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Quand je suis lá, je suis sans soucis

Wenn ich dort bin, bin ich ohne Sorge
von

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~Junge Jahre mit Friedrich~

~Junge Jahre mit Friedrich~
 

Es war das Jahr 1718…
 

Sechs Jahre zogen ins Land. Das kleine, zarte Baby, das ich damals in Berlin kennen gelernt hatte wuchs zu einem zarten Knaben heran. Für seine edle Abstammung hatte er sehr feine Gesichtszüge. Und das merkwürdige war, dass ich seit der Geburt des Thronfolgers immer häufiger beim König zu gegen war. Es fiel mir selbst gar nicht erst auf, doch mit der Zeit bemerkte ich es dann doch und auch mein kleiner Bruder erwähnte es eines Tages, dass ich ihn häufiger als sonst allein ließ. Allein, bei Roderich, dessen Herrscher auch der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation war. Als ich es dann doch bemerkte lief es mir irgendwie kalt den Rücken runter. Meinen kleinen Bruder bei diesem aufgeblasenen Gockel zu lassen und mich selbst nicht um ihn zu kümmern. Er erwähnte es jedoch nicht abfällig. Eher so, als wäre es ihm selbst gerade erst aufgefallen. Ich fühlte mich schon schuldig und nahm mir vor, ihn nun mehr auf meine Reisen mitzunehmen. Es wäre nur das beste für meinen Bruder. So lernte er wenigstens auch die anderen Repräsentanten der kleinen Fürstentümer kennen und verbrachte nicht sein ganzes Leben in der Wiener Hofburg.
 

Aber manchmal war es eben nicht möglich, ihn mitzunehmen. Genauso wie heute.

Ich saß einer des Königs berühmten Tabakskollegium bei, bei der er und seine

Berater sich lautstark mit Tabak und Bier an einer langen Tafel die Zeit vertrieben und über alle möglichen Politischen Dinge berieten. Manchmal zumindest. Ich selbst schwor schon seit Jahren auf das goldene Getränk, doch den Tabak ließ ich aus. Es stank zu stark in meiner Nase und der Qualm biss widerlich in den Augen. Aber ich trank längst nicht so viel wie der König. Dieser hatte seinen Krug schon zum zweiten Mal geleert, wobei ich erst mit meinem ersten fertig war. Plötzlich kamen wir auf seinen Sohn Friedrich zu sprechen, der zu dieser Zeit bei seiner Mutter und seiner älteren Schwester Wilhelmine in Berlin lebte.
 

„Dieser Junge wird noch ganz weich!“ donnerte der König. „So lange er bei seiner Mutter und dieser französischen Gouvernante weilt, wird nie was

Gescheites aus dem Knaben werden.“ Die anderen Minister und Herzöge stimmten dem zu. Bald müsste die königliche Erziehung beginnen, damit Friedrich

eines Tages den Thron seines Vaters erben konnte. Es war das eine, seinen Thronfolger zu benennen und das andere, einen selbigen zu erziehen. Doch wie sollte diese Erziehung aussehen? Ich sah zu Friedrich Wilhelm, der gedankenvoll an seiner langen Pfeife paffte, die ich vom Holländer schon oft gesehen hatte, und kleine Rauchschwaden aus seinem Mund stoben, bis sie sich in der Luft langsam verflüchtigten.
 

Seit zwei Jahren schon wurde Friedrich von einem Soldaten ausgebildet, den der

König im Nordischen Krieg bei Stralsund als sehr fähigen Gefreiten kennengelernt hatte. Er brachte dem Jungen Französisch bei, was Friedrich sehr gefiel, ebenso wie die Kultur und Lebensweise dieses Volkes. Dieser Mann hieß Jacques Égide Duhan de Jandun. Ein fähiger Mann, wie ich fand, da er eine gute Beziehung zu seinem Schüler hegte. Auch billigte der König diese Beziehung, da sie ihm angemessen erschien- bisher.
 

„Ich werde selbst einen Tagesablauf für meinen Sohn erstellen.“ Entschied

er und ließ sich einen Schreiber kommen. Dieser schrieb auf, was der König ihm

diktierte. Es begann damit, dass der Kronprinz jeden Tag außer sonntags um

sechs Uhr aufstehen solle. An den Sonntagen durfte er eine Stunde länger

schlafen. Dann, sobald er seine Schuhe anhabe, solle er ein kurzes, aber lautes

Gebet gen Himmel schicken. Na ja. Das war zumindest etwas, was man sich von

jedem Kronprinzen wünschen würde. Frömmigkeit gegenüber dem Volke zu zeigen, galt stets als beliebt. Doch dann ging es los. Ein Frühstück in sieben Minuten Zeit! Bitte? Anziehen, den Zopf schwänzen und pudern. Und das alles innerhalb einer viertel Stunde. Sein gesamter Tagesablauf war so streng organisiert. Marschieren, exerzieren und Übungen im Schießen um nur einige zu nennen. Ich wand mich davon ab. Ich wusste, dass der König die preußischen Tugenden wie Pünktlichkeit, Sauberkeit und Disziplin über alles liebte- einige würden sagen mehr noch als seine eigene Frau. Aber das! Das war ja zum fürchten! Wir sprachen ja von einem Knaben von sechs Jahren. Aber diese Zeiten waren andere als viele Jahrhunderte später.
 

Der Tagesablauf endete für den Kronprinzen um 17 Uhr. Nach dieser Zeit hatte er

Freizeit in der er tun könne was er wollte „Es sei denn es ist gegen Gott.“ Betonte der strenge Vater mit Nachdruck.

Mit diesem Plan würde sich einiges ändern. Und damit sollte ich Recht

behalten.
 

Zu aller erst wurde Friedrich vom Hof seiner Mutter und seiner Schwester und

deren Einfluss entzogen. Die Familie zog in ein Herrenhaus nahe Berlin, das sich

nur vom Namen her als Schloss betitelte. Es war Schloss Königs Wusterhausen.

Genau richtig für den so sparsamen König in Preußen. Kein Protz und Prunk ziert dieses Gebäude. Dies wollte er als Sommersitz nutzen und residierte nur murrend während der Winterzeit in den Stadtsresidenzen Berlins.

Hier sollte der Leidensweg des jungen Kronprinzen beginnen. Das Schloss wurde

nach den Bedürfnissen des Königs eingerichtet. Spartanisch war eine

schmeichelnde Umschreibung. Die Möbel des Kronprinzen waren auf das nötigste

beschränkt. Ein Bett, ein Schrank, eine Schüssel mit einer Kanne voll Wasser

zum Waschen und seine Kleidung. Friedrich hasste diesen Ort. Es hatte nichts von

dem Prunk der Schlösser in der Hauptstadt Berlin. Um ehrlich zu sein: dieses

Herrenhaus wie ich es nannte- und was es letzten Endes ja auch war- war der

letzte Witz. Doch was der Wunsch des Königs war, wurde auch ausgeführt.
 

Es zogen weitere Jahre ins Land. Friedrich wurde 1728 16 Jahre alt und war alt

genug um, in den Augen des Vaters eine Karriere als Soldat zu beginnen. Ich

selbst hatte mir ein kleines Zimmer im Dachgeschoss des Schlosses eingerichtet

in dem der König jeweils regierte. Ich war schon wach, es war schon heller

Morgen. Ich schrieb die letzten Zeilen in mein Tagebuch hinein als ich von unten

plötzlich die Trommeln der „Langen Kerls“ hörte, wie sie anfingen im

Marschtakt durch das Schloss zu marschieren. Dies wurde fast täglich durchgeführt. Und doch, daran gewöhnen konnte ich mich nicht. Rasch zog ich mich an, ließ Gilbird auf meine Schulter flattern und gemeinsam gingen wir den Trommelklängen nach. Ihre Majestät, die Königin war schon erschienen, genauso ihre Tochter Wilhelmine. Ich verneigte mich vor ihnen zum Gruß, sie grüßten auch mir und wir sahen der Prozedur zu, die sich langsam zu den Zimmern des jungen Prinzen bewegte. Die Königin, Sophie Dorothea von Hannover, sah missgestimmt aus.

Es war schon ein ordentliches Spektakel der sich in dem so kleinen Flur

abspielte. Vom Lärmpegel ganz zu schweigen. Vor der Tür des jungen schlugen

die Soldaten einen letzten Takt und verstummten dann. Hinter ihnen kam auch

schon der Vater.

//Er wird von Jahr zu Jahr korpulenter…ein Wunder das ihn ein Pferd noch

tragen kann..// dachte ich mir im Stillen. Ich verbeugte mich vor dem Herrscher trotzdem, was dieser aber nicht bemerkte.

„Diese Trommeln bereiten mir Kopfschmerzen!“ erzürnte die Königin sich. Sie war die einzige, die irgendwie ihrem Gatten Paroli bieten konnte. Im Gegensatz zu ihrem Mann, war Spohie Dorothea sehr gebildet und wusste, wie sie ihren Mann mit Worten entwaffnen konnte. Doch der König wollte nichts davon hören. Das war meist seine übliche Art, solche Dinge abzutun. Es interessierte ihm nur ob sein Sohn noch immer im Bett lag oder nicht. Er trommelte heftig gegen die Holztür, das ich dachte, sie würde gleich unter seiner Hand zerbersten. Doch von drinnen kam keine Antwort.

„In Zukunft werde ich Kanonen unter seinem Fenster abfeuern lassen!“ schrie

er und sah wutentbrannt seine Frau an. Die schenkte ihm nur einen kühlen Blick.

„Was werft ihr ihm vor? Das er anders ist als ihr?“ fragte sie ihn. „Er

gerät ganz nach euch.“ Sagte er nur. Es stimmte. Friedrichs Mutter war eine

künstlerische Frau. Das genaue Gegenteil zu ihrem Ehemann. Vielleicht stritten

sie sich deshalb so viel. Sie beide verlangen völlig unterschiedliche Dinge von

ihrem Sohn. Zucht und Ordnung auf der einen Seite, künstlerische Entfaltung auf

der anderen. Wenn das so weiter ginge, würde der Kronprinz irgendwann einmal

daran zerbrechen.
 

„Ich bin stolz auf ihn.“ Entgegnete Sofie Dorothea nach einer kleinen Weile des Schweigens. „Er ist nicht als Mädchen zur Welt gekommen. Ich werde dafür

sorgen, dass er ein Mann wird.“ Wieder trommelte der erzürnte Vater gegen die

Tür. Doch noch immer war nichts aus dem Zimmer des Prinzen zu hören.

Schweigend sah ich dem ganzen zu.

„Majestät?“ meldete ich mich nun endlich zu Wort. Der König, sowie seine

Frau, seine Tochter und die Gardisten sahen zu mir hinauf, wie ich auf halber

Treppe stand.

„Wenn ihr erlaubt, dann werde ich zu dem jungen Prinzen gehen und mich bei ihm

erkundigen weshalb er euch nicht antwortet.“ Friedrich Wilhelm nickte nur und

schickte seine Frau und die Soldaten fort. Ich ging den letzten Rest der Treppe hinab. Der Vater des Kronprinzen sah mich an und erwartete, dass ich nun ebenso entschlossen gegen die Tür hämmern würde. Ich sah zu ihm und bat ihn höflich, sich zurückzuziehen.

„Ich werde die königliche Hoheit bitten, sich so schnell wie möglich bei euch zu melden.“ versicherte ihn ihm. Damit wollte Friedrich Wilhelm zwar nicht zufrieden geben, ging dann aber trotzdem schnaubend von dannen. Nun blieb ich allein im Flur stehen. Ich klopfte vorsichtig an die Tür und räusperte mich.

„Eure Hoheit? Dürfte ich eintreten?“ lange sah ich die Tür an. Kein Mucks

war von drinnen zu hören, nur das rascheln von Bettzeug. Erst dachte ich,

selbst der Kronprinz würde die Tür für mich verschlossen halten, doch dann

klickte der Schlüssel im Schloss und die Tür öffnete sich einen Spalt breit.

Die blau- grauen Augen des Prinzen sahen zu mir herauf. Er sah sich kurz um,

wohl um sicher zu gehen, dass sein Vater nicht in der Nähe war. Als er sich

sicher fühlte, ließ er mich ein.
 

Es sah wirklich so aus als sei er eben erst dem Bett entstiegen. Sein Haar war

vom schlafen ganz zerwühlt, ebenso wie das Bett. Ich lächelte ihn leicht an.

„Ihr habt das Theater gehört, was euer Vater vor der Tür veranstaltet

hat.“ Stellte ich fest. Der Prinz setzte sich seufzend an den Rand des Bettes.

„Natürlich habe ich das. Es wäre kein Wunder, wenn die Leute das in Berlin

auch gehört hätten.“ Erwiderte er. Es war nicht zu verdenken, was er nun dachte. „Ihr habt euren Vater sehr verärgert.“ bemerkte ich vorsichtig. Er seufzte leise auf. „Ja, er wird sich dafür bestimmt heute noch an mir rächen. Mit extra Marschierübungen.“ murmelte er niedergeschlagen.

Ich half ihm beim anziehen. Kaum jemanden, außer mich und seinen besten Freund

ließ er so nach an sich noch heran. Vielleicht noch seine Schwester Wilhelmine,

aber mehr nicht.

„Was hat mein werter Vater heute für mich veranlasst?“ fragte er in einem

zynischen Ton. „Exerzierübungen.“ Antwortete ich nur knapp. Sein Vater sah

ihm immer dabei zu wie Friedrich allein mit seinem Lehrer über den Hof

marschierte und immer wieder einzelne Befehle bekam. Kopf gerade, Halt, rechts

und so weiter. Alles was sein Vater zu dem äußerte war nur Spott und kein Ton

des Lobs.

„Heute Nachmittag dann Reit- und Schießübungen.“ Erzählte ich weiter.

Friedrich erschauerte. Nichts fürchtete der Kronprinz mehr als das Schießen.

Es war ihm ein Graus. Und das Reiten… nun, um es gelinde zu formulieren:

Friedrich war nicht der beste Reiter seiner Zeit.

„Eure Hoheit… wenn es euch beliebt. Eure Schwester erwartet euch heute

Nachmittag nach euren täglichen Pflichten im Garten. Sie ließ es mich für

euch ausrichten. Mehr wollte sie mir nicht verraten. Es sei eine

Überraschung.“ Der Junge sah zu mir fragend auf. Ich zuckte mit den

Schultern. Gewiss war es keine schlechten Überraschung. Wilhelmine kannte die

Neigungen ihres jüngeren Bruders zu gut und liebte ihn sehr.

„Nun. Dann will ich meines Vaters Gefallen tun.“ murmelte er und stand auf.

Ich folgte ihm nach draußen.

Welche Art der Überraschung es war, wurde ich am Nachmittag gewahr.
 

Geschunden mühte sich Friedrich aus seiner Soldatenkleidung aus. Er zog, seines

Standes gemäß den preußisch blauen Mantel an. Ich begleitete ihn in den

Garten, wo seine Schwester ihn erwartete. Doch war sie nicht allein. Es war ein

Mann bei ihr. Er schien nicht von hier zu sein. Als seine Schwester und sah,

rief sie uns näher heran.

„Friedrich, darf ich dir Johann Joachim Quantz vorstellen?“ Der Name sagte mir nichts. Er schien nicht dem preußischen Adel anzugehören. Der genannte

verbeugte sich vor Friedrich. „Eure Hoheit, eure werte Schwester hat mich an

den Hof beordert, da sie mir sagte, das ihr euch für die Flötenkunst

interessiert.“ Friedrich nickte kurz, musterte den Mann immer noch. Wenn Friedrich mal Freizeit hatte, dann wandte er sich den musischen Künsten zu und spielte gern die Querflöte. Meist jedoch, wenn sein Vater nicht in der Nähe war, da der König diese Kunst mehr als missachtete. Als der Kronprinz noch ein Knabe gewesen war, hatte Friedrich Wilhelm ihn dabei erwischt und seine erste Querflöte zerbrochen indem er sie mithilfe seines Knies entzwei gebrochen hatte. „Von heute an werde ich euch diese Kunst beibringen und intensivieren.“ Eröffnete er ihm. Die Miene des Jungen erhellte sich. Er sah zu seiner Schwester, dann wieder zu ihm.

„Doch das bleibt unser Geheimnis.“ Lächelte sie und zwinkerte fröhlich. Kaum hatte sie dies gesagt, da fiel ihr Friedrich schon um den Hals. „Danke liebste Schwester. Tausend Dank!“ rief er aus und seit langem sah ich Friedrich wieder lächeln.



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