Quand je suis lá, je suis sans soucis von Julchen-Beilschmidt (Wenn ich dort bin, bin ich ohne Sorge) ================================================================================ Kapitel 8: ~Schlachten und Sanscoussi~ -------------------------------------- ~Schlachten und Sanscoussi~ Wir gewannen. Und gewannen. Österreich hatte nicht die geringste Chance gegen uns. Schon im Januar 1741 war Schlesien großräumig von Österreichischen Truppen gesäubert und wir gönnten uns eine Winterpause. Ab diesem Zeitpunkt genehmigte mir Friedrich, dass ich meinen kleinen Bruder besuchen konnte. Lange hatte ich ihn nicht mehr gesehen und weiß Gott was die Angestellten mit ihm machten. Schnell trieb ich mein Pferd an. Mir kamen die Erinnerungen hoch an den Tag an dem ich vor 28 Jahren schon einem schnell zu meinem Bestimmungsort ritt. Ich lächelte und freute mich auf meinen Bruder. Gilbird hatte sich in meine Kapuze meines Umgangs verborgen, plusterte sich auf und wärmte sich an meinem Nacken, dass ich sein flauschiges Gefieder dort spürte. Ihm war klar, dass wir heim reiten würden. Ich kam spät abends an. Die Angestellten meines Hauses empfingen mich in der Vorhalle und umsorgten mein Pferd. Ich wollte nur noch zu meinem Bruder. Der schlief schon selig in meinem Bett. Die Bediensteten hatten mir gesagt, dass er sich in seinem Bett einsam gefühlt hatte und sei immer in mein Bett gekrochen. Ich lächelte sanft und strich ihm vorsichtig ohne ihn wecken zu wollen über das blonde Haar. Da regte sich Lutz und sah mich müde blinzelnd an. „Gilbert…“ nuschelte er, als er mich wohl endlich erkennen konnte. „Du bist zurück?“ „Ja, kleiner Bruder. Mein König hat mir ein paar Tage frei gegeben. Ich wollte dich sehen~.“ Er lächelte. Ich setzte mich an den Bettrand. Gewachsen war er. Die Ärmel seines Nachthemdes waren ihm schon fast zu kurz. Ich seufzte. Wo war mein kleiner Bruder hin? Der mit dem kleinen Italien herumgetollt war? Er wuchs heran, bald würde er ein Jugendlicher sein und seinen eigenen Kopf bekommen. Aber den hatte schon jetzt. Mein kleiner süßer Bruder. Dann würde er nicht mehr wollen, dass ich ihn Lutz nannte. Ludwig. Mein Gott Vater, hättest du dir für ihn keinen besseren Namen ausdenken können? Bald schlief er wieder und ich legte mich zu ihm. Ich war durch den Ritt sehr erschöpft, legte aber vorher meine Kleidung zur Seite und legte mich zu ihm. Als wenn ich ihn beschützen wolle. Bald schon würde er meinen Schutz nicht mehr benötigen. Wie die Zeit verfliegt… Auch die Tage die ich mit Lutz verbrachte verflogen im Wind. Wir unternahmen sehr viel gemeinsam. Gerade weil ich so sehr eingebunden war, wollte Ludwig so viel Zeit mit mir verbringen wie möglich. Wir verbrachten meinen Geburtstag in Berlin und sahen uns diese blühende Stadt an. Mein kleiner Bruder war beeindruckt von der Pracht die sich ihm offenbarte. Aber leider verging die Zeit zu schnell und als der Frühling nahte, musste ich wieder gehen. Lutz schniefte leise als ich auf mein Pferd stieg. „Wann kommst du wieder?“ fragte er und versuchte nicht weinerlich zu klingen. Er war noch ein Kind, versuchte aber schon erwachsener zu klingen. Aber er war eben noch ein Knabe. „Das weiß ich nicht. Es herrscht noch immer Krieg und nur Gott weiß wie lange er noch dauern wird.“ Auch wenn Lutz durch Roderich seine Ordern erhielt- er hielt loyal zu mir. Er freute sich mich zu sehen, war aber an meinen Feind gebunden. „Wenn Schlesien preußisch ist, dann komme ich heim.“ Versprach ich. Ich sah fast wie es in Ludwigs Köpfchen arbeitete. Wollte er etwa Roderich überzeugen mir Schlesien zu geben, damit er mich schneller wieder sah? Ich lächelte. „Ich schreibe, so oft ich kann und schicke dir Souveniere.“ Ich ritt los und Lutz winkte mir nach. In den folgenden 2 Jahren hatten wir so viele Siege zu verzeichnen. Auch mein König ritt an unserer Seite. Dies motivierte die preußischen Truppen ungemein. Die österreichischen Truppen hatten einfach keine Chance gegen das große preußische Heer. Unter einem Vorwand der Nichteinhaltung von Geheimhaltung der Konventionen, die im Oktober 1741 geschlossen wurden, marschierte Friedrich in Böhmen ein. Prag fiel an die Franzosen, Sachsen und Bayern. Im Mai des Folgejahres wurden erste Friedensverträge laut. Im Juni ein Vorfrieden in Breslau. Und im Juli 1742 wurde in Berlin der erste Friede geschlossen. Diese 2 Jahre Krieg wurden als 1. Schlesischer Krieg in die Bücher der Geschichte eingetragen. Preußen erhielt Schlesien und vergrößerte so sein Territorium um ein Vielfaches. Einige Scherben der zerbrochenen Preußischen Vase waren wieder zusammen gefügt worden. Das Volk jubelte seinem jungen König zu als er glorreich in Berlin ankam. Auch Lutz war dabei und ich setzte ihn mir vorne aufs Pferd. Ich glaube, es war viel mehr die Freude mich wiederzusehen als der Sieg den Ludwig strahlen ließ. Er erzählte mir später, dass Roderich zähneknirschend den Friedensvertrag, den mein König Österreich erklärt hatte, unterschrieben hätte. Es folgte ein Jahr des getrübten Friedens. Bayern errang die Kaiserkrone an Karl Albrecht von Bayern. Eigentlich hatte Maria Theresia versucht, ihren Gatten die Kaiserkrone zu geben, um so wieder Einfluss zu erringen, doch sie sc0heiterte, da die männliche Erbfolge durch sie unterbrochen worden war und so die Wittelsbacher die Krone erhielten. Allerdings hatte Österreich noch die Unterstützung von England und gingen wieder in die Offensive. Maria Theresias Truppen marschierten nach Bayern und errangen ein Bündnis und Bayern verlor wieder seine Machtstellung an Österreich. Diese Frau gab nicht so leicht ihre reichste Provinz auf. Aber schön. Wenn diese Frau erneut kämpfen wollte, so sei es dann. 1744 begann somit der 2. Schlesische Krieg. Friedrichs Berater schrien auf, dass es Vertragsbruch war, den Kaiser in Bayern zu schützen, aber wann hörte Friedrich schon auf seine Berater? Er fürchtete, dass Österreich versuchen würde, sich mit Hilfe von England Schlesien wieder einverleiben zu wollen und marschierte in Böhmen ein. Durch viele neue Bündnisse seiner vorherigen Partner versicherte er sich dessen Unterstützung. Auch Russland bat er um Hilfe, aber dieses Land stellte sich wie vorher auf die Seite der Habsburger. Aber die Österreicher waren in diesem Krieg völlig anders. Sie mieden Kämpfe und zogen sich immer mehr zurück. Die Truppen Preußens wurden zunehmend schwächer, da auch der Nachschub angegriffen wurde und es immer wieder kleine, aber effektive Angriffe seitens der Österreicher gab. Als sich dann auch noch Großbritannien, die Niederlande, Sachsen mit Österreich zu einer Allianz zusammen schlossen und in Schlesien einmarschierten, musste Friedrich gezwungener Maßen sich wieder zurückziehen. In der dortigen Schlacht von Hohenfriedberg, im Juni 1745, konnten wir uns trotzdem als Sieger behaupten. Ein halbes Jahr später am 25. Dezember wurde in Dresden der Frieden geschlossen. Schlesien blieb preußisch und würde es auch ab jetzt immer bleiben. Als Kompromiss wurde Maria Theresias Mann, Franz Stephan I. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, den dann auch mein König als obersten Herrscher anerkannte. Endlich folgen friedliche Jahre. Jedoch war es meinem König in Berlin eindeutig zu laut. Er beklagte sich über den Lärm, der in den Straßen herrschte und fing an Skizzen zu einem Schloss zu zeichnen. Er wollte ein eigenes Schloss bauen in dem er Ruhe und Frieden finden konnte. Jedoch musste es unweit der Hauptstadt sein. Und so fiel seine Wahl auf das kleine Städtchen Potsdam. Immer öfter reiste er in die Stadt und suchte nach einem passenden Ort für sein Schloss, dass er im Sinne des Rokoko bauen lassen wollte. Und er fand auch einen Ort. Ein sanft abfallender Hügel im Schatten einer alten Mühle nach Süden hin mit einer weitläufigen Anlage voller Bäume. Und noch 1745, während des Krieges begannen die Baumaßnahmen. Der Berg wurde zu einem terrassierten Weinberg, der geschwungen an einem großen Brunnen endete. Die Bäume wurden gefällt und ein Park entstand. Dank Friedrichs Vater war diese gesamte Fläche schon entsumpft worden da er schon Potsdam ausbauen lassen wollte. Ziergärten im barocken Stil, ein chinesisches Teehaus und so viel Weiteres wurden erbaut. Es geschah so viel in diesem kleinen Städtchen. Innen war es herrlich anzusehen. Wenn Gesandte nach Potsdam kamen wussten sie sofort, dass hier ein Schöngeist lebte. Schon 1747 war das Schloss mitsamt Park fertig gestellt und Friedrich zog in sein Schloss, das er „Sanscoussi“ nennen wollte, ein. Jedoch blieb seine Frau Elisabeth dieser Feier fern. Nie, so sagte es Friedrich, würde eine Frau sein Schloss von innen sehen dürfen. Das dies verständlicherweise Gerüchte schuf, war kein Geheimnis. Nicht einmal Mägde ließ mein König in sein Refugium. „Quand je sius là, je sius sans soussi.“ Sagte er am Abend als Friedrich sich das erste Mal in seinem Schloss schlafen legte. „Wenn ich hier bin, bin ich ohne Sorge.“ Komischer Weise erkannte ich in dieser Zeit auch eine neue Seite an mir. Eine verborgene Seite, die ich wohl schon immer in mir geschlafen hat, aber nie an die Oberfläche kommen durfte. Ich ließ mir eine Querflöte anfertigen und übte wie ein Besessener. Ich glaube, mein Herrscher hätte mir einige Male insgeheim zugesehen, wie ich versuchte schiefe Töne diesem Instrument hervorzulocken. Nur war ich nie so gut wie mein König und ich wollte auch nie vor ihm ein Stück vorspielen, aber ich glaube es lag einfach daran, dass Preußen von einem König regiert wurde, der nicht nur Kriege und Schlachten im Kopf hatte, sondern auch Poesie. Ich glaube, dass sich der Repräsentant eines Landes sich nach dem Herrscher ändert, wenn ein neuer an die Macht kommt. So habe ich es schon oft gesehen, auch an mir. Doch diese Wendung, von einem König, dem Soldaten seine liebste Beschäftigung waren zu einem poetischen König war die größte Wendung die ich je an mir selbst gesehen hatte. Ich lachte in mich hinein. Gilbert- was für ein wandelbarer Kauz du doch sein kannst. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)