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Quand je suis lá, je suis sans soucis

Wenn ich dort bin, bin ich ohne Sorge
von

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Heimreise

~Heimreise~
 

Es war Anfang März des Jahres 1763. Der Friedensvertrag von Huberusburg zwischen uns, Österreich und Sachsen lag nun zwei Wochen hinter uns. Und endlich waren wir wieder auf dem Weg zurück nach Berlin. In ein paar Tagen würden wir wieder in unserer Heimat sein. Jedoch war die Reise zurück nicht sehr fröhlich. Friedrich wollte unbedingt an einigen Kriegsschauplätzen vorbei, an denen wir gefochten hatten. Jedes Mal, wenn wir hielten, stieg er aus seiner Kutsche aus und blieb für einige Momente still stehen. Ich glaube, er tat es, um den Gefallenen zu gedenken, die für ihn gestorben waren.

Hinter der Grenze zwischen Sachsen und Preußen hielten wir in einer Taverne und wollten die Nacht dort verbleiben. Es war ein zweigeschossiges Haus, am Rande einer kleinen Stadt. Von drinnen drang kaum ein Laut. Das war auch nicht verwunderlich. Jetzt, so kurz nach dem Krieg hatten die Leute andere Sorgen, als lustig in Tavernen ihr hart erarbeitetes Geld auszugeben.

Ich ging woraus und kündigte Friedrich dem Tavernenwirt an, damit dieser dem Preußenkönig eine akzeptable Unterkunft herrichten möge.

Der Schankraum war für diese späte Nachmittagsstunde recht leer. In der hintersten Ecke spielten zwei Leute Karten. Der Raum war spärlich beleuchtet. An den Tischen gab es ein paar Kerzen und am Tresen ein paar Öllampen.

Der Mann, ein etwas untersetzter, dicklicher Herr, mit schütterem, leicht ergrautem Haar und wässrigen Augen starrte mich erst verdattert an, als er dann aber Friedrich hineinkommen sah, sprang er, wie von der Tarantel gebissen auf und konnte gar nicht so viele Verbeugungen machen. Auch die beiden in der Ecke rissen die Münder auf und knieten ergeben nieder.

„Eure Majestät! Eine Ehre! Eine große Ehre!“, rief er und berührte fast mit seiner Stirn den Boden. Erstaunlich, wie gelenkig dieser Mann doch war.

„Schon gut, schon gut, möge er sich erheben!“, meinte Friedrich nur und wandte sich zu einer Bank um sich zu setzen.

Sofort lief der Wirt in einen Raum hinter der Theke. Aufgeregtes murmeln war zu hören. Ich bekam nur soviel mit das er wohl seinem Weib die Neuigkeit mitteilte, denn kurz darauf erschien eine Frau mit mausgrauem, zu einem geflochtenem Zopf frisiertem Haar, einer fleckigem Schürze und Haube. Sie kreischte auf und keifte ihren Mann an, das sie sich so doch nicht vor dem König hätte zeigen können. Schnell eilte sie zurück in den Raum von dem der Geruch von gebratenem Fleisch kam.

„Ich werde für euch das beste Zimmer herrichten.“, versprach er und war schon wieder in den Raum auf der anderen Seite verschwunden.

Nun ließ ich mich auch nieder.

„Was die Leute für ein Gewese machen, nur weil ihr König hier einkehrt.“, „Ihr seid ihr König. Sie lieben euch.“, erwiderte ich nur, was dem ganzen auch der Wahrheit entsprach. Friedrich schnaubte nur und sah hinaus auf das Feld auf dem Kinder mit Holzschwertern anscheinend Schlachten nachspielten. Eine junge Frau, vielleicht die Mutter eines der Kinder rief sie nach Hause. Sie hatte wohl die Kutsche neben der Taverne gesehen und ihre Schlüsse draus gezogen.
 

„Gilbert, ich will morgen so früh wie möglich aufbrechen.“, verkündete mein gealterter König und sah mich mit müden Augen an. „Ich möchte, das du nach Berlin voraus reitest und alles für meine Ankunft dort vorbereitest. Ich selbst will von hier aus weiter Richtung Kunersdorf.“

Ich machte große Augen. Wieso wollte Friedrich sich dieser Qual erneut stellen? Er schien meine Frage aus meinem Gesichtsausdruck lesen zu können.

„Ich habe dort die größte Schmach erlitten. Und doch überlebte ich wie durch ein Wunder.“, er holte die eingedellte Schnupftabakdose hervor.

„Wäre die Kugel nur ein paar Zentimeter höher oder tiefer eingedrungen...“ er beendete den Satz nicht.“Majestät- ich...“, „Ich habe dir einen Befehl gegeben. Führe ihn aus und wenn du dies getan hast, reite mir entgegen. Ich gebe dir einen Brief mit, den gibst du meiner Frau.“ Ich nickte.

Von hier aus war Kunersdorf etwa vier Reisetage per Pferd oder Kutsche entfernt, Berlin gerade mal zwei. Ich würde ihn also kurz vor oder hinter Kunersdorf antreffen.

Der Wirt kam mit dem essen und wir taten uns gütlich daran. Das Fleisch war saftig und zart. Er hatte Brot und Kartoffeln dazugetan. Darüber freute Friedrich sich etwas.

Nach dem essen zog er sich auf sein Zimmer zurück. Ich blieb noch im Schankraum und genoss einen Krug Bier. Ein Diener kam wenig später mit dem Brief für Elisabeth Christine zu mir und gab mir diesen. Dann ging er wieder hinauf zum König.
 

Ich hing meinen Gedanken nach. Es war allen am Hof schon lange klar, das man von Friedrich II. Keine Kinder mehr erwarten würde. Daher hatte er sich um eine geeignete Thronfolge schon gekümmert. Zuerst sollte sein Bruder, August Wilhelm die Staatsgeschäfte nach dem Tod des Monarchen aufnehmen. Leider hatte dieser im siebenjährigen Krieg mehrere Male versagt und der König entließ ihn aus der Thronfolge. Stattdessen sollte dessen Sohn, Friedrichs Neffe, Friedrich Wilhelm der nächste König werden. Der Junge war nun 19 und hochbegabt in der Kunst und Literatur. Sein Onkel hatte seinen Erziehern freie Hand gegeben. Wenn Friedrich Wilhelm sich für etwas interessierte, sollte er es auch machen dürfen. Allerdings war seine größte Neigung dem weiblichem Geschlecht zugewandt.

Trotzdem kam dieser der Statur nach dem Großvater, dessen Namensvetter er war. Eine passende Ehefrau war auch schon ausgesucht, die die Liebeseskapaden des Thronfolgers hoffentlich in die richtigen Bahnen leiten würde. Die Vorlieben des Jungen an französischen Tänzerinnen war weithin bekannt.

Ich seufzte und leerte mein Bier bevor auch ich mich in mein Zimmer zurückzog. Morgen früh würde ich mich wieder aufs Pferd schwingen und weiter Richtung Berlin reiten. Ich legte meine Sachen über den Stuhl und schlüpfte unter die Decke. Irgendwo im Gasthaus hörte ich jemanden laut schnarchen. Ob das der Wirt war? „Die arme Frau...“, dachte ich noch bevor ich dann in einen leichten Schlaf fiel, der gelegentlich durch das laute schnarchen des Wirtes unterbrochen wurde.
 

Als die ersten Sonnenstrahlen die Baumwipfel berührten, war für mich der Schlaf auch vorbei. Ich setzte mich auf, zog mir meine Hose an, holte mir Wasser aus dem Brunnen neben dem Gasthaus und wusch mich in der Waschschüssel, die in meinem Zimmer stand. Das kühle Nass weckte meine Lebensgeister, sodass ich mich fertig ankleidete und hinunter in den Schankraum ging. Vorher noch steckte Ich hatte beim ersten hinausgehen schon die Wirtin gesehen und ihr mein Frühstück aufgetragen. Mit leerem Magen wollte ich nun wirklich nicht reiten. Ich verzehrte mein Mahl und verabschiedete mich dann. Von meinem König musste ich mich nicht verabschieden, er hatte mir ja selbst diesen Auftrag erteilt. Und so ritt ich gen Berlin. Wie das Volk wohl über die Nachricht reagieren würde? Oder gar die Königin selbst?
 

In Berlin angekommen ritt ich zum Berliner Stadtschloss. Die Stadtwache hatte mir gesagt, die Königin sei dort anzutreffen. Vor den Toren des Schlosses hielt ich mein Pferd an. Die Palastwache hielt mich an. „Was ist euer Begehr?“, fragte mich der eine. Eine Standardfrage, auch wenn man den Gegenüber kannte, wurde man dies jedes Mal gefragt.

„Der König schickt mich mit einer Nachricht für seine Frau.“, antwortete ich und hielt den Brief hoch auf dem das königliche Siegel zu sehen war. Die Wache besah sich kurz das Wachssiegel, nickte dann und ließ mich passieren.
 

Im Inneren des Schlosses stieg ich vom Pferd. Ein Diener nahm sich des Pferdes an und ein anderer nahm mir meinen Reiseumhang ab. „Die königliche Majestät geruht im Musikzimmer zu verweilen.“, erklärte er mir. Ich nickte. Das Musikzimmer? Elisabeth Christine, die alles andere als musikalisch begabt war? Doch ich ging hinauf und vor dem besagten Zimmer saß eine junge Dame. Es war wohl eine von Elisabeths Hofdamen. Sie knickste vor mir. „Die königliche Majestät wünscht niemanden bei ihren musikalischen Übungen zu stören.“, sagte sie. Von drinnen hörte ich ein paar klägliche Laute einer Harfe.

„Bitte, ich komme von ihrer Majestät, dem König. Ich habe eine Nachricht von ihm für seine Frau.“ Die Hofdame machte große Augen und knickste erneut. „Bitte wartet hier.“, antwortete sie und klopfte leise an die Tür. Die Harfenklänge verstummten und die Königin rief sie hinein. Die junge Frau ließ mich im Flur allein zurück. Ich hörte sie beide leise miteinander tuscheln, bis ich eingelassen wurde. Ich kniete vor der Königin, die neben der Harfe saß und mich ansah. Sie ließ mich wieder aufstehen.

„Man sagte mir, ihr habt eine Nachricht von meinem geliebten Gatten?“, fragte sie. Es war wohl das erste Mal das sie direkt mit mir sprach. So oft hatte ich sie auch noch nie gesehen, geschweige denn sprechen hören.

„Das ist richtig, königliche Hoheit. Der König selbst gab mir den Auftrag dazu.“

Sie hielt ihre Hand hin und ich gab ihr den versiegelten Brief.

Während sie ihn las herrschte langes Schweigen. Als sie den Brief zu Ende las, seufzte sie leise.

„Er hat den Krieg unbeschadet überlebt und kehrt bald zu mir zurück.“, sagte sie. Ich hörte Erleichterung in ihrer Stimme mit schwingen. Sie hatte zwar schon die Hoffnung auf ein gemeinsames Kind zu Grabe getragen, doch hoffte sie noch immer, sie würden nach langer Zeit endlich so etwas wie Zuneigung füreinander entwickeln, hatte Friedrich ihr doch immer beteuert und zu Gute gehalten, wie Loyal und Treu sie ihm doch war. Er war ihr keineswegs egal, er kümmerte sich stets um sie, bedachte sie mit wertvollen Geschenken, doch konnte er nie wirklich Zuneigung für sie entwickeln.
 

Sie sah zu mir und schenkte mir ein warmes lächeln. „Ich danke euch, das ihr die Strapazen auf euch genommen habt und mir diese Nachricht habt zukommen lassen.“ sagte sie und hielt mir ihre rechte Hand zum Kuss hin. Ich erwiderte die Geste und küsste ihre Hand.

„Ich habe euch an der Harfe spielen gehört, Majestät. Es klang sehr schön.“, gab ich zur Antwort. Elisabeth Christines Wangen wurden einen Hauch rosa und sie lächelte. „Ach, nichts im Vergleich zu den Sonaten, die mein geliebter Gatte komponiert.“

Was war sie doch für eine reine Seele. Fast schon konnte man Mitleid für sie empfinden. Aber sie schien auf eine gewisse Art Glücklich.

„Wenn ihr wieder zu meinem Gatten reitet, dann gab ihm dies hier von mir mit. Damit er es mir, wenn wir uns wiedersehen zurück geben kann.“, sagte sie und gab mir ein fein besticktes Taschentuch. Es roch leicht nach einer Mischung aus Rosen und Jasmin. Sie bat mich, für die Nacht im Schloss zu bleiben. Die Diener würden mir eine Wohnung bereitstellen.

Da ich die letzten Nächte eher schlecht als recht geschlafen hatte und ich der Bitte der Königin nicht abschlagen konnte, willigte ich dankend ein und blieb die Nacht. Diesen Tag mehr würde nicht zu Gewicht fallen. Am Nächsten Tag würde ich erfrischt und ausgeruht zurück reiten.



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