Wie weit wirst du gehen... von BloodyRubin (...für deine Familie?) ================================================================================ Kapitel 10: Eine merkwürdige Unterhaltung ----------------------------------------- Diesmal geht es wohl zu Ende. Seit bei mir die ersten Krankheitsanzeichen aufgetaucht sind, lässt Hatori mich kaum noch aus den Augen. Noch nie zuvor habe ich mich so elend gefühlt. Der Husten ist noch schlimmer geworden und auch das Fieber macht mir zu schaffen. Die meiste Zeit liege ich auf meinem Futon, weil ich kaum noch laufen kann. Ich hasse es, so hilflos zu sein. Ständig falle ich in unruhigen Schlaf, der jedoch nie lange anhält. Hatoris Vorschlag, doch wieder ins Krankenhaus zu gehen, habe ich ignoriert. Das eine Mal hat mir gereicht. Bestimmt wird er es noch einmal versuchen. Es wird zwar nichts nützen, aber das muss er ja nicht wissen. Während ich nichts tun kann, als an die Decke zu starren, wird mir kalt. Dabei läuft die Heizung. Als Hatori mich wieder untersucht, fällt das auch ihm auf. „Du hast Schüttelfrost. Ich mache mir Sorgen. Normalerweise dauert es eine Weile, bevor man das nächste Stadium erreicht.“ „Das macht auch keinen Unterschied mehr. Ich bin nicht dumm, Hatori. Diese Lungenentzündung wird mich umbringen, ist es nicht so?“ Die Totenstille, die auf meine Worte folgt, reicht mir eigentlich als Antwort. „Ja. Wenn sie sich weiterhin so rasant ausbreitet und noch schlimmer wird, wirst du daran sterben.“ „Ich hätte nicht gedacht, dass ich so bald sterbe. Immer habe ich gehofft, dass es einfach nicht passiert.“ Das Fieber scheint mich redselig zu machen. „Ich werde dir etwas geben, damit du etwas schlafen kannst. Und ich werde wieder hier übernachten, falls etwas passiert.“ sagt Hatori nur, bevor er etwas in eine Spritze gibt. Ein kurzer Schmerz, dann fängt das Mittel an zu wirken. Es fällt mir immer schwerer, die Augen offenzuhalten. Kurz darauf bin ich fest eingeschlafen. Wie in so vielen Nächten zuvor, stehe ich wieder in einem weißen Raum. Aber etwas ist anders. Natürlich, bis auf mich scheint niemand anwesend zu sein. Irgendetwas jedoch sagt mir, dass ich damit falsch liege. „Akito. Ich hatte gehofft, dass wir uns einmal begegnen.“ Wie aus dem Nichts steht plötzlich eine Person vor mir, die mir zum Verwechseln ähnlich sieht. Nur die rötlich schimmernden Augen verraten, dass ich nicht vor einem Spiegel stehe. „Wer bist du?“ Mein zweites Ich kichert leise. „Ich? Ich bin die Verkörperung des Fluches, den du in dir trägst. Eigentlich sehe ich anders aus. Allerdings ist es leicht für mich, mein Äußeres zu verändern.“ „Und was willst du von mir?“ „Setz dich doch.“ Mit einer einladenden Handbewegung zeigt er auf zwei einfache Stühle, die wie er einfach aufgetaucht sind. „Ich wollte mich etwas mit dir unterhalten.“ „Wozu soll das gut sein? Deinetwegen konnte ich nie ein normales Leben führen. Und jetzt bist du dabei, mich zu töten.“ „Der Fluch ist viel älter als du. Gib mir nicht die Schuld dafür, dass ich auf dich übertragen wurde. Mir gefällt das auch nicht besonders.“ „Dann verschwinde doch endlich.“ „So leicht ist das nicht. Der Fluch kann sich nicht einfach in Luft auflösen. Außerdem bist du nicht deswegen hier.“ Kurz verengen sich die Augen des Wesens, bevor es fortfährt. „Ich habe deinen gesamten Lebensweg verfolgt. Du bist ein sehr reizbarer Mensch, ohne Mitgefühl oder Wärme. Jedenfalls bis vor kurzem. Auch wenn du es wohl kaum bemerkt haben dürftest. Seit deiner Zeit im Krankenhaus hast du dich verändert. Wahrscheinlich kannst du dir denken, warum.“ Diesmal lasse ich mich nicht zu einer Antwort herab. Wieder kichert mein zweites Ich. „Natürlich weißt du es. Er ist schuld.“ „Falls du Ayame meinen solltest, hast du Unrecht.“ Offenbar habe ich was Falsches gesagt, denn nun erkenne ich deutlich die Wut in seinem Gesicht. „Hast du mir nicht zugehört? Ich kenne dich. Du kannst deine Gefühle nicht vor mir verstecken.“ So schnell, wie sein Zorn aufgetaucht ist, verschwindet er wieder. „Auch wenn ich nie gedacht hätte, dass du ausgerechnet für einen Mann so empfindest. Liebe ist schon etwas Seltsames.“ Was? Liebe? Eigentlich war ich sicher gewesen, diese Phase überwunden zu haben. Erneut dieses Kichern, dass mir langsam ziemlich auf die Nerven geht. „Übrigens kann ich auch Gedanken lesen. Von wegen Phase. Du hast dein Herz verloren und weigerst dich, es zuzugeben. Allerdings glaube ich kaum, dass diese Liebe erwidert wird. Nach allem, was du ihm angetan hast, ist das nicht verwunderlich.“ „Was willst du eigentlich?“ „Dir eine Chance bieten, den Fluch zu brechen.“ Diesmal werde ich hellhörig. „Und wo ist der Haken?“ „Es wird schwierig. Sogar extrem schwierig.“ Lässig schlägt das Wesen die Beine übereinander, bevor es weiterspricht. „Ich bin müde. Bereits seit Generationen liegt der Fluch auf der Souma-Familie. Aber ohne Hilfe werdet ihr nichts ausrichten können. Deshalb überlasse ich es dir. Aber sei gewarnt: Du hast nur diese eine Chance.“ „Was muss ich tun?“ Der Gedanke, nach so vielen Jahren endlich ein normales und freies Leben führen zu können, hat mich in helle Aufregung versetzt. „Sehr lange konnte ich verfolgen, wie du anderen Menschen wehgetan hast. Immer habe ich geschwiegen, auch wenn mir klar war, dass jeder dich dafür gehasst hat. Jetzt verlange ich ein Zeichen dafür, dass du trotz deiner Fehler für jemanden wichtig bist.“ „Ein Zeichen?“ Noch verstehe ich nicht ganz, worauf mein zweites Ich eigentlich hinauswill. „Ja. Um es einfach auszudrücken: Ich will, dass Ayame dich küsst.“ „Mehr nicht?“ Diesmal lacht das Wesen. „Nicht so schnell. Kein erzwungener Kuss, sondern einer, der von Ayame ausgeht. Wenn er das tut, werden du und alle anderen befreit. Tut er es nicht, hält der Fluch an.“ „Aber...er verachtet mich.“ „Ich sagte doch, es wird schwierig.“ „Wie lange habe ich Zeit?“ „Nun, ich will nicht grausam sein. Ich gebe dir dieselbe Zeit, die du Ayame zur Erfüllung seiner Aufgabe eingeräumt hast. Also bis zum Ende des Monats. Bis dahin werde ich dafür sorgen, dass du nicht an der Lungenentzündung stirbst.“ „Heißt das, du bist dafür verantwortlich?“ „Ja und nein. An der Erkrankung selbst bin ich unbeteiligt. Jedoch habe ich deine Symptome etwas schneller auftauchen lassen. Hätte ich es nicht getan, hätten wir uns nicht unterhalten können.“ Noch während ich versuche, diese Nachricht zu verarbeiten, wird mein zweites Ich immer undeutlicher. „Warte! Ich habe noch Fragen.“ „Es wird Zeit, aufzuwachen, Akito. Du weißt, was du zu tun hast. Bis bald...“ Im nächsten Augenblick taucht Hatoris Gesicht vor mir auf. „Wie fühlst du dich?“ „Besser.“ Nachdem er mich untersucht hat, wirkt er entspannter. „Das Fieber ist gesunken und die anderen Symptome scheinen auch abgeklungen zu sein.“ Nur ich weiß, warum es so ist. Ich habe nur zwanzig Tage, um den Fluch zu brechen. Mir muss schnell etwas einfallen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)