Quand je suis lá, je suis sans soucis von Julchen-Beilschmidt (Wenn ich dort bin, bin ich ohne Sorge) ================================================================================ Kapitel 12: ~Sieben Jahre Krieg~ -------------------------------- ~Sieben Jahre Krieg~ Es war nicht wie die Kriege zuvor. Allein schon die Allianzen unserer Kriegsverbündeten war umgekehrt. Früher war ich es gewohnt, Francis und Antonio an meiner Seite zu wissen, doch nun war es Arthur, ganz der Gentleman wie man ihn kennt, umsorgte er während seines Aufenthaltes die Königin. Das war sie von ihrem Gatten nun ganz und gar nicht gewohnt und Friedrich missfiel dieses Verhalten. Elisabeth Christine hingegen war ganz entzückt vom Briten. Manchmal dachte ich, mein König wirft den Inselbewohner im hohen Bogen hinaus, doch dann stünden wir fast ohne einen mächtigen Verbündeten dar. Also nahm er es murrend hin. Wir trafen uns zu den Besprechungen auch nie in Sanssoucis, da der Preußenkönig keine Damen an seinem Hofe duldete, sondern trafen uns im Berliner Stadtschloss, dem Geburtsort Friedrichs II. „Well, wie wollen wir nun gegen unseren Feind vorgehen?“ fragte Arthur in die Runde von Beratern, die neben den beiden Königen und uns beiden Repräsentanten anwesend waren. Ein aufgeregtes Gemurmel ging durch den Raum. Friedrich stand von seinem Platz auf und ging im Raum umher. „Sehen wir es so,“ begann er und blieb vor einer Karte mit den eingezeichneten Territorien stehen. Sie lag ausgerollt in der Mitte des Tisches und wurde an den Ecken mit vergoldeten preußischen Adlern am einrollen gehindert. In den Jahren, in denen Friedrich König in Preußen wurde, hatte es sich stark gewandelt. Man beachte nur den territorialen Zuwachs von Schlesien. Trotzdem war das Land meines Herrschers immer noch weitestgehend ein Flickenteppich auf der europäischen Landkarte. „Es wird Zeit, das Vorpommern und Mecklenburg endlich wieder preußisch werden und das Österreich seine Ansprüche an Schlesien endlich an uns abtritt.“ Mein König zeigte mit einem Stock auf die Gebiete, die an die Ostsee grenzten. Seit mehr als einhundert Jahren war dieses Gebiet, nördlich der Peene, schwedisch. Zustimmendes nicken und hier und da ein „Ja!“, war zu hören. Arthur sah nun zu seinem König und auch er erhob das Wort. „Wir wollen doch nicht auch unsere Ziele vergessen. Nordamerika und Indien sollen an uns fallen.“. Wieder ein zustimmendes Gemurmel von den Beratern. „Natürlich, werter Onkel.“, stimmte ihm mein König zu. Es war ehrlich gemeint. Friedrich würde es sich in seiner jetzigen Situation nicht mit ihm verscherzen wollen. Arthurs Gesicht indes wurde ernst. „Wie lange hat mich dieser Froschfresser schon gedemütigt?“, grollte er. Die Geschichte kannte ich schon. Der Brite erzählte sie jedem, auch wenn er sie nicht mehr hören wollte. Sein kleiner Bruder, Alfred und der kleine Matthew, die ja in einem bösen Einfluss von Francis lebten. An sich waren die von George II und Friedrich II ähnlich. Sich abspalten von einer Monarchie - auch wenn Großbritannien in diesem Punkt weiter vorn war – und Großmacht werden. Der Britische König versicherte seine Unterstützung im Kampf gegen Frankreich, Russland und Österreich und wir würden das selbige für ihn tun. Im Juli, kurz vor Ausbruch des Krieges erhielt ich überraschenderweise einen Brief. Er stammte aus Russland. Murrend wollte ich den Brief schon ins Feuer werfen, doch dann fiel mir die Grußformel auf. Sie stammte nicht von Ivan, ebenso auch nicht von der Zarin Elisabeth. Der Kronprinz Peter hatte diese Zeilen verfasst. Verblüfft las ich das Schriftstück durch und konnte kaum glauben, was ich dort las. Ebenso erstaunt war auch Friedrich. „Dieser Peter...“, sagte er, „Ist mir äußerst sympathisch.“ Der Preußenkönig lächelte. In diesem Brief stand, das Peter diesen Krieg bis aufs äußerste versucht hatte zu vermeiden. Doch leider war seine Tante, die Zarin, uneinsichtig und ganz und gar nicht Preußenfreundlich. Ganz im Gegensatz zu ihm. Wäre er Zar, hätte er sofort die Einberufung und Aufrüstung gestoppt und freundliche Kontakte zu uns gepflegt. „Ich stelle mir gerade Ivans Gesicht an, Majestät.“, lächelte ich breit. „Wie er sich dem Willen dieses Jungen beugen muss, wenn er erst einmal Herrscher über Russland ist.“ Auch Friedrichs Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln. „Doch leider ist er nicht der Zar. Und wir müssen mit dieser launischen, alten Elisabeth vorlieb nehmen. Ich seufzte. „Warum müssen alle Frauen nur solche Launen haben, wenn sie das Oberhaupt ihres Landes sind?“ Und einen Monat später brach ein neuer Krieg aus. Es ist zu mühselig ihn im Detail zu erläutern. Jedoch waren es sieben lange Jahre. Entbehrungsreich und auch kräftezehrend. Ich möchte euch nur sagen, das Friedrich, wie er es geplant hatte den ersten Schritt tat und das die ersten Jahre sehr erfolgreich für uns waren. Allerdings nicht so erfolgreich wie die ersten beiden schlesischen Kriege. Dieser Krieg umspannte fast die gesamte Welt. Von Nordamerika bis nach Indien. Korrekterweise hätte man ihn auch den ersten Weltkrieg nennen können. Doch dieser sollte sich ja viel später zutragen. Den ersten großen Rückschlag ereilte den König nicht auf dem Schlachtfeld. Wir schrieben das Jahr 1757. Fast ein Jahr schon tobte der Krieg. Wir hatten vor kurzem erst die Schlacht um Kolin gegen Österreich verloren. Ein herber Verlust, doch waren wir uns gewiss, das wir mit aller Härte die verlorenen Gebiete wieder zurück gewinnen würden. Ein Bote aus Berlin kam zu Friedrich mit einer niederschmetternden Botschaft. Die Mutter Friedrichs, Sophie Dorothea war im Schloss Monbijou am 28. Juni verstorben. Klagend zog Friedrich sich für den Rest des Tages zurück und schrieb seiner Schwester Amalie: „Liebe Schwester, alle Unglücksfälle schlagen auf mich mit einem mal ein. Vielleicht hat der Himmel unsere teure Mutter zu sich genommen, damit sie nicht das Unglück unseres Hauses sieht…“. Ich erinnere mich sehr gut an die Mutter, die so ganz anders als Friedrich Wilhelm gewesen war. Sie war nie besonders schön, doch hatte sie immer eine königliche Würde ausgestrahlt und trotz ihrer vierzehn Schwangerschaften immer eine gute Figur gehabt. Sie hatte in ihrem ersten Sohn immer einen Künstler gesehen. Bei ihr hatte er sein dürfen, wie er es wollte. Sie hatten sich regelmäßig getroffen und in einer Geheimbibliothek miteinander philosophiert. Friedrich hatte seine Mutter sehr geliebt, mehr noch als seine eigene Ehefrau. Sophie Dorothea war die erste Dame am Hof. Sie hatte damals von der versuchten Flucht des damaligen Kronprinzen gewusst und hatte die Briefe, die er aus Küstrin geschrieben hatte empfangen. Friedrich bestimmte die Hohenzollerngruft im Berliner Dom als die letzte Ruhestätte seiner Mutter. Nach der Niederlage auf dem Schlachtfeld und der Botschaft, wählte Friedrich eine andere Strategie. Zwar hatte er den Ruf der Unbezwingbarkeit verloren, jedoch blieb er bei seinen Feinden immer noch unberechenbar, schnell und kaum zu bezwingen. Nach drei der sieben Jahre war unser Heer schon sehr erschöpft. Wir hatten an so vielen Schauplätzen gekämpft, das es uns kaum noch gelang das preußische Kernland zu verteidigen. Doch bleibt mir die Schlacht bei Kunersdorf vom 12. August für immer im Gedächtnis. Wir kämpften nahe Frankfurt an der Oder gegen die Russen. Sie hatten sich durch Ostpreußen gekämpft und uns große Verluste zugefügt. Nun standen wir uns nahe Kunersdorf gegenüber. Ich hatte mich, wie alle unserer restlichen Mannen in die Schlacht geworfen. Auch Friedrich kämpfte hoch zu Ross gegen den Feind. Pistolenhagel ging immer wieder auf uns nieder. Dann endlich entdeckte ich Ivan. Er erschlug unsere Soldaten als wären es einfache Holzattrappen. Mein Waffenrock war schon durchlöchert, blutig vom Kampf, doch wollte ich mich nicht geschlagen geben. Brüllend lief ich auf den Hünen von einem Mann entgegen, das Bajonett im Anschlag. Als er mich sah, lächelte er mich wie ein kleines Kind freudig an. *Dir wird noch der Spaß vergehen!*, dachte ich zähneknirschend. Gerade wollte ich mich auf ihn werfen, als er mein Bajonett packte, es mir entriss und mich an meiner Kleidung empor hob. „Privjet, Gilbert.“, sagte er mit zuckersüßer Stimme und lächelte noch breiter. „Warum siehst du deiner Niederlage nicht entgegen?“ - „Weil du eine Niederlage erleben wirst!“ zischte ich und versuchte mich aus seiner eisernen Umklammerung zu befreien. Er kicherte nur und gab mir einen Schlag in die Magengrube, das mir die Luft wegblieb. Mir wurde kurz schwarz vor Augen und ich hatte den Geschmack von Blut im Mund. „Deinem König scheint es nicht gerade besser zu gehen~“ säuselte er weiter. Automatisch wandte ich meinen Blick zu Friedrich, der mit gezogenem Degen auf einem Pferd auf einen russischen Soldaten einstach. Er bemerkte nicht, das ein anderer Soldat gerade mit seiner Flinte auf ihn zielte. Ivan hielt mich immer noch umklammert und ich war gute hundert Meter von ihm entfernt. Da löste sich schon der Schuss. Ich sah nur noch wie Friedrich vom Pferd stürzte und liegen blieb. In mir blieb alles still mein Blut gefror zu Eis, ich konnte keinen Muskel mehr rühren. Ein paar Soldaten hoben unseren König hoch und schleppten ihn von dannen. Ein Offizier befahl den Rückzug und wir mussten die Schlacht aufgeben. In diesem Augenblick ließ Ivan mich los und ich konnte mich nur taumelnd vom Schauplatz entfernen. Ich konnte alles nur durch einen Schleier sehen. Lag Friedrich im Sterben? War dies das Ende? Im Lazarett angekommen kümmerten sich die Ärzte um die Verwundeten. Viele hatten schwere Verletzungen. Einer kam auf mich zu, doch ich wollte mich nicht untersuchen lassen. Viel wichtiger war für mich jetzt mein König. Um ihn herum waren drei Feldscher, die sich um ihn kümmerten. Friedrich lag da wie tot. Aber ich fühlte mich nicht so, als läge er im sterben. Als ich näher herantrat, da öffnete er auf einmal die Augen. Er keuchte schwer, als sei er mehrere hundert Meilen gelaufen. „Ein Wunder, er lebt!“, rief einer aus. Aber ganz so ein Wunder war es dann nicht. Friedrich öffnete seine Uniform und holte eine kleine, runde Dose hervor, in der eine Kugel steckte. Ich erkannte die Dose wieder, genauso wie auch mein König. Es war die Schlupftabakdose, die er vor Jahren von Voltaire geschenkt bekommen hatte. Ironie des Schicksals, wie man es so nennt. Am Abend saß Friedrich dann am Feuer und starrte in die Flammen. Das preußische Heer war nach der Niederlage kurzzeitig zerschlagen, hatte sich aber nach der Nachricht, der König sei am Leben wieder neu formiert. Aber was war das für ein kleiner kümmerlicher Haufen? Friedrich hatte gerade einen Brief an seinen Staatsminister Graf von Finckenstein verfasst und den Oberbefehl an seinen Bruder Prinz Heinrich übertragen. Ich lese dies hier nun für euch vor. Niederschmetternder könnte keine Nachricht sein. „Ich habe heute morgen um 11 Uhr den Feind angegriffen. Wir haben sie bis zum Judenkirchhof bei Frankfurt zurückgedrängt. Alle meine Truppen haben Wunder an Tapferkeit vollbracht, aber dieser Kirchhof hat uns ungeheure Verluste gekostet. Unsere Leute gerieten durcheinander, ich habe sie dreimal wieder rangiert, am Ende war ich selber drauf und dran, gefangen zu werden, und musste das Schlachtfeld räumen. Meine Kleidung ist von Kugeln durchlöchert. Zwei Pferde wurden mir unter dem Leib erschossen, mein Unglück ist, dass ich noch am Leben bin. Unsere Niederlage ist enorm. Von einer Armee von 48.000 Mann habe ich keine dreitausend mehr. Indem ich dies schreibe, flieht alles, und ich bin nicht mehr Herr meiner Leute. Man wird gut daran tun in Berlin, an seine Sicherheit zu denken. Das ist ein grausamer Rückschlag, ich werde ihn nicht überleben; die Folgen dieses Treffens werden schlimmer sein als das Treffen selbst. Ich habe keine Reserve mehr, und, um nicht zu lügen, ich glaube, dass alles verloren ist. Ich werde den Untergang meines Vaterlandes nicht überleben. Adieu für immer! Friedrich“ Nun saß er dort am Feuer. Ich wusste, das er mit dem Gedanken spielte sich hier und jetzt das Leben zu nehmen. Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis Russland und Österreich nun zum finalen Schlag ausholen würden. Doch der blieb wider erwarten aus. Anfang September des Jahres 1759 rückten Russen und Österreicher nach Osten ab. Der Sturm auf Berlin blieb aus. Sie nutzten nicht die Gunst der Stunde uns zu schlagen. Es war ein Wunder, das uns rettete. Friedrich konnte seine übriggebliebene Armee neu formieren. Wir konnten uns die folgenden Jahre wieder besser gegen die feindlichen Truppen erwehren, jedoch mit großen Verlusten. Berlin wurde in den nächsten Monaten dann doch kurzzeitig von den Russen belagert, mit einem Befreiungsschlag konnte diese aber wieder aufgehoben werden. Aber das wahre Wunder passierte dann zum Jahreswechsel 1762. In Russland starb die Zarin und ihr Neffe Peter wurde zum Nachfolger gekrönt. Und so wie er es Jahre zuvor in seinem Brief geschrieben hatte, stoppte er die Kriegstreiberei gegen Preußen und unterzeichnete einen Friedensvertrag. Russland schied aus dem Krieg aus und Österreich blieb mit Frankreich und Schweden alleine zurück. Viele verwechseln dieses Wunder mit dem Mirakel des Hauses Brandenburgs, das sich in Wahrheit auf den Abzug der österreichischen und russischen Truppen nach der Schlacht von Kunersdorf bezieht. Aber diese beiden haben nichts miteinander zu tun. Leider regierte Zar Peter III nur ein halbes Jahr, danach wurde er hinterrücks ermordet, beauftragt durch seine Frau Katharina, die aus einer preußischen Provinz in die russische Monarchie hineingeheiratet hatte. Die setzte sich nun die Zarenkrone auf den Kopf. Viele vermuteten nun, die Politik Elisabeths würde wieder aufleben, doch das trat nicht ein. Katharina wählte den Frieden. Gestärkt durch den Austritt Russlands zogen wir wieder in die Schlacht. Und wie durch diese Wunder beflügelt errang unsere Armee die Oberhand. Binnen kurzer Zeit brach die antipreußische Koalition auseinander. Es wurden nun nicht mehr nur Schlachten geschlagen, sondern auch Verhandlungen. Am 10. Februar 1763 schlossen die Briten und Portugiesen mit Frankreich und Spanien Frieden. Fünf Tage danach war dann auch der Krieg zwischen uns und den Österreichern beendet. Zwar hatten wir keine großartigen Gewinne erzielen können, jedoch wurde Preußen nun als fünfte Großmacht neben Großbritannien, Frankreich, Österreich und Russland angesehen. Frankreich hatte sich schwer verschuldet und verlor die Österreichischen Niederlande, die heute eher unter dem Namen Belgien bekannt ist. Dazu musste Francis weite Teile Nordamerikas und Indiens an Arthur abgeben. Der wälzte die Schulden auf die Siedler ab. Was daraus folgte, kennen wir unter dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Aber der spielt hier keine Rolle. Davon soll euch eher Alfred erzählen. An uns für sich hatte sich für mich und Roderich nichts geändert. Der Status quo ante bellum, der Zustand zu Friedenszeiten wurde wiederhergestellt. Leider musste nicht nur ich feststellen, das die Kriegsjahre arg an meinem König gezehrt hatten. Er war früh gealtert. Jetzt, 51- Jährig war kaum noch etwas vom weltoffenen Monarchen zu spüren. Er war zynisch und verbittert geworden. Und, zu meinem großen Betrüben hielt das von nun an auch so bis zum Ende an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)