Wie weit wirst du gehen... von BloodyRubin (...für deine Familie?) ================================================================================ Kapitel 2: Familienrat ---------------------- Leichter Nebel hing in der morgendlichen Luft. Es war Samstag und noch früh. Doch bereits jetzt durchdrangen Stimmen die Stille. „Diesmal mache ich dich fertig, verdammte Maus!“ „Das schaffst du doch eh nicht, dumme Katze.“ „Was sagst du da?“ „Dumme. Katze. Soll ich es dir buchstabieren?“ „Du kleiner…“ Fauchend stürzte sich Kyo auf seinen ewigen Rivalen und versuchte, einen Treffer zu landen. Shigure beobachtete das morgendliche Ritual gelangweilt und nippte dabei an seinem Tee. Auch Toru war es bereits gewohnt, dass Kyo und Yuki sich ständig in die Haare kriegten und widmete sich lieber dem Frühstück. Genauso schnell, wie alles angefangen hatte, hörte es auch wieder auf und Yuki setzte sich ebenfalls an den Tisch. „Immer dasselbe Theater. Er sollte es aufgeben.“ „Zumindest habt ihr diesmal das Haus ganz gelassen.“ erwiderte Shigure und warf einen Blick auf Kyo, der gerade vor Wut rauchend wieder aufstand. „Und, was habt ihr heute vor?“ fragte Toru und deckte dabei den Tisch. „Ich muss mich meinem neuen Roman widmen. Danach werde ich ein schönes, heißes Bad nehmen.“ „Was ist mit dir, Yuki?“ „Gute Frage. Vielleicht sehe ich mal nach, wie es in meinem Beet aussieht.“ Gerade wollte Toru Kyo fragen, als sie sah, dass der Orangehaarige nicht mehr da war. „Wo ist er hin?“ „Schmollt wahrscheinlich. Er wird schon zurückkommen.“ Ein Klopfen ließ sie aufhorchen. „Ich gehe schon, macht euch keine Umstände.“ meinte das Mädchen fröhlich und öffnete die Tür. Als sie zurückkam, folgte ihr ein sehr ernst dreinschauender Hatori. „Guten Morgen, Ha-chan. Was machst du denn hier?“ „Ich wollte kurz mit euch reden.“ antwortete der Familienarzt unbeeindruckt. „Sicher. Toru, wärst du so nett, Hatori auch einen Tee zu machen?“ „Ja klar.“ Kaum war sie in der Küche verschwunden, wurde auch Shigures Miene ernst. „Es ist sehr ungewöhnlich für dich, so früh hier aufzutauchen. Was ist passiert?“ „Es geht um Akito.“ Schlagartig veränderte sich die Stimmung. Yuki wurde blass, Shigure spannte sich an und selbst Toru, die gerade mit dem Tee zurückkam, wirkte unsicher. „Er wurde gestern ins Krankenhaus gebracht. Sein Zustand wird immer schlimmer. Ich weiß nicht, wie lange er noch durchhält.“ berichtete Hatori und nahm einen Schluck von seinem Tee. „Ins Krankenhaus? Das ist das erste Mal, dass es so ernst ist.“ sagte Shigure besorgt. „Außer euch weiß noch keiner von den Ereignissen. Aber ich habe vor, morgen einen Familienrat einzuberufen, um den anderen unsere Lage zu erklären.“ „Und die wäre?“ Yukis Stimme war kalt wie Eis. „Es ist nicht das erste Mal, dass Akito krank ist.“ „Ich glaube, du erkennst nicht ganz das Ausmaß dieser Sache. Akitos letzte Werte waren mehr als besorgniserregend. Wir wissen alle, dass er nicht mehr viel Zeit hat. Zumindest sollten wir uns auf alles vorbereiten.“ Wie immer ließ Hatori sich nichts anmerken. „Und ich erwarte, dass alle an der Besprechung teilnehmen.“ Er stand wieder auf und wandte sich zum Gehen. „Warum sollte ich mich um jemanden kümmern, der mir so viel angetan hat?“ Kurz blieb der Familienarzt stehen. „Du bist nicht der einzige, der verletzt wurde, Yuki. Vielleicht solltest du mal darüber nachdenken.“ Damit verließ er das Haus. Kurz darauf kehrte auch Kyo zurück. „Was wollte Hatori hier?“ „Wir sollen morgen zu einer Familiensitzung.“ antwortete Shigure schlicht. „Muss das sein?“ maulte der Orangehaarige los. „Ich wollte doch trainieren.“ „Als ob das irgendwas bringen würde.“ konterte Yuki sofort. „Willst du dich mit mir anlegen?“ „Reicht es dir nicht, dass ich dich gerade erst besiegt habe? Du scheinst es nie zu lernen, dumme Katze.“ „Jetzt geht das wieder los…“ seufzte Shigure und schüttelte den Kopf. „Ich mache mich dann mal lieber an die Arbeit. Eigentlich wollte ich das komplette Wochenende dafür nutzen, aber was solls. Kyo, Yuki, lasst das Haus bitte stehen, okay?“ So verging der Tag und schon war es an der Zeit, sich auf das Treffen vorzubereiten. „Und es ist wirklich in Ordnung für dich, hier zurückzubleiben?“ Wie immer lächelte Toru nur. „Sicher. Nachher kommt noch Hana vorbei. Also macht euch keine Sorgen.“ „Dann gehen wir mal lieber. Du brauchst nicht auf uns zu warten, es könnte länger dauern.“ Tatsächlich kehrten die drei erst mitten in der Nacht zurück. Toru und Hana waren am Kotatsu eingeschlafen. „Da hat wohl jemand die Zeit aus den Augen verloren.“ Vorsichtig deckte Shigure die beiden Mädchen zu und achtete dabei darauf, ihnen nicht zu nahe zu kommen. „Dasselbe könnte man auch über uns sagen. Musste Hatori die Versammlung so in die Länge ziehen?“ „Immerhin ging es um Akito. Eigentlich hätten wir es wissen müssen.“ „Warum musste Kagura auch dabei sein?“ „Vielleicht, weil sie zu unserer Familie gehört, dumme Katze?“ „Fangt jetzt nicht wieder an zu streiten. Oder wollt ihr Toru aufwecken?“ Widerstrebend sparten sich die beiden jeden Kommentar und verzogen sich auf ihre Zimmer, um noch etwas Schlaf zu bekommen. Shigure nahm sich vor, das Familienoberhaupt im Krankenhaus zu besuchen. Nur wenige hatten ebenfalls diesen Entschluss gefasst. Zu groß waren die Angst und die unterdrückte Verachtung. Natürlich hatte sich Hatori dazu bereit erklärt, doch er hatte nicht gewirkt, als würde es ihm Freude machen. Außer ihm hatten sich nur Shigure, Ayame und Kagura gemeldet. Eine so große Familie und gerade mal vier Personen wollten überhaupt in Akitos Nähe kommen. Alle anderen hatten sich geweigert. Yuki und Kyo hatten dabei den Anfang gebildet. Momiji und Haru hatten sich zwar auch bereit erklärt, vorbeizuschauen, aber Hatori war dagegen gewesen. Momiji war viel zu unruhig und Haru hatte keine Kontrolle über seine dunkle Seite. Beide würden Akito nur unnötig aufregen, was der Familienarzt verhindern wollte. Wenn man seinen Berichten glauben konnte, war es wohl auch besser so. Niemand wusste genau, was passierte, wenn das Oberhaupt der Soumas sterben sollte. Wie man es auch betrachtete, die Situation schien ausweglos. Und das nur wegen des Fluches… Shigure blieb die ganze Nacht wach und blickte gedankenverloren aus dem Fenster. Erst als Toru gähnend die Augen aufschlug und ihn verwirrt ansah, wurde ihm klar, dass die Sonne bereits aufgegangen war. „Shigure-san. Du bist schon wach?“ „Nein, ich konnte nur nicht schlafen.“ Behutsam stand das Mädchen auf. „Soll ich dir einen Tee machen?“ „Das wäre nett, Toru. Den werde ich in nächster Zeit öfter brauchen.“ „Wie war die Versammlung?“ „Ach, nur das übliche Chaos.“ Mehr sagte er nicht. Es würde sich nichts bessern, wenn er Toru die Wahrheit sagte. Denn die war schon beunruhigend genug. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)