Mars von Selma ================================================================================ Kapitel 2: Survived ------------------- „Hier drüben ist sie“, dumpf drang eine fremde Stimme an Sinas Ohren. Jemand rüttelte sie vorsichtig an der Schulter. Noch ganz benommen öffnete sie ihre Augen und war froh, über die Schutzbrille, denn darauf hatte sich eine kleine rote Staubanhäufung gebildet, die nun langsam herabrutschte, als sie versuchte sich aufzurichten. „Langsam“, meinte die Stimme erneut, die einem jungen Mann gehörte, welcher sich nun in ihr Blickfeld schob. Vorsichtig scannte er sie sie mit einem Handgerät ab und brummte dabei leise, bevor er es deaktivierte und wieder so in einen Beutel verstaute, das kein Staub daran gelangen konnte. „Keine Brüche, du hast verdammtes Glück gehabt Mädchen. Trotzdem, sei vorsichtig, wenn du dich jetzt aufrichtest.“ Sina schnaubte in ihre Maske. Mit dieser Aussage hatte er sich bei ihr schon ziemlich unten durch geschossen. Der sollte aufhören sie wie ein kleines Kind zu behandeln, der war vom Aussehen höchstens fünf Jahre älter als sie. Noch mehr Staub rieselte von ihrer Kleidung, als sie sich aufsetzte und im Hinterkopf fragte Sina sich langsam, wo das alles hergekommen war. Man könnte ja meinen, sie hätte ewig lange hier herum gelegen. Ihr Gegenüber begann leise zu lachen und richtete sich komplett auf, um ihr eine Hand hinzuhalten und Sina dann ebenfalls auf die Beine zu ziehen. Erst jetzt bemerkte sie auch, dass ihre Sachen, im Gegensatz zu der Plane kaum gelitten hatten. Wenigstens zitterten ihre Beine jetzt nicht mehr und die Kurierin blickte sich um. Als sie den Sonnenstand in der trüben Atmosphäre ausmachte, zog sie ihre Augenbrauen zusammen. Kein Wunder, dass man sie gesucht hatte. Sina vermutete dass sie locker zwei Stunden aus ihrem Zeitfenster heraus war, das sie brauchen durfte, um ihr Ziel zu erreichen. Diese dumme Ohnmacht hatte sie komplett für mehrere Stunden ausgenockt. Stöhnend fuhr sie sich mit einer Hand an den Kopf, was ihr einen fragenden, aber auch abschätzenden Seitenblick des Mannes einbrachte. „Schon gut. Geht schon.“ Wenigstens funktionierte das Display in ihrer Brille noch und ein kurzer Blick reichte, dass sie wusste, dass wenigstens acht Marsstunden seit ihrem Aufbruch vergangen waren. Mehrere Leute machten sich derweil an dem Hoverboard zu schaffen, sammelten die, teilweise verlorene Ladung wieder ein, und kontrollierten die Maschine auf Schäden. Ersatzteile waren hier schwer zu bekommen. Deshalb ging man lieber vorher auf Nummer sicher, bevor man ein Gerät wieder in Betrieb nahm, als das es von dem allgegenwärtigen Marsstaub zerstört wurde. Es gab nun mal Bereiche, da hatte der Dreck nichts zu suchen, auch wenn das bedeutete, dass sogar Pinsel und kleine Gebläse zum Einsatz kamen um die Sauberkeit wieder her zu stellen. Nur alle acht Marsjahre, wenn Erde und Mars sich am nächsten standen, gab es eine Materiallieferung von der Erde und diese fiel mit jedem Zyklus immer dürftiger aus. Meistens wurden auch die Schiffe ausgeschlachtet, denn alles konnte man hier oben verwenden. Zurück zur Erde wollte bisher niemand. Die ersten Siedler hatten sich für ein Marsleben entschieden und selbst, wenn jemand zurück wollte, es gab keinen Treibstoff. So würden wohl die Marsgeborenen kaum eine Chance erhalten die Wurzeln ihrer Vorfahren zu ergründen. „Mach langsam“, kam die Stimme von dem Mann wieder in ihre Gedanken, als sie sich auf ihr Hoverboard zubewegte. Sina blickte kurz über das Ausmaß der Schäden und kontrollierte die Steuereinheit, was ihr durchaus strafende Blicke der anderen Anwesenden einbrachte, die ebenfalls an dem Gerät arbeiteten. Doch Sina kümmerte sich nicht darum. Da die meisten Anzeigen soweit in Ordnung waren, wollte sie schnell weiter. „Könnt ihr das bitte später machen?“ Entgeisterte Blicke erntete Sina für diese Bitte. „Ihr Gefährt ist beschädigt und die Ladung fiel aus bisher ungeklärter Höhe auf den Boden. Beide müssen überprüft werden. Außerdem ist das Energielevel der Brennstoffzelle nicht mehr ausreichend um das Ziel auf normalem Weg zu erreichen.“ Wieder trat der Erstversorger von ihr in ihr Blickfeld und griff nach ihrem Arm. „Bitte lass sie ihre Arbeit tun. Niemand ist es geholfen, wenn einer von uns den Helden spielt und dann auch noch defekte Dinge abliefert, die vor Ort nicht repariert werden können.“ Obwohl Sina sich aus seinem Griff befreien wollte, zog er sie ein Stück weiter, so das sie den Canyon sehen konnte. „Schon mal einen Blick riskiert? Ich weiß, dass Ihr an dieser Stelle gerne eine Abkürzung nehmt.“ Seine Hand deutete auf die Klippe und die junge Kurierin kniff die Augen zusammen. Etwas war anders. Gravierend anders. Ein weiterer Gedanke reichte, damit eine Holokarte sich über das reelle Sichtfeld schob. Das, was Sina darauf sah, ließ sie schlucken. Die Felsnadeln auf der anderen Seite, welchen in ihren Karten eingezeichnet waren, waren nicht mehr existent. Nie im Leben würde sie es ohne diese hinüber schaffen. Die Lieferantin spürte, wie ihre Beine wieder drohten unter ihrem Gewicht wieder weich zu werden, als ihr Bewusst wurde, dass sie jetzt mit großer Wahrscheinlichkeit verdammt tief gefallen wäre, wenn dieses Wetterphänomen ihre Pläne nicht zerstört hätte. „Hey“, plötzlich spürte sie, wie sie ergriffen und mühelos hochgehoben wurde. Ihr Kopf ruckte herum. Der Mann hatte ihren Arm losgelassen und sie nun hoch genommen, so als habe er um ihren Zustand gewusst. Die Art und Weise, wie er sie dabei hielt, ließ vermuten, dass er erst vor kurzen auf dem Mars angekommen war und dadurch ihr gewisse Kraftvorteile besaß. Immerhin wog hier alles nur knapp ein Drittel. „Lassen Sie mich sofort runter“, fauchte Sina aufgebracht. Doch ihr Ersthelfer dachte nicht im Traum daran. „Die Felsen sind beim letzten Sturm abgebrochen. Bisher bestand jedoch kein Kontakt zur Zentrale um es weiter zu übermitteln. Deshalb hatten wir hier eine Wache aufgestellt, der Euch warnen sollte. Scheinbar hat er geschlafen.“ Das erklärte dann wohl auch warum man sie so schnell fand. Der Canyon lag schon etwas abseits der Siedlungen und nicht jeder war so verrückt und versuchte den Sprung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)