Der Schatten an meiner Seite von Honeybarneys ================================================================================ Prolog: Nur ein letztes Mal --------------------------- Es war einer dieser kühlen Herbstnächte. Nächte, die für Ruhe und Stille standen. Wenn die Sterne ihr winkendes Blinken auf die Erde schickten und den Mond umtanzten. Eine Nacht, die ruhig und ausruhend wirken sollte und es doch nicht war. Der Wind zog seine Bahnen und drehte des öfteren die Richtung, was den jungen Mann von etwa 17 Jahren dazu veranlasste, die Jacke enger um den Körper zu ziehen. Sein Blick richtete sich in den klaren Nachthimmel von Tokio, was ihn ein kleines Lächeln auf die Lippen zauberte. Es würde die letzte Nacht dieser Art sein, denn er hatte es seinem alten Herrn versprochen. Danach würde er anständig werden und sich um einen Beruf kümmern. Aber vorher... Er drehte sich herum, als er Motorengeräusche hinter sich wahrnahm. Der Motor heulte auf, als der Wagen scharf um die Ecke bretterte und dann mit quitschenden Reifen vor ihm zum Stehen kam. Automatisch ging die abgedunkelte Scheibe der Beifahrerseite runter und ein junger Mann, in seinem Alter, grinste ihn an. "Bereit es heute nochmal richtig krachen zu lassen?" Der Angesprochene nickte, schlenderte auf die Tür zu und sah erneut in den Himmel. Ja, nur noch diese eine Mal. Beherzt griff er nach der Tür, ließ sich in das Gefährt hinein gleiten und schloss sie anschliessend wieder. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Mit neuen aufheulen des Motor und quitschenden Reifen fuhren sie davon. Sie waren am Zielort angekommen. Die Straßen waren abgesperrt. An den Bürgersteigen wurden Fackeln angezündet, welche wie kleine Trophäen von den jungen Menschen hin und her geschwenkt wurden. Das Auto, welches nun eines von vielen war, hielt an mit einer Vollbremsung. Halb parkend zwischen Bürgersteig und Straße. Die zwei jungen Männer stiegen aus und wurden sogleich freudig von einem Dritten entfangen. "Pünktlich wie immer!", meinte er als er auf die zwei Personen zutrat, welche sich aus dem Auto hieften. Der Fahrer mit dem schwarzen, kurzen Haar und den rehbraunen Augen sah sich um und nahm die Umgebung in sich auf. "Ganz schön voll hier", kommentierte er knapp und fing die Schachtel Zigaretten auf, welche man ihm zuwarf. Der Beifahrer trat auf die beiden Männer zu und schwieg. Der Wind nahm zu, wehte ihnen um die Haare und ein paar einzelne blonde Strähnen suchten sich ihren Weg über sein Gesicht, klebten an seiner Wange, nur um durch die geänderte Windrichtung wieder von der Haut ab zu lassen. "Kou, Takato! Habt ihr überprüft ob mit dem Wagen alles stimmt?" Die beiden rauchenden Gestalten sahen erst sich an, dann zu der Person, welche so ernst die gesamte Situation zu mustern schien. "Ja. Ich hab persönlich rumgewerkelt. Nicht mal die Crew durfte ran", meinte Takato und schnippte einen Teil der Asche auf den Beton. "Gut", meinte er mit einem anerkennenden Nicken. Erneutes Quitschen von Reifen war hinter ihnen zu hören, worauf der Blonde nur leicht über seine Schulter sah. Ein schwarzer Nissan schlitterte um die Kurve, an den Seiten geziert mit blauen Flammen. Die blauen Augen des jungen Mannes wurden eine Stufe dunkler und schienen kurz auf zu funkeln, als ihm klar wurde, wen der Wagen gehörte. Lautstark kam das Gefährt neben ihm zum Stehen und ein Kerl, mitte zwanzig, stieg aus und ging sich mit den Fingern durch das lange schwarze Haar. Die ebenso schwarzen Augen fixierten die Person neben den Wagen und ein Grinsen huschte über das Gesicht des dunkelhaarigen Mannes. "Ich hab gehört das wird dein letztes Rennen, Kiki-kun?" Der Asphalt knirschte leise, als er sich mit den Sohlen drehte, um den Mann direkt anblicken zu können. "Hör auf mich so zu nennen." Er lachte leise auf und beugte sich mit dem Oberkörper auf das Autodach. "Wenn du eh aussteigen willst, warum fährst du das letzte Rennen der Saison noch?" Der blonde Jüngling kniff ein wenig die Augen zusammen, als der Wind direkt in sein Gesicht blies, doch sein Blick ließ nicht von dem Anderen ab, als er sprach. "Um dir in den Arsch treten." "Kopfhörer?" "Check." "Mikrofon?" "Check." "GPS?" "Check!" "Gut. Dann wären wir soweit", meinte Kou kleinlaut und klopfte auf das Dach des dunkelblauen Toyota. "Hey, Kiki-kun?" Der Kopf des Blonden, welcher nun hinter dem Steuer saß, ruckte rum. "Warum hast du Hiro nicht gesagt, dass du dir durch das Preisgeld des letzten Rennens ein bürgerliches Leben aufbauen willst?" Der Angesprochene senkte kurz den Blick und verkrampfte die Finger um das Lenkrad. "Es geht ihn einfach nichts an!", zischte er worauf Kou nur leise seufzte. "Okay, hör zu. Die Karte ist im Navigationsgerät eingespeichert. Wir starten hier von Katsushika-ku. Das Ziel ist das abgelegene Industriegebiet in der Nähe vom Narita International Airport." "Hast du eine verfluchte Ahnung wieviel Kilometer das sind?" "Letztes Rennen der Saison. Hals und Beinbruch!", trällerte er fröhlich und klopfte aufmunternd gegen die Fahrertür. Insgesamt handelte es sich um 15 Wagen, welche alle hinter der Startlinie in Position gingen, welche mit Sand auf der Straße makiert worden war. An den beiden Enden der Markierung befanden sich hüfthohe Zäune, hinter welchen Menschen, jung wie alt, mitfiebernd jubelten. Durch die Frontscheibe sah der Blonde erneut in den Himmel, wie so oft. Die Sterne schienen schwächer und bedrohlich dunkle Wolken begannen sich vor den Mond zu schieben. Welch' eigenartige Nacht... 'Bereit?', knackte es leise durch den Kopfhörer. "So bereit wie man sein kann", antwortete er leise und richtete sein Blick auf die Straße vor ihm. Eine Hand fest auf dem Lenkrad, eine Andere auf dem Schaltknüppel. Der Motor heulte leise auf, als er mit dem Gas spielte und erwartungsvoll leckte er sich über die Lippen. Trotz der Temperaturen tappsten zwei leicht bekleidete Mädels an den Rand und wedelten mit Fahnen herum. Die Menge wurde aufgeregter, die Motoren lauter und durch ein Megafon vernahm man nun eine tiefe Stimme. "Willkommen, Freunde des Adrenalins und der heißen Motoren!" Jede Sekunde würde es losgehen. "Das letzte Rennen der Saison beginnt heute." Dieses ungute Gefühl in der Magengegend. "Wir lassen es ausklingen mit einem schönen Speedrunning." Sekunden wurden zu Minuten. "Alle am Start?" Und Minuten zu Stunden. "3..." Die Stunden waren die Ewigkeit. "2..." Zeit spielte keine Rolle mehr. "1..." Die Fahnen sanken nach unten, wie in Zeitlupe, vor seinem geistigen Auge. "GO!" Mit quitschenden und pfeifenden Tönen, setzten sich die Karossen in Bewegung. Weg von den Absperrungen und den Menschen, welche lauter jubelten denn je. 'Wir befinden uns hier am Randgebiet. Wenn du dich an die Karte hälst, müsstest du gleich in Edogawa sein.' "Verstanden!", meinte der Blonde zu der Stimme in seinem Ohr und beschleunigte weiterhin. Etliche Wagen befanden sich hinter ihm und laut Rückspiegel auch ein schwazer Nissan mit blauen Flammen. Er knirschte leise mit den Zähnen und fixierte den Asphalt vor sich. "Dummes Arschloch!" Eine Steigung folgte, was ihm aber keinen Grund gab langsamer zu werden und am höchsten Punkt hob das Auto ein wenig ab, nur um nach wenigen Momenten wieder sicher auf der Straße zu landen. Genau wie das schwarze Auto hinter ihm. Einige Wagen brachen dabei aus, drehten sich unkontrolliert und legten andere Teilnehmer damit lahm. Allein das zauberte ihm ein Lächeln auf die rosanen Lippen. 'Willkommen in Edogawa. Ich hoffe ihr Aufenthalt wird ihnen gefallen.' "Wir sind wieder so lustig, Kou", entgegnete der junge Fahrer und zog an der Handbremse, um kontrolliert eine enge Kurve nehmen zu können. Eine Weile herrschte Stille und seine Augen zogen sich leicht zusammen, als er Tropfen auf der Windschutzscheibe ausmachen konnte. "Ich wusste es...", flüsterte er in den einsamen Innenraum hinein. Aus ein paar Tropfen wurde ein Plätschern und darauf folgend ein ganzer Monsunregen. "Großartig!" Leises Knacken. 'Geh runter vom Gas.' "Bin bei." Die Hälfte des Bezirkes von Edogawa hatte er hinter sich gebracht, als eine andere bekannte Stimme in sein Ohr drang. 'Ich hab eine gute und eine schlechte Nachricht.' Es war Takato der sich eingeschaltet hatte. Die blauen Augen versuchten den Überblick im Regen zu behalten, als er kühl meinte: "Erst die Gute. Die kann ich gerade gebrauchen." 'Du führst noch immer.' "Die Schlechte?" 'Laut Polizeifunk sind wir aufgeflogen.' "Wissen die anderen Crews darüber Bescheid?" 'Ja, alle Fahrer werden informiert.' Er schluckte schwer, die Augen auf dem kleinen Gerät, welches die Karte immer geschmeidig mit drehte und ihn auf den richtigen Weg bleiben ließ. "Von wo kommen sie?" 'Norden und Osten.' "Ich versuch mich südlich zu halten." 'Du kommst da aber Richtung Innenstadt. Ich denke nicht das es so eine gute Idee wäre', mischte Kou sich ein und schien in einem Stappel Blätter rum zu suchen, da man das leise Rascheln über die Kopfhörer wahrnam. "Über die Landstraße ist es aber auch nicht besser. Ich fahre jetzt nach Süden." Als Antwort erhielt er nur ein ergebenes Seufzen. Zum Glück befanden sich nicht viele Autos auf den Straßen und das Navigationsgerät suchte ununterbrochen nach neuen Routen zum Ziel. In der Regel brauchte er es nicht. Er kannte seine Straßen, er kannte deren Winkel. Es war seit zwei Jahren sein zweites Heim. Im Rückspiegel sah er eine Streife und drosselte die Geschwindigkeit. Er bog in eine Seitenstraße ab und schaltete Motor sowie das Licht aus. Ungeduldig trommelte er mit den Fingern auf dem Lenkrad und beugte sich leicht rüber. Wann kamen die Trottel endlich vorbei gefahren? Plötzlich rauschte etwas, als würde es in Hochgeschwindigkeit durch das Wasser rasen. Aus der Straße gegenüber kam ein Hyundai in silbermetallic herausgebrettert und driftete im Schleudergang um die Kurve. Das Aquaplanning auf den Straßen ließ diese Aktion nur noch gefährlicher aussehen, als sie eh schon war. "Was zur Hölle?" Die Sirene der Streife ging heulend an und folgte sofort in rasender Geschwindigkeit dem silbernen Hyundai. "So ein Idiot!", zischte er als er den Motor erneut startete, das Licht einschaltete und sofort auf das Gaspedal trat. Er schoss aus der Seitenstraße hinaus und folgte somit dem Streifenwagen. Der Regen hatte nicht nachgelassen. Teilweise fühlte es sich so an, als würde man wollen, dass das Wetter auf der Seite des Gesetzes war. "Kou?" Leises Knacken. 'Ja?' "Verbinde mich mit dem Fahrer des silbernen Hyundai." Einige Sekunden herrschte Funkstille, als die Stimme von Kou erneut erklang. 'Bist du sicher?' "Klinge ich unsicher?", fragte er mit erhobener Augenbraue und wandte sich von der Verfolgungsjagt ab, als er scharf nach links abbog. 'Hiros kleiner Bruder fährt den Wagen.' Kraftvoll griff er in das Lenkrad, zog es rum und bog nun nach rechts ein. "Hol ihn ran!" 'Sofort-' "Kiki-kun?", hörte er nun eine junge männliche Stimme in seinem Gehörgang erklingen. "Hab' gesehen, du hast Gesellschaft." Der Jüngere lachte kurz hysterisch auf und der Gummi quitschte durch den Hörer. "Ja. Dabei mag ich ungebetene Gäste nicht so gerne." Der Blonde lächelte schwach, schoss aus der Straße hinaus und nahm noch einige andere Seitenstraßen mit. "Geht mir ähnlich." Der Fuß drückte auf das Gaspedal, brachte den Motor auf Hochtouren, so dass die Reifen fast durchdrehten. Er sah wie sich Gleise vor ihm erstreckten, über die er drüberbretterte, nur um dann eine kleine Drehung mit dem Wagen zu machen und diesen am Straßenrand stehen zu lassen. Der blonde junge Mann riss die Tür auf, stieg in den strömenden Regen aus und war sofort durchnässt. "Wo bist du?", schrie er gegen den Regen an und stapfte durch die Pfützen zu einer Schalttafel. "Auf der Hauptroute." Mit klammen Finger rupfte er an der Tasche seiner Hose herum und holte ein kleines ledernes Etui heraus. Den silbernen Knopf daran öffnete er und zum Vorschein kamen verschiedenartige Werkzeuge. "Fahr' 300 Meter geradeaus, dann kommst du an die Gleise. Egal was passiert, fahr' rüber." "Kiki-kun will mir helfen?" Mit einem Schraubenzieher, welcher Zweckentfremdet wurde, brach er das rostige Gehäuse auf und ein Wirrwarr an Kabeln ragte ihm entgegen. "Halt dein Maul und fahr'. Ich denke es wird Zeit den Abfahrtsplan zu ändern." Es war unbeschreiblich schwierig durch den schweren Regen etwas zu erkennen, aber er musste sich konzentrieren. Der angeknackte Schraubenzieher wurde achtlos auf den nassen Boden geworfen und das Etui auf dem Gehäuse der Schalttafel abgelegt. Elegant zog er eine kleine Zange heraus und knippste verschiedene Kabel durch. Schemenhaft konnte er Lichter ausmachen, welche immer wieder ein Stückchen näher auf ihn zukamen. Die Zeit wurde knapp. Ein letztes Kabel musste dran glauben und wurde neu verknüpft und sein Kopf ruckte hoch, als ein Warnsignal durch die Nacht schrillte. Die rote Lampe, in dem Andreaskreuz, begann in einem gleichmäßigen Rhytmus zu blinken und die Scheinwerfer kamen näher. Die Schranken senkten sich langsam nach unten und die blauen Augen fixierten so gut sie konnten das Geschehen. Mit lautem Krachen, flitzte der Hyundai gerade so unter den Schranken hindurch, als diese sich gänzlich schlossen. Das Polizeiauto bremste stark ab, brach leicht aus und kam nur wenige Zentimeter vor dem Hindernis mit der Fahrerseite zum Stehen. Der junge Mann griff nach dem Etui, steckte die Zange zurück und rannte zu seinem Wagen, als er lautes Rufen hörte. "An deiner Stelle würde ich nicht wieder einsteigen! Wir können über alles reden!" Der Körper ruckte herum und sah den Detektiv an der offenen Fahrertür stehen. Der Mantel von diesem, tropfend vom Regen. "Yamazaki-san? Hat mein Vater ihnen gesagt, dass heute das Rennen stattfindet?" Der Polizist trat auf die Schranke zu. "Gib' auf und ich fahr' dich nach Hause!" Der junge Mann wedelte mit der Hand ab und ließ sich zurück in den Fahrersitz gleiten. "Ich muss ein Rennen beenden!" "Tu' es nicht...", hauchte der Detektiv in den Regen, als das Auto auf der anderen Seite auch schon abrauschte. "Scheiße!", fluchte Yamazaki auf, zog sich den Hut ab und schmiss ihn vor die eigenen Füße in eine Pfütze. Seit Jahren hatte er den Jungen unter seine Fittiche genommen, als dieser unbedingt nach Tokio wollte. Der Vater des Bengels hatte ihn angerufen, als alter Freund und nachgefragt, ob er sich um seinen Sohn kümmern könnte. Sie konnten es sich nicht leisten extra von Yokohama rüberzuziehen, zudem wären die Großeltern krank und brauchten Unterstützung. In Momenten wie diesem fragte sich Yamazaki immer wieder, warum er zugestimmt hatte. Es war als hätte er sich den Teufel ins eigene Heim geholt... "Hey, Kiki-kun!", drang es in die Kopfhörer. "Danke für deine Hilfe eben." "Kein Problem. Danke, dass sie mit dem Kiki-Express gefahren sind." Ein Lachen erklang in seinen Ohren und die Leitung knackte leise. "Ich schulde dir was." Ohne weitere schwere Zwischenfälle, waren einige Fahrer schon an den Rand von Edogawa angekommen, als erneut Sirenen erklangen. Nicht nur ein paar, es war eine ganze Scharr von Polizeisirenen. Das konnte nun hässlich werden. Der junge Fahrer zuckte kurz zusammen, als neben ihn ein schwarzes Auto angedriftet kam. Es gehörte niemand Geringerem als Hiro. Konnte die Situation noch besser werden? Die beiden Wagen fuhren nebeneinander, wie im Einklang, her und auch die Beschleunigung der beiden Fahrer schien gleich zu sein. Ein riesiger Tunnelabschnitt erstreckte sich vor ihnen. Der Tunnel in Richtung Narita. Vier Streifenwagen hatten diesen abgesperrt und Polizisten mit gezogener Waffe suchten Schutz hinter ihren Autos. Selbst durch den Regen konnte man die verzerrte Stimme hören, welche durch einen Lautsprecher schallte. "Halten Sie die Wagen an. Das Rennen ist beendet! Wir zögern nicht von unseren Waffen Gebrauch zu machen!" Der Blonde sah neben sich und bemerkte, dass der schwarze Wagen auch nicht langsamer wurde. Gab es dazu einen Grund? So behielt auch er die Geschwindigkeit bei und riss dann erschrocken die Augen auf, als ein LKW durch die Polizeisperre donnerte und zwei der Wagen mit sich schob. Also hatten sie Hilfe. Jemand wollte, dass dieses Rennen auf jeden Fall zu Ende gebracht wurde. Hiro überholte ihn leicht, schoss als Erster durch den neuen Weg. Der dunkelblaue Wagen im rasenden Tempo hinterher. Durch die Absperrung kam ihnen zum Glück kein Wagen entgegen. Nur das stetige orange Flackern an den Seiten des Tunnels, welches sekundenweise den Innenraum erhellte und kleine Schattenspiele auf der Haut verursachte. Dieser Tunnel schien sich unendlich zu erstrecken, als ein kleines Licht zu sehen war, welches eine immer größere Form annahm und sich dann als Ausgang erwies. Er würde Hiro einholen müssen. Es wurde Zeit sich ranzuhalten. Doch dann krachte es plötzlich gewaltig vor ihm. Neben dem Tunnel war ein anderes Auto mit hoher Geschwindigkeit aus einem Feldweg geschossen und in die Seite von Hiros Wagen gefahren. Der Aufprall war so gewaltig, dass es das schwarze Auto anhob, zur Seite schob und es sich schließlich überschlagen ließ. Durch den Schock trat er selbst auf die Bremse, verlor den Halt auf dem Untergrund und drehte sich unkontrolliert. Das Auto krachte gegen einen Pfeiler, überschlug sich einige Male und legte rollend die letzten Meter des Tunnels zurück, bis es sich nicht mehr regte. Es war vor dem Tunnel auf dem Dach liegen geblieben und schwer öffneten sich die Augen des blonden Fahrers. Er hörte wie Reifen bremsten und eine Autotür krachte. Dann Schritte von einem einzigen Menschen. Seine Tür wurde gewaltsam aufgerissen, Hände griffen nach ihm und zogen ihn aus dem Auto heraus. Er versuchte zu erkennen wer es war und schemenhaft konnte er die Person identifizieren. "Ya-Yamazaki-san?" "Du kommst mit mir...", waren die letzten Worte welche er vernahm, bevor er die Augen schloss und seine Welt sich in ein tiefes Schwarz tauchte. Kapitel 1: Alles auf Anfang --------------------------- Eine schlanke Gestalt mit den Namen Takaba Akihito, kam gemütlich aus dem Gebäude heraus geschlendert, in welchem sich der Herausgeber der Zeitung befand. Somit war mal wieder ein schwieriger Job erledigt und sein Konto würde bald wieder ein paar Ziffern mehr in die Höhe gehen. Die Glasschiebetüren schlossen sich hinter ihm und mit einer schützenden Hand vor den Augen sah er nach oben. Der Himmel war wolkenfrei und die Sonne brennend. Was hatten sie doch gleich heute morgen im Wetterbericht gesagt? Angebrachtes Sommerwetter mit Werten von 31 Grad Celsius. Auch wenn der Sommer eine bevorzugte Jahreszeit von ihm war, es war eindeutig zu warm. Die Stadt war voll, der Beton waberte leicht, was einem immer das Gefühl gab, dass die Realität um einen herum gleich zusammen brechen würde. Wie grausam diese Betonbauten sein konnten in der Hitze. Er ging nur ein paar Schritte, als ihm ein Mann im schwarzen Anzug und Sonnenbrille entgegenkam. Er verbeugte sich leicht und richtete sich dann auf. "Takaba-kun. Soll ich dich nach Hause fahren?" Akihito spielte mit der Wasserflasche in seinen Händen, drehte sie auf und gönnte sich einige Schlucke des kühlen Nass. Mit einem erleichterten Laut ließen die Lippen von dem Plastik ab, damit er sie wieder zudrehen konnte. "Ist ihnen nicht warm in dem Ding, Akiba-san?", fragte der junge Fotograf und deutete mit der Wasserflasche auf den schwarzen Anzug. Der Bodyguard stand weiterhin still da, als hätte man ihm falschen Input gegeben, damit er sich bewegen dürfte. Akihito seufzte leise und ging sich mit dem Handrücken über die Stirn. Je schneller er nach Hause kam, umso schneller könnte er unter die kalte Dusche springen. "Ja, fahren Sie mich." "Sehr wohl. Hier entlang", meinte der Anzugträger. Ergeben folgte ihm der junge Mann um eine Straßenecke, wo der schwarze BMW stand. Der persönliche Bodyguard und Fahrer von Akihito, hielt ihm hinten die Tür auf, doch dieser winkte nur ab. "Ich steig vorne ein. Mir ist danach." Der hochgewachsene Mann nickte und begab sich auf die Fahrerseite. "Also zum Penthaus?" "Ja", antwortete Akihito mit einem Nicken. Er ließ ein Stück weit das automatisch Fenster hinunter, damit er ein wenig Fahrtwind abbekommen könnte. Ein Grillhähnchen war nun wirklich gut bestellt, im Gegensatz zu ihm in der Hitze im Auto. Aus dem Augenwinkel sah er zu Akiba und legte den Kopf ein wenig schräg. "Sie sehen blass aus. Geht es ihnen nicht gut?" Der Bodyguard räusperte sich ein wenig und sah weiterhin stur auf die Straße. "Alles bestens, Takaba-kun. Danke der Nachfrage." Akihito zog zwar eine Augenbraue nach oben, beließ es aber vorerst bei der Antwort. Der Vekehr war ein wenig zähflüssig, was nicht unbedingt verwunderlich war bei der Stoßzeit. Trotz allem fragte der Fotograf sich öfters in Gedanken, ob der Fußweg oder die Bahn nicht doch die bessere Lösung gewesen wären. Erneut ging sein Blick zum Fahrersitz, als sie an einer roten Ampel hielten. Einige Schweißtropfen standen auf der Stirn des Bodyguards, die Finger leicht verkrampft um das Lenkrad. "Hm, Akiba-san? Trinken Sie genug?" "Über meine Trinkgewohnheiten brauchst Du dir keine Gedanken machen", meinte der Größere kühl und trat auf das Gas, als die Ampel umschaltete. Dann geschah das Unvermeidliche. Der Bodyguard stöhnte auf, riss im Schock die Hände vom Lenkrad und drückte sie sich gegen den Brustkorb. Dann sackte er auf dem Sitz zusammen. Das Auto fuhr weiter, der Fuß noch immer verkrampft auf dem Gaspedal und Akihitos Augen weiteten sich. "Akiba-san!" Er verstand die Situation sofort. Akihito schnallte sich ab, sah kurz zu allen Seiten und griff in das Lenkrad. Mit ausgeglichener Kraft zog er dieses nach rechts, ruckte sich dabei ein wenig hoch, um sich so auf den Schoß des eingesunkenen Bodyguards zu hiefen. Mit der anderen Hand griff er nach der Handbremse und zog sie an. Der Wagen driftete in eine Seitenstraße, welche er vorher ausgespäht hatte und während er um die Kurve rutschte, drehte er die Schlüssel im Zündschloss und zog diese ab. Der Motor ging aus und der BMW driftete nur noch mit der Restkraft. Der Fotograf hielt sich schützend die Arme über Kreuz vor das Gesicht und fühlte den Aufprall des Wagens. Trotz Airbag, kam er mit dem Kopf auf etwas Hartem auf. Die Seite des BMWs war gegen eine Häuserwand geknallt und Glassplitter rieselten auf ihn hinunter. Dann war es vorbei. Als wäre er aus einem schlechten Traum erwacht, öffnete er die Lider und besah sich das Chaos. Eins war sicher. Das schöne Auto war hin. Akihito rüttelte an der Tür, bis diese aufging und robbte sich umständlich über den Körper hinweg. Die Hände streckte er Richtung Boden und ließ sein Körpergewicht den Rest machen. Langsam purzelte er kopfüber aus dem Wagen, machte dabei eine Rolle und zischte leise auf, als er den Schmerz am Kopf endlich wahrnam. Es fühlte sich an, als würde sein Bewusstsein endlich wieder richtig einsetzen. Er drehte sich einmal auf dem Boden herum, stemmte die Hand auf den harten Asphalt und begab sich in eine sitzende Position. Die Beine formte er in einen Schneidersitz und einige Sekunden musste er sickern lassen, was gerade passiert war. Akihito schnaufte leise auf und fasste sich zittrig an die rechte Schläfe. Mit Zeige- und Mittelfinger spürte er Flüssigkeit, führte sie sich vor seine Augen und fixierte sie. Blut. "Scheiß Airbags...", fluchte er in die Gasse und sah auf. Als hätte man ihm die Wahrheit ins Gesicht geschlagen wurde ihm beim Anblick des Mannes sofort bewusst, was sich hier zugetragen hatte. Er hiefte sich auf die Beine, taumelte den kleinen Abstand zum Wagen hin und schnallte den Bodyguard los. Vorsichtig zog er diesen aus den Wagen, legte ihn auf den Boden und kontrollierte den Puls. Doch dort war keiner. "Akiba-san, nicht hier! Nicht jetzt!", schrie der Fotograf und legte die Hände flach auf den regungslosen Brustkorb. Sofort begann er mit einer Herzmassage und gab ihn in regelmäßigen Abständen den notwendigen Lebensatem in die Lungen. Es klopfte wieder schwach, er spürte einen Puls und sofort fischte er mit den Fingern in seiner Hose herum. Akihito zog das Handy hinaus, welches wahrlich mitgenommen aussah, aber wohl noch funktionierte und rief den Notarzt. Nachdem er seinen Notruf abgesetzt hatte, positionierte er den Körper in eine stabile Seitenlage und setzte sich geschafft an das Auto. Den Rücken drückte er dagegen und der Hinterkopf landete ebenfall sanft an dem Blech. Ein trauriges Lächeln glitt über seine Lippen, als unbemerkt einige Tränen seine Wangen hinunter liefen und sich mit dem Blut seiner Platzwunde vermischten. Das sollte nicht geschehen. Nicht so. Es riss alte Wunden auf, welche tief vergraben in seiner Seele waren. Nach kurzer Zeit nahm er die Sirenen und das Blaulicht wahr, welche der Seitenstraße immer näher kamen. *~*~* "Machen Sie sich keine Sorgen. Akiba-san wird wieder auf die Beine kommen. Das hat er dem Einsatz dieses netten Herrn zu verdanken", meinte die Schwester mit einem warmen Lächeln auf den Lippen. Der Mann im maßgeschneiderten Anzug nickte anerkennend und trat den Gang entlang, gefolgt von zwei weiteren Gestalten. Der Weg führte in die Notaufnahme und hinter einer angelehnten Tür hörte man, wie ein junger Mann zetterte und schimpfte. "Glauben Sie mir. Es geht mir gut. Alles in Ordnung!" Die Tür wurde aufgeschoben und augenblicklich verstummte er. Blaue Augen wurden groß aufgerissen, als er sah, wer dort in der Tür stand. "Wie geht es ihm, Sensei?", fragte die dunkle Männerstimme und trat ohne Aufforderung in den Behandlungsraum. "Nun, die Platzwunde brauchte vier Stiche. Sonst hat er großes Glück gehabt. Nur ein paar Schnitt- und Schürfwunden und eine leichte Gehirnerschütterung. Jedoch würde ich ihn gerne zur Beobachtung eine Nacht hier behalten." "Nein!" Schmollend verschränkte er die Arme vor der Brust. "Ich sagte doch, es geht mir gut." Der Mann im maßgescheiderten Anzug mit den kräftig goldenen Augen, brachte ein bekanntes Lächeln auf die Lippen und trat einige Schritte weiter in den Raum ein. "Ich nehm ihn mit, Sensei. Danke Ihnen." Mit triumphierenden Grinsen im Gesicht sprang Akihito auf und huschte elegant an dem Mann vorbei, dessen scharfer Blick keiner seiner Bewegungen außer Acht ließ. Ein leichtes Kopfnicken in Richtung der Tür und seine zwei treuen Angestellten folgten ihnen. Schweigen hatte sich über sie gelegt, bis sie den Parkplatz erreichten und Akihito die Limosine erspähte. "Na...Asami. Ich kann auch laufen." Der Mann mit der Brille, Kirishima, stieg währenddessen auf den Farhersitz ein und der Größte von ihnen, Souh, neben diesen auf den Beifahrersitz. Der Angesprochene kramte in der dünnen Hosentasche herum, holte eine Schachtel Zigaretten mit der Aufschrift 'Dunhill' heraus und klemmte sich eine zwischen die Lippen. "Ich möchte das du mit nach Hause kommst und dich ausruhst." Er entzündete mit einem Klicken des Feuerzeuges den Tabak und zog an der glühenden Kippe. Die goldenen Augen wanderten zu dem Fotografen, welcher noch immer im gebührenden Abstand zu dem Wagen stand. "Es geht mir wirklich gut. Ich denke es steckt nur noch der Schock in den Knochen." Gemächlich wurde der Rauch aus den Lungen gedrückt, als Asami sich entschied die Wagentür zu öffnen. "Steig ein." "Asami, ich -" "Steig ein, Akihito." Die Worte erstarben auf seinen Lippen und die Unterlippe wurde leicht schmollend nach oben gezogen. Er ging dennoch der Aufforderung nach und ließ sich auf die lange Rückbank gleiten, dicht gefolgt von Asami, welcher die Tür hinter sich zuzog und Kirishima die Anweisung erteilte, los zu fahren. Weitere Minuten verbrachten sie mit Schweigen. Die Zigarette war schon lange ausgedrückt, die Stimmung unbeschreiblich drückend. Der blonde Mann sah aus dem Fenster der Limosine und ließ einfach die Umgebung an ihm vorbei rauschen, als er die barritone Stimme neben sich sprechen hörte. "Ich möchte dich belohnen." Ohne den Blick von dem Fenster zu nehmen fragte er beiläufig: "Wofür?" "Du hast Akiba das Leben gerettet." Akihito blinzelte einige Male und drückte sich fester mit den Rücken gegen die Lehne der Rückbank. "Das war selbstverständlich. Dafür brauche ich keine Belohnung." Asami wusste, dass er diese Antwort erhalten würde, doch es war ihm gleich. "Ich bezahl deinen Führerschein." Die Augen des Fotografen weiteten sich und wie in Zeitlupe drehte sein Kopf sich in die Richtung des Älteren. "Ich brauche sowas nicht." "Damit können wir Vorfällen, wie heute, entgehen." Die Zähne knirschten leise, als sie vor unterdrückter Wut aufeinander krachten. "Asami. Ich brauche das nicht. Ich will ihn nicht machen." "Wenn es um die Prüfung geht, ich kann ihn dir auch so besorgen." Die flache Hand Akihitos knallte gegen die Scheibe, was ihn nur einen finsteren Blick des Yakuzas einbrachte. "Ich habe nein gesagt." Akihito hatte etwas die Augen zusammen gekniffen und so starrten sich beide Augenpaare an. Irgendetwas an dem Fotografen war anders, aber Asami konnte nicht wirklich benennen was es war. Reagierte er so, weil er noch unter Schock stand? Hatte er vor etwas Angst? Ja, Angst war definitiv auch in diesem stechenden Blick, aber tief darin vergraben, lag noch etwas anderes. Irgendetwas was so tief saß, dass Asami sich nicht sicher war, ob er es jemals an die Oberfläche holen könnte. Der Dunkelhaarige hob eine Hand, schloss die Augen und überschlug die langen Beine. "Mach was du willst." Erleichtert stieß Akihito die Luft aus den Lungen, nur um sie wieder mit Sauerstoff füllen zu können. Es fühlte sich so erfrischend an. Er hatte nicht bemerkt, dass er für einige Sekunden den Atem angehalten hatte. Wie dem auch sei, für ihn was das Thema ein für alle mal erledigt. ~+~+~ Die Tür von dem kleinen Zimmer klackte leise zu, als Asami sich seinen zwei loyalsten Männern zuwandte. "Kirishima. Ich will heute noch einen Bericht darüber, wie der Unfallhergang war." "Verstanden, Asami-sama." Der Brillenträger verneigte sich leicht und verschwand dann aus der Tür. Asami schritt in Richtung der Couch, ließ sich auf diese sinken und griff mit der rechten Hand nach der Schachtel Dunhills. Er klopfte leicht mit den Fingern gegen den Boden, worauf hin sich eine nach oben schob und aus der Öffnung ragte. Souh kam herum und gab ihm mit leisen Zischen Feuer. Der Tabak glühte auf und der Rauch suchte geschickt seinen Weg nach oben. "Irgendetwas stimmte nicht", hauchte Asami inmitten des Qualms mehr zu sich selbst. Souh blieb stocksteif auf seiner Position stehen. Seine Augen nahmen jede Bewegung des Yakuzas wahr. "Asami-sama?" "Der Unfall ging gut aus. Zum Glück. Aber die Reaktion. Dieser Blick." Asami ließ sich gegen die Lehne sinken, stahl einen Zug von der Zigarette und sah den Rauch zur Decke nach. "Asami-sama, dürfte ich einen Vorschlag machen?" Der Angesprochene schloss nur die Augen, breitete die Arme breit über der Couchlehne aus und schwieg. Souh interpretierte das wohl als Zustimmung. "Vielleicht hat der Unfall etwas in Takaba-kun ausgelöst, was weit in der Vergangenheitliegt. Wir könnten Kuroda Shinji-san fragen." Die Augen des Yakuza öffneten sich langsam wieder. Sein Gesichtsausdruck gab wie immer keinen Anhaltspunkt darüber preis, was er dachte und vorhatte. "Ich möchte zwei Leute hier haben, die aufpassen das, Akihito keinen Unsinn anstellt." Souh verbeugte sich, während er sprach: "Sehr wohl, Asami-sama." Er würde Kuroda dann wohl mal einen Besuch abstatten. Kapitel 2: Als die Schlange ihm den Apfel gab --------------------------------------------- Hier saß er nun also. Vor ihm eine Akte des Bezirksstaatsanwaltes und in den Händen hielt er die Ergebnisse des Unfallgutachtens. Kirishima sagte ihm schon, dass der Herr etwas Eigenartiges dazu gesagt hatte, doch wollte er es mit eigenen Augen lesen. Der Bericht schilderte ihm, dass der Unfall nur so glücklich ausgehen konnte, da geschickt eingegriffen worden war. Das Lenkrad war eingeschlagen, die Handbremse, sowie der Schlüssel gezogen worden. Jemand hatte also professionell auf die Situation reagiert. Asami wusste, dass nur zwei Personen im Wagen gesessen hatten. Der Fahrer, Akiba, welcher durch den Herzinfakt nicht mehr dazu in der Lage war den Wagen zu steuern und Akihito auf der Beifahrerseite. Aber wenn der Blonde das schwere Auto so kontrolliert dazu gebracht hatte zu bremsen, warum hatte er nichts gesagt? Was verschwieg ihm sein kleiner Fotograf? Der Yakuza ließ mit einem leisen Aufschlag die Akte auf den Tisch fallen und stemmte die Ellbogen auf die dunkle Eichenholzplatte. Seine Finger verkeilten sich ineinander und das Kinn legte er darauf ab. Mit den Schneidezähnen kratzte er sanft an den Fingern entlang, während seine Gedanken den Vorfall immer und immer wieder durchgingen. Hatte Akihito einfach nur ein wahnsinnig hohes Reaktionsvermögen oder hatte ihm wirklich jemand diesen Kniff beigebracht? Egal wie oft er es durchkaute, es brachte ihn keine Antwort ein. Sein Blick fiel auf den Aktenordner des Staatsanwaltes. Asami hatte sich alle Informationen geben lassen, welche mit Akihito und seiner Vergangenheit zu tun hatten. Seine Pupillen wanderten in die Richtung eines weiteren Ordners und seine Händen lösten sich aus ihrer Erstarrung und griffen nach diesem, wie eine Schlange nach ihrer Beute. Achtlos wurde er auf den anderen, bereits offenen Ordner geklatscht und aufgeschlagen. Auch hier widerum keine Änderung. Die Buchstaben waren die selben wie schon vor wenigen Stunden, als er darin herum geblättert hatte. Mit 12 Jahren war Akihito nach Tokio gekommen, mit Detektiv Yamazaki als eingeschriebenen gesetzlichen Vormund. Er ging hier zur Schule, baute sich seinen Freundeskreis auf und nach dem Tod des Großvaters, erbten seine Eltern eine beachtliche Summe Geld. Sie wollten ihrem einzigen Sohn davon etwas zukommen lassen, doch Akihito lehnte es ab. Alleine das ließ Asami ein Grinsen auf den schmalen Lippen erscheinen. Das hörte sich absolut nach dem Fotografen an. Sorgsam blätterte er um und kam zu einer beachtlichen Aufzählung von Jugendstrafen. Einbruch, Körperverletzung, Urkundenfälschung und Autodiebstahl. Wenn man Akihito nun kannte und damit seinen stark ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit, war es kaum vorstellbar, dass er dies alles wirklich getan hatte. Wenn er über die Daten sah, fiel Asami jedoch auf, dass das wilde Leben mit Erreichen des 18. Lebensjahres ein jähes Ende nahm. Ab da ließ sich Akihito im Fotojournalismus ausbilden und ging einem gewöhnlichen bürgerlichen Leben nach. Zudem hat er niemals für seine Taten im Jugendknast gesessen. Nur eine Verurteilung vor Gericht, welche jedoch nur zur Bewährung ausgesetzt worden war. Asami wusste das dies nicht alles war. Es steckte viel mehr dahinter, doch mehr war einfach nicht auf zu finden. Was hatte Kuroda gesagt gehabt? Das alles hatte lange vor seiner Zeit als Bezirksstaatsanwalt statt gefunden und Detektiv Yamazaki hatte viele Delikte unter den Tisch fallen lassen - Akihito zuliebe. Nachdenklich trommelten seine Finger auf der Tischplatte herum und tanzten elegant darüber. Er griff nach dem Glas mit einer goldig glänzenden Flüssigkeit darin und die Eiswürfel klackerten leise, als er es anhob. Das Gefäß führte er ruhig an seine Lippen, nahm einen Schluck und genoss den scharfen Geschmack einige Sekunden auf seiner Zunge, bevor er es hinunter schluckte und ein warmes Gefühl sich in Hals und Bauch ausbreitete. Dann stellte er das Glas vorsichtig zurück auf seinen Platz. Den Detektiv würde er wohl nicht mehr danach fragen können, was das alles auf sich hatte. Nachdem er vor etwas über zwei Jahren verhaftet worden war, hatte er sich kurz danach im Gefängnins erhangen. Der alte Mann schien es nicht ertragen zu haben, dass er mit der Waffe tatsächlich auf seinen Schützling gezielt hatte und nur seiner eigenen Kinder wegen in Drogengeschäfte gerutscht war. Wenn nun aber niemand mehr übrig blieb, den man danach befragen konnte, musste er irgendwie Akihito dazu bringen, selbst mit der Sprache heraus zu rücken. Nur wie? Ergeben seufzte Asami, schob die Akten ein Stück von sich weg und stand vom ledernen Stuhl auf. Seine Schritte führten ihm zu dem großen Fenster, welches ihm die Stadt zeigte, die sich so sehr vor seinem Namen fürchtete. Wie ruhig und liebevoll ihre Lichter in der Nacht wirkten, als könnte nichts und niemand diese Stille zerstören. *~*~* Ein Handtuch umschlang fest seine Hüfte und mit einem anderen Tuch rubbelte er in dem strubbig feuchten Haar herum. Die paar Stunden Schlaf hatten wirklich gut getan und halfen über das Geschehen des Tages hinweg. Akihito fand es zwar schade, dass Asami nicht mehr bei ihm war, jedoch war es nicht vollkommen ungewöhnlich. Vielleicht hatte er noch mit den Auswirkungen des Unfalls zu tun. Wer konnte das schon sagen. Aus seinem Zimmer spielte leise eine Melodie und sofort erkannte er, dass es sich um sein Handy handeln musste. Mit tappsigen Schritten eilte er durch die Flure und huschte durch die Türe in sein Zimmer. Auf dem Schreibtisch verbrierte das Plastikteil lustig vor sich hin, als er mit der Hand danach griff und auf das Display sah. Er lächelte sanft, als ein Piepen ihm verriet, dass er den Anruf entgegen genommen hatte. "Hey Kou, alles klar bei dir?" "Hallo Akihito..." Der Fotograf schmiss das eine Handtuch achlos über den Schreibtischstuhl und ging auf sein Bett zu, um sich auf dieses zu werfen. "Alles okay? Du hörst dich nicht gut an." "Akihito, du musst dich mit uns treffen!", hörte man eine zweite Stimme durch den Hörer brüllen. "War das Takato? Ist er bei dir?" Kou seufzte schwer, suchte anscheinend nach Worten und flüsterte nunmehr. "Akihito, bitte. Kannst du dich mit uns treffen? Wir sollten das nicht am Telefon besprechen..." Langsam hob er den Oberkörper vom Bett hoch und saß nun auf der Bettkante. Sein Blick war ernster denn je. Die Notwendigkeit war aus der Stimme Kous heraus zu hören und zudem schien es ein schwerwiegendes Problem zu sein, wenn Takato auch da war. "Wo treffen wir uns?" -~-~- Egal wie sehr Akihito darauf bestanden hatte, der Wachhund von Asami hatte nicht locker gelassen. Er bestand darauf den jungen Mann zu begleiten, da es ja eine direkte Anweisung von Asami-sama wäre. Um nicht noch mehr wertvolle Minuten zu verschwenden, hatte Akihito ihm nachgegeben, jedoch mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass er sich nicht in sein Privatleben einmischen sollte. Also hatte sich Akihito seine Vespa samt Helm aus der Tiefgarage gekrallt, welcher ruhig auf dem Sitz gelegen hatte und fuhr los. Hinter ihm immer ein schwarzes Auto welches jeder seiner Schritte verfolgte. Die Fahrt hatte ihn nach Kabukichō geführt, in eine kleine Straße voller Cafés, Bars und anderen ominösen Clubs. Wenn der Wachhund von Asami sagen würde, wo er sich befand und sich dort auch noch mit den Jungs traf, würde das sicherlich einen eleganten Eindruck machen. Doch Akihito schüttelte die Gedanken von sich, brachte den Motor der Vespa zum Schweigen und setzte den Helm ab, welchen er wie eine kleine Tasche unter dem Arm trug. Kurze Blicke nach links und rechts und schon rannte er über die Straße, direkt rein in die Bar, mit dem lustigen roten Neoncocktailglas über der Tür. Sein suchender Blick ging über Köpfe hinweg, als auch schon ein Arm von Takato in die Luft gerissen wurde, welcher ihn ranwinkte. Akihito schlängelte sich durch einige Jugendliche hindurch, zischte ein paar mal das Wort "Entschuldigung", bis er endlich am hinteren Tisch ankam. Er nahm sich einen Stuhl gegenüber von Beiden, setzte sich und legte den Helm auf dem Tisch ab. Seine Augen musterten die Beiden, welche unnatürlich ernst wirkten und wollte gerade ansetzten, als die Bedienung kam. "Guten Tag. Was darf es sein?" "Für uns Beide noch ein Bier, bitte. Und für unseren Freund -" "Eine Cola", mischte Akihito sich ein. Die junge Dame nickte sanft und verschwand hinter den Tresen. Der Fotograf klopfte mit den Fingern beider Hände spielerisch auf dem Holz herum und zog leicht eine Augenbrauen nach oben. "Redet mit mir." "Warte...", meinte Kou leise. Sie schwiegen bis die Getränke da waren, die Frau sich von Neuem entfernte und jeder einen Schluck genommen hatte. Nervös begann Kou sich am Kopf zu kratzen, biss sich auf die Unterlippe und blickte immer wieder suchend zu Takato. Dieser nickte ihm nur zu, worauf Kou leise seufzte. "Ich sitz' in der Scheiße." Akihito piekste mit dem Strohhalm im Getränk rum und schob die Eiswürfel von einer Seite zur Nächsten. "Ich übrigens auch, wenn Asami erfährt wo wir uns gerade befinden." Takato hustete leicht und konnte sich trotz der Situation ein kleines Grinsen nicht verkneifen. "Uhm, Akihito...ohne Scheiß'. Ich brauche wirklich deine Hilfe..." Kou knibbelte an seinen Fingernägeln herum, den Blick auf die Hände gerichtet. Er konnte seinen Freund gerade nicht in die Augen sehen. Der blonde Mann hörte auf mit den Eiswürfeln zu spielen und legte den Kopf ein wenig schief. "Was hast du angestellt?" "Hör' mal. Ich...Ich muss die Crew wieder..., also ich brauch' zwei Fahrer und.." Abwehrend hob Akihito die Hände vor die Brust, seine Gesichtszüge entglitten. "Oh, Scheiße. Nein. Nein! Oh, Kou, nein. Was zur Hölle!? Alles, nur das nicht!" Der Fotograf griff nach seinem Helm, als die Hand von Takato vor schoss und die Hand des Blonden fest in seine nahm. "Hör' dir wenigstens die Geschichte ganz an", meinte dieser ruhig aber bestimmend. Die Augen des Blonden weiteten sich, während sie sich einige Sekunden anstarrten. Akihito seufzte leise, schloss seine Lider und atmete tief durch. Seine Finger zog er langsam aus dem Griff Takatos zurück. Sein Blick schwenkte in eine andere Richtung, wo er den Bodyguard ausmachen konnte. Zum Glück sah er gerade nicht zu ihnen. Vielleicht hatte er diese kleine Meinungsverschiedenheit nicht mit bekommen und er wäre keine Erklärungen schuldig. "Ich bin ganz Ohr." Nervös fuhr sich Kou nun mit den Fingern durch die Haare und beugte sich ein wenig über den Tisch. "Heute Morgen habe ich einen Anruf erhalten. Ein Typ Namens Shin war dran und hat mir erzählt, dass er meinen kleinen Bruder in seiner Gewalt hat." Akihitos Augen weiteten sich ein wenig. "Katou-kun? Geht es ihm gut?" Ein Nicken als Antwort. "Ja, noch. Katou hat sich wohl ein Beispiel an unserer Vergangenheit genommen und ist in die Straßenszene eingedrungen. Das Problem an der Sache ist: Er hat einige Rennen verloren und schuldet Shin nicht nur eine ganze Stange Geld, sondern auch ein paar Wagen." Der Fotograf ließ, aufgrund der neuen Informationen, einen leisen Pfeifton über die Lippen gleiten. Dann lehnte er sich zurück, überschlug die Beine und sah Kou fragend an. "Und jetzt?" "In zwei Monaten startet das nächste Saisonrennen. Shin meinte, ich soll mir eine Crew meiner Wahl zusammenstellen und die Kohle, inklusive Fahrzeugbriefe, rausholen." "Und was wenn nicht?" Kou riss die Augen auf, worauf Akihito sofort abwedelte. "Vergiss die Frage, sie war dumm." Sein Freund nickte und schluckte schwer, als er die Bierflasche zu seinen Lippen führte. Akihito nahm sein Glas in die Hand, besah sich das Getränk wie es leicht hin und her schwappte und dachte über die Informationen nach, welche er erhalten hatte. "Wieso zwei Fahrer?" Interessiert suchten Akihitos Augen die Antwort, als Takato sich zu Wort meldete. "Ich hab mich ein wenig umgehört und die Regeln wurden geändert. Früher durften es mindestens zwei Fahrer einer Crew sein. Heute müssen es Zwei sein." Ein leises Ploppen erklang, als Akihito vom Strohhalm abließ und das Getränk zurück stellte. "Gesetz dem Falle ich steige wieder ein, habt ihr euch ernsthaft Gedanken darüber gemacht, dass ich nicht aussreichen werde? Woher sollen wir einen zweiten Fahrer bekommen? Was ist mit den Wagen? Woher sollen wir die Renneinladungen nehmen?" Seine Stimme war schärfer als er wollte, worauf beide Freunde ein wenig zusammen zuckten. "Uhm..." Kou begann in seiner Jeanstasche herum zu graben und holte einen kleinen, säuberlich gefalteten Zettel heraus und schob ihn unauffällig über den Tisch. Akihito griff danach, faltete ihn auf und überflog ihn. Dann wedelte er mit dem kleinen Stück Papier in der Luft herum. "Eine Autowerkstatt in Shibuya?" Takato zündete sich eine Zigarette an und folgte den Rauch mit den Augen. "Ich hab' mich mal schlau gemacht. Dadurch, dass ich Mechaniker bin, komme ich da eher an die Informationen. Du wirst nicht glauben wem sie gehört." Akihito zerknitterte den Zettel mit einer Hand. "Wem?" "Hiros kleiner Bruder." Der zerknüttelte Zettel landete im Aschenbecher und Akihito griff nach Takatos Feuerzeug. Er drehte zwei Mal am Rädchen, bis eine Flamme erschien und fackelte eine Ecke des Papiers an. Es knisterte und zische leise, bis es komplett Feuer fing und die Flammen spiegelten sich in den blauen Augen wieder und ließen sie erstrahlen. Ein Lächeln huschte über die Lippen des Fotografen, als er dabei zusah, wie der Haufen Papier zu schwarzer Asche verglühte. Dann leckte er sich über die Lippen, sah zu seinen beiden Freunden und nickte. "Es wird Zeit das jemand seine Schulden bezahlt..." Takato und Kou wussten sofort wovon er sprach. Kapitel 3: Die Versuchung, welche zur Sünde wurde ------------------------------------------------- Es war genau Punkt 9:00 Uhr, als eine ganze Schar Kinder einen Mann im schwarzen Anzug beschäftigte und sich drei junge Männer von den Massen des Einkaufszentrums verschlucken ließen. Sie rannten durch die Passage, als würde der Teufel hinter der Seele her sein und rempelten einige Kunden an. "Ah, tut uns leid. Verzeihung!" Am anderen Ende der riesigen Einkaufspassage, kamen sie raus und sofort sah sich Akihito nach allen Seiten um. "Und?", fragte Kou gespannt, der hechelnd nach Luft schnappte. "Keiner zu sehen", antwortete Akihito und sprang Richtung Straßenrand. Hektisch wedelte er mit den Händen in der Luft herum und brachte ein Taxi dazu auf sie aufmerksam zu werden. Akihito riss die Tür auf und sah zu seinen zwei Freunden, welche immer noch versuchten Luft in ihre Lungen zu bekommen. "Wenn wir geschnappt werden wollen, solltet ihr dort stehen bleiben!" Takato griff nach den Arm von Kou und zerrte ihn hinter sich her, nur um ihn in das Taxi zu werfen. Dann gaben sie dem Fahrer ihren Zielort an. Als der Wagen endlich anfuhr, atmeten alle Drei erleichtert aus. "Hey, Akihito. Wie hast du die Kinder dazu gebracht, dass sie Anzug-san aufhalten?", fragte Kou erstaunt. Der Blonde fing leise an zu kichern und grinste frech. "Als wir im Eiscafé saßen und überlegt hatten, musste ich doch kurz auf Klo." Einstimmiges nicken. "Drei kleine Jungs waren da und ich habe ihnen gesagt, wenn sie nacher ausversehen eine Eistüte auf den Mann im Anzug fallen lassen und dann um das Eis weinen, bekommen sie von mir soviel Geld, dass es für zehn Kugeln für Jeden reicht." Takato und Kou begannen zu lachen und endlich sichtlich zu entspannen. "Du bist manchmal wirklich abgebrüht", meine Takato und wischte sich ein paar Tränen aus den Augen. "Manchmal muss man mit dem arbeiten, was die Situation hergibt." Die Taxifahrt endete in einer etwas abgelegeneren Gegend in Shibuya, auf einen der Hinterhöfe. Kou bezahlte den Fahrer und dann stiegen sie aus. Das Taxi fuhr vom Gelände runter und ließ die drei Herren nun alleine zurück. Ein junger Mann war durch das offene Tor der großen Garage zu sehen, wie er an einem Auto herumschraubte. Akihito ging vor, die anderen Zwei ihm nach. Der Fotograf lehnte sich gegen den Rahmen, verschränkte die Arme vor der Brust und musste leicht grinsen. "Hallo Haru-kun." Der junge Mann, dessen Kopf sich fast im Inneren des Wagens befand, donnerte mit diesen gegen den Rahmen des Autodaches, fluchte leise und drehte sich zu den drei Gestalten an der Tür. "Kennt man sich?", fragte er skeptisch und wuschelte sich mit der Hand durch die Haare. Akihito zeigte mit den Fingern auf seine zwei Freunde, welche links von ihm standen. "Kou und Takato. Klingelt da was?" Haru kam einige Schritt nach vorne, kniff die Augen zusammen und weitete diese dann. "Könnte es sein? Nein. Kiki-kun?", fragte er leicht schockiert und wankte noch ein paar Schritte in die Richtung des Besuches. Der Fotograf löste sich vom Rahmen des Tores und kam, noch immer grinsend, auf den Mann zu. "So hat mich seit acht Jahren niemand mehr genannt." "Scheiße, Du bist es!" Haru kam nun an ihn heran und schlang die Arme um den Körper des Fotografen. "Das ist unerwartet", meinte Akihito mit einem Lachen und erwiderte die Umarmung. Der junge Mann löste sich wieder und sah die drei Besucher abwechselnd an. "Nun, womit kann ich denn helfen?" Takato trat vor, schnappte sich eine Kiste und setzte sich drauf. "Sagt dir der Name Shin etwas?" Haru zog eine Augenbraue hoch und ging tiefer in die Werkstatt hinein. Von hinten holte er weitere Kisten und bot so den anderen Zwei auch eine Sitzgelegenheit an. Er selbst lehnte sich gegen die Motorhaube des Wagens, an welchen er soeben noch gearbeitet hatte. "Shin? Wenn ich euch Drei so sehe, kann es nur um einen Shin gehen." "Er hat meinen Bruder", platze Kou gleich heraus. Mit einer kopfschüttelnden Geste, stieß sich Haru vom Auto ab. "Das ist Scheiße." Akihito tappte mit dem Fuß nervös auf dem Boden der Werkstatt herum. "Bist du noch in der Szene unterwegs?", fragte er nun. "Nein. Aber sagen wir, ich habe genug Kunden um mehr Dinge zu wissen als mir wirklich lieb ist." Der Fotograf nickte verstehend. Haru kratzte sich leicht am Kinn, beäugte Kou etwas und seufzte leise. "Mir ist zu Ohren gekommen, dass Shin 'nen Jungen hat, der ihm mehr schuldet als irgendjemand anderes. Aber ich hätte nicht gedacht, dass es sich dabei um deinen Bruder handelt. Was wollt ihr machen?" Akihito sprang von seiner Kiste auf und trat auf den jungen Mann zu. Sanft legte er eine Hand auf dessen Schulter ab und grinste breit. "Wir bezahlen." Haru erwiderte das Grinsen, leckte sich mit der Zungenspitze über Ober- und Unterlippe und machte eine Kopfbewegung, welche anzeigte, dass sie ihm folgen sollten. Vorher aber, ging er an das Tor der Werkstatt, knallte mit einer Faust gegen den großen, roten Knopf und ratternd machte sich das Gatter nach unten. Dann führte er die Drei zu einer unscheinbaren Tür. "Ich geh' von aus, es ist Zeit meinen Gefallen einzulösen..." Somit riss Haru die Tür zu dem, in Finsternis getauchten, Raum auf. Er ging ein paar Schritte hinein, tastete mit den Fingern die Wand ab und mit einem leisen Klicken ging flackernd das Licht an. Der Raum war ein wenig staubig und auf der anderen Seite der Wand konnte man ein großes Gruppenfoto ausmachen, mit Hiro in der Mitte und einem bekannten schwarzen Wagen mit blauen Flammen. Akihito ging mit langsamen Schritten darauf zu und streckte die Hand danach aus. Mit den Fingerspitzen zog er sanft über das Glas hinweg, hinter welchen das Bild prankte. Dann stellte er sich gerade davor, faltete die Hände vor der Brust und schloss die Augen. Kou und Takato kamen nach, stellten sich neben ihn und taten es ihm gleich. Jeder von ihnen schickte ihm seine Gebete aus der Tiefe des Herzen. Als sie fertig waren, drehte Akihito sich herum und sah wie Haru sanft lächelte. "Er hätte euch auch geholfen." "Ich weiß...", antwortete Akihito sanft und lehnte sich an ein Regal mit Werkzeugen. "Haru, sag mal. Man hat uns nie genau gesagt was damals genau abgelaufen ist." "Puh..." Er kam etwas näher auf die drei Freunde zu und sah dann zu dem Foto. "Laut Polizeibericht waren noch genau drei Wagen im Rennen. Hiros, deiner und meiner." Dabei sah er dann zu Akihito. "Der LKW der durch die Absperrung gebrettert war, der war von unserer Crew. Jedenfalls, nach deiner Hilfe mit der Schranke, hatte ich einige Minuten später wieder die Bullen am Arsch und bin über einen kleinen Feldweg weg." Akihito nickte verstehend. "Zu dem Zeitpunkt waren Hiro und ich im Tunnel." "Richtig. Ich wusste das ich vor dem Tunnel rauskommen würde und hab Gummi gegeben. Dann sah ich die Lichter und hab' Hiros Wagen erwischt." Die Augen des Fotografen weiteten sich leicht. "Du bist Hiro reingefahren?" Haru nickte kaum merklich. "Ja. Es ging alles so schnell, dass ich mich kaum noch an irgendwas danach richtig erinnern kann. Irgendwann bin ich auf der Intensivstation wach geworden und man sagte mir, dass Hiro noch am Unfallort verstorben sei." "Das tut mir leid...", hauchte Akihito, woraufhin Haru nur bretternd einen Werkzeugkasten zu Boden fliegen ließ. "Wir kannten das Risiko! Danach hab ich damit aufgehört und dank deines tollen Detektivs, bin ich straffrei ausgegangen. Unter der Bedingung dich nicht zu kontaktieren." "Er ist tot", meinte Akihito nun kühl und ging ein paar Schritte nach vorn. Im Raum befanden sich zwei mit Stofflaken umhüllte Wagen. Zumindest konnte man an den Umrissen ausmachen, dass sie sich darunter befanden. "Wofür die Verpackung?" Haru lachte und stellte sich neben Akihito. Dann nahm er ein Teil des Lakens und zog es mit Schwung runter. "Darauf hab ich beschissene acht Jahre gewartet." Akihito blinzelte einige Male, trat an die Karosse heran und strich mit den Händen über den Lack, als wäre dieser aus Porzellan. "Ist das ein Nissan 350Z?" "Nicht irgendeiner. 350Z Racecar. Sonderedition. Limiert auf 50 Stück. Aus Deutschland importiert und ein bisschen von mir flott gemacht. Sag, dass das Baby scharf ist." "Scheiße, man. Ich weiß nicht ob ich noch fahren kann." Haru ging zu der Werkzeugkiste, welche er vorher auf den Boden geworfen hatte, kramte kurz darin herum und pfiff leise, was die Aufmerksamkeit auf ihn lenkte. "Fang!" Kurz vor dem Gesicht, fing Akihito die Autoschlüssel und sah das zufriedene Grinsen auf dem Gesicht des jungen Mannes. "Lust auf 'ne Probefahrt?" +.+.+ "Wuhu! Oh, ja! Das ist wie Fahrrad fahren!", schrie Akihito, während er auf dem verlassenen Fabrikgelände um einen Container driftete. "Du hast eine komische Ansicht was Fahrräder angeht", meinte Haru darauf und schmiss sich tiefer in den Beifahrersitz rein. Mit einer kontrollierten Drehung und weiterem Jubelgeschrei, driftete der Fotograf an den zwei Freunden mit der Stoppuhr vorbei, welche anerkennend zu nicken begannen. Haru und Akihito stiegen aus dem Wagen, der Rausch des Adrenalins, war dem Blonden durchaus ins Gesicht geschrieben. Takato hielt die Stoppuhr hoch, machte ein paar Schritte auf sie zu und meinte mit einem Lächeln auf den Lippen: "Manche Dinge verlernt man halt nie." Aus dem Blaumann fischte Haru eine leicht lädierte Schachtel Zigaretten hervor und warf Takato eine zu. Während der junge, braunhaarige Mechaniker sie zwischen die Lippen klemmte, fragte er leicht nuschelnd: "Und? Unter was soll ich dich anmelden? Wieder Kiki-kun?" Akihito sah zum Auto und verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich glaube die Zeiten sind vorbei. Schreib mich unter Akihito ein." "Ganz schön gewagt!", meinte Kou leicht entsetzt. Der Blick von Akihito wurde ernst. "Das ist es doch auch jetzt. Wir kaufen deinen Bruder frei und dann ist die Sache durch." Mit einen sanften Klopfen auf Kous Schulter und einer, zum Abschied, erhobenen Hand, ging Akihito von dem Gelände runter. Haru kramte in der Hosentasche herum, holte ein paar zerknitterte Zettel vor und las drüber. "Nun wir haben zwei Monate. Wir machen die Autos und das Equipment flott und die erste Anmeldung übernehm ich." "Zwei Monate... Das bedeutet Ende August.", meinte Kou mit geknickter Stimme. Haru sah auf, nahm sich die glühende Kippe aus dem Mund und lächelte aufmuntert. "Mach dir nicht so viele Gedanken. Shin will seine Sachen haben und bis Ende der Rennsaison ist dein Bruder sicher. Du vertraust doch Akihito und mir, oder?" Kou nickte und zwang sich selbst zu einem kleinen Lächeln. Irgendwie würde das schon gut gehen. ~+~+~ Mit leisem Klicken schloss sich die Wohnungstür und nuschelnd huschte ein, "Ich bin zu Hause", über die Lippen. Sein Blick fixierte die teuren italienischen Schuhe und überrascht sah er den Flur entlang. Akihito riss sich die Turnschuhe von den Füßen und rannte in Richtung Wohnzimmer. Ein schwarzer Schopf war auf der Couch zu erkennen und das leise Klacken von Glas auf der Tischplatte zu hören. "Willkommen daheim." Unsicher ging Akihito einige Schritte in Richtung Couch, bis er die Seite von Asami erspähen konnte. Dann schluckte er schwer und rührte sich nicht von der Stelle. "Hey. Du bist schon zu Hause. Wie überraschend." "Komm her." Die große Hand klopfte leicht auf die linke Seite neben sich. "Ich kann stehen." "Akihito." Genau diese Tonart brachte ihn immer wieder dazu, sich in Bewegung zu setzen und dem Älteren zu gehorchen. Wie in Zeitlupe, schritt er vor die Couch und ließ sich auf den angezeigten Platz nieder. "Du weißt, dass ich dich zu deinem Schutz beschatten lasse. Nicht um dich zu ärgern." Akihito starrte auf die Tischplatte, nicht in der Lage Asami in die Augen zu sehen. "Ist es denn im Moment wirklich notwendig?" Er spürte wie Asami sich leicht auf dem Leder bewegte und ihm näher kam. Dessen Finger griffen sanft nach seinem Kinn und zogen das Gesicht in die Richtung des Yakuzas. Gold traf auf Blau und für einige Sekunden hatte man das Gefühl, die Zeit würde stehen bleiben. "Was möchtest du?" Die Frage warf Akihito vollkommen aus dem Konzept und alleine das konnte man ihm im Gesicht ablesen. "Was?", fragte er etwas ungläubig, jedoch ohne den Blickkontakt zu verlieren. "Was möchtest du, dass ich tue?" Akihito schnappte kurz nach Luft, wie ein Fisch auf dem Trockenen, als er langsam wieder zu Sinnen kam. "A-Asami, sieh mal...", begann er stotternd und rutschte ein wenig zurück, so dass er gegen die Armlehne mit der Seite stieß. "Das mit dem Unfall hat mich wirklich durcheinander gebracht und ich möchte einfach ein wenig Zeit mit meinem Freunden verbringen, ohne das du auf jeden meiner Schritte achtest." Die Hand Asamis ging erneut zu dem Glas auf den Tisch, damit er sich dieses an die Lippen führen konnte. Zumindest schien er zuzuhören. "Ich habe extra für die nächsten zehn Wochen sichere Jobs angenommen, um dir das zu beweisen. Keine Jagd auf Kriminelle. Nur zickende Models." Erneut klackte das Glas auf der polierten Tischplatte und die letzten Tropfen leckte Asami sich mit der Zungenspitze weg. "Akihito. Wenn du mein Vertrauen missbrauchst, kommst du nicht so einfach davon." Der Angesprochene hob eine Augenbraue und sah Asami fragend an. "Du ziehst deine Wachhunde ab?" "Beweise mir einfach, dass es kein Fehler ist." Akihito begann zu grinsen und sprang dem Älteren an den Hals. Die Arme wurden um die breiten Schultern gelegt. "Danke, Asami." Dann hauchte er ein Kuss auf die Wange und löste sich wieder. Als der Fotograf gerade von der Couch aufstehen wollte, wurde er am Arm zurückgezogen und landete auf den Schoß des Dunkelhaarigen. "Hey!" Asami leckte ihn mit der Zungenspitze am Ohr entlang und die tiefe Stimme erklang, wie das Schnurren eines Tigers. "Ich wüsste eine Art, wie du mir richtig danken könntest." Dann biss Asami ihn leicht in den Hals, woraufhin der Fotograf leise aufstöhnte. "Du bist ein perverser, alter Mann", quetsche Akihito durch die Zähne und hatte mit der eigenen Körpertemperatur zu kämpfen, welche rapide anstieg. Ein angenehmes, tiefes Lachen drang in seine Ohren. "Und du bist süchtig nach diesen perversen, alten Mann." Dann versiegelte der Yakuza jeden Widerstand mit einem tiefen, dominanten Kuss. Was hätte Akihito auch sagen sollen? Er wusste das Asami Recht hatte. Kapitel 4: Die Hand, welche er nicht ergreifen kann --------------------------------------------------- Das Wummern der Autotür schallte durch das komplette Parkhaus, passend zu der donnernden Musik. Es handelte sich um kein Gewöhnliches, denn dieses gehörte zur Untergrund-Racingszene, wie sechs weitere in Tokio auch. Mit den Augen überflog er die Masse an Menschen. Jung und Alt trafen sich hier und tauschten verschiedenartige Informationen aus. "Hey, Akihito!" Kou fuchtelte mit den Händen in der Luft herum und kam im Laufschritt auf ihn zu. In den Händen hielt er einen Stadtplan, zog den Blonden das kleine Stück zum Auto zurück und faltete den Plan auf der Motorhaube auseinander. Sein Zeigefinger tatschte auf einen von zwei roten Kreisen. "Wir befinden uns momentan hier, in der Nähe des Nogi Schreins." Akihito nickte, während seine Augen dem Finger folgten. "Der Weg führt hier entlang, durch Azabu hindurch. Dann geht ein kleiner Knick nach oben und das Ziel ist dann am Tokio Tower." Dabei tippte der Finger auf den zweiten roten Kreis. "Regeln?" Kou versuchte irgendwie den Plan wieder zusammen zu falten, was in einem Papierchaos endete. "Einer von beiden Fahrern muss durch das Ziel kommen, damit das Team eine Runde weiter kommt. Wenn nicht ist man raus aus der ganzen Saison." Nebenbei kämpfte Kou noch immer mit dem Stadtplan, bis Akihito ein Einsehen hatte und ihm diesen aus der Hand nahm, um ihn selbst wieder zusammen zu falten. Mit einem verlegenen Nicken bedankte sich Kou und sah ihn dann tief in die blauen Augen. "Das Ziel ist dadurch erkennbar, das links und rechts am Straßenrand zwei silberne Autos parken, welche jeweils ein Tribal auf der Motorhaube haben. Wenn die Polizei auf einen der Fahrer aufmerksam wird, ist man auf seine Crew und sich allein gestellt." Akihito nickte verstehend und drückte ihn den sauber gefalteten Plan gegen die Brust. Der Fotograf riss die Autotür auf und ließ sich in den Fahrersitz gleiten. Kou trat neben ihn. "Wie gewohnt sind Karte und Route im GPS eingespeichert. Wir werden dauerhaft eine Verbindung haben. Mit Haru ebenso. Ihr könnt also während des Rennens kommunizieren." Erneut nickte er und tastete nach dem Navigationsgerät, um es mit ein paar Tastengriffen bereit zu machen. "Ach und Akihito... Ich möchte das du, wenn du durch das Ziel bist, dich sofort auf den Weg nach Ginza machst. Dort wirst du Unterschlupf in einem weiteren Szeneparkhaus finden." "Verstanden", entgegnete der Blonde und stellte mit den letzten Handgriffen alles ein. Kou sah kurz auf, erblickte den Wagen von Haru hinter Akihito und klopfte dann sanft auf das Autodach. "Viel Erfolg euch Beiden. Ich mach' mich auf den Weg nach Ginza. Takato wartet dort." Dann ließ Kou die Fahrertür zuklappen und ging ein paar Schritte zurück, damit die Wagen sich zur Startlinie begeben konnten. Mit heulenden Motoren fuhr eine ganze Kolonne an ihm vorbei. "Hey, Akihito? Alles okay?", kam die Stimme von Haru durch die Kopfhörer. "Hm. Ich bin nur nicht so begeistert davon, dass das Rennen so früh am Abend statt findet." Haru lachte leise auf. "Wenn wir die Ziellinie erreichen, ist es schon dunkel. Mach dir keinen Kopf." "Ja...", schnaufte Akihito leise. Dieses Gefühl der Melancholie nahm Besitz von seinen gesamten Körper. Ein unscheinbares Lächeln voller Erinnerungen, zog sich über seine Lippen. Die Massen an Menschen, die jubelten und feierten, als gäbe es nichts anderes mehr, säumten die Ränder der Straße. Das Adrenalin was sich Stück für Stück in sein System pumpte und ihm das Gefühl vermittelte, dass Nichts und Niemand ihn aufhalten könnte. In seinen Gedanken gab es keinen Platz für andere Dinge - Nur das Hier und Jetzt. Seine Augen verfolgten jeden Schritt der zwei leicht bekleideten Damen, welche den Countdown gaben. Gleich wäre es soweit, nur noch ein Bisschen. "GO!" Die zwei Mädchen beugten sich nach unten und sofort rasten die 26 Wagen los. Quitschend ging es um die Kurve, als sie aus dem Parkhaus raus waren und Haru überholte ihn gleich daraufhin. Akihito sah ihn, für einen Bruchteil einer Sekunde, dabei in die Augen und nickte. Wenn Beide von Anfang an vorn mitmischen würden, wäre das Risiko zu groß, würde sich ein Hindernis vor ihnen auftun. Die ersten Kilometer verliefen ruhig und führte die Teilnehmer durch viele kleine Seitenstraßen, in denen wenig Verkehr herrschte. "Ihr kommt jetzt nach Azabu. Haltet euch einfach an die Karte", hörten sie Takato. "Verstanden", erklangen beide Fahrer eintönig und donnerten nacheinander auf eine Hauptstraße. Akihitos Blick ging auf das Navigationsgerät, welches ihn lustig blinkend mitteilte, dass er in 350 Metern in eine der Seitenstraßen rein müsste. Er blinzelte einige Male und verzog leicht die Augenbrauen. Irgendetwas kam ihn so unbeschreiblich vertraut an dieser Gegend vor. Aber er konnte es einfach nicht zuordnen oder dieses Gefühl benennen. Unsanft wurde er aus den Gedanken gerissen, als er Haru über die Kopfhörer fluchen hörte. "Scheiße! Warum sind manche Fahrer so verdammt dämlich!" "Was ist passiert?", fragte Akihito nun und kam der Kurve immer näher. "In der Straße ist ein Privatclub. Einer von den Fahrern hat die Kurve nicht richtig bekommen und ist in die Fassade reingebrettert!" "Ein Privatclub?", kam es leicht irritiert von Akihito, welcher die Kurve erblickte. Gekonnt trat er die Pedale, zog das Lenkrad herum und driftete elegant um die Straßenecke. Dann sah er es. Seine Augen weiteten sich. Die Geschwindigkeit kam ihn vor wie in Zeitlupe, als ihm bewusst wurde, um was für einen Club es sich handelte. Draußen prankte das Schild mit der Aufschrift 'Dracaena' und an dem Auto in der Wand standen zwei riesige Kerle in schwarzen Anzügen, die ihre Waffen am Anschlag hatten. Sofort ging Asamis Name durch Akihitos Kopf und seine Pupillen verengten sich, als sie die Waffen fixierten, welche nun genau auf sein Auto zielten. "Oh, Scheiße..." Sofort duckte Akihito sich nach unten und hörte die Schüsse. Er vernahm wie das Glas splitterte, als eine Kugel durch die Frontscheibe schlug, nur um in der C-Säule wieder auszutreten. Sein Auto drehte sich zwei Mal um die eigene Achse, als er wieder nach oben kam und er brachte es gekonnt dazu, sich wieder in die Fahrtrichtung zu drehen. Dann gab er Gas und bretterte die Straße entlang, um so den Lakaien Asamis zu entfliehen. "Akihito? Akihito, alles klar bei dir?", knackte die Stimme von Haru. "So klar, wie es nur sein kann, wenn zwei Gorillas auf dein Auto schießen." "Einige Fahrer haben sie damit außer Gefecht gesetzt. Sie haben ihnen in die Reifen geschossen", mischte Takato sich ein. "Kann uns gerade nur Recht sein. Hauptsache Akihito geht es gut." Der Blick des Blonden ging in den Rückspiegel, wo er feststellte, dass etwas von dem Glas ihn über den linken Auge getroffen und einen Schnitt in der Haut verursacht hatte. Aber das war ein geringer Preis, das wusste er. ~+~+~ Das GPS zeigte ihn an, dass sich das Szeneparkhaus genau vor ihm befand. Doch das Einzige was Akihito sah, war ein Gatter vor einem grauen Betonblock. "Kou? Takato? Haru?" Plötzlich setzte sich das schwere Tor in Bewegung und zog sich nach oben, um den Weg in das Parkhaus frei zu geben. Vorsichtig fuhr Akihito hinein und zuckte kurz zusammen, als das schwere Gatter sich erneut bewegte, nur um die Öffentlichkeit wieder auszusperren. Dann ging es die Steigung hinauf. Stück für Stück. Musik ertönte, donnerte durch Bassboxen und Menschen bewegten sich von einer Seite zur Anderen. Hier war er also richtig. Takato sprang aus einer unscheinbaren Ecke heraus und zeigte ihn mit den Händen an, wo er den Wagen parken konnte. Als er das hinter sich gebracht hatte, stieg Akihito aus und besah sich die Massen. "Unvorstellbar, dass das hier noch nicht an die Öffentlichkeit gedrungen ist", versuchte er gegen die Musik anzuschreien, damit sein Freund ihn verstehen konnte. Takato zog Akihito näher an sich heran und drückte seine Lippen fast gegen dessen Ohr. "Die Parkhäuser gehören Shin oder besser gesagt seiner Familie. Gerüchten zufolge, sollen seine Eltern Yakuza sein." Ein fieses Grinsen zeichnete sich auf den Lippen des Blonden ab. "Ach, sind sie das..." Sein Freund packte den Fotografen nun etwas fester am Arm, sodass Akihito ein wenig herumrudern musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ihre Augen trafen sich und Takatos Gesichtszüge wurden ernst. "Du willst doch nicht Asami-san mit rein ziehen, oder?" Akihito schüttelte den Kopf. "Nein. Aber ich hab' doch keine Angst vor einem Bengel, der denkt, Möchtegern-Yakuza spielen zu müssen." Mit einem Seufzen ließ Takato von seinem Arm ab, woraufhin sich der blonde Mann in Bewegung setzte. Elegant schlängelte er sich durch die Massen von Menschen, Autos und tanzenden Gestalten, als er vor einer kleinen Menschenansammlung Halt machte. Seine Augen formten sich leicht zu Schlitzen, als er den Kerl fixierte, welcher so locker an die Motorhaube eines grünen Wagens gelehnt stand. "Gute Menschenkenntnis. Das ist Shin", ertönte die Stimme von Haru rechts neben ihm. Akihito sah kurz über die Schulter und fixierte dann wieder Shin. Aus irgendeinem Grund kochte die Wut in ihm hoch, welche sich einfach nicht unterdrücken lassen wollte. Fast eigenständig setzten sich seine Beine in Bewegung und mit den Ellebogen drückte er die Menschen zur Seite. Der rechte Arm hob sich, die Hand formte sich zu einer Faust und dann landete sie auch schon in diesem abartig grinsendem Gesicht. Shin flog zur Seite auf den Boden, hielt sich die Wange und sah mit stechendem Blick zu seinen Angreifer auf. Sofort kamen Kou und Takato angeschossen und zogen Akihito an den Armen zurück. Der Jüngling auf dem Boden wischte mit einer Hand über das Gesicht, blickte auf diese und sah die feinen Blutfäden. Ein kleiner Rinnsal hatte sich unter seiner Lippe gebildet und tropfte Shins Kinn herab. Dieser spuckte zur Seite, richtete sich vom Boden auf und grinste den Fotografen siegessicher an. "Sind uns die Argumente ausgegangen? Wie hießen wir doch gleich, ah, Akihito?" Der Angesprochene biss die Zähne zusammen und presste bebend hervor: "Du kleiner...!" Gerade als Akihito sich von seinen zwei Freunden losreißen wollte, trat Haru nach vorn und drückte beruhigend eine Hand auf die Brust des blonden Wildfangs. "Haru-kun. Ich bin ja fast schon ein wenig überrascht dich hier zu sehen", spottete Shin und klopfte sich den nicht vorhandenen Dreck von der Hose. "Mach' dir nicht ins Hemd. Wir klauen dir deine Straße schon nicht. Wir wollen nur Katou zurück haben." Ein Lachen bebte durch die Parkhausanlage und bedrohlich kam Shin auf das Gespann zu. Dieser blickte kurz grinsend zu Kou, während er seinen Blick auf Akihito ruhen ließ. "Wenn ihr die Schulden eintreibt, könnt ihr ihn unbeschadet wieder haben." "Das will ich dir auch geraten haben!", zischte Akihito leise und funkelte ihn finster an. Shin schubste Haru zur Seite und blitzschnell packte er den Fotografen am Kinn, nur um fest mit den Fingern zu zu drücken. "Ich mag den Blick in deinen Augen nicht. Pass auf was du tust. Wenn ich wollte, könnte ich dich zerquetschen wie einen Käfer." Dann holte er aus, schlug Akihito kräftig mit der Faust in das Gesicht, so dass dieser mit seinen zwei Freunden ein Stück zurückflog und halb auf Kou landete. "Dieser Mistkerl!" "Akihito, lass gut sein...", flüsterte Kou und zog ihn leicht am Arm zurück. Der Blonde sah hinter sich und sofort brannte sich dieser bittende Gesichtsausdruck seines Freundes tief in seine Seele. "Ja, Akihito. Hör' darauf was Oni-san dir sagt", meinte Shin mit einem bösartigen Lachen und kramte seiner Hosentasche. Er zog ein Taschentuch aus dieser hervor und warf es dem Fotografen vor die Füße. Dabei zeigte er leicht mit einem Finger an seine eigene Nase. "Für dich. Deine Nase blutet ein wenig." Dann machte er sich amüsiert, mit seiner Scharr an Bewunderern, von dannen. Haru hielt eine Hand hin, welche Akihito ergriff, damit er sich aufrichten konnte. Kou und Takato halfen sich selbst auf. Der Fotograf drehte sich in die Richtung des Autos und verzog leicht das Gesicht bei dem Anblick. "Hey, Haru-kun. Tut mir leid wegen der Scheibe und all dem..." Beruhigend klopfte ihn der Angesprochene auf die Schulter und stellte sich dann neben ihn. "Mach dir keine Sorgen. Bis zum nächsten Rennen, in zwei Wochen, haben Takato und ich das Ding wieder flott gemacht." "Ihr seid die Besten!" So standen die Vier da und besahen sich das minimale Chaos. Es fühlte sich an, als würde man alles schaffen, wenn man nur zusammen hielt. ~*+*~*+*~ Die Tür schlug mit einem leisen Klicken ins Schloss. Der Flur war dunkel und soweit er es ausmachen konnte, das Wohnzimmer auch. Das würde bedeuten, Asami war noch nicht zu Hause. Während Akihito den Lichtschalter betätigte, nuschelte er aus reiner Gewohnheit ein: "Ich bin daheim..." Die Turnschuhe von den Füßen gezogen, ging es auch schon in das Wohnzimmer und dann in den nächsten Flur, in Richtung Bad. Ersteinmal wollte er die Spuren des heutigen Tages loswerden. Vorsichtig wurde das Oberteil über den Kopf gezogen und instinktiv sah er in den riesigen Spiegel an der Wand. Ein wenig erschrak er vor seinem eigenen Abbild. Die Haare struppig, fast schon verwildert. Das getrocknete Blut im Gesicht und dazu dieser Schnitt. Beschämt sah er zur Seite, seufzte leise und machte sich daran die Hose zu öffnen und hinunter zu ziehen. Die Boxershorts folgten. Ein Schritt in Richtung Duschkabine und dann dieses einladene Wasser auf seiner Haut, welches alle Ängste fort zu spülen schien... Die Dusche hatte ihre Wirkung nicht verfehlt. Akihito fühlte sich ein wenig freier und entspannter als vorher. Sofort schnappte er sich einen flauschigen Bademantel und wickelte sich behutsam darin ein. Dann noch schnell ein Handtuch geklaut und die Haare wurden versuchsweise trocken gerubbelt. Akihitos Ohren zucken unwillkürlich auf, als er die Schlüssel hörte und dann die Tür, welche sich öffnete, nur um wieder geschlossen zu werden. Natürlich wusste er sofort, dass es sich nur um einen handeln konnte. Asami. Achtlos wurde das Handtuch über das Waschbecken geworfen und sofort hastete er aus dem Badezimmer hinaus. Er stolperte leicht im Flur, schaffte es aber sich zu fangen. Als er aufblickte, traf ihn sofort der Blick des Yakuzas, inklusive amüsierten Grinsen im Gesicht. Wie war er überhaupt so schneller hier her gekommen? "Ich bin zu Hause.", ertönte die tiefe Stimme. "Willkommen daheim." Asami blinzelte einige Male und das Grinsen wich einer eiskalten Maske. Akihito kannte das Spielchen schon und sofort schrillten seine inneren Alarmglocken los. "Was ist das?" Nun war es an dem Blonden zu blinzeln. Was war was? Es gab doch nichts Ungewöhnliches an ihm. "Wovon sprichst du?" Für einige Sekunden blieb dem Fotografen das Herz stehen, als die Hand Asamis, ohne Vorwarnung, nach vorne preschte und ihn unsanfter als sonst, am Kinn packte. Die goldenen Augen fixierten ihn, doch sie sahen nicht in die Seinen. Sie starrten vorbei, aber der Blick galt definitiv ihm. Wo sah Asami nur hin? Seine eigenen Pupillen versuchten den Weg abzuwandern und leicht schielend sah Akihito nach oben. Die andere Hand des hochgewachsenen Yakuzas, erhob sich langsam und strich ein paar blonde, feuchte Strähnen aus der Stirn. Als wäre Akihito aus Porzellan, tasteten sich die Fingerkuppen des Älteren über die Haut und fuhren anscheinend etwas nach. Der Schnitt. Verdammt! "Ich kann das erklären", hauchte Akihito kleinlaut. Sofort bewegten sich goldenen Augen und musterten ihn gespannt. Der Fotograf schluckte. "Ich bin bei Kou mit der Flasche auf der Treppe hingefallen und mit dem Kopf gegen einen der Splitter..." Akihito behagte es ganz und gar nicht Asami anzulügen und er wusste, er war bei weitem kein guter Lügner. Doch der Größere musste es glauben, also musste er überzeugend wirken. Die blauen Augen sahen tief und ernst in das Gold und einige Minuten verharrten sie so, als der Yakuza endlich gänzlich von ihm abließ und der Fotograf erleichtert ausatmen konnte. Diese Spannungen waren immer unerträglich. "Wenn du schon keine Kriminellen jagst, schaffst du es dennoch, dich trotz allem in Gefahr zu begeben." Dann wandte sich der Yakuza ab in Richtung Küche. Als Asami in den Rücken zugedreht hatte, machte Akihitos Herz einen kleinen Sprung. Er hatte also überzeugt. Zumindest schien der Schwarzhaarige es geschluckt zu haben. Vorsichtig tappte Akihito ihm hinterher und besah sich den Yakuza genau. Irgendwie erschien Asami anders. Auch wenn dieser nicht viele Regungen zeigte, konnte der Jüngere manche kleineren nach all der Zeit doch deuten. Die undeutlichen Falten in der Stirn, die harschen Bewegungen beim Kaffee einschenken. Asami stand eindeutig unter Stress. Nicht den gewöhnlichen Stress, sondern jene Art, welche ihm wirklich zusetzte, auch wenn man es nach außen kaum wahr nahm. Akihito lehnte sich gegen die Anrichte und der Yakuza setzte sich an den Tisch, genau gegenüber seines Geliebten. "Es ist etwas passiert." Als die Worte gesagt waren, verschränkte der Jüngere die Arme vor der Brust. Asami hingegen hob leicht den Kopf, fischte Blind nach seiner Aktentasche, welche an das Tischbein gelehnt war und ließ sie auf den Küchentisch sausen. "Was bringt dich auf diese Idee?", war die ruhig ausgesprochene Frage. "Ich sehe es dir an." Akihito sah wie eine Sekunde lang irgendetwas, in diesem gold schimmernden Bernsteinen, aufblitze. Früher hätte er es für Einbildung gehalten, aber es war definitiv dort gewesen. Dort war es wieder, dieses alt bekannte Grinsen im Gesicht von Asami. "Darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen, Akihito." "Tu' ich aber...", flüsterte er leise, jedoch hörbar. Asami gönnte sich einen Schluck des kalten Kaffees, welcher noch vom Morgen stammte und schwieg noch einige Augenblicke. "Heute ist mir jemand in die Fassade des Dracaena gefahren." Akihito schluckte schwer. Als wenn er das nicht wüsste. Er streckte kurz seine Arme aus und stieß sich dann von der Anrichte ab, um ein Stück auf den Tisch zu zugehen. "Vielleicht war der Fahrer ja betrunken..." "Es war der Fahrer eines illegalen Autorennens." "Illegales Autorennen...?" Akihito biss sich leicht auf die Unterlippe. Er durfte sich nichts anmerken lassen. Zur Sicherheit setzte er sich auf den Stuhl gegenüber, denn für eine Sekunde dachte er wirklich, ihm würden die Beine versagen. "Sie sind mir schon eine Weile ein Dorn im Auge. Das heute hat mir nur einen Grund gegeben, diesem Unsinn ein Ende zu setzen." Bildete der Fotograf sich das ein oder war Asami redefreudiger als sonst? Nicht das es ihn stören würde, aber es gab ihn ein flaues Gefühl in der Magengegend. "Asami,... was willst du diesbezüglich unternehmen?" Der Angesprochene stand auf, stellte die Tasse auf die Arbeitsplatte und wanderte in Richtung Schlafzimmer ab. "Ich werde diese Szene aushebeln lassen." Dann verschwand er in der Tür. Akihito saß noch immer da, den Blick auf den makelosen Tisch gerichtet. Die Szene aushebeln lassen... Wenn Asami rausbekommen würde, dass der Fotograf gerade dieser Szene angehörte und das nicht zum ersten Mal, was dann? Wenn der Yakuza erfahren würde, was seine Vergangenheit bereit hielt, wie würde er reagieren? Was sollte er nur tun? Soviele Fragen und er fand keine einzige Antwort. Kapitel 5: Goldene Sonne in blauer See -------------------------------------- "Verzeih mir, aber könntest du das nochmal wiederholen?" Asami war genervt, mehr noch, wenn es nach ihm ginge, wäre er in diesem Moment gern in die Luft gegangen, doch seine eiserne Maske und seine antrainierte Selbstdiziplin hielten ihn zurück. Mit eleganten Bewegungen seiner Hand, zog er eine Schachtel mit Zigaretten hervor und ignorierte gekonnt das kleine Schild auf dem Tisch, mit einem rot durchgekreuzten Glimmstengel. "Nicht, dass ich mich nicht in irgendeiner Hinsicht geehrt fühlen würde, aber ich bin noch immer etwas überrascht, Ryuichi." "Und ich erst", entgegnete Asami und zündete sich das tabakhaltige Laster an. Die goldenen Iriden musterten den Gesprächspartner auf der anderen Seiten des Schreibtisches. Ruhig zog er an der Zigarette und seufzte leise den Rauch aus den Lungen. Kuroda Shinji verschränkte die Arme vor der Brust, nachdem er seine Brille etwas zurecht gerückt hatte. "Also willst du mir tatsächlich helfen diesen illegalen Straßenrennen ein Ende zu setzten." Eine Feststellung, keine Frage. Asami nickte daraufhin, drückte sich bequemer in den schwarzen Lederstuhl hinein und inhalierte den Rauch. Der Kopf wurde ein wenig in den Nacken gelegt und ein paar gegeelte Strähnen kitzelten ihn dabei in diesem. Den Rauch blies er aus den Lungen hinaus, folgte mit dem Augen den Rauchschwaden, bis sie die Decke erreichten und schloss dann langsam die Lider, bevor er zu einer weiteren Erklärung ansetzte. "Um ehrlich zu sein, mache ich das nicht aus Nächstenliebe. Wie ich dir schon einmal sagte, ist mir diese Straßenrennszene ein Dorn im Auge. Ihre Strecken führen durch meine Gebiete und wenn jedesmal die Polizei hinter ihnen her ist, während meine Männer versuchen dort einen Deal über die Bühne zu bringen, sind mir das zu viele Augen und Ohren. Ich kann diesen Unsinn dabei nicht gebrauchen. Nur weil diese suizidgefährdeten Jugendlichen der Meinung sind, den Adrenalinkick ihres Lebens erleben zu wollen, kann ich es mir nicht leisten, wenn die Polizei beim Vorbeifahren eine Ladung Waffen entdeckt. Das mit dem 'Dracaena' war nur die Spitze des Eisberges." Asami drehte elegant die Zigarette zwischen den Fingern, während er seine Aktion mit den, nun wieder geöffneten Augen, verfolgte. "Das kommt dir doch nur gelegen. Oder etwa nicht?" Kuroda beugte sich ein wenig weiter nach vorne, ersparte sich die Zustimmung auf die Frage und seufzte dann ergeben. "Gut. Was genau möchtest du nun von mir haben?" "Ich möchte die Namen von den Rennställen und den Fahrern - Einfach alles an Informationen. Im Gegenzug dazu, lasse ich der Polizei freie Hand bei den Ermittlungen, wegen des Unfalls am Dracaena." Eine geschwungene Augenbraue des Staatsanwaltes zog sich bis über den Brillenrand. "Solange die Ermittlungen unter deiner Aufsicht sind", fügte Asami nun noch hinzu und ließ die Hälfte der angerauchten Zigarette in einem Glas Wasser zischend versinken. Kuroda tippte mit den Fingern der rechten Hand auf seinem Schreibtisch herum und versuchte die Optionen im Kopf irgendwie abzuwägen. Asami Ryuichi stellte sich das alles so ungemein einfach vor. Aber er, als Staatsanwalt, konnte nicht so einfach, mit gezogener Waffe, in die Rennszene maschieren und brüllend Antworten verlangen. Im Gegenteil. Es gab Richtlinien, an welche auch er sich halten musste, auch wenn seine Loyalität zu Asami außer Frage stand. Fahrig ging der Brillenträger sich durch das kurze braune Haar und begann nervös an der Kopfhaut zu kratzen. "Ryuichi..., kann es sein, dass du es dir ein wenig zu einfach vorstellst? Wir arbeiten schon seit gewisser Zeit daran an solche Insiderinformationen zu kommen und wir stehen fast vor dem Durchbruch, dank eines verdeckten Ermittlers in der Szene. Aber wir können nicht einfach die Dinge so rapide beschleunigen, weil du es so haben willst. Das musst du verstehen." Asamis Augen verzogen sich zu gefährlichen Schlitzen, als er seinen Freund und Gehilfen betrachtete. Bedrohlich lehnte sich der Yakuza nach vorn, die Hände landeten auf dem perfekt polierten Schreibtisch und wurden ineinander gefaltet. Die Stimme war dunkel und zischend, als der Schwarzhaarige sein letztes Kommentar zu dieser Situation beitrug: "Drei Tage. Ich gebe dir drei Tage. Wenn du mir bis dahin nicht die Informationen liefern kanns, die ich haben will, werde ich dafür sorgen, dass ich sie bekomme. Ob so oder so." Erdrückende Stille legte sich über den Raum und die Mundwinkel des Staatsanwaltes zuckten leicht vor Nervosität, als er schließlich antwortete: "Ich werde sehen was sich machen lässt, Ryuichi..." ~(>°-°)>.\(°^°)/.<(°-°<)~ Ein Zigarettenstummel wurde dumpf unter einem teuren Lederschuh begraben und sorgfältig gedreht, bis die Glut verlosch. Die Kiesel darunter, quietschten leise auf. Mit jeweils einem Lakai links und rechts von ihm, betrat Shin seine eigene Werkstatt und sofort wurde es ruhig in der Halle. Seine Untergebenen ließen von der Arbeit ab und drehten sich schlagartig in Richtung des Eingangs, um sich die Neuankömmlinge zu besehen. Ohne ein Wort des Grußes oder der Beachtung, ging Shin zielsicher zu seinem Rennwagen, an welchem einer seiner Leute bis eben noch gearbeitet hatte. Rasch verbeugte sich der Arbeiter ehrfürchtig, während sein Boss das Auto genau betrachtete und begann diesen langsam zu umrunden, wie ein Löwe seine Beute. Die Anspannung im Raum stieg. Bei einigen standen die Schweißperlen auf der Stirn und den Schläfen und die Atmung beschleunigte sich. Shin begann damit leise vor sich hin zu pfeifen. Der rechte Arm streckte sich und die Fingerspitzen streiften über den Lack des Wagens. Das Pfeifen verstummte und eine Zungenspitze kam hervor, als er sich verspielt über die Lippen leckte. Die Begutachtung schien abgeschlossen zu sein und vor einem seiner Untergebenen, blieb er stehen und begann ihn tief in die Augen zu sehen. Jeder konnte erkennen, wie die Angst sofort Besitz von dem jungen Mann ergriff, welcher versuchte nicht gleich in Ohnmacht zu fallen. Die Gliedmaßen verspannten sich und die Arme begannen zu zittern. Er versuchte irgendwie seinen Boss anzulächeln, was jedoch kläglich scheiterte. "Ist... ist alles zu Ihrer Zufriedenheit, Shin-sama?" Dieser spitzte die Lippen. Erst zuckte links der Mundwinkel und dann rechts. Die Anspannung in der Halle hatte ein absolutes Maximum erreicht. Shin machte eine ruckartige Bewegung, welche so schnell ging, dass kaum einer von ihnen dieser folgen konnte und urplötzlich tippten Finger auf der glänzenden Motorhaube herum. "Ist das hier etwa ein Kratzer im Lack?" Der junge Mechaniker wurder nervöser, begann an den Fingern zu knibbeln und suchte nach irgendwelchen beruhigenden Worten oder etwas Ähnlichem. Vergeblich. "Kr- Kratzer, Shin-sama?" Der Zeigefinger klopfte nachdrücklicher auf die Haube und die Augen von Shin wurden schlagartig eine Stufe dunkler. Erneut lugte die Zungenspitze hervor und ungeduldig leckte er sich über die Oberlippe. Er zog den Muskel ein wenig zurück, weiße Zahnreihen blitzten auf und auch dort fuhr er fix drüber, während Shins linke Hand vorschoss und den Jüngling am Kragen packte. Ganz nah wurde er heran gezogen, so dass man den Atem auf der Gesichtshaut fühlen konnte. Dieser wirkte fast schon ein wenig abkühlend, bei den Angstschweiß, welcher seine Wangen herunter rann. Dann folgte Stille in der Werktstatt - Eine beunruhigende Stille. 'Wumm' Der verängstigte Mechaniker war mit voller Wucht, mit der rechten Wange, auf der Motorhaube gelandet. Schmerz breitete sich, wie ein Brennen, in der Haut aus und wanderte über die komplette Gesichtshälfte, als das Gehirn das Signal endlich zu registrieren schien. Ein Schmerzensschrei schallte durch die Halle und ließ alle Anwesenden erstarren und auf ihren angestammten Plätzen erzittern. "Siehst du ihn jetzt? Siehst du den Kratzer jetzt oder muss ich dich noch näher heran bringen?" Shin drückte mit der flachen Hand den Kopf brutal nach unten. Der Druck zwischen Handfläche und Motorhaube wurde immer schmerzlicher für den jungen Mann. Orientierungslos wanderten die Augen des Untergebenen hin und her, bis er versuchte sich auf das Blech zu konzentrieren und den angeprangerten Kratzer zu erspähen. "Ja... ja! Ich sehe ihn, Shin-sama!" "Wirklich?" Eine dunkle Augenbraue wurde nach oben gezogen und Shin verlagerte sein komplettes Körpergewicht auf den Kopf des armen Mannes, welcher daraufhin laut aufstöhnte. "Warum hast du ihn dann nicht schon vorher gesehen? Bring das sofort in Ordnung. Haben wir uns verstanden?" Die Stimme des Bosses war ein gefährliches Zischen und dem Mechaniker standen die Tränen in den Augen, als er versuchte irgendwie in den Griff hinein zu nicken und zu stammeln. "Ich hab's verstanden, Shin-sama. Verstanden... kommt nie wieder vor! Ehrlich, ich verspreche es!" "Gut." Die Schuhe von Shin gaben ein schleifendes Geräusch von sich, als er sich nach dieser Aktion auf der Stelle drehte und die Augen über die Halle der Werkstatt schweifen ließ. Ein düsteres Grinsen zog sich über die schmalen Lippen, als er die vielen angsterfüllten Gesichter sah. "Ich hoffe wir haben alle etwas daraus gelernt. Solche Fehler passieren hier nicht. Habt ihr das verstanden?" Die Stimme von ihm hallte kraftvoll und man sah das Nicken von verschiedenen Personen, sowie man auch gemurmelte Worte der Zustimmung vernehmen konnte. Zufrieden mit sich selbst, setzte Shin sich in Bewegung und dirrigierte mit den Händen seine zwei Bodyguards zu sich heran. Erneut begann sich die kraftvolle Stimme zu erheben, während er weiter durch die Werkstatt schritt. "Falls etwas sein sollte, ich befinde mich in meinem Büro. Ich will unter keinen Umständen gestört werden, außer der verfluchte Laden hier sollte zu brennen beginnen. Ansonsten jage ich der Person, welche es wagen sollte, eine Kugel durch den Kopf!" Mit einer theatralischer Bewegung, öffnete er die Bürotür und sofort drehten sich drei weitere Lakaien von ihm herum, welche sich in diesem befanden und verneigten sich tief. "Willkommen zurück, Shin-sama!" Dieser tat es mit einer schneidenden Handbewegung ab und seine braunen Augen suchten den Raum ab, bis sie fanden, was sie gesucht hatten. Die drei bulligen Kerle traten zur Seite, um so eine bessere Sicht zu gewähren. Auf einem simplen Holzstuhl war der kleine Bruder von Kou - Katou - festgebunden. Die Fußgelenke an den vorderen Stuhlbeinen befestigt und die Hände hinter der Lehne. Hasserfüllte hellbraune Augen sahen zu Shin, wobei eines von ihnen begann langsam zuzuschwellen. Der junge Yakuzasohn konnte darüber nur müde Lächeln und trat an seinen Gast heran. Er ging in die Knie und der Zeigefinger legte sich unter das Kinn des Gefangenen. Fast schon sanft hob er dessen Kopf an, damit sie sich besser in die Augen sehen konnten. Der jüngere Bruder von Kou, sah schlimm zugerichtet aus. Nicht nur, dass sein linkes Auge Stück für Stück zuschwoll, auch die blutige Nase und die aufgeplatzte Unterlippe zeugten davon, dass diese drei Hünen ihn schon eine Weile bearbeitet haben mussten. "Hat er geredet?", erschwoll die scharfe Stimme des Bosses und sofort strafften sich alle Männer in dem Büro. Shin ließ von Katou ab und ruckartig sackte der Kopf nach unten, so dass dessen Kinn auf der Brust landete. Eine der Wachen trat nach vorn und räusperte sich leise, um sich so die Aufmerksamkeit seines Vorgesetzten zu sichern. "Nein, Shin-sama. Er hat kein Wort gesprochen, unabhängig davon, wie hart wir ihn das zu verstehen gegeben haben." "Verstehe...", hauchte Shin schon fast ein wenig enttäuscht und kam aus der hockenden Position heraus. Er schritt links an dem Stuhl vorbei und machte sich direkt auf in Richtung seines Schreibtisches und ließ sich hinter diesem nieder. Ganz langsam zog er eine der Schubladen auf und holte eine halbautomatische Waffe hervor. Provozierend spielte er mit dieser herum und ließ das Magazin rein und raus rutschen. Das Klicken, was beim Einrasten entstand, hallte fast wie eine laute Detonation in den Ohren von Katou wider. "Katou-kun, Katou-kun...", begann Shin ein wenig verspielt zu seufzen und wog die Waffe mit seiner Hand ab. Mit einem dumpfen Geräusch streckte die Beine auf dem Schreibtisch aus und drehte immer wieder das Schießeisen zwischen seinen Fingern, oder zielte auf seine Geisel, um diesem seinen Standpunkt eindringlich klar zu machen. Katou hingegen hob nur leicht den Kopf, schniefte ein wenig das Blut, welches sich in seiner Nase befand, nach oben und versuchte irgendwie seinen Blick zu klären. Die Leute, welche sich in dem Raum befanden, zeigten sich leicht verschwommen und immer wieder musste er zwinkern, in der Hoffnung, ein schärferes Bild zu bekommen. Während er mit seiner Sicht noch zu kämpfen hatte, drang erneut die Stimme von Shin an seine Ohren. "Wenn du uns keine Informationen zu der Crew deines Bruders geben willst, dann muss ich wohl persönlich dort vorbei schauen. Schade, dass ich ihn mit dieser Waffe durchsieben werde und ihm mitteile, dass du leider zu unerzogen warst, als das wir den Deal hätten zu Ende bringen können." Shin begann leise eine, für Katou unbekannte Melodie, zu summen und die Schuhe des Yakuzasohnes kratzten leicht über die Holzoberfläche des Schreibtisches, als dieser die Beine wieder herunter zog. Einige Minuten sagte niemand etwas und keiner schien auch nur die Anstalten dazu machen zu wollen, während der Geduldsfaden eines gewissen jungen Mannes immer dünner wurde. "Schön. Wer nicht hören will...-" Erneut machte Shin eine Handbewegung, zeigte seinen Männern an, dass sie sich bereit machen würden zur Abreise, als eine gebrochene Stimme durch den Raum schallte. "Nakahara Hiro!" Shin selbst hielt in seinen Bewegungen inne und drehte den Körper in Richtung Katou, als er leicht mit der Zunge schnalzte und etwas überfragt mit der Waffe an seinem eigenen Kinn entlang kratzte. "Bitte?" "Nakahara Hiro... sagt dir doch etwas..." Der junge Boss zog die Augenbrauen zusammen, setzte sich erneut in Bewegung und ging einige Schritte auf den Gefesselten zu. "Natürlich sagt er mir etwas. Wem nicht, du Vollidiot. Nakahara Hiro ist eine Legende in der Straßenrennszene. Er und Kiki-kun. Was zur Hölle willst du mir damit sagen?" Shins Geduldsfaden stand kurz davor zu reißen, als er mit der Waffe gefährlich in der Luft fuchtelte und Katou nur einige Augenblicke später den Lauf von dieser, an die linke Schläfe presste. Der Gefangene straffte ein wenig seine Gesichtzüge und biss sich kurz nervös auf die blutverkrustete Unterlippe, als würde er mit sich zu kämpfen haben, wirklich mehr preis zu geben, aber die Angst war zu groß. "Haru ist der kleine Bruder von Hiro." Endlich schien er das Interresse von Shin geweckt zu haben, als dieser überrascht über diese Erkenntnis die Augenbrauen nach oben zog und die Stirn dann in Falten legte. Er ließ die Waffe sinken und seine Augen nahmen einen furchterregenden Glanz an. "Haru? Dieser Haru ist der kleine Bruder von der Legende Hiro? Warte! Dann ist der andere Fahrer..." Wieder schnellte diese Zungenspitze nach vorn und überlegend leckte sich Shin über die Lippen, als urplötzlich ein manisches Lachen den Raum erfüllte. Die Hände wurden in die Hüften gestemmt und der junge Mann kämpfte mit der Luft, als er versuchte sich selbst langsam wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen. "Welch überraschende Wendung. Findet ihr nicht?", sprach Shin amüsiert seine Schergen an, welche nur einstimmig nicken konnten. Die Pupillen des jungen Bosses verengten sich gefährlich. Das einschüchternde Glänzen in ihnen war unübersehbar, als er sich im Raum drehte und plötzlich in Richtung Katou zum Stehen kam. "Erzähle mir mehr über diesen Akihito oder sollte ich besser sagen, Kiki-kun?" ~(>°-°)>.\(°^°)/.<(°-°<)~ Zwei Tage waren nach dem eigenartigen Gespräch mit Asami vergangen und Akihito wusste, wenn er jetzt nicht schnell handelte, dann würde er definitiv auffliegen. Das wollte er um jeden Preis verhindern. Also hatte er seit dem Tag zuvor nach und nach sein Konto geplündert und trat nun aus der Bankfiliale der 'Japan Post Bank' hinaus, wo er das letzte Bargeld abgeholt und somit auch gleich das Bankkonto gänzlich gekündigt hatte. Er schritt die automatischen Schiebetüren ins Freie und zählte die Yen- Scheine in seinen Händen, bis diese als Bündel in der Jeanstasche verschwanden. Die kleine Sporttasche, welche er sich um die Schultern gehangen hatte, wurde fester gezogen und mit musternden Blick prüfte er die Umgebung. Zumindest schien Asami in dieser einen Sache Wort gehalten zu haben. Wachen waren nicht auszumachen. Trotz allem war er sich sicher, dass der Yakuza noch einige Asse im Ärmel hatte. Dazu war dieser einfach zu vorsichtig und besitzergreifend und Akihito war sich sicher, dass er noch immer als Art Besitz angesehen wurde. Gekonnt schlenderte er mit den Massen von Menschen mit und machte sich mit dieser Tarnung so gut wie unsichtbar für die Umgebung. Sein Ziel war nun ein Elektronikmarkt, um sich ein neues Mobiltelefon zu beschaffen. Denn auch hier war der Fotograf skeptisch. Irgendwie beschlich ihn dieses Gefühl, dass Asami sein jetziges Handy auch manipuliert haben könnte. GPS, Anrufverfolgung - Die Ideen reichten dabei weit. Die Schritte des Blonden wurden immer schneller, bis er sich letzten Endes im Bahnhof von Shinjuku wieder fand. Sofort ging er zielstrebig auf den Eingang eines der vielen Depātos zu und wurde sogleich überaus höflich beim Betreten begrüsst. "Willkommen!" Diese scheinheilige Freundlichkeit ignorierend, huschte Akihito an den kaufwütigen Menschen vorbei zu einem der Schilder, welche anzeigten auf welcher Etage sich nun die gesuchte Abteilung befinden würde. Der rechte Zeigefinger huschte über die angestrahlte Tafel mit den Schriftzeichen, als er erleichtert zu lesen bekam, dass er nur in das achte Stockwerk müsste. Die Sohlen seiner Turnschuhe quitschten leicht auf dem allgegenwärtigen Mamorboden, als er sich auf machte zu den Fahrstühlen. Akihito sah wie die Tür sich gerade schließen wollte, als er den Schritt beschleunigte und für die kurze Distanz in einem Sprint ausbrach. Bevor sie sich jedoch gänzlich schlossen, hatte er schon seinen Arm dazwischen geklemmt und sah die Fahrstuhldame des Kaufhauses entschuldigend an. Sofort öffneten sich die zwei Seitenteile wieder und etwas beschämt drehte Akihito den Rücken in Richtung Fahrstuhlwand. Er hörte dann die sanfte Stimme der Dame an sein Ohr dringen. "Welche Etage darf es denn sein?" "Acht. Elektronikabteilung, bitte." "Sehr wohl, Sir." Sie drückte mit samtig, blendend weißen Handschuhen die gewünschte Zahl und sofort schlossen sich die Türen wieder mit einem sanften Zischen. Leider hielt die Kabine auf der zweiten Etage und eine Frau mit Kinderwagen kam hinein und kündigte freudig an, dass sie in die Zehnte - Herrenoberbekleidung - wollen würde. Auf der Vierten kam es erneut zu einem Stopp, als sich zwei junge Schulmädchen hinein schoben und begannen den Fotografen eingehend zu beäugen. Das erste Mädchen, mit einem Pferdeschwanz im Haar, begann ihrer Freundin etwas ins Ohr zu flüstern, worauf sie leise loskicherten und versuchten es zu kaschieren, indem sie ihre Hände vor das Gesicht drückten. Akihito aber hörte genau, was das zweite Mädchen ihrer Freundin antwortete und wurde sofort ein wenig rot um die Wangen, als er hoffte sich verhört zu haben. "Ja, er sieht genauso aus wie der Bishōnen, aus dem einem Yaoi Manga, den ich dir gezeigt hatte." Der Blonde wusste genau was ein Bishōnen war und leider kannte er auch Yaoi Mangas. Wie konnten sie ihn mit soetwas vergleichen? Doch da war dieser kleine nagende Gedanke, welcher ihm sagte, dass die zwei Mädchen nicht ganz so weit von der Wahrheit entfernt waren. Aber dieser wurde genauso schnell wieder begraben, wie er gekommen war. Wieder fuhr die Kabine an und erneut kam diese zum Stehen. Innerlich fluchte der Blonde und schallte sich einen Idioten. Es wäre soviel schneller gegangen, wenn er einfach die verdammte Treppe genommen hätte. Ein dicklicher Geschäftsmann schob sich hinein und äußerte seine Wunschetage, welche in die Cafeteria des Depāto führen sollte - Das höchste Stockwerk des Ganzen. Der feiste Mann trat nach hinten zu Akihito und holte aus der Tasche seiner Anzughose ein Tuch hervor, womit er sich den, von dem kurzen Sprint zum Fahrstuhl, entstandenen Schweißperlen von der Stirn tupfte. Dunkle Augen sahen zu dem Fotografen und ein schmieriges Grinsen huschte über die Lippen des Herrn, welches so ziemlich alles aussagte was ihm wohl durch den Kopf ging. Der junge Fotograf schien doch weit interessanter als Kaffee und Kuchen. Warum hatte Akihito auch immer die Anziehung für solch eigenartige Situationen? Die blauen Augen richteten sich nun auf die Anzeigetafel und die erhoffte Acht kam auf der Digitalanzeige zum Vorschein. Die Kabine hielt mit einem angenehmen Klingeln und leise zischend öffneten sich die Türen des Fahrstuhls. "Einen angenehmen Aufenthalt, Sir", gab die Fahrstuhldame mit rosarot geschminken Lippen zum Besten und lächelte ihr überaus freundliches Kundenlächeln. Akihito tat dies mit einem Nicken ab und grub sich aus den Menschenmassen regelrecht hinaus, bis er erleichtert die Luft einzog. Diese Fahrt im Fahrstuhl würde er in seinen Erinnerungen definitiv in der Abteilung - Dinge welche man nicht mal seinen besten Freunden erzählen würde - ablegen. Mit einer Kopfbewegung nach links und rechts versuchte sich der blonde Fotograf zu orientieren. Hinten rechts, an dem Eingang des Marktes, konnte er schon die Handys und die Mitarbeiter ausmachen und visierte sofort die Abteilung an. Kaum war Akihito an den Regalen angekommen, sprang ihn schon einer der Berater zur Seite und lächelte ihn freundlich an. "Guten Tag der Herr. Kann ich ihnen bei der Auswahl eines Gerätes behilflich sein?" Warum konnte man ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Der Angestellte ging auch nur seiner Arbeit nach, das wusste der Blonde und lächelte nun auch seinerseits. "Öhm, nunja. Ich suche eigentlich nur ein günstiges Gerät zum Telefonieren. Es braucht keine supertollen Extras oder so." Der Mitarbeiter starrte ihn erst etwas ungläubig an, schien sich jedoch schnell wieder zu fangen. Sofort ging er an eine der Auslagen und zückte unter dieser ein kleines Paket hervor. Den Deckel zog der Herr vorsichtig ab und zeigte auf das Gerät, welches in einer Pappschalung eingebettet war. "Dies hier ist eines der älteren Modelle und hat nun nicht wirklich viel Schnickschnack. Aber ein junger Mann in Ihrem Alter ist doch sicher interessiert an bestimmten Funktionen, oder? Zumindest Dualcore sollte es sein, damit Sie einige Spiele auch flüssig spielen können. Sie spielen doch, oder?" Innerlich verdrehte Akihito die Augen. Jetzt versuchte der Kerl doch tatsächlich ihn eines dieser neueren Smartphones anzudrehen. Wie er das gerade nicht gebrauchen konnte. Es kostete Zeit und leider auch Nerven. "Nein, nein. Das hier ist perfekt. Ich nehme es." "Nun gut. Wie Sie wünschen. Möchten Sie noch einen Vertrag abschließen? Die Konditionen sind momentan wirklich günstig und wenn Sie das Gerät extra nehmen, dann, können Sie dabei wirklich sparen!" Der Angestellte packte sorgfältig den Deckel wieder auf die Schachtel, während er munter weiter erklärte, doch Akihito schüttelte energisch mit dem Kopf. "Ich möchte gerne eine Prepaid Karte haben." Die Entgeisterung stand dem Mitarbeiter in das Gesicht geschrieben, jedoch fing er sich rasch wieder. Er schluckte und nahm die Umverpackung des Handys wieder auf. "Wie Sie wünschen." Nachdem der Blonde alles dazu ausgefüllt hatte, stürmte er regelrecht mit dem neuen Gerät in Richtung Kasse. Zum Glück befand sich nur einen Person vor ihm, worauf er schnell mit seinem Bargeld alles bezahlte und aus dem Depāto verschwand. Nun galt es noch das alte Handy los zu werden. Dieses zückte er aus der anderen Seite seiner Jeanstasche und stellte es auf Stumm, als er wie verloren am Bahnhof von Shinjuku umher irrte. Unterbewusst hatte es ihn auf die Gleise der Fernbahnzüge geleitet, als ihn eine Durchsage aus den Gedanken riss. "Der Shinkansen in Richtung Osaka fährt nun auf Gleis Drei ein. Bitte treten Sie hinter die weiße Linie." Akihito zwinkerte, als würde er aus einem Traum erwachen und sah auf die blinkende Anzeige. Dann richtete sich sein Blick auf den Zug, welcher einfuhr und sofort von Reisenden aufgesucht wurde, welche wie Motten welche zum Licht strömten. Genau dort kam ihn auch dieser geniale Einfall. Der Fotograf schlich sich durch die Menge von Reisenden und suchte sich die dichtesten Stellen in den Massen. Ein älterer Herr war gerade dabei seinen Koffer hinein zu hieven, als Akihito die Hand austreckte und das Handy in die dünne Jacke des Mannes fallen ließ. Einen Augenblick beobachtete er den Mann noch, ob dieser etwas gemerkt haben könnte, aber anscheinend war er zu sehr mit seinen Koffer beschäftigt. Für Akihito fühlte es sich an, als würde ihn eine riesige Last genommen werden, denn wenn Asami tatsächlich sein Handy manipuliert haben sollte, dann würde er denken, dass sein junger Geliebter in Osaka sei. Für diesen Geniestreich hätte sich der Fotograf am liebsten selbst auf die Schulter geklopft, doch es blieb keine Zeit. Jetzt galt es eine Unterkunft für die Zeit der Rennsaison zu finden. Also suchte er nun die U-Bahnstation von Shinjuku auf und begann, während er auf seinen Zug wartete, dass neue Handy in Betrieb zu nehmen. Welch ein Segen, dass er die Nummern seiner zwei Freunde auswendig kannte. So konnte er gleich alle über die neuen Verhältnisse informieren. Die U-Bahn in Richtung Shibuya fuhr ein und bevor er den Zug bestieg, führte ihn sein Unterbewusstein noch einmal Asamis Gesicht vor Augen. Doch sobald der Signalton erklang und die Türen sich schlossen, war auch dieses verdrängt. Der Zug fuhr an und ließ den Bahnhof hinter sich und damit auch Asami. Er hatte nun andere Dinge, um welche er sich nun kümmern musste... Kapitel 6: Zwischen Himmel und Hölle ------------------------------------ Das Schloss knackte leise, als er den Schlüssel herum drehte. Mit der rechten Körperhälfte drückte er sich gegen die Tür des Penthauses und trat ein. Das erste was ihm auffiel - Es war stockdunkel. Mit den Fingern tastete er sich an der Wand entlang, erfühlte unter den Fingerkuppen den Lichtschalter und mit einem Klicken erleuchtete der Flur. Eine geschwungene Augenbraue ging nach oben und letzten Endes trat er gänzlich in das Apartment ein. Mit einem Klicken fiel die Tür in das Schloss und er schlüpfte aus seinen teuren italienischen Schuhen hinaus. Mit einem Bücken wurden sie sorgfältig zurecht gelegt, als ihm eine weitere Sache auffiel. Es war eindeutig zu ruhig, doch es schien nicht das Einzige zu sein, was ihn störte. Auffällig war auch, dass es nicht nach Essen roch. Dieser angenehme Geruch von japanischer Hausmannskost. Er liebte es doch so sehr. Das alles waren die Dinge, welche sein Leben seit über zwei Jahren kontrollierten. Es war zu einer Sicherheit in seinem Privatleben geworden, eine Art Sucht, nach welcher man immer wieder griff und die einen niemals los zu lassen schien. Dazu gehörte ein blonder Fotograf, mit den wunderschönsten blauen Augen dieser Welt. Dieser junge Mann, welcher es doch tatsächlich geschafft hatte in Asamis Welt, in welcher es zuvor nur Schwarz und Weiß gab, seine bunten Tupfen zu verteilen und so das Leben eines Yakuzas ein Stück lebenswerter zu machen. Darum störte sich ein gewisser Herr der japanischen Unterwelt nun auch daran, dass es zu still war und das es nicht nach Essen roch. Auch der Fernseher gab keinen Laut von sich. Zu Still... Vor einigen Jahren hätte Asami diese Ruhe - dieses Nichts - genossen und ausgekostet, doch zu diesem Zeitpunkt, war es störend und beunruhigend. Er zog seine maßgeschneiderte Jacke langsam und elegant aus. Vorsichtig wurde sie über den rechten Arm drappiert und seine Beine begannen sich in Bewegung zu setzen. Die Socken verschluckten die Schritte auf dem Parkettboden des Flurs und goldene Augen hielten Ausschau nach jeder Bewegung, jeden Schatten, jedes Indiz auf Leben in diesem Penthaus. Ein Schalter nach dem Anderen wurde betätigt und die ganze Wohnung war nun in Licht getaucht, doch von besagten Fotografen fehlte jede Spur. Der Weg Asamis führte in die Küche, in welcher alles sauber und ordentlich war. Unberührt; Kein Anzeichen von Leben. Aus einem Instinkt heraus, welcher selten falsch war, wusste er nun auch, dass Akihito nicht zu Hause war. Nicht in ihrem Bett, nicht in seinem Schlafzimmer, was schon seit längerer Zeit zu einem Büro ummodeliert wurde und nirgendwo in diesen Schatten der Wohnung. Was Asami jedoch entdeckte war ein Zettel, welcher mit einem Magneten an den Kühlschrank gepinnt worden war. Die Handschrift erkannte er sofort, dazu musste er nicht einmal den Text kennen, welcher darauf geschrieben stand. Die Jacke fand ihren Weg über die Lehne von einen der Küchenstühle und zielstrebig ging er in Richtung Kühlschrank, als er den Zettel abzerrte und die Augen über die Zeilen fliegen ließ: 'Hey, Asami. Ich bin mit den Jungs ein wenig Feiern und übernachte dann bei Kou. Ruf mich ja nicht an Du perverser, alter Mann! Akihito P.S: Wenn Du Hunger hast - Fertiggerichte sind im Kühlschrank...' Asami musste unwillkürlich schmunzeln. Das hier war auch eines dieser Dinge, welche nur Akihito, mit seiner Art, zustande brachte und sei es nur verewigt auf einem kleinen Stückchen Papier. Diese Kleinigkeiten waren es, welche die Farbe und die Wärme in diese Wohnung gebracht hatten. In jeder Ecke, an unscheinbaren Flecken - Sie waren mittlerweile unübersehbar. Eine Weile starrte er den Zettel noch an und legte ihn dann vorsichtig auf die Arbeitsplatte. Auch wenn er sich eines dieser sogenannten Fertiggerichte nehmen könnte und es mit anmachen der Mikrowelle erledigt wäre, Asami war müde. Er würde wohl einfach nur eine entspannende, warme Dusche nehmen und dann in das Bett huschen... Ein kühles, einsames Bett. Doch morgen würde die Welt bestimmt schon anders aussehen. Dieser sprichwörtliche 'Morgen' kam auch. In Asamis Falle glich es mehr einem Déjà-vu vom Abend zuvor. Es war die zweite Nacht in Folge, in welchem er in ein stummes, unbeleuchtetes Penthaus kam und von Akihito fehlte noch immer jede Spur. In seinem Magen begann sich ein hässlicher Knoten zu formen, welcher wohl als Vorbote dafür dienen sollte, ihm noch einmal erkenntlich zu machen, dass dies hier eindeutig nicht normal war. So war das nicht geplant... Sofort stürmte Asami in Richtung des Wohnzimmers und drehte den Kopf von links nach rechts. Eindeutig; Es war genauso wie gestern gewesen. Er riss die Tür von Akihitos Büro auf, ihren gemeinsamen Schlafzimmer und lächerlicherweise sah er sogar im Badezimmer nach. Aber die Erkenntnis blieb. Kein Akihito. Er würde ruhig bleiben. Immerhin war es eine seiner Spezialitäten in solchen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Auch wenn es sich hier als ein wenig schwieriger erweisen könnte, da ein gewisser blonder Fotograf mal wieder darin involviert war. Sofort zückte Asami sein Handy und wählte die Nummer seines jungen Geliebten. Das einzige was Asami zu hören bekam, war das stetige Tuten des Freizeichens, nur damit es ihn nach kurzer Zeit auf die Mailbox leitete. Der Yakuza legte auf und wählte sofort die nächste Nummer und nach einem Klingeln wurde sofort abgenommen. "Asami-sama?" "Kirishima! Ich möchte, dass sofort Akihitos Handy geortet wird. In spätestens zehn Minuten will ich Souh und Dich in meinem Penthaus sehen!" Der bebrillte Sekretär kam gar nicht dazu sich zu verabschieden, da Asami sofort den Anruf beendete. Eine Sache wussten sie alle gewiss; Wenn es mit Takaba Akihito zu tun hatte, dann roch es eindeutig nach Ärger. Kirishima und Souh brauchten genau acht Minuten. Sie liefen den Flur der Wohnung entlang und traten in das geräumige Wohnzimmer ein, in welchen Asami die ganze Zeit auf und ab gelaufen war. Die beiden Männer verbeugten sich und Souh kam mit einem Zettel in der Hand auf seinen Boss zu und reichte ihm diesen rüber. "Asami-sama. Mein Sicherheitsteam hat das Handy von Takaba-kun geortet." "Wo?", kam sofort die scharfe Frage, als er Souh den Zettel regelrecht aus der Hand riss. Der Hüne schluckte schwer, als es fast schon zögerlich über dessen Lippen glitt: "Osaka..." Die Augenbrauen von Asami zogen sich gefährlich zusammen, als er begann die Informationen auf dem Papier zu studieren. Die Angaben bestätigten aber nur das, was Souh ihm soeben zugetragen hatte. Akihito befand sich in Osaka. Aber wie und vorallem warum? Das Gold in den Augen des Yakuzas wurde dunkler. Es ähnelte nun fast schon einem honigbraun und beide Wachen begannen mit jeder Sekunde nervöser zu werden. Wenn es eine Sache gäbe, die Kirishima mit Sicherheit sagen könnte, dann wäre es die, dass er wusste wie sich die Passagiere gefühlt haben mussten, als die Titanic versank. Das hier kam einem sinkenden Luxusliner schon sehr nahe. "Kirishima!" Die scharfe Stimme seines Bosses riss ihn aus den Gedanken, als der Brillenträger einen Schritt nach vorne machte und ihn abwartend ansah. "Klingel unsere Zweigstelle in Osaka aus dem Bett. Es ist mir egal was sie gerade machen sollten. Sie sollen den Aufenthaltsort von diesem Handy heraus finden. Sofort!" "Sehr wohl, Asami-sama." "Souh!" Der große Mann zuckte unweigerlich bei der Stimme Asamis zusammen. Das hier ähnelte schon fast einer Apokalypse. "Ich möchte das Du Akihitos Freunde anrufst und sie fragst, ob sie etwas darüber wissen. Solltest Du keinen Erfolg haben, dann frage bei seinem Chef in der Redaktion nach, ob er nicht doch irgendwelche gefährlichen Jobs angenommen hat! Geh' zudem die Modelagenturen durch, für die Akihito in letzter Zeit gearbeitet hat!" "Ja, Asami-sama." Die beiden Untertanen verneigten sich respektvoll vor dem Yakuza, sahen sich dann einen Augenblick in die Augen und gingen wortlos aus dem Penthaus hinaus. Als Asami am nächsten Morgen im Büro des Sions ankam herrschte eine eisige Kälte in dem Gebäude. Jeder wusste womit die Stimmung ihres Bosses zusammen hing und das Gefühl hier, glich dem einer Beerdigung. Ein falsches Wort oder eine falsche Tat, konnte dazu führen, dass man eine Kugel durch den Kopf gejagt bekam. Daher hielt es auch jeder einzelne Angstellte für angemessen, den Mund geschlossen zu halten und sich soweit wie möglich von Asami zu entfernen, wenn er einen nicht direkt ansprach oder sehen wollte. Seit gut einer Stunde hatte sich der Dunkelhaarige im seinem Büro verschanzt und ging die Papiere durch, welche man ihn fein säuberlich vorbereitet auf den Schreibtisch gelegt hatte. Die Blätter raschelten leise beim durchsehen und Asami fühlte, wie sich langsam eine Art von Migräne ankündigte. Das Blatt in seiner rechten Hand wurde abgelegt und die Finger führte er zu seiner Schläfe, als er begann langsam die Haut unter den Fingerkuppen zu massieren und die Augen zu schließen. Einer der Berichte sagte ihm, dass das Handy in der Tat in Osaka war, jedoch aber kein Akihito. Man hatte das Handy bei einem älteren Herrn gefunden, welcher es eigentlich bei der Polizei abgeben wollte. Er hatte den Männern erzählt, dass ihm im Hotel aufgefallen wäre, dass es in seiner Jackentasche war und er sich wirklich nicht erklären könnte wie es dort hingelangt sei. Asami kniff schon schmerzlich die Lider zusammen und seufzte laut auf. Er wusste nicht ob er diese Idee des Fotografen brilliant finden sollte oder einfach nur wahnsinnig. Immerhin konnte der Yakuza seit einigen Stunden keinen wirklich klaren Gedanken mehr fassen. Vielleicht hatten auch Feinde von ihm sich den jungen Blonden geschnappt und hielten ihn fest. Aber dann hätte sich schon jemand gemeldet und Forderungen gestellt. Ganz bestimmt. Es war zum Haare raufen. Was zur Hölle hatte Akihito sich nur gedacht? Was hatte er vor? Der Yakuza war doch sonst immer in der Lage gewesen so viele Dinge vorher zu sehen und zu erahnen. Doch wenn es um Akihito ging, funktionierte von einem Moment auf den Anderen einfach gar nichts mehr. Er war wie ein Tsunami, der einfach alles hinfort spülte und mit sich riss. Egal wie, wann oder warum. Der nächste Schritt setzte sich in Asamis Gedanken fest, als es auch schon an der Tür klopfte. Mit tiefer, müder Stimme bat er die Person herein und der Verschlag öffnete sich langsam. Ein leicht nervöser Kirishima schritt hindurch und neigte als Art der Entschuldigung leicht den Kopf. "Asami-sama, Kuroda-san wartet draußen. Sie Beide hatten einen Termin." Die Dreitagesfrist. Selbst diese hätte er fast vergessen. Verflucht sei ein bestimmter Fotograf, welcher es immer wieder schaffte alles durcheinander zu bringen. Asami straffte seine Schultern, zog die kleinen Falten im Stoff seines Ärmels heraus und räusperte sich leise. "Danke Kirishima. Aber bevor ich mit ihm spreche, habe ich noch eine Aufgabe für Dich. Klappere sämtliche Krankenhäuser in der Umgebung ab. Vielleicht ist Akihito..." Der Yakuza beendete den Satz nicht. Das war etwas, an was er nicht mal annähernd glauben wollte. Aber in seiner Welt zählte nicht das, an was man glaubte. Hier sprachen Tatsachen und wenn dies eine davon wäre... Kirishima lächelte etwas unglücklich und rückte sich die Brille zurecht, als er Asami mitteilte, dass er dieses schon getan hätte. Ohne Erfolg. Scharf zog Asami die Luft in die Lungen und versuchte sich so ruhig zu halten, wie es ihm möglich war. Auch wenn dieser Knoten in der Brust sich langsam Stück für Stück zusammen zog; Er musste die Kontrolle über die Situation behalten. Er konnte es. Er hatte er immer gekonnt. Die goldenen Augen des Yakuzas wurden härter und kühler, die Stimme eisig und schneidend. "Bring Kuroda rein. Wenn er schon hier ist, kann er mir gleich noch einen Gefallen tun." Der Brillenträger nickte, machte ein paar Schritte in Richtung Tür und winkte den Staatsanwalt hinein. Kuroda trat in das Büro des Sions und lächelte schwach, als er Asami erblickte. "Hallo Ryuichi. Ich-" "Spar es Dir. Könntest Du für mich in den Polizeistationen anrufen und nachfragen, ob Akihito sich dort befindet?", schnitt Asami ihn das Wort ab. Kuroda kam näher an den Schreibtisch heran, legte seine schwarze Ledertasche darauf ab und mit einem leisen Klicken öffnete er die Laschen. Er holte eine Akte hervor und legte sie vor dem Yakuza ab. "Bevor ich das mache, solltest Du einen Blick in die Akte werfen." "Die Akte interessiert mich gerade nicht, Shinji! Ich möchte -" Nun war es der Staatsanwalt der Asami unterbrach und eindringlich mit den Fingern auf den Tisch herum tippte. "Ryuichi! Wirf einen Blick in die Akte!" Asamis Augenwinkel zuckten leicht. Die Dringlichkeit in der Stimme des Mannes, ließ alle Alarmglocken in ihm aufschrillen. Er kannte Kuroda nun schon einige Jahre, lange bevor dieser Staatsanwalt wurde. Daher kannte Asami auch seine Gestiken, Mimiken und Tonlagen und diese Stimmlage war Eine von Vielen, welche ihm sofort sagte, dass, was auch immer in dieser Akte stand, ihm nicht gefallen würde. Daher flog der Blick von dem Staatsanwalt in Richtung der Akte. Wie in Zeitlupe gingen die Finger des Yakuza an diese heran, als er begann sie aufzuschlagen und die Zeilen in sich aufzusaugen. Mehrere Minuten saß er wie erstarrt da und jeder der Anwesenden wartete auf irgendeine Reaktion von ihm, als dessen Kopf plötzlich nach oben schnellte. Die Augen zu Schlitzen verformt, der Blick voller Unglaube und Zorn. "Soll das ein schlechter Scherz sein?" Kirishima schluckte schwer, als er das Knurren in der Stimme seines Vorgesetzten wahrnahm und seine Neugierde fraß ihn regelrecht auf. Was verdammt nochmal stand denn in dieser Akte, dass Asami so stark darauf zu reagieren schien? Kuroda sah den Sekretär aus den Augenwinkeln an und schien zumindest das Unwissen für den armen Mann aufklären zu wollen, als er sich den Besucherstuhl zurecht drehte und darauf Platz nahm. "Nein, Ryuichi, kein Scherz. Die Teilnehmer der Crew Zehn heißen: Kou, Takato, Haru und Akihito." Spätestens jetzt sah Kirishima, wie ein gewisser Herr mit einer Sense durch das Sion ging und lachend darauf wartete sie alle in die Tiefen der Hölle zu reißen. Konnte die Situation noch schlimmer werden? "Asami-sama... wenn ich mich dazu äußern dürfte?", begann der Sekretär zögerlich und abwartend hob Asami nur eine Augenbraue, was soviel bedeutete, dass er fortfahren könnte. "Vielleicht ist das nur ein Zufall und -" "Kirishima..." Ja, die Situation konnte schlimmer werden. Er hätte einfach nur den Mund halten sollen. Wer glaubte denn hier wirklich noch an einen Zufall? Asami stand aus seinem Lederstuhl auf, die Hände dabei auf den Tisch gestützt und die Stimme hallte laut in den Ohren der beiden Männer im Raum wider, als der Yakuza nach seinem anderen Gehilfen rief. "Souh!" Für den Körperbau des Mannes, war dieser in einer Rekordzeit im Büro angekommen, als er sich straffte und in die funkelnden goldenen Augen sah. "Ja, Asami-sama?" Der Dunkelhaarige sah auf die Akte und nahm sich eine Seite heraus, als sich ein beängstigendes Grinsen auf die Lippen von Asami schlich. "Mach den Wagen fertig. Wir statten einer Werkstatt in Shibuya einen Besuch ab." Souh nickte. Sein Blick richtete sich noch einmal auf seinen Arbeitskollegen mit der Brille. Er sah die feinen Schweißperlen auf der Stirn Kirishimas und wusste sofort, dass der Weltuntergang hiergegen wohl einen Kinderspaziergang gleichen würde. ~(>°-°)>.(°^°)/.<(°-°<)~ Die Sonne schien durch die dünnen, vergilbten Gardinen hindurch und zeigte ihm so einen neuen Tag an. Akihito war schon eine Weile wach und beobachete das Farbenspiel der hellen Strahlen. Seine Gedanken waren eine einzige Achterbahnfahrt und emotional war er im Moment auch nicht der Euphorischste. Zudem konnte er sich wirklich glücklich schätzen, dass Asami noch nicht auf der Matte stand. Doch auch dieser Gedanke hinterließ auf gewisse Art und Weise einen bitteren Nachgeschmack. Mit einem Kopfschütteln versuchte er den Gedanken an einen gewissen Herrn von sich zu drängen und schlug die Bettdecke zur Seite. Die nackten Füße trafen auf den recht rauen Teppich des kleinen Motels und verspielt bewegte er die Zehen. Akihito lächelte verträumt und versuchte sich auszumalen, wie er den Tag wohl gestalten würde, als das Handy auf dem Nachttisch zu vibrieren begann und ihm so eine Kurznachricht ankündigte. Er lehnte den Körper ein wenig seitlich und schnappte sich das Teil, als er sich die Nachricht von Kou durchlas. "Heute testen wir das neue Finetuning am Wagen. Kannst Du in spätestens drei Stunden in der Werkstatt sein?" Der Fotograf lächelte. Das würde er ohne große Probleme schaffen. Natürlich war Achtsamkeit das oberste Gebot, denn ein inneres Bauchgefühl sagte ihm, dass Asami schon längst nach ihm suchen würde und ein Aufeinandertreffen mit dem Yakuza, konnte sich Akihito gerade nicht leisten. Nicht wenn das Leben eines Freundes auf dem Spiel stand... Dieser Tag hatte eindeutig sehr angenehm gestartet. Die Dusche im Motel hatte ihm gut getan und das Frühstück in der Bäckerei war hervorragend gewesen. Mit guter Laune und einem glücklichen Grinsen im Gesicht, bestieg Akihito den Zug am Bahnhof Roppongi. Er schlängelte sich zwischen ein paar Leuten hindurch und stellte sich an die Seite, der Tür gegenüber, als er ein Vibrieren in der Jeans bemerkte. Etwas überfragt zog Akihito die hellen Augenbrauen zusammen. Die einzigen die seine Nummer hatten waren die Jungs und er hatte Kou vor nicht mal einer Stunde geschrieben, dass er fast da wäre. Mit Daumen und Zeigefinger fischte Akihito das Mobiltelefon heraus und sprach leise hinein, als er abnahm. "Was ist?" "Komm' nicht her...", hauchte es zurück. "Kou?" Akihito spürte wie sich sein Herzschlag beschleunigte, wie eine gewisse Panik in ihm hochkroch und er mit dem Körper automatisch ein wenig weiter einsank. Den Kopf neigte er leicht zur Seite, um sich die Gesichter der Fahrgäste genauer an zu sehen. Es war dieses grausame Gefühl in ihm, welches Stück für Stück durch seine Haut kroch. Der Fotograf bekam keine weitere Erklärung von seinem Freund, als er eindringlicher nachfragte. "Kou, was ist los? Warum soll ich nicht kommen?" Doch die Frage wurde beantwortet, als er die Stimme vom Takato im Hintergrund wahrnahm. "Oh, Asami-san. Was verleiht uns denn die Ehre Ihres Besuches?" Seine blauen Augen weiteten sich und das Herz klopfte nun wild gegen seinen Brustkorb. Das Einzige, was er dann noch hörte, war das stetige Tuten in seinem Ohr. Kou hatte den Anruf beendet. Es war eine Art Übelkeit welche sich in seinem Magen ausbreitete. Ein einziger Gedanke setzte sich in seinem Kopf fest, welcher ihn immer wieder hinterhältig zuflüsterte: Asami weiß es. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)