Gipfelstürmer von Puppenprinzessin ================================================================================ Kapitel 3: Einige Dinge ändern sich nie. ---------------------------------------- Das leichte Fallen der Schneeflocken, das sie noch an der Talstation umgeben hatte, war auf der Fahrt nach oben zu einem ausgewachsenen Schneesturm herangereift. Es gab durchaus Mitglieder der Gruppe, die unter akuter Höhenangst litten und für die somit der Weg auf den Gipfel kein besonders angenehmes Unterfangen war. Kombiniert mit dem leichten Schaukeln der Gondel machte sich wohl allgemeine Erleichterung breit, als sie endlich angekommen waren und den kurzen Weg zu ihren Hütten antreten konnten. Die Besitzer der Anlage hatten das Stück Weg planieren lassen, sodass es nicht sonderlich schwer war, diese Aufgabe zur Zufriedenheit aller zu erledigen. In dicke Wintermäntel und Skijacken gehüllt, zog sich so ziemlich jeder Einzelne von ihnen eine Kapuze tiefer ins Gesicht, um möglichst wenig Berührung mit dem kalten Schneetreiben eingehen zu müssen. Durch Handzeichen – die sich noch während der Prozedur als leicht missverständlich herausstellten – wurden die Hütten zugewiesen, die passenden Schlüssel hatten sie bereits zuvor ihren zeitweiligen Besitzern ausgehändigt und irgendwie schafften sie es, jene Hütten auch zu erreichen, ohne dabei entweder im Schnee zu versinken, den Hang hinab zu rutschen, oder sich schlichtweg im Schneesturm zu verlaufen. Es würde noch eine ganze Weile dauern, bis sich alle wie abgemacht in der Haupthütte eingefunden haben wüden. „Kann mir noch mal jemand sagen, wieso ich den Scheiß überhaupt mitmache?“ Um Kakuzus Füße bildete sich eine kleine Pfütze; die Wärme, die sich langsam in den vier Wänden ausbreitete, rückte den auf seiner Kleidung verbliebenen Flocken zuleibe und sandte sie in den vorläufigen Flüssigkeitstod. Jede Hütte war mit einem kleinen Ofen ausgestattet; den ihrigen befeuerte Yahiko momentan. Für eine echte Heizung war es hier oben eben doch noch nicht modern genug. „Wir können all das auf deinen Zwangsurlaub schieben, aber ich hoffe doch stark, dass du ebenfalls mitgekommen wärst, wäre selbiger nicht der Fall.“ Einige Holzscheite später schloss er die Luke des metallenen Konstruktes und wandte sich zu dem Größeren um. „Außerdem siehst du ihn wieder. Ich komme kaum an dem Gedanken vorbei, dass dich das nicht zumindest ein kleines Bisschen freut.“ Ein Schnauben war die Reaktion. „Ich kann auf das Drama verzichten, das er abziehen wird, sobald er bemerkt, dass ihm im wahrsten Sinne des Wortes eine Falle gestellt worden ist. Und du vermutlich auch, immerhin bist du derjenige, der ihn unter falschen Voraussetzungen hier her gelockt hat.“ Einen längeren Moment schwieg der Orangehaarige, neben dem Knistern des nun anbrennenden Holzes im Ofen war nur Konan zu hören, welche in dem angrenzenden Schlafraum herumwuselte. „Ich denke nicht, dass du der einzige Grund bist, weshalb er nicht zurückkehren wollte.“ Eine weitere Pause folgte in der die Pfütze um Kakuzus Stiefel an Größe zunahm. Er sah ein wenig verloren aus, wie er dastand. „Glaubst du, die Sache mit Tobi nagt nicht an ihm? Du kannst ihn vermutlich besser einschätzen als wir anderen zusammen.“ „Ich weiß es nicht“, gab der Ältere zu, wobei es ihm durchaus entgegen kommen würde, wäre er nicht der einzige Grund. Es fühlte sich ohnehin schon nicht sonderlich richtig an, seinen ehemaligen Freund dermaßen hinters Licht zu führen. Er wollte schlicht nicht darüber nachdenken, denn je länger er grübelte, desto mehr verstrickte er sich in Vorstellungen, wie anders ihr Leben hätte laufen können, hätten sie beide andere Entscheidungen getroffen. Es sah ihm nicht ähnlich, rührselig zu werden, daher gab er sich Mühe, seinen Blick bald wieder auf Yahiko zu fixieren. „Ich werde noch mal zurückgehen, meinen Kram auspacken und den Ofen anschmeißen – was sagt die weitere Planung?“ Der Orangehaarige war nicht sonderlich überrascht von dem abrupten Cut. Ein kurzer Blick in Konans Richtung sagte ihm, dass sie noch immer beschäftigt war; es war verwunderlich, dass das Wort ’Planung’ sie nicht auf den Schirm gerufen hatte. „Komm einfach wieder rüber, sobald du fertig bist. Es ist einfacher, wenn wir hier alle gesammelt warten, wenn die beiden im Tal sind. Sollen sie irgendwas Bestimmtes mitbringen? Getränketechnisch oder so?“ Kakuzu schüttelte nur den Kopf. „Meine Trinkgewohnheiten haben sich nicht geändert.“ Er war noch immer nicht wieder ganz bei sich, ihm war selbst klar, dass er einen leicht abwesenden Eindruck hinterlassen musste. „Dann bis gleich.“ Er war verschwunden, bevor sein Gegenüber noch einen Ton sagen konnte. Gehörte der Große nun zu den Leuten, die gern allein waren und über ihr Leben nachdachten? Dass sie sich alle ein wenig verändert hatten, stand außer Frage, Yahiko war nur überrascht, diese Veränderungen schon so früh auf dem Silbertablett serviert zu bekommen. Er verlor sich für einen Moment in seinen eigenen Gedanken, bevor Konan in den Wohnraum zurückkehrte. „Ist alles in Ordnung?“ Sie hatte Kakuzus Anwesenheit durchaus wahrgenommen, es aber nicht für unbedingt nötig empfunden, sie zu den beiden zu gesellen. Stattdessen war der kleine Kleiderschrank in ihrem Schlafzimmer nun in Benutzung und sie hatte eigentlich geplant, mit den Kisten anzufangen, die Kram enthielten, den sie als Gruppe brauchen würden. Da sie ihre Hütte zum Treffpunkt gemacht hatten, war es nur legitim, dass sie sich auch noch um den Rest kümmerte. Fand sie. Dass ihr Freund eine ganze Weile nicht antwortete, fiel ihr auf, sie zog es jedoch vor, zu warten. „Ich glaube, unser lieber Kuzu hat immer noch mehr für die Nervensäge über, als er zugeben mag. Er macht sich sehr ausgiebig Gedanken um Hidans Reaktion und es scheint, als graue es ihm wirklich davor, ihn wieder zu sehen… irgendwie… Ich kann es nicht richtig in Worte fassen.“ Ein Blick wanderte hilfesuchend zu der Blauhaarigen hinüber, vielleicht konnte sie ja wie so oft in seinen Kopf gucken uns seine Gedanken formulieren. „Du glaubst, er fühlt sich schuldig?“ Zögerliches Nicken seitens Yahiko. „Naja, ganz unwahrscheinlich wäre es nicht. Nach dem, was bei ihnen abgelaufen ist… Allerdings war all das vorauszusehen, immerhin… ist er Kuzu. Er hat schon immer sein monetäres Wohl über andere Leute gestellt, eigentlich sollte die Entwicklung niemanden wundern.“ Sie sprach die Worte zwar aus, war sich aber bewusst, dass die ganze Wahrheit vermutlich nicht ganz so einfach war. „Dass er sich schuldig fühlt, würde voraussetzen, dass er ein Gewissen hätte.“ Konan schenkte ihrem Liebsten ein Schmunzeln und tatsächlich zeigte es Wirkung, brachte Yahiko zum Lachen. Er hätte gern etwas erwidert, das die Unwahrscheinlichkeit jener These ausgedrückt hätte, jedoch ertönte in diesem Moment ein Klopfen und die Tür ihrer Hütte wurde geöffnet – um einen mit weißen Tupfen übersäten, eigentlich schwarzen Haarschopf zu offenbaren. Noch nachdem Itachi eingetreten war, hielt er die Tür einen Spalt weit offen, sodass weitere Stimmen über das Heulen des Windes zu ihnen hereindrangen. „Du hast mir fast meine Haare abgefackelt, hm!“ „Man steckt auch seinen Kopf nicht in einen Ofen, wenn man ihn anzündet!“ Der Blick des Uchihas sprach von immensem Leid, als er die Tür erneut aufstieß und die beiden Künstler im Türrahmen erschienen. „Du musst ihn ja auch nicht anzünden, wenn ich meinen Kopf grad da drin habe, hm! Sowas macht man nicht!“ „Na das musst du gerade sagen, du, der generell eine Affinität zu Dingen hat, die man nicht tut!“ „Leute!“ Vier Augenpaare richteten sich auf Itachi. „Ihr verhaltet euch immer noch wie ein altes Ehepaar. Wenn unser Banker wieder anfängt, seine Witzchen zu reißen, kann es ihm niemand verdenken.“ Es war ungewöhnlich für ihn, sich in derlei Kinderkram einzumischen, aber das Zusammensein mit ihrer alten Gruppe schien schon jetzt einen beflügelnden Effekt auf ihn zu haben. Er hatte tatsächlich Spaß und das, obwohl sie erst vor einigen Stunden erst wieder aufeinander getroffen waren. Es war recht offensichtlich, dass sich das Duo ertappt fühlte und erstaunlicherweise zogen es beide vor, die Klappe zu halten, was den anderen Anwesenden ein Lachen abrang. „Wann wollen wir los?“ warf Sasori schließlich ein, um schnellstmöglich vom Thema abzulenken. Der Blick auf die Uhr offenbarte, dass sie schon beinah halb sechs hatten. Der Bernsteinblick huschte durch den Raum, fand aber keine Baustelle, an der seine Besitzerin akut hätte beteiligt werden müssen, und landete schließlich bei Yahiko, welcher die unausgesprochene Frage bereits beantwortete. „Ich kümmere mich um den Rest, seht ihr nur zu, dass ihr runter kommt und unsere Kühlschränke auffüllt.“ Die Worte resultierten in einem Lächeln und einem Nicken seitens Konan, die sich daraufhin umdrehte und sich ihrer Jacke bemächtigte. „Habt ihr irgendwelche speziellen Wünsche was wir mitbringen sollen? Sonst besorgen wir nur das Nötigste für heute Abend und machen dann eine Liste…?“ Sie erntete nur zögerliches Kopfschütteln, welches durchaus Antwort genug war. Vermutlich hatten sich die Trinkgewohnheiten der anderen genauso wenig geändert, wie Kakuzus. “Dann jetzt“, beantwortete sie folgend die Frage des Rotschopfes und bedeutete ihm, mit ihr die Hütte zu verlassen. Kälte umfing sie und ließ sie erneut frösteln; nicht zum ersten Mal an diesem Nachmittag wünschte sie sich, dass das Wetter in den kommenden Tagen besser würde. Sonst würde aus ihren Plänen, die durchaus auch Dinge wie Skifahren beinhalteten, wohl weniger etwas werden. Auf dem Weg zur Bergstation hatten sie kaum Gelegenheit, ein Wort zu wechseln, noch immer pfiff ihnen der Wind um die Ohren und erstickte jeden Wunsch der direkten Kommunikation im Keim. Sobald sie die erste Tür passiert hatten, nahm die Blauhaarige ihren Schal ab und schritt zu einer Kontrolleinheit hinüber, die in Kontakt mit der Tatstation stand – hierüber würde sie die Inbetriebnahme der Gondel anfordern können, welche aus verständlichen Gründen nicht Tag und Nacht lief. Die Skipisten oberhalb waren nun im Privatbesitz und noch nicht für öffentliche Nutzung freigegeben, sodass sie tatsächlich die Einzigen waren, die auf den Berg hinauf und wieder hinunter kommen mussten. Sobald sie die nötigen Schritte unternommen hatten, nahmen sie in einer der Kabinen platz, welche sich schon bald in Bewegung setzte. Ihnen standen gut zwanzig Minuten Fahrt bevor, welche sie nur mit Reden füllen könnten. Zuerst erfüllte Schweigen den Raum zwischen ihnen, Sekunden in denen sie wohl beide froh waren, der literarischen Eishölle entkommen zu sein. Es war nicht Jotunheim, aber nah dran. Erst nach einigen weiteren Momenten brach Konans Stimme die Stille; mittlerweile waren sie ein gutes Stück von der Bergstation entfernt und schwebten den Hang hinunter. „Wir sollten Kakao mitbringen. Heiße Schokolade ist ein Wundermittel bei dem Wetter.“ Sie erntete ein Lächeln von Sasori, dessen Blick aus einem der Fenster hinaus gerichtet war. Er war noch nie ein Fan von Smalltalk gewesen und Konan wusste das. Ihnen beiden war klar, dass sie leider nur einen jämmerlichen Versuch gestartet hatte, ein Gespräch zum Laufen zu kriegen. Nicht, dass er da sonderlich erfolgreicher wäre. „Da wir nun beschlossen haben, unsere Hüttenapotheke mit medizinisch fragwürdigen kakaohaltigen Substanzen auszustatten, was haben wir nun vor? Willst du mir nicht sagen, wieso ausgerechnet ich mitkommen sollte?“ Die Blauhaarige schnaubte. „Kakao ist keine medizinisch fragwürdige Substanz! Frag mal deinen Serotoninspiegel, der wird es dir bestätigen.“ Sie hielt kurz inne und folgte Sasoris Blick mit ihrem eigenen. „Ein übermäßiges Vorkommen von Glückshormonen scheinst du ja immer noch nicht verzeichnen zu können. Du weißt doch, wieso ich mit dir reden wollte.“ Wieder hielt sie einige Augenblicke inne, da es aber so schien, als würde der Rotschopf eine Antwort zum jetzigen Zeitpunkt nicht einmal in Erwägung ziehen, hing sie noch etwas an. „Hast du mittlerweile mal mit ihm geredet? In fünf Jahren bist du mir immer ausgewichen, wenn ich gefragt habe. Ich mache mir Sorgen, Sasori. Immerhin bin ich nicht blind, ich sehe doch, dass da was nicht richtig läuft.“ Wieder erhielt sie keine Antwort. Der Künstler fühlte sich langsam in die Ecke gedrängt und noch immer lagen sicherlich zehn Minuten Fahrt und ein kleiner Einkaufsmarathon vor ihnen. Er riss sich am Riemen; es würde ja doch nichts bringen. „Du warst früher weder dermaßen neugierig noch dermaßen direkt“, merkte er an, die Stimme leise. Es war wirklich ein Thema über das er nicht reden wollte – eines, über das es ihm schwer fiel zu reden, wenn auch Konan diejenige war, mit der es noch am einfachsten gehen würde. Braune Augen suchten den Blick bernsteinfarbener und er ließ ein Seufzen hören, sich durchaus bewusst, dass er diese Debatte verlieren würde. „Nein, ich habe nicht mit ihm darüber geredet. Wieso sollte ich auch? Wer regelmäßig neues Östrogen anschleppt, den würde derlei weder interessieren, noch ernsthaft zum Gedankenmachen anregen. Es hätte schlicht keinen Sinn.“ Konan hätte am liebsten erleichtert aufgeseufzt. Dass er nun doch mit ihr redete, darüber mit ihr redete, machte die Sache um einiges leichter. Nein, sie war im Normalfall nicht dermaßen direkt, aber das hier war kein Normalfall. Der Rotschopf war das, was sie nach Yahiko am ehesten als besten Freund bezeichnen würde und dementsprechend machte sie sich ihre Gedanken. Auch, wenn sie sich jahrelang zurückgehalten hatte, irgendwann kam eben der Punkt, an dem auch sie das Wort ergriff. „Hat sich denn deine Einstellung dazu in all der Zeit verändert?“ Kopfschütteln. „Leider nein. Ich würde etwas ändern, wenn ich es könnte, aber die Chancen stehen schlecht. Vielleicht wenn ich diesen Job bekomme und aus der WG ausziehe…“ Auch, wenn er heimlich den Eindruck hatte, dass das Blondchen, um das sich ihr Gespräch drehte, schwerlich seinen Alltag auf die Reihe bekommen würde. „Ich komme mit der Situation klar. Angenehm ist anders, aber es ist nichts, an was ich mittlerweile nicht gewöhnt bin.“ „Das heißt nicht, dass es dadurch besser wird, oder?“ Der Blick, der sie auf diese Worte hin streifte, schien zu sagen, dass er selbst das wohl am besten wusste. „Hör zu, ich will dir gar nicht reinreden oder dir vorschreiben, was du zu tun hast. Ich will nur jemand sein, mit dem du darüber reden kannst – wenn du es schon mit sonst niemandem tust.“ Denn da war sie sich sicher: Sasori führte kein ausschweifendes Privatleben, er hatte seinen besten Freund und vereinzelte Bekanntschaften. Ihren Emailkontakt zählte sie nicht mit, immerhin war es sehr leicht, sich auf diesem Wege gewisse Dinge zu verschweigen. „Ich weiß das zu schätzen. Denke ich. Aber Reden ändert an der Situation auch nichts. Nicht, dass ich noch damit rechne, dass sich überhaupt etwas ändert.“ Er ließ ein weiteres Seufzen hören und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. „Ich habe wohl damit abgeschlossen“, hing er etwas leise an, zu schnell zu sentimental für seinen Geschmack. „Und du bist sicher, dass er von all dem nichts mitbekommen hat? Es ist doch nicht normal, dass man in so langer Zeit keine einzige Beziehung führt und sich Hals über Kopf in die Arbeit stürzt, so wie du es getan hast. Er nennt sich dein bester Freund, wie kann es sein, dass er davon nie etwas mitbekommen hat?“ Konan verstand es nicht so ganz und obwohl sie wusste, dass sie hier vielleicht ein wenig weit ging und ein wenig unvorsichtig mit dem Salzstreuer über der Wunde hantierte, gab sie nicht so schnell auf. Der Künstler ließ ein Grummeln hören und seine Stimme war etwas lauter als er erneut ansetzte. „Ich würde ja sagen, frag ihn, aber damit würde unsere komplette Beziehung den Bach runter gehen. Ich weiß es nicht, Konan, und mein gesunder Menschenverstand prägt mir ein, dass es völlig irrelevant ist.“ Glücklicherweise kam mittlerweile die Talstation in Sicht und er wähnte sich aus seinem Elend befreit. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann half ein wenig Reden schon – etwas, das er schriftlich nie getan hatte, dafür war ihm das Risiko zu groß, dass sich irgendwer in seinen Rechner hackte und jene Zeilen finden würde. Zwar hatte er Recht gehabt – Reden änderte nichts – aber vielleicht half es ihm ja auf eine andere Art, seine Gedanken zu ordnen. Als sie ruckelnd unten einfuhren und sich die Türen der Gondel öffneten, war er sich recht sicher, dass seine nächsten Worte abschließend waren. „Es war nie meine Absicht, unsere Freundschaft aufs Spiel zu setzen und der Preis den ich zahle… ist okay.“ Immerhin war es nicht so, dass sie nicht miteinander klar kamen. Sie ergänzten sich in so vielen Dingen, harmonierten, halfen sich gegenseitig aus der Klemme… (Wobei wohl eher Sasori derjenige war, der öfter half, als dass ihm geholfen wurde.) „Ich kann deinen Standpunkt ja verstehen – ich habe ihn schon immer verstanden und respektiert. Ich muss nur ehrlich zugeben, gehofft zu haben, dass ihr es auf die Reihe bekommt. Dafür euch miteinander glücklich zu sehen, würde ich sogar Kuzu und Hidan das Maul stopfen, um ihnen ihre blöden Witzchen auszutreiben.“ Sie musste grinsen, ebenso wie der Rotschopf ein leises Lachen von sich gab. „Seit wann drückst du dich so undamenhaft aus?“ „Das passiert bei Dingen, die mir am Herzen liegen.“ Eine kurze Stille folgte, in der sie die Lobby durchschritten. „Fahren wir mit meinem Wagen?“ Sasori hatte die Schlüssel bereits in der Hand. Die Blauhaarige nickte, hielt aber noch einmal inne. „Sasori?“ „Hm?“ „Liebst du ihn noch?“ Die leicht androgyne Figur erstarrte für einen Augenblick, ehe sie durch die Tür und zu ihrem Auto hastete. Ein deutlicheres ’Ja’ hätte es für Konan nicht geben können. Die Tür wurde mit wenig Erbarmen hinter ihm ins Schloss geworfen, irgendwer musste ja Ventil für seine Laune spielen. Ungehalten stapfte er zur Theke hinüber und blaffte den älteren Mann an, der dahinter stand. „Ey, du. Ich muss auf diesen Berg. Wie komm’ ich da hoch?“ Sehr geschäftig ließ sich besagter älterer Herr nichts anmerken und sah dem Silberhaarigen freundlich in die Augen. „Sind Sie Mitglied der Reisegruppe, die für diese Woche die Hütten gebucht hat?“ „Ausgezeichnet kombiniert, Sherlock“, ätzte sein Gegenüber. „Also, beförderst du jetzt meinen Hintern da hoch, oder was?“ Er war verdammt ungeduldig und nicht zu vergessen genervt. Über vier Stunden war er zu spät und das alles hatte er nur der beschissenen Bahn und ihren noch beschisseneren Verspätungen zu verdanken. Machte prinzipiell auch nichts – ohne ihn würden die Lahmärsche eh nur vor sich hingammeln – aber all die verschwendete Zeit seines kostbaren Urlaubs kotzte ihn gewaltig an. Ebenso wie das, was nun aus dem Mund es Angestellten kam. „Es tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen, aber momentan bin ich nicht autorisiert, Ihnen Geleit zu gewähren. Nicht, solang sie nicht als eines der Reisegruppenmitglieder ausgewiesen sind.“ Zwar war er informiert worden, dass die Gruppe noch einen Nachzügler erwartete, jedoch sah er sich in keiner Weise gezwungen einem so unverschämten Rowdy seinen Wunsch zu erfüllen. „Nun hör mir bloß zu, du Dünnbrettbohrer, ich habe nicht den geringsten Schimmer, was du mir eigentlich sagen willst, aber lass mich nun verdammt noch mal auf diesen Hügel, sonst --!“ Zum Glück aller wurde er von zwei paar Schritten unterbrochen, welche hastig auf ihn zu hielten. „Entschuldigen Sie das Verhalten unseres Freundes. Er ist Choleriker, das passiert ab und an, wenn er seine Medikamente nicht nimmt und zu viel Stress ausgesetzt ist“, versuchte Konan direkt in die Bresche zu springen. Sie und Sasori hatten jeweils eine beinah platzende Plastiktasche in jeder Hand; besagter Rotschopf stand nur ein Stück hinter ihr uns sah den Neuzugang mit erhobener Augenbraue an. „Er gehört also zu Ihnen? Ihr Wort reicht mir als Ausweisung“, gab der alte Mann freundlich zurück. Er lehnte sich kurz vor und das leise „Sie haben mein Mitleid“ war über Hidans Schnaufen kaum zu hören. „Ich schicke sie hoch, sobald sie diesen kleinen Zwischenfall geklärt haben“, setzte er hinzu, als er sich wieder aufgerichtet hatte. Für den Moment zog er sich ans andere Ende der Theke zurück und gönnte ihnen damit zumindest den Anschein von Privatsphäre. Sobald sich Konan ausreichend beruhigt hatte um sicher sein zu können, dass sie dem Silberhaarigen nicht gleich eine reinhauen würde, drehte sie sich mit einem recht neutralen Gesichtsausdruck zu ihm herum. „Ich würde sagen, es ist schön, dich zu sehen, auch wenn du wohl der Einzige bist, der es innerhalb der ersten Sekunden schafft, mich auf die Palme zu bringen.“ Sie ließ ein Seufzen hören, immerhin wusste sie ja, wie der Kerl war. Hidan überging die negative Anspielung und taxierte die Blauhaarige einmal von oben bis unten. „Es ist besonders schön, dich zu sehen. Die letzten Jahre haben dir gut getan, du bist noch heißer, als ich dich in Erinnerung hatte.“ Das Lächeln auf seinen Lippen war anzüglich; Sasori wurde vorerst ignoriert – was diesen jedoch auch herzlich wenig störte. Zu des Rothaarigen Erstaunen erwiderte sie das Lächeln des Größeren, was ebenjenen sehr glücklich zu machen schien. Sie trat sogar einen Schritt näher zu ihm und sah zu ihm auf. „Ich nehme das dankend als Kompliment“, schnurrte sie und richtete sich ein wenig auf… was gewisse weibliche Reize recht deutlich in den Aufmerksamkeitsfokus Hidans lenkte. Besagter lehnte sich ein wenig zu ihr herunter, nachdem er ihr einen weiteren langen Blick zuteil werden ließ. Er war etwas überrascht, aber vielleicht war sie ja endlich zur Vernunft gekommen und nicht mehr mit diesem Schwachmaten von Leader zusammen… und hatte nun eingesehen, dass er die bessere Wahl war. „Ich hätte da noch so eines auf Lager, das du als Kompliment auffassen könntest“, raunte er zurück und leckte sich kurz über die Lippen. Konan lehnte sich zu seinem Ohr. „Vielleicht später“, schnurrte sie zurück – bevor sich ihre Stimme rapide änderte. Sei wurde nicht lauter, nur… drohender. „Aber erstmal wirst du dich benehmen, oder ich schwöre bei Gott, ich reiße dir beide Eier einzeln ab.“ Sofort ließ sie sich wieder auf ihre Fersen sinken und trat einen Schritt zurück. „Sasori muss ich dir ja sicherlich nicht erst vorstellen“, fügte sie an und schenkte dem Rotschopf ein kurzes Schmunzeln. Hidan, welcher sich scheinbar immer noch aus seiner Schockstarre erholte, brauchte einige Augenblicke, ehe er nun, nach minutenlanger Ignoranz, auch die dritte Person im Bunde wahrnahm. „Du scheinst vom Gartenzwerg zur Handpuppe geschrumpft – stecken dir nun auch Leute regelmäßig ihre Hände in den Arsch?“ Anscheinend war es sein eigener Weg zu sagen ’Hey, ja, ich erinnere mich’. Dummerweise wurde der von der Blauhaarigen für nicht akzeptabel befunden, zumindest wenn man nach der eher geknurrten Nennung seines Namens gehen konnte. Der Silberhaarige sah gar nicht glücklich aus. „Ist ja gut, ist ja gut. Immer noch die knallharte Braut von damals, ich habs ja verstanden. Können wir nun los? Ist ja kaum auszuhalten mit euch beiden.“ Er schulterte den Reiserucksack den er dabei hatte und machte sich auf in die Richtung, in die sie scheinbar mussten. „Wow, und das sagt er, obwohl er kein einziges Wort mit mir gewechselt hat“, merkte Sasori an, bevor sie dem Angestellten bedeuteten, dass sie nun fahren würden und Hidan folgten. Das würde ja eine heitere Fahrt werden. Der Weg nach oben war weniger anstrengend als gedacht. Der Größere zeigte sich scheinbar einsichtig und ließ sich von Konan die organisatorische Kurzfassung erzählen, die die anderen zuvor ausführlich bekommen hatten. Momentan stand noch eine Hütte leer, diese würde wohl er übernehmen, da auszuschließen war, dass er sich mit Kakuzu freiwillig eine Behausung teilte. Kakuzu… von dem er bisher noch immer nichts wusste. Oben angekommen vereinbarten sie, dass Hidan zuerst besagte Hütte beziehen und sich dann zu ihnen gesellen würde. Auf diese Weise hätte er nicht den Stress des hin und her Schleppens. Konan und Sasori kehrten derweil in die Haupthütte zurück und fingen an, zu berichten. „In einigen Minuten sind wir vollzählig, Jungs. Wir haben unseren Lieblingsschreihals gerade unten aufgegabelt, er bringt nur sein Zeug unter.“ Die Überraschung auf den Gesichtern der Anwesenden war für einen Moment offensichtlich, ehe eine mittelschwere Diskussion darüber ausbrach, wie er wohl reagieren würde, würde er zu ihnen stoßen. In ihrer Abwesenheit hatten sich scheinbar alle häuslich eingerichtet und sich in der proportional etwas größeren Sitzecke niedergelassen – die Übermacht dicker Wollsocken war augenscheinlich. „Jedenfalls scheint er schon jetzt nicht die beste Laune zu haben“, merkte der Rotschopf an, nachdem er mit Hilfe des Pärchens ihre Einkäufe verstaut hatte und sich nun zwischen einigen Paar Beinen hindurchmaneuvrierte, um sich neben Deidara auf das Sofa niederzulassen. „Wir konnten ihn gerade so davon abhalten, den Gondelwärter anzuspringen.“ Sobald er saß hielt er dem Blonden eine Packung Schokodrops hin, an die er eigens für ihn gedacht hatte. Traditionsbewusstsein schien sich bezahlt zu machen… zumindest wenn man es mochte, wenn einem als Belohnung durch die Haare gewuschelt wurde. „Danke, Danna~ Was würde ich nur ohne dich tun, hm?“ „Abnehmen?“ Immerhin gäbe es dann keine Schokolade mehr. Die aufkommende neuerliche Künstlerdiskussion wurde in ihrem Keim erstickt, als die Hüttentür mit einem lauten Knallen aufflog. „EHYO BITCHES! DIE PARTY KANN STEIGEN!“ Dass Hidan eingetroffen war, musste wohl niemandem mehr erklärt werden. Ebenso wenig, dass es gar nicht lang dauerte, bis das hämische Grinsen auf seinen Zügen einfror und sein zuvor noch durch den Raum schweifender Blick an seinem ehemaligen Partner hängen blieb. Für einen Moment schien die Zeit still zu stehen. „Sagt mir, dass wir den gottverdammten ersten April haben und das Ganze hier nicht wahr ist.“ Er erhielt keinen Widerspruch, tatsächlich war es verdammt still – nur Kakuzu sah starr in die lila Augen. „IHR SCHEISSWICHSER, HABT IHR SIE NOCH ALLE? WELCHE LATTEN AN EUREM ZAUN SIND LOSE, DASS IHRS NICHT SCHNALLT? IHR GOTTVERDAMMTEN ARSCHPFEIFEN!“ Glücklicherweise vergaß er nicht, Luft zu holen, sodass er den Blick nach einigen Sekunden fast schon hyperventilierend von dem Anlass seiner Wut abwandte und Yahiko fixierte. „Du Arschloch. Du weißt genau, dass das der einzige Grund ist, weshalb ich hier bin. Der einzige VERFICKTE GRUND! Das ähnelt einem scheiß Hochverrat an dem, was du als Freundschaft bezeichnest!“ Vermutlich hörte er sich dramatischer an, als er die Worte in seinem Kopf fand, aber das war ihm in diesem Moment egal. Er wollte wirklich einfach nur noch weg. Es dauerte noch ganze zwei Augenaufschläge, bis er raffte, dass er zumindest nicht in dieser Hütte würde bleiben müssen, sich auf dem Absatz umdrehte und die Tür hinter sich wieder ins Schloss knallte. Noch immer herrschte Stille. „Ich hab euch ja gesagt, er wird sich freuen.“ Kakuzus Stimme triefte vor Ironie, bevor er seufzte und sich aufsetzte. „Ich hoffe, ihr habt was Starkes mitgebracht.“ Konan nickte nur und reichte ihm schweigend die Flasche Burbon von der sie wusste, dass sie gemeint war. Manche Dinge änderten sich einfach nie. Wieder kehrte betretenes Schweigen ein, ehe es Itachi war, der aufstand und sich seine Jacke schnappte. „Ich werde mit ihm reden.“ Fünf überraschte Augenpaare ruhten auf dem Uchiha. Scheinbar wurde das langsam zur Gewohnheit. Er hielt sich in diesem Moment schlicht für die beste Wahl, konnte er von sich selbst behaupten, relativ ausgeglichen und ruhig zu sein. Außerdem… hatte er vor Jahren mal mit Kakuzu über diese ganze Geschichte geredet. Plus, es machte ihm ein wenig zu schaffen, dass Yahiko den Eindruck eines getretenen Hundes machte. Ebenjenem legte er für einen Moment eine Hand auf den Arm, ehe er aus der Hütte verschwand. Ein leises Räuspern lenkte die Aufmerksamkeit nun auf Sasori. „Nun, das lief semioptimal. Allerdings kann ich euch in einer anderen Angelegenheit weiterhelfen.“ Die zu den Augenpaaren gehörenden Brauen wurden hochgezogen und veranlassten ihn dazu, einmal mit den Schultern zu zucken. „Er ist mit der Bahn gekommen. Das heißt der Wetteinsatz geht an die Kasse.“ Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde bis ihn ein Schokodrop traf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)