Quand je suis lá, je suis sans soucis von Julchen-Beilschmidt (Wenn ich dort bin, bin ich ohne Sorge) ================================================================================ Kapitel 5: ~Die Befreiung~ -------------------------- ~Die Befreiung~ Aufgeregt schritt Friedrich im Saal hin und her. Es war nun das Jahr 1732 und heute sollte Friedrich seine zukünftige Frau kennenlernen. Seine Schwester sowie der Haushofmeister waren auch anwesend, die die junge Braut schon kannten. Das junge Mädchen war Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern, gerade einmal 17 Jahre alt und vom Fürstlichen Adel sollte die vom Vater auserwählte sein. „Aber ich fordere `den Gegenstand´ zumindest einmal zuvor gesehen zu haben.“ Friedrich hatte in die Heirat einwilligen müssen um seine Titel zurück zubekommen. Zähneknirschend hatte Friedrich dem zugestimmt. „Mit `Gegenstand´ geruht ihr eure zukünftige Gemahlin zu nennen.“, Schlussfolgerte der Haushofmeister, worauf der Kronprinz nur wütend schnaubte. „Warum sollte mein Bruder die Katze im Sack kaufen?“ fragte Wilhelmine nur sehr trocken. Ich hatte erfahren, dass diese Frau weder schön noch hässlich sei. Und sehr Gottesfürchtig, worauf der König großen Wert gelegt hatte. „Das bedeutet dass sie nicht mal tanzen kann!“, entgegnete Friedrich nur pikiert und aufgebracht. Wilhelmine hatte sie bereits bei einem Dinner kennengelernt. „Sie ist leider strohdumm. Weiß auf alles nur mit ja und nein zu antworten und dabei so albern zu lachen dass einem ganz übel wird.“ Na, das waren ja tolle Aussichten für Friedrich. „Ich will keine dumme Gans!“ fuhr er auf. „Ich muss vernünftig mit ihr reden können, oder ich mache nicht mit!“ Allerdings war dies unmöglich. Er hatte seinen Vater schon inständig drum gebeten, aber dieser schien auf dem Ohr taub zu sein. Und auch der Haushofmeister wollte nicht wortwörtlich den Hals hinhalten. Näher kommende Schritte aus dem Vorraum ließen uns verstummen und als wir zur Tür sahen, wurde diese schon aufgetan und die zukünftige Braut, begleitet von Friedrichs Vater und seiner Mutter und wahrscheinlich die Mutter Christines kam auf uns zu. Sie trug ein hellgrünes Kleid mit aufwendigem Brokat, das überhaupt nicht zu ihr passte. Ihre Haare waren nach der Mode frisiert und gepudert. Ihr Gesicht war sehr blass geschminkt und rosige Lippen mit einem geschminkten Leberfleck vollendeten dieses Püppchen, das sich uns dort präsentierte. Wahrlich, weder hübsch, noch hässlich war Elisabeth. Nach allem, was ich von ihr wusste war, dass sie Herzoglicher Herkunft war und das Kind des Herzogs Ferdinand Albrecht II. von Braunschweig-Wolfenbüttel und seiner Gemahlin Antoinette Amalie von Braunschweig-Wolfenbüttel. Sie war das dritte Kind nach zwei Söhnen. Am 8. November 1715 geboren und im lutherischen Glauben erzogen. Die nächst höhere Verwandte war die Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches: Elisabeth Christine, nach der sie benannt war. Es war also eine rein politische Verlobung. Und dass Friedrich nicht gerade begeistert von der Wahl seines Vaters war, konnte man unschwer erkennen, auch wenn dieser versuchte, es zu verbergen. Die zukünftige Gattin des Kronprinzen, lächelte nur dumm. „Dass mein geliebter Sohn mit euch zufrieden ist, kann ich ihm ansehen.“ Friedrich Wilhelms Ton war voller Sarkasmus, dass es jeder hätte raus hören können. Nur das junge Fräulein kicherte kindisch. Friedrichs Blick war nicht freudestrahlend, noch nicht mal fröhlich. Nur Abscheu und Wut auf seinen Vater war darin zu lesen. „Dieser Grasaffe soll meinen Sohn heiraten?“ fragte Sophie Dorothea leise, das es niemand außer Wilhelmine und ich es verstanden. „Was ist mit meiner geliebten Tochter? Ist sie nach ihrer Hochzeit schon in gesegneten Umständen?“ Wilhelmine nickte auf die Frage hin. Sie hatte ein Jahr zuvor den Erben von Bayreuth geheiratet. Doch des Vaters Wohlwollen war es nicht. Was er darauf antwortete, war nicht für die Ohren Minderjähriger bestimmt. Wilhelmine raffte ihre Röcke und verließ den Raum, nicht ohne noch mehr erniedrigende Kommentare ihres Vaters hören zu müssen. Der König lachte nur über seinen eigenen Scherz. Kein anderer lachte. Nun wandte sich wieder jeder Friedrich und seiner Verlobten zu. Er begrüßte sie, ganz dem Protokoll gemäß mit Handkuss am preußischen Hof. Ihre Hochzeit würde im Folgejahr stattfinden. 12. Juni 1733 „Ich heirate als Mann von Lebensart. Das heißt ich lasse Madame ihrer Wege gehen und tue was mir gefällt.“ Friedrich sah mich an als ich ihm seinen feinsten Mantel anzog. Ich seufzte leise. Was er sagte, verhieß nichts Gutes. Er hatte keine Liebe für seine zukünftige Frau. Das Jahr des kennenlernens hatte die Begeisterung Friedrichs nicht mehren können. Sie war nicht das was er sich erhofft hatte. Sie war geistlos, konnte sich nicht mit ihm über das unterhalten was ihn interessierte, und war allgemein ihm überhaupt nicht zugetan. Kurzum: seine Braut war für ihn eine Enttäuschung. Doch heute sollte die Hochzeit der beiden gefeiert werden. Der, der einen Namen vorzuweisen hatte, würde da sein um diesem Schauspiel beizuwohnen. Auch wir waren gerade von einer Reise aus Sachsen zurück gekommen. Dort hatte Friedrich August den Starken kennengelernt der Dresden zum Elbflorenz gemacht hatte. Es war eine sehr beeindruckende Reise gewesen. Wir wären schon viel früher für die Vorbereitungen zurück gekehrt, hätte sich Friedrich nicht bei einer Krankheit angesteckt, die unsere Rückreise verschoben hatte. Er litt noch etwas unter den Auswirkungen. Wo er sich angesteckt hatte und bei wem wollte er nicht Preisgeben. Nur eines wusste ich, dass er in Dresden viel mit leichten Mädchen Umgang gepflegt hatte. Zum Glück hatten wir es dann doch noch rechtzeitig geschafft, auch wenn Friedrich es nicht als solches sah. Der König hatte großes ausrichten lassen. Der sonst so geizige König war dieses Mal recht verschwenderisch. Es gab ein Ballett, eine Pastorale in denen der Kronprinz die Hauptrolle spielen wollte. Ausnahmsweise hatte das Friedrich Wilhelm sogar gestattet. Auch Querflöte wollte er spielen was seine Braut sehr erfreute und seinen Vater nur murrend hinnahm. „Wenn ich sie schon heiraten muss, dann soll sie auch wissen wie gebildet ihr Gemahl ist.“ Bestand er gegenüber seinem Vater. Außerdem sollten Stücke von Georg Friedrich Händel und Carl Heinrich Gaun gespielt werden. Die Zeremonie und anschließende Feier sollte im Schloss Salzdahlum abgehalten werden, dass zwischen Braunschweig und Wolfenbüttel lag. Ein recht prunkvolles Schloss mit einem großflächigen Park und weiträumigem Sälen und kunstvollen Zimmern. Die Hochzeit war eine prunkvolle Feier. Selbst Friedrich gefiel sie. Er tanzte viel, auch mit seiner Braut einige Male und erfreute sich an den Stücken die zum Besten gehalten wurden. Am Abend hin wurden die Braut und der Bräutigam schließlich in das Hochzeitszimmer gebracht. „Betten“ wie es der König nannte. Elisabeth wurde von Männern in ihr Bett getragen und es wurden zotige Witze über ihren Gatten zum Besten gegeben. Friedrich wiederfuhr dasselbe, allerdings waren es Frauen die ihn zu seiner Braut brachten. Danach wurden sie allein gelassen. Christine war bis auf die Unterwäsche entblößt und lag auf dem Bett und wartete auf ihren Gatten. Ich selbst wollte nicht wissen was darin stattfand und verließ leise das Zimmer als beide im Ehebett lagen. Aber ich erfuhr es am nächsten Tag. Friedrich erzählte mir, dass sie ihn hätte reizen wollen, wollte ihn verführen sich doch zu ihr ins Ehebett zu legen, aber er hatte nur am Bettpfosten gestanden, zu ihr herab geblickt und sie bedauert. Sie würde eine sehr traurige Prinzessin werden, so hatte er es zu ihr gesagt. Auf die Frage warum er so kühl zu ihr sei, hatte er ihr geantwortet, dass sein Vater ihn zur Liebe prügeln wollte. Doch würde er seine „Pflicht“ erfüllen. Ob sie ihn später mögen würde, hatte sie ihn gefragt. Aber selbst das würde er nicht vollbringen können. Die Ehe war dann trotzdem vollzogen worden. Die Mägde, die am nächsten Morgen die Laken gewechselt hatten, hatten Spuren die darauf hatten schließen lassen gefunden. „Aber sie ist der Schlüssel mich aus den Klauen meines Vaters zu befreien!“ erzählte er mir. Nach allem was ich wusste, würde Friedrich vorerst in Ruppin leben, gemeinsam mit seiner Gemahlin. Sie würden ein Schloss beziehen mit eigenen Bediensteten und eigenem Hofstaat. Seine Gemahlin war wirklich eine dumme Gans. Gutgläubig hatte sie eingewilligt eine treue und liebende Gemahlin zu sein. Wenn ich bei ihnen war, sprach sie von ihrem liebevollen, treuen Gemahl. Schon da wusste ich, dass sie nie etwas anderes über ihn sagen würde. Nach zirka drei Jahren Ehe hielt der König immer mal wieder eines seines Tabakskollegiums ab. Der Prinz war auch anwesend. Er lachte mit uns über derbe Scherze und trank Bier. Aber etwas lag ihm auf der Seele. Ruppin war zwar etwas vom Königlichen Hof entfernt, allerdings nicht weit weg genug. Friedrich wollte frei sein. Das verriet mir immer sein Blick in die Ferne, wenn er meine Gesellschaft suchte. Er hatte das Schloss in Ruppin verschönert und ausgebaut, jedoch war es ihm einfach nicht das was er sich unter einem Schloss vorstellte. Als wir alle nach einem Scherz wieder ruhiger wurden, sah Friedrich seinen Vater an. Ich glaubte schon, dass er endlich mit der Sprache rausrücken würde, jedoch befürchtete ich die Reaktion des Königs. „Lasst es besser sein. Ihr werdet eine Antwort erhalten, die euch nicht gefällt.“ Sagte der Adjutant des Königs der neben Friedrich saß und genüsslich an seiner Pfeife zog. Jedoch war der Zorn über die „Missetaten“ Friedrichs verraucht und der Herrscher schien zugänglicher geworden zu sein. Er hatte Friedrich wieder als Thronerben eingesetzt und wollte dies nun auch nicht mehr Rückgängig machen. „Mein Vater. Ich habe eine Ehefrau nach eurem Wunsch. Doch um unser ´Glück` vollkommen zu machen…“ begann der Prinz, aber Friedrich Wilhelm unterbrach ihn jäh. „Euer Glück ist nicht vollkommen? Treibt ihr es nicht genügend mit der Prinzessin?“ Er lachte schallend und der Hofstaat fiel in das Gelächter mit ein. Außer Friedrich. Er lächelte nur matt. Das war das einzige, was sein Vater ihm noch vorhielt. Seit diesen drei Jahren Ehe hatte sich der Bauch Elisabeth Christines nicht gewölbt und ein Kind hervorgebracht. „Mein Vater, ich möchte euch untertänigst um eine Erhöhung eurer Zuwendungen bitten. Das Geld das ich erhalte reicht kaum für das nötigste.“ Es herrschte langes Schweigen und als Friedrich Wilhelm mit der Hand auf den Tisch knallte, dachte ich erst, dass es wieder in einen Tobsuchtanfall enden würde. Aber zu meiner und auch der anderen Überraschung blieb der König ruhig und erwiderte: „Ich kann eure Sorgen verstehen. Und ich habe auch ein Allheilmittel dagegen. Ich sorge mich um euren Thronfolger. Sobald eure Gemahlin Guter Hoffnung ist, werden sich eure Bezüge deutlich erhöhen.“ Der Kronprinz war still geworden. Und auch mir sackte das Herz in die Hose. Soweit ich wusste, wohnte Friedrich seiner Frau nur sehr selten bei und verließ auch bald wieder ihr Schlafzimmer. „Ich kann mit meiner Frau nicht aus Leidenschaft zu Bett gehen.“ Antwortete er ruhig und ein höhnisches Gemurmel machte sich im Raum breit. „Leidenschaft ist dafür nicht erforderlich.“ Wieder lachten alle schallend auf, außer Friedrich. „Macht es wie die Bauern, die Tag und Nacht mit ihren Frauen in die Betten gehen.“ Sagte wieder der Adjutant und lächelte. „Meine Frau kann sich nicht beklagen. Ich weiß selbst nicht woran es liegt.“ „Ihr redet zu viel darüber. Tut es einfach.“ War der Rat des Königs darauf und Friedrich wurde ernst. „Bin ich wie die Hirsche, die gegenwärtig zur Brunft sind, wird sich euer Wunsch sicherlich in neun Monaten erhöhen.“ So gab er sich geschlagen. Das war das Beste was man beim König machen konnte. Seinen Wünschen entsprechen und folgsam sein. Denn nun kam auch er Friedrich entgegen. Sie erhoben die Krüge und besiegelten diese Sache mit Bier und Tabak. Bald darauf zog das Kronprinzenpaar nach Reinsberg. Dort hatte es bessere Annehmlichkeiten und auch besseren Komfort. Doch entgegen dem Wusch des Königs war auch dort nach Monaten und Jahren kein Kindergeschrei zu hören. Jedoch gab es viele Bälle zu denen Friedrich lud. Es wurde getanzt, Musik gespielt, ausgelassene Gespräche wurden abgehalten. Jeder, der von dort kam berichtete überaus positiv über Friedrich der einem hervorragenden Hausherrn abgab. Er genoss es sichtlich. Es war eine herrliche Zeit in Reinsberg. Friedrich las sehr viel. Die Aufklärung hatte es ihm besonders angetan. Besonders der französische Philosoph Voltaire sagte ihm besonders zu. Er korrespondierte mit ihm und eben dieser antwortete dem Kronprinzen. Sie umschmeichelten einander und beide übertrafen sich immer wieder. Zu diesem Zeitpunkt war es Friedrich wichtig, wenn er König wäre, sein Volk zu beschützen und als oberster Diener des Volkes zu fungieren. Er schrieb in Reinsberg auch ein sehr umstrittenes Werk, dass sich gegen die Macht des Königs aussprach und eben die Sicherung und Bewahrung des Volkes versprach: der Antimachiavell. Es sollte ein Tugendkatalog sein für aufgeklärte Idealmonarchen. Voltaire korrigierte nur noch kleine Fehler und dann wurde es auch schon veröffentlicht. Ebenso schrieb er mit Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, Charles Étienne Jordan, Heinrich August de la Motte Fouqué, Ulrich Friedrich von Suhm und Egmont von Chasôt. Alles Schöngeister und Künstler, die ihn in seinem Schloss besuchten. Doch bald schon sollten die angenehmen Jahre des Kronprinzen enden... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)