Die Entscheidung des Bruders Reika Serie 4 von CheyennesDream ================================================================================ Kapitel 10: Versteckte Gefahren ------------------------------- Ayumi - "gehen" (japanisch); die tiefere Bedeutung des Namens könnte man mit "sie geht ihren eigenen Weg" übersetzen. Yumiko - Kind von Yumi 10. Kapitel - Versteckte Gefahren Im Schloss herrschte völlige Stille und es gab kaum Youkai in den Gängen. Im Westflügel warteten einige Wesen angespannt auf die Geburt einer kleinen Prinzessin und viele sorgten sich um ihren Lord, der zu diesem Zeitpunkt nach Süden unterwegs war. Andere Hundedämonen flogen auf Drachen nach Osten um die Sicherheit, der Familie und Freunde des Erbprinzen und der jüngeren Fürstin, zu gewährleisten. Da die zuverlässigsten Leibwächter und Soldaten mit anderen Aufgaben betraut wurden, tat ein blonder Hundedämon am Haupteingang, dort wo der Abzweig zu Reikas Gemächern mündete, Dienst, den sie nicht kannte. Als sie allein von der Küche kam und ihrem Gemach zustrebte, warf dieser der Fürstin nur einen verächtlichen Blick zu. Doch kaum verschwand sie hinter der Tür zu ihren Räumen, murmelte der Youkai halblaut: "Menschlicher Abschaum." Diese Worte wurden von seiner Ablösung gehört. Der neu angekommene Soldat hatte ebenfalls blonde Haare und braune Augen. Er trat nun neben seinen Kameraden und fragte leise: "Du verabscheust dieses Menschenweib genauso wie ich?" "Ich wünschte sie würde sterben. Doch jeder ist zu feige und vermeidet den Zorn des Lords", erwiderte er. Dann betrachtete er den anderen Dämon eingehend und wollte wissen: "Weshalb fragst du?" Der Soldat lächelte etwas und erklärte dann: "Es gibt jemand der für den Tod dieses Hanyoubaby viele Edelsteine und Pelze zahlt." "Nur das Baby?", wollte der Abzulösende Genaueres wissen. "So deutlich hat sich dieser Dämon nicht ausgedrückt. Er hat wohl vor dieses Schloss zu übernehmen, weil er einen Erbanspruch gelten machen kann. Deshalb wünscht er den Tod dieses Halbbluts. Wenn die Fürstin mit aus dem Weg geräumt wird, kann sie keinen weiteren schwächlichen Bastard auf die Welt bringen." Der wachhabende Soldat ging etwas um die Ecke und betrachtete den leeren Gang. Sein neuer Freund hatte recht. So kam von ihm als Zustimmung: "So eine Gelegenheit bekommen wir nie wieder. Sämtliche Leibwächter sind unterwegs. Nanami und Tara bei der älteren Fürstin. Der General ist in der Bibliothek." Jetzt lächelte auch der andere, eine Reaktion, die man nur selten bei Youkai bemerkte. Er fügte noch einen weiteren Umstand hinzu: "Außerdem besteht die große Hoffnung, dass unser Fürst nie aus dem Süden zurückkehrt." So schmiedeten sie ihren Plan und mussten nur die Wache im Garten bedenken. Doch wenn der Soldat, aufgrund eines angeblichen Vorfalles anderswo, abgelöst werden würde, dürfte das auch kein Problem darstellen. Dann hatte er jedoch noch eine Idee, schrieb schnell eine Botschaft und gab sie einem der jüngeren Dämonen draußen im Hof. In ihrer Begeisterung den günstigsten Augenblick gefunden zu haben vergaßen sie jedoch ein Wesen. Nur eine Tür entfernt saß Ryoto in seinem neuen Amtszimmer und sah einige Papiere durch. Es wunderte ihn, das die beiden Youkai das Gespräch ausgerechnet vor seinem Gemach führten. Entweder sie rechneten nicht mit seiner Anwesenheit in dem Raum oder sie wussten noch nichts von seinem extra für ihn eingerichteten Domizil. Schon als der blonde Soldat das erste Mal seine Fürstin beleidigte, hatte der Hanyou aufgehorcht. Nanamis ältester Sohn stand auf und versuchte so wenig Lärm wie möglich mit seinen Krücken zu verursachen, als er sich an die Tür schlich. Hier lauschte er dem Gespräch weiter. Mit ihrer Einschätzung hatten die Soldaten recht. Wenn er sie gewähren ließe, standen die Chancen erfolgreich zu sein sehr hoch. Der Hauptmann runzelte seine Stirn und überlegte sich Möglichkeiten, wie er eingreifen konnte. Bis zum Sonnenuntergang hin dauerte es noch geraume Zeit. Deshalb waren seine Fähigkeiten als Mensch ziemlich eingeschränkt, besonders seine Fortbewegung gestaltete sich schwieriger. Dennoch würde er handeln. Ryoto überzeugte sich, ob seine Messer und Wurfsterne leicht greifbar in seiner Kleidung verstaut waren und das die Klinge in der Krücke funktionierte. Jetzt konnte er nur hoffen, dass der Überraschungsmoment genügte. Vielleicht verursachte er genug Krawall um den anderen Soldaten draußen im Hof die Gelegenheit zugeben, damit sie nicht nur begriffen was im Gang passierte, sondern auch eingreifen konnten. Die beiden verräterischen Dämonen besprachen gerade ein weiteres Mal detailliert ihren Plan, und sobald sie sich an die Ausführung machten, würde sich Ryoto hinausschleichen. Der Wachhabende wollte direkt zu Reikas Tür gehen, während seine Ablösung beabsichtigte, vom Garten her in das Zimmer zu klettern. Sie legten nur wenige Schritte zurück, als sich hinter ihnen eine Tür beinahe lautlos öffnete. Das Opfer, Fürstin Reika war von der Küche her gleich in ihre Gemächer gegangen. Doch dort hatte sie keine Ruhe gefunden. Außerdem fragte sie sich, ob Naoki die Gesellschaft eines Wesen zu schätzen wusste, welches ebenfalls vor Kurzem entbunden hatte. Vielleicht konnte die junge Frau, dem älteren Youkai ein paar seiner Ängste nehmen, obwohl sie sich sicher sein konnte, dieser würde sich seine Sorgen nicht anmerken lassen. So verließ sie mit ihrem Kind den Raum und ging zur Bibliothek. Leise öffnete sie die Tür und trat in das Innere, nur um im nächsten Moment erstaunt stehen zubleiben, als sie statt Naoki auch noch Lord Yago vorfand. Den Tigerdämon hier anzutreffen erfreute sie gerade, sie behielt aber ihren Ausdruck eher neutral. Die beide Dämonen hatten sich nur wenige Augenblicke vorher hier niedergelassen. Lord Yago war müde von der Reise und genoss es für einen Moment ruhen zu können. Dann fiel sein Blick auf eines der Gemälde. Ihm entfuhr es: "Sage mir das es sich um deinen Vater handelt." Der General sah zur Wand und runzelte die Stirn. "Ist dir das Bild früher nie aufgefallen?", wollte er im Gegenzug wissen. Der Tiger gab zu: "Vermutlich habe ich nie darauf geachtete. So lange hängt es auch noch nicht hier. Zu Zeiten deines Bruders hing dort das Bild von Inu no Taishos Mutter." "Bis vor 200 Jahre etwa. Nachdem Sesshomaru die Amtsgeschäfte übernahm, hat er einige Bilder entfernt", erläuterte Naoki. Sein Neffe hatte vieles in der Bibliothek verändert. Etliche Porträts, hauptsächlich von Dämonen, die er zu Lebzeiten nicht kannte, ließ er in die Ahnengalerie bringen. Einzig das Bild seines Großvaters blieb hier, bekam jedoch einen neuen Platz direkt neben dem Bild seines Vaters. An den Wänden, dort wo früher Gemälde hingen, standen heute Decken hohe Regale, gefüllt mit wissenswerten Dingen. Selbst jetzt noch wuchs die Sammlung der verschiedenen Schriftrollen und Werke, mitunter waren sehr dicke Wälzer darunter. Der General dachte darüber nicht länger nach, sondern gab seinem Freund recht: "Das ist in der Tat Lord Ken'ichi, mein Vater. Ich nehme an, du kanntest seinen jüngeren Bruder Kenji. Mit ihm hattest du öfters Händel." "Ein oder zwei Mal", knurrte Yago etwas missmutig. Einiges hatte er früher schon erzählt und musste nun nicht näher darauf eingehen. Den Rest würde er später berichten. Jetzt betrachtete er das Bild lange und ausgiebig. "Zwillingsbrüder", murmelte Yago nach einer Weile. "Das erklärt vieles, habe ich recht?", fügte er dann noch hinzu. Naoki nickte zustimmend und berichtete, was sie hier im Schloss darüber wussten. Yago konnte dem nur wenige neue Details hinzufügen. Gerade wollte er mehr über Sibirien erzählen, als sich die Tür öffnete und Reika eintrat. "Bitte entschuldigt, ich dachte ...", weiter kam die Fürstin nicht. Naoki sprang auf, ging zu ihr und zog sie in eine Umarmung. Diese Geste überraschte die junge Mutter völlig. Sie bekam auch sofort eine Erklärung: "Keiner verlangt von dir in dieser Situation, dass du allein in deinen Gemächern bleibst. Du bist uns beiden alten Dämonen durchaus willkommen." Damit warf der General seinem Freund einen Blick zu, sodass der Tiger bestätigte: "Ein freundliches Wesen um sich zu haben, ist immer angenehm." Nachdem Reika den Gast begrüßt hatte, ließ sie sich auf den Kissen nieder. Der Tigerdämon schielte unauffällig in den Tragekorb und sah sich neugierig den Hanyou an. Naoki war dem Blick gefolgt und so erzählte er die Vorfälle der letzten Monate. Hin und wieder fügte die junge Fürstin Details hinzu. Daichi wurde später wach und deshalb nahm Reika ihren Sohn in den Arm. Der Tigerdämon betrachtete den Welpen unentwegt, sodass die junge Mutter ihren Sohn ohne Aufforderung in die Arme des Youkai legte. "Daichi mag Tiger. Sehr zum Missfallen meines Gemahls hält sich Damien gern in der Nähe des Kindes auf", erklärte Reika, nachdem sie den unsicheren Blick von Yago bemerkte. Bekanntlich taten sich Hunde schwer, wenn sie Katzen begegneten. Doch da die Fürstin Yagos bedenken mit ihren Worten einfach zerstreute, betrachtete er nun das Wesen in seinen Armen genau. Wenn man von Ryoto oder Inuyasha absah, kannte der Herr der nördlichen Länder bis zum letzten Winter keine Hanyou, um so interessanter war es nun Daichi im Arm zuhaben. Auf den ersten Blick wirkte er wie ein Dämon, nur der Geruch, teilweise nach Mensch, klärte den falschen Eindruck auf. Dennoch sah Daichi seinem Vater sehr ähnlich, einen besseren Sohn konnte der Lord des Westens nicht gezeugt haben. Was der Hanyou taugte oder wie sehr dessen menschliche Hälfte ihn schwächte, würde die Zukunft zeigen. Früher war schon allein der Gedanke daran abstoßend, doch seit seiner Reise nach Sibirien, und weil er dort nicht nur mit Menschen, sondern auch Halbdämonen unter einem Dach leben musste, hatte sich die Einstellung des Tigers verändert. So erzählte er jetzt von den Erkenntnissen seiner Reise und ging auch genauer auf die Bewohner des nördlichen Festlandes ein. Ein wenig später wurden sie noch einmal gestört. Kazimir und Faruk hörten, sobald sie von ihrem Spaziergang zurückkehrten, von der Ankunft ihres Vaters, sodass sie mit Damien bald darauf in der Bibliothek erschienen. Das Tier schob sich an Faruk vorbei und ließ sich sofort neben der Dämonenjägerin nieder, wobei er seine übliche besitzergreifende Geste vollführte. Reika streichelte sanft über das Fell und graulte Damien. Schnurrend stupste er einmal Yago an, um seine Freude über dessen Rückkehr zu zeigen. Im nächsten Augenblick widmete er sich wieder der menschlichen Fürstin. Daraufhin lachte Reika kurz auf und berichtete etwas über Damiens alltägliches Benehmen. Stirnrunzelnd betrachtete der Herr des Nordens dieses Bild, äußerte sich jedoch nicht dazu. Heimlich beschloss er für Damien eine weibliche Tigerin zu besorgen, selbst wenn er dafür noch einmal auf das Festland reisen müsste. Danach widmete sich Lord Yago seinen Söhnen. Jetzt erfuhren die beiden Tiger auch, weshalb der Fürst den Jüngeren anerkannte. Noch während seines Berichtes unterbrach sich der Herr der nördlichen Länder und beobachtete Naoki. Der General war aufgestanden und zum Fenster getreten. Stirnrunzelnd betrachtete dieser die Wache im Garten. Der braunhaarige Hundedämon dort bekam gerade eine Nachricht, die er scheinbar mehrmals durchlas. Danach sah er sich um und ging dann plötzlich zum Ausgang. Naoki zögerte nicht lange, öffnete das Fenster und sprang die wenigen Shaku hinunter auf den Weg, um den Soldaten zufolgen. Als er die Wache eingeholt hatte, hielt er schon ein Messer in der Hand. Der braunhaarige Dämon spürte die Klinge plötzlich an seinem Hals. Gleichzeitig hörte er seinen Vorgesetzten fragen: "Weshalb verlässt du deinen Posten?" "Herr ihr habt mich doch in eurer Nachricht angewiesen zu den Ställen zukommen", erklärte der Soldat. Die Klinge verschwand und Naoki forderte: "Gebt mir das Pergament!" Dieser Aufforderung kam die Wache sofort nach, da er deutlich spürte, wie der General zornig wurde, obwohl er weiterhin einen völlig ruhigen Eindruck vermittelte. Allein die ansteigende dämonische Energie verriet es dem Wachposten. So wie es der silberweißhaarige Hundedämon mit den blauen Augen vermutet hatte, war die Nachricht eine Fälschung. In diesem Moment befürchtete er das Schlimmste. In seinen Augen gab es nur zwei Fürstinnen, die vermutlich in Gefahr waren. Reika oder Yumi. Glücklicherweise befanden sie sich beide im Westflügel, wobei sich in Yumis Nähe zwei zuverlässige Leibwächterinnen befanden. "Geh zurück. Den Posten verlässt du erst, wenn ich dich persönlich ablöse!", befahl er dem Youkai. Der Soldat gehorchte sofort. Nur wenig später betrat Naoki wieder die Bibliothek durch das Fenster. Er gab aber keine Erklärung ab, sondern lief zur Tür und öffnete diese. Der General hatte allen Grund sich zu sorgen. Kaum hatte Ryoto seine Amtsstube verlassen, handelte er auch schon, nutzte den Überraschungsmoment aus, um zu zuschlagen. Zwar merkte der Dämon, welcher am nächsten zu ihm stand, das ihm Gefahr drohte, sodass er seine Klauen heben konnte und den plötzlich auftauchenden Angreifer am Arm verletzte. Der Hanyou, in seiner menschlichen Gestalt, schlug mit der verborgenen Waffe in der Krücke zu, traf die Brust des Gegners. Nach der Aktivierung der Klinge, welche auch mit Dämonengift bestrichen war, drang diese mitten in das Herz der verräterischen Wache. Noch bevor der Getötete den Boden berührte, setzte Ryoto zu einem warnenden Pfiff an. Mehr als ein leises Geräusch, was eher dem Schnappen nach Luft glich, brachte er nicht heraus. Inzwischen bekam der zweite Posten mit, was hinter ihm geschah. Es lag in seiner Absicht, dem anderen zu Hilfe zu eilen. Bevor Ryoto einen Laut herausbrachte, rammte die Wache dem Hanyou seinen Ellenbogen gegen die Rippen. Da er sich momentan nur auf eine Krücke stützte, brachte ihn der Stoß des Soldaten zu Fall. Der Dämon beachtete den Krüppel nicht weiter, sondern bückte sich, um nach seinem Kameraden zu schauen. Ryoto wusste nicht, ob er eine Chance hatte, selbst wenn er scheiterte, es kam auf einen Versuch an. Langsam schob er seinen Körper zurück, bis er die Wand erreichte. Mit seiner gesunden Hand prüfte er, ob das Messer locker genug in der Scheide steckte. Dann hatte er eine neue Eingebung. Er zog die Waffe und nahm den Griff seitlich in den Mund. Als Nächstes stützte er sich auf seine Hand, hob leicht seinen Oberkörper. Danach stieß er sich mit dem Bein von der Wand ab. Der Schwung, den er dadurch gewann, ließ ihn auf die Wache zuschnellen. Kaum hatte sich Ryoto abgestoßen, packte er den Griff des Messers. Das Glück war ihm hold und der Überraschungseffekt genügte auch diesmal. Wie ein Rammbock traf er den Youkai, warf ihn zu Boden und stach mit seinem Messer zu. Glücklicherweise traf er bereits beim ersten Stich genau das Herz. Erschöpft und mit größter Mühe kroch der Hanyou ein Stück von seinem Opfer fort. Er verschnaufte kurz. Es lag in seiner Absicht danach um Hilfe zu rufen, doch es erübrigte sich. Einer der Soldaten, derjenige der Ryotos Können angezweifelt hatte, lief gerade über den Hof. Aufgrund seines guten Gehöhrs und der offenstehenden Eingangstür vernahm er unbestimmte Geräusche. Sie gaben ihm zudenken, da es sich fast wie ein Zweikampf anhörte. Sein Instinkt riet ihm nachzusehen, zumal viele im Schloss besorgt waren und es höchste Alarmstufe herrschte. Zwar erwartete jeder einen Angriff von außen, doch was passierte, wenn sich der Feind bereits unerkannt im Schloss aufhielt. Ähnlich erging es Nanami. Die Leibwächterin hatte für einen Moment einen leisen Knall gehört. Bei ihr schlug eher der Instinkt einer Mutter an. So stand sie auf und lief zur Tür. In dem Moment, wo sie diese öffnete und in den Gang trat, verließ auch der General die Bibliothek. Bis zur Biegung waren es nur wenige Schritte. Was sie dort sahen, ließen die schlimmsten Befürchtungen wahr werden. Zwei tote Dämonen und zwischen ihnen hockte der Hanyou. Von der anderen Seite näherte sich ein blonder Dämon mit gezogenem Schwert, welches er gleich darauf wieder in die Scheide schob. "Ryoto", entfuhr es Nanami. Sie eilte näher zu ihrem Sohn, da sie auch dessen Blut roch. Der Hanyou wehrte ab und erklärte: "Mir geht es gut verehrte Mutter. Ich bin kaum verletzt. Es sind nur ein oder zwei Kratzer." So blieb die Leibwächterin einige Schritte entfernt stehen. Sie kannte den Stolz ihres Sohnes, vor allem würde er ganz besonders als Mensch keine Schwäche zeigen und jede Hilfe ablehnen. Dennoch entging ihr, der kurze schmerzliche Zug, der über sein Gesicht gehuscht war, nicht. Da Ryoto den besorgten Blick von Nanami sah, erklärte er leise: "Sobald die Nacht hereinbricht, heilen meine Wunden durch die dämonische Seite." Der blonde Dämon, dessen Name Daisuke lautete, hatte sich inzwischen überzeugt das von den beiden Verrätern keine Gefahr mehr ausging. Danach reichte er dem Hanyou dessen Krücken. Dankbar nahm dieser sie entgegen. Deutlich merkte man dem Soldaten die Bewunderung an, als er zu seinem Hauptmann äußerte: "Mit diesem Vorfall habt ihr nun endgültig bewiesen, dass ihr euren Rang verdient habt." Zu seiner Überraschung entgegnete Ryoto: "Mir ist es lieb, wenn niemand davon erfährt. Ich habe es nicht nötig mit meinen Taten zu prahlen. Außerdem hätte ich die beiden unter anderen Umständen nicht getötet." Näheres brauchte der Hauptmann nicht zu erklären, jeder verstand ihn. Doch der General hatte einen Einwurf: "Dieses Gerücht sollte dennoch die Runde machen. Das hat nichts mit dir zu tun Ryoto. Es liegt mir jedoch viel daran, wenn alle wissen, Anschläge sind zwecklos. So überlegen es sich andere Verräter vielleicht, bevor sie ihre Pläne ausführen. Vorher jedoch solltest du uns erzählen, was genau passierte." Der Hanyou berichtete sofort jedes Detail, unterbrach sich nur einmal kurz als Daisuke leise aufknurrte. Dieser murmelte erklärend: "Verzeiht Hauptmann. Sicherlich gibt es Youkai, die keine Menschen mögen, doch Verrat an unserer edlen Fürstin zu üben oder nur den Gedanken zu hegen, ist niederträchtig. Da stimmen mir sicherlich viele zu." Nur wenig später übernahm Daisuke freiwillig den Posten auf dem Gang. Ryoto zog sich in seine Amtsstube zurück, weil die Sonne bald unterging. Außerdem musste er jetzt nicht länger seine Maske aufrechterhalten. Sein ganzer Körper schmerzte, besonders seine behinderten Glieder. Er ließ sich zu Boden sinken und blickte zum Fenster hinaus. Gerade als seine Verwandlung einsetzte, öffnete sich die Tür, Sakura stürmte herein und warf sich in seine Arme. Es hatte nicht lange gedauert, bis sich der Vorfall tatsächlich herumgesprochen hatte. So war es auch der Schneiderin zu Ohren gekommen und sie eilte zum Hauptmann, da sie Angst um ihn hatte. Dieser konnte die braunhaarige Dämonin schnell beruhigen, dennoch blieb sie bei ihm und leistete Ryoto Gesellschaft. Nanami versicherte Naoki, das die Geburt seines Kindes ohne Probleme verlief und deshalb ging dieser zurück in die Bibliothek. In Gedanken nahm er sich fest vor, jeden Bediensteten genau zu überprüfen. Ganz besonders die Jüngeren, welche in letzter Zeit erst ihre Arbeit hier begonnen hatten. Wie viel Zeit vergangen war, da vor allem der Tigerdämon viel zu erzählen hatte, wusste hinterher keiner mehr. Ein Klopfen unterbrach die angeregte Unterhaltung. Weil Reika in diesem Moment der Tür am nächsten stand, öffnete sie sofort. Geklopft hatte die Dienerin der Heilerin, sie überreichte dem menschlichen Wesen ein Bündel mit den Worten: "Unsere edle Fürstin Yumi lässt ihren Gemahl ausrichten, er soll sich um seine Tochter kümmern, während sie inzwischen ihr Kind stillt." Naoki hatte sich erhoben und kam auf die Tür zu. Völlig verdattert blieb er bei den Worten der Dienerin stehen. Halblaut wiederholte er: "Meine Tochter und ihr Kind." Es hörte sich an, als ob da mehr als das Eine war. Die Dämonin schmunzelte etwas und erklärte genauer: "Eure verehrte Gemahlin hat euch Zwillingstöchter geboren Herr", damit ging sie wieder. Reika sah sich das kleine neugeborene Wesen in ihren Armen an. Der Schopf des Kindes war silberweiß und man konnte ganz winzige dämonische Markierungen auf den Wangenknochen erkennen. Sie hatten die gleiche Farbe wie beim General, auch wenn es zwei kleine zierliche Streifen waren. Da die Youkai schlief, konnte man nicht auf die Augenfarbe schließen, doch die Dämonenjägerin vermutetet, dass sie, wie am Anfang auch bei ihrem Sohn, noch blau waren. Im nächsten Augenblick wurde ihr das Kind von seinem Vater weggenommen. Ehrfurchtsvoll betrachtete der General seine Tochter. In seinen Augen war sie perfekt. Da sie offenbar auch gesund war, fühlte er sich als stolzer Vater. Gleich darauf erinnerte er sich an die Worte der Dienerin und so ging er zur Tür, murmelte schnell: "Entschuldigt mich!", und war auch schon draußen im Gang. Er betrat nur wenig später seine eigenen Gemächer, wobei er nicht merkte, dass alle Anwesenden ihm folgten. Da Naoki die Tür offen ließ, bekamen die Tiger und Reika alles mit. Der General trat zu seiner Gefährtin und ließ sich neben sie nieder. Yumi war zwar etwas erschöpft aber sie wirkte sehr glücklich. Etwas vorwurfsvoll begann er: "Du hast es gewusst und mir verheimlicht? Das habe ich vermutlich verdient." "Dein Gesichtsausdruck zu sehen entschädigt mich zur Genüge. Außerdem wollte ich dich damit überraschen", gab Yumi zu. "Das ist dir gelungen", bestätigte der glückliche Vater. Gelegentlich hatte er einen merkwürdigen Verdacht gehabt, das seine Gefährtin mehr als ein Kind erwartete und dann wieder hatte er keine handhabe. Nur um keine falschen Hoffnungen zu wecken, schwieg er. So auch jetzt, der General gönnte Yumi diesen kleinen Triumph. Inzwischen hatte sie ihr zweites Kind gestillt, ihre Kleidung gerichtet und danach zeigte sie den Zwilling Naoki. Hatte die erstgeborene Youkai, die Farbe der Zeichnungen ihres Vaters, so waren sie bei dem jüngeren Kind eher magentafarbigen, wie bei Sesshomaru und Yumi. Keines der beiden Mädchen hatte jedoch eine Mondsichel auf der Stirn. Für die Eltern spielte es keine Rolle. Jetzt schlug der Vater vor: "Wie wäre es, wenn wir die ältere Ayumi nennen und die jüngere Yumiko." Die ältere Fürstin freute sich darüber und stimmte zu: "Diese Namen passen perfekt zu unseren Zwillingen." Weil der General wusste, dass seine Gefährtin Ruhe brauchte, er sie aber nicht allein lassen wollte, legte er sich neben Yumi nieder. Die beiden Kinder wurden genau zwischen ihnen platziert. Dass Nanami zusammen mit der Heilerin und Tara den Raum verließ, die Tür geschlossen wurde, bekamen die Eltern nicht mehr mit, so sehr schwelgten sie in ihrem gemeinsamen Glück. Yago seufzte leise, sah seine beide Söhne an und ließ verlauten: "Wisst ihr eigentlich das Naoki an meiner Seite war, als ihr beide geboren wurdet?" Sehr zu seiner Überraschung gestand Faruk seinem Vater: "Du hast es uns nie erzählt. Doch Kazimir und ich, wir kennen die Geschichte inzwischen. Der General hat sie uns mitgeteilt." Leise fauchte der Herr der nördlichen Länder. "Dieser Verräter", doch innerlich war er dem Freund mehr als dankbar. Weitere Worte brachte der Tigerdämon nicht heraus, weil die Aufmerksamkeit auf einige unerwartete Gäste gelenkt wurde. Da sie alle so gerührt von der Situation waren, hatte niemand Dhayas Ankunft bemerkt. Daisuke kannte die Tigerdämonin und deshalb hatte er sie passieren lassen. Die beiden Zwillingstöchter von Lord Yago stürmten an ihrer Mutter vorbei und wollten ihre beiden Brüder begrüßen, doch plötzlich blieben sie stehen und erwiesen zuerst ihrem Vater Respekt. Die Herrin der nördlichen Länder berichtete dann über den Grund ihrer vorzeitigen Ankunft: "Nimrod traf unterwegs auf uns, so hat er mich und die Kinder hierher gebracht. Ich hoffe doch, dass es jemand in diesem Schloss gibt, der uns ein Quartier zuweisen kann. Die Reise war lang und meine Töchter müssen ruhen." Sie selbst war ebenso erschöpft, doch davon ließ sie sich nichts anmerken. Nachdem sie um einen Gästeraum gebeten hatte, umarmte sie ihre beiden Söhne und vergaß auch Damien nicht zu streicheln. Dann erschien FaiMao, weil Reika nach ihr geschickt hatte. Die menschliche Fürstin war von der anmutigen Tigerin sofort angetan. Offenbar beruhte die Sympathie auf Gegenseitigkeit. Später fanden sich alle in dem kleinen Salon ein, wo noch viele Geschichten erzählt wurden. Unwissend von den ganzen Ereignissen im westlichen Schloss reiste Sesshomaru zusammen mit Myouga nach Süden. Weil sie ein rasantes Tempo an den Tag legten, wurde die Strecke in kürzester Zeit bewältigt. Dann langten sie bei der Höhle an. Dem Lord wurde es sofort klar, keine Feinde befanden sich mehr in der Nähe. So wie er vermutet hatte, zogen sich diese zurück, da sie vermutlich befürchteten, nach dem Verrat der Drachen, plauderte Nimrod sein Wissen aus. Der Hundedämon sah sich in der näheren Umgebung um und beschloss nach einer Weile auch die Höhle zu betreten. Er hoffte im Stillen, Inuyasha hatte ihm dort drin einen Hinweis hinterlassen. Dabei entging ihm jedoch ein Dämon, der auf Ipeks Anweisung hin hier zurückblieb und eine ganz bestimmte Aufgabe zu erfüllen hatte. Am Eingang zögerte Sesshomaru etwas und sah sich den Gang genau an. Doch er entdeckte nichts, was auf eine Falle hindeutete. So ging der Lord langsam, Schritt für Schritt weiter. Seine Sinne waren bis auf das äußerste aktiv. Jedes unnatürliche Geräusch, jeder verdächtige Geruch würde ihn warnen. Nichts geschah und so erreichte er bald die Mitte des Berges, wo dem Geruch nach sich mehrere Dämonen aufgehalten haben mussten. Der Lord fragte in die Stille hinein: "Myouga. Wo genau hielt sich mein Bruder auf?" Es erfolgte keine Antwort. Gerade lag ihm der Name des Flohs erneut auf der Zunge als ihn, nicht nur das leise Schaben von Kleidung über Felsgestein, sondern auch der Geruch nach Wolf, zur Vorsicht mahnte. Der Hundedämon hatte bewusst auf eine Fackel verzichtet. Jetzt begrüßte er die Entscheidung. Leise schlich er vorwärts, näher an das fremde Wesen heran. Im nächsten Moment geschah etwas Unerwartetes. Die Erde bebte, der ganze Berg schien zu wanken. Mehrmals polterte es, wie bei dumpfen Explosionen. Gesteinsbrocken lösten sich aus der Decke und von den Wänden. Sesshomaru hatte Tenseiga gezogen, bevor er den richtigen Schluss ziehen konnte. Kouga hatte ebenso die Gegend um die Höhle herum abgesucht. Von Myra wusste er von dem zweiten Eingang, sodass er diesen benutzte, um in der Höhle nach dem Rechten zu sehen. Zwar warnte ihn sein wölfischer Instinkt, doch hatte die Drachenprinzessin berichtet, dass es Ipeks Plan war, die Höhle zu verlassen. Als der siebirische Hundedämon die Worte äußerte, glaubte er sich mit Tarek allein. Im Gegensatz zu Sesshomaru hatte Kouga eine Fackel dabei, entzündetet sie jedoch nicht. Er wollte sich erst einmal im Dunkeln in das Innere schleichen. Doch der letzte Abschnitt des Ganges wurde sehr schmal, sodass er kurzzeitig mit der Wand in Berührung kam. Gerade als er an dem Felsen vorbei, in die Erweiterung der Höhle trat, wollte ihm ein Fluch entweichen. Sehr zu seinem Missmut stank alles hier nach Hund und er spürte noch ein Wesen in der Nähe. Dann passierte etwas. Alles in ihm schrie 'Flucht', doch es war bereits zu spät, weil ein Teil des Ganges verschüttet wurde. Weshalb der Wolf selbst nichts abbekam, verdankte er sicherlich nur diesem Bannkreis, der ihn und das zweite Wesen in der Höhle schützte. Als das Rumpeln aufhörte und auch von der Decke keine Brocken mehr herniederfielen, verschwand das blaue Licht, welches ihn einhüllte. Beinahe noch im selben Augenblick spürte der Wolf kalten Stahl an seiner Kehle. Vorsichtig fragte er: "Erst beschützt ihr mich und dann wollt ihr mich umbringen." Er bekam sogar eine Antwort: "Ich beschütze niemand. Das Vergnügen dich zu töten wollte ich mir nur selbst aufsparen." Mit diesen Worten verschwand die Klinge und wurde in die dazugehörige Scheide geschoben. "Offensichtlich habt ihr Interesse an meinen Informationen. Lord Sesshomaru", entgegnete der Wolf und holte ein Feuerzeug aus der Tasche. Gleich darauf flammte es auf. Eigentlich murmelte er seine Bewunderung für das neumodische Ding nur vor sich hin, es wurde aber auch von dem Hundedämon vernommen. Dieser schloss deshalb, es handelte sich um einen Feuerstab von Kagome. Mit etwas Geschick entzündete der neu gewählte Anführer, der vereinten südlichen Clans, die Fackel, sobald er sie auf dem Boden aufgelesen hatte. Nun hatten sie mehr Licht und konnten sich in der Höhle genauer umsehen. Bald darauf sahen sie, etliche Fackeln steckten noch in den Wandhalterungen. So dauerte es nicht sehr lange, bis es hell genug war, um jeden Spaltbreit zu untersuchen. Einen Ausweg fanden sie nicht, bis Kouga einen Luftzug spürte. ... tbc ... Kapitel 11 - Verrat oder Familienbande Kommen die beiden Dämonen aus der Höhle und wenn ja, finden sie Ipeks neues Lager Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)