch einige Tage hier verbringen müssen, etwas, das wohl niemand gern nach einem Kampf tat. Der Mann mit dem Blutverlust hatte es geschafft. Zwar hatte sein Gesicht, so seltsam es sich anhörte, noch mehr Farbe verloren und er war viel zu kalt für einen lebenden Menschen, doch seine Brust hob und senkte sich in unregelmäßigen Abständen und ab und an kam ein gurgelndes Husten aus seiner Kehle hoch. Seine Familie war auf dem Weg hier her und sie würden ihn rechtzeitig erreichen, dafür sorgten nun die Ärzte. Als er sich davon überzeugt hatte, dass alles lief wie es sollte, trugen ihn seine müden Beine schließlich den langen Gang zurück zum Haupteingang und von dort aus über das kleine Rasenstück, ehe er das angrenzende Wohnhaus endlich betreten konnte. Die Treppen bis zu seinem Zimmer erschienen ihm mit jedem Schritt ein bisschen unendlicher und er hatte das Gefühl, er würde für immer hier bleiben und Stufen steigen müssen, als er die Letzte endlich erreichte. Mit schlurfenden Füßen begab er sich auf die letzten Meter und noch bevor sich die geschlossene Tür in Reichweite seiner Hände befand, wurde diese aufgerissen und ein blasser, junger Mann mit tiefen Ringen unter den Augen kam auf ihn zu. Levis Blick huschte unruhig über seinen Körper, er erkannte genau, wie der Jüngere die Augen verengte, ihn abermals musterte, sich dann ein wenig entspannte und sich ein Lächeln erlaubte. „Du bist zurück.“ Die Feststellung wäre sicher nicht nötig gewesen doch Erwin glaubte, noch nie etwas Schöneres als diese drei Worte gehört zu haben. „Ja…“, antwortete er leise und ließ bereitwillig zu, dass der ebenfalls noch geschwächte Körper des Anderen sich gegen seine Seite drückte, einer der schlanken Arme sich um seine Taille schob und ihn ein wenig unterstützte, als sie gemeinsam einen Fuß vor den Anderen setzten, um endlich ihr eigenes, kleines Reich betreten zu können. Er schloss die Augen, ließ sich prompt zu Boden sinken, als die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war und zog Levi an sich. Dann packte er sein Gesicht mit beiden Händen und küsste, obwohl er sicherlich stank und von oben bis unten eingesaut war, die bleichen Lippen des Anderen, der ausnahmsweise nicht darauf hinwies, wie dreckig er alles machte sondern sich stattdessen tatsächlich noch mehr an ihn presste und ihm wie ausgehungert entgegen kam. Ihre Münder prallten gegen einander, ihre Zungen trafen sich zu einem wilden Tanz und ihre Hände krallten sich haltsuchend am jeweils Anderen fest, wanderten fahrig über den Körper des Gegenübers und klammerten sich erneut in die Kleidung ihres Partners, während sie nicht eine Sekunde voneinander ablassen wollten. Der heiße Atem Levis strich über sein Gesicht und er konnte sehen, wie erleichtert der Jüngere über seine Widerkehr war, als sich die kleine Sorgenfalte zwischen seinen Augenbrauen langsam glättete. Ein leises Seufzen verließ seine Kehle, er schloss die Augen, ließ sich fallen und genoss die Berührungen, auf die er schon so lange hatte verzichten müssen- zuerst die Krankheit des Jüngeren, dann der Außeneinsatz… sie hatten lange Zeit einander nicht mehr so nahe sein können wie sie es nun waren und dieser Gedanke allein reichte, um ihm erneut Schwung zu geben. Er wollte jetzt nicht duschen, nicht schlafen, nicht essen… er wollte nur den Körper des Mannes spüren, der ihn überhaupt dazu brachte, weiter zu kämpfen. Er wollte ihn unter sich haben, wollte sich in ihm vergraben, ihn um sich herum spüren, ihn riechen, sich in ihn wickeln und sich von ihm begraben lassen… alles am Liebsten gleichzeitig, während er spürte, wie sein ganzer Körper dem Jungen entgegen strebte. Es waren keine Worte nötig, um auszudrücken was er empfand, denn auch Levi reagierte auf den stummen Schrei nach Zuneigung, begann sich an ihm zu reiben und ließ sich seitlich sinken, während er Erwins Körper mit sich zog, sodass dieser sich schließlich auf ihm und zwischen seinen leicht gespreizten Beinen befand. Was andere denken mochten zählte nicht, als die Hände des Älteren ungeduldig an der Schlafkleidung seines Partners zerrten, das leise klacken der ausgerissenen Knöpfe auf dem Holzboden brachte sie nicht einmal zum Innehalten und der zerreißende Stoff interessierte keinen von ihnen, als nun auch die Finger des Corporals sich auf den Weg machten, die Schnallen zu lösen und die Gurte die ihm den Zugriff versperrten loszuwerden, nachdem er den Umhang einfach weggeworfen und ebenfalls kurzen Prozess mit der versifften Lederjacke gemacht hatte. Kurz nachdem sie auf dem Boden gelandet waren, wanderten hungrige Finger über nackte Körper, zitternde Lippen pressten sich auf freigelegte Haut, entlockten dem Partner ein Keuchen und ein verlangendes Beben, ohne jegliche Rücksicht riss Erwin nun auch die Hose von den schlanken Beinen seines Liebsten und warf sie achtlos zur Seite, als ihm die halbsteife Erregung ins Auge sprang. Wen interessierte, wie sie aussahen, wie es ihnen ging, wenn sie sich endlich wieder spüren konnten? Er umfasste den um Aufmerksamkeit bettelnden Schaft, begann ihn zu reiben, während sein Kopf sich noch weiter hinab beugte, um leichte Küsse auf seinen Bauch zu hauchen und sich dann langsam hinab zu arbeiten, bis er die rote Eichel mit der Zunge berührte. Langsam rieb er über den kleinen Spalt, dann nahm er die Spitze langsam in den Mund und massierte sie mit Lippen und Zunge, umspielte sie immer wieder um Levi abzulenken, während seine Finger sich zu dessen Eingang vorwagten. Sie waren zwei Monate nicht mehr zusammen gewesen, vielleicht sogar etwas darüber… ein Mindestmaß an Vorbereitung erschien Erwin trotz seiner umnebelten Gedanken als durchaus sinnvoll und so massierte er den angespannten Muskel geschickt, während seine Zunge sich weiterhin ausgiebig um die mittlerweile tropfende Erregung kümmerte. Er hatte es vermisst… hatte den nackten, gesunden Körper unter sich vermisst, diesen einzigartigen Geschmack, den Geruch des Jüngeren, wenn er in Ekstase war, er hatte sein Stöhnen vermisst, das leise Keuchen, das nicht vom Fieber sondern von purer Lust zeugte, das Gefühl, wie der nunmehr weiche Muskel unter seinem forschen Finger nachgab und ihn gierig umschloss, als wolle er ihn in sich saugen und nie wieder entlassen. Sein eigenes Glied pochte in seinem Gefängnis und bettelte immer heftiger um Aufmerksamkeit, doch noch war der Kommandant nicht gewillt, sie ihm zu geben, gerade jetzt verlangte es ihn noch viel eher danach, den Anderen zu verwöhnen und ihn seinen Namen wimmern zu hören. Er musste nicht lange warten. Levis Hände kratzten Halt suchend über den vom vielen Benutzen unebenen Boden, ehe eine von ihnen seinen Weg in die Hände des Älteren fand und sich darin festkrallte, den Kopf seines Partners tiefer hinab drückte, während sein Becken immer wieder hoch zuckte. Sein eigener Kopf sank nach hinten, überstreckte sich leicht, während er seine Lust schon nach kurzer Zeit hinaus stöhnte, denn die Gewalt, mit welcher über ihn hergefallen wurde, überraschte und erregte ihn gleichermaßen so sehr, dass er, selbst wenn er es gewollt hätte, nicht in der Lage gewesen wäre, sich zurück zu halten. „E-erwin!“ Die erregte Stimme ließ den Älteren kurz aufblicken, dann bewegte er den tastenden Finger erneut gegen die kleine Erhebung, während er ihn diesmal nicht aus den Augen ließ. Erst, als er die gleiche Reaktion auch ein zweites Mal, nur viel intensiver zu hören bekam, nahm er die pochende Erregung tiefer in den Mund und begann nun auch damit, den Kopf häufiger auf und ab zu bewegen, ihn schief zu legen und den harten Schwanz gegen seinen Gaumen oder die Wange reiben zu lassen, ehe er ihn tief in seine Kehle gleiten ließ und schluckte. Sein zweiter und kurz darauf auch der dritte Finger fanden ihren Weg in das Innere des Stöhnenden, während dessen Finger sich heftiger in das dreckige blonde Haar krallten, leicht daran zogen, nur um ihn gleich darauf erneut hinab zu drücken. Es war ganz deutlich, was der Junge wollte.. er saugte an seinen Fingern, kam ihnen wimmernd entgegen, während sein flacher Bauch sich unter der Anstrengung anspannte. „M-mach… i-ich… kann nicht mehr… lange!“ Die Worte waren Erwin egal. Ebenso, dass der Andere sich schon kurz nach dieser Warnung heftig in seinem Mund ergoss. Er schluckte die milchige Flüssigkeit und mache ohne lange Unterbrechung einfach weiter, bewegte abermals den Kopf, um ihn erneut zu erregen, während er den Speichel, der stetig hinab lief benutzte, um ihn geschmeidiger zu machen. Immer wieder stieß er in die heiße Enge, die ihn noch immer unnachgiebig umschloss und so schaffte er es schon nach Kurzem, den Anderen erneut bereit für ihn zu machen. Sein Blick fiel in das gerötete Gesicht, nahm die verschleierten Augen des Jüngeren wahr, den heftig bebenden Brustkorb, die erregten Brustwarzen, die abstanden wie zwei kleine Knöpfe, welche nur darauf warteten, berührt zu werden, welche geradezu danach schrien, dass sie von ihm bespielt wurden. Mit einem leisen Plopp glitt der steife Schwanz aus seinem Mund und bewegte sich leicht wippend hinab, bis er flach und rot und hart auf seinem Bauch zum Liegen kam. Die gespannten Hoden zogen sich gleich mit ein wenig in die Höhe und fasziniert ließ er die Zunge ein letztes Mal vom Ansatz über die deutlich sichtbare Ader fahren, welche sich unter der empfindlich dünnen Haut abzeichnete, bevor sein gieriger Mund sich um die tiefroten Knospen zu kümmern begann, welche er bisher so sträflich vernachlässigt hatte. Seine Finger hingegen entfernten sich langsam aus der pulsierenden Enge und geschickt öffnete er den Rest der Gear-Befestigung, ehe er in der Lage war, seine Hose ebenfalls zu öffnen und hinab zu schieben. Er hielt sich nicht lange damit auf, sich von seinem willigen Geliebten zu trennen und sie gänzlich loszuwerden, stattdessen schob er sich an dem heißen Körper ein wenig hinauf, bis seine eigene, tropfende Spitze gegen die lüstern geöffnete Spalte stieß. Er keuchte auf, ebenso wie sein gefügiger Gespiele, dann drang er langsam in den heißen Körper ein. Erneut hatte Erwin das Gefühl, eingesaugt zu werden. Während Levi unter ihm absolut weich wurde, ihm sofort entgegen kam und ihn tief in sich aufnahm, musste er sich zurückhalten, nicht sofort in den ungeübten Leib zu stoßen, egal, wie sehr er sich danach verzehrte, ihn einfach ohne nachzudenken zu erobern. Hier musste er vorsichtig und langsam sein… doch die Geduld, die er aufbringen musste, war schwer zu halten… tatsächlich verflüchtigte sie sich schon nach wenigen, langsamen Stößen und er konnte nicht anders, musste abermals seine Zurückhaltung für die Lust weichen lassen und während seine Hände nach den schmalen Hüften fassten, kam er selbst auf die Knie und hob somit auch das Becken des Anderen ein wenig an. Zuerst nur langsam die Geschwindigkeit erhöhend, stieß er schon bald so hart wie es ihm möglich war in das willige Fleisch, versenkte sich tief und hart in ihm, ließ zu, dass Levis Hitze sie Beide überschwemmte und mit riss, wie eine gewaltige Flutwelle, die alles und jeden mit sich zerrt, die ihr im Weg steht. Stöhnend kratzte er über seinen Körper, fand nun keinen Gedanken mehr, der ihn dazu gebracht hätte, sich auf andere Weise um die Bedürfnisse seines Geliebten zu kümmern, als jene, sich immer wieder in ihn zu hämmern und dafür zu sorgen, dass er nicht ohne Zutun über den Boden geschoben wurde. Ihr Keuchen erfüllte den gesamten, aufgeheizten Raum, das leise knarren der Dielenbretter wurde vom Geräusch ihrer gegen einander prallenden Körper übertönt und in ihren rauschenden Ohren war sowieso für nichts anderes mehr Platz als für das, was ihnen vom jeweils Anderen geschenkt wurde… leise Wortfetzen drangen in ihre Geister, Gedanken und Gesprochenes wurden untrennbar mit einander vermischt und sie spürten, wie unaufhaltsam der Höhepunkt auf sie zukam… die Schwärze, das alles verschlingende Nichts… es kam näher und schließlich, ohne dass sie mehr taten, als sich nur gegen einander zu bewegen und in einander zu versinken, überrollte es schließlich mit einer Wucht, die ihnen kaum bekannt war. Sie entluden ihre gewaltige Energie beinahe gleichzeitig, die wie flüssiges Feuer durch ihre Adern pulsierte und sich pochend über ihre Körper verteilte, ehe Erwin, noch immer leicht zuckend, auf dem Jüngeren zusammen sackte. Sein Kopf fand den angestammten Platz in Levis Halsbeuge und der verschwitzte, jüngere Mann schloss ebenso wie sein älterer Freund erschöpft die Augen, während er eine Hand hob, um sie wie schon so oft in den Nacken des Anderen zu legen und ihn mit trägen Bewegungen zu streicheln. Noch immer mit einander verbunden blieben sie schwer atmend auf dem hölzernen Boden liegen und versuchten, irgendwo her noch die Kraft zu schöpfen, sich von einander zu lösen und es wenigstens die kurze Strecke bis zum Bett zu schaffen. Als Erwin wach wurde, lagen sie in einander verknotet auf dem nun vollkommen verdreckten Boden. Er öffnete die Augen, blinzelte in die dämmrige Dunkelheit und schloss sie wieder, während seine Hand nach Levis tastete, um sie mit der Eigenen zu verschränken. Sanft streichelte er die feinen Glieder, ließ die eigenen Fingerkuppen um die leicht hervorstechenden Knöchel reiben und bemerkte zum ersten Mal, wie viel das Fieber und die Krankheit dem Körper seines Liebhabers wirklich abverlangt hatten. Die Schatten unter seinen Augen waren nicht das Einzige das darauf hindeutete, wie sehr der Jüngere gelitten hatte. Auch die unnatürlich hervorstechenden Knochen zeigten, dass er in der ganzen Zeit nicht nur Muskelmasse verloren hatte, welche er nun wohl mühsam wieder aufbauen konnte- natürlich würde er sich selbst vorher persönlich davon überzeugen, dass sein Partner wieder einsatzbereit war, bevor er ihm erlaubte, das Training erneut aufzunehmen. Er würde sich nicht freiwillig noch einmal so lange der Sorge aussetzen, dass Levi am Fieber starb und ihn allein zurück ließ… denn sollte dies geschehen, so wusste er, würde er ihm ohne nachzudenken folgen. Er konnte nicht allein hier überleben, wenn er nichts hatte, das ihn am Leben hielt… und selbst, wenn der Jüngere es vielleicht nicht verstand… er konnte ihn nicht gehen lassen, wenn es eine Möglichkeit gab, ihn bei sich zu behalten. „Mh… Erwin…?“ Die müde Stimme des Dunkelhaarigen durchbrach leise die Stille und als der schlanke, beinahe schon zu dünne Körper sich in seinen Armen drehte, kam ein leises Zischen über die Lippen seines Liebsten. „Ich bin hier…“, murmelte er besänftigend, küsste die Schulter, die er nur erkennen konnte, weil er schon eine ganze Weile in der Dunkelheit nach den Konturen des Anderen suchte und seine Augen sich zumindest soweit an das fahle Mondlicht gewöhnt hatten, dass ihm die Umrisse des so begehrten Körpers nicht mehr verborgen blieben. „Lass… uns ins Bett gehen…“ Lächelnd küsste er den Jüngeren erneut, dann setzte er sich langsam auf. Eine Dusche wäre nicht zu verachten… doch seinen Levi deshalb gänzlich aus der ihn scheinbar noch immer gefangen haltenden Umarmung des Schlafes zu reißen, kam für ihn nicht in Frage. Statt ihm also noch mehr abzuverlangen, erhob er sich zuerst auf die Knie, schob dann die Arme unter den anschmiegsamen Körper des Kleineren und hob ihn ohne große Mühe hoch, als er sich langsam aufrichtete. „Schlaf weiter, mein Liebling…“ Die Stimme des Kommandanten klang leise und beruhigend, weshalb Levi sich auch nicht gegen das wehrte, was sie von ihm zu verlangen schien… der Schlaf wartete nur darauf, ihn erneut in seine Fänge zu bekommen und weil er wusste, dass er in Sicherheit war, dass die starken Arme des Älteren ihn wie einen Schatz vor jeglichem Schaden bewahren würden, gestattete er es sich erstmals seit Tagen, dem Bedürfnis nachzugeben und sich den Klauen des Schattenwesens zu überantworten. Kaum berührte sein geschundener Körper die weichen, duftenden Laken, war er erneut im Reich der Träume versunken und wanderte auf den Schwingen der Dunkelheit weiter. Erwin hingegen weigerte sich hartnäckig gegen den anklopfenden Begleiter. Statt, wie er es gern getan hätte, seinem Geliebten in das gleichsam fremde wie gewohnte Land zu folgen, welches beinahe jede Nacht auf sie wartete, legte er sich seitlich zu ihm, legte eine seiner großen Hände auf den Bauch des Jüngeren und streichelte sacht darüber, während er eine Weile einfach nur über seinen hoffentlich erholsamen Schlaf wachte. Er konnte sich vorstellen, dass dieser in den letzten Wochen und Monaten nicht sonderlich angenehm gewesen war und deshalb wollte er, dass ihn diesmal nichts und niemand davon abhielt, gesund zu werden. Sanfte küsse auf seinen Nacken verteilend, angelte er mit den Füßen blind nach der Decke und zog sie schließlich unter Zuhilfenahme der Hände über ihre nackten Körper. Dann umschlang er den Jüngeren endlich mit beiden Armen, zog ihn an seine Brust und schützte ihn mit seinem Körper gegen die Kühle der Nacht. Seine Augen fielen, sobald er sich ein letztes Mal davon überzeugt hatte, dass es dem Anderen gut ging, beinahe von selbst zu, sein Atem traf heiß auf den Nacken vor sich und sein Körper erschlaffte neben dem Anderen, der sich gleich noch ein wenig enger in seine schützende Umarmung schmiegte, seinen Körper wie eine Einheit in die Kuhle einpasste, welche Erwin ihm durch seine Lage schaffte. Ihre Konturen hatten sich einander so gut angepasst, dass jeder von ihnen sich irgendwie nur noch unvollständig fühlte, wenn er ohne den Anderen einschlafen musste. Selbst nun, tief in wundersamen Ereignissen der Nacht versunken, pressten sie sich so eng aneinander, als wären sie ohne den Anderen nicht mehr länger in der Lage zu existieren. Vielleicht stimmte diese Vermutung sogar… vielleicht konnten sie mittlerweile tatsächlich nicht mehr ohne das Wissen, dass es dem Anderen gut ging, weiterleben. Kapitel 2: ----------- Levi murrte, als er am nächsten Morgen von einem wirklich unangenehmen Geruch geweckt wurde. Sein Körper wirkte irgendwie seltsam erschlagen und als er die Augen öffnen wollte hatte er das Gefühl, ihm würden Gewichte daran hängen. Bis ihm klar wurde, aus welchem Grund er sich so grässlich fühlte und bis er wusste, was hier so seltsam roch, verging noch eine kleine Weile, doch schließlich nahm er den warmen Körper, der sich noch immer an seine Rückseite schmiegte wahr und ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Erwin war zurück… und er war es auch, der so verdammt nach Verwesung stank. Das Zimmer würde er wohl definitiv grundreinigen müssen, wusste er ja immerhin nicht, was der Ältere alles mitgebracht hatte… aber unangenehm war es auf jeden Fall. Auch, wenn er es sehr genoss, in den Armen seines Freundes zu liegen, so trieben ihn dessen Geruch und das Wissen um das vollkommen versiffte Zimmer schließlich aus dem Bett. Er schälte sich aus der Umarmung, schob die wärmende Decke zur Seite und kletterte dann über den noch immer Schlafenden, um mit den nackten Füßen schließlich den kalten Boden zu berühren. Schaudernd zuckte er zurück, verzog leicht das Gesicht und atmete tief ein, bevor er sich erneut der unangenehmen Kühle der Holzdielen übergab. Sein Blick wanderte durch den Raum und in Sekunden nahm er wahr, was getan werden musste. Zum Glück war er mittlerweile wieder halbwegs gesund, auch wenn die Anstrengung der Nacht sich deutlich bemerkbar machte. „Mmh…Levi…“ Er zuckte zusammen, als er die brummelnde Stimme des Älteren hörte und drehte sich langsam zu ihm, doch sobald er sich vergewissert hatte, dass Erwin weiterhin schlief, löste er seinen Körper endgültig von der weichen Matratze und packte sich zuallererst die dreckige Wäsche, um sie in den dafür vorgesehenen Wäschekorb zu werfen. Als nächstes ging er duschen. Das würde er zwar kurz darauf erneut tun, doch jetzt wollte er sich erst einmal wieder sauber fühlen, bevor er sich an das Schrubben des Bodens herantraute. Der Ältere seufzte leise und drehte sich leicht, doch selbst im Schlaf bemerkte er, dass etwas nicht stimmte. Sofort schreckte er auf, blickte sich verwirrt um und tastete nach dem Körper, welcher definitiv vor kurzem noch an seiner Seite gelegen hatte. „Levi?“ Stirnrunzelnd sah er sich um, blinzelte und richtete sich auf, um nach dem Anderen suchen zu können. Er war definitiv zurück… er befand sich in seinem Zimmer, er spürte die Wärme, die noch immer in den Laken steckte, also konnte er noch nicht allzu lange unterwegs sein… Erwin fuhr sich durchs Haar, dann stellte er die Füße schwerfällig auf den Boden und zischte. „Verflucht…“ Das war so verdammt kalt! Er schüttelte sich, stemmte sich hoch und tappte dann durch das Zimmer. Erst, als er das Rauschen der Dusche hörte und sich fragte, weshalb er das nicht vorher schon bemerkt hatte, entspannte er sich ein wenig. Jetzt hatte er endlich ein Ziel, welchem er sich zuwenden konnte. „Levi.“ Er betrat das Bad und Dampfschwaden waberten ihm entgegen. „Levi?“ Es war so diesig, dass er kaum etwas erkennen konnte. „Hey, brühst du dir die Haut ab?“ Langsam tastete er sich zur Dusche vor, lächelte, als er ihn endlich erkennen konnte. Kurz darauf drehte sich der Jüngere um und Erwin hatte das Gefühl, sein Magen wollte ihm hochkommen, während sein Herz ein paar Schläge aussetzte. Ein schrilles Klingeln erklang in seinen Ohren als er rückwärts taumelte, weg, weg von diesem entstellten Gesicht, weg von den Hautfetzen, die sich langsam lösten und als blutiger Schleim im Abfluss verschwand. Er stolperte, rutschte auf dem feuchten Boden aus und knallte mit dem Hinterkopf gegen die gekachelte Wand, robbte immer weiter an ihr entlang, das Klingeln in seinen Ohren wurde nicht weniger, als die Gestalt ein Bein hob und erneut eine schleimig-rote Spur hinterließ. Blutige Fußabdrücke schienen dem Wesen zu folgen, welches langsam auf ihn zukam und als ihm eines der Beine wegbrach, kroch er einfach über den Boden weiter. Irgendwie schaffte der Blonde es, sich auf die Beine zu bringen, Rückwärts lief er weiter, tastete sich an der Wand entlang, das Klingeln ließ einfach nicht nach, machte ihn beinahe taub für das leise stöhnende, kratzende Geräusch, welches aus der Kehle des Anderen kam. Er taumelte weiter, griff nach der Türklinke und lief weiter, bis ein erneutes, ekelerregendes Geräusch ihn innehalten ließ. Er wandte den Blick auf seine nackten Füße hinab, an welchen er die Matsche zwischen seinen Zehen hindurchquellen sah, dann sah er wieder zu dem Wesen, schließlich erneut an sich herab. Das… was da soeben mit ekelerregendem Ton unter seinen nackten Füßen geplatzt war, schien eines der Augen gewesen zu sein, welches nun eine leere Höhle in dem blutigen Schädel hinterlassen hatte. Das Klingeln wurde lauter, als das mittlerweile hautlose Wesen die Hände nach ihm ausstreckte und ihn an den Knöcheln packte, ihn hinab zog. Selbst, als er versuchte, es von sich zu stoßen blieb nichts als blutige Fetzen zurück, während der Körper wie eine faule Frucht unter seinen Fingern nachgab. Er konnte nur hilflos zusehen, wie es sich an ihm hocharbeitete, ihm immer näher kam und sich über ihn beugte, gerade in dem Moment, in welchem er den Mund zu einem Schrei öffnete… mit einem Schwall ergoss sich eine übelriechende, bräunlich-rote Masse aus dem lippenlosen Spalt, er riss die Hände hoch, versuchte, sein Gesicht zu schützen und schluckte doch diese metallisch-faulige Masse, die ihm über die Wangen lief und zu Boden tropfte. Er spürte wie kleine Brocken seine Kehle hinab rannen und brennenden Schmerz, der sich durch seinen Körper fraß. Abrupt stoppte das Klingeln und auch der Geruch verschwand, als er die Augen aufriss und in das Gesicht seines Partners blickte. Wassertropfen perlten über sein Gesicht und tropften auf sein eigenes, während der Jüngere schweratmend über ihm hockte. „Verdammt, Erwin! Was ist los?!“ Er konnte tatsächlich so etwas wie Panik in seinen Augen erkennen, als er den Blick langsam hob und bemerkte, dass der Geschmack sich nicht vertreiben ließ. Ruckartig schubste er den Jüngeren von sich, hörte ihn auf keuchen, als er gegen die Wand stieß und störte sich nicht daran, als er sich schwallartig auf den Boden erbrach. Hauptsächlich waren es Magensäure und Blut, welche platschend auf das Holz klatschten, aber allein die Tatsache, dass es überhaupt geschah, trieb ihm die Tränen in die Augen. Verdammt, was war nur los? Levi hatte mit seiner Frage absolut recht… aber beantworten konnte er sie nun wirklich nicht. Er wusste nicht, was los war… wusste nicht, was dieser Traum zu bedeuten hatte. Schwer atmend blieb er über die Bettkante gebeugt hängen, während seine Tränen sich mit der Flüssigkeit auf dem Boden verbanden und eine untrennbare Masse ergaben. Er fühlte nicht, wie sich das Bett bewegte, erst, als eine warme Hand sich auf seinen Rücken legte und vorsichtig darüber streichelte, entkrampfte er sich ein wenig. „Was ist denn passiert?“ Stumm schüttelte Erwin den Kopf. Er konnte es nicht erklären. Hatte keine Ahnung, woher dieser Traum kam, doch die Panik verschwand einfach nicht. „Warte… ich hol dir was zu trinken.“ Das Bett bewegte sich abermals, als Levi über ihn stieg und auf Zehenspitzen durch den Raum lief, bis er den Schreibtisch erreichte und einen der Becher mit etwas Wasser aus der Karaffe füllte. „Hier… trink was.“ Die Hände des Kleineren zogen ihn vorsichtig in eine aufrechte Position, dann wurde ihm der Becher gereicht und dankbar trank er ein paar Schlucke, ehe er den Blick abermals auf seinen Partner wandte. „…danke.“ Er versuchte zu lächeln, doch wirklich gelingen tat es nicht. „Hm…“ Levi setzte sich neben ihn und nahm ihm den Becher wieder ab, drehte ihn leicht in den Händen. „Was… was war denn los?“ Er seufzte leise, dann zuckte er mit den Schultern. „Ich… hab schlecht geträumt.“ Ein leises Schnaufen war zu hören. „Wann träumst du denn schon mal schlecht?“ „…passiert wohl scheinbar auch mir mal.“, gab er schwach lächelnd zu, dann atmete er durch. Der Geschmack wollte nicht verschwinden… doch als seine Zunge tastend über seine Wange rieb, erkannte er auch, woher der metallische Geschmack gekommen war. Er hatte sich im Schlaf tatsächlich gebissen. „Scheinbar…“ Levi nickte und blickte ein wenig besorgt zu ihm. „…war wohl in letzter Zeit ein bisschen zu viel für dich.“ Die schlanke Hand hob sich und legte sich schließlich in Erwins Nacken, um ihn leicht zu kraulen. „Du solltest dich ein bisschen entspannen. Das tut dir nicht gut… du machst dich einfach zu fertig. Nimm dir eine Auszeit.“ „So ein Unsinn. Diese Möglichkeit habe ich nicht. Das weißt du auch. Dein Ausfall war schlimm genug. Es ist viel liegen geblieben.“ „Und wenn du umkippst bist du gar nicht mehr zu gebrauchen. Also denk darüber nach. Ich mach jetzt sauber. Und du gehst duschen.“ Erwin wollte etwas dazu sagen, doch Levis Blick hielt ihn von jedem weiteren Wort ab. „…bis gleich.“ Mit zitternden Beinen erhob er sich und wankte mehr oder weniger in Richtung des Badezimmers, stockte an der Tür aber und wandte sich zu seinem Partner, der einen Eimer und weitere Putzmittel aus dem kleinen Wandschrank holte. „Du sollst duschen!“, widerholte er, als der Junge bemerkte, wie er vor dem Eingang stockte. „…ja… ich gehe ja gleich… lass mich… nur einfach kurz…“ Levi runzelte die Stirn und erhob sich aus der Hocke in welcher er sich befunden hatte, um die Putzlappen aus dem unteren Fach zu holen. „…Erwin. Ernsthaft. Was ist los mit dir? Willst… willst du reden oder so?“ Es war deutlich wie schwierig es dem Anderen gefallen war, diese Worte überhaupt auszusprechen… sich vorzustellen, dass sein Partner Redebedarf hatte, war ihm irgendwie unheimlich. „Nein… lass mal.“ Erwin atmete tief durch, dann öffnete er die Tür zum Bad und betrat den hellen Raum. Stumm sah er sich um, doch weder nebeliger Wasserdampf noch seltsame Geräusche zogen durch das kleine Bad, weshalb er es sich wagte die Tür hinter sich zu schließen und die Duschkabine zu betreten. Das Wasser, welches auf seinen Körper hinab floss, spülte den letzten Schrecken der Nacht hinfort und auch, wenn sich die einstmals klare Flüssigkeit schon bald bräunlich färbte, bevor sie im Abfluss verschwand, brachte ihn dies nicht aus der Ruhe. Er blickte auf seine Hände hinab, die Hände, die noch vor Kurzem um sein Überleben gekämpft hatten und dachte darüber nach, ob Levi eventuell tatsächlich Recht hatte. Musste er sich eine Auszeit nehmen? Musste er langsam ein bisschen von seiner Aufgabe zurück treten und das Kämpfen ein wenig zurück stellen? Er schüttelte den Kopf über diese Gedanken, griff dann nach der Seife und begann, sich damit langsam zu waschen… er musste wirklich runter kommen, aber sich dafür eine Auszeit zu nehmen… dazu würde es nicht kommen. Sobald er fertig war, würde er sich die Aufzeichnungen der Mission ansehen um ihre Fehler zu analysieren, bevor er die Listen der Gestorbenen anforderte. Nein, er hatte gar keine Zeit, sich auszuruhen. Wirklich nicht. Nachdem er die letzten Schaumreste von seinem Körper gewaschen hatte, stellte er das Wasser wieder aus und verließ die Duschkabine. Wie hatte er den Traum mit der Realität verwechseln können? So verdampft, wie in seinem Traum, war dieser Raum sicherlich noch nie gewesen und auch jetzt, obwohl seine Haut durch die Hitze gerötet und heiß war, konnte er noch alles genau überblicken. Stumm griff er nach einem der Handtücher, trocknete sich ab und öffnete das Fenster, um die letzten Wasserschwaden vertreiben zu können. Noch immer war ihm irgendwie unheimlich, wenn er an die Bilder dachte, welche ihm noch vor Kurzem durch den Kopf gegeistert waren. Nachdem er den Raum verlassen hatte, blickte er zuerst wieder zu seinem Freund, der mittlerweile den Boden gesäubert hatte und nun dabei war, das Bett abzuziehen. „Lass mich das machen.“, bat er leise und trat zu ihm, um den Arm von hinten um ihn legen zu können, dann lächelte er. „Du warst mit dem Duschen doch gar nicht fertig, hm?“ „Ich bin sowieso fast fertig. Zieh dich an… und wenn du etwas tun möchtest, dann hol uns was zu essen.“ Der Blonde nickte leicht, löste sich und ging tatsächlich zuerst zum Schrank, um sich frische Kleidung herauszusuchen. Wieder sah er zu seinem Freund, hatte nicht wirklich Lust darauf, jetzt zu verschwinden… ihn zu sehen beruhigte ihn und darüber nachzudenken, ihn jetzt zurück lassen zu müssen, gefiel ihm wirklich nicht. „Also… bis gleich.“, murmelte er leise, zog sich seine Schuhe über und verließ den Raum- zögernd und langsam, warf noch schnell einen letzten Blick zu ihm. Bis er im Speisesaal angekommen war, wurde er gefühlte tausend Mal unterbrochen und aufgehalten. Rekruten, die ihm Fragen stellten, Corporals, die wichtige Informationen für ihn hatten, die auf gar keinen Fall aufgeschoben werden konnten… und eigentlich wollte er sie alle Anschreien denn er hatte weder Lust noch Konzentration genug, sich um ihre kleinen Problemchen zu kümmern… es interessierte ihn einfach nicht, was sie für Wehwehchen hatten. Nicht jetzt, wo er selbst genug hatte, was ihn belastete… der seltsame Levi-Traum tat dies nämlich ganz sicher. Er war ungewöhnlich schweigsam und abweisend, als er für sie Teller und Besteck holte, bevor er diese füllte und ihnen auch gleich noch ein wenig Obst mitnahm. Die Leute um ihn herum störten ihn, er wollte gar nicht hören, was sie sagten und wie sie über alltägliche Dinge sprachen, die ihn einfach nur nervten… waren sie wirklich in keiner Weise von den Geschehnissen betroffen? Interessierte es sie überhaupt nicht, dass sie Verbündete, Freunde, Kameraden verloren hatten? Der sich im Moment wirklich alt fühlende Mann zuckte zusammen, als ein lauter Lacher den Saal durchdrang, fuhr herum und fixierte den Jugendlichen, der auf einem der Tische stand und irgendeine Show zum Besten gab. Seine Hände krallten sich in das Tablett, sein Blick wurde dunkler und er grub die Zähne tief in seine Zunge, wollte sie ausblenden, wollte alles einfach ausblenden und von hier verschwinden, doch mit einem Mal hatte er das Gefühl, es würde ihm alles zu eng werden. Er presste die Augen zusammen, atmete tief durch, straffte den Körper und nachdem er sich wieder halbwegs im Griff hatte, begab er sich langsam auf den Rückweg. Er ließ alles Andere neben sich verschwimmen, setzte steif einen Schritt vor den Anderen, während seine Hände noch immer das Tablett umfasst hielten. Er bemerkte kaum, wie er angerempelt wurde, ging weiter, verließ den Speisesaal und ließ somit auch den Trupp dummer Rekruten hinter sich, die scheinbar keine Ahnung hatten, was das Leben für sie noch bereit halten würde… sicherlich wären sie unter den ersten, die bei ihrem ersten Einsatz zurück bleiben mussten. Mittlerweile zitterte das Tablett in seinen Händen und sein Weg schien sich erneut endlos zu ziehen, bis er es endlich in ihr Stockwerk schaffte und von dort gleich in sein Zimmer flüchtete. Noch an der Tür ließ er sich zu Boden sinken und hatte das Gefühl, ein Dejavu zu erleben. Das Tablett rutschte halb von seinem Schoß und gerade eben konnte er es noch abstellen, bevor das Essen hinab fiel. „Erwin?“ Levis Stimme ertönte aus dem Bad und er hob erschöpft den Kopf, während er spürte, wie sein Körper auch weiterhin bebte. „Ja… ich…ich bin hier…“ Klang er wirklich so grässlich, wie er glaubte? „Erwin… was?“ Die nackten Füße des Jüngeren machten leise Geräusche auf dem Holzboden, als er auf ihn zukam. „Was ist los? Du… bist so blass.“ Der Jüngere ging vor ihm in die Hocke und streckte langsam die Hand aus, legte sie gegen seine Wange. „Und eiskalt.“, stellte er dann fest, tastete nach seinem Puls. „Ist etwas passiert?“ „Nein. Nichts… nichts akutes. Ich weiß nicht, was los ist…“ „Wie wäre es, wenn du es mir einfach mal erklären würdest? Dann… bin ich vielleicht in der Lage, dir zu helfen.“ „Ich glaube kaum.“ „Versuch es wenigstens. Jetzt sprich mit mir. Du siehst… wirklich schlecht aus.“ „Lass… lass uns die Sache einfach vergessen. Ich hab Hunger. Lass uns essen, in Ordnung? Danach… sehen wir weiter.“ „…du machst mir wirklich Sorgen, Erwin. Aber du bist Erwachsen. Wenn du meinst, du hast das im Griff, dann glaube ich dir einfach mal. Ausnahmsweise.“ Der Dunkelhaarige griff nach dem Tablett und erhob sich selbst, während er darauf wartete, dass auch sein Freund sich erhob. „Hoch mit dir. Wenn du weiter da unten sitzt, wird dein Essen kalt.“ Er stellte das Tablett auf den am Fenster stehenden Schreibtisch, zog den zweiten Stuhl heran und holte ihre Becher aus dem Bad, wo er sie sicherlich vor kurzem gespült hatte. Das Zimmer war wieder soweit sauber, der Boden zumindest wieder begehbar und auch bei einem groben Blick durch den Raum konnte er sehen, dass Levi in seiner Abwesenheit, egal wie kurz sie gewesen war, ziemlich gewirbelt hatte. „Du überarbeitest dich, wenn du ständig durch den Raum rennst und alles reinigst kippst du mir bald aus den Latschen.“ „Du meinst, so wie du in den letzten Stunden? Ja… das merke ich. Aber so eingesifft, wie das alles hier war, konnte ich es wirklich nicht lassen. Wenn du allerdings nicht vorhast, erneut deinen Mageninhalt auf den sauberen Dielen zu verteilen, brauche ich in nächster Zeit auch nicht mehr putzen.“ „Glaub mir… vorerst habe ich darauf wirklich keine Lust. Eigentlich sowieso nie. Ich werde mich also bemühen, deinen sauberen Boden nicht erneut zu beschmutzen.“ Sie setzten sich an den Schreibtisch und während Levi schon begann, die warme Nahrung in sich zu schaufeln, saß er da, mit der Gabel in der Hand, und schob eine der kleinen Erbsen auf dem Teller hin und her. „Erwin, du machst mir wirklich ein klein wenig Angst. Was ist los mit dir? Du bist doch sonst nicht so. Normalerweise… hast du auch keine schlechten Träume. Und du zitterst höchstens Mal, wenn…“ Er winkte leicht ab, wollte das Thema nicht vertiefen… es ging hier um etwas ganz anderes. „Ist… etwas passiert? Etwas anderes als sonst? Ich bitte dich. Sprich mit mir.“ Scheinbar wollte der Blonde nicht mit seinem Problem herausrücken, doch Levi war sich sicher, dass er es irgendwann schon aus ihm herausbekommen würde. Statt ihn also erneut dazu zu drängen, aß er langsam weiter, konnte den Blick aber trotzdem nicht von dem Anderen abwenden. Er machte sich sichtlich Gedanken um Erwins Gesundheitszustand und dieser war definitiv nicht gut. „Iss wenigstens, wenn du schon nicht mit mir sprechen willst. Es ist nicht gut, wenn du erst schlecht träumst und dann nicht mal mehr etwas zu dir nimmst.“ Erwin lächelte schwach, als er erneut diese besorgten Worte von seinem Partner hörte, hob langsam den Blick und musterte ihn. „Du hörst dich schon an wie meine Mutter. Und da sagst du, DU machst dir Gedanken um MICH? Sollte es nicht etwa anders herum sein? Wie auch immer. Ich pass schon auf mich auf. Iss jetzt, es ist alles in Ordnung bei mir. Ich melde mich schon, wenn ich Hilfe brauch oder so. Versprochen.“ Nur wenig beruhigt ließ der Jüngere sich vorläufig auf die Worte des Anderen ein und nickte bestätigend, auch wenn er innerlich nicht wirklich zustimmte. Er würde weiterhin aufpassen und sehen, dass der Andere wirklich auf sich achtete. Wenigstens begann der Ältere nun tatsächlich damit, sich das Essen in den Mund zu schieben, wenn auch nur langsam und scheinbar recht nachdenklich. Diesmal allerdings ließ Levi seinen Partner in Ruhe, wollte nicht unbedingt einen Streit vom Zaun brechen, wo es dem Blonden ja jetzt schon nicht gut ging. Stattdessen aß er selbst in aller Ruhe weiter, konzentrierte sich ganz auf das Gemüse von seinem Teller und darauf, nicht allzu frustriert darüber zu wirken, dass der Ältere nicht mit ihm reden wollte. Dabei hatten sie sich Ehrlichkeit geschworen und das nicht nur ein Mal. Es enttäuschte ihn ein wenig, aber er konnte niemanden dazu zwingen, ihm gegenüber die Wahrheit zu sagen, richtig? Es war ihm kaum möglich, gerade Erwin davon zu überzeugen, dass er ihm alles erzählen musste. Denn das musste er nicht. Nicht wirklich. „Was wirst du heute noch machen?“ Erwins Kopf ruckte hoch, als er ihn so plötzlich ansprach und zuerst blickte er sich verwirrt um, ehe er ihn endlich mit den Augen fixierte. Er war tatsächlich Abwesend genug, um einen Moment lang nicht zu wissen, was hier vor sich ging und wer ihn soeben angesprochen hatte. „Ich habe gefragt, was du heute noch tun wirst, Erwin.“ Der verwirrte Blick klärte sich ein wenig und er seufzte leise als er sah, dass der Ältere wirklich nichts mitbekommen hatte, während er auf seinen Teller gestarrt und das Essen geschaufelt hatte… ob er überhaupt wusste, was er da gegessen hatte? „…entschuldige… ich… ich denke, ich werde die Berichte durchsehen und es mit unseren Plänen abgleichen. Du weißt, nach einer Mission gibt es viel zu tun…“ „Aber nicht für dich. Ich kann das genauso gut machen und du ruhst dich aus. Einen Tag kannst du dir durchaus leisten.“ „…du hast selbst mehr als genug zu tun, Levi. Dein Ausfall hatte weitreichende Auswirkungen. Du… musst dich wirklich nicht auch noch um meine Angelegenheiten sorgen.“ „Aber das werde ich. Du legst dich hin. Und jetzt Schluss damit, ich lasse nicht mit mir diskutieren.“ Als er sah, wie Erwin etwas dagegen sagen wollte, hob er nur die Hand, dann stand er auf und wandte sich ab. „Ich werde dir nicht zuhören, was das angeht. Ich habe zu arbeiten. Also stör mich nicht.“ Mit diesen Worten räumte er seine Sachen zusammen und suchte die Berichte aus Erwins Tasche, legte diese, zusammen mit zwei großen Karten, einfach auf den zweiten Schreibtisch, dann nahm er seinen Stuhl heran und begann konzentriert zu arbeiten. Auch wenn er so wirkte, als würde er um sich herum nichts mehr wahrnehmen so bemerkte er doch ganz genau, wie der blonde Kommandant sich nach einigem Zögern ebenfalls erhob, seinen Teller zu dem Anderen auf das Tablett stellte und dann einfach seine Jacke und sein Shirt zur Seite warf, ehe er seine Schuhe auszog und ins Bett stieg. Es war für ihn als den Älteren und Höhergestellten nicht einfach, auf die Befehle seines Partners zu hören, doch eben WEIL er ihn liebte, würde er den Worten nachkommen und sich tatsächlich ein wenig ausruhen. Vielleicht half es ihm ja, diese Gedanken loszuwerden und sich ein wenig entspannen zu können… er hoffte zumindest, dass er diesmal nicht wieder von solch grässlichen Träumen heimgesucht werden würde… es war schrecklich gewesen, Levis langsamen Tod sehen zu müssen. Zu sehen, wie er nach und nach alles Menschliche verlor, zu einem Ungeheuer wurde, das in sich zusammen fiel und dabei eine Spur aus Blut und Angst hinter sich her zog. Ob es ein Vorbote gewesen war? Ein Hinweis darauf, wo es schließlich mit ihnen enden würde? In Blut, Tod und Angst? Schaudernd drehte er sich auf die Seite, schob eine Hand unter seinen Kopf und beobachtete Levi, wie er dort über den Unterlagen gebeugt saß, sich abwesend mit einer Hand durchs Haar fuhr oder mit dem Stift gegen seine Lippen tippte, ehe er etwas unterstrich oder sich Notizen zu den Unterlagen machte, die dort vor ihm lagen. Der Anblick wirkte beruhigend und ohne es zu bemerken, fielen ihm langsam aber sicher die Augen zu. Beim Aufwachen war alles um ihn herum dunkel. Nur durch das halb geöffnete Fenster fiel ein schmaler Streifen Mondlicht, der Vorhang wehte leicht im kühlen Nachtwind. Erwin blickte sich schaudernd nach der Decke um, verzog das Gesicht, als er sie am Fußende des Bettes auf dem Boden liegen sehen konnte. Stumm richtete er sich auf, sah zu seinem Freund hinüber, welcher friedlich neben ihm lag und leise atmete. Der Blonde streckte die Hand aus, strich ihm eine Haarsträhne aus dem entspannten Gesicht und beugte sich vor, um ihm einen Kuss auf die Stirn hauchen zu können, dann setzte er sich auf und stellte die Füße auf dem Boden ab, um sich zu erheben. Wenn er schon einmal wach war, konnte er auch gleich ins Bad, um sich ordentlich bettfertig zu machen. Doch zuerst beugte er sich hinab, um die Decke wieder aufheben zu können. Leider war das nicht so einfach, wie er gehofft hatte. Verwirrt runzelte er die Stirn, zog erneut an dem Stoff, doch abermals schien er sich nicht nachgeben zu wollen. Seufzend ließ er sich also auf die Knie hinab sinken und wollte nachsehen, wo sie sich verhakt hatte, als etwas nach ihm griff. Ein erstickter Schrei löste sich aus seiner Kehle, er schluckte, starrte die grünlich glühenden Augen an, welche ihm aus der Dunkelheit entgegen blickten, spürte den Atem des riesenhaften Ungeheuers auf seinem Gesicht. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er es an, nicht mehr in der Lage, sich bewegen zu können… eine seiner Hände krallte sich noch immer in die Decke, während die Andere ausgestreckt auf dem Boden lag. Er zitterte leicht, konnte den Blick nicht abwenden, sah nur diese glühenden Bälle in der Dunkelheit, konnte nicht wegsehen. Aber es griff ihn nicht an. Es schien zu wissen dass es reichte, ihn aus der Finsternis anzublicken und darauf zu warten, dass irgendwann auch sein restlicher Körper vom Schock ergriffen wurde… er spürte, wie die Angst durch seine Adern floss und sich in jede Pore setzte, er starrte die vom Geifer tropfenden, Fingerlangen Zähne an, die langen Klauen, welche sich um sein ausgestrecktes Handgelenk gewickelt hatten, schienen nicht loslassen zu wollen… die heiße Haut des Monsters schien ihn verbrennen zu wollen, fraß sich, genau wie die Angst tief in ihn hinein und zerfetzte ihn von innen. „…lass… mich los…“ Es dauerte, bis er seine Stimme wieder soweit im Griff hatte, dass er etwas sagen konnte und Worte fand, die ausdrückten, was er von diesem Wesen wollte, welches dort unter seinem Bett lauerte. Hatten nicht nur Kinder Angst vor dem, was in der Schwärze der Nacht auf sie wartete? „Bleib… weg… von uns.“ Das Monster verzog das Gesicht, verzog den Mund zu einem breiten, hässlichen Grinsen, welches seinen Kopf einmal in der Mitte spalten zu schien und eine weitere Reihe scharfer, alles zermalmender Zähne entblößte. „Du bist… ein Unnormaler…“, flüsterte er, als ihm klar wurde, mit was er es dort zu tun hatte. Schaudernd riss er die Augen noch ein wenig weiter auf, dann wich die Erstarrung mit einem Mal aus seinem Körper. „Ich… lasse nicht zu, dass ihr uns kriegt! Vergiss es!“ Die seltsam strähnigen Haare, welche dem Titanen ins Gesicht fielen, verdeckten kurz die glühenden Augen und er schaffte es, sich in eben diesem Moment aus der Starre zu reißen und mit einem Ruck war auch sein Arm aus dem festen Griff befreit. „Ihr kriegt uns nicht… keiner von euch. IHR werdet es sein, die nicht mehr lange leben werden! Wir werden jeden einzelnen von euch vernichten, klar? Ihr werdet fallen, einer nach dem Anderen! Und wer auch immer euch erschaffen hat… ihn bekommen wir auch!“ Seine Stimme klang fester, als er es für möglich gehalten hatte. Er war sich sicher, das hier sollte ihn vom Kämpfen abhalten, ihm Angst machen. Aber das würde es nicht. Er hatte sich geschworen, irgendwann würden sie in Frieden Leben können! Kapitel 3: ----------- Das Bett neben ihm war kalt, als er wach wurde. Wieder einmal. Erwin seufzte leise, blickte sich um und lächelte schwach, als er Levi am Schreibtisch sitzen sah, scheinbar war er schon wieder am Arbeiten. „…mir sagst du, ich soll mich zurück halten und du sitzt schon am frühen Morgen dort und bearbeitest die Karten?“ Seufzend erhob er sich, dann ging er langsam auf den Jüngeren zu und legte die Hände auf seine Schultern, wobei er begann, ihn sanft zu massieren. „Du solltest dir auch eine Pause gönnen, Levi.“ Der Andere hob den Blick und schüttelte leicht den Kopf, dann legte er die Hände auf die seines Partners und streichelte leicht darüber. „Ich bin noch nicht lange am Arbeiten… ich war vorhin eine Runde laufen und habe danach geduscht. Ich konnte nicht länger schlafen.“, gab er zu und beobachtete ihn. „Laufen? Bist du sicher, dass das eine gute Idee war?“ „Erwin… ich bin seit vier Tagen wieder auf den Beinen und muss mich langsam ans Training gewöhnen. Wenn ich erneut da raus gehe, und das werde ich definitiv, dann muss ich irgendwann wieder anfangen… und Laufen, um meine Ausdauer zu stärken, ist der erste Weg. Ich beginne ja nicht gleich mit etwas schlimmem… ich lasse es vorsichtig angehen, versprochen. Ich habe auch nur fünf Kilometer in lockerem Tempo gemacht… und natürlich ein bisschen Aufwärmübungen, aber mehr nicht. Ich möchte nicht wieder so lange im Bett liegen müssen… also vertrau drauf, dass ich schon bemerke, wenn ich mich übernehme. Ich geb mir Mühe, damit es nicht zu viel wird, in Ordnung?“ Erwin verzog das Gesicht, nickte aber nach kurzem Überlegen schließlich etwas unwillig. „Also gut… wenn du sagst, du passt auf dich auf… dann kann ich es dir wohl nicht verwehren.“ „…das könntest du sowieso nicht.“, gab Levi leise zu und strich sich durchs Haar. „Ich hab was zu Essen mitgebracht… nimm dir was, okay? Danach darfst du auch gern ein bisschen arbeiten.“ Erwin lachte. „Das ist zu gnädig von dir.“, meinte er dann und schüttelte leicht den Kopf. „Du bist so furchtbar nett zu mir!“ „Ja, nicht wahr?“ Eines dieser kurzen aber ehrlichen Lächeln erschien auf Levis Zügen und der Jüngere sah ihm direkt in die Augen, ehe er sich erneut über die Aufzeichnungen beugte. „Es war sogar Kaffee da… Ich dachte, das kannst du gebrauchen.“ Oh… und wie er das nach dieser Nacht gebrauchen konnte. Langsam schob er die Füße unter der Bettdecke hervor und atmete tiefdurch. Was gestern mit ihm passiert war, konnte er nicht einmal mehr erklären. Er war nicht wirklich in der Lage es zu verstehen. Allein die Tatsache, dass er nun schon zwei Alpträume hinter einander hatte, ließ ihn eiskalt schaudern. Normalerweise hatte er solche Probleme nicht. Normalerweise sah er Levi nicht sterben… Normalerweise… aber was war schon normal? Meterhohe Ungetüme die Menschen verschlangen? Sicher nicht. Erwin atmete abermals tief durch, dann erhob er sich endlich und ging zu dem Tisch, auf welchem sein Partner das Essen abgestellt hatte. Seine Finger strichen vorsichtig über den Rand der Tischplatte, dann setzte er sich und begann langsam zu essen. „…weißt du schon etwas über die Opferzahlen?“ Er hatte den ganzen letzten Tag damit verbracht, ihn einfach nur zu vergeuden. Er musste sich endlich wieder auf seine Arbeit fokussieren. Er hatte eine Verantwortung, der er gerecht werden musste. „Hm… ja, ich habe vorhin die letzten Berichte entgegen genommen.“ Und wieder fühlte er sich schlecht. Während seine Männer trotz ihrer Erschöpfung noch die Berichte geschrieben hatten, hatte er alles dem Jüngeren überlassen und geschlafen. Selbst, wenn Levi nicht mit sich hatte reden lassen und selbst, wenn er jetzt ausgeschlafen schon viel klarer sehen konnte, störte ihn die Tatsache, dass man sich scheinbar nicht mehr auf ihn verlassen konnte. „-win? Erwin? Hey!“ Angesprochener zuckte zusammen und starrte den Jüngeren verwirrt an. „Wie… bist du dort hin gekommen?“ Verwirrung sprach aus seiner Stimme und irritiert starrte er in das ihm so bekannte Gesicht, während er nicht sicher war, ob er die Antwort überhaupt hören wollte. Von einer Sekunde auf die Andere, so schien es, war Levi von seinem Platz am Schreibtisch hier herüber gekommen und hatte sich vor ihm aufgebaut, die Hände auf seine Schultern gelegt und er musste sogar leicht an ihm gerüttelt haben. Der Ältere schluckte. „Entschuldigung, ich war in Gedanken.“ „…das hab ich bemerkt.“ Levis Worte klangen trocken wie eh und je, doch mal konnte in seinem Blick genau erkennen, dass ihn das ganze hier irritierte. Er wusste nicht, was er davon halten sollte, er konnte nicht ausmachen, was hier mit dem Älteren passierte und Erwin wusste, es war seine Schuld, dass sein Partner sich Sorgen machen musste. Das Gefühl der Schuld nahm ihm kurzzeitig den Atem. „Entschuldige.“ „Schwachsinn. Komm einfach nur wieder zu dir.“ Er spürte die warme Hand, welche kurz über seine Wange streichelte und einen Moment kraulend in seinem Nacken verharrte, ehe sie sich zurück zog. „Ich sagte, wir haben 15 Opfer. Nur zwei Leichen konnten nicht rechtzeitig geborgen werden… von einem haben sie zumindest einen Teil wieder zurück bringen können. Die Schwerverletzten, welche ihr mitgebracht habt, schweben in kritischem Zustand, doch noch leben sie und sind sogar immer mal wieder Ansprechbar. Man hat sie ruhig gestellt, damit sie sich erholen können… wir hoffen das Beste.“ Levis kühle Art, die harten Fakten vorzutragen beruhigte den Kommandanten langsam. Er wusste, was jetzt zu tun war, die Aufarbeitung des Geschehenen war der Teil mit welchem er sich am Besten auskannte. „Iss und dann hilf mir.“ „Corporal Erwin! Warten sie bitte einen Moment!“ Ein leises Gemurmel wurde hörbar, Schritte hinter ihm laut und der Blonde atmete tief ein, ehe er sich mit langsamen Bewegungen umdrehte. „Corporal Erwin-“ „Er ist Commander, du Idiot!“ „Echt?“ „…“ Erwin schnaubte leise. „Es heißt Commander Erwin. Wenn schon. Noch eher Commander Smith.“ Derjenige, welcher ihn falsch angesprochen hatte, wurde leicht rot. „Uhm… Entschuldigen Sie bitte… Commander Smith…“ „…was gibt es.“ „Nun… es geht um Commander-“ „Corporal, du Idiot!“ „Uhm… Corporal… Rivaille.“ Deutlich unsicherer trat der junge, recht schlaksige Mann zur Seite und biss sich auf die Lippe. „Dann sprich du doch, wenn du alles besser weißt!“ „Sei doch mal still dann kann ich auch mit ihm sprechen!“, zischte der zweite Mann, schnaubte leise und wandte sich dann abermals dem Commander zu. Erwin hatte das Gefühl, wenn es so weiter ging, würde er langsam aber sicher die Geduld mit den Rekruten verlieren. „Redet. Ich habe nicht endlos Zeit.“, unterbrach er deshalb das Streitgespräch und stemmte eine Hand in seine Hüfte, um seine Ungeduld irgendwie zu verbergen. „Entschuldigung, Corporal- Commander!“ Der Brünette schluckte, huschte hinter seine Begleiter und schien sich hinter ihnen verstecken zu wollen. „Also?“ Die Hand des Blonden begann leicht zu zucken, während er mit dem Zeigefinger immer wieder leicht auf seinen Oberarm tippte, der Blick wanderte von einem Rekruten zum Nächsten, wobei diese scheinbar nicht wussten, wie sie weiter sprechen sollten. „Ihr wolltet über Corporal Rivaille reden. Also redet oder ich werde gehen. Ich habe nicht ewig Zeit, nur damit ihr euch noch einmal überlegen könnt, wer von euch hier endlich spricht. Ihr habt fünf Sekunden!“ Er hatte längst die Geduld verloren, und zum Narren halten lassen würde er sich von diesem Pack auch nicht, gerade, wenn sie nicht einmal wussten, was sie von ihm wollten. Stumm zählte der Commander die Sekunden herunter und kurz, bevor er sich abwandte, sprachen sie schließlich weiter. „A-also… es geht darum… er…“ Erwin seufzte, verdrehte, mit noch immer vor der Brust verschränkten Armen die Augen. „Ja?“ „Er… seine Art zu trainieren. Also… wir sind alle nicht so gut… er ist… wir geben wirklich unser Bestes, aber jedes Mal triezt er uns und stellt uns vor dem gesamten Trupp bloß… ich… ich weiß, wir sollten uns nicht so anstellen, immerhin haben wir den Weg selbst gewählt… aber… also, ich meine… darf er das? Darf er uns so behandeln?“ „…WIE behandelt er euch.“ „Uhm… also… er… jedes Mal, wenn wir etwas falsch machen, dann… dann lässt er uns Extrarunden laufen, er lässt uns bis zur Erschöpfung gegen einander kämpfen und wer verliert… den lässt er gleich doppelt leiden!“ Der Blonde blinzelte. Er hob eine Braue. Man sah deutlich, wie er seine Arme noch ein wenig fester verschränkte, in der Bemühung, nicht endgültig durchzudrehen. „…und…. Das ist der Grund, weshalb ihr euch hier befindet. Weil ihr… denkt, er würde euch unfair behandeln… richtig?“ Erwin war froh, dass er es durch jahrelange Übung mittlerweile schaffte, sein Gesicht einigermaßen ruhig zu halten. Er wollte nicht zeigen, wie wütend er war. DAS war ihr wichtiger Grund, ihn von seiner Arbeit abzuhalten? Gut, er musste sich um so etwas kümmern… aber… ein leises Knurren verließ, ohne sein Zutun, seine Kehle und er schnaubte leise. „…ich schätze, er wird erfreut sein zu hören, dass ihr euch bei mir aufgrund seiner Trainingsmethoden beschwert habt. Scheinbar seid ihr noch immer nicht fähig, euch über den Nutzen unserer Einheit klar zu werden und euch dem Kampf anzuschließen, sonst würdet ihr das Extratraining mit großem Dank annehmen! Habt ihr euch eigentlich einmal darüber Gedanken gemacht, WOFÜR dieses Training gut ist? Glaubt ihr, wenn ihr auf die Titanen trefft, dass ihr heulend zu mir gelaufen kommen könnt und mir einen vorjammern dürft, weil sie euch den Arm oder das Bein abgebissen haben? Ich glaube, ich sollte euch gleich an vorderste Front stellen, damit solche Plagen wie ihr gar nicht dazu KOMMT, meine WICHTIGEN LEUTE in Gefahr zu bringen, weil ihr plötzlich glaubt, die Titanen seien unfair zu euch! Versteckt ihr euch in eurer Satteltasche? Ihr seid es nicht einmal wert, ein Tier zu bekommen, welches euch da durch begleitet! Ich würde euch, wenn es hart auf hart kommt, nicht mal eine Schnecke zugestehen, geschweige denn ein Pferd! Solche wie Euch habe ich schon ewig nicht mehr gesehen… solch ein unfähiges und dummes Pack, dass es nicht einmal auf die Reihe bekommt zu erkennen, wie WICHTIG das Training ist, damit ihr eben NICHT bei eurer ersten Begegnung gleich gefressen werdet! Glaubt ihr, ihr seid zum Spielen hier? Dass das alles gar nicht so schlimm ist? Vielleicht denkt ihr ja, dass man die Titanen wie die Attrappen im Wald behandeln kann? Figuren, die sich nicht bewegen und die man in aller Ruhe besiegen kann? Seht ihr eigentlich nicht selbst, wie lächerlich eure dummen Beschwerden sind? Wenn ich noch einmal etwas Ähnliches von euch höre, werdet ihr wegen Verrats im Knast landen. Ihr seid es überhaupt nicht wert, dass die Ressourcen der Menschheit an euch vergeudet werden!“ Wütend ließ er die Arme sinken und wandte sich ab, warf über die Schulter noch einen letzten Blick auf die jungen Männer, die kalkweiß vor ihm standen und sich nicht zu rühren wagten. Gut so. Er knurrte erneut, schüttelte wütend den Kopf über diese Idioten. „Macht, dass ihr aus meinem Blick gelangt, sonst kann ich nicht für eure Sicherheit garantieren! Ich frage mich, wie ihr es überhaupt bis hier her geschafft habt, dämliches Gesindel!“ Mit diesen Worten wollte er eigentlich idiotischen Jugendlichen endgültig verlassen. Doch daraus wurde nichts. Sie schienen sich der Gefahr, in der sie sich befanden, eindeutig nicht bewusst zu sein. Er hörte ihr Raunen und ihre geflüsterten Beleidigungen, spürte ihre wütenden Blicke in seinem Rücken und straffte sich noch ein wenig mehr, damit sie gar nicht erst auf die Idee kamen, er könne schwach sein. Denn das war er nicht. Er war ihr Befehlshaber und sie hatten sich seinen Worten zu beugen! Und wenn sie glaubten, sie würden bei ihm auf ein offenes Ohr stoßen, wenn sie sich über Levis Trainingsmethoden beschwerten, dann lagen sie definitiv falsch. Es war lächerlich, dies auch nur in Betracht zu ziehen. „C-commander-!“ Gerade dachte er, sie hätten es gelernt und wären nicht so dumm, es erneut zu versuchen, doch damit lag er wohl eindeutig falsch. „WAS?!“ Wütend fuhr er herum und starrte die jungen Leute an, die sich dichter an einander drängten und sich beinahe in einander zu verkriechen versuchten. „E-es… kann man… wirklich nichts tun…?“ Erwin konnte gar nicht so schnell reagieren, wie seine Hand vorschnellte und dem vorlauten Jungen eine schallende Ohrfeige verpasste. Sein Blick war eiskalt, eine Ader an seiner Schläfe schien explodieren zu wollen, so heftig wie sie pochte und er konnte den geschockten Blick der Anderen mehr spüren als dass er sie sah… er wusste, das hier war falsch gelaufen… das hätte er nicht tun dürfen. Doch selbst der Schmerz in seiner Hand vermochte es nicht, ihn aus der Starre zu reißen, die ihn befallen hatte. Der junge Mann hatte Tränen in den Augen und schluckte schwer, dann senkte er den Kopf und sagte nichts mehr. „Ich hoffe, ich werde nicht noch einmal mit solch einem lächerlichen Anliegen behelligt. Wenn ihr der Meinung seid, dass ihr unfair behandelt werdet, dann werdet ihr ab morgen bei mir ein Extratraining absolvieren. Ihr werdet pünktlich um fünf Uhr draußen auf dem Trainingsplatz stehen. Ihr werdet nicht mehr als eure Hosen, die Stiefel und eure Gurte tragen. Natürlich bringt ihr eure Gears mit. Wenn ihr euch gut anstellt, bekommt ihr Abends etwas zu trinken. Vielleicht. Wenn ihr nicht anwesend seid, werdet ihr es bereuen. Glaubt mir.“ Als er sich nun endgültig abwandte, waren seine Schritte ein wenig steif und sprachen von nur schwerlich unterdrückter Wut. Diesmal gab es keine Geräusche, die darauf hindeuten ließen, dass die Jugendlichen sich erneut an ihn wenden würden. Scheinbar hatte er ihnen Angst eingejagt. Gut so. Sie hatten doch keine Ahnung, was auf sie zukommen würde, wenn sie weiterhin so darauf bestanden, dass Levi sie unfair behandelte. Sie WOLLTEN scheinbar bei ihrem ersten Einsatz sterben? Aber das würde er nicht zulassen! Er würde nicht zusehen, wie sie sich selbst mit ihrer Dummheit umbrachten. Nicht, wenn er es irgendwie verhindern konnte… Sie würden schon sehen, was es bedeutete, WIRKLICH unfair behandelt zu werden und hart zu trainieren. Im Gegensatz zu ihm würde Levi wirken wie ein kleines, schmollendes Kind. Er selbst hatte auch schon ganz andere Idioten stark gemacht… und wenn sie glaubten, er würde nachsichtig sein, dann würde er sie eines Besseren belehren. Er blinzelte perplex, als ein leises Räuspern ihn aus seinen Gedanken riss. Verwirrt sah er sich in dem langen Gang um, bis sein Blick auf eine der Nischen fiel, in welcher er eine Gestalt ausmachen konnte. „…Levi?“ Jener löste sich aus dem Halbschatten, kam auf ihn zu und ahmte die Haltung, welche er selbst erst kurz zuvor noch so krampfhaft aufrechterhalten hatte, nach. Die Arme vor der Brust verschränkt, das Gesicht leicht genervt verzogen, lehnte er sich direkt vor ihm an die Wand und musterte ihn. „…was war das gerade?“ Der Ältere hob eine Braue, schnaubte leise. „Ich denke nicht, dass ich mich vor dir zu rechtfertigen habe, oder habe ich etwas verpasst?“ „Nein, natürlich nicht. Ich wollte dich lediglich darauf hinweisen, dass ich deine Tat nicht gutheiße. Aber es ist nicht meine Entscheidung, was du tust. Du solltest nur daran denken, dass du zwar mein Vorgesetzter bist, deshalb aber nicht über mich bestimmen kannst.“ Der Ausdruck auf Levis Gesicht veränderte sich nicht, als er seinem Vorgesetzten direkt in die Augen sah. „Du veränderst dich zum Schlechten. Wenn du nicht langsam wieder zu dir kommst, werden wir zwei ein Problem mit einander bekommen.“ Der Jüngere nickte ihm kurz zu, dann löste er seine Haltung und schüttelte den Kopf. „Beruhige dich wieder. Sie haben es sicherlich nicht mit Absicht getan. Sie… waren schon immer ein wenig… dumm. Ich schätze, sie werden verstehen, wofür das Training gut ist, wenn wir ihnen ein wenig Zeit lassen.“ Erwin verengte leicht die Augen, dann schüttelte er den Kopf und seufzte leise. „Sie werden verstehen, dass sie sich nicht zu beschweren haben, sobald sie eine Woche mit mir trainiert haben. Danach werden sie sich hoffentlich zu benehmen wissen.“ Levi seufzte leise, nickte dann aber. „Ich hoffe, du weißt, was du tust.“ Schließlich legte er die Hand auf Erwins Schulter und sah ihn an, diesmal mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. „Komm… ich bin mit den Berichten fertig, aber unterzeichnet müssen sie von dir werden. Außerdem denke ich, dass wir vielleicht mal ein wenig raus gehen sollten… wird dir gut tun, hier raus zu kommen und mal nicht an die Arbeit zu denken. Also… was sagst du?“ Der Jüngere versuchte sich an einem vorsichtigen Lächeln und er konnte spüren, wie sein Partner die Hand auf seine Schulter legte, sie kurz drückte. „Lass uns gehen, hm? Ich kenne da eine Stelle… da werden wir ungestört sein.“ Seufzend strich Erwin sich eine Strähne aus dem Gesicht, dann nickte er leicht. „Ja… in Ordnung, lass uns gehen.“ Stumm folgte er dem Anderen zuerst in sein Zimmer, wo sie die Unterlagen abholten, dann brachten sie diese gemeinsam in die Poststelle und machten sich schließlich auf den Weg nach draußen. Das Wetter hatte sich, im Gegensatz zum Morgen, deutlich gebessert und die Sonne schien warm auf sie herab, während sie gemeinsam über den beinahe leeren Platz liefen. Die Rekruten hatten den Tag frei, vielleicht waren sie ihm deshalb auf die Nerven gefallen, diejenigen, welche mit ihm auf Mission gewesen waren, würden sicherlich noch immer ausruhen und alle Anderen befanden sich auf den Trainingsplätzen, wie es sich gehörte. So waren es wirklich nur ein paar der jungen Erwachsenen und einige wenige der Älteren ihrer Einheit, welche ihnen über den Weg liefen. „Geht es dir besser?“ Sie hatten lange Zeit geschwiegen, während sie sich immer weiter vom Hauptgebäude entfernten und schließlich in einer abgelegenen Ecke, nahe der Mauer ankamen. Levi winkte ihn noch ein Stück weiter hinter die Ställe und lächelte leicht, als Erwin die angespannte Haltung fallen ließ. „Hm…“, war allerdings dennoch vorerst die einzige Antwort, welche er auf seine Frage erhielt. „Wenn… es dir schlecht geht, Erwin, dann solltest du vielleicht wirklich… naja, du könntest mir ein paar deiner Aufgaben übergeben. Nicht viel. Nur ein bisschen… du schläfst nicht gut. Und ich wundere mich auch gar nicht, immerhin habe ich dir wohl ziemliche Sorge bereitet. Trotzdem… solange ich sowieso nicht auf Mission gehen kann, kann ich doch wenigstens deinen Bürokram übernehmen.“ Gemeinsam zogen sie eine kleine Bank aus dem Schatten der Ställe und stellten diese direkt an die Mauer in die wärmende Sonne, ehe sie sich darauf sinken ließen. „…du solltest die Zeit nutzen, um wieder vollkommen gesund zu werden, Levi… was bringt es, wenn du meine Aufgaben übernimmst, deshalb aber nur wieder in Stress gerätst?“ „Und was bringt es mir, wenn ich wieder gesund bin und du dafür ans Bett gefesselt bist?“ „…du hast mir heute einiges an Arbeit abgenommen, Levi. Reicht das nicht erstmal? Ich… konnte mich heute ausruhen.“ „Und das hast du bitter nötig. Ich darf dich dran erinnern, wie lange du geschlafen hast.“ „…dennoch. Es ist meine Aufgabe und ich muss sie vernünftig erledigen. Ich kann sie nicht ständig an Andere abschieben. Mein Posten bringt diese Dinge mit sich.“ „Und alle Anderen haben jemanden an ihrer Seite, der sie unterstützt.“ Kurz musste der deutlich Kleinere grinsen, zog ein Bein hoch und umschloss es mit den Armen, dann blickte er über das kleine Rasenstück, bis sein Blick von der Wand des Stalls aufgehalten wurde. „Es würde mich ein bisschen ablenken, wenn ich dir zur Hand gehen kann… und du hättest… ein bisschen mehr Zeit für mich?“, schlug er schließlich vor, als der Blonde noch immer keine Anstalten machte, ihm endlich zuzustimmen. Dabei wusste er genau, dass er die Hilfe gut gebrauchen konnte… doch seine Schwäche zugeben? Vor Anderen, wo er sie sich noch nicht einmal sich selbst einzugestehen vermochte? Nein, sicher nicht. „Ich werde das schon schaffen, Levi. Ich mache meinen Job nicht erst seit gestern.“ „…du unterschätzt die Lage. Lass dir verdammt nochmal helfen!“, zischte er leise, lehnte sich dann aber langsam zurück und versuchte, die Sonne zu genießen, die auf sie herab strahlte. Häufig würden sie diese sicherlich nicht mehr zu Gesicht bekommen, es ging immerhin langsam auf den Winter zu. Wieder war es still zwischen ihnen und die Ruhe breitete sich aus, bis der Ältere spürte, wie ihn auch noch etwas ganz anderes in den Griff zu bekommen schien. Die Müdigkeit kroch hartnäckig auf ihn zu, umfing ihn in warmer Schwärze und langsam dämmerte er weg, der Kopf des Mannes fiel auf die Schulter seines Partners, ehe dieser ein wenig zur Seite rutschte und ihn somit auf seinen Schoß zog. In tiefem Schlaf gefangen, spürte Erwin lediglich, wie seine Position bequemer wurde, dann waren dort Finger, die langsam durch sein Haar strichen und sich in ihnen verfingen, immer wieder ihre Spuren über seinen Kopf zogen und ihn noch tiefer absinken ließen. „Mmh… Levi…“ Er seufzte leise und schon nach kurzer Zeit driftete er in dunkle Träume. Verwirrende Schatten verfolgten ihn, hielten ihn in ihren Klauen und verdüsterten seine Gedanken, schienen sich in seinen Gehirnwindungen festzusetzen und sich von dort nicht mehr wegbewegen zu wollen. Ein leises Grollen entfloh seiner Kehle, seine Hand krallte sich fest in das Holz der Bank und er drückte den Kopf den kraulenden Fingern entgegen, versuchte auf diesem Weg, unbewusst die Träume zu vertreiben. Doch die Spannung baute sich abermals in ihm auf, zwang ihn dazu, sich zu verkrampfen und ihn immer tiefer in die tiefschwarze Dunkelheit sinken zu lassen. Er grollte tief, gab kurz darauf ein ersticktes Geräusch von sich, das beinahe einem Schluchzen glich, dann ruckte er mit einem Mal hoch und aus der Bewegung heraus konnte er sich nicht auf der schmalen Bank halten, sondern rutschte zu Boden, kam mit einem dumpfen Geräusch auf, blieb entsetzt ein paar Sekunden wie erstarrt liegen. Er spürte abermals, wie Levi sich ihm näherte, rappelte sich langsam auf und fuhr sich über das Gesicht, der Schreck war ihm deutlich anzusehen. „…Erwin…“ Die leise, vorsichtige Stimme seines Partners ließ ihn ein wenig zu sich kommen, wieder einmal starrte er ihn einfach nur an, dann schüttelte er beinahe verzweifelt den Kopf und presste sich dem Jüngeren entgegen. Der Blonde konnte einfach nicht verstehen, was mit ihm los war… das war nun schon der dritte Traum dieser Art und einer schien ihn mehr mitzunehmen als der Andere. „…Schon in Ordnung… mach dir keine Sorgen.“ Diesmal bemerkte er selbst sehr schnell, wie lächerlich seine Worte waren, auch ohne dass er in das zweifelnde Gesicht des Jüngeren blicken musste, welcher ihm scheinbar am liebsten eine Standpauke gehalten hätte. Doch er hielt sich eisern zurück, während Erwin sich schweratmend aufrichtete und nun, wo er eh schon am Boden saß, gleich dort sitzen blieb. „Natürlich mache ich mir keine Sorgen, Erwin. Immerhin bist du mir vollkommen Gleichgültig. Weshalb sollte ich über jemanden nachdenken, der mir nichts bedeutet?“ Levis Stimme troff vor Sarkasmus, so sehr, dass der Blonde irritiert den Kopf hob und mit gerunzelter Stirn den Jüngeren anblickte. „Aber es ist wirklich alles in Ordnung. Du brauchst darüber nicht nachzudenken. Es geht mir gut… das… sind nur Alpträume.“, versuchte er abermals, den Jüngeren zu beruhigen, doch es klappte ganz und gar nicht so, wie er es sich erwünscht hätte. Levi sah ihn mit wütendem Blick an, schüttelte dann den Kopf und schnaubte leise. „Nur Alpträume, ja? Mich wundert, dass du bisher nie welche hattest und jetzt, ganz plötzlich, gleich drei kurz hinter einander? Und dann erzählst du mir, dass alles in Ordnung ist und ich mich nicht zu sorgen brauche? Das kannst du jemandem erzählen, dem du vollkommen gleichgültig bist, aber nicht mir! Wenn es dir schlecht geht, dann belastet das nicht nur dich, dann belastet es UNS. Und was uns belastet, kann nicht gut sein, es wird uns auch zerstören, wenn wir es nicht in den Griff bekommen. Sollte dir das egal sein, wäre es nett, wenn du es mir vorher sagst, damit ich mich rechtzeitig von dir lösen kann. Ich werde nicht zusehen und mich mit einem `nichts´ abspeisen lassen, wenn es dir ganz offensichtlich nicht gut geht und ich die Möglichkeit habe, wenigstens zuzuhören und dir auch auf anderem Weg ein wenig der Arbeit abzunehmen!“ Erwin biss sich auf die Zunge, als er diese Worte hörte, senkte leicht den Blick und atmete tief durch. Das war… alles verdammt schwierig. Er wollte Levi damit nicht belasten, wollte auf der anderen Seite allerdings auch nicht, dass die ganze Sache zwischen ihnen nur aufgrund seiner Dummheit zu Schaden kam. Also atmete er tief und beherrscht durch, um sich zu sammeln, ehe er nickte. „Also gut. Ich… ich habe halt keine guten Träume. Aber ich glaube nicht, dass das etwas ist, um das wir uns Gedanken machen müssen. Hör mal, es gibt doch genügend Andere hier, denen es ebenso geht und die mit viel mehr Problemen zu kämpfen haben, als ich es muss, richtig? Ich denke, die Träume werden sich bald schon von selbst erledigt haben, gib mir nur ein oder zwei Tage, damit ich realisieren kann, dass es dir gut geht. Ich bin sicher, dann werden auch die Träume nachlassen. Ich denke, das liegt nur daran, dass… naja, dass ich mir Sorgen um dich gemacht habe, während ich draußen war, in Ordnung? Aber diese Sorgen brauche ich mir jetzt nun wirklich nicht mehr zu machen, ich sehe ja, dass du wieder gesund bist und ich werde auch die nächsten Wochen hier bleiben um zu sehen, wie es dir immer besser geht. Dann wird sich das alles automatisch legen. In unserer Position sind schlechte Träume nichts, was nicht ab und an auftaucht, aber auch nichts, was nicht schnell wieder verschwindet, hörst du? Du brauchst dich nicht zu sorgen, schon in ein paar Tagen ist doch alles wieder vergessen.“ Sanft lächelte Erwin den Jüngeren an und legte die Hand an seine Wange, um sanft darüber zu streichen. „Komm, es ist wirklich in Ordnung.“ Levi verzog sichtlich genervt das Gesicht und schüttelte den Kopf, ehe er vorerst geschlagen nickte. „Ich gebe dir zwei Tage, um das wieder hinzubekommen. Wenn du dann noch immer schlecht träumst, redest du mit mir. Sonst… werde ich Konsequenzen ziehen müssen. Verstehst du, was ich dir damit sagen will, Erwin?“ Der Ältere nickte, er hatte ja doch keine Wahl. Levi würde nicht locker lassen, bis er es ihm versprach und es war nun wirklich nicht schlimm, wenn er scheinbar nachgab. In zwei Tagen hätte Levi es doch sicherlich sowieso vergessen und selbst wenn nicht, gab es dann sicher wichtigeres. Schließlich erhoben sie sich wieder und setzten sich ordentlich zurück auf die Bank, wobei Erwin den Jüngeren eng an sich zog, um das Kinn auf seiner Schulter ablegen zu können. „Ich will dich damit nicht belasten, weißt du… ich bin sicher, ich bekomme das allein in den Griff… ich werde dir schon sagen, wenn ich nicht damit zurecht komme.Versuch einfach, mir solange zu vertrauen, ja?“ Er konnte sehen, dass Levi aufgab… und dass er trotzdem nicht aufhören würde, ihm besorgte Blicke zuzuwerfen. So war der Jüngere eben… nach außen tat er so, als könne ihn nichts aus der Bahn werfen. Doch eigentlich war er für seinen Posten viel zu mitfühlend. Kapitel 4: ----------- Leute, es wird böse. Wirklich böse. Wer weiter liest tut es auf eigene Gefahr. Ich hab euch gewarnt! Das Rating ist nicht umsonst so hoch! Vielen Dank an die Kommentatoren und für die Favos! :) Widmung wie immer, liebe Grüße, Sora ______________________________________________________________________ „Levi, warte kurz!“ Er beschleunigte seine Schritte, bis er zu dem jüngeren Corporal aufgeschlossen hatte und nun bequem neben ihm herlaufen konnte. „Die letzten Unterlagen, die du mir gebracht hast, müssen wir gemeinsam noch einmal durchgehen, da bestehen einige Unstimmigkeiten, die ich gern mit dir klären möchte.“ Er wusste, Levi machte keine Fehler, also musste das Problem irgendwo anders liegen… und diese Fehlerquelle mussten sie ausfindig machen und eliminieren. Fehlerhafte Protokolle könnten ihnen zum Verhängnis werden, wenn ihnen jemand etwas anhängen wollte… und er kannte mindestens zwei Leute, die ihre Einheit lieber gestern als heute schließen und sie beide vernichten wollten. Sie durften ihnen keine Beweise für eine nicht vorhandene Unzulänglichkeit liefern, denn die daraus resultierenden Anschuldigungen würden sie viel Kraft und Zeit kosten, beides hatten sie nicht in dem Umfang, den sie brauchen würden, um das ohne Auswirkungen zu überstehen. „Unstimmigkeiten? Was genau meinst du?“ Die Verwirrung in den Augen des Jüngeren war deutlich, doch Erwin ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Natürlich wusste er nicht, wovon er sprach, sonst hätte er die Fehler ausgemerzt, bevor die Unterlagen zu ihm gelangten. „Im Vergleich sind mir Dinge aufgefallen, die nicht möglich sein können… also wäre es gut, wenn du gleich in mein Büro kommen könntest.“ „Ja… sicher. Ich muss nur schnell noch selbst etwas nachkontrollieren, dann komme ich zu dir.“ Das Gesicht seines Partners war gewohnt gleichgültig, als er kurz den Kopf neigte und dann schnellen Schrittes davoneilte. Einen Moment blickte Erwin ihm noch hinterher, dann machte er sich selbst auf den Weg zurück in sein Büro, in welchem noch viel Arbeit auf ihn wartete. Gerade saß er wieder an seinem Schreibtisch und beugte sich über seine Unterlagen, als es an seine Tür polterte. Er hob den Blick, runzelte verwirrt die Stirn und beobachtete, wie die Tür abermals unter dem lauten Pochen zu vibrieren schien. „Ja, bitte?“ Er legte das Papier aus seiner Hand zurück in die Mappe und schloss diese, verschloss seinen Stift und legte diesen darauf, als würde er die Unterlagen damit noch weiter schützen wollen, während die Tür aufgestoßen wurde und mehrere Männer vor ihm standen. Sie betraten sein Büro, welches ihm mit einem Mal viel zu klein vorkam und wichen schließlich zu beiden Seiten zurück, sodass sich zwischen ihnen ein kleiner Weg bildete, durch welchen sich eine ihm nur allzu bekannte Person in seine Richtung bewegte, den Blick fest auf ihn gerichtet, mit einem kühlen Ausdruck im Gesicht, welcher ihn beinahe zum Erschaudern brachte. Nur die Tatsache, dass er bisher noch immer am weitesten mit seiner Kontrolle gekommen war, ließ ihn ruhig bleiben. Statt sich aufzuregen erhob er sich langsam, um nicht weiterhin den Anschein der Unterwürfigkeit zu erwecken, musterte jeden einzelnen der anwesenden Männer ruhig, ehe sein Blick auf den fiel, welcher das alles hier scheinbar zu verantworten hatte. „Du?“ Er musterte den andern Mann und schüttelte den Kopf. „Was solltest du hier wollen?“ Der andere Mann sah ihn an, dann legte sich ein Grinsen auf seine Lippen. „Was ich hier will? Dich. Gegen dich liegt ein Haftbefehl vor, Smith. Ich habe ihn gleich hier, falls du mir nicht glaubst. Du wirst unverzüglich unter Arrest gestellt und mich in die Zellen begleiten. Ich bin befugt, dich bei Missachtung des Befehls mit den notwendigen Mitteln dazu zu bringen, also solltest du lieber gleich mitkommen.“ „…ein Haftbefehl? Und was sind die Anschuldigungen?“ „Einiges. Missbrauch deiner Position, Verschwendung von Geldern und Ressourcen, Fälschung von Berichten und Irreführung der Justiz. Darüber hinaus noch einiges mehr, allerdings ginge es wohl jetzt zu weit, all deine Verfehlungen aufzuführen und noch mehr Zeit zu verschwenden. Dank dir befinden wir uns in einer wirklich angespannten Situation und ich bin nicht gewillt, dich länger als nötig auf freiem Fuß zu behalten. Du bist von nun an unter Arrest gestellt und wie ich schon einmal sagte: Solltest du dich weigern uns zu begleiten und deine vorläufige Inhaftierung behindern, werden wir zu den entsprechend notwendigen Maßnahmen greifen. Verstehen wir uns?“ Noch immer war der Blick des Commanders gelassen, auch wenn er innerlich hart schluckte. Er wusste nicht, wovon sie da sprachen oder was ihr Beweis sein sollte, aber wenn er sich jetzt widersetzte, würden sie ihn nicht nur dafür bestrafen, dies würde auch seine Chance auf Aufklärung stark beeinträchtigen. Was auf ihn zukommen würde, konnte er jetzt natürlich ebenfalls noch nicht vorhersehen, doch er hoffte einfach, dass sich dieser riesengroße Irrtum aufklären würde, noch bevor schlimmeres geschah. „Das wird nicht nötig sein. Natürlich werde ich die Anschuldigungen respektieren und mich entsprechend benehmen, auch wenn ich versichern kann, dass nichts an den Vorwürfen dran ist. Ich habe mich nicht falsch verhalten und all meine Aktionen sind abgesegnet, sodass ich mir auch selbst nichts vorzuwerfen habe. Doch bis dieser Irrtum aufgeklärt ist, werde ich mich natürlich nicht einer Verhaftung entgegen setzen.“ Er durfte ihnen nicht zeigen, dass er sich den Befehlen widersetzen und damit tatsächlich das tun würde, was sie ihm vorwarfen. „Sehr schön, mit nichts Anderem habe ich gerechnet.“ Mit ruhiger Stimme rief sein Gegenüber einen seiner Männer zu sich, ehe er sich erneut an ihn wandte und ihn nun mit einem fiesen Grinsen auf den Lippen musterte. „Dann bitte ich dich, jetzt zu mir nach vorn zu kommen, damit wir dir die Fesseln anlegen können. Natürlich können wir nicht riskieren, dass du trotz deines Wortes versuchen solltest, die Flucht anzutreten. Stell dich bitte hier her und verschränke die Arme auf dem Rücken.“ Wieder tat Erwin, wie ihm geheißen, langsam trat er um den Tisch herum und drehte dem Mann den Rücken zu, verschränkte die Hände hinterm Rücken und konnte kurz darauf das raue Seil spüren, welches sich eng um seine Handgelenke schloss. „Bequem? Gut, dann können wir ja gehen!“ Scheinbar sah der Andere es gar nicht ein, sich diesen Triumph entgehen zu lassen… der Tag, an dem er ihn festgenommen hatte, schien ihm viel zu bedeuten, wie Erwin mit nur einem Blick in das spöttisch verzogene Gesicht erkennen konnte, nachdem man ihn herum gezerrt hatte. „Und nun, führt ihn in die Kerker!“ Die Männer salutierten, während Er erneut durch das Spalier schritt und die Hände hinter seinem Rücken verschränkte. „Folgt mir. Ihr Idioten wisst sicher nicht einmal, wohin ihr gehen müsst.“, erklang nach kurzem Zögern abermals die Stimme ihres Anführers, woraufhin zwei der Männer sich ihm direkt anschlossen. Dann folgten die Beiden, welche den Gefangenen vor sich her führten, beide mit je einer Hand auf der Schulter des Kommandanten, wobei ihr eiserner Griff bewies, dass sie nicht einen Moment zögern würden, ihn für einen Fluchtversuch zu bestrafen. Sobald sie den Kerker erreicht hatten, wurde Erwin in eine der dunklen, feuchten und recht kühlen Zellen geschmissen. Kitts Vermans Blick richtete sich auf den Gefesselten, während er einen seiner Männer zu sich heran winkte. „Ich will, dass ich der Einzige bin, der zu ihm gelassen wird. Bis ich wieder komme, bleibt immer wenigstens einer von euch hier stehen und bewacht ihn. Niemand wird zu ihm durch gelassen und erst recht spricht niemand mit ihm, klar soweit?“ Ein eindeutiger Salut war seine Antwort. Schließlich nickte er und wandte sich ab. „Ach… bevor ich es vergesse, Erwin. Du kannst deinem hübschen Bettwärmer danken. Es war Levi, der uns die entscheidenden Dokumente zugespielt hat.“ Das erste Mal, seitdem sie in sein Büro getreten waren, konnte er Unglaube und Verwirrung im Gesicht des Blonden erkennen. „Du glaubst mir nicht, hm? Soll ich ihn her schicken? Willst du dich selbst davon überzeugen? Er ist dir schon längst nicht mehr treu… wie auch. Jemand wie du… Nun, ich brauch das wohl nicht auszuführen, richtig? Nun… ihr könnt ihm die Fesseln nehmen.“ In aller Ruhe wandte er sich nun endgültig ab und verschwand aus dem Kerker. Erwin sah zu, wie die Männer, welche ihn hier hinab begleitet hatten, so etwas wie einen Plan aufzustellen, wer ihn wann bewachen würde. Schließlich schienen sie zu einer Einigung gekommen zu sein, woraufhin sich die Gruppe auflöste und lediglich zwei von ihnen zurück blieben. Sie zogen einen Tisch und zwei Stühle heran, welche ein wenig weiter hinten in einer Ecke gestanden hatten und setzten sich gemütlich darauf, nachdem sie ihm tatsächlich die Fesseln gelöst hatten. Scheinbar glaubten sie nicht, dass er hier drinnen etwas anstellen konnte und die Wahrscheinlichkeit, dass er floh, war sowieso sehr gering. Davon abgesehen, dass er bei der Bewachung sicherlich auch nicht die Möglichkeit bekommen würde. Die Männer begannen, sich über ihre Familien zu unterhalten, während sie ab und an einen Blick zu ihrem Gefangenen warfen. Erwin allerdings wusste nicht, was er von der ganzen Sache halten sollte. Levi sollte ihn verraten haben? Das konnte er sich nicht vorstellen, gerade, weil er wusste, dass der Jüngere ihn liebte. Richtig? Weshalb auch nicht? Stumm schüttelte er den Kopf, erhob sich und setzte sich dann auf die schmale Pritsche, welche ihm als einzige Sitzfläche neben dem Boden blieb. Und nun? Jetzt war er erst einmal hier gefangen und musste sehen, dass er hier schon bald wieder heraus kam. Doch wem konnte er trauen und wer würde ihm helfen? Dass Verman einer der Ersten sein würde, die ihn hinter Gittern sehen wollten, das war ihm schon immer klar gewesen, aber dass er Levi da mit hinein zog, das gefiel ihm gar nicht. Er hoffte nur, dass sich das alles als der Unsinn herausstellen würde, der es immerhin auch war. Er lehnte den Kopf nach hinten gegen die kalte Wand, schloss die Augen und versuchte, den seltsamen Geruch auszublenden, doch es war einfacher gesagt als getan. Je mehr er sich darauf konzentrierte, die Umgebung vergessen zu wollen, desto näher schienen die Wände zu kommen, es wurde immer kälter und der Geruch setzte sich schon innerhalb weniger Sekunden so tief in seinen Poren und in seiner Nase fest, dass er daran zu ersticken glaubte. Seine Finger zitterten und seine Beine zuckten unruhig, er zog sie an den Körper und legte die Arme darum, machte sich klein und versuchte, seine Ruhe zurück zu erlangen. Gar nicht so leicht, denn nun schienen auch die Gespräche außerhalb der Zelle lauter zu werden und das Gelächter der beiden Wachen drohte, ihm die Ohren zu sprengen. Erwin atmete tief durch, die Erinnerungen an die letzten Jahre kamen in ihm hoch und er versuchte, damit die Trostlosigkeit seiner Situation ein wenig zu überspielen. Seufzend zog er die Decke von der viel zu schmalen Pritsche hoch, um sie sich über die Schultern zu ziehen, hoffte, so wenigstens ein bisschen Wärme zurück zu erlangen, auch wenn es im ersten Moment nicht zu funktionieren schien. „Verflucht…“ „Hast du was gesagt, Gefangener?“ Einer seiner Bewacher hob den Kopf, während der Andere eine Hand vor den Mund schlug und sich eindeutig ein Prusten verbieten musste. „…nein, natürlich nicht.“, gab der Blonde zurück und fixierte seine Wachen, schüttelte den Kopf leicht, während er die Hände bewegte, damit sie wieder wärmer wurden. „Mit wem sollte ich auch sprechen.“, fügte er dann leise an, lehnte den Kopf wieder in den Nacken und gegen die kalte, feuchte Wand. Der Kerker war ungemütlich und irgendwie ekelig… hah, wäre Levi hier unten, wahrscheinlich hätte er um einen Eimer mit Wasser und einen Lappen gebeten, um wenigstens den Anschein zu wahren, dass es hier doch sauber sein könnte. Leider würde der Kleinere damit nichts erreichen… nicht hier, wo alles vermodert und verrottet war und stank, als würden sie die Leichen gar nicht erst wegbringen… ob sie in Scheibchen in das Essen der Gefangenen gesteckt wurden? Ein unwohles Gefühl stieg in ihm auf, sein Magen verkrampfte sich bei dem Gedanken und er würgte trocken, vergrub das Gesicht in den Händen, während er die Ellenbogen fest gegen die Beine presste. Verflucht, er drehte ja jetzt schon durch, dabei befand er sich gerade einmal ein paar Minuten, höchstens eine Stunde hier… wie sollte er es aushalten, bis er hier wieder heraus kommen würde? Mit geschlossenen Augen konzentrierte er sich auf seinen Atem, doch das mit dem Beruhigen funktionierte nicht so, wie es eigentlich sollte. Was genau warf man ihm eigentlich vor? Und was sollte das alles überhaupt? Als würde er davonrennen, nur weil man ihm sagte, dass angeblich gewisse Verdachtsmomente gegen ihn vorlagen? „Levi… bitte klär das. Sonst komme ich hier nie wieder raus.“ Aus dem Gefängnis heraus war es bekanntlich schwer, sich irgendwie zu verteidigen oder Beweise zu finden, dass er nichts getan haben konnte… im Gegensatz dazu würden sie dort draußen ohne Probleme auch Nachweise fälschen und ihn immer tiefer in den Dreck ziehen können. „Halt die Klappe, Großmaul, ich will nichts von dir hören!“ Und Erwin schwieg. Die nächsten drei Tage schienen in Zeitraffer vorbei zu gehen. Immer wieder wachte er auf, wurde von Alpträumen geschüttelt oder spürte den kalten Schweiß auf seiner erhitzten Haut. Hätte er es nicht besser gewusst, er hätte vermutet, dass der Schimmel an den Wänden ihn langsam zermürbte… doch es machte keinen Sinn, paranoid zu werden, denn er wusste doch genau, dass der grün-gräuliche Belag alles konnte… aber er war nicht dazu in der Lage, sein Bewusstsein oder seine Wahrnehmung zu verändern. Schritte näherten sich, klappernd wurden die Tabletts vor die Gittertüren gestellt und die Männer entfernten sich wieder- Zeit für ihr Mittagessen- seit zwei Tagen war die Zelle direkt neben ihm ebenfalls bewohnt. Der Commander erhob sich langsam, streckte die müden Muskeln und begab sich dann langsam zur Tür, um sein Tablett zu sich heranziehen zu können. Während er danach angelte- es war eine Farce, denn nie stellten sie es nah genug, als dass man tatsächlich ohne Probleme herankommen könnte- lauschte er den Worten der Wachen, die sich mittlerweile ein wenig weiter entfernt postiert hatten… sie hassten es, wenn einer von ihnen ihre Gespräche mit sinnlosen Satzfetzen oder Schreien unterbrach… dabei konnte man doch nicht anders, als in diesen kalten, unheimlichen Gemäuern schlecht zu träumen. „Ich hab gehört, sie werden heiraten.“ „Tatsächlich? Ich dachte immer, er wäre viel zu kalt… das passt überhaupt nicht zu ihm!“ „Aber sie scheinen sich wirklich… zu mögen. Zu lieben… was weiß ich. Bah, allein der Gedanke ist schon irgendwie…“ Erwin konnte die Männer nicht sehen, aber allein der Tonfall des Soldaten ließ ihn glauben, dass er sich sicherlich vor Ekel geschüttelt hatte. „Naja… ist es nicht egal? Vielleicht ist er dann ausgelasteter… in letzter Zeit war er wirklich unausstehlich.“ „…ich hab gehört, das liegt daran, weil er ihm die ganze Zeit vorspielen musste, er würde ihn lieben. Und jetzt muss er es nicht mehr… vielleicht geht es ihm deshalb wirklich bald besser. Ich meine, ich kanns schon verstehen… allein der Gedanke mit diesem Kerl…“ Etwas in ihm zog sich zusammen. War das…? Nein, das konnte nicht sein. Sie sprachen nicht über Levi. Immerhin liebte dieser ihn wirklich, man sah es in jeder seiner Bewegungen, er spürte es in jedem Wort, in jedem Blick… aber die Zweifel waren gesät. „Und wann findet die Hochzeit statt?“ „In fünf Tagen… gleich nach der Hinrichtung, damit er das Fest nicht ruinieren kann. Sie haben schon alles gegen ihn gesammelt… eigentlich ist die gesamte Verhandlung eine Farce. Glaub mir, das geht jetzt alles ganz schnell und dann können wir wieder hier weg. Wer will schon in so einem muffigen Loch verrotten?“ Sein Magen schlug Kapriolen, er spürte, wie ihm übel wurde. Es konnte nur er gemeint sein. Nur wegen ihm waren sie hier… normalerweise befanden sich keine Wachen hier unten, vor allen Dingen nicht so viele und nicht in solch einem kurzen Wechsel, dass auch keiner von ihnen Müde werden und einschlafen konnte, bevor die Ablösung kam. Aber das war nicht möglich… immerhin war Levi ihm vollkommen treu… loyal… aber… weshalb… er war mit Verman gemeinsam aufgetaucht… hatte gegrinst, als sie ihn hier herab gebracht hatten… und er war bisher nicht einmal hier aufgetaucht… Erwin schluckte, zog leise die Hand vom Tablett zurück und wich bis an die Wand, ließ sich in der dunkelsten Ecke daran hinab rutschen und ihm war egal, wie kalt es war, wie feucht und schmierig sich die Wand hinter ihm anfühlte… denn sein Innerstes war so kalt, dass er befürchtete, einfach erfrieren zu müssen. Levi… „Aufstehen! Du wirst vor Gericht erwartet!“ Erwin schreckte aus seinem Dämmerschlaf. Verwirrt und mit trockenem Hals blickte er sich um, räusperte sich und versuchte sich zu erheben, doch das war schwieriger, als er es zu Beginn erwartet hätte. Nicht ein Wort kam über seine spröden Lippen, als er versuchte nach dem Sinn zu fragen. Sie hatten ihn doch längst verurteilt… aus welchem Grund sollte er sich vor Gericht auch noch verantworten müssen? „Hoch mit dir! Sonst müssen wir dich zerren, aber vorher wirst du mit einem Schlauch abgespritzt, sowas wie dich fass ich nicht freiwillig an!“ Der Soldat stemmte die Hände in die Hüften und wartete genervt, die beiden Männer die ihn flankierten richteten ihre Hellebarden auf ihn und machten damit leicht ruckartige Bewegungen nach oben. Er wusste, dass sie nachdrücklich sein würden, sollte er es nicht schaffen, sich wirklich aufzurichten. Vorsichtig hob er eine Hand und hielt sie ihnen mit der Handfläche voraus hin, wollte ihnen so bedeuten, ihm einen Moment zu geben, während er sich an der Wand entlang tastete, nach dem kleinen, in das Mauerwerk eingelassenen Ring griff. Schließlich konnte er die klammen, zitternden Finger hinein haken und zog sich langsam daran hoch. Seine Muskeln protestierten, seine Beine wollten ihn zuerst nicht tragen, denn er hatte sich die letzten Tage nicht bewegt, weder gegessen noch annähernd ausreichend getrunken… hatte nur zur Tür gestarrt und gehofft, dass sein Levi doch noch auftauchen würde, dass das alles nur ein schrecklicher Scherz war, dass sie es alle nicht so gemeint hatten… dass man ihm einen Streich hatte spielen wollen. Doch den hätte man sicher längst aufgelöst, denn Erwin war vollkommen am Ende und jeder der ihn sah konnte genau erkennen, dass er wirklich nicht mehr länger in der Lage war, so weiter zu machen. „Schaut ihn euch nur an… vielleicht tut er uns den Gefallen und stirbt, noch bevor wir den Henker kommen lassen müssen? Ich frag mich schon die ganze Zeit, wie sies machen wollen. Hängen? Erschießen? Ihn von den Mauern den Titanen zum Fraß vorwerfen? Köpfen? Oder doch vergiften?“ „Jetzt sei doch leise, du verdirbst uns noch den gesamten Spaß, wenn er es erfährt!“ „Pfft… schaut ihn euch doch an, als würde er es überhaupt noch bis zur Verkündung machen! Der krepiert uns doch hier schon fast!“ „Na, is doch egal. Wir haben nur den Auftrag, ihn hoch ins Gerichtsgebäude zu bringen. Was da mit ihm passiert interessiert mich nicht. Und wenn er da krepiert dann spart sich die Einheit wenigstens das Geld für den Exekutor. Das wär doch auch was… der Typ ist echt nicht billig.“ „Stimmt schon… na los, lasst ihn uns raus holen.“ Eine der Hellebarden wurde gegen die Eisengitter gelehnt, dann kam ein Schlüssel zum Vorschein und der Soldat öffnete die Tür, ehe sie zu Zweit herein traten und seine Hände grob hinter seinen Rücken zwangen. „Beweg dich, alter Mann. Zum Krepieren hast du gleich genug Zeit. Ich geb dir da auch gern Nachhilfe, aber ich hab keine Lust, denen zu erklären, weshalb du schon jetzt abgekratzt bist! Hoch mit dir!“ Die Griffe unter seine Arme waren unnachgiebig und zwangen ihn auf die Beine. Auch, wenn sie unter ihm nachgaben, wurde er einfach weiter geschleift und man nahm keine Rücksicht darauf, dass sie zwei Mal gegen die Treppenstufen schlugen. Erwin selbst nahm den Schmerz kaum noch wahr. Der Schmerz in seinem Inneren war schlimmer und er war wirklich dankbar für die willkommene Ablenkung. „So.“ Er wurde zu Boden geschmissen, landete dort, wo Eren und viele Andere vor ihm gekniet hatten. Eine Eisenstange würde sein Davonkommen verhindern, doch auch so hätte er es nicht aus eigener Kraft auf alle Viere, geschweige denn ganz auf seine Füße geschafft. Er konnte nur dort liegen, zusammengerollt, da selbst das Anheben des Kopfes schon ein beinahe unmögliches Unterfangen für ihn war. Stille erfüllte den Raum. Dann betrat der oberste Richter erneut sein Podest, stellte sich vor seinen thronartigen Stuhl und sortierte die Unterlagen auf seinem Tisch. Es war nicht notwendig, was er brauchte, lag klar leserlich vor ihm, trotzdem erhöhte es die Spannung und der Effekt war unweigerlich gut. Ein paar Minuten zögerte er so den Abschluss der Verhandlung und den Urteilsspruch heraus, bis er sich schließlich räusperte. „Die Beweise gegen Erwin Smith sind erdrückend. Neben der Anklage des Hochverrats und der Hinterziehung von Geldern wurden hier auch illegale Geschäfte mit Militäreigentum, Hehlerei, Menschenhandel und ein Pakt mit den Titanen nachgewiesen. Obwohl er seine Schuld nicht eingesteht geht aus den uns vorliegenden Beweisen eindeutig sein Vergehen hervor. Mit der mir vom König übertragenen Befugnis verurteile ich ihn zum Tod durch Hängen von der Mauer. Vielleicht bekommt Hanji auf diese Art einen neuen Titanen für ihre Experimente… das ist uns nützlicher als ihn dafür zu nutzen… Menschen bringen einfach nicht genügend Ergebnisse… wir unterscheiden uns ja doch ein bisschen zu sehr von ihnen.“ Die Schaulustigen klatschten und jubelten. Der ganze Prozess hatte ihnen die Augen geöffnet und gezeigt, was dieser Mann tatsächlich getan hatte… es war seine Schuld, dass die Titanen damals die Dörfer überfallen und die Mauern niedergerissen hatten… und es war seine Schuld, dass so viele Menschen auf den Missionen gestorben waren. Er hatte die Titanen absichtlich mit Nahrung versorgt, denn er wusste durch sein Bündnis mit ihnen genau, wann sie wo auftauchen mussten. All diese Dinge waren aus den gefundenen Protokollen hervorgegangen, sodass kein Zweifel aufkeimte, dass er tatsächlich unschuldig sein könnte. Und wenn selbst seine rechte Hand sich gegen den ehemaligen Commander richtete, musste man doch eindeutig glauben, was einem erzählt wurde, richtig? Erwin spürte, wie ihm die Galle hoch kam und er spuckte auf den spiegelglatten und bisher noch glänzenden Boden aus, kleine Blutschlieren zeigten sich in seinem Erbrochenen, er hatte sich während dieser ganzen Sache nicht nur einmal auf die Lippen oder die Zunge gebissen… außerdem mochte sein Magen den Nahrungsentzug auch nicht wirklich. Man packte ihn erneut unter den Armen, nachdem die Verankerung gelöst worden war, zerrte ihn hoch und er wurde abermals durch die Gänge gezerrt. Von allen Seiten brüllten die Menschen auf ihn ein, bewarfen ihn mit Abfall, spuckten auf ihn und spotteten über den einstmals so stolzen Mann… während Erwin keine andere Wahl hatte, als das alles über sich ergehen zu lassen. Er hatte längst aufgegeben. Im Gerichtssaal hatte er ein letztes Mal versucht zu kämpfen, auch wenn seine Zunge am Gaumen geklebt hatte und jedes Wort ihm Mühe bereitete, doch es hatte nicht geholfen… sie hatten ihn verurteilt und in wenigen Tagen würde er als lebendiges Titanenfutter von der Mauer hängen… man würde ihn Stück für Stück herunter lassen, bis sie einen an der menschlichen Angel hängen hatten… vielleicht noch einen zweiten oder einen dritten. Dann würde man den Titanen mit neu entwickelten Waffen das Bewusstsein- oder wie man es bei ihnen auch nennen wollte rauben und sie für die Experimente der jungen, etwas verrückten Wissenschaftlerin ins Innere der Mauern transportieren. Vielleicht konnte er so einen letzten Dienst an der Menschheit verrichten… Der Blonde betete dafür, dass er es bis dahin schon überstanden hatte… einen, vielleicht zwei weitere Tage ohne Wasser und er konnte es schaffen. Verdursten war sicherlich nicht die erste Wahl für ihn, aber alles war besser, als bei klarem Verstand gefressen zu werden. Man löste die Schläuche der Infusionen und die festen Ketten, die ihn die letzten Tage am Bett fixiert hatten, dann zog man ihn von der Unterlage auf die Beine. Sein Bewusstsein war scharf wie noch nie. Erwin wusste, dass man ihm Drogen gegeben hatte, dass die Flüssigkeit, die man ihm verabreicht hatte um sein Vorhaben zu vereiteln mit irgendetwas versetzt gewesen war, doch er hatte sich nicht wehren können. Der Schlauch in seinem Arm hatte zu hoch gesteckt, als dass er ihn mit den Händen erreichen konnte, zu tief, als dass er mit dem Mund heran gekommen wäre. Er hatte keine Chance gehabt, sich das Leben vorzeitig zu beenden, denn man hatte ihn in weiser Voraussicht so gefesselt, dass er sich kaum bewegen konnte. Deshalb musste man ihn nun auch mehr oder weniger tragen. Denn allein schaffte er es nicht, sich auf den Beinen zu halten. Sie schleppten ihn durch die einst so vertrauten Gänge und er spürte, wie sein Herz wie ein Besessener anfing zu schlagen, wie es immer wieder hart gegen seine Brust pochte. Der Blonde schloss die Augen, ließ sich stützen, tragen, schleifen, die Treppe hinab, hinaus auf den Hof, in welchem die heiße Sonne unbarmherzig auf ihn herab strahlte, vorbei an wütenden Menschenmassen… sicher hatte jeder von ihnen mindestens ein geliebtes Familienmitglied an die Titanen verloren… kein Wunder dass sie ihm ausbuhten, wenn er doch angeblich an alldem Schuld trug. „Seht ihn euch ruhig an!“ „Dieses Dreckschwein!“ „Werft ihn da endlich runter!“ „Soll er sehen, was er uns angetan hat!“ „Soll er verrecken, wie sie verreckt sind! Er hat es verdient!“ Die wütenden Worte wurden schlimmer, je näher sie der Mauer kamen. Wieder trafen ihn Worte und Gegenstände, faules Obst, er spürte, wie es gegen seine Haut klatschte, an ihm herab lief, einen fürchterlichen Gestank verbreitete und Galgenhumor meldete sich in seinem Kopf. /Vielleicht fressen die Titanen dich so nicht… sie sind immerhin auch wählerisch… auf sowas Stinkendes haben sie sicher keine Lust!/ Erwin presste die Lippen zu einem Strich zusammen, spürte, wie man seine Hände erneut fixierte, dann zog man sie über seinen Kopf, bis er mit gestreckten Armen an einem kleinen Kran hing. „Mit dem heutigen Tag wird die Existenz des Verräters endgültig ausgelöscht. Ein letzter Dienst an der Menschheit, über die er so viel Leid gebracht hat, wird ihm noch gewährt, vielleicht reicht es, um seine Sünden zu mildern… aber wollen wir hoffen, dass die Götter erkennen, was er getan hat und ihn dafür bestrafen, dass er auf ewig im Fegefeuer gefangen ist! Ich verkünde hiermit feierlich die Vollstreckung des Urteils über Erwin Smith, ehemaligen Commander und verurteilter Verräter!“ Die jubelnde Menge beobachtete von den eigens errichteten Podesten aus, wie seine Füße den Grund verließen, dann wurde er langsam an der Außenmauer herab gelassen. Es kam ihm vor wie eine Ewigkeit, seine Arme wurden länger, seine Schultern knackten, als die Gelenke aus den Pfannen sprangen, die Handgelenke bluteten schon nach wenigen Metern, weil sie das Gewicht einfach nicht tragen wollten. Er stöhnte auf, presste die Lippen zusammen und schloss die Augen, spürte den Ruck, jedes Mal wenn ein Zahnrad einhakte, damit die Winde nicht zu schnell heruntergelassen wurde. Immerhin sollte er ja etwas davon haben… es war seine Strafe. Er sollte sie genießen können… der Jubel von den Mauern hallte in seinen Ohren selbst dann noch wieder als die Titanen damit begannen, nach seinen Füßen zu greifen, an ihm zu zerren und schließlich in die Höhe zu springen, um einen Bissen von ihm abzubekommen. Der erste Biss schmerzte. Er schrie. Der Zweite ebenfalls. Den dritten spürte er kaum noch. Kapitel 5: ----------- Der junge Mann atmete tief durch, dann schloss er die Tür hinter sich. Sein Gang war sicher und die ausgreifenden Schritte brachten ihn immer näher an sein Ziel heran. Er hatte alles, was er brauchte, damit er helfen konnte, die Beweise waren gesichert und in Zukunft wäre es viel einfacher, gegen solche Dinge vorzugehen. Er wusste, sobald diese Informationen an richtiger Stelle angelangt waren, würden sie auch sicherlich sofort die Erlaubnis, intensiver gegen den Verrat vorzugehen. Ein Lächeln legte sich auf die Lippen des Schwarzhaarigen, ehe er die entsprechenden Formulare weiter reichte und sich wieder zurück zog, um seiner Arbeit nachzugehen. Die weiteren Stunden hatte Levi in seinem Büro verbracht, hatte seine Aufgaben erledigt, die Pläne der vergangenen Missionen durchgesehen und sie unterschrieben, dann hatte er sie zu den Akten gelegt und sich mit den neuen Ideen befasst, die er noch mit seinem Vorgesetzten besprechen und schließlich eventuell auch umsetzen musste. Es war keine Arbeit, die er besonders genoss, aber es war auch nichts, das ihn vollkommen nervte, sodass er sich recht entspannt an seine Aufgaben heranmachen konnte, ohne über ihnen zu verzweifeln. Denn verzweifeln, das tat er Momentan auf jeden Fall mehr als genug. Wenn es um seinen Partner ging hatte er wirklich keine Ahnung, wie er noch mit diesem umgehen, auf ihn zugehen konnte. Seufzend schob er die restlichen Akten zusammen, beschloss, dass es für heute reichen würde und dachte darüber nach, dem Älteren gleich etwas zu Essen mitbringen zu können… sicherlich würde er sich darüber freuen. Die letzten Nächte waren nicht gut gewesen und auch tagsüber hatte er wenig aufmerksam oder konzentriert gewirkt, eher im Gegenteil. Es war ihm vorgekommen, als sei er immer ein wenig distanziert und vor allen Dingen tief in seinen Gedanken gefangen… zu tief, als dass er ihm dort hinaus hatte helfen können. Zu wissen, dass er nichts tun konnte, um seine Situation zu verändern, machte ihn langsam aber sicher unruhig und innerlich eigentlich nur noch fertig. „Wenn du endlich mal einsehen würdest, dass du mir vertrauen kannst, dann würde das alles gar nicht so weit kommen müssen!“, grollte er leise, verschränkte genervt die Arme vor der Brust und starrte einen Moment aus dem Fenster, ehe er dieses schloss und sein Büro schließlich langsam verließ. „Idiot.“ Langsam lief er den Gang hinab in Richtung der Speisesäle, doch bevor er diese betreten oder auch nur in ihre Nähe gelangen konnte, führten seine Füße ihn beinahe wie ferngesteuert in eine andere Richtung. Erst, als er die Stufen zu ihren Quartieren erreichte, kam er wieder aus seinen Gedanken zu sich, runzelte irritiert die Stirn. „Was…?“ Es war ihm bisher nicht ein Mal passiert, dass er den Weg nicht gefunden hatte oder falsch gelaufen war… und jetzt stand er hier, ohne dass er wusste, wie er hier her gelangt war. Stumm zuckte er mit den Schultern. Wenn er sowieso schon einmal hier war, konnte er auch gleich nach Erwin sehen, immerhin hatten sie sich seit zwei Tagen nicht getroffen. Er selbst hatte eine kleine Mission leiten müssen, nichts aufwendiges, aber groß genug, dass er eben zwei Tage unterwegs gewesen war und da er zu spät zurück gekehrt war hatte er sich dazu entschieden, die Nacht in seinem eigenen Zimmer zu verbringen. Als er am Morgen nach Erwin gesehen hatte, befand dieser sich nicht auf seinem Zimmer, doch einer der Rekruten, denen er aufgetragen hatte, Erwin einige Dinge zum Unterschreiben vorbei zu bringen hatte ihm berichtet, dass der Ältere sich zum Schlafen gelegt hatte. Leise klopfte er an, legte die Hand auf die Türklinke und drückte diese herunter- doch die Tür war scheinbar verschlossen. Seufzend wollte er sich wieder abwenden, da hörte er eine leise Stimme. „Levi…“ Kurz darauf ertönte sie erneut. „Nein… nicht…“ Ein ersticktes Würgen war zu hören. „Dreckschwein!“ Die Stimme wurde lauter, außerdem schien sich jemand im Bett herum zu werfen. „Werft ihn da endlich runter!“ Das war Erwin… aber was redete er da? „Nicht… bitte!“ „Soll er verrecken…“ Levi fühlte, wie das Unwohlsein in seinem Inneren siegte. Unsicher, was ihn erwarten würde, angelte er den Schlüssel aus seiner Tasche und steckte ihn in das passende Schloss, dann legte er eine Hand auf die Türklinke und drückte sie vorsichtig runter. Sobald er das Zimmer betreten hatte, fühlte er sich wie in der Hölle gefangen. Irgendwie war es hier zu warm. Die schweren Vorhänge waren vor die Fenster gezogen, das Feuer im Kamin brannte und warf unwirkliche Schatten in den Raum, doch trotz der Flammen war das Zimmer eindeutig zu dunkel. Stumm schloss er die Tür hinter sich, ging auf das Bett zu, riss die Vorhänge auf und öffnete die Fenster. Der Anblick, der ihn erwartete als er sich umdrehte, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. „Erwin!“ Der Blonde lag auf den zerwühlten Laken. Schweiß stand auf seinem Gesicht, er war totenblass und der sonst so starke Körper schien sich unter Krämpfen zu winden. Er rollte sich um sich selbst zusammen, machte sich klein, krallte die Hände in die durchnässten Laken und löste dann doch wieder jede Anspannung, ehe er sich herum warf und sich fest gegen die Matratze presste. Die groben Züge waren zu einer Fratze verzerrt, die Augen zusammen gepresst, der Mund öffnete sich wie bei einem Fisch, der dem Wasser entrissen worden war, ging zu und schnappte wieder auf, als würde er nur so an den rettenden Sauerstoff gelangen. Der breite, nackte Brustkorb seines Kommandanten hob und senkte sich zitternd, die Decke hatte er längst zu Boden getrampelt und das Kissen wurde in der nächsten Drehung in den Armen des Mannes wie ein Stück unnützes Papier zerknüllt. Starke, von der harten Arbeit leicht raue Finger krallten sich in den Stoff, rissen daran, dann löste sich der Griff abermals. Kurz darauf vergrub Erwin sein Gesicht in sein Kissen. Levi wurde aus seinen Beobachtungen gerissen, als ein erstickter Schrei erklang und das Kissen fester gegen Erwins Gesicht gedrückt wurde. Wollte er sich etwa im Schlaf umbringen? Mit zwei Schritten war der Jüngere auf dem Bett, zerrte die verkrampften Hände hinab und riss ihm den Stoff aus den schweißnassen Fingern, dann zwang er den Älteren auf den Rücken und drückte seine Arme auf das Laken. Lange würde er ihn nicht aufhalten können, aber vielleicht schaffte er es, den Anderen zu wecken. „Erwin, mach die Augen auf!“ Wieder kam ein gequälter Schrei aus seiner Kehle, dann schüttelte er sich, krampfte sich wieder zusammen. „Aufhören!“ Der Jüngere fühlte sich seltsam hilflos. „Wach auf! Du träumst!“ Levis Stimme schwankte kurz. „Erwin, bitte! Komm wieder zu dir! Du träumst! Mach die Augen auf!“ Er kniete sich auf die klauenartigen Hände, es war ihm egal, ob er ihm Schmerzen bereitete, alles war ihm egal. Er musste ihn wach bekommen! „Erwin! Verdammt, wach auf!“ Levi stützte seine Hände auf die Schultern des sonst so starken Mannes, rüttelte ihn leicht, doch das hatte nur zur Folge, dass ein weiterer, erstickter Schrei die Kehle des Älteren verließ. Es war zum verrückt werden… weshalb reagierte er nicht? Weshalb wurde er denn einfach nicht wach?! „Komm endlich zu dir! Du verdammter Idiot!“ Es reichte! Er hasste es, wenn er sich hilflos fühlen musste, wenn er einfach nicht wusste, wie er sich helfen sollte! Er war nie hilflos und kannte immer einen Ausweg! „Tu mir das nicht an!“ Der Kampf ging weiter, Erwins Körper bäumte sich, von unsichtbaren Qualen geschüttelt auf, er zog die Füße an und versuchte, sie an seiner Brust in Sicherheit zu bringen, stieß dabei den Jüngeren von sich herunter und drehte sich erneut auf die Seite. Er rollte sich in sich zusammen, machte sich klein, hinterließ mit den Nägeln blutige Striemen auf seinen Schienbeinen, als er diese umfasste und sich hinein krallte. „Verdammt…“ Levis Blick huschte durch den Raum. Selbst der Schmerz schien Erwin nicht wieder zurück ins Hier und jetzt zu befördern und langsam fühlte er, wie die Hilflosigkeit ihn zu überfluten drohte. Sollte er jemanden zur Hilfe holen? Aber was sollten die schon tun können? „Erwin, jetzt komm endlich!“ Verzweifelt packte er seinen Kopf, drehte ihn zu sich und verpasste ihm eine zischende Ohrfeige. Seine Handfläche brannte danach und pochte leicht, knallrot war auch der Abdruck auf Erwins Wange… er konnte sehen, wie die Tränen sich aus den Augenwinkeln des Commanders sammelten und langsam über seine bleiche Haut hinab auf das Kissen tropften. „Erwin… bitte, wach auf!“ Plötzlich riss der Ältere die Augen auf, starrte panisch in das Gesicht seines Partners und wich vor ihm zurück, presste sich gegen das Ende des Bettes, in die Ecke, an der sich zwei Wände trafen, zog die Beine eng an den Körper und fixierte ihn so durchdringend, dass Levi schauderte. „Erwin…?“ Erst war er vollkommen weggetreten und kam nicht aus seinem Traum hoch und dann schien er Angst vor ihm zu haben… da stimmte doch etwas ganz gewaltig nicht! „Du hast geträumt…“ Vorsichtig streckte er eine Hand nach dem Blonden aus, welcher vor seiner Berührung davon zuckte. Verwirrt ließ Levi die Hand sinken. Was…? Erwin war ihm noch nie ausgewichen. Nie. „…du hast nur geträumt. Egal, was du gesehen hast… es war nicht real!“ Die Augen des Jüngeren waren leicht geweitet und er fühlte sich machtlos, als sein Partner trotz seiner Worte nicht auf ihn reagierte, wie er es sonst getan hätte. „Erwin… du machst mir angst.. was hast du gesehen?“ Noch immer kam keine Reaktion von seinem Gefährten, er starrte ihn noch immer ängstlich an, die Tränen liefen abermals von seinen Wangen und fielen nun auf die bloße Brust. „Verflucht, ich habe doch geahnt, dass es dir nicht gut geht! Warum bist du nur immer so dämlich? Warum musst du nur so stur sein? Jetzt siehst du, was du davon hast! Du hast Angst vor mir! Warum? Verdammt, was habe ich dir in deinem Traum getan, dass du vor mir ausweichen musst? Erwin, sprich mit mir!“ Levi konnte fühlen, wie auch seine eigenen Augen zu brennen begannen… doch er würde nicht weinen. Er weinte nie. Auch jetzt nicht… denn er hatte vor, Erwin zu retten, was auch immer ihn in seinen Träumen verfolgte. „Also gut. Wenn du nicht reden willst, dann eben anders.“ Der Corporal kam auf die Knie, dann beugte er sich vor, auch, wenn der Ältere abermals vor seinen Berührungen auswich. Vorsichtig legte er die Lippen auf Erwins. Der strenge Schweißgeruch stieg ihm in die Nase, trotzdem festigte er den Druck, massierte die bleichen Lippen des Anderen sanft mit den Eigenen, ehe er langsam mit der Zunge darüber wanderte. Eine Hand legte sich auf den verspannten Kiefer, mit sanften Bewegungen streichelte er darüber, damit er sich ein wenig lockern konnte. Levi schloss die Augen, während er ruhig versuchte, seinen Partner wieder zu wecken, ihm zu zeigen, dass er niemals Angst vor ihm zu haben brauchte… er würde ihm nie etwas antun, egal, was der Andere träumte. Es war nur ein Gefühl, dass es sich um ihn gedreht hatte, aber so, wie Erwin auf ihn reagierte, lag der Schluss nahe, dass seine Vermutungen richtig waren. Es dauerte eine Weile, bis die verspannten Muskeln sich lockerten, der Blonde den Mund öffnete und seiner Zunge mit der Eigenen entgegen kam. Beinahe verzweifelt schob eine Hand sich in seinen Nacken, krallte sich dort fest und ehe er etwas dagegen tun konnte, wurde er von Erwin auf den Rücken gelegt. Sein Geliebter rutschte über ihn, löste den Kuss nicht eine Sekunde, als seine Finger fahrig damit begannen, seine Kleidung zu öffnen und ihm vom Körper zu schieben. Erwin selbst trug lediglich seine Shorts, während Levi in voller Montur hier vor ihm lag, doch lange würde dieser ungleiche Zustand auch nicht mehr anhalten, da war er sich vollkommen sicher. Er half ein wenig nach, zog die Arme aus den Jackenärmeln und ließ sich kurz darauf das Hemd abstreifen, nachdem die Gurte mit einem ungeduldigen Zerren das Zeitliche segnete. Sein Jabot flog zur Seite, die Gurte um seine Beine sowie seine Hose folgten ebenfalls bald dem Rest der Kleidungsstücke, die Stiefel waren schon längst irgendwo im Raum verteilt. Levi kam kaum zum Luftholen, geschweige denn, dass er sich von ihm lösen, die ganze Sache stoppen konnte. Die Verzweiflung und Angst in Erwins Augen ließen ihn allerdings sowieso schnell von dem Gedanken abrücken, all das hier zu unterbrechen. Was auch immer passiert war… sein Partner hatte Angst. Und diese Angst gedachte er mit der Nähe zu beseitigen… also ließ Levi es zu, auch wenn er nicht wusste, ob dies der richtige Weg sein würde. Der Ältere schien es zu brauchen. Er sprach nicht, als das letzte Stückchen Stoff seinen Körper verließ, sank vollständig zurück, während Erwin sich von seinen Lippen löste und sich an seinem Hals fest saugte. Levi spürte, wie er ein dunkles Mal auf seiner Haut hinterließ, er konnte fühlen, wie die Zähne des Blonden sich in seine Haut gruben, dann ließ er wieder von ihm ab, wanderte weiter an seinem Körper herunter. Seine Schulter wurde in Beschlag genommen, dann saugte er sich an seiner Kehle fest, wanderte weiter zur anderen Seite. Die trockenen Lippen pressten sich gegen die Kuhle zwischen seiner Schulter und dem Hals, erneut konnte er das harte Saugen spüren, dann umspielte die feuchte Zunge seine Nippel, erst links, dann rechts, wieder kniffen die Zähne in das Fleisch und hinterließen seine Zeichnung auf seiner Haut. Levi keuchte leise auf, legte den Kopf zurück und überließ alle Arbeit seinem Freund, dieser schien nicht eine Sekunde von ihm ablassen zu wollen. Große Hände wanderten über seinen Bauch zu den Hüften, legten sich um sein Becken und zogen ihn näher zu sich heran, dann spreizten sie unnachgiebig die schlanken Beine des Jüngeren. Eines fand auf der breiten Schulter des Blonden seinen Platz, das Andere drückte er einfach weiterhin in die Höhe. Der nächste Biss galt dem Hüftknochen, ehe die Zunge von dort zu Levis Bauchnabel wanderte. Abermals wurde Haut angesaugt, abermals bohrten die Zähne sich hinein und spätestens, als Erwins Hände seinen Hintern hart umfassten, war Levi Wachs in seinen Händen. „Erwin~“ Er stöhnte den Namen seines Liebhabers, reckte sich ihm entgegen, als die Zunge den kurzen Weg bis hinab zu seinem halbsteifen Glied fuhr und langsam darüber wanderte, doch anstatt dass er sich damit beschäftigte, hob der Ältere ihn weiter an, rammte die Zähne ein letztes Mal in das blanke Fleisch und verbiss sich im Hintern seines jungen Geliebten. Der Abdruck war tief, aber das interessierte beide nicht. Levi hisste auf, Schmerz und Lust vermischten sich, dann fuhren zwei Finger in ihn und spreizten sich unnachgiebig in der heißen Enge des Corporals. Viel Vorbereitung würde er nicht bekommen, das war dem Jüngeren klar, doch das wollte er jetzt auch gar nicht… sie konnten es wahrscheinlich beide nicht gebrauchen, selbst, wenn der Schmerz unerträglich sein würde… oder zumindest sehr unangenehm. Erwin sollte nur wieder zu sich kommen… dabei war ihm alles Recht, auch, Schmerzen auszuhalten… denn die Pein, welche er in den Augen seines Geliebten erkennen konnte, war viel schlimmer als alle körperliche Qual, die er ihm bereiten konnte. Es zerriss ihn beinahe zu sehen, wie schrecklich der Traum gewesen sein musste… niemals hätte Erwin sonst reagiert, wie er es nun tat. Die Finger verschwanden aus seinem Inneren, dann spürte er die Härte Erwins, welche zielstrebig ihren Weg dorthin fand, wo sie hingehörte… Der Schwarzhaarige zischte auf, als er langsam in ihn eindrang, trocken, ganz ohne vernünftiges Gleitmittel war es unvergleichlich unangenehmer, die ersten Stöße würden ihn aufs Äußerste reizen und sicher würde er ein paar Tage ganz schöne Probleme haben… aber die Erleichterung, als Erwins Blick etwas ruhiger wurde, das Unstete aus ihm zu weichen schien, war Bezahlung genug. Sanft umschlang er den Nacken seines Freundes mit beiden Armen, zog ihn vorsichtig zu sich herab und küsste ihn beruhigend, während er ein Bein um seine Hüften schlang, das Andere aufstellte, um ihm mehr Platz zu geben. Sobald er sich in ihm befand, verharrte der muskulöse Körper schwer atmend, zum ersten Mal an diesem Nachmittag beruhigte sich Erwins Blick und er konnte endlich wieder die Augen seines Partners erblicken. Nur Stückchen um Stückchen kämpfte er sich zu der Erkenntnis durch, dass tatsächlich Levi hier unter ihm lag, dass er sich ihm hingab und ihn in sich aufnahm, selbst jetzt,, wo er so brutal zu ihm war. Abermals schimmerten Tränen in Erwins Augen, als er nun damit begann, in sanften Bewegungen in seinen Freund zu stoßen. Vorsichtig, ganz sanft ließ er das Becken kreisen, wagte sich ein wenig vor, dann zog er sich wieder aus ihm, gab ihm Zeit, sich an die Größe zu gewöhnen… Millimeterweise schien er sich in ihn zu schieben, ihn zu dehnen, bis er gänzlich in der warmen Enge versunken zu sein schien, dann legte er die Arme um den schlanken Körper, löste sich von den tastenden Lippen und vergrub das Gesicht stattdessen an seiner Halsbeuge. Die Bewegungen wurden langsamer, sinnlicher, immer wieder veränderte Erwin den Stoßwinkel, um Levi dafür zu entschädigen, dass er vorher so brutal zu ihm gewesen war, denn das war es ganz sicher nicht, was er gewollt hatte. Er hatte diese grässliche Einsamkeit vertreiben wollen, hatte die Leere loswerden wollen… er wollte spüren, dass der Jüngere tatsächlich noch immer ihn liebte und nicht Verman… niemanden sonst außer ihm. Dass Levi sich auf ihn einließ und ihm entgegen kam, dass sein Blick voller Liebe war, trotzdem, dass er auch die Angst noch in ihm erkennen konnte, war ihm allerdings Beweis genug. Er wollte ihn nicht weiter quälen, selbst, wenn sein Inneres noch immer verzweifelt schrie, er wollte ihm zeigen, dass er nicht böse auf ihn war… dass das alles nichts mit ihm zu tun hatte, weshalb er nun sanft und vorsichtig in ihn stieß, versuchte, ihm größtmögliche Lust zu verschaffen… es war so intensiv wie selten zuvor, sein heißer Atem stieß gegen die erhitzte Haut, die zitternden Finger streichelten beruhigend über den schlanken, muskulösen Rücken seines Geliebten, während sein Becken weiterhin nur sanfte, vorsichtige Bewegungen ausführte. Levi würde am nächsten Tag genug schmerzen haben… er wollte ihm nicht weitere verschaffen, indem er sich weiterhin brutal in ihm bewegte. Das Stöhnen des Jüngeren klang wie Musik in seinen Ohren. Levi räkelte sich, die geröteten Wangen und der verschleierte Blick lösten ein Kribbeln in Erwin aus, der seinen Freund an sich zog und fest hielt, dann umschloss er mit einer Hand die harte Männlichkeit und begann sie zu reiben. Levi sollte auf seine Kosten kommen… Stöhnend kam dieser den Stößen entgegen, zuckte in seine Richtung, nahm ihn in sich auf und spreizte die Beine einladend unter ihm. Keuchend schloss Erwin die Augen, spürte, dass es nicht mehr lange dauerte… weder er noch Levi würden es länger aushalten. „Hah…“ Ein Keuchen verließ die Lippen des Jüngeren, dann stöhnte er den Namen seines Vorgesetzten und verengte sich um diesen, während er sich ihm entgegen bäumte und zitternd seinen Samen auf der Hand des Anderen und ihren Bäuchen verteilte. Erwin folgte ihm schnell, spürte, wie die Hitze in seinem Inneren noch ein wenig heißer wurde, wie er ihn füllte und sein Körper alle Anspannung verlor. Erschöpft sackte er auf ihm zusammen, hielt ihn ganz fest und versuchte, seinen Atem unter Kontrolle zu bringen, spürte die Hand, die sich in sein Haar schlich und federleicht mit den langen, blonden Strähnen spielte. Eine Weile war es still zwischen ihnen, nur ihr Atem durchbrach die Stille, dann sprach Levi vorsichtig. „Erwin… egal, was du geträumt hast… egal, was in deinem Kopf vorgehen mag… ich liebe dich. Das darfst du nie vergessen, hörst du? Egal, was passiert… egal, wie verloren du dich fühlst… ich liebe dich. Ich werde nicht gehen, ich werde dich niemals allein lassen und ich werde dich nie hassen, egal was du mir oder uns antust… denn mein Herz brennt, wenn es dich unglücklich sieht… und es zerspringt wenn es dich weinen sieht… verstehst du? Ich kann nicht ohne dich… und ich will es auch nicht. Du bist mein… und ich bin dein. Ich lasse nicht gehen, was ich in dir gefunden habe.“ Es waren sicherlich die kitschigsten und dümmsten Worte, die jemals aus Levis Mund gekommen waren und er würde sich dafür verfluchen, wenn er bei klarem Verstand gewesen wäre… dennoch spiegelten sie genau das wieder was er dachte und sie entsprachen der Wahrheit… es war nicht seine Art, seine Gefühle offen zu legen, doch gerade in dieser Situation fühlte er, dass es wichtig war… und dass es richtig war, sie auszusprechen. Die schlanken Finger strichen beruhigend über das breite Kreuz, die zweite Hand lag in Erwins Nacken und spielte dort mit den kurzen Härchen, während Levi seine Wange gegen die des Älteren drückte. „Ich liebe dich, Erwin… egal was ist, ich liebe dich.“ Nachdem Levi schlief, löste Erwin sich von ihm. Er zog die Vorhänge vor, ließ das Fenster aber geöffnet, um den Geruch und den Nachhall der Angst zu vertreiben… dann griff er in die Lade seines Nachtschränkchens und holte dort sein Taschenmesser heraus… ein Geschenk seines Vaters zur Aufnahme in die Armee. Vorsichtig inspizierte er die Klinge, doch sie war scharf und spitz wie eh und je. Er setzte sich zurück ans Bett, hauchte einen sanften Kuss auf Levis sich sanft bewegende Brust, ehe er das Messer langsam ansetzte. Die Schnitte waren präzise, das leichte Murren Levis störte ihn nicht bei seiner Arbeit, er tat konzentriert, was er sich vorgenommen hatte, beobachtete das warme Blut, wie es über die weiche Haut wanderte, wenige Schlieren, die von seiner Brust auf das einst weiße Laken tropften, vorsichtig putzte er das Messer ab, nachdem sein Werk vollendet war, steckte es zurück in die Schublade und legte sich erneut an die Seite des jungen Mannes, um ihn fest in seine Arme zu ziehen. Niemand würde es wagen, ihn zu berühren… nicht jetzt, wo er ihn gezeichnet hatte… ihn als sein Eigentum markiert hatte. Ein lächeln legte sich auf seine Lippen, er hauchte einen Kuss auf seine Stirn, dann schloss er die Augen und schlief ebenfalls wieder ein… diesmal träumte er nicht. Der schreckliche Traum ließ Erwin lange schweigen. Die Nachwirkungen waren am nächsten Morgen deutlich spürbar und keiner von Beiden wusste so recht damit umzugehen. Schweigsam wie er war, hatte der Ältere noch immer nicht erzählt, welche Schreckgespenster ihn in der vergangenen Nacht heimgesucht hatten, er wollte oder konnte nicht darüber reden. Er hatte genau beobachtet, wie der Jüngere die Wunde bemerkte, zugesehen, wie er die feinen Linien vorsichtig mit dem Blick im Spiegel nachgefahren war und sich dann zu ihm gedreht hatte, ein sanftes, wenn auch schwaches Lächeln auf den Lippen tragend. „…du hättest mich auch einfach heiraten können, Erwin… dann wüsste ebenfalls jeder, dass ich dir gehöre. Nicht, dass ich jemand Anderen an meiner Seite akzeptieren könnte…“ Die schlanken Finger hatten über die Buchstaben gestrichen und schließlich war er ins Bett zurück gekehrt. „Hoffentlich verheilt es gut… wenn ich deinen Namen auf mir trage, dann soll er wenigstens gut aussehen.“ Ein Kuss war den Worten gefolgt, aber geantwortet hatte Erwin auch hierauf nicht. Seine Psyche brauchte Ruhe, das konnte er mittlerweile selbst spüren und er würde sich diese Ruhe nehmen… kaum hatte Levi sein Zimmer verlassen, um ihnen etwas zu Essen zu besorgen, hatte der Blonde sich an seinen Schreibtisch gesetzt und einen Brief verfasst. In diesem Brief schrieb er seinem Vorgesetzten, dass er nicht länger in der Lage war, seinen Posten so auszufüllen, wie es notwendig war. Er hatte ihm die Situation erläutert und darum gebeten, eine Pause nehmen zu dürfen. Der Winter nahte, sie würden in der kalten Jahreszeit keine Expeditionen vor die Mauern anführen und dementsprechend war nun die perfekte Möglichkeit, sich ein wenig zurück zu ziehen. Erwin wusste, tat er dies nicht, wäre er nie wieder in der Lage dazu, seine Position erneut einzunehmen und für das Wohl der Menschheit Entscheidungen zu treffen. Und wenn er seinen Auftrag nicht mehr wahrnehmen konnte, würde über kurz oder lang auch Levi scheitern… denn Levi hing an ihm, wenn auch nicht so sehr, wie Erwin von dem Jüngeren abhängig war. Sie brauchten einander, deshalb war es unmöglich, einen zu verlieren und den Anderen zu behalten. Eine Pause, ein Urlaub vom Dienst in der Zeit, in welcher sowieso nur Papierkram und Training auf sie warteten, wäre eine Lösung, die allen dienlich sein konnte. Nun hoffte er auf eine positive Antwort… eine negative würde er nicht akzeptieren können. In seinen Träumen war Erwin klar geworden, was sein Problem war. Er hatte panische Angst davor, seinen Levi zu verlieren… nun hatte er ihn als sein gekennzeichnet und er würde es so lange tun, wie nötig war, um den eingeritzten Namen unauslöschlich in die schöne Haut zu bannen. Aber das half ihm nicht, mit den Verlustängsten umzugehen. Er musste sich darüber klar werden, wie seine Zukunft aussehen sollte. Vorrangig würde er die Pause nutzen, sobald er sie gewährt bekam. Auf langfristige Sicht… nun, vielleicht half die Heirat. Er würde Levi einen Antrag machen, mit allem was dazu gehörte. So war er vor Verman sicher. Er würde seinen besten Mann in die Mitte jeder Formation stecken, wenn er ihn nicht dazu überreden konnte, aus dem aktiven Dienst auszutreten. Er würde an Levis Seite reiten und nicht von ihr weichen, er würde ihn nie wieder der Gefahr aussetzen, die ein Ausflug in die Welt hinter den Mauern mit sich brachte, ohne jegliche Möglichkeit, sein Leben zu schützen in Betracht zu ziehen. Als Levi zurück kehrte, ging es ihm besser. Er lächelte ihn an, zog ihn auf seinen Schoß und hielt ihn fest im Arm, während er ihm kleine Häppchen hinhielt und Levi ließ es sich gefallen, vielleicht weil er bemerkte, dass er es brauchte. Sobald sie aufgegessen hatten, gingen sie beide gemeinsam unter die Dusche… dann bezogen sie das Bett neu, ließen sich auf die frischen Laken sinken und wieder war es Erwin, der den Arm um seinen Partner schlang und ihn fest an seinen Körper drückte. Zwei Mal versuchte der Jüngere, ihn auf seinen Traum anzusprechen… beim zweiten Mal sprach er endlich wieder und versprach ihm, es ihm bald zu sagen… woraufhin der Jüngere nickte, sich entspannt gegen ihn sinken ließ und es dabei beließ. Vorläufig. Das Thema würde sicherlich noch einige Male hochkommen, doch sie würden irgendwie damit zurecht kommen… es war eine Krise, doch gemeinsam konnten sie es schaffen, diese zu überstehen. Der Ältere folgte seinem Freund über das Steinpflaster. Sie ließen das weit geöffnete Tor hinter sich und betraten langsam die grüne Wiese vor den hohen Mauern, spürten den kühlen Wind an ihrer Kleidung zerren und rochen den Frühling, während ihr Blick die Schönheit der Natur versuchte aufzunehmen… sie waren frei. In der Entfernung konnten sie Vögel hören, das Plätschern des Wassers eines nahegelegenen Sees zog sie magisch an. Erwin holte zu Levi auf, griff nach seiner Hand und verschränkte sie mit ihm… dann gingen sie gemeinsam auf das spiegelnde Wasser zu. „Süßwasser.“, stellte Levi nach einem Schluck fest. Erwin öffnete die Augen. Die erste Nacht ohne Albträume. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)