Gipfelstürmer von Puppenprinzessin ================================================================================ Prolog: Damals. --------------- Es war bereits Ende November, einige Monate nach dem für diese Geschichte bedeutenden Ereignis, und in fast 1900 Metern über dem Meeresspiegel war nicht erst kürzlich der Winter angebrochen. In Südtirol war das Auftreten von Schneestürmen kein Wunder; doch die Art und Weise wie sie durchlebt wurden, war scheinbar verschieden. Wie sonst sollte man erklären, dass eine kleine Gruppe von Hütten unweit der Gipfelstation eines sehr bestimmten Berges um diese Zeit bewohnt war? Bewohnt mit zehn glückstrunkenen Halberwachsenen, die unter dem Alkohol- und Hormoneinfluss wohl kaum noch zu großartiger Ratio fähig waren. Allerdings reichte es nicht, ihren Aufenthalt damit zu begründen, dass sie Schneestürme einmal auf eine andere Weise durchleben wollen, als die herkömmliche tiroler Bevölkerung. Ihr Auftauchen auf diesem Gipfel hatte einen anderen Grund… „Auf unser gottverdammtes fucking Abitur!“ „Zum dreiundzwanzigsten Mal...“ Das Klirren von aufeinandertreffendem Glas hallte durch eine der fünf Hütten die die Clique angemietet hatte, gefolgt von fröhlichem und definitiv beschwipstem Lachen. „Dass du überhaupt noch zählen kannst, wundert mich ja ein wenig.“ „Mich nicht. Im Zählen ist er doch ganz große Klasse – besonders wenn es um Geld geht!“ Erneut war Gelächter zu hören, ein grobes Mischmasch aus den Stimmen der Leute, die die letzten Jahre ihres Lebens miteinander verbracht hatten. Sie waren zusammengewachsen auf die eine oder andere Art, hatten sich gegenseitig geholfen, wobei sie oft genug zusammen in der gleichen Krise gesteckt hatten. Es war ihr Abschied vom Leben wie sie es kannten. „Na komm schon, Konan, mach den Sack wieder auf!“ Anscheinend fand ihr kleines Spiel Anklang; auf die Worte des Schwarzhaarigen hin schmiss ihm die junge Frau das kleine Stoffbeutelchen zu. Itachi war normalerweise nicht in diesem Ausmaß gesprächig – aber der Alkohol und das übermäßig aufgekratzte Verhalten der ganzen Gruppe taten ihr Übriges um ihn in eine sehr umgängliche Stimmung zu befördern. Neun Augenpaare waren inzwischen sehr interessiert auf des Uchihas Hand gerichtet, deren schlanke Finger für einen Moment zwischen die Stofflagen fuhren und einen kleinen Zettel hervorzogen. Für den momentanen Alkoholpegel noch immer sehr geschickt entfaltete er das Papier und las die Worte vor. „Was sind deine Wünsche für die Zukunft?“ „Ein unbegrenzter Vorrat an Alkohol!“ Hidan, der Silberhaarige, der gegen einen der Innenpfeiler der Hütte gelehnt saß, hob wie zur Bestätigung seine Bierflasche und leerte sie bis zur Hälfte. Ein Schokodrop traf ihn an der Stirn. „Du Vollhorst, es ist Itachi der antworten soll, hm! Dass du nichts anderes im Kopf hast als Alkohol, wissen wir ja…“ „Stimmt nicht ganz, Deidara. Der Alkohol muss sich den Platz mit Kakuzu teilen.“ Die beiden Kunstbegeisterten saßen gegenüber von Hidan; Sasori war gegen den zweiten Pfeiler gelehnt und bot sich Deidara als Rückenlehne an. Letzterer hatte die Hand noch immer in einem Schälchen besagter Schokodrops vergraben – zumindest bis Kakuzu, welcher zwischen ihm und Hidan saß, sie ihm wegnahm. „Zumindest sind wir uns darüber klar. Ihr zieht ja immer noch eure Scharade ab. Man würde meinen nach den letzten Jahren würdet ihr mal mit der Sprache rausrücken. Die Turtelei ist ja nicht zu ertragen.“ Die Stimme des Gebräunten hatte einen Hauch von Heuchelei an sich haften, sein Blick war herausfordernd. Es war nicht sonderlich unerwartet, dass jenes Thema einmal mehr zur Sprache kam. „Fick dich, du Arsch! Ich hab ‘ne Freundin, hm. Außerdem wäre das wie Inzest.“ Und da Sasori und er tatsächlich zusammen groß geworden waren, glaubte er auch daran. Dass Konan besagtem Rotschopf einen neugierigen Blick auf sein Schweigen hin zu warf, bemerkte niemand. Allerdings schaltete sie sich schnell wieder ein, um das gemurmelte „Jaja“ von Hidan zu übertönen. „Wir könnten uns eigentlich alle mal Gedanken über die Zukunftsfrage machen, meint ihr nicht? Die Welt liegt vor uns…“ Erwartungsvoll sah sie in die Runde und stieß schließlich Kisame an, den Hünen der Gruppe, welcher sich zu einem leicht frustrierten Seufzen herabließ. „Ich bin nächstes Frühjahr weg hier.“ Verwirrte Stille. „Ich hab einen Praktikumsplatz. Australien. Das große Los. Vielleicht lassen sie mich mein Biologiestudium dort anfangen.“ Er zuckte einmal mit den Schultern und nippte dann an seinem Bier als noch immer niemand etwas sagte. Konan riss sich als erste wieder zusammen. „Ich hoffe, du kommst zurück?“ Ein kleines, fast nervöses Lachen war zu hören. Langsam ging allen auf, dass sie sich wirklich trennen würden. Kisame nickte, sah aber nach einem Blick in die Runde auf seine andere Seite. „Tobi? Wie sieht‘s mit deiner Zukunft aus?“ Der Kleinere strahlte, angesprochen worden zu sein. Für gewöhnlich verbot man ihm eher den Mund. „Tobi will Lehrer werden und genauso tolle Kinder unterrichten wie uns!“ Seine Worte wurden mit einem winzigen Lächeln auf Itachis Lippen quittiert. „Wir sind keine Kinder mehr, Tobi. Immerhin verabschieden wir uns gerade von unserem alten Leben.“ Er erntete zustimmendes Nicken, aber bis auf Hidan, der bereits wie gewöhnlich mit diversen Kraftausdrücken um sich zu werfen drohte, würde sich wohl niemand wirklich zu der Sache äußern. Tobi allerdings ließ die Schultern hängen. „Was wollt ihr denn alle machen?“ Dass er geknickt war, hörte man ihm an. Der Uchiha gab ein nonchalantes Schulterzucken von sich. „Es ging um Zukunftswünsche. Ich will eigentlich nur, dass es meiner Familie gut geht.“ Überraschend waren seine Worte nicht, immerhin wussten alle, wie groß Itachis Familie war und wie sehr ihre Mitglieder miteinander zusammenhingen. Dass er vermutlich bald in den Familienbetrieb einsteigen würde, war allen ebenso klar, daher bedurfte es keiner weiteren Fragen. „Zetsu?“ Angesprochener stützte soeben sein Kinn in seine Hand. „Wir wollen etwas mit Pflanzen machen“, ließ er verlauten. Über den Plural wunderten sich die Anwesenden ebenso wenig wie über Hidans inflationären Gebrauch von Schimpfwörtern. „Eigentlich ist es schon fast egal… solang es mit botanischem Leben zu tun hat macht es uns glücklich.“ „Wenn wir also jemals an Drogen kommen wollen, fragen wir dich, hm.“ Zwischen dem einen oder anderen Kichern und über Zetsus entrüstetes Gesicht hinweg war Sasoris Seufzen zu hören. „Könntest du das Künstlerklischee einmal nicht bedienen, Deidara? Wir müssen nicht alle high sein um mit unseren Werken klar kommen zu können!“ Der Rotschopf ruckelte einmal mit seinem Oberschenkel, sodass der Jüngere zur Strafe halb auf den Boden rutschte. „Das was du betreibst kann man ja auch keine Kunst nennen, Püppi, hm.“ Sobald die Worte über Deidaras Lippen waren ging ein einstimmiges genervtes Seufzen durch die Runde. Wenn sie einmal anfingen zu streiten, konnte sich das hinziehen. „Ihr studiert beide Kunst?“ warf Konan ein, der wohl an diesem Gesprächsthema noch am meisten lag. Sasori nickte bestätigend. „Allerdings bin ich für bildende Kunst bereits angenommen, während unser Blondchen hier noch auf der Warteliste der freien Kunst steht.“ Für den kleinen Seitenhieb fing er sich zwei Schokodrops ein; Deidara hatte die Schale von Kakuzu zurückerobert. Jener lehnte sich nun ein Stück zurück und hielt seinen Oberkörper mit aufgestützten Händen aufrecht. Sehr wohl schien ihm nicht zu sein. „Ich hab einen Termin für ein Vorstellungsgespräch.“ – Und damit hatte er die absolute Aufmerksamkeit der Gruppe. „Relativ großer Konzern, hat mit Markforschung zu tun. Sehr gut bezahlt.“ „Wie stehen deine Chancen?“ hakte nun Yahiko nach – besser bekannt als Pain in dieser Runde. Er saß zwischen Konan und Hidan und fungierte an ihrer Seite als Klebstoff der Gruppe. Kakuzu kannte sich allerdings auch gut aus im Milieu des Schulterzuckens. „Ganz gut bis jetzt. Kann aber sein, dass ich wegziehen muss, wenn sie mich nehmen.“ „Aha. Und wann hattest du vor, das verfickt nochmal zu erwähnen?“ „Sobald etwas feststeht. Ich seh nicht ein, Wirbel um die Sache zu machen, bevor ich genaues weiß. Jetzt führ dich nicht auf wie eine Dreijährige die den Lolli nicht kriegt.“ Scheinbar sah Hidan das anders; er erhob sich schwankend und taumelte in Richtung Bad davon. „Ich bin Pissen, ihr Pisser. Scheinbar zählt ja eh nicht, was ich zu der beschissenen Sache zu sagen hab!“ Das Knallgeräusch der ins Schloss geschleuderten Tür gab ausreichend Auskunft darüber, dass Hidan nicht sonderlich begeistert über den Entschluss seines Freundes war. Jener sah allerdings nur über dessen nun leeren Platz hinweg und Pain an. „Da es um Wünsche ging… ich würde gern an der Seite der Frau bleiben die ich liebe.“ Allgemeine entrüstete „Oooooh“s klangen durch den Raum und mehrere Schokodrops und anderer Knabberkram flogen, während Konan noch versuchte, ihrem Freund zwischen all dem Chaos lachend einen Kuss auf die Wange zu drücken. „Das hast du schön gesagt, aber ich denke, ich werde dir den Alkohol entziehen~“ Zwar neckte ihn die Blauhaarige zurück, da ihr aber ein ähnlicher Wunsch durch den Kopf gegangen war, war sie recht zufrieden mit Yahikos Antwort. Dieser setzte sich nun ein wenig aufrechter hin und schien nachzudenken. „Allerdings wäre da noch zu wünschen, dass wir uns mal wiedersehen, meint ihr nicht? Unter den Umständen…“ Er sah erst du Kisame, dann zu Kakuzu und warf noch einen Blick in die Runde. „Naja, wenn wir uns zerstreuen sehen wir uns so schnell nicht mehr wieder.“ Es kehrte Ruhe ein, die nur durch den Silberhaarigen unterbrochen wurde, der nun von der Toilette zurückkam. „Grabesstimmung oder was?“ „Uns fiel gerade auf, dass wir uns bald nicht mehr gegenseitig mit uns herumschlagen müssen“, antwortete Sasori leicht ätzend. Ob ihm Hidan fehlen würde? Wohl eher nicht. „Kommt mir ganz recht, ihr Flachpfeifen.“ Nur an der Tatsache, dass ein wenig Genervtheit aus seiner Stimme verschwunden war, konnte man Hidan anmerken, dass er vielleicht doch ein klein wenig Wehmut verspürte. „Also? Was tun wir dagegen?“ Konan hatte die Klage über das Problem übersprungen und war zur Lösungsfindung übergegangen, was nicht unüblich war. Itachis Mundwinkel hob sich. „Du hast noch einen Zukunftswunsch frei.“ Bernsteinfarbene Augen fixierten ihn, bevor sich die Blauhaarige an alle wandte. „Na gut, dann… dann wünsche ich mir, dass wir uns wiedersehen. Hier. In, sagen wir… fünf Jahren?“ „Bis dahin ist bestimmt schon einer von uns draufgegangen“, wandte Hidan ein, zeigte aber ansonsten keinen weiteren Widerspruch. „Bis dahin kann Kuzu die Sache sicher schon allein finanzieren!“ Der Spruch kam von Kisame und erntete freudiges Lachen – ebenso wie einen bösen Blick von jenem Erwähnten. „Eher bleib ich in unserem Kaff, als dass ich die Party hier bezahle!“ Erneutes Lachen folgte und die Blauhaarige machte sich langsam daran, neun Pinnchen zu füllen. „Ich finde die Idee gar nicht so übel. Wer weiß, wo wir in fünf Jahren stehen…“ Sasori würde nicht auch noch einwenden, dass ein wenig Besinnung vielleicht nicht die schlechteste Idee wäre – aber genau das dachte er, als er eines der kleinen Gläser entgegennahm. Zetsu schien seine Worte allerdings unheimlich unterhaltsam zu finden. „Du bist also derjenige von euch beiden der steht?“ Das suggestive Grinsen ließ des Rotschopfes Mimik einfrieren, bevor erneut Schokodrops durch die Luft schossen und Gelächter erklang. Die Künstler hatten zur Ausnahme mal dieselbe Idee gehabt. Yahiko mischte sich mit einem Räuspern ein. „Also, fünf Jahre? Hier?“ – Zustimmendes Nicken. Es war klar, dass entweder er oder Konan sich um die entsprechende Organisation würde kümmern müssen. „Na dann – auf ‘in fünf Jahren‘!“ „Und auf unser gottverdammtes fucking Abitur!“ „Zum vierundzwanzigsten Mal…“ Wieder wurde das Klirren von Gläsern – und einer Flasche – mit lautem Lachen begleitet. Sie feierten bis in den Morgen, bis der Schneesturm sich endlich legte und die Hälfte von ihnen es nicht einmal bis zurück in ihre Hütten schafften. Es war ein Versprechen, das an diesem Abend gegeben worden war, ein Schwur, der sie alle verband. Kapitel 1: Vorbereitungen ------------------------- Warmer Sommerregen prasselte gegen die Fenster der kleinen Wohnung und bahnte sich seinen Weg unter dem oberen Balkon hindurch, um auf der Plattform darunter nasse Spuren zu hinterlassen. Kleine Rinnsale bildeten sich und zogen ihre eigenen eleganten Muster auf den grauen Grund, bevor sie, von der Schwerkraft gezogen, auf den Rand des Vorsprunges zuhielten und sich als Tropfen erneut auf ihre weitere Reise begaben. Es war der einzige Balkon an dieser Seite des Hauses, der belegt war. Bernsteinfarbene Augen hatten ihren Fokus verloren, müde von dem immerwährenden Versuch, sich auf die Abwärtsbewegungen der Regentropfen zu konzentrieren. Konan zog die Strickjacke ein wenig enger um ihre Schultern, obwohl ihr nicht wirklich kalt war – nur ihre Gedanken waren zu einem Ort gewandert an dem es um einiges eisiger war als dort wo sie sich nun befand. Mit einem leisen Quietschen glitt die Balkontür auf, nach einem kurzen Moment wieder zu und das leise Scharren eines Stuhles der zurecht gerückt wurde erklang, bevor Yahiko sich neben der Blauhaarigen niederließ. Er bot ihr eine der beiden Tassen an, die er mitgebracht hatte und Konan nahm sie dankbar an, schlang fröstelnd ihre Finger um das warme Porzellan. Eine Weile schwiegen sie, bis er schließlich das Wort ergriff. „Wir müssen die Reservierung bald bestätigen.“ Seine Stimme war über das gemächliche Plätschern des Regens besser zu hören als geglaubt; vielleicht waren sie aber auch mittlerweile so sehr aneinander gewöhnt, dass sie jedes Wispern hätten identifizieren können, egal unter welchen Umständen. Er hatte die Vermutung, dass seiner Freundin jenes Thema schon eine Weile im Kopf herumschwirrte und ihre gewöhnliche praktische Art dahingehend beeinflusste, dass sie sich immer mehr Gedanken machte und sich damit unangenehm erfolgreich ablenkte. Tatsächlich nickte sie nun nur einmal, nippte an ihrer Tasse und sah ihn dann an. "Jasmintee?“ Er erwiderte die Geste und wartete, bis sie fortfuhr. „Ich weiß. Es ist nur so viel passiert seit… damals.“ Tatsächlich fragte sie sich manchmal, ob es Sinn hatte, sich an den Schwur zu halten, den sie vor all den Jahren abgelegt hatten. Teilweise hatte sie die Leute nach diesem Urlaub nur noch ein oder zwei Mal gesehen. Trotzdem… Es war eine Entscheidung, die sie nicht allein zu treffen hatte – was sie dazu brachte, sich einmal mehr an Yahiko zu wenden. „Glaubst du, sie erinnern sich? Und wenn… ist es das, was sie wollen?“ Der Orangehaarige sah sie lange an, bevor er antwortete; es fiel ihm meist erstaunlich leicht, die richtigen Worte zu finden, um Konan den Rückhalt zu geben, den sie brauchte. Diese Sache war nur leider ein wenig anders, da er teilweise dieselben Zweifel hegte. Er zeigte sie nur nicht. „Ich denke, sie erinnern sich. Was ihre Bereitwilligkeit angeht – ich bin optimistisch, aber um es genau zu wissen, wird uns nicht viel anderes übrig bleiben, als sie zu fragen. Zu den meisten haben wir noch Kontakt und den Rest zu finden wird sicherlich keine ernstzunehmende Aufgabe, oder?“ Er schenkte seiner Freundin ein Lächeln; sie würde das versteckte Kompliment erkennen, denn wenn es um Recherchearbeiten ging war sie außergewöhnlich begabt – so begabt, dass sie schließlich einen Beruf in der entsprechenden Sparte gefunden hatte. In der Tat setzte sich ein kleines Schmunzeln durch und zog Konans Mundwinkel nach oben. „Vermutlich nicht.“ Sie seufzte kurz. „Aber ich werde versuchen, erst alle zu erreichen, bevor ich die Buchung bestätige. Wenn sich ihre Meinung geändert hat, sitzen wir noch allein auf diesem Berg.“ „… was an sich nicht sonderlich schlimm wäre, meinst du nicht?“ Yahiko griff nun tief ins Trickregister um die Blauhaarige aufzumuntern und ihr ein wenig die Zweifel zu nehmen – Konans leises Lachen war diesen Spruch durchaus wert. Obwohl die Sprachmelodie neckend war, hieß es nicht, dass die Worte keinen wahren Kern enthielten, doch das war nicht das Ziel, das sie eigentlich vor Augen hatten. Er lehnte sich für einen Moment vor, um einen Kuss auf ihre noch immer lächelnden Lippen zu legen. „Wir können ja einmal durchgehen, an wen wir ohne Probleme herankommen. Sasoris Email hast du ja, damit wäre das Blondchen auch abgehakt…“ Konan nickte, bevor sie fortfuhr. „Irgendwo habe ich sicher auch noch die Email von Kisame. An Kakuzu könntest du über die Firma kommen, oder? Arbeitet ihr nicht hin und wieder an gemeinsamen Projekten?“ Besagter Geizhals war vor einigen Jahren aus ihrer Heimatstadt weggezogen und vermutlich hätten sie sich komplett aus den Augen verloren, hätten Yahiko und er sich nicht sehr überraschend auf einem geschäftlichen Meeting wiedergesehen. Seit diesem Tag hatten sie die geschäftliche Mailadresse des jeweils anderen, um sich auch auf diese Weise im Notfall aushelfen zu können. Der Orangehaarige bejahte also, fügte aber zweifelnd hinzu: „Ich fürchte, bei ihm und Hidan müssen wir vorsichtig vorgehen. Er sagte mir damals, dass sie sich getrennt hätten, als er wegzog. Ich schätze, unser Kraftausdruckfanatiker hat das nicht so gut aufgenommen. Er würde wohl auch in deinen Arbeitsbereich fallen, ich habe keine Ahnung, wie wir ihn erreichen sollen. Gleiches gilt für Zetzu.“ Er nahm ein paar tiefe Schlucke von seinem Tee, die von sehr regem Interesse am Regen begleitet wurden. Bei der Aufzählung ihrer alten Gruppenmitglieder hatte sich eine Erinnerung als weitaus zu präsent herausgestellt; er wurde erst wieder aus seinen Gedanken gerissen, als Konan ihre Hand auf seine schob. „Das wird kein Problem sein, ich finde sie schon. Bliebe noch Itachi… aber ich bin mir sicher, noch irgendwo eine Telefonnummer zu haben.“ Langsam war die Motivation in ihre Stimme zurückgekehrt, wo sich die kleine Spur eines Lächelns allerdings nicht halten konnte. Sie hatte eine recht genaue Idee davon, was ihr Freund dachte. „Wir sollten Kerzen mitnehmen“, fügte sie letztendlich hinzu und drückte einmal seine Hand. Yahiko nickte bestätigend bevor sie in einvernehmliches Schweigen drifteten. Einige Stunden später in anderen vier Wänden fuhren schmale Finger durch rote Strubbelhaare, bevor ihr Inhaber mit ihnen seinen Mund schürzte. Sasoris Augen gingen den Text der Email noch einmal durch, bevor er sich zurücklehnte und stumm den Bildschirm anstarrte. Ihm war klar gewesen, dass Konan an ihr Versprechen denken würden – was er allerdings schlicht nicht wahrgenommen hatte war, dass die nötigen fünf Jahre für seine Erfüllung bereits vergangen waren. Der Zeitpunkt war denkbar schlecht gewählt, aber für diesen Umstand war niemand zur Rechenschaft zu ziehen außer ihm selbst; des Rothaarigen Pläne für den Rest des Jahres hatten nämlich in keiner Weise vorgesehen, einen Abstecher in die Alpen zu machen. Mit einem unwilligen Seufzen lehnte er sich erneut vor und leitete den Druckvorgang ein, um den Gegenstand seiner Unruhe auf Papier zu bannen und ihn seinem Mitbewohner unter die Nase zu halten. Es dauerte nicht lang, bis er im Flur ihrer gemeinsamen Wohnung stand und per Ohrenspitzen herauszufinden versuchte, wo sich der blonde Chaoskünstler befand. Er war nicht sonderlich erfolgreich, aber ein Blick auf den Wohnungseingang und die Schuhe die in dieser Richtung lagen sagte ihm, dass Deidara sehr wohl zu Haus war. Seine Finger schlugen barsch gegen das Holz seiner Zimmertür – immer öfter und immer lauter bis er schließlich ein Lebenszeichen erhielt und die Tür einen Spalt öffnete. Die Sicht die Sasori dadurch erhielt offenbarte einen scheinbar explodierten blonden Haarschopf auf dem Hochbett des Künstlers, aus dem erst zwei blaue Augen hervorlugten, als der Kopf zu dem die Einzelheiten alle gehörten leicht angehoben wurde und ihn verschlafen ansahen. Er trat näher. „Es ist nachmittags, Deidara. Will ich wissen, wieso du um diese Uhrzeit im Bett liegst?“ Eine rothaarige Augenbraue war zweifelnd nach oben gezogen und schickte sich an, noch höher zu wandern, als ein unwilliges Grummeln vom Bett kam. „Klausur um acht, hm. Was ist?“ Der Jüngere war bis zur vorderen Bettkante gerobbt, um Sasori wenigstens mit halb offenen Augen ansehen zu können. Mit dieser Begründung würden auch drei Tage im Bett zu rechtfertigen sein. Zumindest wenn es nach dem Blonden ging. Sobald er das Papier in dessen Hand ausmachte setzte er noch warnend hinzu: „Erwarte nicht, dass ich lese, hm. Ich seh ja dich schon kaum.“ – Und damit waren seine Augen wieder zugefallen. „Aber ich höre dich.“ Manches Mal wenn Sasori den Gedanken hatte, dass sie glücklicherweise keine fünfzehn mehr waren, maneuvrierte er sich in eine solche Situation und musste den Satz in seinem Hirn bearbeiten: Gut, dass er keine fünfzehn mehr war. Nicht, dass er es nicht gewohnt war – vierundzwanzig Jahre mittlerweile – aber er konnte noch immer nur den Kopf über derartige Verhaltensweisen schütteln. Abgesehen davon sagte ihm die Erfahrung auch, dass es sinnlos wäre, den Blonden belehren zu wollen. „Was fällt dir ein, wenn ich das Wort ‘Skihütte‘ sage? Konan hat sich gemeldet.“ Scheinbar ratterte es in dem blonden Oberstübchen, bis er schließlich ein Auge wieder öffnete und den Kopf leicht anhob. „Es ist dieses Jahr, hm? Wann fahren wir?“ Für ihn hatte sich die Frage überhaupt zu fahren gar nicht gestellt. Auf Sasoris leicht überraschtes Schweigen hin öffnete sich auch das andere Auge. „Wir fahren doch, oder?“ „Ich weiß es nicht.“ Wieder fuhr er sich mit der Hand durch die Haare. „Sie sagt, sie hat noch nicht alle erreicht, aber die Hütten sind reserviert. Anscheinend ist sie sich nicht sicher, ob das Interesse noch besteht.“ Nunja, die Frage, ob Deidara mitfahren würde, hatte sich anscheinend gerade beantwortet. Wenn der bloße Gedanke den Schlaf aus seinen Augen vertreiben konnte, dann sollte das etwas für die Sache vielversprechendes heißen. „Bis jetzt ist ein Termin Anfang November angedacht. Die zweite Woche.“ Der Blonde nickte. „Über deinen Geburtstag, hm. Das wird mal eine andere Art zu feiern.“ Langsam richtete er sich auf und rieb sich über die Augen. „Ich weiß noch nicht, ob ich mitfahre.“ „Was?“ Dass azurfarbene Augen ihn nun zu gleichen Maßen verwirrt und anklagend ansahen, versuchte er zu ignorieren… erfolglos. „Es ist noch nicht sicher ab wann ich die neue Wohnung bekomme. Vielleicht ziehe ich dann schon um – und finanziell wird es dann auch nicht allzu leicht.“ Abgesehen davon, dass er in diesem Falle ohnehin noch einige Mietraten zahlen müsste, da er kurzfristig auszuziehen gedachte. Der Blick in Deidaras Augen allerdings wurde immer stechender. Von Schlaf war keine Spur mehr zu sehen. „Du kommst mit, hm. Ich fahr nicht ohne meinen besten Freund, und ich fahre definitiv. Sieh es als Geburtstagsgeschenk an, hm. Keine Widerrede.“ Grummelnd fuhr sich der Jüngere durch die Haare, fluchte, als er Knoten entdeckte, und schickte sich an, aus dem Bett zu klettern. Sasori hatte mittlerweile die Arme vor der Brust verschränkt. „Du weißt, dass ich es hasse, wenn du das tust. Komm mir nicht mit der Freundschaftsnummer.“ Zwar war an der Betitelung nicht zu rütteln, aber er war nicht sonderlich erpicht darauf, Dinge zu tun nur weil man eine persönliche Bindung zueinander hatte. Besonders, wenn dem nun eventuell eine berufliche Verpflichtung entgegenstand. Er hatte sich nicht umsonst für die Universität den Hintern aufgerissen – dieser Job war wichtig für ihn. Einige Augenblicke später stand der Blonde vor ihm, die Arme ebenfalls vor der – nackten – Brust verschränkt. „Dann gib nach. Du hast eh keine Chance, hm.“ Er nahm dem Kleineren das Papier mit dem Anlass ihres Gespräches aus der Hand und wehrte sich vehement gehen eine Rückgabe des selbigen. Anstatt vergleichbares auch nur in Erwägung zu ziehen, drehte er ihm den Rücken zu, tappste zu seiner Kommode und beförderte Sportkleidung zum Vorschein. „Ich regle das schon, mach dir keinen Kopf darum, hm. Wenn du drauf bestehst können wir noch mal drüber diskutieren, wenn ich wieder da bin.“ Er hatte die Augen verdreht, sah Deidara nun aber nur minimal irritiert an – oder viel eher seinen Rücken. „Was treibst du?“ „Joggen gehen, Danna~ Auch ich muss ein bisschen was dafür tun, um meinen perfekten Körper zu stählen, hm.“ Er sah kurz über die Schulter und ließ ein azurblaues Auge zwinkern, bevor flinke Finger zu seiner Hüfte wanderten und den dort befindlichen Stoff nach unten schoben. „Deidara, was zur…?!“ Der Ältere hatte sich auf dem Absatz umgedreht; auf diese Weise bemerkte wohl auch niemand das Puterrot, welches nun sein Gesicht färbte. Das hier war wohl sein Zeichen, den Raum besser zu verlassen – was er auch tat. Hinter ihm war nur ein Kichern zu hören. „Dass du dich so anstellst… Wir kennen uns seit wir klein sind!“ „Das ist kein Grund für Pietätlosigkeit!“ „Jaja, hm. Reg dich ab, sonst platzt dir noch was~“ „Tz.“ Und damit war Sasori aus dem Zimmer des Blonden geflohen, bevor er noch mehr nackte Haut zu Gesicht bekam. Wieso hatte er nur das Gefühl, gleich doppelt in der Scheiße zu stecken? Alter Freund, wir hoffen, es geht dir gut – und die Kasse klingelt ordentlich. Da wir während der letzten Jahre nicht viel außergeschäftlichen Kontakt hatten, bringt uns nun ein altes Versprechen dazu, uns zu melden. Du kannst dich sicherlich an das erinnern, was wir uns vor fünf Jahren geschworen haben? Wir haben in den letzten Wochen ausreichend Vorbereitungen getroffen, um die Einhaltung besagten Schwures zu gewährleisten; die Hütten sind reserviert und die Planung wäre so weit durch. Das einzige was und noch fehlt sind unsere Mitglieder. Momentan versuchen wir, alle zu erreichen und wieder zusammen zu bekommen. Der Termin läge dieses Jahr Anfang November und wir hoffen natürlich, dass du es einrichten kannst. Bitte lass mal wieder was von dir hören – und erstick nicht an Geldnoten! Grüße, Konan & Yahiko Hallo ihr zwei. An Geldnoten ersticke ich nicht, so schwer es mir fällt, das zuzugeben. Die Geschäfte laufen nicht so wie sie sollten, daher wären ein paar Bier wohl nicht die schlechteste Idee. Ich werde sehen, dass ich was freischaufeln kann – natürlich unter der Prämisse, dass kein Auftrag reinkommt. Allerdings glaube ich nicht daran, dass ihr die große Wiedervereinigung feiern könnt. Unsere Puffmutter deluxe wird wohl kaum auftauchen, wenn er weiß, dass ich erwäge, zu kommen. Lasst euch was einfallen. Kakuzu „…“ „…“ „… Chef am Apparat, wer stört?“ Halb erleichtertes, halb entnervtes Seufzen. „Geht dein Ego auch einmal nicht mit dir durch?“ „So möge die Arschkrampe am anderen Ende der Leitung ihre Identität kundtun, auf dass ich sie nicht direkt mit besagtem Ego erschlage.“ „Hidan, hier ist Pain. Wann hast du den Duden verschluckt?“ „Ehy, nur weil ich nich’ studiert hab, heißt das nicht, dass ich blöd bin. Womit hab ich die Ehre verdient, dass Leader-chan sich bei mir meldet?“ Belustigte Skepsis. Pause, dann: „Hättest du uns mitgeteilt, wie wir dich hätten erreichen können, als du spurlos verschwunden bist, hätten wir uns sicherlich auch eher gemeldet und Konan hätte nicht erst Himmel und Hölle in Bewegung setzen müssen, um dich zu finden!“ Minimal vorwurfsvoll. „Es sind fünf Jahre vergangen, Hidan, wir beabsichtigen, auf den verschneiten Hügel zurückzu—„ „Ohne mich.“ „Was?“ Verwunderung. „Ohne mich. Hörst du schlecht? Ihr Vollpfosten könnt gern allein die scheiß Revivaltour durchziehen, ich hab da keinen Bock drauf.“ „Wir können nicht ohne dich fahren, was sollen wir ohne dein riesen Mundwerk machen? Das wird doch langweilig.“ Prusten. „Ja, sicher. Neee, die Spinner kann ich mir nich’ ziehen. Ist noch was?“ Stille. „Kakuzu hat abgesagt.“ Stille. “Vielleicht überlegst du’s dir noch mal? Du musst ihm nicht über den Weg la—„ „ALTER, WAS INTERESSIERT MICH DIESE FLACHPFEIFE? Als ob ich das von ihm abhängig machen würde! Der Wichser ist mir vollkommen egal!“ „Wieso willst du dann nicht mitkommen?“ Stille. „Hidan, wir haben uns geschworen, das zusammen durchzuziehen. Gib mir deine Mailadresse, ich schick dir die Reisedaten, dann schwingst du deinen Hintern auf diesen Gipfel.“ „Hat ja gut geklappt mit dem ‚zusammen’ – wenn die olle Trulla nicht mitkommt, sind es eh nicht alle.“ „Ich dachte, du machst es nicht von ihm abhängig? Vielleicht hab ich mich auch getäuscht, als ich dachte, du wärst über die ganze Sache hinweg und hättest einfach Lust auf ein paar Tage mit der alten Clique.“ Heftiges Schnaufen. „Du bist ’ne elende Pussy, Pain. Weil du noch an deiner Frau klebst, muss ich nicht an meiner kleben.“ Knurren. „Schick mir den Scheiß. Und wunder dich nicht, wenn ich euch eins überzieh.“ „Ist gut. Ich meld mich da—„ Tüüüüt. „…“ „…“ „WAS?!“ “Hidan, deine Mailadresse…“ „LUTSCH MIR DEN SACK! SCHONMAL WAS VON SMS GEHÖRT?“ „Ich –„ Tüüüüt. Hallo Konan, wunder’ dich nicht, ich habe die Email von Sasori – vermutlich würde er mich köpfen, wüsste er, dass ich dir schreibe. Sicher heißt es wieder, ich würde über seinen Kopf entscheiden, blablabla… Du kennst ihn ja, ewig am meckern. Was ich sagen wollte: Wir kommen. Beziehungsweise werde ich kommen und den Möchtegernkünstler mitschleppen. Als ob er ernsthafte Chancen haben würde, zu türmen, tz. Ich für meinen Teil freue mich. Was wir aber nicht vergessen sollten: Sasori hat in der Zeit Geburtstag in der wir da sind. Wir sollten ’ne Party schmeißen. Also… eine größere, als wir ohnehin schon feiern. Wird schon schief gehen. Bis dann! Deidara Hallo Kuzu, wie sieht’s aus bei dir? Konntest du schon in Erfahrung bringen, ob sich der Termin einrichten lässt? Die Reisedaten mit den bisherigen Aufstellungen über Kost und Logis sind im Anhang – wir dachten, dass dich das interessiert. Habe mit Hidan geredet. Scheinbar lagst du nicht so falsch. Ich… habe ihn soweit, dass er kommt. Denke ich. Er weiß nur nicht, dass du das ebenfalls tust. (Und unter uns… der erste Ausraster kam, als ich deinen Namen erwähnte; ich weiß nicht, was zwischen euch gelaufen ist, aber bitte sprengt uns die Hütten nicht in die Luft.) Langsam kriegen wir die Hütten voll. Unser Künstlerduo scheint ebenfalls eingespannt. Meld dich. Yahiko. Hallo Kisame! Bist du zufällig beim Tauchen ertrunken? Wir machen uns langsam Sorgen, immerhin haben wir seit Monaten nichts von dir gehört. Wie ist es dir ergangen? Bei uns ist doch relativ kurzfristig der Stress ausgebrochen. Mittlerweile sind wir dabei, den alten Haufen wieder zusammenzusuchen – was gar nicht so leicht ist. Wer hätte gedacht, dass sich Zetzu in irgendeinem Örtchen verschanzt hat, das vermutlich nur einen Telefonmast hat? Wir haben Schwierigkeiten, ihn zu erreichen. Auch sonst sieht es bisher… eher mau aus. Es gibt Komplikationen, aber die gab es ja schon immer. Jedenfalls – und das ist auch Anlass dieser Mail – wollten wir dich auch offiziell zu unserem Revival einladen. Wir haben die Hütten für die zweite Novemberwoche und wir hoffen sehr dass du es einrichten kannst. (Nicht zuletzt, weil wir noch jemanden brauchen, der genug Verstand hat, zu schlichten statt zu streiten.) Außerdem bist du der Einzige von uns, der noch Kontakt mit Itachi hat; wäre es möglich, ihn zu informieren? Oder uns zumindest seine Mailadresse zukommen zu lassen? Für’s erste wär’s das dann auch. Lass es dir weiterhin gut gehen! Herzliche Grüße, Y & K Yahiko, freut euch. Ich stehe unter Zwangsurlaub. Zu viele Überstunden. November steht. Und ALTER, Hidan wird AUSRASTEN. Versichert besser euren Kram. Wir sehen uns. K. „… Dies ist der Anschluss von Zetzu –„ „Wir stehen jederzeit für euch zu Verfügung –„ „Nur eben nicht genau jetzt.“ „Vermutlich sind wir entweder im Garten –„ „Im Gewächshaus –„ „Oder in der Wärmekammer im Keller.“ „Du sollst doch die Wärmekammer nicht erwähnen! Sonst haben wir bald wieder die Drogenfahndung am Hals!“ „Ähhh, stimmt. Wir sind auf keinen Fall in der Wärmekammer im Keller!“ Seufzen. „Hinterlasst uns einfach eine Nachricht! Wir rufen bestimmt zurück.“ „… Oder auch nicht.“ „Naja, nicht, wenn ihr die Drogenfahndung seid.“ Piiiiiep. „Zetzu, hier ist Konan. Meine Güte, war es schwer, euch ausfindig zu machen. Ich rufe nur an, weil wir die Skihütten für Anfang November gebucht haben. Ihr wisst schon, unser Versprechen. Es wäre schön, euch dabei zu haben. Meldet euch, ich hinterlasse euch Yahikos und meinen Telefonanschluss. Bis dann!“ Hallo Konan, hallo Yahiko. Mir geht es soweit gut; die letzten Monate liefen unbeschadet, auch wenn man immer hört, dass man sich hier zwischen Naturkatastrophen entscheiden kann: Überschwemmung, Waldbrand oder Tornado. Für mich war Australien definitiv die richtige Entscheidung! Auf jeden Fall freut es mich, von euch zu hören. Vorneweg: Ich habe Itachi eure Mail weitergeleitet, ich hoffe sehr, dass er sich bei euch meldet. Ihr wisst, er ist nicht der gesprächigste, allerdings bezweifle ich, dass er absagen wird. Im Gegensatz zu mir. Ich sags nicht gern, aber ich werde keinen Flug zurück bekommen, der in den Zeitrahmen fällt – abgesehen davon, dass meine Freundin (ja, meine Freundin!) ein Projekt hat, das bis Mitte November fertig werden muss. Ich will sie in der Zeit nicht allein lassen, sonst komme ich wieder Heim, und erkenne das Haus nicht mehr wieder. Wenn sie sich einmal in der Arbeit verliert, geht schnell der Rest den Bach runter… Wie auch immer. Es tut mir leid. Vor allem, weil ich wohl einer derjenigen war, die dem Ganzen sehr positiv gegenübergestanden haben. Falls ich es noch irgendwie einrichten kann, werde ich euch informieren. Bis dahin haltet die Ohren steif – und die Meute unter Kontrolle! Kisa Seufzend lehnte sich die Blauhaarige in den Türrahmen der kleinen Küche und rieb sich mit den Händen über die Oberarme. Wieder war ihr kalt und wieder war es Yahiko, der in besagter Küche stand und zwei große Tassen Tee zubereitete. Als er aufsah, war die Frage in seinem Blick sehr deutlich zu lesen. „Kisame wird es vermutlich nicht schaffen. Ansonsten sieht es relativ gut aus, bis auf dass wir von Zetzu und Itachi noch keine Antwort haben.“ Der Orangehaarige nickte und goss Wasser auf die Teebeutel, welche prompt nach oben schwemmten und an der Oberfläche hin und her schaukelten. „Wir haben noch einige Wochen. Gerade bei unserem Uchihaspross bin ich recht optimistisch.“ Dankend nahm Konan die Tasse entgegen, welche sehr schnell als Wärmequelle ihren Dienst tat. Gemeinsam gingen sie ins Wohnzimmer; der Computer war noch immer an, auf dem Bildschirm die Mail ihres Freundes zu sehen – allerdings wurde beidem keine weitere Beachtung geschenkt, sobald sie sich auf dem Sofa niederließen und sich zusätzlich gegenseitig Wärme spendeten. „Wir werden sehen. Bis dahin heißt es wohl warten. Wieder nickte er. „Bis dahin heißt es warten.“ „…“ „Konan?“ „Kooooonan!“ „Zetzu?“ „Konan!“ „Ja, ich bin’s. Schön, von euch zu hören.“ „Gleichfalls – aber wir haben nicht viel Zeit.“ „Der Keller?“ „Woher…?“ „Pssscht, du sollst den Keller nicht erwähnen!“ „Was gibt’s?“ „Wir rufen nur an, weil wir absagen müssen. Wir werden nicht kommen.“ „Ist sehr kalt auf einem Berg.“ „Und sehr… nicht grün.“ „Und vor allem sehr kalt!“ „Nun, das ist schade. Aber es scheint euch gut zu gehen?“ „Jaah, uns geht es gut. Wir haben genug auf Vorrat, das reicht erstmal ‚ne Wei –-“ „NICHT DEN VORRAT ERWÄHNEN!“ „Jedenfalls können wir nicht. Tut uns leid.“ „Man hört sich ja bestimmt bald mal wieder!“ „… Sicher. Ich werde Yahiko bescheid sagen.“ „Mach das!“ Tüüüüt. Verwirrung. Hallo ihr beiden. Es ist schön, etwas von euch zu hören. Kisame hat mich wissen lassen, was ihr plant – und da ich nicht viel Zeit habe, um ausführlich zu erzählen: Ich werde kommen. Mein Bruder wird in der Zeit den Betrieb übernehmen, es mangelt ihm ohnehin noch an praktischer Erfahrung. Ich freue mich sehr, euch wieder zu sehen; ich wäre euch dankbar, würdet ihr mir noch alle Details zuschicken. Mit freundlichem Gruße, Itachi Uchiha Und somit nahm das Unheil seinen Lauf… Kapitel 2: Fünf vor zwölf ------------------------- Einige weitere Monate waren vergangen in denen die genauen Reiseplanungen ihren Lauf nahmen und Konan sich wie bereits erwartet als Chef der ganzen Operation durchsetzte. Sie war schon seit ihrer Schulzeit diejenige, die organisatorische Dinge in die Hand nahm und tatsächlich die Einzige, bei der aus dieser Organisation auch etwas wurde, das nicht gleich explodierte, auseinander fiel oder gar nicht erst stattfand. Dass sie also nun im Inneren der Talstation stand, deren Gondeln hinauf zu jenen Skihütten fuhren, um die sich ihre letzten Wochen gedreht hatten, war nicht weiter verwunderlich – ebenso wenig wie das Klemmbrett in ihrer einen, der Stift in ihrer anderen Hand, beschäftigt damit, Punkte auf einer wirklich langen Liste abzustreichen. Hin und wieder, wenn sie nicht gerade stand, verfielen ihre Schritte in ein gemäßigtes Auf und Ab, welches ihr beim Nachdenken zu helfen schien. „Schatz, du macht mich nervös.“ Scheinbar wirkte jenes auf und ab Getigere nur auf eine von ihnen hilfreich, sodass Yahiko nun bereits das vierte Mal dieselben Worte an seine Freundin richtete und ein weiteres Mal ignoriert wurde. Ein leises Seufzen seinerseits folgte; er war sich bewusst, dass Konan sich recht immensen Stress wegen dieses ganzen Ausfluges machte und ihre Bedenken, dass sie doch allein an Ort und Stelle enden würden, konnte er nachvollziehen. Die Jungs waren abgesehen von wenigen Ausnahmen nie die Verlässlichsten gewesen, aber man durfte ja wohl hoffen, dass sie durch die Jahre, die sie an Lebenserfahrung dazu gewonnen hatten, nicht nur reifer sondern auch pünktlicher geworden waren. Die Talstation an sich war hübsch ausgestattet. Die Besitzer der Ferienanlage – welche sich mittlerweile um die Hütten erstreckte – hatten das Gelände aufgekauft und entsprechend umgebaut. Dass dieser Trip für sie bezahlbar war, lag wohl daran, dass das System sich noch in einer Probephase befand und sie sozusagen als Versuchskarnickel auf den Berg geschickt wurden. Die Lobby an sich, denn nichts anderes war es, war mit viel hellem Holz ausgestattet; an der Stirnseite des Raumes befand sich eine große Theke, an der momentan noch eine junge Dame und ein etwas älterer Herr arbeiteten. Linksseitig stand eine Sitzecke aus dunklem Leder, bestehend aus einer größeren Couch und mehreren Sesseln, an denen der Orangehaarige genug Gefallen gefunden hatte, um in einem von ihnen zu versinken. Auf der gegenüberliegenden Seite würde sie ein Ausgang zur Gondel erwarten, welche durchaus Platz für ein Duzend Personen bot. Eine Fahrt nach oben würde um die zwanzig Minuten dauern, so sagte man ihnen. Oben würde ihnen dann eine Möglichkeit zur Verfügung stehen, ihr Gepäck einfach und vergleichsweise schnell zu den Hütten zu befördern. All das ging im Kopf des einzigen weiblichen Mitgliedes der Clique vor, in dem es mittlerweile ansatzweise so chaotisch aussah, wie draußen: Es hatte angefangen zu schneien und abertausende der kleinen weißen Flocken wirbelten umher, analog zu den Gedanken der Blauhaarigen. Langsam aber sicher erhöhte sich der Takt ihrer Schritte und ließ Yahikos Nervosität damit nur noch weiter ansteigen. „Konan.“ „…“ „Konan!“ „Huh?“ Endlich eine Reaktion; die Blauhaarige hatte sich zu ihrem Freund umgedreht und fuhr sich nun einmal fahrig durch die Haare. Der Blick in ihren Augen war ein wenig verwirrt, scheinbar war sie wieder in ihren Gedanken versunken gewesen. Yahiko setzte sich auf. „Mach dich nicht verrückt. Es ist viertel vor drei. Sie werden ohnehin nicht alle gleichzeitig auftauchen und wir haben noch einiges an Zeit.“ Seine Beruhigungsversuche waren in letzter Zeit immer bemühungsintensiver geworden, da sich seine Liebste gern abartig gründlich mit jeder winzigen Einzelheit auseinandersetzte. „Beruhige dich. Es wird gut gehen, davon gehe ich fest aus.“ Seine Worte rangen ihr ein kurzes Nicken ab, ehe seine Aufmerksamkeit von der Frau hinter der Theke beansprucht wurde. Sie winkte sie zu sich hinüber. „Es wird nach deiner Aufmerksamkeit verlangt“, merkte er mit einem kleinen Lächeln an, beobachtete, wie seine Freundin sich etwas verwundert umdrehte, und ließ sich dann in den Sessel zurückfallen. Ihr reinzureden hatte noch nie geholfen. Es dauerte einige Minuten, bis seine davon schweifenden Gedanken erneut unterbrochen wurden – diesmal jedoch nicht von Konans Organisationswut, sondern vom leisen Geräusch einer sich öffnenden Tür und darauf folgenden Schritten. Er drehte sich in seinem Sessel und konnte das spontane Grinsen nicht zurückhalten, als er den Neuankömmling erblickte; auch wenn man sich in fünf Jahren kaum gesehen hatte, erkannte man sich doch. „Itachi!“ Tatsächlich waren die Lippen des Uchihas von einem leichten Lächeln gekräuselt. „Yahiko. Es ist schön, dich zu sehen.“ Angesprochener hatte sich erhoben und tat nun die wenigen Schritte zu seinem Freund hinüber. Der Moment wurde für eine kurze Sondierung der Lage genutzt. „Ich schätze ich bin der Erste?“ Es folgte eine kurze freundschaftliche Begrüßung und das ehemalige Cliquenoberhaupt nickte – ehemalig, weil er sich selbst nicht mehr als solches sah. „Du bist überpünktlich, was mich bei dem Wetter wundert. Ich schätze, wir werden halb versauert sein, bis der Rest aufschlägt.“ Ein kurzer Blick über seine Schulter – Konan war noch immer eingespannt – und er führte den Schwarzhaarigen zu den Sitzmöbeln hinüber. „Wir werden sehen. Ich würde sagen ‚Zeit ist Geld’, aber mit diesem Motto müsste sich jemand anderes besser auskennen.“ „Ihr habt gerufen?“ Ein schweres Paar Stiefel traf auf den hellen Holzboden und erneut schloss sich die Tür. „Ich habe ja eingesehen, dass Anzüge nicht die beste Wahl für diese Amokaktion sind, aber müsst ihr gleich ein so grottiges Wetter heraufbeschwören?“ Kakuzu stand im Türrahmen, tatsächlich tropfend; er schien vom Wetter etwas mitgenommener als Itachi, der erst vor einigen wenigen Momenten eingetroffen war. Die beiden anderen Männer hatten sich noch nicht gesetzt, sodass sie nun etwas überrascht in ihrer noch immer stehenden Position verharrten. „Es gibt eben auch Dinge, die nicht meiner Planung unterliegen.“ Offenbar hatte die Blauhaarige die Besprechung mit dem Personal unterbrochen, denn sie war es, die nun das Wort ergriff und erst Kakuzu – welchem leicht unwohl schien – und dann Itachi umarmte. Gewöhnlich war sie kein Fan von viel Körperkontakt, aber die Umstände geboten es ihr durchaus, eine Ausnahme zu machen. Der Uchihaspross war der nächste, der was Wort ergriff. Noch immer sprach seine Stimme von Verwirrung, was bei ihm an sich schon ungewöhnlich war, behielt er doch meistens die Fassung. „Wo bist du eigentlich so schnell hergekommen? Ich bin doch vor ein paar Sekunden erst…“ Er brach den Satz ab; offenbar hatte er den Älteren beim Hereinkommen nicht gesehen. Kakuzu allerdings sorgte schnell für eine Erklärung. „Ich habe ein ganzes Stück weiter weg geparkt, für den Fall, dass Hidan noch nicht hier sein sollte – was er scheinbar nicht ist. Hätte er meinen Wagen gesehen… nunja, die Chancen stünden gut, dass er einfach umdreht.“ Zwar hatte er sich zuvor vorgenommen, dass er keine großartige Rücksicht auf den Silberhaarigen nehmen würde, jedoch würde es wohl allen – und in erster Linie Konans Planung – quer kommen, würde er auf dem Absatz kehrt machen. Er schlenderte hinüber zur Sitzgruppe, auf der sich schließlich alle gemeinsam niederließen. „Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten, solang Sie noch nicht vollzählig sind?“ Die Mitarbeiterin des Hauses war zurückgekehrt und bot ihnen nun an, was sehr nach Getränkekarten aussah. Nach kurzem Überlegen wurde eine Bestellung getätigt („Wir können ihre Getränke auf die Rechnung schreiben, das ist kein Problem!“) und man verfiel für einen Augenblick in leicht peinlich berührtes Schweigen. Worüber sollte man auch reden, wenn man sich nach einer gefühlten halben Ewigkeit wiedersah? Scheinbar ging ihnen allen in etwa das Gleiche durch den Kopf, bis Yahiko sehr optimistisch ein paar Worte vor sich hinmurmelte. „Es wird schon werden. Erinnert ihr euch daran, wie lang wir damals brauchten, um überhaupt ein Wort miteinander zu wechseln?“ Die Erinnerung rang ihnen einige Momente Nachdenken und angedeutete halb selige, halb leidende Lächeln ab. Kakuzu zuckte kurz mit den Schultern, machte aber einen durchaus belustigten Eindruck. „Eigentlich war es ziemlich…“ „Katastrophal“, beendete Itachi den Satz und beschwor damit ein allseitiges Lachen herauf. Die Laute waren befreiend und hatten eine fast magische Wirkung; sie ließen die anfängliche Steifheit von ihnen abfallen und halfen ihnen, ein Gespräch aufzubauen, das seinen Anfang in Anekdoten aus ihrer Schulzeit fand. Und das alles ohne einen einzigen Tropfen Alkohol. „Ich hab dir gesagt, dass das eine schlechte Idee war! Wie oft hab ich gesagt, was für eine schlechte Idee das ist?!“ Sasoris Hände krallten sich ins Lenkrad seines Wagens, sehr offensichtlich getrieben von der Gespanntheit seines ohnehin eher spärlich vorhandenen Nervenkostüms. Seine Worte richteten sich an seinen blonden Beifahrer… der es vorzog, nicht zu antworten, sondern grinsend zu schweigen. Die ausbleibende Reaktion reizte ihn nur noch mehr und das Gaspedal musste darunter leiden – was eigentlich eine eher weniger intelligente Idee war, da sie dabei waren, bergauf zu fahren und das Wetter sich immer weiter verschlechterte. Sie hatten mittlerweile fast halb vier und dieser bloße Fakt widersprach einem seiner grundlegenden Prinzipien so sehr, dass besagtes Gaspedal bald Bekanntschaft mit dem Boden des Fußraumes machen würde. Er hasste es so sehr, andere Leute warten zu lassen – ebenso, wie er auch selbst äußerst ungern warten gelassen wurde. „Ich schwöre dir, ich lasse dich auf diesem verfluchten Berg sitzen, wenn die Email kommt, dann kannst du zusehen, wie du wieder nach Haus kommst. Ich verstehe nicht, wie ein Mensch auf so eine dämliche Art und Weise stur sein kann…“ Mittlerweile waren die Worte des Rotschopfes wohl mehr rhetorisch gemeint, sodass er gar keine Antwort von Deidara mehr erwartete – was wohl bei genauem Hinsehen auch besser so wahr, sonst würde besagter Blonde noch als Gaspedal enden… wahlweise mit einem Fuß im Gesicht. Lediglich ein Straßenschild beruhigte sein aufgebrachtes Gemüt; es schien nicht mehr ganz so weit zu sein bis zum vereinbarten Treffpunkt. Deidara hielt sich derweil bedeckt. Seiner Meinung nach war es eine wirklich perfekte Idee gewesen, Sasori quasi ins Handgepäck zu stopfen. Er arbeitete viel zu viel und wenn er ehrlich war, fehlte ihm sein bester Freund schon jetzt etwas. In den Jahren in denen sie zusammen zur Uni gegangen waren, hatten sie sich trotz gemeinsamer Wohnung immer weniger gesehen und schon der Gedanke, dass der Rotschopf wegzuziehen gedachte… kam ihm etwas übel wieder hoch. Er hatte sich zu sehr an die Anwesenheit des Anderen gewöhnt, als dass er glaubte, ohne ihn ein halbwegs geregeltes Leben führen zu können… und selbst, wenn er seinen Auszug wirklich durchzog, dann wollte er zumindest noch ein letztes Mal etwas unternehmen, das ihn daran erinnerte, wie sie früher gewesen waren. „Weißt du, Sasori, du wirst mir noch dankbar sein, hm. Sei nicht immer so pessimistisch, das verursacht Falten.“ Das kecke Schmunzeln in seinem Mundwinkel ließ nur schwerlich etwas von seinen Gedanken erahnen – denn dafür neckte er seinen langjährigen Freund auch einfach zu gern. Es war nicht seine Absicht, seine Laune zu vermiesen, aber wenn das der temporäre Tribut für eine gelungene Woche war, dann war er bereit ihn zu zahlen und sich für einige Stunden die Missgunst des Rotschopfes zuzuziehen. Besagter Rotschopf schnaubte leise. „Jaja, dein stählerner und perfekter Körper, blabla, kenne ich schon.“ Tatsächlich hatte er mittlerweile ein recht ausgereiftes System entwickelt, um die Worte des Blonden – sollten sie ihm nicht passen – sehr erfolgreich zu ignorieren. „Wir sind fast da“, murmelte er, während er die letzte Serpentine nahm und sich schließlich ein großer Parkplatz vor ihnen erstreckte, auf dem schon einige Wagen standen. Die Schneeschicht, die zwei von ihnen bedeckte, war noch nicht sonderlich dick. Er zog so nah neben dem Gebäude ein wie es eben ging und löste seufzend seinen Sicherheitsgurt. Sein Blick traf den des anderen Künstlers. „Du hast ja gewonnen. Kannst du jetzt aufhören zu nerven?“ Deidara versuchte sein Lachen zu unterdrücken als er sich zu dem Älteren umwandte. „Nein. Aber ich kann versuchen, ein wenig Rücksicht auf dich zu nehmen, hm.“ Beunruhigend schnell lehnte er sich vor und presste seine Lippen für die Länge eines Augenaufschlages gegen Sasoris Wange – und war aus dem Auto gestiegen, bevor dieser reagieren konnte. Er war bereits um das Auto herum, ehe der leicht schockierte Rotschopf sich aus seiner Perplexität reißen konnte und ebenfalls ausstieg. „Du bist so eine Tucke…“ lauteten die letzten gemurmelten Worte, bevor sie schließlich in die angenehme Wärme des Vorraumes der Talstation eintraten. Scheinbar hatte er sich vorerst aus der Gefahrenzone herausmaneuvriert - dummerweise nagte es jedoch beträchtlich an seiner Konzentration, dass die eben berührte Wange nun wie verrückt kribbelte… Ein angeregtes Gespräch empfing die beiden und löste sachte Irritation aus. Seit wann verstanden sich denn alle auf Anhieb so gut? Bernsteinfarbene Augen nahmen das Erscheinen der Künstler zuerst wahr und veranlassten Konan dazu, aufzustehen um sie zu begrüßen und damit auch die Aufmerksamkeit der anderen auf die Neuankömmlinge zu lenken. „Entschuldige, dass wir zu spät sind, das Wetter…“ Sasoris Worte waren in erster Linie an die Blauhaarige gerichtet, immerhin war ihm klar, wie sehr sie sich diesem Projekt verschrieben hatte. Sie jedoch schüttelte nur den Kopf. „Erstens war das abzusehen… und zweitens seid ihr nicht die Letzten.“ Es brach ein mittelschwerer Tumult aus, als die Begrüßungsrunde von neuem ausbrach, wobei gewisse Handschläge auch nicht sonderlich viel Zeit in Anspruch nahmen, sodass bald erneut alle einen Platz auf dem dunklen Leder gefunden hatten. Konan erbarmte sich, noch einige erklärende Worte anzuhängen. „Hidan fehlt noch. Zetzu scheint… sich nicht von seinem etwas zwielichtigen Gewächshaus trennen zu wollen und Kisame steckt mehr oder minder in Australien fest.“ Über das verbliebene, nicht vorhandene Mitglied der Clique wurde beharrlich geschwiegen. Yahiko nahm nach einem kurzen Räuspern das Wort an sich. „Da ich noch immer den Eindruck habe, es ist für die Informationsvermittlung nicht von Belang, ob Hidan nun hier oder nicht hier ist, können wir ja auch sicher schon mal die Formalia durchgehen.“ Er erntete zustimmendes Murmeln und einen etwas unpassenden Kommentar Kakuzus, bevor er sich anschickte, fortzufahren. „Wir freuen uns, dass ihr hier seid. Zwar sind aus ehemals zehn scheinbar sieben geworden, allerdings ist das eine bessere Quote als die, die wir uns ausgerechnet haben. Die ganze Anlage wurde etwas umgebaut und modifiziert. Die Hütten existieren nicht mehr komplett so, wie wir sie verlassen haben; es gibt eine Haupthütte, die etwas größer ist als die anderen vier. Für die Zeit in der wir hier sind stehen uns alle von ihnen zur Verfügung. Sofern ihr keine Einsprüche erhebt, würden wir sie beziehen, dafür aber auch Boards und Ski bei uns lagern. Außerdem eignet sie sich gut als Treffpunkt.“ Er sah abwartend in die Gesichter um ihn herum, erhielt aber nur zustimmendes Nicken, wofür er dankbar war. Wäre Hidan hier gewesen, wäre die Entscheidung sicherlich nicht so friedvoll abgelaufen, da war er sich sicher. „Die Fahrt nach oben dauert etwas zwanzig bis fünfundzwanzig Minuten“, meldete sich nun wieder die Blauhaarige, die anscheinend unter Beweis stellen wollte, dass sie alles unter Kontrolle hatte. „Wir sollten keine Probleme haben, mit einer, maximal zwei Kabinen unser Zeug hoch zu schaffen. Oben können wir uns dann auf die Hütten verteilen. Jede von ihnen beinhaltet zwei Betten, ein Bad und einen eigenen Kühlschrank, sowie Schränke und weitere Sitzmöbel. Sie sind alle gleich ausgestattet.“ Ihre Stimme trug den Informationssermon noch einige Minuten durch den Raum; die Minen der Zuhörerschaft spiegelten mittlerweile von höflichem Interesse bis unerfolgreich unterdrückter Langeweile alles an Emotionen, was aufgrund der Situation denkbar war. Yahiko, der zwischenzeitlich sein Handy kontrolliert hatte, meldete sich erst zu Wort, sobald seine Freundin ausgesprochen hatte. „Es gibt Meldung von Hidan. Er steckt aufgrund der Wetterlage fest und verspätet sich daher etwas.“ „Etwas ist gut. Wie lang sitzen wir nun hier?“ „Halt bloß die Klappe, wir sind selbst zu spät gekommen, hm!“ „Ach, und wessen Schuld war das?“ „Es gibt Dinge, die ändern sich wohl nie“, warf Kakuzu mit einem vielsagenden Blick auf die beiden Künstler ein und wandte sich dann an den Orangehaarigen. „Ich schätze, er hat entweder vergessen, die Reifen zu wechseln, oder die Schneeketten aufzuziehen.“ „Ich halte dagegen und sage… ablenkende weibliche Begleitung.“ Yahiko fing sich einen pikierten Blick von seiner Freundin ein – wie konnte man solche Wetten nur unterstützen? „Fünf Mäuse!“ „Halte ich!“ „Hey, zieht nicht wieder diese Zweimannshow ab, hm! Fünf auf von den Bullen angehalten!“ „Du musst von unserer Zweimannshow anfangen? Ich habe gehört, ihr wohnt nun zusammen, nicht wahr?“ „Kakuzu!“ Hätte Deidara die Möglichkeit gehabt, hätte es sicherlich Schokodrops geregnet. Manche Dinge änderten sich einfach nie. Ihre kleine Debatte endete damit, dass Sasori Deidara erfolgreich davon abhielt, dem Geizhals an die Gurgel zu springen und den Wetteinsatz vorläufig bei sich bunkerte. Yahiko hatte sich unter entrüsteten Blicken Konans für sein manchmal doch sehr kindisches Verhalten rechtfertigen müssen, während Itachi mit einem noch immer amüsierten Lächeln still und leise beobachtete. Es hatte etwas, die alte Truppe wieder zu sehen, das war ihnen wohl mittlerweile allen klar – und sie würden lügen, würden sie behaupten, es nicht zu genießen. „Ich würde vorschlagen, wir fahren hoch. Hidan hat ja eine sehr ausdrucksstarke Art, er wird uns sicher mitteilen, wenn er da ist.“ Kakuzu hing noch ein leises Seufzen hintenan, war er sich doch nur zu bewusst, wie… anstrengend die Stunden ab Hidans Auftauchen werden würden. Sie hatten seit Jahren, seit seinem Umzug nicht miteinander geredet und mittlerweile war er reflektiert genug, dass er es dem Jüngeren nicht einmal verdenken konnte. Trotzdem lagen seine eigenen Prioritäten anders – und er würde ihnen auch nachgehen, hätte sein Chef nicht beschlossen, dass er sich alles wund gearbeitet hatte, was ihm inne war. Zwangsurlaub also. Blieb zu fragen, in wie fern nun seine… alten Prioritäten reaktiviert wurden. Im Notfall war er immer gut darin gewesen, sich nichts anmerken zu lassen und die Leute um ihn herum mit einer Fassade aus Eis zu konfrontieren. Er würde ja sehen, wie schlimm die nächsten Tage werden würden. „Vermutlich hast du Recht. Außerdem müssen wir noch einkaufen – beziehungsweise ich und jemand anderes. Sasori?“ Scheinbar hatte Konan eine recht genaue Vorstellung davon, mit wem sie jene Aufgabe erledigen wollte. Dass Hintergedanken bei der ganzen Sache vorhanden waren, war nicht nur ihnen beiden klar. Der angesprochene Rotschopf warf ihr einen langen Blick zu, nickte aber. Sie hatte ihn ja früher schon nicht mit diesem einen speziellen Thema in Ruhe gelassen, allerdings war sie auch die einzige, mit der er überhaupt darüber gesprochen hatte. „Nachdem wir den Kram hochgebracht haben?“ Ein weiteres bestätigendes Nicken, bevor sich Yahiko einschaltete. „Okay, dann bewegt euch. Holt euren Kram rein, dann können wir loslegen.“ Scheinbar fiel er noch immer in die Rolle des Anführers zurück, obwohl er bei sich zugeben musste, dass seine Partnerin viel eher die Zügel in der Hand hielt als er. Wobei… zumindest hörte der Haufen noch immer auf sein Wort, denn erstaunlicherweise erhoben sich alle und taten, wie ihnen geheißen war. Während nun genau das geschah, legte sich ein warmer Arm um Konans Schultern und eine weiche Stimme wehte an ihr Ohr. „Ist alles in Ordnung? Ich denke, es läuft besser als gedacht.“ Sie ließ sich näher ziehen und für den Moment legte sich auch ein zweiter Arm um die feminine Gestalt, sodass der Orangehaarige sie in eine liebevolle Umarmung ziehen konnte. Durch das Nicken mit dem sie antwortete rieb sie ihre Wange an seinem Pullover und erzeugte noch etwas mehr Wärme, welche sie dazu veranlasste, die Augen zu schließen und die Umarmung zu erwidern. „Du hast Recht. Aber du kennst mich und… den Stress den ich mir mache.“ Sie barg ihr Gesicht an Yahikos Halsbeuge und sog den vertrauten Duft ein. Eine Weile standen sie so da, bis sie das Öffnen der äußeren Tür und eine Stimme fluchen hörte. Daraufhin löste sie sich nur weit genug von ihm, um ihm ins Gesicht zu sehen. „Halt mich ab und an so im Arm und dann wette ich, dass der Stress leichter zu bewältigen ist.“ Das Lächeln, das sie sich nun in den letzten Wochen immer seltener erlaubt hatte, übernahm ihre Züge und ließ sie sich auf ihre Zehenspitzen stellen, um ihrem Liebsten einen Kuss aufzudrücken. Jener währte jedoch nur, bis auch die innere Tür aufgestoßen wurde. „Ich gebe mir Mühe“, raunte Yahiko ihr noch zu, ehe sie sich wieder gänzlich voneinander lösten und mit ihrem eigenen Gepäck die Auffahrt anstrebten. Kapitel 3: Einige Dinge ändern sich nie. ---------------------------------------- Das leichte Fallen der Schneeflocken, das sie noch an der Talstation umgeben hatte, war auf der Fahrt nach oben zu einem ausgewachsenen Schneesturm herangereift. Es gab durchaus Mitglieder der Gruppe, die unter akuter Höhenangst litten und für die somit der Weg auf den Gipfel kein besonders angenehmes Unterfangen war. Kombiniert mit dem leichten Schaukeln der Gondel machte sich wohl allgemeine Erleichterung breit, als sie endlich angekommen waren und den kurzen Weg zu ihren Hütten antreten konnten. Die Besitzer der Anlage hatten das Stück Weg planieren lassen, sodass es nicht sonderlich schwer war, diese Aufgabe zur Zufriedenheit aller zu erledigen. In dicke Wintermäntel und Skijacken gehüllt, zog sich so ziemlich jeder Einzelne von ihnen eine Kapuze tiefer ins Gesicht, um möglichst wenig Berührung mit dem kalten Schneetreiben eingehen zu müssen. Durch Handzeichen – die sich noch während der Prozedur als leicht missverständlich herausstellten – wurden die Hütten zugewiesen, die passenden Schlüssel hatten sie bereits zuvor ihren zeitweiligen Besitzern ausgehändigt und irgendwie schafften sie es, jene Hütten auch zu erreichen, ohne dabei entweder im Schnee zu versinken, den Hang hinab zu rutschen, oder sich schlichtweg im Schneesturm zu verlaufen. Es würde noch eine ganze Weile dauern, bis sich alle wie abgemacht in der Haupthütte eingefunden haben wüden. „Kann mir noch mal jemand sagen, wieso ich den Scheiß überhaupt mitmache?“ Um Kakuzus Füße bildete sich eine kleine Pfütze; die Wärme, die sich langsam in den vier Wänden ausbreitete, rückte den auf seiner Kleidung verbliebenen Flocken zuleibe und sandte sie in den vorläufigen Flüssigkeitstod. Jede Hütte war mit einem kleinen Ofen ausgestattet; den ihrigen befeuerte Yahiko momentan. Für eine echte Heizung war es hier oben eben doch noch nicht modern genug. „Wir können all das auf deinen Zwangsurlaub schieben, aber ich hoffe doch stark, dass du ebenfalls mitgekommen wärst, wäre selbiger nicht der Fall.“ Einige Holzscheite später schloss er die Luke des metallenen Konstruktes und wandte sich zu dem Größeren um. „Außerdem siehst du ihn wieder. Ich komme kaum an dem Gedanken vorbei, dass dich das nicht zumindest ein kleines Bisschen freut.“ Ein Schnauben war die Reaktion. „Ich kann auf das Drama verzichten, das er abziehen wird, sobald er bemerkt, dass ihm im wahrsten Sinne des Wortes eine Falle gestellt worden ist. Und du vermutlich auch, immerhin bist du derjenige, der ihn unter falschen Voraussetzungen hier her gelockt hat.“ Einen längeren Moment schwieg der Orangehaarige, neben dem Knistern des nun anbrennenden Holzes im Ofen war nur Konan zu hören, welche in dem angrenzenden Schlafraum herumwuselte. „Ich denke nicht, dass du der einzige Grund bist, weshalb er nicht zurückkehren wollte.“ Eine weitere Pause folgte in der die Pfütze um Kakuzus Stiefel an Größe zunahm. Er sah ein wenig verloren aus, wie er dastand. „Glaubst du, die Sache mit Tobi nagt nicht an ihm? Du kannst ihn vermutlich besser einschätzen als wir anderen zusammen.“ „Ich weiß es nicht“, gab der Ältere zu, wobei es ihm durchaus entgegen kommen würde, wäre er nicht der einzige Grund. Es fühlte sich ohnehin schon nicht sonderlich richtig an, seinen ehemaligen Freund dermaßen hinters Licht zu führen. Er wollte schlicht nicht darüber nachdenken, denn je länger er grübelte, desto mehr verstrickte er sich in Vorstellungen, wie anders ihr Leben hätte laufen können, hätten sie beide andere Entscheidungen getroffen. Es sah ihm nicht ähnlich, rührselig zu werden, daher gab er sich Mühe, seinen Blick bald wieder auf Yahiko zu fixieren. „Ich werde noch mal zurückgehen, meinen Kram auspacken und den Ofen anschmeißen – was sagt die weitere Planung?“ Der Orangehaarige war nicht sonderlich überrascht von dem abrupten Cut. Ein kurzer Blick in Konans Richtung sagte ihm, dass sie noch immer beschäftigt war; es war verwunderlich, dass das Wort ’Planung’ sie nicht auf den Schirm gerufen hatte. „Komm einfach wieder rüber, sobald du fertig bist. Es ist einfacher, wenn wir hier alle gesammelt warten, wenn die beiden im Tal sind. Sollen sie irgendwas Bestimmtes mitbringen? Getränketechnisch oder so?“ Kakuzu schüttelte nur den Kopf. „Meine Trinkgewohnheiten haben sich nicht geändert.“ Er war noch immer nicht wieder ganz bei sich, ihm war selbst klar, dass er einen leicht abwesenden Eindruck hinterlassen musste. „Dann bis gleich.“ Er war verschwunden, bevor sein Gegenüber noch einen Ton sagen konnte. Gehörte der Große nun zu den Leuten, die gern allein waren und über ihr Leben nachdachten? Dass sie sich alle ein wenig verändert hatten, stand außer Frage, Yahiko war nur überrascht, diese Veränderungen schon so früh auf dem Silbertablett serviert zu bekommen. Er verlor sich für einen Moment in seinen eigenen Gedanken, bevor Konan in den Wohnraum zurückkehrte. „Ist alles in Ordnung?“ Sie hatte Kakuzus Anwesenheit durchaus wahrgenommen, es aber nicht für unbedingt nötig empfunden, sie zu den beiden zu gesellen. Stattdessen war der kleine Kleiderschrank in ihrem Schlafzimmer nun in Benutzung und sie hatte eigentlich geplant, mit den Kisten anzufangen, die Kram enthielten, den sie als Gruppe brauchen würden. Da sie ihre Hütte zum Treffpunkt gemacht hatten, war es nur legitim, dass sie sich auch noch um den Rest kümmerte. Fand sie. Dass ihr Freund eine ganze Weile nicht antwortete, fiel ihr auf, sie zog es jedoch vor, zu warten. „Ich glaube, unser lieber Kuzu hat immer noch mehr für die Nervensäge über, als er zugeben mag. Er macht sich sehr ausgiebig Gedanken um Hidans Reaktion und es scheint, als graue es ihm wirklich davor, ihn wieder zu sehen… irgendwie… Ich kann es nicht richtig in Worte fassen.“ Ein Blick wanderte hilfesuchend zu der Blauhaarigen hinüber, vielleicht konnte sie ja wie so oft in seinen Kopf gucken uns seine Gedanken formulieren. „Du glaubst, er fühlt sich schuldig?“ Zögerliches Nicken seitens Yahiko. „Naja, ganz unwahrscheinlich wäre es nicht. Nach dem, was bei ihnen abgelaufen ist… Allerdings war all das vorauszusehen, immerhin… ist er Kuzu. Er hat schon immer sein monetäres Wohl über andere Leute gestellt, eigentlich sollte die Entwicklung niemanden wundern.“ Sie sprach die Worte zwar aus, war sich aber bewusst, dass die ganze Wahrheit vermutlich nicht ganz so einfach war. „Dass er sich schuldig fühlt, würde voraussetzen, dass er ein Gewissen hätte.“ Konan schenkte ihrem Liebsten ein Schmunzeln und tatsächlich zeigte es Wirkung, brachte Yahiko zum Lachen. Er hätte gern etwas erwidert, das die Unwahrscheinlichkeit jener These ausgedrückt hätte, jedoch ertönte in diesem Moment ein Klopfen und die Tür ihrer Hütte wurde geöffnet – um einen mit weißen Tupfen übersäten, eigentlich schwarzen Haarschopf zu offenbaren. Noch nachdem Itachi eingetreten war, hielt er die Tür einen Spalt weit offen, sodass weitere Stimmen über das Heulen des Windes zu ihnen hereindrangen. „Du hast mir fast meine Haare abgefackelt, hm!“ „Man steckt auch seinen Kopf nicht in einen Ofen, wenn man ihn anzündet!“ Der Blick des Uchihas sprach von immensem Leid, als er die Tür erneut aufstieß und die beiden Künstler im Türrahmen erschienen. „Du musst ihn ja auch nicht anzünden, wenn ich meinen Kopf grad da drin habe, hm! Sowas macht man nicht!“ „Na das musst du gerade sagen, du, der generell eine Affinität zu Dingen hat, die man nicht tut!“ „Leute!“ Vier Augenpaare richteten sich auf Itachi. „Ihr verhaltet euch immer noch wie ein altes Ehepaar. Wenn unser Banker wieder anfängt, seine Witzchen zu reißen, kann es ihm niemand verdenken.“ Es war ungewöhnlich für ihn, sich in derlei Kinderkram einzumischen, aber das Zusammensein mit ihrer alten Gruppe schien schon jetzt einen beflügelnden Effekt auf ihn zu haben. Er hatte tatsächlich Spaß und das, obwohl sie erst vor einigen Stunden erst wieder aufeinander getroffen waren. Es war recht offensichtlich, dass sich das Duo ertappt fühlte und erstaunlicherweise zogen es beide vor, die Klappe zu halten, was den anderen Anwesenden ein Lachen abrang. „Wann wollen wir los?“ warf Sasori schließlich ein, um schnellstmöglich vom Thema abzulenken. Der Blick auf die Uhr offenbarte, dass sie schon beinah halb sechs hatten. Der Bernsteinblick huschte durch den Raum, fand aber keine Baustelle, an der seine Besitzerin akut hätte beteiligt werden müssen, und landete schließlich bei Yahiko, welcher die unausgesprochene Frage bereits beantwortete. „Ich kümmere mich um den Rest, seht ihr nur zu, dass ihr runter kommt und unsere Kühlschränke auffüllt.“ Die Worte resultierten in einem Lächeln und einem Nicken seitens Konan, die sich daraufhin umdrehte und sich ihrer Jacke bemächtigte. „Habt ihr irgendwelche speziellen Wünsche was wir mitbringen sollen? Sonst besorgen wir nur das Nötigste für heute Abend und machen dann eine Liste…?“ Sie erntete nur zögerliches Kopfschütteln, welches durchaus Antwort genug war. Vermutlich hatten sich die Trinkgewohnheiten der anderen genauso wenig geändert, wie Kakuzus. “Dann jetzt“, beantwortete sie folgend die Frage des Rotschopfes und bedeutete ihm, mit ihr die Hütte zu verlassen. Kälte umfing sie und ließ sie erneut frösteln; nicht zum ersten Mal an diesem Nachmittag wünschte sie sich, dass das Wetter in den kommenden Tagen besser würde. Sonst würde aus ihren Plänen, die durchaus auch Dinge wie Skifahren beinhalteten, wohl weniger etwas werden. Auf dem Weg zur Bergstation hatten sie kaum Gelegenheit, ein Wort zu wechseln, noch immer pfiff ihnen der Wind um die Ohren und erstickte jeden Wunsch der direkten Kommunikation im Keim. Sobald sie die erste Tür passiert hatten, nahm die Blauhaarige ihren Schal ab und schritt zu einer Kontrolleinheit hinüber, die in Kontakt mit der Tatstation stand – hierüber würde sie die Inbetriebnahme der Gondel anfordern können, welche aus verständlichen Gründen nicht Tag und Nacht lief. Die Skipisten oberhalb waren nun im Privatbesitz und noch nicht für öffentliche Nutzung freigegeben, sodass sie tatsächlich die Einzigen waren, die auf den Berg hinauf und wieder hinunter kommen mussten. Sobald sie die nötigen Schritte unternommen hatten, nahmen sie in einer der Kabinen platz, welche sich schon bald in Bewegung setzte. Ihnen standen gut zwanzig Minuten Fahrt bevor, welche sie nur mit Reden füllen könnten. Zuerst erfüllte Schweigen den Raum zwischen ihnen, Sekunden in denen sie wohl beide froh waren, der literarischen Eishölle entkommen zu sein. Es war nicht Jotunheim, aber nah dran. Erst nach einigen weiteren Momenten brach Konans Stimme die Stille; mittlerweile waren sie ein gutes Stück von der Bergstation entfernt und schwebten den Hang hinunter. „Wir sollten Kakao mitbringen. Heiße Schokolade ist ein Wundermittel bei dem Wetter.“ Sie erntete ein Lächeln von Sasori, dessen Blick aus einem der Fenster hinaus gerichtet war. Er war noch nie ein Fan von Smalltalk gewesen und Konan wusste das. Ihnen beiden war klar, dass sie leider nur einen jämmerlichen Versuch gestartet hatte, ein Gespräch zum Laufen zu kriegen. Nicht, dass er da sonderlich erfolgreicher wäre. „Da wir nun beschlossen haben, unsere Hüttenapotheke mit medizinisch fragwürdigen kakaohaltigen Substanzen auszustatten, was haben wir nun vor? Willst du mir nicht sagen, wieso ausgerechnet ich mitkommen sollte?“ Die Blauhaarige schnaubte. „Kakao ist keine medizinisch fragwürdige Substanz! Frag mal deinen Serotoninspiegel, der wird es dir bestätigen.“ Sie hielt kurz inne und folgte Sasoris Blick mit ihrem eigenen. „Ein übermäßiges Vorkommen von Glückshormonen scheinst du ja immer noch nicht verzeichnen zu können. Du weißt doch, wieso ich mit dir reden wollte.“ Wieder hielt sie einige Augenblicke inne, da es aber so schien, als würde der Rotschopf eine Antwort zum jetzigen Zeitpunkt nicht einmal in Erwägung ziehen, hing sie noch etwas an. „Hast du mittlerweile mal mit ihm geredet? In fünf Jahren bist du mir immer ausgewichen, wenn ich gefragt habe. Ich mache mir Sorgen, Sasori. Immerhin bin ich nicht blind, ich sehe doch, dass da was nicht richtig läuft.“ Wieder erhielt sie keine Antwort. Der Künstler fühlte sich langsam in die Ecke gedrängt und noch immer lagen sicherlich zehn Minuten Fahrt und ein kleiner Einkaufsmarathon vor ihnen. Er riss sich am Riemen; es würde ja doch nichts bringen. „Du warst früher weder dermaßen neugierig noch dermaßen direkt“, merkte er an, die Stimme leise. Es war wirklich ein Thema über das er nicht reden wollte – eines, über das es ihm schwer fiel zu reden, wenn auch Konan diejenige war, mit der es noch am einfachsten gehen würde. Braune Augen suchten den Blick bernsteinfarbener und er ließ ein Seufzen hören, sich durchaus bewusst, dass er diese Debatte verlieren würde. „Nein, ich habe nicht mit ihm darüber geredet. Wieso sollte ich auch? Wer regelmäßig neues Östrogen anschleppt, den würde derlei weder interessieren, noch ernsthaft zum Gedankenmachen anregen. Es hätte schlicht keinen Sinn.“ Konan hätte am liebsten erleichtert aufgeseufzt. Dass er nun doch mit ihr redete, darüber mit ihr redete, machte die Sache um einiges leichter. Nein, sie war im Normalfall nicht dermaßen direkt, aber das hier war kein Normalfall. Der Rotschopf war das, was sie nach Yahiko am ehesten als besten Freund bezeichnen würde und dementsprechend machte sie sich ihre Gedanken. Auch, wenn sie sich jahrelang zurückgehalten hatte, irgendwann kam eben der Punkt, an dem auch sie das Wort ergriff. „Hat sich denn deine Einstellung dazu in all der Zeit verändert?“ Kopfschütteln. „Leider nein. Ich würde etwas ändern, wenn ich es könnte, aber die Chancen stehen schlecht. Vielleicht wenn ich diesen Job bekomme und aus der WG ausziehe…“ Auch, wenn er heimlich den Eindruck hatte, dass das Blondchen, um das sich ihr Gespräch drehte, schwerlich seinen Alltag auf die Reihe bekommen würde. „Ich komme mit der Situation klar. Angenehm ist anders, aber es ist nichts, an was ich mittlerweile nicht gewöhnt bin.“ „Das heißt nicht, dass es dadurch besser wird, oder?“ Der Blick, der sie auf diese Worte hin streifte, schien zu sagen, dass er selbst das wohl am besten wusste. „Hör zu, ich will dir gar nicht reinreden oder dir vorschreiben, was du zu tun hast. Ich will nur jemand sein, mit dem du darüber reden kannst – wenn du es schon mit sonst niemandem tust.“ Denn da war sie sich sicher: Sasori führte kein ausschweifendes Privatleben, er hatte seinen besten Freund und vereinzelte Bekanntschaften. Ihren Emailkontakt zählte sie nicht mit, immerhin war es sehr leicht, sich auf diesem Wege gewisse Dinge zu verschweigen. „Ich weiß das zu schätzen. Denke ich. Aber Reden ändert an der Situation auch nichts. Nicht, dass ich noch damit rechne, dass sich überhaupt etwas ändert.“ Er ließ ein weiteres Seufzen hören und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. „Ich habe wohl damit abgeschlossen“, hing er etwas leise an, zu schnell zu sentimental für seinen Geschmack. „Und du bist sicher, dass er von all dem nichts mitbekommen hat? Es ist doch nicht normal, dass man in so langer Zeit keine einzige Beziehung führt und sich Hals über Kopf in die Arbeit stürzt, so wie du es getan hast. Er nennt sich dein bester Freund, wie kann es sein, dass er davon nie etwas mitbekommen hat?“ Konan verstand es nicht so ganz und obwohl sie wusste, dass sie hier vielleicht ein wenig weit ging und ein wenig unvorsichtig mit dem Salzstreuer über der Wunde hantierte, gab sie nicht so schnell auf. Der Künstler ließ ein Grummeln hören und seine Stimme war etwas lauter als er erneut ansetzte. „Ich würde ja sagen, frag ihn, aber damit würde unsere komplette Beziehung den Bach runter gehen. Ich weiß es nicht, Konan, und mein gesunder Menschenverstand prägt mir ein, dass es völlig irrelevant ist.“ Glücklicherweise kam mittlerweile die Talstation in Sicht und er wähnte sich aus seinem Elend befreit. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann half ein wenig Reden schon – etwas, das er schriftlich nie getan hatte, dafür war ihm das Risiko zu groß, dass sich irgendwer in seinen Rechner hackte und jene Zeilen finden würde. Zwar hatte er Recht gehabt – Reden änderte nichts – aber vielleicht half es ihm ja auf eine andere Art, seine Gedanken zu ordnen. Als sie ruckelnd unten einfuhren und sich die Türen der Gondel öffneten, war er sich recht sicher, dass seine nächsten Worte abschließend waren. „Es war nie meine Absicht, unsere Freundschaft aufs Spiel zu setzen und der Preis den ich zahle… ist okay.“ Immerhin war es nicht so, dass sie nicht miteinander klar kamen. Sie ergänzten sich in so vielen Dingen, harmonierten, halfen sich gegenseitig aus der Klemme… (Wobei wohl eher Sasori derjenige war, der öfter half, als dass ihm geholfen wurde.) „Ich kann deinen Standpunkt ja verstehen – ich habe ihn schon immer verstanden und respektiert. Ich muss nur ehrlich zugeben, gehofft zu haben, dass ihr es auf die Reihe bekommt. Dafür euch miteinander glücklich zu sehen, würde ich sogar Kuzu und Hidan das Maul stopfen, um ihnen ihre blöden Witzchen auszutreiben.“ Sie musste grinsen, ebenso wie der Rotschopf ein leises Lachen von sich gab. „Seit wann drückst du dich so undamenhaft aus?“ „Das passiert bei Dingen, die mir am Herzen liegen.“ Eine kurze Stille folgte, in der sie die Lobby durchschritten. „Fahren wir mit meinem Wagen?“ Sasori hatte die Schlüssel bereits in der Hand. Die Blauhaarige nickte, hielt aber noch einmal inne. „Sasori?“ „Hm?“ „Liebst du ihn noch?“ Die leicht androgyne Figur erstarrte für einen Augenblick, ehe sie durch die Tür und zu ihrem Auto hastete. Ein deutlicheres ’Ja’ hätte es für Konan nicht geben können. Die Tür wurde mit wenig Erbarmen hinter ihm ins Schloss geworfen, irgendwer musste ja Ventil für seine Laune spielen. Ungehalten stapfte er zur Theke hinüber und blaffte den älteren Mann an, der dahinter stand. „Ey, du. Ich muss auf diesen Berg. Wie komm’ ich da hoch?“ Sehr geschäftig ließ sich besagter älterer Herr nichts anmerken und sah dem Silberhaarigen freundlich in die Augen. „Sind Sie Mitglied der Reisegruppe, die für diese Woche die Hütten gebucht hat?“ „Ausgezeichnet kombiniert, Sherlock“, ätzte sein Gegenüber. „Also, beförderst du jetzt meinen Hintern da hoch, oder was?“ Er war verdammt ungeduldig und nicht zu vergessen genervt. Über vier Stunden war er zu spät und das alles hatte er nur der beschissenen Bahn und ihren noch beschisseneren Verspätungen zu verdanken. Machte prinzipiell auch nichts – ohne ihn würden die Lahmärsche eh nur vor sich hingammeln – aber all die verschwendete Zeit seines kostbaren Urlaubs kotzte ihn gewaltig an. Ebenso wie das, was nun aus dem Mund es Angestellten kam. „Es tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen, aber momentan bin ich nicht autorisiert, Ihnen Geleit zu gewähren. Nicht, solang sie nicht als eines der Reisegruppenmitglieder ausgewiesen sind.“ Zwar war er informiert worden, dass die Gruppe noch einen Nachzügler erwartete, jedoch sah er sich in keiner Weise gezwungen einem so unverschämten Rowdy seinen Wunsch zu erfüllen. „Nun hör mir bloß zu, du Dünnbrettbohrer, ich habe nicht den geringsten Schimmer, was du mir eigentlich sagen willst, aber lass mich nun verdammt noch mal auf diesen Hügel, sonst --!“ Zum Glück aller wurde er von zwei paar Schritten unterbrochen, welche hastig auf ihn zu hielten. „Entschuldigen Sie das Verhalten unseres Freundes. Er ist Choleriker, das passiert ab und an, wenn er seine Medikamente nicht nimmt und zu viel Stress ausgesetzt ist“, versuchte Konan direkt in die Bresche zu springen. Sie und Sasori hatten jeweils eine beinah platzende Plastiktasche in jeder Hand; besagter Rotschopf stand nur ein Stück hinter ihr uns sah den Neuzugang mit erhobener Augenbraue an. „Er gehört also zu Ihnen? Ihr Wort reicht mir als Ausweisung“, gab der alte Mann freundlich zurück. Er lehnte sich kurz vor und das leise „Sie haben mein Mitleid“ war über Hidans Schnaufen kaum zu hören. „Ich schicke sie hoch, sobald sie diesen kleinen Zwischenfall geklärt haben“, setzte er hinzu, als er sich wieder aufgerichtet hatte. Für den Moment zog er sich ans andere Ende der Theke zurück und gönnte ihnen damit zumindest den Anschein von Privatsphäre. Sobald sich Konan ausreichend beruhigt hatte um sicher sein zu können, dass sie dem Silberhaarigen nicht gleich eine reinhauen würde, drehte sie sich mit einem recht neutralen Gesichtsausdruck zu ihm herum. „Ich würde sagen, es ist schön, dich zu sehen, auch wenn du wohl der Einzige bist, der es innerhalb der ersten Sekunden schafft, mich auf die Palme zu bringen.“ Sie ließ ein Seufzen hören, immerhin wusste sie ja, wie der Kerl war. Hidan überging die negative Anspielung und taxierte die Blauhaarige einmal von oben bis unten. „Es ist besonders schön, dich zu sehen. Die letzten Jahre haben dir gut getan, du bist noch heißer, als ich dich in Erinnerung hatte.“ Das Lächeln auf seinen Lippen war anzüglich; Sasori wurde vorerst ignoriert – was diesen jedoch auch herzlich wenig störte. Zu des Rothaarigen Erstaunen erwiderte sie das Lächeln des Größeren, was ebenjenen sehr glücklich zu machen schien. Sie trat sogar einen Schritt näher zu ihm und sah zu ihm auf. „Ich nehme das dankend als Kompliment“, schnurrte sie und richtete sich ein wenig auf… was gewisse weibliche Reize recht deutlich in den Aufmerksamkeitsfokus Hidans lenkte. Besagter lehnte sich ein wenig zu ihr herunter, nachdem er ihr einen weiteren langen Blick zuteil werden ließ. Er war etwas überrascht, aber vielleicht war sie ja endlich zur Vernunft gekommen und nicht mehr mit diesem Schwachmaten von Leader zusammen… und hatte nun eingesehen, dass er die bessere Wahl war. „Ich hätte da noch so eines auf Lager, das du als Kompliment auffassen könntest“, raunte er zurück und leckte sich kurz über die Lippen. Konan lehnte sich zu seinem Ohr. „Vielleicht später“, schnurrte sie zurück – bevor sich ihre Stimme rapide änderte. Sei wurde nicht lauter, nur… drohender. „Aber erstmal wirst du dich benehmen, oder ich schwöre bei Gott, ich reiße dir beide Eier einzeln ab.“ Sofort ließ sie sich wieder auf ihre Fersen sinken und trat einen Schritt zurück. „Sasori muss ich dir ja sicherlich nicht erst vorstellen“, fügte sie an und schenkte dem Rotschopf ein kurzes Schmunzeln. Hidan, welcher sich scheinbar immer noch aus seiner Schockstarre erholte, brauchte einige Augenblicke, ehe er nun, nach minutenlanger Ignoranz, auch die dritte Person im Bunde wahrnahm. „Du scheinst vom Gartenzwerg zur Handpuppe geschrumpft – stecken dir nun auch Leute regelmäßig ihre Hände in den Arsch?“ Anscheinend war es sein eigener Weg zu sagen ’Hey, ja, ich erinnere mich’. Dummerweise wurde der von der Blauhaarigen für nicht akzeptabel befunden, zumindest wenn man nach der eher geknurrten Nennung seines Namens gehen konnte. Der Silberhaarige sah gar nicht glücklich aus. „Ist ja gut, ist ja gut. Immer noch die knallharte Braut von damals, ich habs ja verstanden. Können wir nun los? Ist ja kaum auszuhalten mit euch beiden.“ Er schulterte den Reiserucksack den er dabei hatte und machte sich auf in die Richtung, in die sie scheinbar mussten. „Wow, und das sagt er, obwohl er kein einziges Wort mit mir gewechselt hat“, merkte Sasori an, bevor sie dem Angestellten bedeuteten, dass sie nun fahren würden und Hidan folgten. Das würde ja eine heitere Fahrt werden. Der Weg nach oben war weniger anstrengend als gedacht. Der Größere zeigte sich scheinbar einsichtig und ließ sich von Konan die organisatorische Kurzfassung erzählen, die die anderen zuvor ausführlich bekommen hatten. Momentan stand noch eine Hütte leer, diese würde wohl er übernehmen, da auszuschließen war, dass er sich mit Kakuzu freiwillig eine Behausung teilte. Kakuzu… von dem er bisher noch immer nichts wusste. Oben angekommen vereinbarten sie, dass Hidan zuerst besagte Hütte beziehen und sich dann zu ihnen gesellen würde. Auf diese Weise hätte er nicht den Stress des hin und her Schleppens. Konan und Sasori kehrten derweil in die Haupthütte zurück und fingen an, zu berichten. „In einigen Minuten sind wir vollzählig, Jungs. Wir haben unseren Lieblingsschreihals gerade unten aufgegabelt, er bringt nur sein Zeug unter.“ Die Überraschung auf den Gesichtern der Anwesenden war für einen Moment offensichtlich, ehe eine mittelschwere Diskussion darüber ausbrach, wie er wohl reagieren würde, würde er zu ihnen stoßen. In ihrer Abwesenheit hatten sich scheinbar alle häuslich eingerichtet und sich in der proportional etwas größeren Sitzecke niedergelassen – die Übermacht dicker Wollsocken war augenscheinlich. „Jedenfalls scheint er schon jetzt nicht die beste Laune zu haben“, merkte der Rotschopf an, nachdem er mit Hilfe des Pärchens ihre Einkäufe verstaut hatte und sich nun zwischen einigen Paar Beinen hindurchmaneuvrierte, um sich neben Deidara auf das Sofa niederzulassen. „Wir konnten ihn gerade so davon abhalten, den Gondelwärter anzuspringen.“ Sobald er saß hielt er dem Blonden eine Packung Schokodrops hin, an die er eigens für ihn gedacht hatte. Traditionsbewusstsein schien sich bezahlt zu machen… zumindest wenn man es mochte, wenn einem als Belohnung durch die Haare gewuschelt wurde. „Danke, Danna~ Was würde ich nur ohne dich tun, hm?“ „Abnehmen?“ Immerhin gäbe es dann keine Schokolade mehr. Die aufkommende neuerliche Künstlerdiskussion wurde in ihrem Keim erstickt, als die Hüttentür mit einem lauten Knallen aufflog. „EHYO BITCHES! DIE PARTY KANN STEIGEN!“ Dass Hidan eingetroffen war, musste wohl niemandem mehr erklärt werden. Ebenso wenig, dass es gar nicht lang dauerte, bis das hämische Grinsen auf seinen Zügen einfror und sein zuvor noch durch den Raum schweifender Blick an seinem ehemaligen Partner hängen blieb. Für einen Moment schien die Zeit still zu stehen. „Sagt mir, dass wir den gottverdammten ersten April haben und das Ganze hier nicht wahr ist.“ Er erhielt keinen Widerspruch, tatsächlich war es verdammt still – nur Kakuzu sah starr in die lila Augen. „IHR SCHEISSWICHSER, HABT IHR SIE NOCH ALLE? WELCHE LATTEN AN EUREM ZAUN SIND LOSE, DASS IHRS NICHT SCHNALLT? IHR GOTTVERDAMMTEN ARSCHPFEIFEN!“ Glücklicherweise vergaß er nicht, Luft zu holen, sodass er den Blick nach einigen Sekunden fast schon hyperventilierend von dem Anlass seiner Wut abwandte und Yahiko fixierte. „Du Arschloch. Du weißt genau, dass das der einzige Grund ist, weshalb ich hier bin. Der einzige VERFICKTE GRUND! Das ähnelt einem scheiß Hochverrat an dem, was du als Freundschaft bezeichnest!“ Vermutlich hörte er sich dramatischer an, als er die Worte in seinem Kopf fand, aber das war ihm in diesem Moment egal. Er wollte wirklich einfach nur noch weg. Es dauerte noch ganze zwei Augenaufschläge, bis er raffte, dass er zumindest nicht in dieser Hütte würde bleiben müssen, sich auf dem Absatz umdrehte und die Tür hinter sich wieder ins Schloss knallte. Noch immer herrschte Stille. „Ich hab euch ja gesagt, er wird sich freuen.“ Kakuzus Stimme triefte vor Ironie, bevor er seufzte und sich aufsetzte. „Ich hoffe, ihr habt was Starkes mitgebracht.“ Konan nickte nur und reichte ihm schweigend die Flasche Burbon von der sie wusste, dass sie gemeint war. Manche Dinge änderten sich einfach nie. Wieder kehrte betretenes Schweigen ein, ehe es Itachi war, der aufstand und sich seine Jacke schnappte. „Ich werde mit ihm reden.“ Fünf überraschte Augenpaare ruhten auf dem Uchiha. Scheinbar wurde das langsam zur Gewohnheit. Er hielt sich in diesem Moment schlicht für die beste Wahl, konnte er von sich selbst behaupten, relativ ausgeglichen und ruhig zu sein. Außerdem… hatte er vor Jahren mal mit Kakuzu über diese ganze Geschichte geredet. Plus, es machte ihm ein wenig zu schaffen, dass Yahiko den Eindruck eines getretenen Hundes machte. Ebenjenem legte er für einen Moment eine Hand auf den Arm, ehe er aus der Hütte verschwand. Ein leises Räuspern lenkte die Aufmerksamkeit nun auf Sasori. „Nun, das lief semioptimal. Allerdings kann ich euch in einer anderen Angelegenheit weiterhelfen.“ Die zu den Augenpaaren gehörenden Brauen wurden hochgezogen und veranlassten ihn dazu, einmal mit den Schultern zu zucken. „Er ist mit der Bahn gekommen. Das heißt der Wetteinsatz geht an die Kasse.“ Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde bis ihn ein Schokodrop traf. Kapitel 4: Klärungen -------------------- Es war nicht schwer, die Hütte seines temporären Interesses zu finden, immerhin war es die Einzige, die zuvor unbewohnt war und die Einzige, in der nun abgesehen von der Haupthütte Licht brannte. Zuvor war ein erneutes lautes Knallen zu hören gewesen, das selbst über den Sturm hinweg verdeutlichte, dass jemand sehr unbarmherzig mit einer Tür umging. Ein weiteres Mal. Gegen den Wind gelehnt schritt Itachi zu jener Hütte hinüber, zögerte kurz vor ihrer Tür, trat aber dann nach kurzem Klopfen ein. Um es nicht zu tun, war er dann doch zu höflich, auch wenn das bedeutete, dass er noch länger in dieser Eiseskälte stehen musste. Nicht, dass es drinnen mittlerweile wesentlich wärmer wäre. „Kann man auf diesem Scheißberg nichtmal eine einzige ruhige Minute für sich sein?“ Natürlich würde sein Eintreten nicht unbemerkt bleiben. Was den Uchiha allerdings überraschte war, dass er nicht direkt angeschrieen wurde; es war mehr eine Art zetriges Mosern, mit dem Hidan ihn hier begrüßte. Jener saß auf einem der Sitzmöbel und hatte eine geöffnete Flasche Vodka in der Hand. Er war so weit in den Sitz gerutscht, dass sein Kopf auf der Rückenlehne ruhte und die Augen zur Decke richtete. Das Bild ließ den Schwarzhaarigen eine Augenbraue heben. „Echt mal, wie schwer kann es sein, diesen einzigen verdammten Wunsch zu berücksichtigen? Dieser Scheißkerl von Leader hat mich beschissen!“ Lila Augen starrten weiterhin ins Leere; hatte er bemerkt, wer sich hier zu ihm gesellt hatte? Itachi war sich nicht ganz sicher allerdings ließ er ihn vorerst reden und hielt sich an dem Glauben fest, dass er zu den wenigen zählte, die nicht einfach so mit einem Heben der Stimme bedacht wurden. Er war sich recht sicher, dass je länger sein Gegenüber redete, er auch umso näher an den eigentlichen Kernpunkt seiner Wut gelangen würde. Der Silberhaarige setzte die Flasche an und nahm einen großen Zug. Sein geöffneter Rucksack stand neben ihm, scheinbar war hier jemand mit Alkohol im Handgepäck verreist. „Es wäre so leicht gewesen, hätten sie einfach einen von uns nicht hier her bestellt. Aber anstatt ausnahmsweise mal einen klugen Schritt zu tun, haben sie sich den Krawall ins Haus geholt. Oder besser die Hütte. Pah.“ Mittlerweile klang er nicht mehr ganz so aufgebracht, was den Uchihaspross dazu verleitete, gegenüber von ihm Platz zu nehmen. Vielleicht konnte er ja wirklich etwas tun; an allererster Stelle stand allerdings, sich jeglichen Kommentar zu Krawallfähigkeiten zu verkneifen. „Yahiko und Konan haben nur unserem Schwur entsprechend gehandelt. Damals war noch nicht absehbar, was in der Zwischenzeit passieren würde, und wir sind doch hier, weil wir als Gruppe agieren wollten – nicht als Einzelne.“ Die dunkle Stimme die nun zu ihm herüberwehte, ließ Hidan wohl endgültig erkennen, wer sich entschlossen hatte, ihm Gesellschaft zu leisten. Am liebsten hätte er etwas geschlagen, ja zertreten, an irgendetwas seine Wut ausgelassen, aber die Präsenz des Uchihas ließ ihn merkwürdigerweise ruhig bleiben und es bei einem erneuten Schluck belassen. Es war schwierig, wenn er sich nicht direkt über irgendetwas aufregen konnte, das führte in den meisten Fällen dazu, dass er sich mit dem Thema seiner Missgunst auseinandersetzen musste – und für den Fall, dass er zu der unwahrscheinlichen Schlussfolgerung kam, dass etwas seine Schuld war, wurde er nur noch rasender. Itachi blieb derweil ruhig, stützte sich nur mit den Ellenbogen auf seine Knie und sah seinen Gegenüber an, welcher noch immer keine Anstalten machte, selbiges zu tun. „Sicher war es absehbar“, ließ jener schließlich verlauten. „Du kannst dich doch an den Abend erinnern.“ Die Wut war beinahe verraucht; es war so ungewöhnlich, welche Seite von ihm das Thema – welches er sich weigerte zu benennen – regelmäßig auszulösen wusste. Er war kein Mann, der an anderen hing, er war unabhängig, verdammt noch mal und diese eine Sache, dieser eine Mensch, führte ihm immer vor Augen, dass dieses Wunschdenken in seiner Natur entlarvt wurde. Mehr als genau das war es nämlich nicht – ein Wunsch. Er hing nämlich an ihm. Der Schwarzhaarige wog seine Worte ab, bevor er antwortete, unsicher, wie viel seines Wissens er preis zu geben bereit war. „Ich erinnere mich. Allerdings stand damals noch nicht fest, was passieren würde.“ Vielleicht war es das Beste, erst herauszufinden, was genau sein Gegenüber wusste? Sein damaliges Gespräch mit Kakuzu würde er schwerlich in allen Einzelheiten rekapitulieren, damit sich Hidan besser fühlte und davon absah, ihnen die wenigen Tage die sie zusammen verbrachten noch weiter zu erschweren – aber die ein oder andere Information konnte sicherlich gewinnbringend genutzt werden. „Dreh- und Angelpunkt ist also Kakuzu, sehe ich das richtig?“ „Ist schwer zu übersehen. Dieser Wichser.“ Ein weiterer Schluck Vodka folgte. Anscheinend hatte hier jemand Erfahrung darin, seinen Kummer mit Alkohol weg zu spülen. „Und sag bloß seinen Namen nicht, sonst kotz’ ich dir gleich vor die Füße.“ Lila Augen schlossen sich und er fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht. Er konnte auf dieses ganze Gespräch gut verzichten, allerdings hatte er so eine Ahnung, dass Itachi nicht locker lassen würde. Sein Gegenüber nickte und hakte in seinem Kopf den ersten Punkt auf der Liste ab. „Und all das – dein Gram, deine Wut, dein Unwille, sich in seiner Nähe zu befinden – bezieht sich auf eure Trennung?“ Er würde naiv vorgehen, sich wenn es sein musste, jedes Detail drei mal erklären lassen; denn es kam nicht darauf an, welche Schlüsse er zog, sondern zu welchem Schluss Hidan kam, würde er einmal das komplette Szenario durchspielen. Besagter schnaufte. „Als ob sich mein Leben nur um ihn drehen würde. Pfhht. Ich kann ihn nicht sonderlich leiden, soviel steht mal fest. Aber diese Arschkrampe von Leader hat mir nicht den Hauch einer Entscheidung gelassen, nicht zu kommen.“ Aha. Gut, damit konnte er arbeiten. „Also geht es hier nicht um Ka- den, dessen Namen ich nicht nennen darf, sondern um Yahiko, auf welchen sich deine Wut projiziert, weil er dich in deiner Entscheidungsfreiheit eingeschränkt hat.“ „Verdammt richtig!“ „Wie hat er das geschafft?“ „…“ „Du bist doch… so ein selbstbestimmter Mensch. Wie konnte er dich zu einem solchen Maße beeinflussen?“ „…“ Itachi war klar, dass er hier an einer scheinbar recht sensiblen Stelle hantierte. Trotzdem musste ein bisschen Selbsterkenntnis her, um die ganze Situation zu schlichten. Er wartete, bis der Silberhaarige sich dazu entschloss, ihm zu antworten – anscheinend waren schlagfertige Antworten gerade ausverkauft. „Du bist ein Arschloch, Uchiha.“ Schlagfertige Antworten ja, Beleidigungen scheinbar nicht. Am liebsten wollte er ihm raten, sich zur Haupthütte zurückzuscheren und ihn seinen Alkohol trinken zu lassen. Wäre eine bessere Alternative, als ihm zu unterbreiten, wie Yahiko ihn an den Eiern zu packen bekommen hatte. „Er sagte, dass dieser Pisser von Geizhals nicht auftauchen würde.“ … Wieso er es ihm doch erzählte? Sonst interessierte sich ja niemand für seine Probleme. Oder für das, was er als solche betrachtete. Ihnen war wohl beiden klar, dass Hidans Antwort nur darauf hindeutete, dass Kakuzu noch immer eine recht große Rolle für ihn spielte. Der Schwarzhaarige ließ den Satz sacken und sich eine neuerliche Pause bilden, ehe er erneut ansetzte. „Wenn es so ist, ist die Lüge anscheinend nicht das Grundproblem.“ Wieder eine Pause nach den Worten, auf die es scheinbar nicht für nötig betrachtet wurde, zu antworten. „Was genau ist das Problem mit dem, dessen Namen ich nicht nennen darf?“ Die Augen seines Gegenübers öffneten sich, er schien tatsächlich krampfhaft nachzudenken. Dass er jedoch nur einen Moment später quasi aufsprang und begann, in der Hütte auf und ab zu laufen – und das in einem irren Tempo – war selbst für den Uchiha nicht vorauszusehen. Ebenso wenig wie die Schimpftirade, die folgte, ihn davor bewahrte, seine Lider leicht nach oben zu ziehen. „Du willst wissen, was das Problem ist? Diese scheißverdammte Arschkrampe ist das Problem! Ka-ku-zu. Ich schwöre dir, ich hätte nie auch nur ein Wort mit diesem Wichser gewechselt, hätte ich gewusst, wo das endet! Er ist ’n gottverdammtes Arschloch! Spielt mir die ganze Zeit irgendwas von großer Zweisamkeit und dem Scheißwort mit L vor und lässt mich am Ende ohne IRGENDWAS sitzen! Geld! Geld ist doch alles, worum es sich bei ihm dreht! Soll er doch genug Geld haben, um sich mit den verfickten Scheinen den Arsch zu wischen!“ Immer schneller lief er auf und ab, seine Stimme hob und senkte sich in einem, wie Itachi fand, ungesundem Sermon. „Ich hoffe, er erstickt irgendwann an diesem Scheißzeug! Anders verdient hätte es Mister ’Oh, ich tue alles für ein bisschen mehr auf dem Konto’ doch nicht! Lassen wir halt unseren Freund für einen Scheißjob sitzen. Jawohl! Ein Anruf und er ist weg. Scheiße. SCHEIßE! Alter, er hat mich nur von vorn bis hinten belogen, das ist das Problem! ER ist das Scheißproblem! Das Problem ist, dass ich ihm scheißegal war und das vermutlich von Anfang an. Dass ich sein gottverfluchter Zeitvertreib war. Mit mir kann man’s ja machen…“ Während der letzten Sätze wurde seine Stimme immer leise, bis die letzten Worte nur noch ein Murmeln waren. Mit einem etwas zu kontrollierten Ein- und Ausatmen setzte er erneut die Vodkaflasche an und nahm einen kräftigen Zug… bevor er sie auf eine Flugreise sandte, und an der gegenüberliegenden Wand zerschellen ließ. „Scheiße! Uchiha, ich schwöre, ich bringe dich um, wenn du auch nur ein einziges Sterbenswörtchen weiter plauderst!“ Es war recht offensichtlich, dass er momentan mehr als nur einen Mordplan parat hatte, um besagten Uchiha unter die Erde – oder unter den Schnee – zu bringen. Dieser allerdings hatte mittlerweile seine Fassung wieder gewonnen und sah herzlich unbeeindruckt aus. „Du hast mein Wort, dass davon niemand etwas erfährt – unter der Voraussetzung, dass du mir zuhörst.“ Schwarze Iriden sahen zu dem Silberhaarigen auf und wollten ihm auch auf diese Weise ein Versprechen geben. Er war endlich nah an der Wahrheit; nicht, dass er es nicht geahnt hätte, aber es war wichtig, dass Hidan es sich zumindest vor sich selbst eingestand. Ansonsten könnte er noch stundenlang versuchen, auf ihn einzureden. „Dann rede eben.“ Die Antwort kam prompt, der Preis für seine Forderung schien gering und eine Einwilligung brauchte daher nicht sonderlich ausgiebige Überlegung. Hinsetzen würde er sich noch nicht, dafür war er zu aufgewühlt; auf diese Weise konnte er zumindest verhindern, dass seine überschüssige Energie sich darin äußerte, etwas entzwei zu schlagen. Er atmete vorsichtig und tief aus. Vermutlich würden die nächsten Minuten wirklich darüber entscheiden, ob die kommende Woche angenehm oder unangenehm werden würde. „Du warst ihm nicht egal, Hidan. Die Entscheidung diesen Job anzunehmen war nicht leicht für ihn.“ Fest waren seine Augen auf die Bewegungen des Anderen fixiert, die nun abrupt zum Stillstand kamen. „Ach, und woher willst du das wissen? Das Gedudel kannst du dir sparen. So einfach wie es ihm gefallen ist, alles hinter sich zu lassen?! Einfach so, bei einem Anruf?“ Wieder schnaubte er. Wem wollte der Uchiha denn hier Märchen erzählen? Er hatte geglaubt, Kakuzu gut zu kennen, immerhin war er mit ihm zusammen gewesen – und schien ihn im Endeffekt kein Bisschen gekannt zu haben. Was wollte ihm also nun dieser Besserwisser weismachen? Das war doch lächerlich! Itachi ließ derweil ein tonloses Seufzen hören. „Ich weiß es. Ich habe damals mit ihm geredet.“ Es war Adventszeit nach ihrem Abschluss der Oberstufe. Die Innenstadt war zuhauf ausstaffiert mit Lichterketten, Kränzen, Plastikfiguren, alles soweit das Auge reichte. Menschen wuselten über Plätze, tranken Glühwein und aßen Waffeln, nahmen sich die Zeit für ihre Liebsten, wenn sich nicht gerade im letzten Geschenkestress vor dem Heiligen Abend untergingen. Dass sich zwei Freunde bei all dem Trubel begegneten, war entsprechend überraschend. Aus einem kurzen Gespräch drohte ein langes zu werden, sodass man beschloss, sich in einem der überfüllten Cafés niederzulassen, von denen die an die Märkte grenzenden momentan bis ’Ende offen’ angeschlagen hatten. Über gefüllten und wärmenden Kaffeetassen wurde die Konversation immer gehaltvoller und komplexer… und persönlicher. Itachis Blick hielt eine deutliche Note von Sorge, als er sein Gegenüber musterte. Er hatte nicht erwartet, dass sich Kakuzu ihm anvertrauen würde – oder sich irgendjemandem anvertrauen würde… oder das was ihn umtrieb überhaupt als etwas zu klassifizieren, das er anderen anvertrauen konnte. Nun saß er jedoch hier und es fiel ihm schwer, eine gewisse Überraschung zu verbergen. „Es wird nicht besser, je länger es sich hinzieht. Ich hätte nach unserem Trip reinen Tisch machen sollen.“ Der Größere rieb sich unwirsch über die Nasenwurzel, sich seines eigenen Problems deutlich bewusst. Nur dass er keine Lösung fand, pisste ihn gehörig an. Der Uchihaspross nahm einen Schluck von seinem Getränk. „Du bist sicher, dass es ihn so mitnehmen wird? Mit Verlaub, ihr habt nicht immer dein Eindruck einer besonders harmonischen Beziehung gemacht.“ Kurz hob sich seine Augenbraue, er riss sich aber recht schnell wieder zusammen und unterdrückte die Regung. Kakuzu nickte nur. „Ich weiß. Aber ich muss dir sicherlich nicht erklären, dass das Bild nach außen oft ein anderes ist, als nach innen?“ Er wartete auf eine zustimmende Geste Itachis, welche auch kam. „Nun, bei uns ist vermutlich eine Art Extremfall am Werk.“ Eine lange Pause folgte. „Ich will ihn nicht zurücklassen.“ „Dann tu es nicht.“ Es war eine fragende Note in seiner Stimme zu finden. Ihm war bewusst, wie naiv dieser Vorschlag war, er erwartete sogar direkten Widerspruch – allerdings kam dieser nicht. Sein Gegenüber starrte nur lang auf seine Tasse, bevor er den Uchiha wieder ansah. „Ich würde. Aber es geht nicht. Weißt du… es war seit jeher mein Traum. Ich wollte Geld scheffeln, solang ich denken kann, es gab quasi nichts anderes. Das war das, was ich mit meinem Leben anfangen wollte. Und nun kommt dieser kleine Idiot daher, mischt sich in mein Leben ein und bringt mich dazu, meinen dessen Inhalt in Frage zu stellen.“ Ein Kopfschütteln unterbrach seine Worte. „Ich bin nicht willens, mich schon so früh in meinem Leben aus dem Konzept bringen zu lassen, Itachi. Das Risiko ist zu groß. Vielleicht, irgendwann…“ Vielleicht würde es ja irgendwann klappen? Wenn er seinen Traum zumindest ansatzweise erfüllt hatte? Itachi konnte den Gedanken weiter denken, konnte mittlerweile nachvollziehen, was es war, das seinem Freund so große Probleme bereitete. Es war eine Vermutung, aber er konnte sich zusammen reimen, dass Hidan ihm einiges bedeuten musste, wenn er seine Entscheidung so lang hinauszögerte. Den Grund für dessen scheinbare Besessenheit ließ er unbeachtet. „Wie lang weißt du es schon?“ „Der Anruf kam vor zwei Wochen. Ich kann frühestens im Februar anfangen, daher habe ich noch einen Puffer. Sonst könnte ich mir die ganze Zeitschinderei nicht erlauben.“ Nun folgte ein Seufzen Kakuzus. Er hatte im Grunde schon damit abgeschlossen, dass sich seiner von dem Weg seines Freundes trennen würde, jedoch war es nicht ganz leicht, sich diesen Fakt immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Ein raues Lachen stieg aus seiner Kehle auf. „Und ihm so etwas zu Weihnachten mitzuteilen, ist vermutlich die charmanteste aller Arten.“ Itachi stimmte ein, wenn auch mit einem ebenso ironischen Unterton. „Weil wir alle so charmant sind. Es gibt niemand charmanten unter uns. Nur ’nicht charmant’ und ’nicht charmant minus zwei’.“ Er sah sich gezwungen, über das Lächeln zu schmunzeln, welches er bei Kakuzu ausgelöst hatte, bevor er wieder ernst wurde. „Nun, dann bleibt dir nicht viel übrig, außer es ihm zu sagen. Wie sagt man? Kurz und schmerzlos?“ Sein Gegenüber schnaubte. „Es geht um Hidan. Es wird eher lang und schmerzvoll.“ Wieder schüttelte er den Kopf. „Du hast Recht. Es ewig geheim zu halten, wird schwer, sobald ich wegziehe. Es wird schon gehen. Ich werd’ mir etwas einfallen lassen.“ Dass Kakuzus Einfall darin bestehen würde, Hidan zu sagen, er würde zeitnah zu einem Telefonanruf verschwinden, den er bereits Wochen zuvor empfangen hatte, fand selbst er für seine Verhältnisse kritisch. Oder aber, er hatte seinen Rat zu ernst genommen. Vielleicht hätte er es sich besser überlegen sollen, als er die Worte ’kurz und schmerzlos’ verwendete. Von alldem, was binnen Sekundenbruchteilen in seinem Kopf Revue passierte, teilte er dem Kraftausdruckfanatiker nichts mit. Er hatte auch Kakuzu damals sein Wort gegeben, nicht über die Thematik zu sprechen, und dieses Versprechen gedachte er einzuhalten. Es gab nur wenige, essentielle Dinge, die Hidan wissen musste. „Du warst ihm nicht egal und es fiel ihm nicht leicht, weg zu ziehen.“ Er wusste, dass er sich wiederholte, hatte er aber eine gewisse Art von Ahnung, dass ihm sein Gegenüber nicht einfach so Glauben schenken würde. Itachi vermutete sogar, dass Kakuzu ihn vor fünf Jahren mitgenommen hätte, hätte sich eine reelle Möglichkeit ergeben. Für den Moment schien jemand wie in der Kälte zu Eis erstarrt. Lila Iriden waren stechend auf sein Gesicht fixiert, und wäre er nicht aus dem Büro gewohnt, dass Leute versuchten, ihn nieder zu starren, hätte er sicher den Blick abgewandt. Nun allerdings hielt er der Wucht in Hidans Augen stand, bis dieser einsah, dass lediglicher Blickkontakt nicht den gewünschten Effekt haben würde. „Wieso sollte ich dir glauben?“ Er zuckte mit den Schultern. „Habe ich einen Grund, dich anzulügen?“ „Allerdings. Zum Beispiel den, dass ich mit dir in dieses Irrenhaus zurückgehe und mich wie ein umgänglicher Mensch verhalte?“ „Touché. Habe ich dich jemals angelogen?“ Hidan schien zu überlegen, legte dann den Kopf schief. „Nicht, dass ich mich erinnern könnte.“ Innerlich atmete der Uchiha auf. Entweder er hatte es wirklich noch nicht getan – wovon er ausging – Hidan hatte es nicht herausgefunden, oder er hatte es nach dem Herausfinden mit ausreichend Alkohol bedacht, um die Erinnerung zu löschen. „Ich tue es auch diesmal nicht. Wenn es darum geht, dass du glaubst, ihm egal gewesen zu sein, dann ist deine Sorge unbegründet.“ „Das ändert nichts an der Tatsache, dass er gegangen ist.“ „Es ändert aber etwas daran, dass du glaubst, es hätte ihm nichts bedeutet.“ Ein recht unnachgiebiger Blickkontakt baute sich auf, den wohl keiner von ihnen in naher Zukunft unterbrechen würde. Vermutlich hatte Itachi wirklich genau den einen Knopf gefunden, den es bei Hidan zu drücken galt, um ihm ein wenig Vernunft und Menschenverstand… und Verständnis einzutrichtern. Die daraufhin aufkeimende Diskussion würde sich noch eine Weile ziehen, die Oberhand jedoch vom logischen Standpunkt her eher auf Seite des Schwarzhaarigen liegen. Fraglich war nur, ob Logik überhaupt in irgendeiner Weise zum Argument werden könnte. „Eventuell sollte mal jemand nachsehen, vielleicht hat er Itachi mittlerweile filetiert.“ „Als ob, hm. Den Uchiha kriegt man doch nicht so leicht klein.“ „Unseren Motzkübel aber auch nicht“, antwortete Kakuzu ebenso unbeeindruckt, wie auch sein Einwand vor wenigen Sekunden geklungen hatte. Er würdigte Deidara nicht einmal eines Blickes, sondern nippte schlicht an seinem Glas, welches mit dem heißgeliebten Burbon gefüllt war. Die zugestoßenen Gruppenmitglieder hatten sich mittlerweile ebenfalls niedergelassen und sie mit allen nötigen Utensilien versorgt. Das blauhaarige Organisationstalent hatte es tatsächlich geschafft, für jeden den passenden Spiritus einzukaufen und gleichzeitig auch noch etwas zu Essen zu finden, dass ihnen allen zusagte. Jene Blauhaarige lehnte sich nun gegen ihren Freund und schien den Moment der Ruhe zu genießen. „Ich glaube, er hat gute Chancen, das Dilemma wieder hin zu biegen“, merke Yahiko an und erntete ein Nicken von Konan. Er hatte noch immer ein deutlich schlechtes Gewissen und im Grunde hing ebendieses an einem seidenen Faden, den momentan ein gewisser Schwarzhaariger spannte. Sie würden ja sehen, ob Itachi Hidan zur Rückkehr bewegen können würde. Würde diese Rückkehr dann auch noch friedlich verlaufen, sollte man überlegen, den Uchiha für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen. Ein gewisser Rotschopf ließ ein leises Schnauben hören. „Na wenn einer Chancen hat, dann er. Immerhin –“ Sasori wurde von einem Öffnen der Hüttentür unterbrochen, welches allgemeines Augenbrauenheben zur Folge hatte. Ihre Gruppenstärke schien soeben um zwei anzusteigen, welche sich nun ihrer Jacken entledigten und sich zu ihnen setzten. „Haben wir was verpasst?“ Das gezwungene Lächeln auf Itachis Zügen, ließ mehr von der Anstrengung erahnen, die er in der letzten halben Stunde investiert hatte, als ihm lieb war. Den Blick zu Kakuzu konnte er nicht unterdrücken, allerdings kam von jenem keine direkte Reaktion. Nein, von wem allerdings eine Reaktion kam, war Hidan; dessen Lachen klang altbekannt abfällig, was die Hoffnung aufkeimen ließ, dass er sich von nun an wieder normal verhalten würde – zumindest für seine Belange. „Wo denkst du nur hin, ohne mich geht doch hier gar nichts~!“ Es hagelte keinen Widerspruch, was den Silberhaarigen nur in seiner Annahme zu bestärken schien. Dafür gab es allerdings erneut ausreichend skeptische Gesichtsmimik zu sehen. Der Moment unangenehmer Stille, der folgte, wurde von Konan unterbrochen, welche sich aufrichtete und zu einer der Kisten ging, die sie noch zuvor mit ’für die Gruppe’ betitelt hatte. „Wisst ihr… Ich habe mir gedacht, dass es ganz interessant wäre, eine gewisse Abendbeschäftigung zu wiederholen.“ „Welche? Alkohol und Chips? Na, dafür stehen die Chancen gut, hm.“ Bernsteinaugen schossen Deidara einen recht unfreundlichen Blick zu, der deutlich besagte ’Halt die Klappe’. „Allgegenwärtiges kann man schlecht als eine ’gewisse’ Abendbeschäftigung bezeichnen, nicht wahr?“ Sie barg einen kleinen Stoffbeutel in Händen, als sie wieder zu Yahiko zurückkehrte, und sich neben ihm niederließ. Für alle gut sichtbar hielt sie ihn mit zwei Fingern hoch. „Und? Erinnert ihr euch?“ Kapitel 5: Besser als Flaschendrehen... und komplizierter. ---------------------------------------------------------- Fünf verdutzte Augenpaare richteten sich auf Konan; nur Yahiko schien zu ahnen, was seine Freundin im Sinn hatte. Das aus dunkelblauem Stoff gefertigte Säckchen enthielt zehn Zettel mit Fragen über ihre Gedanken, die sie fünf Jahre zuvor auf ihr Drängen hin aufgeschrieben hatten. Es waren Fragen, die dazu gedacht waren, mehr übereinander – und auch über das, was sie mit ihrem Leben vorhatten – zu erfahren. Dass sich nun keiner der Anwesenden auf Anhieb zu erinnern schien, überraschte sie nicht. Die Jungs hatten schon immer gern verdrängt, was etwas mehr als nur ein wenig an ihren Schalen gekratzt hatte. Wenig zu ihrer Beruhigung trug vermutlich der Fakt bei, dass sie damals gelobt hatten, ehrlich zu antworten, sonst, darauf hatte Konan beharrt, hätte diese ganze Aktion ja keinen Sinn. Zu ihrer Linken ertönte ein Seufzen. Itachi, welcher in dem Sessel neben jenem saß, in welchen sie sich mit Yahiko gequetscht hatte, sah ein wenig gequält aus. „Ist es der gleiche Sack mit den gleichen Fragen?“ Die Blauhaarige nickte freudig; endlich jemand, der ihre Gedankengänge scheinbar einigermaßen nachvollziehen konnte, wenn es um die Planung der Gruppenaktivität ging – bei der selbst ihr Freund das ein oder andere Mal auf dem Schlauch stand. Sobald der Schwarzhaarige es angesprochen hatte, machte sich Verständnis unter ihnen breit. Sie hatten in der Tat verdrängt, was ihnen jedoch schwerlich übel zu nehmen war. Was ihr nun weniger passte war, dass sie sich nicht mit ihrem Schicksal abzufinden schienen und es keinen Freiwilligen gab… bis Bernsteinaugen auf einem gewissen Orangehaarigen landeten. Zwar war auch er etwas tiefer in den Sessel gerutscht, jedoch derjenige, der sich dem Östrogen an seiner Seite am wenigsten entziehen konnte. Gleichgetan hatten es ihm Deidara und Hidan, die nun beide dein Eindruck eines Schluckes Wasser machten, der im Begriff war, durch eine Kurve geschleudert zu werden, während Kakuzu sich hinter seinem Burbon-Glas versteckte und Sasori und Itachi unauffällig den Blick abgewandt hatten. Nunja. Itachi schenkte ihm einen kurzen, mitleidigen Blick, als er schließlich den Stoffbeutel von Konan entgegen nahm und den ersten Zettel zog, ihn vorsichtig auseinander faltete – in etwa so, als würde er eine giftige Schlage am Schwanz packen – und dann zur Überraschung aller erleichtert aufseufzte. „’Was sind deine Wünsche für die Zukunft?’“ las er vor und lehnte sich wieder entspannt zurück, während die Mimik der anderen in Missgunst umschlug; es gab einerseits mehr und andererseits weniger invasive Fragen. Dass Yahiko nun scheinbar eine derer gezogen hatte, die relativ harmlos waren, bedeutete nur, dass die Chancen für sie selber schlechter standen. „Und? Hast du Pläne für deine Zukunft?“ hakte Konan nach, etwas weniger zufrieden mit dem Fakt, dass sich der Rest der Jungs scheinbar wieder verkriechen wollte. Abgesehen davon war wohl mindestens der Hälfte von ihnen klar, dass die Antwort des Orangehaarigen nur einmal mehr kitschig ausfallen würde. Erinnerte man sich an das Ereignis vor fünf Jahren, so hatte sich sein Wunsch ’an der Seite der Frau zu bleiben, die er liebt’ ja erfüllt. Einer Vorwarnung ähnlich nickte er nun und sah – sicherlich den Brechreiz einiger Anwesenden ankurbelnd – zu der Blauhaarigen hoch, die auf der Lehne des Sessels saß. „Ich habe nur Pläne für unsere Zukunft“, gab er relativ leise zu. Es war nicht der Zeitpunkt, um diese Worte weiter auszuführen, nicht mit dem, was in seinem Hinterkopf als Plan herangereift war. Konan wurde unterdessen etwas rot um die Nase und konnte sich ein scheues Lächeln nicht verkneifen. Auch ihr hatte eingeleuchtet, dass er etwas Derartiges zu sagen beabsichtigte, aber in diesem Ton und dieser… Ernsthaftigkeit? Schon der Blickkontakt ließ die Situation unpassend privat wirken und tatsächlich war sie es, die ihren Kopf schließlich leicht drehte, um dem Druck, der sich aufbaute, zu entgehen – lächeln tat sie noch immer. „Das kann man doch nicht als Antwort durchgehen lassen, hm!“ Deidara war beinah schon wieder soweit, mit Schokolade um sich zu werfen, wurde aber von Sasori am Handgelenkt gepackt und mit einem mahnenden Blick ruhig gestellt. Dem Rotschopf war Yahikos Antwort nur Recht; in seinen Augen hatte Konan jemanden verdient, der sich um sie sorgte und kümmerte. Etwas, das er wohl so bald nicht in Aussicht hatte. Vielleicht freute ihn die Situation der Blauhaarigen genau deswegen nur noch etwas mehr. Er ließ den beiden ihren Moment, ehe auch ihr ’Leader’ wieder seine Fassung zurück gewann. Seine Finger waren mit denen seiner Partnerin verschränkt, als er sich kurz räusperte und anschließend ein zweites Mal zu einer Antwort ansetzte. „Vermutlich werde ich euch langweilen“, warnte er sie vor bevor er fortfuhr. „Ich würde meinen Lebensabend wirklich gern in Gesellschaft meiner Familie verbringen; ein, vielleicht zwei Kinder, Einfamilienhaus mit Garten…“ Yahiko zuckte mit den Schultern. „Ihr seid natürlich zu den Feiertagen eingeladen, sollten jene, mit denen ich mein Leben dann teile, keine Einwände haben.“ Wieder sah er zu Konan, welche nur noch rosaner im Gesicht geworden war. Sie hatten noch nie über Familienplanung gesprochen, sodass sie die Worte nicht unbedingt wenig überraschten. Zwar hatte sie ähnliche Vorstellungen, aber sie hatten es beide noch nie angesprochen und… „Nun darfst du“, murmelte Sasori in diesem Moment und ließ das Handgelenk des Blonden los, woraufhin ein Schokodrop Yahikos Kopf traf. Das war selbst in Bezug auf die Blauhaarige mehr Kitsch als er bereit war, auszuhalten. „Du bist so ein Spießer, hm!“ schaltete Deidara sich ein und erntete zustimmendes Murmeln. Die allgemeine Motivation war noch immer nicht unbedingt gestiegen, obwohl alle Anwesenden sich nun in regelmäßigen Abständen Alkohol zuführten. „Hört sich schwer danach an, dass dein Leben ungeheuer langweilig verlaufen wird~“ – Zumindest aus seiner Sicht, der eines Künstlers. Derartige Bindungen waren einfach nichts für ihn; er war so freiheitsliebend, dass ihn schon allein der Gedanke an ein Leben, wie Yahiko es scheinbar führen wollte, nervös machte. Hidan ließ seinerseits ein Schnauben hören. „Wäre ja nichts neues, dass der Herr langweilig vorzieht.“ Sein Ton sprach nicht von viel Nettigkeit; er war noch immer unendlich genervt von dem Orangehaarigen und würde ihm seine dreiste Lüge wohl nicht so schnell verziehen. Dass sich nach seinem Kommentar wieder ablenkend Itachi einschaltete, wunderte ihn gar nicht. „Vielleicht lag es auch einfach an der Kombination von Frage und Mensch. Falls ihr euch erinnert – wir haben uns mit der Beantwortung von genau dieser Frage vor fünf Jahren so ziemlich alle gegenseitig geschockt.“ Wenn er daran dachte, dass in diesem Moment erst klar geworden war, dass einige von ihnen wegzogen – ja sogar das Land verließen – dann war er froh, etwas Beständigkeit aus ihrer Runde zu hören. Er mochte es nicht oft zugeben, aber auch ihm lag etwas an der eher mehr als weniger chaotischen Truppe. Konan und Yahiko schienen von ihrer Umwelt derweil nicht besonders viel mit zu bekommen, sodass der Schwarzhaarige Letzterem kurz entschlossen das Säckchen abnahm und es Deidara zuwarf. „Überzeuge uns, dass du weniger ’langweilig’ bist“, forderte er mit minimal angezogener Augenbraue. Er war nicht der Meinung, dass Yahiko noch jemanden gebrauchen konnte, der auf ihm herumhackte. Deidara zog derweil unglücklich eine Schnute, wagte es sich aber nicht, sich Itachi zu widersetzen – hatte er aus unerfindlichen Gründen noch nie. Etwas an dem Uchiha veranlasste ihn dazu, zu spuren. Wenig begeistert griff er zwischen die Stoffschichten, während Sasori sich zum Tisch vorbeugte, sein Glas mit Rotwein aufnahm… und dabei ein leises, keckerndes Geräusch von sich gab. Wirklich – Deidara wusste wirklich nie, wann er die Klappe zu halten hatte! So war es doch schon immer gewesen… Mit einem etwas hämischen Gesichtsausdruck lehnte er sich wieder zurück und beobachtete den Blonden beim Entfalten des soeben gezogenen Zettels. „Hah, na geht doch, hm! ’Was ist das Wichtigste für dich?’“ Bereits jetzt drehten sich die Augen einiger Anwesender in ihren Höhlen und was kam, war bereits zu erwarten: „Meine Kunst natürlich, hm! Es gibt einfach nichts, was jemals auch nur ansatzweise an ihre Wichtigkeit heranreichen wird!“ „Manchmal bist du so ein Idiot, Deidara…“ Das Seufzen kam von Konan, wurde aber von Hidan unterbrochen. „Hat mal jemand was zum Schmeißen?“ „Tu dir keinen Zwang an…“ Sasori nahm Deidara das Schälchen mit Schokolade ab und reichte es weiter, fing sich damit aber einen empörten Blick seitens des Blonden ein, auf den er gar nicht gedachte, zu reagieren. Er war es gewohnt – allerdings hatte mal wieder jemand recht effektiv einen Weg gefunden, einen Nagel in seine Eingeweide zu bohren, ohne ihn auf körperlichem Wege zu beschädigen. Der Rotschopf ging lediglich in Deckung, als Hidan die erste Salve Schokodrops abfeuerte und versuchte dabei auch, den Blick zu ignorieren, mit dem Konan ihn bedachte. „Ihr seid doch scheiße, hm! Keine Ahnung von nichts…“ „Nun, scheinbar ging der Plan nach hinten los“, murmelte Itachi und lehnte sich augenscheinlich zufrieden in seinem Sessel zurück. So vorhersehbar die Antwort des Blonden war, so wenig spannend war sie auch – er glaubte weiterhin an seine These der Kombination aus Frage und Individuum, würde aber den Mund halten, bevor… „Na dann mach’s doch erstmal besser, Uchiha, hm!“ Ebenso vorhersehbar landete das Säckchen wieder bei dem Schwarzhaarigen, welcher jedoch inne hielt, ehe er hineingriff. Das Schauspiel, wie Deidara den Versuch machte, sich hinter dem Rotschopf vor Schokoladengeschossen zu verstecken, war aufmerksamkeitsraubend; vermutlich aus dem Grund, dass Sasori eine noch genervtere Miene als üblich zur Schau trug und scheinbar ernstlich davor war, seinem Mitbewohner eine runter zu hauen… was Hidan nur noch in seiner Absicht zu bestärken schien, genauer zu zielen und doch noch einen Treffer zu landen. Was dann nicht so amüsant war, war der Gesichtsausdruck Kakuzus, welcher sich immer weiter an das Ende der Couch schob, auf der er mit den beiden Künstlern saß. Itachi war sich relativ sicher, dass all das bald in einem Donnerwetter enden würde – und er wurde nicht enttäuscht, als der Älteste von ihnen sich schließlich den Rest seines Getränkes genehmigte und das Glas geräuschvoll auf dem Tisch abstellte. Seine Stimme klang krampfhaft beherrscht; er hatte sich bis hierher zurückgehalten, um Hidan keinen Grund zu geben, ihn anzublaffen. „Wie alt seid ihr eigentlich? Ihr verhaltet euch wie Kinder.“ „Oooh, da kennst du dich ja sicher besonders gut aus, was?!“ „Ich hatte beizeiten ein wirklich aussagekräftiges lebendes Exemplar zu studieren.“ „Fick dich, Kakuzu, und halt deine beschissene Fresse!“ „Ich lasse dir gern den Vortritt.“ „Jungs…“ „Ich überlasse dir gleich einen Tritt und der wird sicher nicht angenehm sein!“ „Jungs…!“ „Oh, ich bin sehr gespannt…“ „JUNGS!“ Konan hatte sich in ihrer Position aufgerichtet und warf bitterböse Blicke zwischen Hidan und Kakuzu hin und her. „Ihr verhaltet euch beide, als wäret ihr in einer Krabbelgruppe zu Besuch. Könnt ihr euch vielleicht beruhigen? Ginge das?“ Ihre Stimme hatte einen recht versöhnlichen Ton angeschlagen, allerdings war jedem, der sie auch nur ein bisschen kannte, klar, dass ihre Laune schnell ungeahnte negative Ausmaße annehmen konnte. Kakuzu hielt einen Moment lang inne und entschloss sich dann zu einer wortlosen ’wie du willst’-Geste, bevor er sich nachschenkte und sich auf dem Sofa zurücklehnte, welches nun glücklicherweise an Aktivität eingebüßt hatte. Kein Geruckel mehr. Gut. Hidans lila Iriden brannten sich hingegen förmlich in ihre, bevor sie noch einmal zu Kakuzu schwenkten und dann einen Fixpunkt im Raum suchten. Er hatte sich Konan einmal zu oft widersetzt – und beim letzten Mal schreckliche Konsequenzen zu spüren bekommen. Der Silberhaarige mochte so leicht weder zu schocken noch zurecht zu weisen sein, allerdings hatte dieses eine Mal intensive Wirkung gezeigt und ihn seitdem davon abgehalten, ihr Widerworte zu geben. „Schön“, setzte er noch trotzig hinzu, hielt den Blick aber weiterhin abgewandt. Scheinbar war die Gruppe besser darin als sonst, unangenehme Stillen herauf zu beschwören, denn einmal mehr hielten sich ihre Mitglieder zurück – bis Itachi durch ein Räuspern die Aufmerksamkeit aller auf sich zog und sehr offensichtlich ablenkend einen Zettel aus dem kurzzeitig vergessenen Säckchen zog. Pianistenfinger falteten ihn auf und nachdem er kurz über die Frage nachgedacht hatte, ließ er ein leises Seufzen hören. „Ich schätze, es wird nicht sonderlich spannender“, gab er zu und sah kurz in die Runde – augenscheinlich war wieder etwas Entspannung eingekehrt. „’Was ist deine größte Furcht?’“ las er vor und faltete das Papier wieder zusammen. Deidara richtete sich ein wenig auf, sodass er nun weniger den Eindruck eines Schluckes Wasser auf Kurventour machte. „Wieso ist die Frage langweilig, hm? Gibt’s nichts wovor du Angst hast?“ Kritisch zog er die eine sichtbare Augenbraue hoch. Würde zum Uchiha passen, fand er. Nur keine Schwäche zeigen. „Ich tippe eher auf zu vorhersehbar zu beantworten“, wandte Sasori ein und nippte an seinem Wein. Sein Blick traf Itachis, bevor jener antwortete. „Sasori hat vermutlich Recht. Es gäbe nichts Schlimmeres für mich, als meine Familie zu verlieren… was vermutlich relativ offensichtlich ist.“ Er neigte kurz den Kopf in der Andeutung an den Rotschopf, dass dieser richtig gelegen hatte – worauf hin dieser einmal kurz sein Glas ein wenig anhob. „Ich empfinde das keineswegs als langweilig“, meldete sich Konan. „Es ist doch nicht langweilig, sich um die Leute zu sorgen, die einem wichtig sind. Zumindest denke ich nicht, dass es ein Attribut ist, das ich benutzen würde.“ Und eigentlich war es doch nett, zu wissen, dass dem sonst so unantastbaren Uchiha auch irgendwo der Zeh drückte? Sie hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass kleine Fehler Perfektion nur menschlich machten; nicht, dass sie eine solche Sorge als Fehler empfand, keineswegs, aber der Grad zwischen den beiden besagten Stadien schien hier nur umso deutlicher. Yahiko war es, der seine Meinung zu dem Thema abgab. „Nun, ich denke, ’langweilig’ ist eher im Sinne von Vorhersehbarkeit zu verstehen. Wir erfahren nichts neues, richtig? Was natürlich kein Vorwurf ist.“ Die Blauhaarige überlegte kurz. „Wenn ich so drüber nachdenke, wäre es vielleicht eine Lösung, dieses Spiel jeden Abend durchzuziehen…“ Sechs leicht geschockte Augenpaare sahen sie an; es war scheinbar niemand scharf darauf, seine Gedanken auf einem Silbertablett zu präsentieren. Vermutlich zur Überraschung aller, war es nun Kakuzu, der sich einschaltete – und die Hand in Itachis Richtung ausgestreckt hielt. „Ich halte das für keine gute Idee“, merkte er an und nahm das Säckchen an sich, als der Schwarzhaarige es ihm reichte. Es würde schlicht zu viele Kanten geben, an denen Hidan anecken konnte, wenn er absolut ehrlich war. Dass sich eine dieser Kanten schon in den nächsten Sekunden auftun würde, ahnte er nicht. Nach Lesen und wieder Zusammenfalten des Zettels erlaubte er sich eine Sekunde des Nachdenkens und rieb sich die Nasenwurzel; sein nervöser Tick begann, durchzuscheinen. „’Welche von dir getroffene Entscheidung bereust du am meisten?’“ klärte er den Rest der Gruppe auf und merkte erst, dass er die Augen während der Geste geschlossen hatte, als er sie wieder öffnete. Er wusste einfach, dass Ehrlichkeit hier schwerwiegende Konsequenzen haben konnte… aber auch ebenso nötig war. Es folgte ein kurzer Blick zu Itachi, von dem er hoffte, dass er sich an ihr Gespräch an jenem Adventsnachmittag erinnern konnte, bevor er tatsächlich zu einer Antwort ansetzte. „Ich hätte diesen Job nach dem Abi nicht annehmen sollen.“ Stille. Stille und Überraschung in den Augen der Anwesenden. Stille und Überraschung… sowie Unglaube und vielleicht auch ein Fünkchen Hoffnung in Hidans Augen. „Warum?“ Er musste einfach fragen. Er musste es einfach wissen, ob er mit genau dieser Reue zu tun hatte, ob Kakuzu vielleicht im Nachhinein einsah, dass es falsch gewesen war, ihn wegen einer guten Jobaussicht zu verlassen… Niemand wagte auch nur, sich einzumischen, als erneut ein Schluck Burbon den Weg die Kehle des Älteren hinunter fand und sein Blick unerschütterlich auf die Tischplatte vor ihm fixiert war. Als er erneut ansetzte war seine Stimme nur ein wenig leiser als zuvor, jedoch war sie ebenso fest. „Zwei Wochen nach Antritt und Unterzeichnen des Vertrages hat sich eine größere Firma gemeldet, die mir das Doppelte gezahlt hätte.“ So ziemlich jeder im Raum wartete darauf, dass er noch etwas sagte, noch etwas anhing, das die kommende Katastrophe abmildern würde… aber es kam nichts. Das war alles. Sie alle konnten in den lila Iriden zerbrechen sehen, was nur Sekunden zuvor – oder vielleicht in dem vorherigen Gespräch mit Itachi – ihren Anfang genommen hatte. Wenn es Hoffnung war, so wurde ihr genau hier ein Ende bereitet. Es war totenstill in der Hütte, als der Silberhaarige nach einigen weiteren endlosen Sekunden den Blick von seinem ehemaligen Partner abwandte und aufstand. Die Schritte der Stiefel waren ohrenbetäubend unter der Last die sie trugen, ebenso wie die Worte, die Hidans Lippen verließen, obwohl sie nicht lauter als ein Flüstern waren. „Fahr doch zur Hölle, Kuzu.“ Diesmal schloss sich die Tür leise hinter ihm; vermutlich war Stille ein seltenes Ausdrucksmittel um wirkliche Wut und wahrhaftigen Schmerz offen kund zu tragen – aber bei ihm, der sonst so lautstark seine Missgunst ausdrückte… war sie umso schallender. „Scheiße.“ „Das fasst es wohl gut zusammen.“ Konan und Yahiko sahen zum ersten Mal beide sehr ratlos aus, ebenso unfähig wie der Rest, noch ein weiteres Wort zur Situation zu verlieren… nun ja, nicht ganz. Itachi hatte seinen Kopf in die Hand gestützt, deren Ellenbogen auf seinem Knie ruhte, und war auf diese Weise etwas nach vorn gelehnt. Er fühlte sich mitschuld am Ausgang dieser Situation, war er es doch, der Hidan zurück geholt hatte, mit der Erklärung, dass er dem Älteren nicht egal gewesen war; dass jener scheinbar seinen Erfolg – und mochte er noch so klein gewesen sein – mit Füßen trat, stieß ihm sauer auf. Ein schweres Seufzen befreite sich aus seiner Kehle. „Das war nicht sonderlich taktvoll, Kakuzu.“ Der Angesprochene löste vermutlich erneute Überraschung aus, als er zugab, dass Itachi Recht hatte. „Ich weiß. Es ging nur nicht anders.“ „So wie damals?“ Stechend grüne Iriden richteten sich auf den Uchiha, welcher jedoch nicht mal daran dachte, zurückzuweichen. Es war klar, dass er auf jenes vergangene Gespräch anspielte und er würde ein erneutes Ausweichen nicht erlauben, nicht mit dem Gefühl, in Hidans Schuld zu stehen. Das schien auch Kakuzu zu bemerken, der sich schließlich zuerst abwandte und ein unwilliges Seufzen ausstieß. „Könnten wir das Thema bitte sein lassen?“ In seinen Augen hatte er das Richtige getan. Er war ehrlich gewesen, auch wenn er einen Teil der Wahrheit verschwiegen hatte. Wie sollte er ihm denn beibringen, dass er die Annahme des Jobs auch wegen ihm bereute? Es hätte bei Hidan nur einen falschen Eindruck hinterlassen… Wobei an dieser Stelle die Frage berechtigt wirkte, was er überhaupt als ’falsch’ ansah. „Zumindest dürfen wir uns die nächsten Tage mit einem unausstehlichen Hidan mit noch unausstehlicherer Laune auseinandersetzen, hm…“ Deidara sah zugegebenermaßen ebenso unzufrieden aus, wie der Rest von ihnen, wobei er der Einzige war, der es wirklich ansprach. So hatte er sich diesen Trip auch nicht vorgestellt… Die alte Clique wieder sehen, ja, aber gleich das ganze Chaos in exponenziertem Format miterleben? Darauf konnte er verzichten. Wieder war es die Blauhaarige, die versuchte, zu schlichten. „Wir werden sehen. Wenn er sich daran erinnert, dass er Stolz besitzt, geht es sicherlich wieder.“ Die Worte waren in keiner Weise fies gemeint; aber gerade dem Silberhaarigen hatte – wie die Erfahrung zeigte – meistens geholfen, sich daran zu erinnern, dass seiner Meinung nach ohnehin jedes Individuum außer ihm selbst unwürdig war. Vielleicht half es auch diesmal. „Wir sollten versuchen, uns davon nicht runterziehen zu lassen“, beschloss sie und reckte sich nach dem verhängnisvollen Säckchen. „Es kommt schon wieder in Ordnung.“ Sasori warf ihr einen skeptischen Blick zu. „Du willst das wirklich noch weiter führen? Dieses so genannte ’Spiel’ bringt uns noch alle in Teufels Küche…“ „Du willst dich doch nur drücken, Püppi“, neckte sie ihn mit einem schiefen Grinsen, das auch den sehr offensichtlichen Unmut des Rotschopfes abschmetterte. Folgend zog sie ihren verhängnisvollen Zettel, bei dessen Lesen ihre Mimik sich kaum veränderte. „Ah, das ist leicht. ’Wenn du in diesem Moment etwas ändern könntest, was wäre es?’“ Allgemeines Aufstöhnen quittierte ihren Zug, was das Lächeln der Blauhaarigen nur noch größer werden ließ. Es war allgemein bekannt, dass sie einen grundsätzlichen Wunsch nach Harmonie hegte, daher war ihre Antwort ebenso voraussehbar, wie die von Itachi oder Deidara. „Es wäre schön, wenn wir den Aufenthalt halbwegs friedlich über die Bühne bringen könnten. Dass nun bereits am ersten Abend die Wahl zur Dramaqueen stattfindet, ist ein wenig unglücklich gelaufen.“ Sie erhielt zustimmendes Murmeln, scheinbar hätten alle von ihnen ein bisschen weniger Aufruhr gut vertragen können, war der Großteil von ihnen noch immer geschlaucht von der Anfahrt. Ohne weitere Umschweife warf sie Sasori das Säckchen zu. „Nun, Hidan ist weg, also bist du der Letzte der bleibt~“ „Das kann doch wieder nur schief gehen“, kommentierte er, ehe er den Rest seines Weines – es war übrigens das zweite Glas – hinunter kippte. Schlanke Finger schoben sich zwischen die Lagen des Stoffes und zogen einen weiteren Schnipsel Papier hervor. „Das ist… sehr breit gefasst“, murmelte er schließlich, als er ihn aufgefaltet hatte. „’Gestehe!’ Was soll ich denn damit anfangen?“ „Du könntest uns etwas erzählen, was wir noch nicht über dich wissen“, schlug Itachi vor, der scheinbar beschlossen hatte, wieder halbwegs aktiv am Geschehen teilzunehmen. Er war noch immer leicht nach vorn gelehnt, hatte seine Finger aber nun verschränkt, als er dem Rotschopf einen neugierigen Blick schenkte. Die Worte lösten bei Deidara leises Lachen aus. „Es wird nicht viel geben, was ich nicht weiß, hm. Das schränkt die Möglichkeiten doch ziemlich ein.“ Natürlich war er der Ansicht, dass er seinen besten Freund auch am besten kannte – und wenn er etwas erzählen sollte, das noch niemand von ihnen wusste, dann standen die Chancen seiner Meinung nach wirklich schlecht. Sasori allerdings sah das anders und wandte sich halb zu dem Blonden um. „Du weißt auch nicht alles über mich, Deidara.“ Es war vielleicht nicht besonders schlau, das zu sagen, nicht, wenn er quasi in der Pflicht stand, etwas zu offenbaren, das sein momentanes Gegenüber nicht wusste. Grummelnd schenkte er sich ein halbes drittes Glas Wein ein und wartete ab, was Deidara aus seinen Worten machte – er war nämlich gerade wirklich verdächtig ruhig. Es war ein Konter mit dem er nicht gerechnet hatte, sodass sich schnell Herausforderung in seine Stimme legte. „Na dann erzähl uns etwas, dass auch ich nicht über dich weiß, hm. Ich bin sehr gespannt.“ Der Blick brauner Augen traf einen bernsteinfarbenen, welcher seine Trägerin dazu veranlasste, sich ungläubig nur ein klein wenig vorzulehnen. Er wollte doch nicht…? Verdächtig viel des Rotweines verschwand zwischen seinen Lippen und auch er sah Deidara nicht an, als er schließlich antwortete. „Vor fünf Jahren… Ich war damals bis über beide Ohren in jemanden verschossen.“ Kurz und schmerzlos kamen die Worte über seine Lippen. Stille. Stille und Überraschung in den Augen der Anwesenden. Plus… ein heruntergeklappter Kiefer seitens Deidara. „Was?“ hakte nun Sasori leicht amüsiert nach. Wieder war sein Blick zu Konan geschossen, wollte ihre Reaktion aufnehmen – welche ernstliche Verwirrung darstellte. Sie verstand nicht, wieso er tat, was er tat; konnte man dieses Verhalten auf den Alkohol schieben? Irritiert blinzelte sie und die unausgesprochene Frage entlockte ihm ein angedeutetes Schulterzucken. Es war doch ohnehin egal, es würde nichts ändern. Außer vielleicht seinem besten Freund und Mitbewohner aufzeigen, dass er wirklich nicht alles über ihn wusste und ihn somit davon abhalten, derartige haltlose Vermutungen anzustellen. Das geforderte Geständnis schien bei den anderen herzlich wenig Interesse auszulösen, zumindest kein offensichtliches. Die Überraschung bei der ganzen Sache lag wohl darin, dass er noch nie jemanden hatte, an dem er offensichtliches romantisches Interesse bekundet hatte – im Grunde stellte er ja nur klar, dass er durchaus dazu fähig war. Mit einem leisen Räuspern schob er sein nun wieder leeres Glas von sich und machte Anstalten, sich zu erheben. „Wenn ihr mich entschuldigen würdet, ich schätze, ich habe etwas viel Wein intus.“ Augenscheinlich auf jeden Fall, schlussfolgerte er bei sich; schon jetzt fragte er sich, wie er sich nur so hatte provozieren lassen können… Es war doch so klar, dass seine Worte ein Nachspiel haben würden. Vorsichtig maneuvrierte er sich zwischen Beinen und Füßen hindurch bis zur Hüttentür, wo er sich seine Jacke überzog und kurze Verabschiedungsworte und Nicken von den anderen erhielt – bis auf Deidara, der ihm immer noch lediglich ungläubig hinterher starrte. „Wir sehen uns dann morgen.“ Und damit war Sasori aus der Tür, was wieder Stille in die Hütte einkehren ließ. Nun… temporär. Nicht viel später als die Tür ins Schloss gedrückt wurde kam nämlich endlich Bewegung in den Blonden – er war von einer kaum zügelbaren Neugierde getrieben, die ihn etwas ungeschickt den gleichen Weg einschlagen ließ, wie Sasori, nur, dass er dabei versehentlich gegen Kakuzus Fuß trat. „’tschuldige…“ Ein dunkles Brummen war die Antwort, als die verbliebenen vier Augenpaare beobachteten, wie sich die andere Hälfte des Künstlerpärchens ebenfalls seine Jacke überstreifte, um dem Rotschopf zu folgen. Sie erhoben nicht einmal Einspruch. Wieso auch? Deidara würde mit hundertprozentiger Sicherheit nicht auf sie hören, sondern seinen eigenen Kopf durchsetzten… und stumm und einstimmig wurde beschlossen, dass Sasori ihnen leid tat, wo er sich doch recht kürzlich mit einer aufgeregten Blondine konfrontiert sehen würde, die schwerlich einen Stein auf dem anderen lassen würde, bis er die Antwort hatte, die er wollte. „Bis morgen!“ war das Letzte, was sie von besagter Blondine hörten… … und „Scheiße“ war das Erste, was Konan zu der Situation einfiel. Das konnte nur schief gehen. Tatsächlich schlug wenig später die Tür ihrer Hütte ein zweites Mal auf, nachdem Sasori eingetreten war. Er hatte soeben seinen Mantel abgestreift und seine Schuhe ausgezogen, war nun dabei, Holz für den Ofen nachzulegen. Der kurze Temperaturumschwung hatte ihm nicht sonderlich gut getan, allerdings musste er das Kreuzverhör das sicher folgen würde zumindest nicht vor den Augen und Ohren der anderen über sich ergehen lassen; das war es in jedem Falle wert. Er hätte einfach auf sich selbst hören und diese blöde – und wirklich dumme – Andeutung sein lassen sollen. Es gab doch tausend andere Dinge, die er hätte sagen können! „Sasori…“ „Hm?“ Das Geräusch von näher kommenden Schritten sagte ihm, dass Deidara fast hinter ihm stand, als er den Ofen schloss und sich wieder aufrichtete. Er… stand verdammt nah hinter ihm. Dummerweise war nicht viel Platz zum Zurückweichen, sodass es auch nichts gab, dass den Blonden davon abhielt, näher zu kommen. Jener wollte durch die Nähe die er aufbaute eigentlich nur beruhigend wirken, bewirkte jedoch unbemerkt das Gegenteil. „Ich weiß nicht, ob ich vorrangig verletzt oder neugierig bin, hm“, merkte er mit einem kleinen Schmunzeln an. „Wieso hast du mir nichts erzählt?“ In einer weiteren beruhigend gemeinten Geste strich er durch die kurzen roten Haare und ließ seine Hand in Sasoris Nacken liegen. „Es gab keinen Grund“, antwortete ehrlich und war vollauf damit beschäftigt, seinen Herzschlag zu beruhigen, der momentan versuchte, seine Brust zu sprengen. Seine Selbstkontrolle wurde schrecklich wacklig, wenn er trank… und er vertrug allgemein wirklich verflucht wenig. „Außerdem ist es nicht wichtig.“ Der Blonde ließ ein Schnauben hören, beugte sich dann zum Ohr seines Freundes und ließ ihn wissen: „Zur Hölle mit unwichtig, hm. Ich hätte dir zuhören können…“ Langsam zog er sich zurück, nur um seine Stirn gegen die des Rotschopfes zu lehnen. „Beste Freunde tun so etwas. Sie hören sich gegenseitig zu, ebenso wie sie derartige Geheimnisse teilen, hm. Wieso also?“ Es war der Moment in dem Sasori aufgab, seinen Puls beruhigen zu wollen, und sich darauf konzentrierte, zu denken. Diese Situation war neu, etwas Derartiges war ihm noch nicht passiert wenn er angetrunken war und kurzum konnte er sich noch so lang einreden, dass ihm seine Gefühle nicht zusetzten – sie taten es doch. Und Deidaras Nähe tat alles mit ihm, sie machte es nur nicht leichter. Sein Atem ging mittlerweile etwas zittrig und er hatte die Augen geschlossen um nicht Gefahr zu laufen, auch noch in azurenem Feuer zu versinken… während sich sein Kopf nur minimal drehte, er dem Blonden auf diese Weise doch noch ein kleines Stückchen näher kam und seine Antwort ihm im Halse stecken blieb… Kapitel 6: Wahrheiten. ---------------------- Schwer kam sein Atem über seine Lippen, brandete vermutlich nicht unweit von ihnen gegen ein ähnliches Paar, welches jedoch seiner Meinung nach um einiges einladender geschwungen war. Sasori hatte Schwierigkeiten, seine Gedanken zu ordnen; In Deidaras Nähe war das nie ein sonderlich leichtes Unterfangen, aber unter Alkoholeinfluss und zusätzlich auch noch gedanklicher Beschäftigung mit dem Fakt, dass er ihm eigentlich romantisch recht zugetan war… Das alles machte es noch um ein Vielfaches schlimmer. Was sollte er ihm denn sagen? Dem Älteren der beiden war klar, dass es kaum möglich wäre, einfach so mit der Antwort – der wahren Antwort – heraus zu rücken, ohne etwas zwischen ihnen grundlegend zu verändern. Er wollte nicht, dass ihre Freundschaft in die Brüche ging, denn sie war es doch, die einen enormen Trost im Gegensatz zu ihrer Folter darstellte. Er hatte sich damit abgefunden, Deidara nicht auf diese eine besondere Weise nahe sein zu können, nicht auf einem Wege, der nur einseitige Bedeutung finden würde, aber immerhin war er überhaupt um ihn herum und wurde sogar von ihm geschätzt, auch wenn es nicht die Art von Wertschätzung war, die er sich selbst noch vor einigen Jahren erhofft hatte. Nein, Sasori hatte die grundlegende Hoffnung, dass der Blonde überhaupt romantisch an Personen des gleichen Geschlechtes interessiert sein könnte, schon lange aufgegeben – zu einer Zeit, in der besagter Blonde jedes Wochenende weiblichen Besuch mit in ihre Wohngemeinschaft geschleppt hatte. Oft genug waren es gleich zwei gewesen, scheinbar ein Angebot für ihn… das jedes Mal wieder abgelehnt wurde. Sasori war der festen Überzeugung, dass Deidara für ihn etwas übrig hatte, das erwähnte er ja oft genug – nur eben nicht auf die Art und Weise, die ihm ermöglicht hätte, ihm wirklich nahe zu sein. „Danna… So schlimm kann es doch nicht sein, hm.“ Die Worte drangen an seine Ohren, nachdem er scheinbar eine halbe Ewigkeit geschwiegen hatte. Dass sein Kopf sich etwas weiter gedreht hatte, nun nur noch wenige Zentimeter zwischen ihren Lippen lagen, hatte er überhaupt nicht mitbekommen. Verdammt, er musste sich schnellstens etwas überlegen, um diesem Kreuzverhör zu entgehen! Sehr behäbig rang er sich dazu durch, seine rechte Hand zu heben, bis sie schließlich mit warmer Haut in Kontakt kam. Er sah nicht ganz genau wo sie lag, allerdings konnte er sich den Kieferknochen unter seiner Handfläche noch weitestgehend zusammenreimen, sodass er seine Fingerspitzen nur etwas verschieben musste, um auch ein Ohr zu ertasten. Seine Hand lag nicht da, wo er sie hatte haben wollen, aber sie würde ihrem Zweck erfüllen – Deidara davon abhalten ihm noch näher zu kommen, sollte er es endlich schaffen, etwas Abstand zwischen sie zu bringen. Denn seine Wange zu berühren… war definitiv auch nicht die beste Idee. Wieder dauerte es scheinbar eine Ewigkeit, bis das Seufzen das folgte nicht mehr ganz so zittrig war, wie seine Atemzüge zuvor. Es diente dem alleinigen Zweck, sich weit genug zusammen zu reißen, um sich langsam aber sicher zurück zu ziehen, mehr und mehr Distanz zwischen sie zu bringen, bis er sich schließlich sogar traute, die Augen wieder zu öffnen. Ebenfalls nicht die beste Idee. Das Bild, das sich ihm nun offenbarte – blaue Augen, die ihn neugierig ansahen, ja eine gewisse Erwartungshaltung innehatten, seine eigene Hand an der Wange desjenigen, den er… begehrte – ein Bild, das sein eigenes Augenmerk augenblicklich hinunter zu den so wohl bekannten und doch nie berührten Lippen gleiten ließ… Das, plus dem Fakt, dass Deidaras Hand noch immer in seinem Nacken lag, war schuld daran, dass braune Augen sich wieder schlossen und er hörbar schluckte. Zeitgleich tastete er mit der Linken nach der fremden Hand und zog sie vorsichtig von dort weg bevor er seine Lider wieder hob. Das nächste Ausatmen war halbwegs ruhig und er konnte seine Augen dazu bewegen, nicht nur stur auf den Lippen des Jüngeren zu verharren; Sein Blick glitt über sein komplettes Gesicht, hielt auch bei seinen eigenen Fingern, die sich tatsächlich gestatteten, für einen Moment fast schon liebevoll über die warme Haut zu streichen… ehe er wieder bei jenen azurenen Untiefen landete, die ihn scheinbar auch verfolgten, wenn er schlief. „Deidara.“ Seine Stimme klang abweisend, hörte man ihr jedoch auch deutlich ihren Wunsch nach Verständnis an. Wieder beugte er sich nur ein klein wenig vor, als seine Aufmerksamkeit erneut von jenen Lippen in Anspruch genommen wurde… und er sie erbarmungslos einmal mehr von ihnen wegriss. Er hatte hier etwas zu erledigen, da konnte sein alkoholisierter Körper doch nicht derart vehement gegen ihn arbeiten! „Ich… habe definitiv zu viel Wein getrunken, um über dieses Thema zu reden.“ Mit einem letzten, etwas wehleidigen Blick wandte er sich von ihm ab. Sasori hatte sich geschworen, es ihm nicht zu sagen. Daran würde er sich halten. Ende der Geschichte. Unweit der Künstler war schon vor einiger Zeit eine Tür geschlossen worden und das wie es schien in mehr als nur dem augenscheinlichen materiellen Sinne. Es war eine Tür, die an jenem Tage bereits einiges an Beanspruchung gefunden hatte, nur wurde sie dieses Mal ebenso leise geschlossen, wie zuvor die Tür der Haupthütte. Ebenso augenscheinlich war auch ihr Bewohner ruhig… Das, was unter der Oberfläche brodelte, wurde in keinster Weise auf der Oberfläche gespiegelt; nein, Hidan war vollkommen, beinahe beängstigend ruhig. Aber wie sollte man auch reagieren, wenn vor nur wenigen Minuten die eigene Welt einmal mehr aus den Fugen gehoben und auch das letzte, ungeahnt existierende Stückchen Hoffnung zerstört worden war? Er hatte sich in dem Sessel niedergelassen, in dem er schon vor Itachis Auftauchen halbwegs Ruhe gefunden hatte, nur dass er diesmal keinesfalls eine Flasche Hochprozentiges als Gesellschaft hatte. Es war einer jener seltenen Momente, in denen er einen beinahe entspannten Eindruck machte und intensiv nachdachte, ohne direkt in aggressive Äußerungen unterschiedlicher Art zu verfallen; es geschah nicht oft, aber gerade durch jene Seltenheit wurde dieser Momente Besonderheit nur noch auffälliger hervorgehoben. Mehrere Gefühle waren es, die ihn okkupiert hielten. Wut war unter ihnen, Ärger, Zorn… aber auch Verwirrung und Irritation, die Frage, wie es kam, dass er selbst nicht einmal gemerkt hatte, wie er empfand, bis Kakuzu mit einigen wenigen Worten scheinbar jene Gasblase verdrängter Emotionen zum Explodieren gebracht hatte. Wie hatte er sich all die Jahre recht erfolgreich einreden können, dass all das ihn nicht kümmerte, wenn es das doch tat? Damit wäre dann jener Erfolg in Frage gestellt und die These scheinbar verworfen. War es das? Oder war es vielleicht die bloße Anwesenheit seines ehemaligen Partners, die jede einzelne unangenehme Erinnerung heraufbeschwor und wieder zum Leben erweckte? Hidan wusste es nicht und es raubte ihm den letzten Nerv. Während eines leichten aber gleichmäßigen Kopfschüttelns fuhr er sich durch die Haare, von denen mittlerweile mehrere Strähnen nach vorn in sein Gesicht hingen. Zu gern hätte er die Möglichkeit ausgeschlossen, dass er tatsächlich nicht mehr für den Dunkelhaarigen empfand, als Unmut oder generell ein oder vielleicht zwei negative Gefühle; zu gern hätte er bestätigt, dass er nicht mehr an ihm hin. Wenn er zuließ, dass Kakuzu ihm etwas bedeutete, dann machte ihn das nur angreifbar für jede Situation in der er einmal mehr erwähnte, dass er ihn aus rationalen Gründen verlassen hatte und damit den Eindruck verstärkte, dass er es nicht wert gewesen war, vielleicht ein zweites Mal über jenes verflixte Angebot nachzudenken und eventuell doch bei ihm zu bleiben. Nein, ihre Beziehung wurde wegrationalisiert und die Erkenntnis, dass der Gedanke daran einfach immer noch fürchterlich schmerzte, war ungemein unwillkommen. Er wollte schlicht nicht mehr von dem beeinflussbar sein, was gewesen war. Er hatte sich nach all dem ein Kakuzu-freies Leben verdient, nicht wahr? Ungläubig sah er ihm hinterher, als er sich abwandte. Glaubte er wirklich, er ließe sich so einfach abspeisen? So einfach? Verdammt, er kannte ihn doch viel zu lang, um sich nicht eines besseren bewusst zu sein! Unbarmherzig tat der Blonde ein paar Schritte hinter Sasori her, versuchte erneut seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sein erster Versuch hatte nicht den gewünschten Effekt gezeigt, war in der Tat nur etwas verwirrend gewesen. Deidara hatte seinen besten Freund schon einige Male unter Alkoholeinfluss erlebt, nur hatte er sich noch nie auf diese Art und Weise benommen. Ihm kam sein Verhalten bekannt vor, ja, aber eher von den Personen, mit denen er Nächte verbracht hatte, Nächte, die in harmlosen Geplänkel ihren Ursprung gefunden hatten, welches sich durch jene fast schon scheuen Blicke und federleichten Berührungen gezeigt hatte. Aber bei Sasori… nein, er hatte ihn schon immer körperlich auf Abstand gehalten, daher war es sein Ziel gewesen, ihm zumindest dieses eine Mal ins Gedächtnis zu rufen, dass er ihm vertrauen konnte, dass ihm keine Liebelei peinlich sein musste, egal wer es auch gewesen war, der das Interesse des Rotschopfes auf sich gezogen hatte. Schon in ihren Teenagerzeiten hatte sich der Jüngere gewundert, dass sein Freund kaum Interesse an anderen Menschen im Generellen zu haben schien. Scheinbar war es nur der Fakt, dass sie zusammen aufgewachsen waren, der sie zusammenhielt – das, und seine eigene Penetranz, um welche er sehr wohl wusste und welche er auch das ein oder andere Mal nach eigener Überzeugung gewinnbringend einzusetzen wusste. Nie war Sasori romantisch an jemandem interessiert gewesen, zumindest hatte er nie von einer solchen Begebenheit gesprochen. Später hatte er nie jemanden mit nach Haus gebracht, als sie zusammen gezogen waren. Das allein hätte ihn ja nicht unbedingt neugierig gemacht, aber auch die Tatsache, dass er so ziemlich jede Nacht allein bei sich – und nicht etwa auch einmal außerhalb – verbrachte, machte ihn etwas stutzig. Hinzu kam die Ausrede des Rotschopfes, dass er sich eben auf universitäre Belange konzentrierte und er ohnehin nicht genug Zeit für derlei ’Spielerei’ habe, welche ihn bei wiederholtem Hören nur die Augen verdrehen ließ. Er hatte einfach keine wirkliche Erklärung für das Ausbleiben romantischen Interesses seitens Sasoris und mit bloßer Unlust wollte er sich nicht zufrieden geben… Zwischenzeitlich war er dann dazu übergegangen, sich die haarsträubendsten Theorien zu überlegen, nach deren Filterung er schließlich bei der Vermutung von Asexualität gelandet war… was ihm reinen Gewissens erlaubt hatte, sich ihm auch das ein oder andere Mal einfach ohne Hintergedanken und um des reinen Komfort Willens zu nähern. Nun, scheinbar hatte er falsch gedacht. Und genau diese Tatsache war es, die ihn seine Theorien verwerfen ließ und seine Neugierde erneut entfachte. „Sasori, du kannst nicht einfach so eine Andeutung machen und dann nicht mehr darüber reden, hm. Das ist unfair!“ Vielleicht half ja Quengeln. Manchmal ging er ihm lang genug damit auf die Nerven, damit er mit der Sprache rausrückte. Der Rotschopf war auf seine Worte hin stehen geblieben, er konnte die Spannung in seinen Schultern sehen. War ihm das Thema wirklich so unangenehm? Zugegeben, es verletzte ihn etwas, dass er mit ihm nicht darüber geredet hatte, und das ausgerechnet bei etwas, das ihm augenscheinlich zusetzte. Deidara konnte sich schlicht kein Szenario vorstellen, das ihn davon hätte abhalten können sollen. Er war simpel dem Glauben, dass sich beste Freunde solche Dinge erzählten, auch wenn es durchaus naiv war, so zu denken – allerdings war ihm das herzlich egal. Denn neben dem Gefühl des Verletztseins hatte er auch den Eindruck, dass er vielleicht einfach nicht viel als bester Freund taugte. Da ihm kein Grund einfiel, wieso Sasori nicht mit ihm geredet hatte… münzte er den Grund eben auf sich. Lag es denn an ihm, dass er geschwiegen hatte? Hatte er etwas falsch gemacht? War er vielleicht einfach in den Augen des Rothaarigen nicht vertrauenswürdig genug? Noch immer kam keine Antwort. „Rede doch mit mir…“, bat er ihn, diesmal mit einem eindeutigen Ton in der Stimme. Der Verdacht, dass er der Grund für das Ausbleiben eines Gespräches war, setzte ihm zu. Erst nach einer ganzen Weile stand er auf und verfiel erneut in ein langsames auf und ab, sodass jeder einzelne Schritt dunkle Töne auf den Holzdielen verursachte. Für gewöhnlich half ihm Bewegung, seine Gedanken zu ordnen, allerdings geschah es nur recht selten, dass er sich derartig tief in einem Wust aus Emotionen wieder fand, um das Dickicht nicht mit einfacheren Mitteln beseitigen zu können. Nachdenken war wirklich nicht seine Stärke, besonders nicht, wenn es um derart persönliche Belange ging. Es war schmerzhaft, schmerzhafter als er bereit war, sich einzugestehen, und allein diese Tatsache war etwas, womit er nicht gut umgehen konnte. Hidan hielt sich selbst für jemanden, der nach außen hin stark wirkte, unbeugsam. Es war ihm einfach nicht ähnlich, sich von irgendwelchen Dingen mitnehmen zu lassen, sei es nun das Wetter, eine Naturkatastrophe, oder ’persönlicher Bullshit’, wie er es gern betitelte. Dass er sich nun in die wohl intensivste Situation hineinmaneuvriert hatte, die überhaupt möglich war, frustrierte ihn nur zusätzlich. Negativ intensiv. Sobald er merkte, dass bloße Bewegung nicht reichte, machte er sich daran, die Hütte auf ihre Bestandteile zu checken. Eine der beiden Türen führte in ein kleines Badezimmer, Dusche, Waschbecken, Toilette, nichts Großartiges. Gut, dass sie keine wirklichen Frauen dabei hatten, murmelte er in Gedanken vor sich hin, die wären in einer solchen Abstellkammer noch verrückt geworden. Konan betrachtete er insgeheim tatsächlich eher als Kerl – das machte es amüsant über sie und Yahiko zu denken und außerdem hielt es ihm davon ab, sie offen heraus anzugraben. Nunja, meistens. Die zweite Tür führte in einen Raum mit zwei Einzelbetten, an die jeweils gegenüberliegenden Wände gerückt. Zusätzlich fanden sich zwei Nachttische und zwei Kommoden in ihm wieder, welche scheinbar standardmäßig zu klein für einen mehrtägigen Aufenthalt war. Wenn man eine Frau war, merkte er wieder gedanklich an. Mit einem zweiten prüfenden Blick auf die Betten beschloss er, dass es sinnfrei wäre, sie so stehen zu lassen. Immerhin war er allein und er war Betten dieses winzigen Ausmaßes nicht gewohnt… Grund genug, um sich daran zu machen, kurzerhand das Zimmer ausreichend umzuräumen, um aus den zwei Einzelbetten ein halbwegs brauchbares Doppelbett – oder ein für ihn geeignetes Einzelbett – zu machen. Er würde nicht abstreiten, es noch brauchen zu können, zumindest nicht, wenn er in den Folgetagen noch mal ins Dorf hinunter kam. Die körperliche Ertüchtigung hatte geholfen. Etwas zumindest, sodass er seinem Werk nun zufrieden den Rücken kehrte und wieder in den Hauptraum der Hütte trat. Kleine Atemwölkchen zeigten an, dass die Temperatur innen sich wohl nicht fürchterlich von der Außentemperatur unterschied, sodass der nächste Blick etwas zweifelnd zu dem kleinen Ofen wanderte. Er war nie wirklich gut in derlei Dingen gewesen, allerdings würde er es versuchen müssen, wenn er es nicht darauf anlegte, zu erfrieren. Da half wohl auch die dickste Decke nichts. „So schwer kann das doch nicht sein“, grummelte er vor sich hin und ließ sich schließlich vor besagtem Heizobjekt nieder, mehrere kritische Blicke auf die zugehörigen Utensilien verteilend. Etwas in seinem Hirn klingelte, aber die Erinnerung, die dabei war, sich Bahn zu brechen, wollte er um alles in der Welt unterdrücken. Verflucht, er konnte doch nicht schon wieder an ihn denken, wenn er sich gerade endlich halbwegs effektiv abgelenkt hatte! „Es gibt nichts zu reden“, kam die nun doch recht prompte Antwort. Wieso konnte dieser Bengel denn nicht einfach nachgeben und verstehen, wann der richtige Moment war, um die Klappe zu halten? Wieso musste er es ihm so schwer machen, die Fassung zu bewahren und nicht noch viel offensichtlicher zu zeigen, was in ihm vorging? Sasori war sich sicher, dass ein aufmerksamer Beobachter seine kleine Einlage durchaus richtig würde deuten können, aber Deidara, dieses Blondchen, war schlicht zu blind, um die Zeichen richtig zu lesen. Es war frustrierend, einerseits weil er eine Zeit lang gewollte hatte, dass er es merkte… und er nun nicht mehr wollte, dass er etwas vom Grund seiner inneren Aufgewühltheit wusste. „Natürlich gibt es das, hm.“ Die Stimme in seinem Rücken hörte sich etwas niedergeschlagen an; er war über diese Beobachtung ernstlich verwirrt, welchen Grund sollte der Jüngere haben, einen derartigen Launenabfall zu erleiden? Nur, weil er nicht mit ihm über das seiner Meinung nach recht offensichtliche reden wollte? Recht offensichtlich… auch wenn er sich mit dieser Formulierung ins eigene Fleisch schnitt und implizierte, seine Gefühle nicht effektiv genug verdeckt zu haben. „Wieso kannst du es mir nicht sagen, hm? Liegt es an mir?“ ’Ja’, wollte er sagen, ’ja, es liegt an dir!’ – aber die Worte fanden keineswegs ihren Weg über seine Lippen. Diese… fast schon enttäuschte Note in Deidaras Stimme ließ ihn sich auf der Stelle mies fühlen, und das, obwohl er kein Recht hatte, auf diese perfide Weise den Spieß umzudrehen! „Es gibt eben auch Dinge, über die ich einfach nicht reden will“, stellte er klar. Tatsächlich gab es von ebendiesen einige, nur dass sein Mitbewohner diesem schlichten Grundsatz selten genug Beachtung schenkte. Nur dieses eine Mal gab er sich wirklich Mühe, ihn nicht durch pure Penetranz gewinnen zu lassen. Langsam drehte Sasori sich um, wollte in das Gesicht des Blonden sehen, um festzustellen, ob er wirklich ebenso enttäuscht war, wie er sich anhörte. Was er sah, verunsicherte ihn – das Schmunzeln war aus Deidaras Mundwinkel gewichen und augenscheinlich war er ernst bei der Sache. Nur machte es ihm das nicht unbedingt leichter. „Du hast meine Frage nicht beantwortet, hm.“ Wieder kein neckender oder gar fröhlicher Unterton. Wieder gab ihm diese Stimme das Gefühl, sich für die leicht geknickte Haltung ihres Besitzers verantworten zu müssen. „Wieso kannst du es mir nicht sagen?“ Der Blick der blauen Augen bat um eine Erklärung. Scheinbar machte sich hier jemand wirklich Gedanken um ihn. Deidara konnte doch nicht wirklich glauben, dass es an seinen Freundschaftsqualitäten lag, dass er sich ihm dieses Themas bezüglich nicht geöffnet hatte? Die Zeit trug ihn beinahe sechs Jahre zurück. Wieder war es Winter und wieder bestand die Notwendigkeit, einen Ofen – nun gut, einen Kamin – zum Spenden von Wärme zu befeuern. Wieder war es Hidan, der etwas ratlos vor der Konstruktion aus Stein und Stahl saß und jeden einzelnen seiner Versuche scheitern sah, die Holzscheite in ihrem Inneren anzuzünden. Eine Reihe diverser Flüche kam aus seinem Mund, ehe er das lange Feuerzeug frustriert von sich warf und versucht war, wie ein störrisches Kind mit Fäusten und Füßen auf den Boden zu trommeln. Nur war diesmal jemand da, der die Geduld hatte, ihm beizubringen, wie man es richtig machte. Jene Art von Geduld war selten bei jedem, der mit dem Silberhaarigen zu tun hatte, und noch viel seltener bei dem Einen, der sich entschieden hatte, das Risiko einzugehen, mit ihm zusammen zu sein. Im Stillen bereute Kakuzu nicht eine Sekunde, auch wenn er sich der Tatsache bewusst war, dass seine Nerven meist sehr nah vor einem weiteren Riss standen – nun, glücklicherweise hatte er ein gewisses Talent dazu, jenen Geduldsfaden zu flicken und ihn um ein Neues zu belasten. Es war keinesfalls immer einfach mit Hidan – aber für ihn war es all das wert. Er war tatsächlich der Auffassung, dass der kleine Motzkopf etwas Besonderes war; nur lag seine Besonderheit in seinen Augen eher bei der Möglichkeit, sich selbst etwas des Windes aus den Segeln zu nehmen, der ihn ein ums andere Mal antrieb, die ihm so vertraute Fassade der Unnahbarkeit zu tragen, die er so ziemlich jedem vorsetzte, der ihm begegnete, als irgendwo anders. Es war ein unglaublich seltenes Talent. Mit Hidan war es nämlich anders. Er schien zu spüren, wenn er einen Gang herunter schaltete und reagierte tatsächlich ähnlich auf diese Phänomene. Ebenso jetzt, als der Ältere sich neben ihm niederließ und ihm für einen kurzen Moment die Hand auf die Schulter legte. „Du weißt, dass dich Flüche nicht weiterbringen. Benutz mal dein Hirn“, riet er ihm und tippte ihm anschließend gegen die Schläfe. Hidan gab daraufhin nur ein Grummeln von sich, starrte weiterhin unzufrieden auf die Holzscheite in der Mitte der Brennplatte des Kamins. „Es funktioniert einfach nicht“, gab er halb-schnippisch zurück und entlockte seinem Freund damit ein Seufzen. Keine Kraftausdrücke diesmal. Mit einem zweifelnden Blick auf seinen Nebenmann lehnte er sich ein Stück vor, um über ihn hinweg nach einer kleinen Box zu tasten, welche zwischen Stein und Holzscheiten stand. Er reichte sie weiter und wartete auf eine Reaktion. Als die Box zwar geöffnet war, aber nur ein verwirrter Blick folgte, erklärte er. „Das sind gepresste Späne. Sie brennen um einiges leichter als gleich ein ganzer Scheit.“ Vorsichtig nahm Kakuzu die leicht angekokelten Scheite zur Seite und bröselte einige der kleinen Span-Zylinder in der Mitte der Brennplatte auf. Auf die hintere Seite wurden nun vorsichtig zwei der Hölzer platziert, ehe er nach einer kleinen Schachtel im Innern der Box griff. „Anzünder. Davon ein oder zwei in die Mitte und sie reichen vollkommen aus, um die Späne in Brand zu setzen. Diese wiederum brennen intensiv genug, um die Scheite in Mitleidenschaft zu ziehen.“ Zu Demonstrationszwecken tat er, wie er erklärt hatte und fischte dann nach dem Feuerzeug, um es Hidan in die Hand zu drücken. „Versuch es noch mal.“ Der Jüngere der beiden sah etwas grummelig aus; er mochte es nicht, wenn er etwas nicht wusste und es ihm dann so kleinschrittig erklärt wurde, als würde man mit einem Kind reden – allerdings tat besagte Erklärung ihren Dienst und er stieg hinter das Prinzip des Kaminanzündens. Folglich nahm er auch kommentarlos das Feuerzeug, knipste es an und hielt die Flamme an die Anzünder, welche augenblicklich Feuer fingen. Zufrieden legte Kakuzu nun noch zwei weitere Scheite von der Vorderseite nach und schloss dann die Kamintür, stellte aber die Belüftung auf die höchste Stufe. „Siehst du, halb so –“ Er wollte eigentlich den Satz beenden und vielleicht noch einiges über die Luftzufuhr in Öfen und Kaminen von sich geben… allerdings lag schnell genug ein anderes Paar Lippen auf seinen, um ihn sehr erfolgreich zum Schweigen zu bringen. Ihm war klar, dass Hidan Worte wie ’Danke’ ausgesprochen selten in den Mund nahm, daher war ihm eine andersgeartete Dankbarkeitsbekundung nur zu Recht. Und da sie nun nicht mehr Gefahr liefen, zu erfrieren, konnte er auch ruhigen Gewissens einen Arm um ihn, seinen Partner, legen und sich mit einer anderen Art der Wärmeentwicklung befassen… „GOTTVERDAMMTER MIST!“ Harsches Fluchen hallte durch die Hütte, als der Silberhaarige schlicht ein ganzes Holzscheit von sich warf und ungehalten aufsprang. Er konnte sich gerade so davon abhalten, die Ofentür mit aller Wucht zuzuknallen. Diese kleine Episode hatte jeden Ablenkungsversuch zunichte gemacht. „Verschwinde endlich aus meinen Gedanken, du Scheißkerl!“ Die Verzweiflung war aus seiner Stimme herauszuhören. Und zum Verzweifeln war es auch. Er hatte die böse Vermutung, dass er, wenn er nicht aufpasste, langsam von einer Erinnerung zur nächsten driften würde. Etwas anderes als Fluchen… fiel ihm dazu im Augenblick wirklich nicht ein. „Ich will nur einfach nicht darüber reden“, wiederholte er sich und versuchte seine Mimik dazu zu bewegen, für seine Verhältnisse ausreichend genervt auszusehen. Ihm war nur zu klar, dass er überhaupt niemals davon hätte anfangen dürfen, hätte nicht vielleicht ein kleiner Teil von ihm immer noch das Bedürfnis, sich Deidara mitzuteilen – was absurd war. Immerhin war er sich recht sicher, was ihre Fronten betraf. „Aber diese Andeutung war es wert um mir eins reinzuwürgen, hm? Wieso hast du dann überhaupt damit angefangen?“ Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis der Blonde zu jener Annahme kommen würde – jedoch hatte Sasori nicht gedacht, dass er das ganze Vorkommnis als persönlichen Angriff wahrnehmen würde. Nur war er noch nicht fertig, es ging nämlich weiter: „Wieso dieser ganze Aufstand, hm? Nur um mir unter die Nase zu reiben, dass ich vielleicht nicht aufmerksam genug war? Verdammt, Danna, es tut mir Leid… aber bitte rede mit mir, hm.“ Ihr kleines Szenario hatte sich schneller als vorhergesehen zu einer Art persönlichem Kleinkrieg entwickelt, den wohl nur der Rotschopf als solchen wahrnahm. Nun fühlte er sich endgültig schlecht, aufgrund der simplen Tatsache, dass der Blonde alles in den falschen Hals bekam, was hier vor sich ging. Es war keine Möglichkeit, ihn einfach abzuwimmeln, ihm zu sagen, dass er richtig lag, nicht für ihn da gewesen zu sein… Eine Art der Unfairness, die er nicht einmal sich selbst abverlangen konnte, eine, die keinesfalls vertretbar gewesen wäre. Schon ein kurzer Blick in Deidaras Augen sagte ihm, dass etwas dabei war, zu zerbrechen – etwas, das er mit seinem Schweigen zu verhindern versucht hatte. „Du bist sonst auch nicht so selbstmitleidig, Deidara. Krieg dich wieder ein, es ist halb so wild – und es liegt nicht daran, dass du nichts bemerkt hast. Es gab nämlich nichts zu bemerken.“ Hoffte er zumindest. Er brauchte schleunigst einen Weg, sich aus dieser ganzen Misere herauszureden. Für den Moment applaudierte er sich selbst, die Vergangenheitsform genutzt zu haben; nun auch noch einen Hinweis auf aktuelle Ereignisse zu geben, wäre wohl wirklich sein Untergang. Der Jüngere sah derweil aus, als würde er ihm kein Wort glauben, sein Kopf war etwas geneigt und sein Mund einen Spalt breit offen. „Ich bin nicht selbstmitleidig, hm, ich mache mir nur meine Gedanken!“ Der Unglaube wich einer stummen Bitte, er verstand wirklich nicht, was Sasori davon abhalten könnte, ihn einzuweihen. Wieder brachte dieser Distanz zwischen sie, taumelte mehr als dass er ging zur nächsten Wand und stützte sich an ihr ab, lehnte sich schließlich mit dem Rücken gegen sie. Es gab so viele Dinge, so viele zynische Kommentare, die er sich verkneifen musste, um sich nicht in noch eine schlechtere Lage zu bringen. Er merkte, dass er Deidaras Worten, ja seiner bloßen Anwesenheit nicht mehr lange etwas entgegensetzen könnte. Einige Momente war es ruhig, vielleicht überlegte der Blonde ja endlich, ob es besser war ihn in Ruhe zu lassen? Genau in dem Moment in dem er aufsah kamen die nächsten Worte, die nun eine unendlich bittere Note enthielten. „Wir sind doch Freunde, Sasori, du bist der beste Freund den ich –“ „Hör endlich auf, das zu sagen!“ Auf seine lauter gewordene Stimme folgte nur erschrockene Stille. Wieso hatte er auch die dämliche Vodkaflasche zerdeppert? Er hatte doch nur eine dabei gehabt und nun war sie hinüber und er seinen scheinbar alles zersetzenden Gedanken ausgeliefert. Es gab einfach keinen Fluch, keinen Kraftausdruck, der noch helfen würde, sich auch nur ansatzweise Luft zu machen – dass er sich selber fast schon aus Versehen an den erinnert hatte, an den er eigentlich überhaupt nicht mehr denken wollte, war schlichtweg zum Kopf gegen die Wand schlagen. Tatsächlich liebäugelte Hidan auch mit genau dieser Idee, nur war ihm bewusst, dass Selbstverletzung nicht helfen würde. Nein, er bräuchte etwas, um sich zu betäuben, nur fiel Alkohol bekanntermaßen weg. Was taugte noch dazu, nicht mehr fühlen zu müssen? Kälte. Und genau hier kam es ihm sehr gelegen, dass er keinen Nerv hatte, sich um den dämlichen Ofen zu kümmern. Wieder lief er auf und ab, brachte den Holzboden zum Knarzen und versuchte, all die ungebetenen Gedanken auszusperren. Der Nachmittag an jenem Wochenende im Dezember, an dem Kakuzu ihm nur gesagt hatte, er solle warme Kleidung für ein paar Tage einpacken und ihn dann fast schon entführt hatte. Angeblich gehörte das kleine Landhaus einem seiner Verwandten, über die Hidan jedoch nie etwas wirklich Handfestes erfuhr. Fakt war, dass er seinen Freund nie für romantisch gehalten hatte, sich der Gedanke aber quasi aufdrängte, als jener ihm die Tür aufhielt und sich dafür einen zynischen Kommentar einfing. Er erinnerte sich, als wäre es gestern gewesen. „Schön, du hast mich hergeschleppt, und was soll das Ganze nun?“ Skeptisch sah er über seine Schulter zu dem Größeren. Es war nicht ungewöhnlich, dass er ihn über Dinge im Dunkeln ließ, aber das hier schien doch… andere Ausmaße zu haben. „Ich dachte, wir lassen die anderen Silvester ohne uns feiern –“ „Hää? Aber wir haben doch…“ Er stocke, als sich Augenkontakt zwischen ihnen entwickelte. „Ich dachte, wir lassen die anderen Silvester ohne uns feiern und vertreiben uns die Zeit stattdessen zu zweit.“ Verflucht, nein, er musste unbedingt etwas tun, um diese Erinnerungsfetzen auszusperren, oder er war sich sicher, er würde wahnsinnig werden. Die Erkenntnis, dass Bewegung nicht half, kam recht schnell und er sah nur recht widerwillig ein, dass sich dieser Fakt auch nicht innerhalb der nächsten Stunden ändern würde. Mit einem Strang aus Flüchen auf den Lippen stapfte er ins Schlafzimmer und warf sich auf das provisorische Doppelbett; quer, die Füße heraushängend. Wieder kam ein Bild in ihm hoch, diesmal allerdings von gewissen Tätigkeiten, die nach dem Anzünden des Kamins stattgefunden hatten, einige Stunden nachdem ihm aufgegangen war, dass Kakuzu tatsächlich einfach nur mit ihm allein sein wollte. Er war machtlos gegen das erneute Aufbrodeln von Gefühlen tief in ihm. Es war beinah zu kitschig und bei weitem zu klischeehaft. Vor dem Kamin lag ein gemütlicher Langfloorteppich, sehr flokatiähnlich, und einige Kissen… ebenso wie eine dünne Decke unter der nun zwei nackte Leiber zu finden waren. Dunkle Locken waren auf dem hellen Stoff verteilt, grüne Augen lagen auf temporär erschöpften Zügen. Hidan war auf dem Bauch neben dem Größeren zusammengesackt, brachte nun seine Atmung wieder unter Kontrolle, während er sich Mühe gab, unter Kakuzus Blick nicht zu erröten. Etwas war anders, und sobald er aufsah, wusste er auch, was: In den Augen seines Partners lag eine gewisse Hitze, die er zuvor noch nicht gesehen hatte. Etwas, das ihm bis dato fremd war und ihn sich nun fragen ließ, ob es das bedeutete, was er vermutete – denn zu einer Vermutung war er schnell gekommen. Er konnte seinem Blick nicht lang standhalten, versuchte nach einer Weile, sich hinter silbrigen Strähnen zu verstecken, welche ihm ins Gesicht fielen. Zurückhaltung war etwas, das er nur äußerst selten zeigte, von dem er aber nun sicher war, überhaupt keine andere Wahl zu haben. Er wollte sich nicht über eine Vermutung freuen, nicht solang sie nicht mehr als das war. Viel Zeit verstrich nicht, bis er Bewegung neben sich wahrnahm und beinah reflexartig den Kopf drehte. Kakuzu war ihm einmal mehr so nahe, dass nicht viel fehlte, ihn zu küssen – nur war er für den Moment noch damit beschäftigt, seine Unterlippe zwischen seine Zähne zu ziehen und etwas nachdenklich auf ihr herumzukauen. Allgemein machte er eher einen sehr ungewohnt unsicheren Eindruck, der den Älteren jedoch nicht davon abhielt, sich vorzulehnen und die wohl dezenteste aller Formen der Selbstverletzung mit seinen eigenen Lippen zu unterbrechen. Ihm war klar, wie wenig förderlich es war, sich diesen Gedanken, diesen Erinnerungen hinzugeben, allerdings war ihm mittlerweile bewusst, dass er sich wohl kaum gegen sie wehren konnte. Er hatte es versucht – sogar jahrelang – aber die Tatsache, dass er ihn nun wiedergesehen hatte, sich nun nur wenige Meter von ihm befand… machte all seine Mühe zunichte. Wieder fanden seine Zähne den Weg in seine Unterlippe, bohrten sich unbarmherzig ins Fleisch. Dieses Mal würde er sich nicht unterbrechen lassen… Deidaras Mimik gefror zu einer schockierten, verletzten Maske. Er verstand nicht, wieso Sasori derartige Dinge sagte, wollte nicht so weit gehen und Schlüsse aus ihnen ziehen. Was er wahrnahm war das hektische Heben und Senken des Brustkorbes seines Gegenübers, beinahe als ob es ihm unendlich schwer viel diese Worte zu sagen – aber es war nicht minder schwer, sie zu hören. Lag ihm denn nichts an ihm? Das glaubte der Blonde nicht, nein, dafür hatten sie zu viel zusammen erlebt, waren sich wirklich einfach zu wichtig. Eine Weile lang sagte er gar nichts, bis Sasori schließlich seinen Kopf gegen die Wand lehnte und die Augen schloss. Erst als ihm bewusst wurde, dass all seine Worte vielleicht aus dem Affekt heraus ihre Aussprache fanden, wagte er sich wieder, etwas zu sagen. „Ich wollte dich nicht unter Druck setzen, hm.“ „Doch“, kam die prompte Antwort. „Genau das ist es, was du seit ungefähr zehn Minuten versuchst.“ Wieder blieb es still zwischen ihnen, wieder wuchs Unglaube seitens Deidara, dass sein Rotschopf zu derartig verletzenden Worten fähig war. Das alles hier… verletzte ihn. Und genau das war es auch, was in seiner Mimik ersichtlich war, sobald braune Augen sich wieder öffneten. „An der Bezeichnung ist nicht zu rütteln, allerdings sehe ich mich weniger gern mit ihr konfrontiert.“ Dass er überhaupt noch zu einer solch gestochenen Ausdrucksweise fähig war nach drei Gläsern Wein, verwunderte ihn – genug, dass er etwas brauchte, um zu verstehen, was Sasori versuchte, ihm mitzuteilen. Erst als der Groschen gefallen war, legte er verwirrt den Kopf schief. Ging es hier darum, dass sein Gegenüber einfach generell nicht gern Gefühle zugab? Ging es darum, dass ihn ihre Freundschaft verletzlich machte? Er blickte nicht durch. „Und wieso ist das so, hm?“ Der Kuss war lang und zart, beinah als ob sein Gegenüber davon ausging, dass er zerbrechen könnte. Das war zwar nicht der Fall, wie ihnen beiden klar war, das hatten ihre vorhergegangenen Aktivitäten durchaus gezeigt… aber die Geste an sich, die keinerlei Hektik, nur ruhige Gemächlichkeit enthielt, ließ ihn schaudern. Er erlebte Kakuzu nicht oft auf diese Weise und schon gar nicht über einen etwas längeren Zeitraum hinweg. Für gewöhnlich zeigte er Zuneigung nur in blitzschnell verstreichenden Augenblicken – nur diesmal nicht. Diesmal schien er sich Zeit mit ihm nehmen zu wollen. Und erstaunlicherweise… ließ ihn das jeden unangebrachten Kommentar schlucken, ließ ihn feststellen, dass der Moment es wert war, nicht von einem neunmalklugen Spruch unterbrochen zu werden. Vorsichtig flochten sich seine Finger in die Haare des Älteren als er die Berührung ebenso zaghaft erwiderte; es fiel ihm schwer zu glauben, was der Kontakt ihrer Lippen in ihm auslöste – unter anderem die Bestärkung seiner Theorie. Stumm starrte er an die Zimmerdecke, lila Augen verdächtig weit, der Atem etwas schneller als normal gewesen wäre. Er konnte die Erinnerung weder mit der Dunkelheit seiner Lider aussperren, noch mit der Dunkelheit, die das Zimmer einnahm. Hidan hatte kein Licht angezündet, wieso auch. Wenn man sich verkriechen wollte, war Licht nur hinderlich… Er sah ihn lange an. In den Momenten in denen er sich um eine Antwort drückte, war ihm, als würden alle anderen Optionen schwinden, als wäre da nur noch eine einzige Handlungsalternative übrig, Sasori wollte ihm nicht offen ins Gesicht lügen und vermutlich wäre jene Lüge nur zu schnell ertappt gewesen, konnte er doch momentan seine Mimik kaum unter Kontrolle halten. Deidara würde sehen, dass er nicht ehrlich war und vermutlich würde ihn eine solche Beobachtung nur noch mehr verletzen. Das wollte er nicht – allerdings war auch die Alternative nicht einfacher, nicht, solang er nicht hundertprozentig einschätzen konnte, wie der Blonde reagieren würde. Dummerweise gäbe es nur eine Möglichkeit, genau das herauszufinden. Er wollte ihm nicht sagen, dass die ständige Erinnerung an ihre Freundschaft ihm nur immer wieder vor Augen führte, was sie eben nicht waren. Sasori war dankbar für sie… aber sie erinnerte ihn jedes einzelne Mal daran, dass sie schon seit Jahren auf dieser einen Ebene standen. Nie woanders. Nie… mehr. Sein Mund öffnete sich… schloss sich und öffnete sich wieder. Er war außerordentlich trocken, was die Worte rauer über seine Lippen kommen ließ, als gedacht. „Wie sollte man schon jemanden beibringen, dass man sich in ihn verliebt hat – wenn man von genau dieser Person konstant darauf hingewiesen wird, dass gewisse Hoffnungen und Ambitionen gleich im Keim erstickt gehören?“ Seine Stimme klang bitter; der Rotschopf wollte Deidaras Reaktion nicht sehen, wollte nicht den Widerwillen erkennen, der die Verwirrung verscheuchte. Trotzdem hielt er seinen Blick starr auf ihn gerichtet – zumindest solang er noch die Chance hatte. Wenige Minuten später lagen sie noch immer so da, nah aneinander geschmiegt, die Wärme genießend. Kakuzus Hand wanderte dann und wann über den Rücken des Kleineren, zog mit ihren Fingerspitzen abstrakte Muster auf seiner Haut. Die Berührungen kitzelten etwas und sicherlich wäre er erschaudert, wäre ihm nicht von der Hitze des Kamins warm genug um die Regung zu unterdrücken. Erst als der Größere sich bewegte, ließ er ein leises Murren hören. „Was tust du?“ „Ich besorge nur etwas zu trinken“, kam Kakuzus Antwort als er aufstand und sich nonchalant ohne irgendeine Form der Bekleidung aus dem Raum begab. Noch bevor er die Tür erreichte, hatte Hidan sich auf einen Ellenbogen aufgestützt und sah ihm nach. „Kuzu?“ „Hm?“ „Wieso… Wieso das alles? Wieso nicht Silvester mit den anderen feiern?“ Für einen Moment hielt er inne, ehe er noch einen Blick zurück warf. „Ich hielt es für angebracht, den Jahreswechsel mit einer geliebten Person zu feiern.“ Damit war er aus dem Raum. Lider wurden zusammengepresst. Er durfte nicht daran denken, er durfte nicht… Deidaras Kopf war leer gefegt. Komplett. Nicht ein einziges Lüftchen wehte, kein einsamer Steppenläufer fegte durch die ausgestorbenen Gänge, die einst noch Gedanken enthalten hatten. Gern hätte er gesagt, lange für das Verstehen des kompletten Ausmaßes der Bedeutung dieser wenigen Worte zu brauchen, aber es wäre eine ebenso große Lüge gewesen, wie die, die Sasori nur kurz zuvor verworfen hätte. Er konnte nur einfach nicht glauben, was ihm hier gerade offenbart worden war. Eine dementsprechend lang andauernde Stille breitete sich auch zwischen ihnen aus. All seine Fragen waren beantwortet; wieso Sasori nichts gesagt hatte, wieso er es ihm nicht hatte sagen wollen… selbst die Frage nach seiner Ernsthaftigkeit. Würde er scherzen, hätte er kaum einen solchen Wirbel veranstaltet. Die Situation war auf eine merkwürdige Art und Weise unangenehm – er wusste schlicht nicht, was er sagen sollte und beschränkte sich dann auf eine Hoffnung, die den Moment vielleicht weniger irritierend machen würde. „Aber… das war damals, oder? Ich meine… du hast von damals geredet, hm.“ Er hatte die Augen aufgerissen, als Kakuzu den Raum verlassen hatte, war tatsächlich in eine Art Schockstarre verfallen. Allerdings war es keine Schockstarre der negativen Art, nein, er schwelte geradezu vor Freude. Hidan blieb auf dem Flokati sitzen, hatte aber ein sehr deutliches Grinsen über das halbe Gesicht gepflastert. Er sah seine Vermutung bestätigt, konnte gar nicht anders, und zog seinen Freund schließlich wieder zu sich herunter, sobald er wiederkam. Jener ließ sich nichts anmerkten, zeigte nur leichte Verwirrung. „Meintest du das ernst? Das, was du gerade gesagt hast?“ Gut, er musste sich vergewissern, auch wenn er sich nicht mehr stoppen können würde. Der Ältere sah ihn nur kurz mit schief gelegtem Kopf an, ehe er nickte. Fest pressten sich nun seine Handballen noch zusätzlich auf die geschlossenen Lider. Wieso zur Hölle konnte er sich nicht davon abhalten, weiter zu denken? Wieso musste er all das noch einmal Revue passieren lassen? Es war ihm kristallklar, wo all das enden würde… Eigentlich war der Ausdruck auf Deidaras Gesicht genug um seine Vermutung bestätigt zu sehen. Der Rotschopf hatte sich in etwas verrannt, schon vor einigen Jahren, und nun kam er nicht mehr einfach so wieder aus der ganzen Geschichte heraus. Er machte sich hier zum Deppen, legte offen, was ihn seit geraumer Zeit bewegte… und es kam keine Antwort. Er war sich nicht sicher, ob er eine erwartet hatte, oder ob nicht Schweigen einfach das gängigste Mittel war, seinem Unglauben Ausdruck zu verleihen. Sicherlich war es das. Soeben wollte Sasori vorschlagen, dass er sich einfach etwas hinlegen sollte, da ihm der Alkohol doch wirklich zusetzte – augenscheinlich – als doch noch Worte über die Lippen des Blonden kamen und nun seine Miene einfrieren ließen. Für einen einzigen Moment, ehe er seine Fassade bröckeln spürte und sich sein Ausdruck verzog, den Schmerz zeigte, den er fühlte. Wieder waren Ein- und Ausatmen zittrig. „Wie blind bist du eigentlich, Deidara?“ Es war eine rhetorische Frage, eine rhetorische Frage, die so unendlich schmerzte. Nicht nur seine Fassade bröckelte – sondern auch augenscheinlich alles, was zwischen ihnen war. „Ja, ich meine es ernst.“ Dem Silberhaarigen war klar gewesen, dass dies Kakuzus Weg war, ihm zu zeigen, dass er ihm etwas bedeutete. Sein eigener war… weniger verbal, was sich daran zeigte, dass seine Arme sich augenblicklich um den Hals des Älteren schlagen und ihn zu ihm zogen, bis er in der Lage war, ihm seine Lippen aufzudrücken. Wieder war es ein Kuss, der wohl sanfter nicht hätte sein können, wenn diesmal jedoch eher seine Gefühle in ihm mitschwangen. Schon in seinem recht jungen Alter hatte er aufgegeben, jemanden zu finden, er ihn mit all seinen Eskapaden nicht nur aushielt, sondern auch schätzen konnte… und er wurde vom Gegenteil überzeugt. „Scheiße“, wurde es nun zwischen den schmalen Lippen hervorgequetscht. „Scheißescheißescheiße.“ Ein leiser Singsang entstand, der jedoch ebenso wenig etwas gegen die immer weiter hoch kochende Masse an Emotionen in seinem Inneren tun konnte. Es würde nicht lang brauchen, bis sie die Oberfläche erreichten… Fest biss er seine Zähne zusammen. Dem Blonden war nach Weinen und Schreien gleichzeitig zumute, irgendetwas, das helfen würde, mit der Erkenntnis klar zu kommen, die ihm hier gerade vorgesetzt wurde. Der Schmerz auf Sasoris Zügen war so offensichtlich lesbar, dass er in sich selbst etwas zerbrechen spürte. Er hatte ihm niemals wehtun wollen, nur war er wirklich… blind gewesen. Blind für all das, was der Rotschopf ihm nicht hatte sagen können. Blind für das, was unter der wohl kontrollierten Oberfläche lag. „Es tut mir leid.“ Gab es irgendetwas, was sonst noch Bedeutung hatte? Er war nicht einmal dazu fähig, seine Situation ordentlich zu durchdenken. Stunden später, Hidan hatte sich zwischenzeitlich intensiv mit dem eher beiläufigen Geständnis seines Freundes beschäftigt, saßen sie an einem der großen Fenster des Hauses und sahen in die Nacht hinaus, auf das Verstreichen der letzten Minute des Jahres hinfiebernd. Just in dem Moment, in dem in der Ferne die ersten Raketen hochgingen, kamen ihm die Worte wie das Einfachste der Welt über die Lippen. „Du hast Recht. Es ist eine gute Idee, den Jahreswechsel mit einer geliebten Person zu verbringen.“ Das Lächeln auf Kakuzus Zügen war das Beste, was er sich für das neue Jahr hätte wünschen können. „Ja“, murmelte er leise. „Mir tut es auch leid.“ Alles. All das. Bevor er noch einen weiteren Moment nachdenken konnte, wandte er sich einmal mehr ab, hielt auf ihre Schlafzimmertür zu und verschwand im Raum dahinter. Sein Rücken wurde beinah augenblicklich gegen das Holz gedrückt, bevor er langsam an der Tür hinabrutschte. Was hatten sie nur getan? Wieder fluchte er, allerdings waren die Worte leise und von Verzweiflung durchzogen. Verzweiflung die sich nun auch in einer schmalen, feuchten Spur zur Seite seines Augenwinkels abzeichnete, gezogen von einer einzelnen Träne, die er nie hatte vergießen wollen. Kapitel 7: Der Morgen danach ---------------------------- Das Erste, was er am nächsten Morgen wahrnahm, waren keineswegs die Kopfschmerzen, auf die er tatsächlich gehofft hätte – nein, es war das Gefühl, etwas sehr grundlegendes vermasselt zu haben. Wenn er ehrlich war, wären ihm die Kopfschmerzen auch lieber gewesen, so hätte er zumindest auf eine weniger schlimme Art Bestrafung erfahren, als auf jene, die ihm wohl bevorstand. Sasori… hätte wohl alle über 250 bekannten Arten des Kopfschmerzes ausgehalten, hätte er sich nicht die nächsten Tage dem Blondchen gegenüber sehen müssen, welches wohl mal sein bester Freund gewesen war. Er hatte es ziemlich gründlich versaut. Die Erinnerung an den vorangegangenen Abend wurde auch von den berüchtigten drei Gläsern Wein nicht gekillt, sodass er sich nun resigniert seufzend herum drehte und den Kopf ins Kissen drückte. Kein Schmerz bei der Bewegung, nichts. Es gab nicht oft Situationen in seinem Leben, in denen er sich wirklich wünschte, im Erdboden versinken zu können, in denen er sich absolut optionslos sah und sich tatsächlich ein wenig selbst bemitleidete. Dass er sich zu Letzterem nicht einmal herablassen sollte, entging ihn sogar ein wenig, immerhin hatte er es ganz eigenständig verbockt. Es war seine Schuld, dass Deidara nun vermutlich nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Der Rotschopf hatte dank seiner grandiosen Empathiefähigkeiten vermutlich die intensivste Bindung zu einem anderen Menschen gekappt, die er je gehabt hatte, und das wohl genauso effektiv, wie der Alkohol auf sein Erinnerungsvermögen ineffektiv gewirkt hatte. Glücklicherweise regte sich nun das momentan kleine, im Normalfall jedoch große Bisschen Pragmatismus, das ihm inne war und scholt ihn, dass er sich lieber eine Lösung für dieses Problem überlegen sollte, anstatt in dieser Pfütze Selbstmitleid zu ertrinken, die er zustande gebracht hatte. Eine Wendung, für die er eigentlich dankbar sein sollte. Doch zuerst… Unwillig hob er den Kopf, ließ ihn erst nach zwei vollen, angestrengten Minuten des Lauschens wieder sinken. Er schien allein zu sein. Zumindest in dem Zimmer, in dem er sich befand, war er allein, es waren keine anderen Atemzüge zu hören… und eigentlich – sollte er dem Fakt vertrauen, dass Deidara immer, wenn er trank, ein wenig lauter schlief als gewöhnlich – dann war er auch im Rest der Hütte nicht zu finden. Aus dem resignierten Seufzen wurde ein Schnauben, als er sich nun auch noch die Decke komplett über den Kopf zog. Er war allein…   Unsanft drückte er seinen Rücken gegen das Holz der Tür, versuchte über seinen pochenden Herzschlag hinweg irgendeine Regung im Raum vor ihr wahrzunehmen. Er konnte noch nicht ganz fassen, was hier gerade passiert war und noch immer waren seine Augen zu weit, zu aufgerissen, um auch nur im Geringsten den Eindruck von Normalität erwecken zu können. Es war vergleichsweise still, wenn man das Rauschen von Blut in seinen Ohren außen vor ließ, und diese Tatsache jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Eine gefühlte Ewigkeit lang tat sich nichts, bis er schließlich Schritte wahrnahm, die sich auf ihn zu bewegten. Mist, er wollte ihn nicht sehen – er konnte ihm doch kaum ins Gesicht schauen nach dem, was er gerade zu ihm gesagt hatte! Er hatte… Er hatte… Stille. Das Geräusch der Schritte war verstummt, direkt vor der Tür, an der er nun langsam mit dem Rücken hinab rutschte. Er konnte das nicht, er… Besagte Stille breitete sich aus, dauerte an, und raubte ihm scheinbar seine letzten, nur noch kläglich vorhandenen Nerven. Sein Puls hatte sich beruhigt, allerdings war er noch immer weit entfernt von dem Begriff ’ruhig’ – ein leises, kaum hörbares Schaben ertönte einen Stück über seinem Kopf, ehe die Dielen wieder unter dem Gewicht von jemandem knarrten, der schnellen Ganges die Hütte verließ. … und ihn allein ließ. Deidara war gegangen. Er war allein.   Wie er es letztendlich in sein Bett geschafft hatte, war ihm nicht ganz klar; vermutlich hatte er sich in einem Anflug von Geistesumnachtung zur Matratze geschleppt und sich irgendwie unter die Decke maneuvriert. Sasori fühlte sich, als wären sie am Nordpol, es war einfach nur verflucht kalt – und zum ordentlichen Holznachlegen war er ja gar nicht erst gekommen. Was ihm allerdings weit mehr zusetzte als die Kälte war Deidaras Abwesenheit. Die halbe Nacht hatte er wach gelegen und darauf gewartet, dass er zurückkam, während sich immer mehr und immer unwahrscheinlichere Szenarien in seinem Kopf abspielten, wie er die Situation vielleicht etwas entschärfen könnte. Vielleicht hätte eine einfache Bitte gereicht, sein Liebesgeständnis – er bekam die Krise, wenn er nur an das Wort dachte – unter den Tisch fallen zu lassen, uns so normal weiter zu machen, wie es eben ging? Vermutlich war es der Rotwein gewesen, der sich auf diese Methode ernsthafte Chancen ausgerechnet hatte. Genervt schlug er nun die Decke doch beiseite und drehte sich auf den Rücken. Das hier war einfach ein Scheißmorgen. Wirklich. Viel mehr hätte doch am ersten Abend hier gar nicht schief gehen können?!     Zumindest wusste eine, wie sie die scheinbar allseits etwas gedrückte Stimmung lockern konnte – oder zumindest würde sie ihre Theorie an den beiden Künstlern ausprobieren wollen, unabhängig davon ob jene willig waren, oder nicht. Der Schneesturm hatte sich in der Nacht noch gelegt, sodass nun sanfter Sonnenschein Lichtreflexe auf das blaue Haar zauberte, als Konan sich mit jeweils einer Tasse in jeder Hand auf den Weg zur Hütte der Streithähne machte. Denn so viel war klar gewesen: Gut war der vergangene Abend nicht ausgegangen. Und das scheinbar für mehr Leute als nur Hidan. Auf das Klopfen reagierte erst einmal niemand, nur hatte sie auch wenig Lust, in der durchaus noch immer vorhandenen Kälte in der Gegend rum zu stehen und sich etwas abzufrieren, was im Endeffekt in der simplen Tatsache endete, dass sie sich selbst in die Hütte einließ und die Tür vorsichtig hinter sich schloss. Sie hatte ein recht gutes Bild von den Dingen, die Männer mit Katerkopfschmerzen taten, wenn sie sich von frischer Luft und Sonnenschein bedroht fühlten – und das noch bevor sie wahlweise Kaffee oder Kakao rochen, den sie dabei hatte. Was sie unweigerlich als Feind deklariert hätte, wäre Lautstärke gewesen, weshalb sie nun doch relativ leise in den Hauptraum der Hütte tapste. Ein einfaches Umsehen genügte, um festzustellen, dass einzig und allein Sasoris Wintermantel an der Garderobe hing und des Blonden Sachen auch nirgendwo anders im Raum herum lagen, was im Grunde doch recht untypisch war. Vermutlich konnte man diesen Umstand nur als ’unmerkwürdig’ durchgehen lassen, weil sie erst einige Stunden auf dem Berg waren und Deidara noch nicht wirklich Zeit gehabt hatte, sich auszubreiten. Behutsam schlüpfte sie aus ihrem eigenen Mantel, stellte hierfür die Tassen kurz auf einem Beistelltisch ab und nahm sie dann auch direkt wieder auf, als ihre Füße sie in Richtung der geschlossenen Schlafzimmertür brachten. Ab hier war die dann nicht mehr ganz so vorsichtig; wären die Bewohner – oder der Bewohner, so wie es momentan aussah – wach, hätte er sie bereits gehört, wäre dem nicht der Fall, würde ihn auch nicht das Herunterdrücken der Klinke mittels ihres Ellenbogens aufwecken. Besagte Tür knarrte leise, als sie aufschwang. Konans Augenbraue rutschte fast bis zu ihrem Haaransatz hoch, ihr Blick wurde von braunen Augen aufgefangen, die stumm fragten, was sie hier zu suchen hatte. Erklärend hob sie kurz die beiden Tassen in ihren Händen, was Sasoris Anspannung scheinbar ein wenig lockerte. Nachdem er sich ein wenig aufgerichtet hatte, schob er seine Beine weit genug auf die eine Seite der Matratze, damit die Blauhaarige sich auf der anderen Seite niederlassen konnte. Sie war es auch, die ihm nun wortlos die Kaffeetasse reichte und abwartete, bis er einen genießenden Schluck genommen hatte, ehe sie ihn ansprach und ihm einen guten Morgen wünschte. „Wie geht es dir?“ schien die logischste aller Fragen zu sein, die man anhängen konnte – und die ungefährlichste, so kurz nach der ersten Tasse Kaffee. Kurz sah er auf, wandte sich dann aber wieder besagter Tasse zu. „Beschissen.“ Oh. Konan wurde aufmerksam. Erstens war Sasoris Sprachgebrauch normalerweise nicht derart vulgär, zweitens ließ diese Ausnahme darauf schließen, dass etwas wirklich wirklich schief gelaufen war. Drittens ließ sich aus diesem einen Wort kein Rückschluss auf die Ursache der Gemütslage ziehen. Versuchte er, ihr auszuweichen, oder sie zu testen? „Körperlich oder mental?“ Der Mundwinkel des Rotschopfes zuckte. Es war schlau, zu differenzieren – zumindest in seinem momentanen Zustand. „Mental.“ „Keine Kopfschmerzen?“ „Nein.“ „Das ist schon mal nicht übel. Ihr habt euch gestritten?“ Ihre Worte klangen eher nach Aussage als Frage, aber sie wollte vorsichtig vorgehen. Immerhin gab es mehrere Indizien, die auf ihre Vermutung hindeuteten. Ebenso Sasoris Nicken, welches sie nun bestätigte. „Scheint schlimm gewesen zu sein.“ Was auch das mentale Unwohlsein erklären würde. „Apokalyptisch“, berichtigte er sie murmelnd, was sie die Stirn kräuseln ließ. Einsilbigkeit, okay, aber das? Ein tonloses Seufzen verließ ihre Lippen, ehe sie weiter bohrte. „Du bist normalerweise nicht so schwarzmalerisch.“ „Ich bin auch normalerweise nicht so selbstzerstörerisch.“ Der Rotschopf sah auf und begegnete ihrem Blick erneut. Es lag eine Note in seinem, der recht deutlich vermittelte, dass er ziemlich tief in den Misthaufen gefasst hatte – und nun in ihm festzustecken schien. Eigentlich solle es ihn wundern, dass er hier quasi schon aus dem Nähkästchen plauderte, aber da er davon ausging, dass Konan ohnehin so lang bohren würde, bis sie hatte, was sie wollte – in diesem Fall die Information, was los gewesen war, wenn nicht sogar einen peinlich detaillierten Lagebericht – war das gewisse Maß an Aufwand, das er aufzuwenden bereit war um es ihr nicht zu leicht zu machen, im Endeffekt doch vergebens. „Du erinnerst dich an unser gestriges Gespräch?“ Nun war es seine Gegenüber, die nickte. „Du weißt, was meiner Meinung nach das dümmste ist, das ich tun könnte?“ Bei Konan schrillten langsam die Alarmglocken. Er hatte doch nicht…? „Mit Deidara über deine emotionale Lage reden.“ „Tadaa~“ Es wurde mit einem Schlag arg still zwischen den Wänden der Holzhütte. Sasori beschäftigte sich wieder mit seiner Tasse Kaffee als wäre nichts gewesen, die Blauhaarige starrte deutlich irritiert und definitiv auch ein gutes Stück fassungslos Löcher in die Luft. Sicher, sie hatten erst gestern genau darüber geredet, aber zu diesem Zeitpunkt war der Rotschopf ja noch der festen Überzeugung, dem betreffenden Chaoten kein Sterbenswörtchen mitzuteilen. Gern würde sie sagen, dass sie befürwortete, dass die Katze endlich aus dem Sack war; wobei die Katze sich hier wohl eher als ausgewachsener bengalischer Tiger entpuppte. Gern würde sie ihn aufmuntern und sagen, dass Deidara sich ja nun in Ruhe damit auseinander setzen konnte und ein bisschen Zeit zum Denken vielleicht nicht ganz verkehrt war. Was sie von alldem abhielt war einfach: Es war ganz und gar nicht gut gegangen am vorangegangenen Abend. Sie erinnerte sich viel zu deutlich an das erste Zeichen, dass etwas schief gelaufen war.   Dass die Hüttentür erneut aufging und ein einzelnes Paar Stiefel eintrat, wunderte sie nur in so fern, dass man die beiden Künstler meist entweder zusammen oder gar nicht sah – so war es früher gewesen. Konan wusste zwar, dass sie mittlerweile öfter allein unterwegs waren, aber zu Schulzeiten hatten sie zusammen geklebt. Was sie viel mehr irritierte, war der leicht entrückte Ausdruck auf dem Gesicht des Blonden, zusätzlich dazu, dass er leicht verloren schien. Irgendwas war nicht ganz so gelaufen, wie gedacht, das konnte sie bereits jetzt erkennen. Da die in der Hütte verbliebenen sich doch in eine recht gesittete Unterhaltung verstrickt hatten, nachdem nicht nur Hidan sondern auch die beiden Streithähne abgezogen waren, war nur in so fern verwunderlich, alsdass keine Fetzen flogen. Andererseits waren die, die sich normalerweise als Chaosherde entpuppten, auch nicht dabei, was wohl doch für eine vergleichsweise ruhige Atmosphäre sprach. Erst, als sich der Blonde nach einigen Momenten noch immer nicht vom Fleck bewegt hatte, sahen sie auf. „Hidan ist immer noch nicht wieder da?“ fragte er mit einer Art der Tonlosigkeit, die Konan durchaus beunruhigte. Es war nicht ungewöhnlich, dass er und Sasori sich stritten, aber es war schade, dass es bereits am ersten Abend passierte, und dann auch noch ausreichend schlimm, dass Deidara es vorzog, das Feld zu räumen. „Nein“, antwortete sie wahrheitsgemäß und ließ ihren Blick eine fragende Note annehmen. Wieso interessierte er sich nun plötzlich für Hidan? Abgelenkt wie er schien, nickte er nur einmal, sah sich dann in der Hütte um und schien dann zu merken, dass er eigentlich nicht wirklich hier sein wollte. Weitere Fragezeichen tauchten in ihrem Kopf auf. Als er sich dann augenscheinlich kurzentschlossen eine der mitgebrachten Vodkaflaschen schnappte und mit einem gemurmelten „Ich sehe mal nach ihm“ die Hütte wieder verließ, wusste sie gar nicht mehr so recht, was sie denken sollte. Unter den anderen wurden teilweise ratlose Blicke gewechselt, teilweise wurde gemurmelt, dass es wirklich alles ’wie früher’ sei. Mit dem Unterschied, dass sie das ein wenig anders sah. Tatsächlich spielte sie mit dem Gedanken, kurz nach dem Rotschopf zu sehen, ließ es aber bleiben. Es war im Grunde nicht ihre Baustelle; sie waren alt genug, um derartige Differenzen allein zu klären.   Dachte sie. „Warum?“ Ja, sie hatte darauf hingewiesen, dass er es niemals loswerden würde, würde er es nicht ansprechen. Aber er hatte ihr doch klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass er nicht in Betracht zog, mit Deidara ein Gespräch über dieses Thema zu führen? Darüber, dass er mehr für ihn war als ein bloßer Freund? Als sein bester Freund? Genau dieser Gedanke war es, der sie innehalten und wieder zu ihm sehen ließ; so bekam sie das leichte Schulterzucken gerade noch mit. „Ich schätze Auslöser war, neben seiner penetranten Art, seine Überzeugung, alles über mich zu wissen.“ Wieder ein Schulterzucken. „Du kennst mich, eigentlich lässt mich so was relativ kalt, aber… da war der Wein.“ Nein, er war nicht willig, die komplette Schuld auf sich zu nehmen! Sollte der Alkohol auch etwas davon abbekommen. Letzteres amüsierte sie wohl doch ein bisschen, auch wenn die Thematik an sich nicht sonderlich amüsant war. „Schon eine Idee, was du nun vorhast? Wie du mit der Situation umgehst?“ Ihr Finger legten sich enger um die Kakaotasse, die ursprünglich für Deidara gedacht gewesen war. Sie hatte wirklich gehofft, dass er wieder in seine eigene Hütte zurückkehren würde – nun war er vermutlich bei Hidan gestrandet, was sie nicht ganz so amüsant fand wie Sasoris Versuch, seinen Ausrutscher auf den Alkohol zu schieben. Selbiger antwortete nur mit einem Kopfschütteln und stellte seine leere Tasse dann auf dem Nachttisch ab. „Nicht die geringste. Wenn man mal einen Filmriss braucht, bleibt er aus.“ Eigentlich mochte er den Gedanken nicht, sich an etwas derart wichtiges nicht mehr erinnern zu können, allerdings würde es ihm in diesem Falle auch ersparen, sich mit den Geschehnissen auseinandersetzen zu müssen. Nunja, noch mehr als ohnehin schon. Für ihn schien die plausibelste aller Ideen noch immer zu sein, den Blonden um ein kurzes Gespräch zu bitten. In selbigen würde er dann klar stellen, dass er die Dinge, die er gesagt hatte, nicht hatte sagen wollen. Er würde ihn darum bitten, zu vergessen, was er gesagt hatte. Das wäre am einfachsten, auch wenn es nicht zwangsläufig möglich war. Dass seine Gegenüber erstaunlich ruhig geworden war, fiel ihm erst auf, als der Bernsteinblick ihn erneut traf. „Du weißt, dass ich eigentlich versuche, keine unmoralischen Vorschläge zu machen. Aber… Hast du darüber nachgedacht, zu tun, als würdest du dich nicht erinnern?“ Immerhin war der Alkoholeinfluss ja stark genug gewesen, ihm diese Informationen zu entlocken – wieso sollte er nicht auch ausreichend gewesen sein, um ihm zumindest in der Theorie einen Filmriss zu verpassen? Und Sasori war ein guter Schauspieler, wie sie fand, zog man einmal den Fakt hinzu, dass er die Tiefe seiner Zuneigung zu Deidara jahrelang geheim gehalten und überspielt hatte. Der Rotschopf zog die Beine an und rutschte dann ebenfalls bis zur Bettkante, sodass er neben ihrer Cheforganisatorin saß. Bis auf die Schuhe war er noch vollständig bekleidet, immerhin hatte er es in der letzten Nacht nicht mehr wirklich über sich gebracht, sich irgendwie überflüssig zu bewegen. Und Ausziehen war genau in diese Kategorie gefallen. „Darüber nachgedacht, ja. Aber dagegen entschieden. Vielleicht besteht eine Chance, das zu klären. Wenn ich mich nun drum herum schummle, muss ich nur noch mehr aufpassen, wie ich mich verhalte, als ohnehin schon.“ Nun war es an Konan die Schultern zu heben. „Es ist natürlich deine Entscheidung. Ich dachte nur, die Option würde einen gewissen Reiz auf dich ausüben.“ „Tut sie auch“, gab er zu. „Aber es war einer meiner Vorsätze, mein Leben vielleicht nicht in jedem Falle noch komplizierter zu machen, als es ist. Da ich letzte Nacht grandios versagt habe, sollte ich zumindest versuchen, das irgendwie zu kitten.“ Ihm war bewusst, dass es in diesem Falle vielleicht auch unkomplizierter sein könnte, würde er sich drum herum reden – allerdings würde ihn das in einen Konflikt mit seinem Gewissen bringen. Vermutete er zumindest, normalerweise meldete es sich nicht allzu häufig. „Wo steckt er eigentlich?“ Was sagte es wohl über ihn aus, dass er erst jetzt wissen wollte, wo sein derzeitiger Gedankeninhalt und Gesprächsthema eigentlich war, nachdem es nicht in seinem eigenen Bett geschlafen hatte? Konan schien auch nicht sonderlich begeistert darüber zu sein, dass sie diejenige war, die ihm eine Antwort geben sollte. Schließlich tat sie es doch, sah ihn dabei aber nicht an, was ihn dazu brachte, eine Augenbraue hoch zu ziehen. „Ich schätze, er hat bei Hidan geschlafen.“ Oookay, das war… merkwürdig. Seines Wissens nach hatte Deidara Hidan nie herzerwärmend gern gehabt; ständig verstrickten sie sich in Keilereien oder in lautstarke Auseinandersetzungen, in denen sie sich gegenseitig um keinen Kraftausdruck nachstanden. Die Jahre mochten etwas geändert haben, aber er hatte nicht den Eindruck, dass der Silberhaarige es wäre, bei dem er sich verkriechen würde, eigentlich war es eher… Nunja, er gewesen, aber die Option schied aus. Da die anderen wohl zusammen gesessen hatten und er sich dann doch denken, konnte, dass er in keiner allzu guten Verfassung gewesen sein musste, war Hidan vielleicht doch eine relativ nahe liegende Möglichkeit. Wieder vergingen einige Herzschläge des Schweigens, während denen der Rotschopf seinen Gedanken nachhing. Er mochte es nicht, dass seine Chaosblondine zu ihm gegangen war, wobei er nicht genau sagen konnte, wieso dem überhaupt so war. „Was hältst du von Frühstück?“ – diese Worte waren es dann, die den Pfad seiner Gedanken unterbrachen und ihn dazu veranlassten, schwächer als beabsichtigt zu nicken. „Hört sich gut an.“   Eine halbe Stunde später stapfte er frisch geduscht und in seinen Wintermantel gehüllt mit einer Tasse Kakao in der Hand durch den Schnee und könnte Konan verfluchen. Der Grund war einfach: Sie hatte gewartet, bis er in der Haupthütte aufgeschlagen war, in der Itachi sich bereits recht angeregt mit Yahiko unterhielt, ehe sie ihm eröffnete, dass sie noch jemanden bräuchte, der Deidara und Hidan zum Frühstück bestellte. Da sie sich um die Organisation kümmerte, würde sie es nicht tun. Die beiden anderen waren deutlich abgelenkt und Kakuzu schien zwar bescheid zu wissen, aber noch nicht aufgetaucht zu sein. Also blieb nur er. Dass er über diesen Umstand deutlich verstimmt war, war nicht schwer zu erkennen, denn seine Mimik allein ließ durchblicken, dass er gut Lust hatte, jeden anzuranzen, der ihm nun in die Quere kam. Der Umstand, das hierfür genau zwei Personen in Frage kamen, war ihm fast egal, wäre da nicht die Stimme in seinem Hinterkopf, die ihn daran erinnerte, dass er Deidara eigentlich um ein Gespräch bitten wollte. Er hätte noch Zeit, sich das Ganze durch den Kopf gehen zu lassen, wie sich herausstellte. Immerhin passierte beim ersten Klopfen gegen das kalte Holz… rein gar nichts. Er versuchte es erneut, energischer diesmal, und gab sich der Beschäftigung hin, die Hütte etwas aufmerksamer zu mustern – viel war nicht zu sehen, der einzige Unterschied zu den anderen Hütten war die Tatsache, dass die dünnen Vorhänge vor die Fenster gezogen worden waren, sodass er auch nicht hineinsehen konnte. Super. Er würde hier erfrieren, wenn die beiden Saufköpfe ihn nicht hörten. Auch gut, dann könnte er genauso gut einfach zurückgehen. Einmal versuchte er es allerdings noch, diesmal hämmerte er regelrecht gegen das Holz und – oh Wunder – im Inneren schien sich endlich etwas zu tun. Allein schon ob dieser Beobachtung schlug sein Herz wieder etwas schneller. Der Moment, in dem er sich für passende Worte entscheiden musste, kam näher und er nahm sich fest vor, so ruhig zu bleiben, wie es eben ging. Dann schwenkte die Tür auf… … und seine Augenbrauen wanderten ungläubig in die Höhe. Deidara stand vor ihm – sofern man das blonde, scheinbar zerplatzte Sofakissen als solchen erkennen konnte – hatte sich eine Bettdecke um die Schultern geschlungen und trug interessanterweise kein Shirt mehr. War es nicht ein bisschen kalt, um derartig freizügig auf diesem Gipfel herumzuhopsen? Und vor allem… in Hidans Hütte? Vermutlich hätte ihn persönlich die Kälte weit weniger gestört als die Anwesenheit dieses Irren. Scheinbar war der Jüngere noch nicht ganz bei sich, was man daran festmachen konnte, dass er sich die Augen rieb und wohl noch gar nicht vollständig realisiert hatte, wer hier vor ihm stand. Als er dann rot wurde und ein leises, aber dennoch irritiertes „Danna…?“ über seine Lippen kam, beschloss Sasori, es einfach so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, bevor die Situation die Chance bekam, wieder in irgendeine Richtung zu eskalieren, an die er vor dreißig Sekunden nicht einmal gedacht hatte. „Morgen.“ Guter Anfang. An Höflichkeit konnte man sich ja im Zweifelsfall festhalten. „Ich wollte dich  fragen, ob –“ wir gleich vielleicht kurz miteinander reden können? So weit kam er nicht, da er von einer zweiten, ihm durchaus bekannten, aber schlaftrunkenen Stimme aus dem Off unterbrochen wurde. Das Off war in diesem Fall das Innere der Hütte, welches passend zu seiner Vermutung auch noch einen zweiten Menschen beherbergte. Nur was die Stimme verlauten ließ, passte ihm so gar nicht. „Blondie! Schieb deinen Arsch zurück ins Bett, es ist verdammt kalt hier!“ Das war der Moment, in dem der Rotschopf tatsächlich ein Stoßgebet gen Himmel schickte. Bitte lass nicht passiert sein, wonach das Ganze hier aussieht. Seine Miene verfinsterte sich automatisch und etwas sehr barsch drückte er dem nun nur noch röter werdenden Blonden die Tasse Kakao in die Hand – was unweigerlich dazu führte, dass er die Decke nicht mehr ganz halten konnte, und sie ihm von den Schultern rutschte. Es lag ein Hauch von Panik in seinen Augen, als er von diesen ach so blauen Iriden angestarrt wurde. „Danna, ich…“ Ein schnelles Kopfschütteln seinerseits würgte ihn ab und brachte ihn auf eine grandiose Idee: Ohne großartiges, von schlechtem Gewissen ausgelöstem Zögern führte er seine Hand zu seinem Kopf und verzog kurz das Gesicht. Vielleicht war die Flucht nach vorn doch nicht die beste Idee. Besser als das hier war es alle Male. „Halt die Klappe, ich will nichts davon hören, mein Kopf steht eh kurz vor dem Platzen. Ich brauche keine Details darüber.“ Kurz deutete er ein Nicken auf das Innere der Hütte an, ehe er wieder damit beschäftigt war, Kopfschmerzen vorzutäuschen. Sehr authentisch rieb er sich kurz über Nasenwurzel und Lider. Deidaras Finger schlossen sich noch fester um die Tasse, als Konans zuvor um ihre. Hätte er hingesehen, wäre ihm sein Unwohlsein noch deutlicher ins Gesicht gesprungen. Seine Stimme klang merkwürdig als er sprach; leiser als sonst, vielleicht ein wenig verletzt. „Wieso bist du dann hier, hm?“ Auf dem Berg? Weil du mich her geschleppt hast! „Frühstück“, antwortete er kurz angebunden, entschied sich dann aber dafür, es vielleicht nicht ganz so sehr zu übertreiben, und hing etwas weicher an: „Ist übrigens ziemlich egal, worüber wir uns gestritten haben, ich kann mich nicht mehr dran erinnern.“ ’Weicher’ von der Stimmlage her, keinesfalls von seinen Worten. Er hatte soeben eine neue Grundlage für ihr Handeln geschaffen. Sie konnten beide so tun, als wäre die letzte Nacht nie gewesen, was es ihnen wohl beiden einfacher machte. Sein Gegenüber schien für einen Moment recht verblüfft, ehe er fahrig und so gut es eben ging die Decke zusammenraffte und mit einem halb abgestorbenen Hochziehen eines Mundwinkels antwortete. „Trifft sich gut. Geht mir nämlich ähnlich, hm.“ Gut. Ihr neuer Status Quo war perfekt. Kapitel 8: Kaffee, Sterne & Wintersport --------------------------------------- Eisige Stille war es, die in Wellen von Sasori ausging. Ohne einen weiteren, seiner Meinung nach ohnehin überflüssigen Kommentar hatte er sich umgedreht und war zur Haupthütte zurückgestiefelt, so zornig, dass der unter seinen Stiefeln zusammengepresste Schnee steinhart war. Er war wütend auf sich und die Welt – und vor allem auf den Blonden, der sich sein bester Freund schimpfte. Wie konnte man nur so dämlich sein und sich von einem unterbelichteten Halbaffen wie Hidan flachlegen lassen? Denn genau danach sah es doch aus… Niemand bemerkte das tonlose Seufzen, das er in seine Kaffeetasse bließ. Mittlerweile hatten sie sich in Konans und Yahikos Hütte zusammengefunden und gaben sich dem Versuch hin, wie zivilisierte Menschen zu frühstücken. Nicht, dass das allen gelingen würde. Zur Beobachtung ebendieses Phänomens hatte er sich hinter Tasse und zugehöriger Kaffeekanne verbarrikadiert und schickte jedem, der es wagte, ihn auch nur anzusehen, einen tödlichen Blick entgegen. Der Rotschopf wollte nicht reden, wollte nicht einmal essen, zog es stattdessen vor, die Anwesenden in fein säuberlich abgesteckte Kategorien einzuteilen. Es gab die schweigende Kategorie, die von Itachi und Kakuzu vertreten wurde – und Sasori selbst natürlich, selbiger zählte sich nur bei seinen Beobachtungen nicht dazu. Vermutlich war es ihr nicht allzu offensichtliches Desinteresse, sondern ihre Gabe zur Beobachtung, die sie auszeichnete; würde man sie später nach den Themen des Tischgespräches fragen, können sie wohl trotz Nichtteilnahme an selbigem korrekt antworten. Hinzu kam die Kategorie des ’alles ist okay und läuft wunderbar’. Sasori bezeichnete Konan und Yahiko, welche links von ihm saßen in diesem Moment auch gern insgeheim als Heuchler. Andererseits war er vielleicht ein klein wenig neidisch auf ihr Talent, ihr Gebaren so wirken zu lassen, als wäre wirklich alles in Ordnung – und gleichzeitig den Fakt zu ignorieren, dass es vermutlich auf den Rotschopf hinunter geschneit hätte, hätten sie in gewissen Zaubererschulen mit verzauberten Decken gesessen. Dennoch war ihm das lieber als das Theater, das Hidan und eine gewisse Chaosblondine veranstalteten. Alle sieben saßen an dem langen Esstisch der Haupthütte, Yahiko an seinem Kopfende, rechts von ihm Konan, Sasori und Itachi, linksseitig Kakuzu, Deidara und Hidan. Dass die letzten beiden es schafften, quasi den kompletten Tisch zu unterhalten, sollte kein großartiger Schock sein – nein, schockierend daran war, dass sie sich zu verstehen schienen. Gut. Sasori stempelte sie innerlich nur noch als Nervensägen ab, sie verdienten nicht einmal eine wirklich ausführlich durchdachte Kategorie. Zumindest konnte er bei der von ihnen lautstark geführten Unterhaltung wunderbar vortäuschen, noch grummeliger zu sein, als er es eh schon war, und hatte nebenbei auch noch einen Grund, Deidara die kalte Schulter zu zeigen. Sein Blick sank in die Tasse, die er in Händen hielt und ließ ihn feststellen, dass sie nun schon zum zweiten Mal leer war. Wortlos schenkte er sich nach, die vierte Tasse an diesem Tag. Sicher, Koffein war auch keine Lösung, aber allemal besser als der Alkohol, den er eh nie wieder trinken würde. Aus dem Augenwinkel nahm er wahr, wie Hidan nun einen Arm um die Schultern des Blonden neben ihm legte und ihn näher zog, augenscheinlich, um ihm etwas ins Ohr zu murmeln. Deidaras Wangen verfärbten sich daraufhin leicht rosa und brachten wohl irgendetwas im Kopf des Rotschopfes zum Durchbrennen. Die vierte Tasse würde wohl unterwegs getrunken werden… Ruckartig schob er seinen Stuhl nach hinten, stand auf und nahm besagte Tasse auf, um dem Tisch den Rücken zu kehren. Sein Verhalten löste für einen Moment irritierte Stille aus, in der die folgenden Worte gut zu vernehmen waren. „Entschuldigt mich, ich denke, ich gehe mich erbrechen.“ Und zwar nicht, weil er hier einen Kater vortäuschte – sondern weil es ihn regelrecht krank zu machen schien, wie diese beiden Menschen miteinander umgingen. Der Gedanke, dass sie sich so nah gewesen zu sein schienen und auch nun so vertraut miteinander agierten, verletzte ihn; hatte er wirklich etwas getan das rechtfertigte, nun diese Farce ertragen zu müssen? Besagte Stille dehnte sich aus, als er sich seinen Mantel schnappte und schließlich mit der Kaffeetasse in der Hand die Hütte verließ. Wohin er wollte, wusste er noch nicht, aber erst einmal wollte er weg. Zurück in seine Hütte zu gehen war keine Option. Er wollte Deidara nicht unnötig über den Weg laufen und ewig würde er sicher auch nicht bei Yahiko und Konan sitzen. Ob er und Hidan wohl eine zweite Runde nach dem Essen einlegten? Er wollte und sollte eigentlich nicht daran denken, wurden seine Schritte nur wieder wütender und er in seinem Schritt nur unvorsichtiger – trotzdem konnte er es nicht lassen, zu gewöhnt war er an den Umstand, dass seine Gedanken sich immer irgendwie um den Blonden drehten. Es dauerte nicht lang, bis Sasoris Füße sich ihren Weg selbst gesucht hatten; die Gruppe von Hütten stand auf einem Plateau etwas unterhalb des eigentlichen Gipfels, auf welchem ein Gipfelkreuz thronte. Der Weg hinauf würde etwas dauern und ihn vielleicht auch abkühlen, auch wenn er gewiss die ein oder andere Erinnerung wachrufen würde, die von einem Erlebnis von vor fünf Jahren genährt wurde. Dennoch… Hauptsache weg. Von genau diesem Gedanken getrieben begann er, das letzte Stück zum Gipfel aufzusteigen.   Eisige Stille wurde zu irritierter Stille, sobald Sasori ihr ’Hauptquartier’ verlassen hatte. Itachi und Kakuzu zeigten weiterhin höfliches Desinteresse bis Ignoranz, während Konan nun eindeutig aussah, als hätte sie die Gurke auf ihrem Brot zu stark gesalzen. Hidan seinerseits schien momentan der Einzige zu sein, der nichts in den Abgang des Rotschopfes hinein interpretierte oder interpretieren wollte – sein Beitrag zu der ganzen Situation hielt sich in den Grenzen eines sehr Hidan’schen Kommentars. „Der verträgt auch echt keinen Alkohol, was? Ist ja lächerlich.“ Zumindest er schien die gefallene Aussage für bare Münze zu nehmen. Zur Verwunderung der meisten war es daraufhin der Uchiha, der Gebrauch seiner Stimme machte. „Jemand sollte nach ihm sehen und ihn dazu bringen, etwas zu essen.“ Er sah dabei niemand bestimmten an – musste er auch nicht, da die Blicke der Anwesenden schnell von ihm zu Deidara wanderten, welcher prompt noch roter anlief, als er es bei den Anwandlungen gewesen war, die Hidan zuvor gezeigt hatte. „Wieso ich, hm?“ Sein Unwille war offenkundig, wurde aber ebenso offenkundig nicht toleriert. „Du bist sein bester Freund“, mischte sich nun Kakuzu ein. „Es ist sozusagen dein Job.“ Der Blonde sackte in auf seinem Stuhl ein wenig in sich zusammen und die zuvor strahlende Röte wich langsam aber sicher einer noch viel ungesunder aussehenden Blässe. Sobald er jedoch zu einer Antwort ansetzte, funkte ihm ein gewisser Silberhaariger äußerst fies dazwischen. „Wenns dir so wichtig ist, geh halt selber!“ Scheinbar musste der Ältere nur den Mund öffnen, um eins reingewürgt zu bekommen. Seufzend lehnte er sich wieder zurück. „Wisst ihr… Manchmal frage ich mich wirklich, wie wir uns in so einen Kindergarten verwandeln konnten.“ Ihre Organisatorin hatte sich aus ihrer Salzstarre gelöst und sah nun grimmig in die Runde. So hatte sie sich das Ganze nicht vorgestellt – und besonders für Sasori tat es ihr leid. Immerhin war sie durchaus darüber im Bilde, dass er anfangs nicht einmal hatte mitkommen wollen. Sie wollte sich erheben, als ihre Aufmerksamkeit einmal mehr von Itachi auf sich gezogen wurde. „Ich gehe schon“, ließ er sie wissen, schob seinen Stuhl zurück und stand auf. „Kümmer du dich um den Kindergarten.“ Letzteres war nur geraunt, als er an ihr vorbeiging, seine Jacke einsammelte und ebenfalls die Hütte verließ.   In Momenten wie diesen vermisste er Kisame sehr. Zugegeben, es war nicht ganz einfach, ihm Reaktionen der emotionalen Art zu entlocken, aber nun, da Itachi ohne ihn mit diesem Chaoshaufen auf einem Berg einquartiert war, wurde ihm nur mit aller Stärke bewusst, welch ein Ruhepol sein damals bester Freund für ihn gewesen war. Die Tatsache, dass er selbst doch recht ruhig wirkte, hatte hier keinen Einfluss; innerer Aufruhr zeigte sich bei ihm nun mal äußerst selten in einer beobachtbaren Form, was allerdings nicht hieß, dass er nicht da war. Existieren tat er definitiv. Der Grund, dass er nun den Tisch verlassen hatte, war simpel der, dass er glaubte, diesen Umstand mit Sasori zu teilen. Eigentlich, in der Theorie, waren sie beide sehr gefasst, ließen sich fast nie anmerken, wenn sie etwas umtrieb. Dass der Rotschopf nun für seine Verhältnisse aus der Haut gefahren war, irritierte – interessierte ihn aber auch gleichermaßen. Nicht, dass Neugierde immer eine Tugend war. Abgesehen davon hatte er bereits jetzt den Eindruck, er schwang sich zum Seelenklempner der Gruppe auf. Erst Hidan und nun der Künstler? Es sah ihm nicht ähnlich, überhaupt Kontakt zu Leuten zu suchen, aber… Etwas an dieser ganzen Situation und Konstellation rief eine eigenartige Art der Melancholie hervor. Als sie das erste Mal hier gewesen waren, war sein Leben einfacher, unbeschwerter. Vielleicht wollte er sich an jenen Umstand erinnern und sich die wenigen Tage wirklich gönnen? Er war sich nicht sicher – alles andere als das – aber es wäre eine hinreichende Erklärung für seinen Drang, die Kollisionen zu kitten, die solch große Unruhen verursachten. Vielleicht wollte er auch einfach nur seine Ruhe… Weitere Spuren gesellten sich zu den bereits im Schnee vorhandenen, als er sich auf den Weg zur Hütte Sasoris und Deidaras machte. Das, was ihn wirklich an all dem störte, war die Kälte; er mochte sie nicht, verbrachte die verschneiten Tage des Jahres lieber im Warmen mit einem guten Buch. Nicht verwunderlich, dass er nun hoffe, der Rotschopf würde auf sein Klopfen schnell reagieren. Dass er nicht antworten würde – weil er schlicht überhaupt nicht da war – stellte nur eine weitere Komplikation dar.   Er schätzte, ungefähr eine halbe Stunde unterwegs gewesen zu sein, als das angesteuerte Gipfelkreuz tatsächlich endlich in direkte Sichtweite kam. Ganz oben auf dem Gipfel waren die Pfade unwegsamer und eisiger und er musste aufpassen, dass er nicht versehentlich abrutschte. Sie konnten nicht noch einen Vorfall dieser Sorte gebrauchen. Vor fünf Jahren waren sie zumindest so schlau gewesen, eine isolierte Decke mitzunehmen. Heute war er zu überhastet aufgebrochen, hatte nichts, worauf er sich niederlassen konnte, außer dem eisigkalten Betonklotz, in den das Kreuz eingelassen war. Sasori kümmerte es nicht wirklich, schob er nun mit einer Hand etwas Schnee beiseite, setzte sich mit möglichst viel Mantelstoff unter seinem Hintern und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Kennzeichnung des Gipfels. Von hier… schien alles so unbedeutend. Die Augen schließend, legte er beide Hände um die Tasse mit längst kaltem Kaffee. Vor fünf Jahren war es Nacht gewesen, als sie sich entgegen ausdrücklichem Rat auf gemacht hatten, um das zu tun, wofür zumindest einer von ihnen gekommen war: Den Gipfel zu stürmen. Von Abenteuerdrang getrieben waren sie hinaufgestiegen, hatten auf einem kleinen Stück ebenem Fels ihre Decke ausgebreitet und sich auf ihr niedergelassen, um in den Himmel zu sehen. Sterne anzuschauen hatte in den Alpen immer etwas sehr besonderes. Im Vergleich zu jenen Orten, die dicht bevölkert waren, gab es nicht sehr viel Licht, das  von der Atmosphäre reflektiert wurde und viele der Himmelskörper in ihm verschluckte. Nein – wenn man an diesem Ort in den Himmel sah, wurde man von einer Pracht überwältigt, die Leute wie sie nur selten zu Gesicht bekommen sollten. Schon allein für diesen Anblick hatte sich der Aufstieg gelohnt. „Nun wird sich alles verändern, oder?“ Deidaras Stimme durchbrach die angenehme Stille zwischen ihnen, wie es so oft der Fall war. Nicht, dass es ihn wirklich störte – er hatte vor nicht allzu langer Zeit festgestellt, dass er ihm wirklich gern beim Reden zuhörte, wenn er nicht gerade wirklich dumme Sachen von sich gab. Doch… selbst dann mochte er die Begeisterung in seinem Tonfall, den Tatendrang in seinen Worten und den Hauch von Peter-Pan-Syndrom, den Sasori immer öfter an dem Blonden wieder fand, je älter er wurde. Diesmal klang er jedoch ernster, nachdenklicher. Es veranlasste ihn umgehend dazu, seine volle Aufmerksamkeit auf seinen Freund zu richten. „Vermutlich, ja. Wir werden es sehen.“ Sicherlich, die Erde würde sich noch immer um die Sonne drehen… aber ihr kleines Universum, ihre Freundeskonstellation würde sich sicherlich verschieben. Im Licht der Sterne konnte er Bewegung neben sich ausmachen und fühlte bald einen fremden Kopf an seiner Schulter und eine Hand, die nach seiner tastete. Kommentarlos verschränkte er seine Finger mit der ihren. „Ich will nicht, dass sich alles ändert, hm. Einige Dinge sollten so bleiben, wie sie sind.“ Und da war er wieder, dieser Hauch von Trotz, den er manchmal dem Leben gegenüber zu zeigen schien. Es brachte Sasori zum Lächeln; er ging stark davon aus, dass der Blonde vollkommen im Klaren darüber war, dass sich manche Dinge – in diesem Falle Veränderung per se – einfach nicht aufhalten ließen. Er wollte gerade zu seiner ’die Erde wird sich noch immer um die Sonne drehen’-Theorie ansetzen, als Deidara weiter sprach.  „Wir sollten so bleiben, wie wir sind, hm. Zumindest… naja, zu einander. Wir sollten Freunde bleiben, wenn sich der Rest ändert, hm.“ Es war jener Satz, der dem Rotschopf  wohl auf ewig im Gedächtnis bleiben würde. Und zwar nicht nur, weil er dem künstlerischen Verständnis des Blonden so grundlegend widersprach. Sasori antwortete mit einiger Verspätung, hatte überlegen müssen, ob er seine neueste Erkenntnis vielleicht doch mit ihm teilen wollte… und sich  dagegen entschieden. „Sicher. Natürlich bleiben wir Freunde.“ Natürlich bleiben wir Freunde… Wieder und wieder spielte er jene Szene in seinem Kopf ab, dachte über das nach, was sie vor fünf Jahren auf diesem Gipfel besprochen hatten. Es war, als wären sie Kinder, die sich gegenseitig versprachen, sich nie von der Seite zu weichen, sich nicht zu streiten und alles, was kommen mochte, gemeinsam durchzustehen. Ein Seufzen verließ seine Lippen und hinterließ eine Dunstwolke, sobald es in die kalte Luft hinausschoss. Das Leben hatte sie eingeholt.   Als Itachi  in die Haupthütte zurückkehrte, empfing ihn noch etwas mehr Chaos als zum Zeitpunkt seines Verlassens geherrscht hatte. Kakuzu versuchte augenscheinlich, sich gerade zu entschuldigen, um selbigem zu entkommen, womit er nur noch weitere Komplikationen herauf beschwor. Scheinbar war die kurze Zeit von Hidans Ignoranz ihm gegenüber vorbei. „Kümmer dich endlich um deinen Kram und lass mich in Ruhe! Du hast besseres zu tun, als dich mit mir herum zu schlagen, schon vergessen?“ „Darum geht es hier überhaupt nicht –“ „Ist mir egal! Das macht dich nicht weniger zu einem Ar –“ Das Knallen der Hüttentür – definitiv lauter als nötig – ließ sie verstummen; man hatte mit einer so frühen Rückkehr wohl nicht gerechnet. Besonders Deidara, dessen Schultern zwischenzeitlich weiter nach unten gesackt waren, wollte er zwischen den Expartnern wohl möglichst wenig Angriffsfläche bieten, schenkte ihm wohl den irritiertesten Blick von allen. „Er ist nicht in seiner Hütte.“ Und die anderen holten in Sachen Irritation durchaus auf. „Irgendeine Idee, wo er sonst sein könnte?“ Konans Mimik wechselte schnell zu Besorgnis. Seit dem Vorfall bei ihrem letzten Besuch hatte sie ernstliche Bedenken, jemanden auf diesem Berg allein zu lassen. Itachi schüttelte den Kopf. „Ich werde mich umsehen, aber vorher etwas zu essen einpacken.“ Mit diesen Worten setzte er sich wieder in Bewegung und schließlich an den Tisch. Es wäre unsinnig, erst loszulaufen und, gemäß des Falles, er hätte mit seiner Suche Erfolg, erst wieder zurück laufen zu müssen, um Essen zu besorgen. Dann lieber gleich etwas mitnehmen. „Versuchs mal in Richtung Gipfel, hm“, kam es leise von Deidara. Itachis Blick hob sich, hielt er kurz in seiner Tätigkeit inne. „Du kannst immer noch selbst gehen.“ „Kann er nicht“, wandte sich nun Hidan ein, einen Arm wieder recht besitzergreifend um ihn legend. Der von der Geste Betroffene sah dafür nicht unbedingt sehr glücklich aus. Kakuzu schnaubte. „Ach, und wieso nicht?“ Zugegeben, er hatte eigentlich keinen Grund, Deidara anzugehen, aber diese ganze Herumfummelei fiel ihm auf die Nerven. „Er hat etwas Besseres zu tun! Sehr offensichtlich, findest du nicht?“ „Hidan.“ Es war nur ein Knurren – dafür eines, das sehr leise und sehr gefährlich klang… und den Silberhaarigen tatsächlich verstummen ließ. Bernsteinaugen bohrten sich in seine. „Noch ein Wort in diese Richtung und ich schwöre dir, ich werde dir eine Vodkaflasche quer in den Hintern rammen.“ Zur Komplettierung des Bildes hätte nur noch gefehlt, dass Konans Haare sich in beängstigender Medusa-Manier selbstständig machten.  Ihr Gebaren löste Verblüffung, wenn nicht gar leichten Schock auf Seiten ihres Freundes aus. Mehrere Momente herrschte totengleiche Stille, ehe ein erneutes Räuspern ertönte. „Entschuldigt mich bitte.“ Der Älteste unter ihnen erhob sich ohne die Nennung eines Grundes vom Tisch, wobei eine solche sicherlich auch nicht nötig war. Ein in die Länge ziehen der Diskussion mit Hidan hatte kein vielversprechendes Kosten-Nutzen-Verhältnis, weshalb er es vorzog, das Feld zu räumen. „Was haltet ihr davon, wenn ihr euch die Boards schnappt und eine Runde fahrt? Immerhin haben wir die Piste für uns.“ Yahikos schwacher Versuch, die Situation noch irgendwie zu retten. Erstaunlicherweise erntete er ein schwaches Nicken von Deidara. „Sicher, hm. Dafür… sind wir ja hier.“ Es war eine Lüge, die er offensichtlicher nicht hätte artikulieren können. Es war kein Wintersport, für den sie auf dem Gipfel waren – es war eigentlich ihre Verbundenheit als Gruppe, die… vielleicht einfach nicht mehr bestand. Der der Gruppe eigene Schimpfwortfanatiker erholte sich weitaus schneller von Konans Ausrutscher als der Rest. Entweder das, oder er wollte genau so dringend Abstand zwischen sie und ihn bringen. „Gegen mich hast du eh keine Chance, Blondie. Versuchs erst gar nicht.“ Er stand auf und schnappte sich seine Jacke. Konans böser Blick wanderte derweil zu Deidara; ihr war klar, dass er und sein Verhalten dem Silberhaarigen gegenüber erst der Grund für Sasoris Verschwinden gewesen war. Wollte er diesen Umstand nicht wahrnehmen, oder realisierte er es wirklich nicht? Sie war sich nicht sicher. Zumindest führte ihr Gebaren wohl dazu, dass auch er den Tisch recht eilig verließ und sich vor der Tür weiter mit Hidan zankte. Gut für ihn –  zumindest lief er so nicht Gefahr, ihre Wut auf sich zu ziehen. „Sich über sie aufzuregen, wird rein gar nichts bringen“, merkte Itachi nach einigen Momenten an, beschäftigte sich aber weiter mit Brot und Belag. „Hidan und Kakuzu müssen sich ebenso sehr aussprechen wie Sasori und Deidara. Eher haben wir hier keine Ruhe.“ Nicht einmal den Blick hob er, während er diese Feststellungen aussprach. Konan hatte Recht, als sie sie als Kindergarten bezeichnete; das Schauspiel, das Hidan und Deidara ablieferten, war alles in allem nur ein kläglicher Ruf nach Aufmerksamkeit – zumindest in den Augen des Uchihas. „Ich weiß“, antwortete die Blauhaarige nun weitaus ruhiger. „Nur ist es wohl nicht ganz so einfach wie wir es gern hätten.“ „Das ist es nie“, kam nun von Yahiko. „Was hast du erwartet? Dass sie sich nicht irgendwie in die Haare kriegen würden?“ In dem Versuch, beruhigend zu wirken, legte er seine Hand auf ihre und strich über ihren Handrücken. Er konnte die Situation wohl nicht direkt ändern, aber vielleicht etwas zu ihrer Linderung beitragen. Seine Freundin schüttelte derweil den Kopf. „Aber ich habe es gehofft. Ich dachte, wieder hier zu sein, würde einen Unterschied machen.“ „Den macht es“, hakte Itachi ein und riss ein Stück Alufolie von einer Rolle, um die vorbereitete Portion Proviant einzuwickeln. „Aber um wirklich Wirkung zu zeigen, gibt es Dinge, die vorher aus der Welt geschafft werden müssen. Wären sie nicht hier, hätten sie keine Chance dazu.“ Er schloss seine im Hereinkommen geöffnete Jacke wieder und stand auf. „Danke für die Mühe, die du dir machst, Konan. All das ist… eine besondere Situation. Vielleicht bekommen wir sie noch in den Griff.“ Damit verschwand der Uchiha, um sich auf den Weg zum Gipfel zu machen. Das Paar blieb in der Hütte zurück und ließ gleichermaßen ihre Haltung sausen. Vielleicht brauchten sie wirklich nur Zeit… oder eben doch ein Wunder.   Zwei Stunden später standen beide mit einer Tasse heißem Kakao auf der kleinen überdachten Veranda ihrer Hütte und beobachteten Hidan und Deidara dabei, wie sie sich ein erbittertes Rennen nach dem nächsten lieferten. Sie hatten Yahikos Ratschlag befolgt und sich auf ihre Snowboards geklemmt, um vielleicht etwas von der Energie abzubauen, die sie dermaßen umtrieb und ihr Verhalten fast schon ins Lächerliche zog. „Langsam mache ich mir Sorgen.“ Es war das dritte Mal, das Konan diese Worte benutzte. Sasori und Itachi waren noch nicht zurückgekehrt und der Himmel hatte sich bedrohlich über ihnen zu gezogen. Dafür, dass es erst um die Mittagszeit war, war es relativ dunkel. Noch hatte sich niemand von der Talstation gemeldet, sie hielt es jedoch gut für möglich, dass sie bald eine Unwetterwarnung erreichen würde. Der Orangehaarige trat halb hinter sie, zog sie an sich und antwortete so beruhigend es eben ging. „Sie werden schon zurückkommen – heil. Wie man auf sich aufpasst, wissen sie und wahrscheinlich haben sie nur so viele Leute auf einem Haufen satt.“ „Das, oder das Theater, das sie fabrizieren.“ Dem gab es nichts mehr hinzuzufügen und ihre Aufmerksamkeit wurde schnell von den beiden Snowboardern auf sich gezogen, die soeben mit dem Lift die Piste hochgezogen wurden. Sie kamen zu ihnen hinüber, sobald sie angekommen waren, beide mit abgeschnalltem Brett, Deidara ein wenig humpelnd, Hidan bis über beide Wangen grinsend. „Das hättet ihr sehen sollen~ Blondie hat sich volle Kanne weg gelegt! Und mit dem Gesicht gebremst noch dazu!“ Freudig wippte er auf seinen Fussballen auf und ab, als sie sie endlich erreicht hatten, besagter Blonder mit etwas Verspätung. „Ich schwöre dir, ich ziehe dir eins über, wenn du nicht langsam die Klappe hältst, hm!“ Mit einem Seufzen stellte die Blauhaarige fest, dass er wirklich nicht gut aussah; die von den Haaren nicht verdeckte, rechte Wange war leicht angeschwollen und von mehreren Kratzern geziert. Es hatte sicherlich etwas geblutet, wobei die Kälte vermutlich den meisten Schmerz betäubt haben sollte. „Aber es war einfach zu guuuut!“ Er wich einem halbherzigen Schlag aus, fing dann erneut an zu lachen. Wie sich jemand so über das Unwohlsein eines anderen freuen konnte, wusste Konan nicht zu sagen, allerdings drehte sie sich ohne ein Wort um, um nach einem Erste-Hilfe Kasten zu suchen. Sie wusste, dass sich einer in ihrer Hütte befand. Sobald sie durch die Tür trat, nahm sie das Klingeln des Telefonapparates wahr, der mit der Talstation verbunden war. Ihr war unwohl als sie abnahm, den Gedanken an ein Unwetter noch immer im Hinterkopf. Wirklich daneben lag sie mit ihrer Vermutung auch nicht. Das Gespräch war kurz, reichte aber, um den Knoten in ihrem Innern fester zu zurren. Bevor sie zu den anderen zurückkehrte, sammelte sie erst den Kasten ein, den sie gesucht hatte – und zu ihrer großen Erleichterung waren zwei Personen in Sichtweite, die sich langsam wieder auf die kleine Ansammlung von Hütten zu bewegten. Scheinbar hatte sie sich umsonst Sorgen gemacht. Mit der Informationsweiterleitung würde er warten, bis sie wieder vollzählig waren – zumindest bis auf Kakuzu, der sich scheinbar wirklich irgendwo verkrochen hatte. In der Zwischenzeit trat sie etwas näher an Deidara heran und besah sich seine Wange. „Wo tuts noch weh?“ Ihr Ton ließ bereits erahnen, dass sie nicht sonderlich erfreut war. Das lag aber eher an seinem Verhalten am Morgen, als an der Tatsache, dass er sich verletzt hatte. Sie bekam ein Schulterzucken als Antwort. „Hab mir sicher das ein oder andere geprellt, hm…“ Er wich ihrem Blick aus, ließ seinen dafür schweifen und entdeckte nun auch die beiden Zurückkehrenden, was seine Augen ein klein wenig grö0er werden ließ. Eine ausreichende Reaktion, um sie glauben zu lassen, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Nonchalant drückte ihm die Blauhaarige den Verbandskasten in die Hand. „Da sollte etwas drin sein, das die Wunden desinfiziert. Solltest du allein hinbekommen.“ Ein schwaches Lächeln zog ihre Mundwinkel nach oben. Vielleicht war sie nicht ganz so missgestimmt wie angenommen. „Da seid ihr ja“, hing sie dann an die beiden Fast-Vermissten gerichtet an. Beide schienen zu ihrer typischen Reserviertheit zurück gefunden zu haben; wo Itachi noch jeden von ihnen einmal kurz ansah, ignorierte Sasori Hidan und seinen Mitkünstler völlig. Ein Wort über ihre Abwesenheit verloren sie beide nicht, was Konan seufzen ließ. „Die Talstation hat sich gerade gemeldet. Sie haben eine offizielle Lawinenwarnung ausgesprochen und uns strengstens daran erinnert, uns nur auf den gekennzeichneten Pisten aufzuhalten. Außerdem ist es gut möglich, dass es sich bis zum Abend weiter zu zieht und ein weiterer Schneesturm losbricht.“  Sie sah kritisch in die Runde. „Sollte alles ruhig bleiben, bekommen wir morgen früh Entwarnung.“ „Also sitzen wir bis dahin hier fest?“ Es war Hidan, der erneut wenig begeistert aussah. Nur schien sich zeitgleich eine vielleicht nicht ganz so langweilige Idee in seinem Kopf zu formen; sein Blick wanderte zu Deidara, ehe er direkt neben ihn trat. „Na, was hältst du davon, Blondie? Wenn wir hier eh nicht weg kommen, können wir uns auch weiterhin vergnügen~“ Dass Sasoris Schultern sich augenblicklich verspannten, merkte man wohl unter dem dicken Wintermantel ohnehin nicht, nur änderte das nichts daran, dass die Situation als äußerst unangenehm empfunden wurde. Kurz sah er zu Itachi, welcher ihn bereits fixiert hatte und ihn mit seinen Augen daran erinnern zu wollen, was sie zuvor besprochen hatten. Er nickte schwach, ehe er sich an Konan wandte. „Gut. Du weißt, wo du mich findest.“ Und mit diesen Worten machte er sich relativ gemäßigten Schrittes auf zu seiner Hütte, diesem Zirkus entfliehen. Er wusste, wie verdammt lächerlich all das war – und nach den letzten Stunden glaubte er sogar selbst daran, dass dieses ganze Theater einem besonderen Zweck diente – aber es zu ertragen war deswegen noch immer nicht leicht. Deidara, welcher scheinbar bei den Worten des Silberhaarigen in Schockstarre verfallen war, sah Sasori recht ruckartig nach. Das war so verkehrt! Und er hatte Hidan, diesem Spinner auch noch gesagt, dass er nicht so übertreiben sollte. Ähnlich schien das nun auch Yahiko zu sehen, dem man den ärgerlichen Gesichtsausdruck prompt abnahm. Er erinnerte sehr an früher, als er noch Pain genannt werden wollte und sich selbst als Anführer der Gruppe gesehen hatte. Es reichte zumindest, um den Blonden unwillig das Gesicht verziehen zu lassen, ehe er dem Rotschopf hinterher humpelte. Er wollte das kommende Donnerwetter nicht miterleben. Konan und Itachi schienen ebenfalls gleichermaßen in Alarmbereitschaft versetzt, wenn sie es auch nie waren, die seine Wut zu spüren bekommen hatten. Stumm winkte sie den Schwarzhaarigen hinter sich her in die Hütte, um ihm vielleicht sogar eine Tasse Kakao aufzuschwatzen. Yahiko hatte ihr zugesagt, einzugreifen, sollte Hidan es noch einmal übertreiben – und scheinbar gedachte er, sich auch an sein Wort zu halten. Sobald er wiederholt das Schließen von Türen wahrgenommen hatte, atmete er einmal tief durch, um nicht direkt seine Stimme zu erheben. Der Silberhaarige blieb währenddessen erstaunlich still, wusste scheinbar was kam und verzog schon einmal vorsorglich trotzig sein Gesicht. „Ich kann nicht genau einschätzen, was das Ganze soll, aber ich würde dich dringend bitten, damit aufzuhören.“ Noch klang er relativ beherrscht. Amüsiertes Schnauben wurde ihm entgegen gebracht. „Ich weiß gar nicht, wovon du redest.“ Ein süffisantes, halbes Grinsen komplettierte Hidans Mimik, während Yahikos Zähne aufeinander mahlten. „Dein Verhalten Deidara gegenüber, das sehr klar zur Provokation dient. Du ziehst die Stimmung aller damit runter, merkst du das nicht?“ „Oooh, das tut mir aber Leid. Ich hatte den Eindruck, dass nicht viel auf mein Wohlbefinden gegeben wird, wieso sollte ich mich dann um das von irgendjemand anderem kümmern?“ Ein schneidender Ton schlug dem Orangehaarigen nun entgegen und er meinte, zu ahnen, worauf diese Diskussion hinaus lief. „Das stimmt so nicht – und liegt dein Wohlbefinden durchaus am Herzen, nur –“ „Bullshit! Dir ist es doch scheißegal, wie es mir bei der ganzen Kacke hier oben geht. Wer hat mich den verarscht, um mich auf diesen Drecksberg zu kriegen, hä?“ Nun, vielleicht sollte man ihnen anrechnen, dass zumindest einer von ihnen am Anfang noch die Intention gehabt hatte, ruhig zu bleiben, sich an selbiger nun jedoch nur noch verzweifelt festklammerte. Yahiko wunderte sich, wie er so schnell die Fassung verlieren konnte. „Schön, dann lass es eben an mir aus, aber nicht an den anderen! Mir ist klar, dass es nicht die feine Englische war, aber du führst dich ja auf wie ein Kind! Man kann nicht vernünftig mit dir reden, Hidan, geschweige denn diskutieren!“ Dahin war sein Vorsatz… „Ach, und das gibt dir das verschissene Recht, mich zu verarschen, ja? Und mir dann auch noch vorzuwerfen, ich würd mich scheiße verhalten?! Das ganze hier ist deine verdammte Schuld, ohne dich wäre ich nicht einmal hier! Leb halt damit, was du verbockt hast!“ „Was ich verbockt habe? Der Grund, weswegen du so drauf bist, ist doch deine verbockte Beziehung! Damit habe weder ich, noch Deidara, noch irgendwer anders etwas zu tun! Reiß dich gefälligst am Riemen, verdammt!“ „ODER WAS?! Du schickst mich weg? FEIN! Kann ich sehr gut mit leben, ich hab hier eh nichts, das mich hält – ich wollte ja nicht einmal her kommen!“ Wütend schmiss er das Board, das er noch immer mit einer Hand gehalten hatte, gegen die Veranda. „Schmeißt eure verfickte Kindergartenparty alleine, ich such mir was weniger idiotisches!“ Mit diesen Worten zog Hidan in Richtung der Gondelstation ab, wobei Yahiko den plötzlichen Impuls, ihm ein „Na dann geh halt!“ hinterher zu rufen, nicht unterdrücken konnte. Er erntete einen Mittelfinger, aber damit konnte er leben. Momentan ging sein Atem so schwer als wäre er einen Marathon gelaufen und nur verspätet realisierte er, was er eigentlich gesagt hatte – und dass der Silberhaarige in diesem Falle durchaus Recht hatte, ihn einen Idioten zu nennen. „Scheiße.“ Unwirsch fuhr er sich durch die Haare. Ihm grauste schon jetzt davor, das Geschehene irgendwie seiner Freundin beizubringen. Kapitel 9: Wunden ----------------- Zugegeben, er wusste nicht so ganz, was er tat, als er dem scheinbar aufgebrachten Rotschopf folgte. Dennoch: Es war sein erster Impuls gewesen und wenn er ehrlich zu sich war, fühlte er sich schuldig. Schuldig genug, um nun vielleicht auch Sasoris Wut auf sich zu ziehen. Deidara war klar, dass sein Verhalten nicht unbedingt eine friedliche Grundlage bedingte – aber er hatte sich nicht wirklich zu helfen gewusst. Und anstatt gar nichts zu tun… tat er halt eher etwas weniger kluges, wie es schien. Die Situation am vorausgegangenen Abend hatte ihm absolut den Boden unter den Füßen weg gerissen. Das Geständnis seines besten Freundes hatte ihn verwirrt und verunsichert – und ließ ihn sich nicht zuletzt wirklich dumm fühlen. Sasori hatte in diesem Punkt wohl eindeutig Recht: Wie konnte man so blind sein und nicht bemerken, dass gerade der eigene beste Freund mehr für einen empfand als bloße Freundschaft? Und das über Jahre hinweg? Es war zu viel auf einmal für ihn gewesen, weshalb er auch buchstäblich weggelaufen war. Er hatte die Hütte verlassen und zu seinem eigenen Schreck gehofft, dass er all das geträumt hatte. Mittlerweile verfluchte er sich auch für diesen Gedanken. Er war so unfair, dass sich ihm beinahe selbst die Zehnägel hoch rollten. Als sie am folgenden Morgen kurz miteinander geredet hatten, ertappte er sich für einen Moment bei dem Wunsch, dass das, was Sasori sagte, wahr wäre. Dass er sich wirklich nicht daran erinnern konnte, was er gesagt hatte, dass sie vielleicht irgendwie so weitermachen konnten, wie bisher. Dennoch… änderte all das – von eventuellen Filmrissen einmal abgesehen – nichts daran, dass er, Deidara, sich definitiv an alles erinnern konnte und dass es genau dieser Umstand war, der ihn davon abhalten würde, normal weiter zu machen. Ein Seufzen stob über seine Lippen, als er seinen Mitkünstler in ihrer Hütte verschwinden sah. Er selbst kam nicht ganz so schnell voran, taten seine Glieder weh und humpelte er tatsächlich ein wenig. Es war kein Wunder, dass er gestürzt war; es war eine Frage der Zeit gewesen, angesichts der Tatsache, dass sich jeder einzelne seiner Gedanken um die letzten schätzungsweise sechzehn Stunden drehten. Schon jetzt fühlte er sich unausgeglichen, hatten Sasori und er seit ihrem kurzen Gespräch vor dem Frühstück kein einziges Wort mehr miteinander gewechselt. Nicht, dass er ihm einen Vorwurf machte; hätte er in seiner Haut gesteckt und ihn auf diese Weise mit Hidan umgehen sehen, wäre er sicherlich auch wenig erbaut gewesen – denn auch, das war ihm durchaus bewusst, wenn der Rotschopf vorgab, sich an den Abend nicht mehr zu erinnern, so änderte das doch wohl schwerlich etwas an seinen Gefühlen für ihn? Genau dieser Aspekt war es auch, der ihm seine eigene Grausamkeit vor Augen führte. Wieso er es dennoch tat? Wieso er dennoch mit dem silberhaarigen Halbaffen auf Tuchfühlung zu gehen schien? Blonde Strähnen flogen, als Deidara vielleicht etwas zu heftig den Kopf schüttelte. Es machte ohnehin keinen Sinn, sich nun darüber den Kopf zu zerbrechen, würde es doch überhaupt gar nichts an der Situation ändern. Er hatte seine Entscheidungen getroffen und solang sich gewisse Umstände nicht änderten, könnte auch er nichts an ihnen ändern. Das Einzige… Nunja, vielleicht konnte er versuchen mit Sasori zu reden und ihn etwas milde zu stimmen, ohne dass durchdrang, dass er sich an alles erinnern konnte? Ja, sicher. Und morgen würden Feen auf dem Gipfel tanzen und Regenbogen pupsen. Er erreichte die Tür der Hütte, atmete aber noch einmal durch, bevor er sie öffnete und eintrat. Ein paar Momente brauchte er, um sich zu orientieren; einerseits merkte, er, wie seine Wange immer mehr anzuschwellen schien und somit auch seine Sicht etwas beeinträchtigte und andererseits musste er schlucken, um die Gedanken an den letzten Abend nieder zu kämpfen. Er durfte sich nichts anmerken lassen. Der Erste-Hilfe Kasten wurde beiseite gestellt, ehe er seine Jacke öffnete und sie sich von den Schultern streifte. Ein Blick in Richtung Schlafzimmer offenbarte eine halb geschlossene Tür. Es hörte sich danach an, als würde Sasori sich umziehen, daher wollte er nicht stören – ein Vorwand, um nicht schon eher mit ihm allein sein zu müssen? Vielleicht. Eine ausdrucksstarke Fluchtirade brach in seinem Kopf los und er bemerkte etwas verbittert, dass seine Schultern schon jetzt ein wenig nach unten sackten. Es war eindeutig: Er sah die Schuld für die Situation bei sich. Wäre er nicht so dumm gewesen, hätte er vielleicht viel eher bemerkt, was eigentlich vor sich ging. Das dritte Seufzen in Folge einschlich sich ihm, als er statt dem Weg ins Schlafzimmer den Weg ins Bad einschlug. Seine Boots blieben im Eingangsbereich zurück, um nicht noch unnötige Wasserspuren zu hinterlassen. Den Erste-Hilfe Kasten nahm er mit, wollte er zumindest versuchen, sich um die Kratzer in seinem Gesicht zu kümmern – welche dummerweise immer schmerzvoller anfingen, zu pochen, je länger er sich im Warmen aufhielt. Sobald er einen Blick in den Spiegel wagte, wurde ihm bewusst, dass er vielleicht noch ein größeres Problem mit seiner Sicht bekam, als gedacht. Missmutig schob er sich seinen Pony hinters Ohr, um zumindest sein anderes Auge ebenfalls seinen Job tun zu lassen, da das rechte langsam aber sicher zu schwoll. Definitiv kein schöner Anblick. Murrend öffnete er den Kasten und suchte nach den entsprechenden Utensilien, als er ein leises Knarzen und Schritte vernahm… und gefror, sobald er aus dem Augenwinkel Bewegung wahrnahm. Sasori stand in der Tür und war in etwa so schnell erstarrt, wie er selbst. Er konnte nicht vermeiden, dass er etwas schuldbewusst den Kopf senkte, ehe er zu ihm hinübersah; er war sich nicht sicher, ob der Rotschopf überhaupt mitbekommen hatte, dass er ihm gefolgt war – ein Umstand, mit dem er sich nun wohl auseinander setzen musste. Besagter Rotschopf musterte ihn derweil mit scheinbar gezwungen neutralem Gesichtsausdruck, sah hinunter auf dem Kasten, der nun auf dem Waschbecken lag und dann wieder zu ihm, zu den Kratzern in seinem Gesicht. Ein Ruck schien durch seinen Körper zu gehen. „Komm.“ Mehr sagte er nicht, als er sich den Verbandskasten schnappte und ihm zusätzlich noch mit einem Kopfnicken bedeutete, ihm zu folgen. Unsicher – denn so wirklich hatte er mit einer solchen Reaktion nicht gerechnet – folgte der Blonde ihm und ließ sich auf einen weiteren Wink auf der Sofakante nieder. Sasori, mittlerweile in weiter Stoffhose und erstaunlich eng anliegendem Shirt (Trug er öfter solche Dinge? Das wäre Deidara doch aufgefallen…? Immerhin schmeichelte es seiner Figur schon enorm…), ließ sich auf dem niedrigen Tisch vor ihm nieder und zog eine Tube mit Salbe und einige Wattestäbchen aus dem Kasten hervor. Deidara war augenscheinlich unwohl. Er wusste nicht genau, wie er sich verhalten sollte, wusste nicht einmal, ob er ihn ansehen sollte; tatsächlich fühlte er sich einfach extrem mies. Dass der Mensch, dem er ein solch großes Unrecht getan hatte, sich nun noch um ihn zu kümmern gedachte, verwunderte ihn und ließ ihn sich nur noch mieser fühlen. Er sah erst wieder auf, als geschickte Hände sein Haarband lösten und sein Deckhaar samt Pony erneut zusammenfassten. Vielleicht… ja, er würde einfach still halten und Sasori bei seiner selbstauferlegten Arbeit zusehen. Selbiger schien sich wirklich nur auf die Wunden zu konzentrieren, hob sein Kinn ein wenig an und ließ seinen Blick auf den Verletzungen ruhen. Bevor er nun zur Salbe griff, holte er Desinfektionszeug und Tupfer hervor, mit welchen er die betroffenen Stellen reinigte. Es brannte höllisch, allerdings gab sich Deidara Mühe, nicht zurück zu zucken. Er wollte nicht unnötig noch Missfallen erzeugen. Abgesehen davon, half es doch enorm, sich einfach auf die vertieften Gesichtszüge seines Gegenübers zu konzentrieren und sich somit etwas abzulenken. Nach dem Desinfektionszeug trug der Rotschopf etwas Salbe auf die Köpfchen der Wattestäbchen auf und verteilte sie so auf den Schnitten. Schon nach kurzer Zeit ließ der Schmerz etwas nach; die Wunden wurden offensichtlich betäubt, was durchaus angenehm war. Er wurde aus seinen Gedanken geschreckt, als Sasori sich nun doch dazu hinreißen ließ, etwas zu sagen. „Die Schwellung wird sich nur mit einem Kühlbeutel etwas einschränken lassen. Allerdings bezweifle ich, dass du so herum laufen willst?“ Eine rothaarige Augenbraue zuckte gen Haaransatz, als er sich zurücklehnte und die Utensilien wieder verstaute, Wattestäbchen und Tupfer zum Wegwerfen zusammen packte. Der Blick der blauen Augen schweifte umher; er wollte nicht wirklich mit einem Eisbeutel am Gesicht herum laufen, nein, aber es würde helfen und… „Ich könnte auf einem schlafen, hm.“ Kurz zuckte sein Mundwinkel. Vielleicht wäre das ja ein Kompromiss. Sasoris Augenbraue rutsche noch höher. „Du musst es selbst wissen. Es ist deine Wange. Selbstverständlich ist es nachvollziehbar, dass ein Eisbeutel bei gewissen Tätigkeiten stören würde.“ Der Ausdruck in seinen Augen, der zuvor etwas von seiner Härte verloren hatte, schien nun wieder eine gewisse Kälte auszustrahlen. Sollte er ihn weiterhin so ansehen, würde er sicherlich keinen Eisbeutel auf seiner Wange mehr brauchen; sein ganzer Körper würde wohl von allein gefrieren. Nun, Deidara konnte sich denken, was er meinte. ‘Gewisse Tätigkeiten‘ hörten sich schwer nach dem an, was er mit Hidan trieb… oder Hidan mit ihm. Wie auch immer. Hätte die Sachebene der Worte nicht ausgereicht, so hätte die Körpersprach seines Gegenübers ihm den Dienst erwiesen. Sasori stand auf und machte Anstalten, den Raum wieder Richtung Schlafzimmer zu verlassen. „Sasori no Danna?“ Seine Stimme klang viel zu leise in seinen eigenen Ohren, brachte den Rotschopf aber dennoch dazu, inne zu halten. „Hm?“ Ein weiteres Seufzen rang sich aus Deidaras Kehle. „Danke, hm.“ Einfach dafür, dass er sich um ihn gekümmert hatte, dass er sich die Zeit genommen hatte, seine Wunden zu versorgen, obwohl er recht deutlich nicht sonderlich erpicht auf seine Gesellschaft war. Vielleicht war noch nicht alles zwischen ihnen verloren, vielleicht konnten sie es noch kitten? Es war das, was der Blonde sich wünschte, woran er nun sein Herz hing. Und als sich die Tür zum Schlafzimmer hinter Sasori schloss, blieb nur noch zu hoffen, dass er nicht alles verbockt hatte, was zwischen ihnen war.   „Wenn das so weiter geht, ziehe ich noch ernsthaft in Erwägung, euch eher zu verlassen.“ Es war die eigentlich ruhige Stimme des Uchihas, die nun Konans Ohren erreichte. Sie hatte an Ruhe eingebüßt, seit er wieder da war und die Blauhaarige konnte nur zu gut verstehen, wieso. Der ganze Trip lief nicht so ganz, wie geplant, sie stritten sich fast noch mehr als früher – nur dass es bis jetzt noch keine Toten gab. „Das wäre ein sehr schnelles Aufgeben für dich“, gab sie zurück und rührte den Kakao um, der auf dem Herd vor sich hin köchelte. Schokolade machte einiges besser, da konnte Sasori ihr erzählen, was er wollte. „Bist du nicht eigentlich noch schlimmeres gewohnt?“ Sie spielte auf seine Arbeit an, bei der es sicherlich noch stressiger und hektischer zuging als auf diesem Gipfel. Itachi schüttelte den Kopf. „Das ist etwas anderes. Gerade weil es so nervenaufreibend ist, bräuchte ich eine Pause – eine, die ich unter diesen Umständen wohl eher nicht finde.“ Seine Arme waren verschränkt und er lehnte gegen einen der Pfeiler, die das Hüttendach stützten. Es war sehr ungewöhnlich, dass er sich in dieser Form die Blöße gab und einen gewissen Grad der Schwäche mitteilte. Bevor Konan etwas einwenden oder ihn fragen konnte, was er denn erwartet habe, fuhr er fort. „Ich habe nicht wirklich Ahnung, wie ich mich zum Gruppenpsychologen gemausert habe, aber das hier ist definitiv nicht mein Tätigkeitsbereich!“ Seine Gegenüber konnte nicht anders als zu schmunzeln. Diesen Ausdruck noch immer auf den Lippen ging sie zu ihm hinüber und drückte ihm eine Tasse des heißen Getränks in die Hand. „Du machst dich dafür aber erstaunlich gut in der Rolle. Erst Hidan und dann auch noch Sasori. Beides keine leichten Fälle, wenn du mich fragst.“ Wobei sie persönlich Hidan noch als etwas unnahbarer einschätzen würde, wenn es darum ging, bis zu den Kernpunkten seiner Probleme vorzudringen und sie auszumerzen. Der Schwarzhaarige ließ ein Seufzen hören. „Es ändert nichts daran, dass es nicht wirklich die Entspannung fördert.“ Mit mürrischer Miene nahm er den Kakao an und nippte an ihm. Vielleicht beruhigte es wirklich seine Nerven. „Was tust du sonst, um dich zu entspannen?“ Ein leises Brummen war Folge der Frage. „Lesen. Schach spielen…“ Mich mit meinem Bruder unterhalten. Wobei Letzteres nicht immer ein Garant für Entspannung war; Sasuke konnte auch genau das Gegenteil in ihm auslösen. Es war eine Sache eines Herzschlages, in dem sich Konans Mimik aufhellte. „Wir haben ein Schachspiel dabei. Du kannst gern jederzeit herkommen und gegen mich antreten!“ Blaue Strähnen flogen ein wenig, als sie ihren Kopf vielleicht etwas zu enthusiastisch neigte. Wenn es eine Möglichkeit gab, Itachis Laune zu heben und diese merkwürdige ‘Ich bin nicht euer Psychiater‘-Stimmung aufzuhellen, wieso nicht? Weiter kamen ihre Gedanken jedoch nicht, da sie langsam aber sicher des steigenden Lautstärkepegels gewahr wurde, der vor ihren vier Hüttenwänden wütete. Was sie wirklich beunruhigte war allerdings nicht das Geschrei an sich – bei Hidan hätte sie so ziemlich gar nichts anderes erwartet – sondern dass sie Yahikos Stimme ebenfalls hörte. Nicht leise. Nicht sachlich. Ihr Freund schien den Silberhaarigen geradezu zusammen zu falten, auch wenn sie nur dem Ton nach urteilen konnte, hörte sie doch keine expliziten Worte. Selbst Itachi entschloss sich dazu, lieber zu lauschen, anstatt eine Antwort zu formulieren. Wenig später öffnete sich die Tür und offenbarte einen etwas erschöpft wirkenden Yahiko, der sie mit einem Blick ansah, der klar besagte, dass etwas schief gegangen war. „Was ist passiert?“ „Er ist weg“, beantwortete der Orangehaarige seiner Freundin die Frage. Selbiger konnte man ihre Ratlosigkeit nun ansehen. Das alles… lief einfach sehr deutlich sehr schief. Itachi… nahm derweil einen Schluck von seinem Kakao. „Ich denke, eine Partie Schach wäre nun ganz angemessen…“ Etwas Beruhigung konnten sie wohl alle brauchen.   Ebenso, wie sie Ruhe scheinbar alle gebrauchen konnten, wenn man sich einen Überblick darüber verschaffte, dass momentan niemand wirklich zufrieden war. Itachi wollte nicht den Psychologen spielen, Konan war über die Grundhaltung der Gruppe genervt, Yahiko drehte langsam am Rad, Sasori und Deidara hatten ihre ungeklärte Beziehungskiste und Hidan und er… hatten eine ungeklärte Beziehungskiste. Entweder man sah es so, oder postulierte, dass Hidan sich ausreichend vereimert fühlte, unter falschen Voraussetzungen auf den Gipfel gelockt worden zu sein, um nun solch kindisches Verhalten zu rechtfertigen… und dass Kakuzu selbst von den Maßstäben menschlicher Emotion Abstand genommen hatte und einfach weiterhin den Eisklotz spielte. Das fasste die Situation doch eigentlich wunderbar zusammen, fand er. Seufzend blätterte er die Seite seines Buches um und rieb sich unzufrieden die Nasenwurzel. Hidan hatte sich in diesen Belangen wohl kein Stück verändert. Noch immer kompensierte er etwaige Unsicherheit mit großer Klappe – nur konnte er es sich diesmal nicht leisten, sie zu stopfen. Erstens würde sich wohl keine Chance auftun, in Ruhe mit ihm zu reden und zweitens bezweifelte er, dass ein Gespräch die Situation irgendwie vereinfachen konnte. Also las er lieber ein Buch. Von den Geschehnissen des Vormittags hatte er zusammenfassend herzlich wenig mitbekommen. Das erste, was er wirklich vom Geschehen wahrnahm – bis auf hin und wieder Stimmen in Gesprächslautstärke – war Geschrei, welches er eindeutig auf seinen ehemaligen Lebensabschnittsgefährten zurückführte. Er hatte ihn ja oft genug schreien gehört. Dass sich nun jedoch die Stimme ihres Leaders dazugesellte, irritierte ihn dann allerdings doch. Nun milde interessiert schlug er sein Buch zu, setzte sich auf und ging schließlich zum Fenster hinüber. Um etwas mitzubekommen war er zu langsam gewesen, aber da er den Silberhaarigen nicht mehr draußen herum rennen sah und irgendwie nicht glaubte, dass er nach dieser Auseinandersetzung Gesellschaft suchte, beschloss er ausnahmsweise den Anschein zu erwecken, als hätte er ein Bedürfnis nach sozialer Interaktion. Es bedurfte eines großen Stückes Schauspielkunst. Wenig später, er hatte sich umgezogen und sich noch einmal in der Entscheidung bestärkt, tatsächlich die Gesellschaft ihrer Gruppe zu suchen, stapfte er durch den Schnee in Richtung Haupthütte. Dennoch hingen seine Gedanken bei einem gewissen Großmaul…   Die nächsten Stunden waren ebenso ruhig wie kontaktfreudig – was an sich ein Paradox wäre, würde es sich nicht um ruhige Tätigkeiten handeln. Zumindest stimmten sie Konan freudig, denn ihre Gruppe unternahm etwas miteinander, sie hockten nicht alle allein herum und hatten vielleicht so etwas wie Spaß. Gut… Ausnahmen bestätigten die Regel. So hatte sie Sasori nicht mehr gesehen, seit er sich in der Hütte der Künstler verschanzt hatte; oder Hidan, von dem die Talstation nur bestätigt hatte, dass er unten angekommen und noch immer recht wütend wirkend abgezogen war. Aber der Rest… Nun, es lief gut in ihren Augen. Sie hatte Itachis Halb-Vorschlag dazu genutzt, wirklich das mitgebrachte Schachspiel zutage zu fördern, an dem nun besagter Uchiha und Kakuzu saßen und sich seit einer Weile erbitterte Schlachten lieferten. Deidara war scheinbar irgendwann aus seiner Hütte getürmt und hatte die halbwegs gesellige Runde dem unterkühlten Klima seiner eigenen temporären vier Wände vorgezogen. Momentan sprach er recht eifrig Konans Kakao zu, was für sie ein Zeichen war, dass ihn irgendetwas doch stark beschäftigte. Das, und sein zwischenzeitlich hin und wieder abschweifender Blick, immer wenn er sich nicht gerade in das Gespräch mit ihr und Yahiko einband. Mittlerweile hatte sie ihn oft genug aufmerksam gemustert, um zu vermuten, dass sich Sasori um seine Verletzungen gekümmert hatte; er war ein regelrechter Ordnungsfetischist und die Pflaster waren nicht kreuz und quer angebracht, wie sie es von dem Blonden vermutet hätte… Der Gedanke zumindest war interessant. Kriegten es die beiden doch wieder auf die Reihe? Inzwischen waren alle davon in Kenntnis gesetzt, dass sie so etwas Ähnliches wie Ausgangssperre hatten. Konan war wohl auch die Einzige, die sich wirklich ihre Sorgen um den Silberhaarigen machte – einfach weil sie nicht sicher war, wann er vorhatte zurück zu kommen und ob die Diensthabenden der Talstation ihn überhaupt hochschicken würde. Einig waren sie sich allerdings, dass sie weitere wintersportliche Aktivitäten auf den folgenden Tag verschieben würden, waren sie bereits jetzt alle ein wenig erschöpft von der Umstellung auf fast 1900 Höhenmeter, wo sie doch sonst alle eher auf flachem Land wohnten. Dass sie mit einer ihrer Annahmen tatsächlich falsch lag, wurde ihr nach einem Räuspern ihres gruppeninternen Geizhalses offenbart. „Was genau ist hier vorhin eigentlich abgelaufen? Ich hab nur Hidans Geschrei gehört.“ Für den einfachen Zuhörer würde diese Nachfrage wohl keinerlei Hintergrund bedürfen, trug sie doch für jemanden, der Kakuzu ein wenig kannte, einige Implikationen mit sich. Es war schlicht sehr offensichtlich, dass er auf Hidan fokussiert war – denn wenn er sein Geschrei gehört hatte, hatte er auch das von Yahiko vernommen, erwähnte es aber nicht. Außerdem schien er sich Sorgen zu machen, welche er vorerst sicherlich nicht offen aussprechen würde. Dennoch: Eine Unwetterwarnung war etwas, womit man eher nicht scherzen sollte, und dass der Silberhaarige einen Hang zu Risiken hatte, hatten sie schon vor Jahren feststellen können. Die Anwesenden schienen ihn zumindest gut genug zu kennen, dass sie nun fast schon kollektiv verwirrt zu ihm aufsahen und sich für einige wenige Herzschläge von ihren Beschäftigungen lösten. Es war Yahiko, der antwortete, sah er es doch irgendwie als seine Pflicht an, ihn aufzuklären, wo er es gewesen war, der den ganzen Schlamassel offensichltich erst ausgelöst hatte. „Wir hatten eine kleine Auseinandersetzung. Er ist in Richtung Lift geflüchtet und hat Reißaus genommen – allerdings sind seine Sachen noch hier, daher denke ich, dass er früher oder später wieder kommen wird.“ Kakuzu nickte bedächtig. „Fährt die Gondel bei Unwetterwarnungen?“ Denn wenn das nicht der Fall war, konnte Hidan ja schlecht den Rückweg einschlagen. Er bezweifelte, dass er sich plötzlich mit dem Personal am Boden angefreundet hatte und sie dazu bringen können würde, ihn trotzdem hoch zu schicken. Dass er erneut nachfragte, steigerte allerdings nur die Verwirrung. „Sie werden sich melden, sobald er unten aufkreuzt“, warf Konan ein. Sie hatte bei ihrem kurzen Gespräch mit der Talstation etwas Entsprechendes ausgehandelt. „Je nach Wetterlage schicken sie ihn wieder hoch, sagen aber bescheid.“ In dieser Hinsicht war sie ihnen wirklich dankbar; so könnten sie sich zumindest darauf vorbereiten, dass Hidan zurückkam… und ebenso auf seine entsprechende Laune. Eigentlich war der Gedanke an eine Nacht ohne Hidan ja ganz angenehm. Sicher, ohne ihn war vieles ruhiger… Wie man sehen konnte. Die Idee, es vielleicht als langweilig zu betiteln, kam ihm auch nicht wirklich schnell, aber je mehr Zeit verging, desto mehr hatte er das Gefühl, dass etwas fehlte. Andererseits… hatte er das schon die vergangenen Jahre über. Und je mehr Zeit verging, desto mehr verlor er auch die Vermutung aus den Augen, dass der Silberhaarige an diesem Abend noch zurückkommen würde. Erneut eine falsche Theorie, wie sich durch ein Klingeln des mit der Talstation verbundenen Telefons herausstellte. Bereits als sie abnahm, weiteten sich Konans Bernsteinaugen in leichtem Unglauben. Schon auf die Entfernung war… Diskomusik aus dem Gerät zu vernehmen. Das Gespräch an sich dauerte jedoch nicht wirklich lang, sodass sie sich recht schnell wieder auf ihren Platz neben Yahiko sinken lassen konnte. „Er kommt zurück“, eröffnete sie ihnen. „Allerdings hat er zwei Mädchen und einen Ghettoblaster dabei.“ „Was?!“ Es war Deidara, der sich ereiferte. „Spinnt er nun völlig, hm? Was soll das denn?!“ „Dass Hidan über die Stränge schlägt, ist nicht wirklich etwas neues“, wandte Itachi ein, der sich nun aufgesetzt hatte und nicht mehr halb über das Schachbrett gebeugt war. Selbst ihm war anzusehen, dass er durchaus den Eindruck hatte, dass sein Verhalten nun zu weit ging. „Du hast ihm die Fahrt erlaubt?“ war es nun der Orangehaarige, der seine Frage an Konan stellte. Das war der Punkt, den er nicht so ganz nachvollziehen konnte, egal wie schuldig er sich vielleicht fühlte, ihn unter falschen Voraussetzungen hergelockt zu haben. Als Antwort kam zuerst ein tiefes Seufzen, ehe sie sich daran machte, sie verbal zu formulieren. „Ja, habe ich. Wir können ihn schlecht da unten schlafen lassen. Wenn er meint, das muss sein, soll er sie halt in seine Hütte mitnehmen. Mit ein wenig Glück bricht ein Schneesturm los, sie werden eingeschneit und wir haben unsere Ruhe, weil sie die Tür nicht mehr aufkriegen.“ Ein Schnauben vollendete den kurzen Monolog. Wenn sie glaubten, Konan nahm Hidans Verhalten mit einem Lächeln hin, hatten sie sich wohl getäuscht.   Nun… es würde nicht so laufen, wie sie an diesem Punkt scheinbar alle zu hoffen wagten. Ja, Hidan stieg mit seinen Anhängseln in die Gondel und ja, er kam auch an. Allerdings suchte er sich nicht den Weg zu seiner Hütte, sondern den zur Haupthütte – zum großen und noch immer anwachsenden Unwillen der Anwesenden. Selbige hatten zwischenzeitlich den Alkohol so gut es ging versteckt, nur würde dieses Vorgehen nicht plötzlich dafür sorgen, dass sich auch Hidans Blutalkohol verdünnisierte… Nein. Eher nicht. „Wieso kannst du das nicht zu dir verlegen, hm? Merkst du nicht, wie daneben du dich verhältst?!“ „Du bist nur eifersüchtig, Schnuckel. Aber ich kann‘s dir nicht verübeln. Jeder wäre eifersüchtig auf… Wart mal, wie heißt ihr nochmal?“ „Bettina.“ „Chantal.“ „Jeder wäre eifersüchtig auf Bettina und Chantal! Jetz‘ heul nicht rum, versuch mal zur Abwechslung, dich wie ein Mann zu verhalten und… weiß nich‘, mach mit?“ Deidara versuchte seit gut fünf Minuten auf Hidan einzureden. Zurück bekam er eine nach Alkohol stinkende Atemwolke, jedes Mal wenn er sprach, und das zugegebenermaßen ziemlich anstößige Bild von zwei halbwegs hübschen Mädchen, die sich von vorn und hinten gegen den Silberhaarigen schmiegten, während sie zu basslastiger Musik hin und her wippten. Er wusste wirklich nicht mehr, was er noch tun konnte oder sollte, um ihn irgendwie dazu zu bewegen, sie alle erst einmal in Ruhe zu lassen… Und wieso er sich dafür überhaupt verantwortlich fühlte? Er hatte da eine Ahnung, dass sein Verhalten durchaus ein Teil des Fundamentes war, auf dem die Auseinandersetzung mit Yahiko beruht hatte. Mittlerweile war er bei resignierendem Augenrollen angelangt und hielt Hidan nur noch seine Handfläche vor die Nase, ehe er sich umdrehte und grummelig aufs Sofa fallen ließ – auf dem er wie ein perfektes Puzzleteil wirkte, wenn man sich Kakuzu neben ihm ansah. Oder besser… Quartett? Zumindest, wenn man missmutige Gesichtsausdrücke sammelte. In dieser Hinsicht waren die beiden wohl wirklich die besten Karten. Karte Nummer drei gesellte sich innerhalb weniger Minuten dazu, indem sie die Hüttentür öffnete und erst einmal sichtlich irritiert inne hielt. An Sasoris Miene war ausnahmsweise abzulesen, was er dachte, und es war definitiv nichts der guten Sorte. Es besserte sich auch nicht, als sein Blick von Hidan zu Deidara schwenkte, nachdem selbiger sich etwas aufgerichtet und ein durchaus überraschtes „Danna!“ von sich gegeben hatte. Er wurde ignoriert. Der Rotschopf wandte seinen Blick ab und schritt zu der kleinen Küchenzeile hinüber, an der Konan lehnte und versuchte, ihre Laune halbwegs beisammen zu halten. Sie sah aus, als hätte sie auf eine Zwiebel gebissen, auch wenn sich der Ausdruck etwas besserte, als Sasori sich zu ihr gesellte. „Ist noch Kakao da…?“ Die Frage war leise, über die Musik gerade so hörbar und offenbarte der Blauhaarigen, dass auch bei ihrem besten Freund nicht alles in Ordnung war. Er würde Kaffee immer bevorzugen, wenn er die Möglichkeit hatte; egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit. Schließlich nickte sie aber, drehte sich dann um, um eine Tasse zu füllen. Das Getränk war zwar nur noch lauwarm, aber es würde wohl reichen. Wortlos reichte sie die Tasse weiter. „Danke.“ „Nicht dafür. Keine Neuigkeiten?“ Er schüttelte leicht den Kopf. Ihre Worte waren leise genug, um von den anderen nicht gehört zu werden. Passend, um sich kurz die von ihm zuvor unbemerkten Wendungen der Situation erklären zu lassen – zum Beispiel, woher diese beiden Mädchen kamen…   Genau diesen Umstand machte sich nun auch der zweite Künstler in ihrer Runde zunutze, sah Kakuzu einmal von der Seite an, um sich zu überzeugen, dass er nicht schon zur Salzsäule erstarrt war, und fing dann an, sich auszulassen. Momentan musste er seinen ganzen Zorn und Unwillen loswerden und der Ältere sah auch nicht gerade aus, als wäre er begeistert von der Situation. „Hidan ist ein Arsch, hm.“ Gut, der Anfang mochte etwas lahm sein, aber ein stumpfes Brummen sagte ihm, dass er zumindest Kakuzus Aufmerksamkeit hatte. Dass selbiger denken musste, er hatte mit Hidan geschlafen, ging ihm erst verspätet auf… „Dieser ganze Scheiß den er abzieht… Das ist doch alles nur ‘ne Masche, hm!“ Genervt verschränkte er die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück. „Der geht mit total auf den Sack mit seinem ganzen Rumgehampel. Ist ja schön, dass er sich wen anders gesucht hat, der den Mist mitmacht, aber das ändert nichts an der Gesamtsituation!“ Kakuzu stieß neben ihm ein Seufzen aus. Für ihn hörte sich das gerade sehr nach einer Eifersuchtsattacke an. „Gibt es noch irgendwas sinnvolles, was du zu sagen hast, oder gehst du mir grundlos auf die Nerven?“ Immerhin erzählte er ihm hier ja nichts Neues. Er wusste, dass Hidan mit großer Klappe und aufgesetztem Gehabe kompensierte, wenn ihn etwas störte oder beschäftigte. Nur dass es solche Ausmaße annahm, war schon lang nicht mehr der Fall gewesen – gut, solang er sich eben erinnern konnte war es noch nie der Fall gewesen… Nun zog er aber sie alle mit hinein, indem er ihnen nicht nur sich selbst, sondern auch noch diese beiden Skihaserl aufdrückte. „Du weißt schon, dass er das ganze Theater nur wegen dir veranstaltet, oder?“ Deidara sah ihn starr von der Seite an und erstmal reagierte er gar nicht, bis die Worte schließlich zu ihm durchdrangen. Spinnte er jetzt völlig? „Das ist absurd.“ „Achja?“ Wagemutig reckte er das Kinn vor. „Ich war letzte Nacht bei ihm, hm…“ „Jaaah, das haben wir alle zu Genüge mitbekommen, danke.“ Ein genervtes Augenrollen folgte. „Nun hör mir zu, hm! Ja, ich war da, aber was ihr glaubt, was wir gemacht haben, habt ihr euch selbst zusammen gereimt!“ Um zu verhindern, dass seine Stimme nun doch zu laut wurde, riss er sich gewaltig am Riemen. „Er saß aus, als hätte er geheult, hm. Wir haben ein bisschen geredet… und ich glaube nicht, dass er drüber weg gekommen ist, dass du ihn einfach hast sitzen lassen.“ Ein Schulterzucken folgte. Die Worte brachten den Größeren zumindest dazu, ihn anzusehen und skeptisch die Augenbraue zu lüpfen. Er war ein wenig irritiert. Dass sie scheinbar doch nicht miteinander geschlafen hatte, beruhigte ihn interessanterweise ein wenig, nur änderte das an der Situation per se erstmal gar nichts. „Bist du nun komplett durchgedreht? Wenn ihm was an mir liegen würde, würde er sich nicht verhalten wie der Neandertaler, der er ist.“ Sicher war er sich bei dieser Aussage nicht, aber naja… Deidara schnaubte. „Achja? Und diese ganze Einlage heute Morgen oder diese Tussis da sind nicht dafür gedacht, dich eifersüchtig zu machen und vielleicht so deine Aufmerksamkeit zu bekommen, hm? Glaubst du das echt?!“ „Selbst wenn du Recht hast, wieso machst du dann bei dem ganzen Scheiß mit?“ „Tu ich nicht.“ „Deidara…“ Seine Stimme nahm einen warnenden Klang an. Wenn er jemanden verscheißern wollte, dann doch bitte nicht ihn. Es war schwer genug, sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass er vielleicht Recht hatte. Hidan war noch nie jemand gewesen, der einem seine Gefühle auf die Nase gebunden hatte – wenn sie nicht gerade mit wütendem Geschrei ausgedrückt werden konnten. Ein Seufzen seines Gegenübers war jedenfalls die Folge. „Hab ich erst… Er hat mir halt leid getan, hm. Und… gestern Abend war eh ein wenig… kompliziert.“ Wieder ein Schulterzucken. „Sagen wir, ich hab genug miese Entscheidungen getroffen, eine mehr oder weniger macht da auch keinen großen Unterschied mehr, hm.“ Mittlerweile hatte er sich ein wenig entspannt, starrte aber auf den kleinen Holztisch vor dem Sofa. „Und jetzt? Was hat deine Meinung geändert?“ Automatisch glitt der Blick der blauen Augen in die Richtung, in der Konan und Sasori standen. Momentan sah der Rotschopf fast entspannt aus. Gerne wüsste er ja, worüber sie redeten… Vermutlich traf er seine Vorbereitungen, um ihn als Freund zu ersetzen – was taugen tat er ja scheinbar ohnehin nicht. Trauer schlich sich in seinen Blick. „Sasori also“, stellte Kakuzu fest, der ihn genau genug beobachtet hatte, um dieses Urteil treffen zu können. „Ich will nicht drüber reden, hm.“ Der Ältere schnaubte. „Mich in solche Sachen reinziehen ist okay, aber wenn ich nachfrage machst du dicht?“ „Es geht ja hier auch nicht um mich, hm. Ich will nur, dass dein Ex aufhört, allen auf den Sack zu gehen. Es nervt wirklich, hm. Kaum auszuhalten.“ Selbiger Ex schien sich zwischen den beiden mitgebrachten Damen dafür sehr wohl zu fühlen – und so freudig erregt er aussah, desto mehr verzogen sich die Mienen der restlichen Anwesenden in Missgunst.  Gut, hin und wieder rollten auch mal ein paar Augen in ihren Höhlen. Dass plötzlich die Musik leiser gedreht wurde, ließ sie erneut alle aufhorchen und hielt Kakuzu von einer Antwort ab. Es war Konan, die neben dem Ghettoblaster stand und wenig amüsiert aussah. Auf Hidans aufkeimenden Protest schickte sie ihm nur einen giftigen Blick entgegen, der ihn zur Abwechslung mal schmollend verstummen ließ. Zumindest hatte sie auf diese Weise ihre Aufmerksamkeit. „Wie ihr euch sicherlich noch erinnern könnt, war unsere Reise vor fünf Jahren nicht nur von positiven Ereignissen geprägt.“ Sie atmete tief durch; sicherlich konnte sich mindestens die Hälfte von ihnen bereits denken, worauf sie hinauswollte. „Um dem, was passiert ist, Gebühr zu zollen, würde ich gern morgen zu Tobis Klippe fahren, sollten es die Wetterbedingungen erlauben.“ Ein, zwei Nicken folgten, zu dem auch ein „Das ist eine gute Idee“ hinein geworfen wurde. Den Erinnerungen entsprechend hatten sich die ohnehin düsteren Gesichtsausdrücke nur noch mehr verdüstert und einigen war anzusehen, dass sie zurück dachten. „Na dann aber ohne mich“, war es der Silberhaarige, der mit Trotz in der Stimme die Ruhe brach. „Ich hab damit nichts mehr zu tun. Macht, was ihr wollt.“ Und zugegeben – es waren diese Worte, die sie wohl noch ein wenig mehr schockierten. Hatte Konan gedacht, sie könnte ihn so wieder ein wenig auf den Boden zurückholen, so hatte sie sich wohl getäuscht. Es war nicht ihr Ziel gewesen, Trotz auszulösen. Auf diese Weise würde sie wohl noch viel weniger ein friedliches Miteinander erreichen. Dennoch interessierte sie wirklich, wieso er sich dermaßen sträubte. „Warum?“ Er schnaubte, wollte im ersten Moment augenscheinlich gar nicht antworten, besann sich dann aber anders. Einen Arm je links und rechts der Mädchen bugsierte er sie zur Tür. „Sagte ich bereits. Ich hab damit nichts mehr zu tun. Mir egal, ob ihr da runterfahrt. Ich komm ganz sicher nicht mit.“ Einen Moment gab er seinen Begleitungen noch, sich anzuziehen, ehe er sich die Musikanlage schnappte und mit ihnen zusammen die Hütte verließ. Scheinbar zogen sie nun doch um. Mehrere fassungslose Blicke starrten ihm hinterher. „Ist das sein Ernst?“ Jene Emotion war auch aus Konans Stimme herauszuhören. „Ist es.“ Es war Kakuzu, der antwortete. „Er kommt scheinbar noch immer nicht mit dem klar, was passiert ist. Wenn er nicht bereit dafür ist, sollten wir ihn lassen.“ Es war erstaunlich. Seit wenigen Momenten – genauer, seit Deidara ihm eröffnet hatte, dass dem Silberhaarigen vielleicht tatsächlich noch etwas an ihm lag – war er wieder eher fähig, dessen Verhalten aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Dass er ihn wohl von ihnen allen noch am besten kannte, brach in dieser Aussage scheinbar wieder an die Oberfläche. „Kuzu hat Recht“, beschloss Itachi. „Lassen wir ihn. Wobei ich es für eine sehr sinnvolle Idee halte. Ich würde dich gern begleiten.“ „Ich komme auch mit, hm.“ „Ebenfalls.“ Lang dauerte es nicht, bis alle zugestimmt hatten, sich am Folgetag gemeinsam auf den Weg zu machen, was der Blauhaarigen letztendlich doch ein leichtes Lächeln abrang. Vermutlich waren sie es Tobi einfach schuldig… Auch wenn Hidan das anders sehen mochte. „Gut. Morgen nach dem Frühstück machen wir uns auf den Weg.“ Kapitel 10: Tobis Geschichte ---------------------------- Der restliche Abend verlief ruhig, ebenso wie der kommende Morgen. Jedes der Mitglieder der Gruppe schien tief in Gedanken versunken über jene Konflikte und Probleme, über die sie sich alle wohl eher weniger unterhalten wollten. Dass sie sich bald auf den Weg machen würden, ihrem ehemaligen Gruppenmitglied Tribut zu zollen, lenkte sie alle weit genug ab, um ihre Gedanken auf weniger persönliche Dinge zu fokussieren. Schweigend saßen sie, bis auf Hidan vollzählig, am Frühstückstisch und gaben ein bizarres Gegenstück zum vorangegangenen Tag ab. Niemand scherzte herum, niemand zog jemand anderen auf und geflirtet wurde erst recht nicht – selbst Konan und Yahiko schwiegen sich an und untermauerten auf diesem Wege, wie trostlos ihr Morgen zu sein schien. Die Gedanken der Blauhaarigen drehten sich bereits um die kommende Exkursion; genügend Vorräte hatte sie bereits früher am Morgen gepackt und zusammen mit der Anweisung, alle anderen sollten sich möglichst aufbruchsbereit zum Frühstück einfinden, glaubte sie daran, eine solide Grundlage für ihr Vorhaben geschaffen zu haben. Wie gut sich ihr aktueller Plan umsetzen lassen würde, würde sie wohl nur durch ein Erproben desselbigen herausfinden. Abgesehen davon… gab es bereits jetzt gewisse Komplikationen. „Ich habe unsere Tour mit den Diensthabenden in der Talstation abgesprochen“, begann sie und brach mit ihren Worten die Stille. „In den letzten fünf Jahren sind einige Veränderungen auf der Piste vollzogen worden und die Route, die wir damals genommen haben, ist nun komplett unpässlich geworden. Eigentlich… gibt es gar keine wirkliche Route mehr, die bis hinunter ins Tal führt und für den Skiverkehr frei zugänglich ist.“ All das stellte sie nun vor ein gravierendes Problem: Ihr Ziel lag ohnehin etwas abseits der damaligen Route, nur würden sie besagte Stelle noch unwahrscheinlicher wiederfinden, wenn sie nicht einmal auf dem ihnen bekannten Weg möglichst nahe herankamen. Dieser Umstand schien auch einigen am Tisch aufzufallen, sodass ihre Mienen unausgesprochene Fragen ausdrückten. Noch immer wurde kein Wort gesprochen, was Konan mit einem Seufzen quittierte. „Man hat uns nach ausgiebiger Absprache eine Route empfohlen, die nur begrenzt befahrbar ist, aber auf möglichst sicherem Wege ins Tal führt. Wir werden ein Stückchen wandern müssen – so oder so, wenn wir die Spalte erreichen wollen – und dann zum befahrbare Ende der alten Piste gelangen. So kommen wir ins Tal und können uns wieder hochfahren lassen.“ Der ganze Trip würde sicherlich mehrere Stunden in Anspruch nehmen, sodass sie nur hoffen konnte, genug Proviant eingepackt zu haben. Die Umstände ihrer Tour waren bereits anfangs nicht sonderlich schön gewesen, nur erschwerten sie sich noch zusätzlich durch die Tatsache, dass sie keinen freien Weg mehr hatten, den sie nutzen konnten. Grübelnd nahm sie einen Schluck Kaffee und sah in die Runde. Eine Sache wäre da noch – und achja, sie hatte noch immer keine Reaktion bekommen. „Wir würden das Ganze auf eigene Gefahr durchziehen – und so ungefährlich wird es nicht. Wenn also jemand aussteigen will…“ Kopfschütteln. Am gesamten Tisch. Wieder seufzte sie, diesmal ein wenig erleichtert. Endlich hatte sie es geschafft, den Jungs etwas abzuringen, das darauf hindeutete, dass sie ihr zugehört hatten. Von den fragenden Gesichtern zuvor einmal abgesehen. „Gut“, befand sie. „Na dann los.“   Wenig später fanden sie sich vor der Haupthütte ein, jeder mit einem Rucksack auf dem Rücken und bereit, sich auf Ski oder Snowboard zu stellen. Yahiko würde ihren kleinen Trupp anführen, gefolgt von seiner Freundin und den anderen; es war geplant, sich in mäßigem Tempo voran zu bewegen, damit sie die Gefahr ausschlossen, dass einer von ihnen allein auf einen falschen Weg geriet und vielleicht verletzt wurde. Zwar machte all das den Eindruck einer Grundschulexpedition, bei der die Kinder in Zweierreihen und an den Händen nebeneinander her gehen mussten, doch angesichts der Geschehnisse der Vergangenheit war keiner von ihnen bereit, ein Risiko einzugehen. Sie wussten, wie heimtückisch dieser Berg sein konnte. „Wie geht es deinem Auge?“ Sasoris Stimme riss den Blonden aus seinen Gedanken. Er hatte abgelenkt die Musterungen auf der Oberseite seines Snowboards betrachtet und war abgeschweift. Nun hob sich sein Blick, wobei er hoffte, dass sich nichts von der Verwunderung zeigte, die er empfand. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Rotschopf ihn ansprechen würde. Heute… morgen… oder irgendwann. „Geht schon, hm“, gab er gemurmelt zurück und sah auf den Boden. Er fühlte sich unwohl und durch den gesenkten Blick bemerkte er das Hochziehen einer roten Augenbraue nicht. Das Seufzen allerdings nahm er wahr und sah doch etwas widerwillig auf. In den braunen Augen seines Gegenübers war etwas zu sehen, das ihn gewissermaßen an Sorge erinnerte – bis auf die Tatsache, dass er sich fast schon sicher war, dass sein bester Freund (oder was auch immer sie nun waren) so selten wirkliche Sorge zeigte, dass er fürchten musste, sie sich einzubilden. Und wieso sollte er sie nun zur Schau tragen? Deidara hatte noch immer den Eindruck, dass er sauer auf ihn war. Grund genug zu dieser Annahme hatte der mit wenigen Worten verbrachte Abend gegeben und der ebenso wortkarge Morgen. „Deine Wange ist noch nicht ganz abgeschwollen“, wurde nüchtern festgestellt. „Bind dir dein Haar zurück, dann siehst du wenigstens etwas.“ Für einen Moment hielt er den Blickkontakt aufrecht, wusste, dass Sasori Recht hatte und gab schließlich nach, auch wenn es sich ihm nicht wirklich erschloss, wieso er nun zu beschlossen haben schien, mit ihm zu reden und sich auch noch auf diese Weise um ihn zu kümmern. Sicher, er wäre blöd, würde er riskieren, aus der Spur zu geraten, aber… Mit einem leichten Kopfschütteln verscheuchte er den Gedanken, lehnte sein Board an seine Hüfte und löste schließlich sein Deckhaar aus dem inzwischen charakteristischen Zopf, um auch seinen Pony mit einzufassen. Auf diese Weise hatte er wie schon am Vortag beide Augen frei. Der Rotschopf hatte die Handlungen des anderen Künstlers mit einer für ihn untypischen offensichtlichen Aufmerksamkeit verfolgt und ließ nun ein kurzes Nicken sehen, das ihm zeigen würde, dass er seine Entscheidung gut hieß. Kurz darauf trat er in die Bindungen seiner Ski und wartete darauf, dass alle sechs zum Aufbruch bereit waren.   Bereits zwanzig Minuten waren sie nun unterwegs. Da sie sich tatsächlich in Reih und Glied fortbewegten und auf jeden Acht gaben, um nicht doch noch den ungeahnten Gefahren der eigentlich nicht befahrbaren Route zu erliegen. Die ihnen zur Verfügung stehende Piste auf dem Berg hatten sie hinter sich gelassen und wagten sich nun in unbefestigtes Gebiet vor. Yahiko fuhr wie geplant vor; hinter ihm folgten Konan, Itachi, Sasori, Deidara und Kakuzu – letzterer in genug Abstand, um sicherzugehen, dass Deidara tatsächlich blieb, wo er war. Der Blonde war der Einzige von ihnen, der auf einem Board unterwegs war, und nach dem Sturz am Vortag hatte er beschlossen, ein Auge auf ihn zu haben. Dass er dabei auch hin und wieder einen Blick zurück den Berg hinauf warf, wunderte zumindest ihn selbst nicht mehr. Noch immer hoffte er, dass Hidan vielleicht seine Meinung ändern und sie doch noch begleiten würde… aber auch nach besagten zwanzig Minuten war noch immer nicht von ihm zu sehen, sodass er jene Hoffnung niedertrat und begrub. Weitere fünf Minuten bewegten sie sich weiter den Berg hinab, ehe Yahiko ihnen ein Zeichen zum Anhalten gab. In einiger Entfernung waren mehrere Bäume umgestürzt und machten damit ein Weiterkommen unmöglich. Hier war die Piste, die sie von vor fünf Jahren kannten, nicht mehr befahrbar und sie mussten sich einen anderen Weg suchen. Konan nahm einmal mehr die Organisation an sich, welche nun scheinbar die Karte in ihren Händen erforderte. „Weiter kommen wir hier nicht. Die Bäume im Umkreis wachsen angeblich auch zu dicht, um weiter auf den Brettern zu bleiben, was bedeutet, dass wir abschnallen und eine Runde wandern werden.“ Glücklich war sie über diese Feststellung nicht, da eine Skiausrüstung ebenso leicht war, wie es angenehm war, weitere Strecken in Skistiefeln zurück zu legen. „Weiter unten müssten wir auf die Stelle treffen, an der sie die Piste verlassen haben.“ Die letzten Worte waren es, die sie alle erneut an ihr Ziel erinnern und wohl auch eine gewisse damit verbundene Motivation am Leben erhielten. Ohne diesen Ausflug erfolgreich zu erledigen schien ihr Hiersein von der Vergangenheit überschattet. Sie konnte nicht einfach so tun, als wäre alles in Ordnung und nie etwas gewesen, dass vor all den Jahren große Angst und Verstörtheit in ihnen ausgelöst hatte. Die Gruppe verhielt sich wie geheißen und schulterte bald schon ihr Sportgerät, um die Wanderung anzugehen, die vor ihnen lag. „Wir sollten so dicht es geht beieinander bleiben“, war es nun Yahiko, der sie ermahnte. Auf seinem Gesicht war ebenso der Anflug von Sorge zu lesen, wie zuvor auf Sasoris – unterschwellig und eigentlich nicht für die Augen der anderen gedacht. Sie machten sie auf den Weg. Konan bemühte sich, sie auf dem möglichst sichersten Weg an ihr Ziel zu führen, was aufgrund der Umweltbedingungen einige kleinere Umwege zur Folge hatte. Den ersten Teil des Marsches verbrachten sie schweigend, wurde die Stille nur von einem gelegentlichen Ächzen und den Geräuschen von Stoff unterbrochen, wenn Ski die Schulter wechselten, auf der sie getragen wurden. Zumindest bis einer von ihnen ansprach, was sie alle insgeheim beschäftigte. „Sagt mal… Wie genau ist das damals eigentlich passiert? Ich hab einen zu viel getrunken, die Erinnerung ist ziemlich verschwommen.“ Kakuzus Stimme hallte vom Ende der Gruppe durch die Bäume bis zu Yahiko und Konan, welche nur kurz einen Blick wechselten. Sie alle hatten es lange vermieden, die Sache beim Namen zu nennen und nun, da sie sich ernsthaft – und verbal – mit dem Thema zu beschäftigen gedachten, wurde die Stimmung noch ein wenig gedrückter als sie ohnehin bereits war. „Es gibt nicht viel zu erzählen“, war es Sasori, der antwortete. Vielleicht war er mit den Grübeleien über seine eigenen inneren Missstände so wenig weitergekommen, dass er lieber freiwillig das Wort ergriff und seine Aufmerksamkeit somit auf etwas anderes lenkte. „Es war zu viel Alkohol im Spiel und niemand hat eine Wette als das entlarvt, was sie war: Unglaublich dumm.“ Das fasste es wohl ziemlich gut zusammen, was zumindest Itachi ein zustimmendes Raunen abrang. Sie waren so dumm gewesen, dass sie auch auf keinen Rat mehr gehört hatten… ebenso wenig wie auf gutes Zureden. Hinter ihm schnaubte der Ältere jedoch. „Sowas in der Art dachte ich mir. Details?“ Ein Seufzen seitens des Rothaarigen folgte. Er war keine Quasseltasche… und dennoch begann er zu erzählen was er wusste.   „Wisst ihr… Wir sind schon eine echt krass coole Bande.“ Hidan hob soeben sein Glas zu einem erneuten Gruße und ignorierte dabei das Augenrollen einiger Anwesender, denen seine Beurteilung nicht ganz so zusagte, wie es ihm recht gewesen wäre. Mit jedem Pinnchen Alkohol schien es ihn ohnehin weniger zu kümmern, was die Anderen sagten – sie hatten ja eh keine Ahnung! Und wenn er sagte, sie waren toll, dann waren sie das. „Tobi findet, Hidan hat Recht! Tobi fühlt sich wohl in der Gruppe!“ Die etwas gequietschten Worte fanden wiederum keinen Anklang bei dem Silberhaarigen, der Tobi nun seinerseits mit einer hochgezogenen Augenbraue musterte. Er hatte noch nie wirklich verstanden, weshalb sich die Nervensäge überhaupt bei ihnen aufhielt – oder besser: Wer ihm die Erlaubnis dazu gegeben hatte. In Hidans Augen hatten sie alle irgendwas, das sie dazu berechtigte, vor Ort zu sein… außer diesem Spinner, der sich noch viel kindischer gab, als er selbst. Kein Wunder also, dass sich sein musternder Blick bald zu einem weniger amüsierten wandelte. „Schön für dich. Ich weiß bis heute nicht, was du eigentlich hier machst.“ „Hidan!“ Es war Konan, die ihn maßregelte und ihn mit einem vorwurfsvollen Zusammenziehen ihrer Lider bedachte. Sie waren so etwas wie eine Familie, da hatte sich der Kerl gefälligst zu benehmen. Dass er das anders sah, wurde durch die abwinkende Handbewegung klar. Der Silberhaarige hatte offenbar genug Alkohol intus, um seinen Gedanken weiter zu verfolgen und die daraus resultierenden Möglichkeiten ganz besonders toll zu finden. „Was denn? Im Ernst mal. Was macht der Kerl hier? Mehr als rumsitzen und quietschen kann der doch nicht!“ „Ist nicht so, als säßest du hier wegen deines überragenden Intellekts“, wandte Kakuzu ein, wurde aber ignoriert. Seit ihrer Fragerunde hatte er wohl sehr schlechte Karten bei seinem Freund. Kollektives Augenrollen folgte dagegen auf Hidans Worte und es dauerte tatsächlich nicht so lang, bis Tobi einen recht beleidigten Gesichtsausdruck zur Schau trug. „Hidan ist gemein zu Tobi“, stellte er fest. „Das mag Tobi nicht.“ Besagter Silberhaarige schnaubte und wandte sich ihm dann frontal zu. „Juckt mich nicht.“ „Was kann Tobi tun, damit Hidan ihn akzeptiert?“ Gleich mehrere der Anwesenden rochen Lunte und kratzten nun noch ein wenig mehr ihrer alkoholisierten Aufmerksamkeitsspanne zusammen, um eventuell zu verhindern, was gleich kommen würde. Hidan quasi einen Freifahrtschein für Dummheiten auszustellen, war keine gute Idee. Niemals. Selbiger zuckte erstmal mit den Schultern. „Übersteigt meine Vorstellungskraft. Glaube nicht, dass es etwas gibt, das hilft.“ Nun schmollte der Schwarzhaarige und sah aus, als würde er ernsthaft darüber nachdenken, was er Hidan noch anbieten konnte. Die Anderen hatten sich kurzzeitig entspannt; wenn selbst ihr Kraftausdruckfanatiker nicht mit einer Idee um die Ecke kam, wähnten sie sich vorläufig vpr etwaigen Dummheiten in Sicherheit. Zumindest, bis Tobi den Mund wieder aufmachte. Scheinbar war es ihm ein Bedürfnis, sich zu beweisen. „Hidan war so stolz darauf, wie schnell er snowboardet! Hidan könnte mit Tobi um die Wette fahren und wenn Tobi eher ankommt, muss Hidan ihn akzeptieren.“ Damit hatte der Schwarzhaarige erneut die Aufmerksamkeit der Runde und erntete auch einige schockierte Mienen. „Das ist keine Gute Idee“, fand Sasori. „Doch, das ist perfekt!“ Auf diese Weise konnte er die kleine Nervensäge endlich loswerden… und er hatte Recht, wenn er sagte, dass er schnell fuhr. Hidan betrachtete sich als Naturtalent auf dem Board. „Jetzt?“ „Jetzt!“ Tobi nickte zufrieden, auch wenn ihm bei genauerem Hinsehen anzusehen war, dass es ihm nicht so ganz wohl ging bei dem Gedanken, nun im Dunkeln und durchaus alkoholisiert einen Berg hinunter zu fahren… Er würde sich mit jemandem messen, der einige Jahre mehr Erfahrung hatte als er und dem es auch sicherlich nicht an Risikobereitschaft fehlte. Dennoch: Das war seine Chance! Es störte den Schwarzhaarigen schon länger, dass er besonders von Hidan nicht für voll genommen wurde. Er hatte in ihrer Gruppe ein neues  Zuhause gefunden und dass er von einigen nicht gewollt oder gar gemocht wurde, war ihm schon länger klar. Allerdings hatten sie ihn in die Planung für diesen Trip miteinbezogen und ihm somit gezeigt, dass er nicht gänzlich Luft war. Nun wollte er sich auch noch vom Letzten die Bestätigung erarbeiten, dass er existierte und tatsächlich irgendwie hierher gehörte. Fast zeitgleich mit dem Silberhaarigen stand er auf und sah sich nach seiner Jacke um. „Jungs, das ist eine verdammt blöde Idee! Wenn ihr das unbedingt durchziehen wollt, macht es morgen!“ Konans Augen hatten sich geweitet und man konnte ihr ansehen, dass sie nicht begeistert war – ebenso wenig wie der Rest  von ihnen. Verspätet glitt ihr Blick zu Kakuzu, von dem sie sich zumindest ansatzweise Hilfe erhoffte. Selbiger hing hinter einem Glas Burbon und betrachtete seinen Freund mit kritisch verzogener Miene. „Ich flick dich nicht zusammen, wenn du dich verletzt.“ Der Kiefer der Blauhaarigen drohte, herunter zu klappen. Das war alles?! Sie wusste, dass sie sich durchsetzen konnte, wenn sie musste, aber… Eigentlich war das der Job ihres Freundes und eigentlich war es an ihm, solche Dummheiten zu verhindern. Abgesehen davon schien es niemand anderen zu kümmern, was sie im Begriff waren, zu tun. Hidan schnaubte auf dem Kommentar des Älteren und schoss ihm einen giftigen Blick zu. „Musst du dich eh bald nicht mehr drum kümmern, wenn du wegziehst.“ Ganz offensichtlich hatte er die Offenbarung des ersten Abends noch nicht ganz verkraftet. „Konan hat Recht. Das ist wirklich eine schlechte Idee.“ Der giftige lila Blick wandte sich Itachi zu, welcher nun das Wort ergriffen hatte. Es war selten, dass er sich in irgendetwas einmischte, meist saß er nur ruhig dabei und gab sich unergründlich, was seine Gedanken anging. Ähnlich ging es eigentlich auch Sasori; selbiger kam nur nicht sehr weit, da Deidara an ihn gelehnt und irgendwann innerhalb der letzten halben Stunde durch das Kraulen in seinem Nacken eingeschlafen war. Der Rotschopf hatte noch weniger das Bedürfnis, sich einzumischen, als der Uchiha. „Ihr seid alle echte Pussies, echt mal. Wenn ihr so weiter rumheult, hat sich dieser Kasper meinen Respekt nur durch seine Eier verdient.“ Wirklich. Vielleicht war seine krass coole Bande auch wirklich einfach nur ein Haufen Schlappschwänze. Er zog sich soeben seine Jacke über und schritt zur Tür, als er von der Freundin ihres Leaders am Arm zurückgehalten wurde. „Tu das nicht, Hidan. Es ist verflucht gefährlich und wir haben keine Möglichkeit, euch zu finden, solltet ihr von der Piste abkommen.“ Dringlichkeit lag in den Bernsteinaugen. „Wenn ihr unbedingt prüfen muss, wer die stärkeren Nerven hat, dann tut es morgen.“ Bereits jetzt hatte sie sich selbst geschworen, ihn in Stücke zu reißen, sollte ihnen wirklich etwas zustoßen. Grinsend schüttelte ihr Gegenüber den Kopf. „Wird schon schief gehen, Konan, mach dir nichts ins Hemd! Komm, Tobi!“ Damit war er aus der Tür.   „Hidan ist irgendwann wieder aufgetaucht – ohne Tobi. Er hat uns stolz erklärt, wie er eher am Fuß des Berges angekommen ist und dann direkt die erste Gondel hoch genommen hat. Wir haben gewartet…“ Sasori zuckte die Schultern, was den Druck seiner Ski für einen Moment sehr unangenehm werden ließ. „Ihr kennt den Rest.“ Der Schwarzhaarige war auch nach einer Stunde nicht aufgetaucht und mehrere Anrufe bei der Talstation hatten bestätigt, dass niemand mehr unten angekommen war. Sie wurden gescholten dafür, dass sie sich in ein solch gefährliches Unterfangen verwickelt hatten und wenig später wurde ein Suchtrupp losgeschickt. Sie fanden Spuren von Snowboards im relativ frischen Schnee ein Stück den Hang hinunter und schließlich auch die Stelle, an der sich zwei Fahrer scheinbar getrennt hatten. Die Spur, die nicht direkt in Richtung Tal lief, führte etwas tiefer zwischen die angrenzenden Bäume und endete schließlich an einem Hang, der beinahe senkrecht abfiel. Es stellte sich heraus, dass der Berg auf dem sie sich befanden mehrere Gebiete aufwies, die durch tiefe Spalten im Fels gekennzeichnet waren. In jeder Broschüre und an jedem Lift war ein Hinweis zu finden, sich nicht von den gekennzeichneten Sportstrecken wegzubewegen. Tobi war zum Verhängnis geworden, dass er eine jener Spalten nicht gesehen hatte und gestürzt war. Es war ein Schock für sie alle gewesen und tatsächlich hatte es wohl am meisten Hidan mitgenommen, welcher sich seine Emotionen möglichst nicht hatte anmerken lassen. Er war den Rest ihres Aufenthalts über sehr, sehr still für seine Verhältnisse. Dass er die Ereignisse noch immer nicht überwunden hatte – und sich vielleicht sogar selbst die Schuld für Tobis Tod gab – konnte man vermutlich gut an seinem aktuellen Verhalten ablesen. Dass Hidan jedoch nicht der Einzige war, der sich für die Vorkommnisse verantwortlich fühlte, zeigte der Umstand, dass sie nun alle gemeinsam auf dem Weg zu besagter Felsspalte waren, um ihm zu gedenken. Er mochte nie komplett akzeptiert worden sein, hatte sich bei ihnen aber doch wohl und zugehörig gefühlt – und sie alle hatten weder ihm noch dem Silberhaarigen ihre wahnwitzige Idee ausreden können, was dazu führte, dass sie sich alle ebenfalls schuldig fühlten. „Es ist nicht mehr weit“, verkündete Konan schließlich und sah ihre Worte bewahrheitet, als Yahiko wenig später durch zwei Bäume hindurch trat und den Blick freigab auf etwas, das scheinbar eine Lichtung war. Mit dem Unterschied, dass sich in ihrer Mitte ein mehrere Meter breite und sicherlich duzende Meter lange Spalte auftat. Die Bäume wuchsen nicht direkt bis an den Felsrand, sodass ihnen etwas Platz blieb, ihre Ausrüstung abzulegen und sich in sicherer Entfernung zum Abgrund zu postieren. Einige Herzschläge lang sahen sie sich nur wortlos jenen Abgrund an, ehe sich die Blauhaarige schließlich aus ihrer Starre löste und in ihrem Rucksack nach dem kramte, was sie schon vor Monaten einzupacken geplant hatte: Kerzen. Sie beförderte genug der kleinen Windlichter zutage, um jedem von ihnen eins in die Hand zu drücken. Jedes Glas war von einer anderen Farbe, welche jedoch allesamt eine gewisse Wärme ausstrahlten und von sanften Schnörkeln durchzogen waren. Sie hatten definitiv einen femininen Touch, aber Konan hatte sie ausgewählt, weil sie der Meinung war, dieser Ort könnte etwas Farbenfrohes vertragen, wenn er schon zu einem solch tristen Anlass aufgesucht wurde. „Ich habe nur ein Feuerzeug“, stellte sie etwas verspätet fest und war augenblicklich unzufrieden damit, dass sie scheinbar nicht an alles gedacht hatte. Mit einem leisen Seufzen stellte sie sich die Frage, wie sie die Situation nun am besten lösten und ging schließlich dazu über, jene Frage zu stellen, die sie nur als passend ansah. „Möchte jemand von euch etwas sagen?“ In wenig Abstand neben ihr tastete Deidaras Hand fast automatisch nach Sasoris. Diese gedrückte Stimmung setzte ihm deutlich zu und ein wenig Halt wäre er definitiv nicht abgeneigt. Stumm schüttelte er kurz den Kopf, fiel es ihm sehr schwer, momentan auch nur seine Gedanken kohärent zu formulieren. Was ihn nur noch weiter aus dem Konzept brachte, war nun einerseits der Rotschopf neben ihm, der ihm recht barsch seine Hand entzog und somit nun auch seine zweite um das Windlicht legte… sowie andererseits Kakuzu, der mit einem leisen Räuspern nach vorn trat und sich ein Stückchen näher an der Spalte niederkniete, um sein Glas nieder zu setzen. Wortlos reichte Konan ihm das Feuerzeug. „Ich sollte mich in erster Linie entschuldigen“, begann er leise. „Dafür, dass Hidan der Idiot ist, der er ist, und dafür, dass er genau deswegen jetzt nicht hier ist. Es… tut mir leid, dass ich ihn nicht davon abhalten konnte, an jenem Abend aufzubrechen und nicht einmal versucht habe, dich aufzuhalten. Vermutlich warst du der Vernünftigere von euch beiden.“ Er zündete seine Kerze an, stellte das Feuerzeug in den weichen Schnee und trat zurück, um sich gegen einen Baum zu lehnen und die Arme zu verschränken. Seine Miene war unleserlich, aber er machte den Eindruck, als wären seine Worte nötig gewesen. Konan war in erster Linie überrascht, dass sich aus ihrer immer schweigsamen Truppe doch noch jemand aufgerafft hatte, ihrer Bitte nachzukommen. Sie hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass sie etwas tat – allerdings schien der Dunkelhaarige einen Stein ins Rollen gebracht zu haben, war es nun Deidara, der vortrat. Der Blonde sah aus, als hätte er auf eine Zitrone gebissen, ließ sich aber ansonsten möglichst wenig anmerken, als er sich wie Kakuzu zuvor niederkniete und die Kerze in seinem Glas anzündete, ehe er es neben das bereits vorhandene stellte. Es dauerte einige Momente, ehe Worte über seine Lippen kamen. „Du… warst eine echte Nervensäge, weißt du das?“ Kurz zuckten seine Mundwinkel, was aber vermutlich niemand mitbekam, kniete er doch mit dem Rücken zu ihnen. „Aber egal, wie viel du genervt hast… irgendwie fehlt was ohne dich, hm.“ Ein weiterer Moment und ein tiefes Seufzen vergingen, ehe er wieder aufstand. Wäre Tobi noch da, wäre dieser ganze Trip bereits vermutlich anders gelaufen; ob gut anders oder schlecht anders würden sie nun wohl nicht mehr herausfinden. Deidara trat an seine Stelle neben Sasori zurück und warf ihm einen kurzen Blick zu, der nicht erwidert wurde. Stattdessen waren es der Rotschopf und Itachi, die fast gleichzeitig einen Schritt nach vorn setzten, sich kurz ansahen, dann aber beschlossen, einfach gleichzeitig zu gehen. Zusammen knieten sie im Schnee, zündeten ihre Kerzen an und sprachen die Worte, die es zu hören galt, nur in ihrem Geiste aus. Sie hatten beide nicht viel zu sagen, wussten aber, dass sie engagierter hätten eingreifen können und sollen. Dennoch löste es einen gewissen Widerstand aus, ihre Gedanken vor allen anderen offen zu legen. Als Sasori seinen Platz einnahm, verschränkte er seine Finger von ganz allein mit denen des Blonden. Er hatte begriffen, dass es in diesem Moment nicht um sie ging, sondern um etwas anderes, jemand anderen, der momentan einfach wichtiger war. Sie konnten sich später um ihr persönliches Desaster kümmern und sich an dieser Stelle erst einmal gegenseitig den Halt und die Sicherheit geben, die sie brauchten. Die ohnehin schon drückende Stimmung wurde erstickender, je länger sie so dastanden. Als Yahiko sich schließlich von Konan löste und sein eigenes Windlicht niederstellte, standen bereits unvergossenne Tränen in ihren Augen. „Danke dafür, dass du bei uns warst, uns ausgehalten und scheinbar niemals deinen Frohmut verloren hast. Dass es nicht einfach gewesen ist, wird mir erst jetzt wirklich klar – und trotz all der Missstände hast du nicht aufgegeben, an unserer Seite sein zu wollen.“ Eine weitere Kerze wurde angezündet und als er aufstand hielt er der Blauhaarigen das Feuerzeug entgegen. Mit einem hörbaren Schlucken nahm sie es und begab sich mit langsamen Schritten hinüber zu der Stelle, an der bereits alle anderen vor ihr Tobi gedacht hatten. Tief atmete sie aus und ließ sich schließlich nieder, zündete die Kerze an und umschloss das Windlicht mit beiden Händen, während sie nach den passenden Worten suchte. „Was geschehen ist, tut mir leid. Nicht nur… dieser Abend, sondern alle Tage zuvor. Wir waren eine Familie für dich und haben es wohl bis heute nicht wirklich erkannt. Hätten wir eher realisiert, was vor sich ging, hätte all das vielleicht nicht sein müssen.“ Etwas hektisch zog sie Luft in ihre Lungen, hielt aber jedes andere verräterische Geräusch zurück. „Es ist sicherlich ein schwacher Trost, aber zumindest sind wir jetzt hier – für dich.“ Konan wusste, dass es sicherlich noch ein Duzend Dinge gab, die sie hätte sagen können und die alle in etwa gleich bedeutungslos waren, angesichts der Tatsache, dass sie den, für den sie bestimmt waren, wohl niemals mehr erreichen würden. Sie wünschte sich, dass sie viel eher begriffen hätte, wie wichtig sie einander wohl alle einmal gewesen waren. Vielleicht – und sie betrachtete den Gedanken durchaus als selbstsüchtig – schweißte sie nun dieser Ausflug an die Unglücksstelle erneut zusammen und erinnerte sie an das, was wirklich wichtig war. Ein letztes Mal war ihr Ausatmen zittrig, ehe sie das Windlicht in den Schnee zu den anderen stellte. Nun spiegelten sich bunte Lichtflecken auf dem sonst so tristen Weiß; das Farbenspiel erinnerte sie an den Schwarzhaarigen, den sie betrauerten. Auch seine Laune war meist so bunt gewesen, so fröhlich, dass man schier von ihrer Intensität überwältigt wurde. Bevor sie aufstand wischte sie sich einmal über die Wangen, sodass keine Spuren der vereinzelten Tränen mehr zu sehen waren. „Was haltet ihr davon, wenn wir hier rasten und ihm noch ein wenig Gesellschaft leisten?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)