Tal der Tränen von Shunya (Wenn Träume wahr werden) ================================================================================ Kapitel 6: Kleiner Stern ------------------------ Erschöpft halte ich inne. „Das kann nicht sein...“ Den Tränen nahe, sehe ich direkt vor mir auf den Ausgang. So schnell ich kann, kämpfe ich mich aus der Dunkelheit und befinde mich wieder in der Freiheit. Weit und breit nichts. Sand. Nur Sand ist zu sehen. Ich befinde mich in einer Wüste. „Nicht schon wieder.“ Ich sehe mich angestrengt um und erblicke einen Körper im Sand. Ist das meiner? Hastig stehe ich auf und gehe dorthin. Egra blickt misstrauisch zu mir auf. Irgendetwas hat ihn wohl geschwächt. Nackt liegt er am Boden. Ich betrachte meinen Körper, aber er scheint unversehrt zu sein. „Was ist passiert?“, frage ich. Ich lasse mich neben ihn zu Boden sinken. „Kommst du nicht mit meinem Körper klar?“ Ich fahre über die schwarzen Tätowierungen, die meinen Leib zieren und die ich immer unter meiner Kleidung verberge. „Er nimmt dich also nicht an?“ Egra erwidert wütend meinen Blick. „Du bist auch nur ein umherirrender Geist.“ Egra reißt plötzlich die Augen auf und krallt die Hände in den heißen Sand. Der ganze Körper ist angespannt, schwitzt und krümmt sich wie in einem Fieberwahn. „Gah!“, brüllt er und verzieht schmerzerfüllt sein Gesicht. „Argh~! Hngh...“ Kurz darauf fällt er ermattet in sich zusammen. „Egra?“, frage ich und rüttele an der Schulter. Nichts passiert. Erneut rüttele ich unsanft. Langsam öffnen sich die Augen. Der Blick wirkt sanfter als zuvor. Die Hand greift nach meiner. Zitternd ergreife ich sie. „Tala?“, frage ich hoffnungsvoll. Er nickt. Ich schniefe und lachend beuge ich mich über ihn. „Du hast dir einfach meinen Körper geholt!“ Ich ziehe ihn fest an mich und Tala schlingt sofort seine Arme um mich. „Mein kleiner Stern...“ Tala sieht lächelnd zu mir auf und beugt sich hoch. Seine Lippen berühren meine sanft, üben mehr Druck aus und küssen mich. Ich erwidere es und presse ihn eng an mich, auch wenn meine Verletzung schmerzt. Ich bin nur froh, dass Egra weg ist, wo auch immer er sich jetzt befinden mag und ich nicht mehr alleine bin, auch wenn ich es im Grunde nie gewesen bin. Mein Körper erwacht zu neuem Leben, auch wenn er immer noch geschwächt ist. Ich habe meinen Lebensmut wiedergefunden. Ich drücke Tala zurück in den Sand und küsse ihn stürmisch, während er an meiner Kleidung zerrt. Ungeduldig ziehe ich sie mir vom Leib, lasse mich auf ihn nieder und störe mich nicht weiter daran, dass es eigentlich mein Körper ist. Talas Hände scheinen überall zu sein. Hitze durchflutet meinen Leib. Unsere Gliedmaßen verschlingen sich miteinander, vereinen sich und geben sich gegenseitig halt. Ich spüre Tala tief in mir, auf mir und lasse keine Sekunde von ihm ab. Sein heißer Atem streift meine Haut. So fest ich kann, umschlinge ich ihn mit meinen Armen und Beinen, will ihn nie wieder loslassen. Ich schließe meine Augen und lausche seinem Stöhnen und Keuchen, während das Blut langsam aus meinem Körper strömt. Meine Welt ist dem Untergang geweiht und ich bin es auch. Ich gehe mit ihr zugrunde. Mit meinem Liebsten. Wie lange es wohl her ist? Eng aneinander gepresst liegen wir im Sand. Die Stille um mich herum ist erdrückend. Langsam öffne ich meine Augen. Ich sehe Tala unter mir liegen. Irritiert setze ich mich auf. Wann haben wir die Körper getauscht? Er sieht so zufrieden aus. Mit den Fingerspitzen gleite ich über seinen kalten Körper. „Tut mir leid, dass ich dich nicht retten konnte...“, flüstere ich heiser. Wäre er doch nur in meinem Körper geblieben. Ich schlucke mehrmals aber der Kloß in meinem Hals will nicht verschwinden. Es schnürt mir die Luft ab und ich spüre in den Augenwinkeln, wie sich die Tränen ihren Weg hinaus suchen. „Mein kleiner Stern...“ „Du lässt ihn also sterben?“ Ich drehe mich überrascht um. Mein Magen krampft sich zusammen. Ängstlich sehe ich die Person vor mir an und halte Talas leblosen Körper beschützerisch an mich gepresst. Der Himmel um mich herum färbt sich langsam in ein unheilvolles Schwarz. „E-er ist doch schon tot...“, erwidere ich stammelnd. „Es ist dein Traum. Nur du kannst ihn beeinflussen. Oder ist dein Wille zu schwach?“, fragt Sessy mich verächtlich. Ihre Haare leuchten fast silbern, so unwirklich. Ihr makelloser Körper ist in schwarzer Kleidung verhüllt. Ich wende den Blick von ihr ab und sehe auf den Himmel, der von grauen düsteren Wolken übersät ist. Gefesselt starre ich hinauf, während mein Körper langsam von einer schwarzen flüssigen Substanz verschlungen wird. Ich fühle mich kalt und zittere am ganzen Leib. Ist das ihr Werk? Ihre Magie? Ist das der Fluch? Ich sehe Sessy an und lache leise. „Du bist wirklich ein Alptraum.“ Sie erwidert meinen Blick ungerührt. „Ja... Aber durch Alpträume wacht man auf. Kehre zurück in deine Welt, Fremder.“ Die Flüssigkeit umschlingt meinen Kopf, bis ich nicht mehr atmen kann. Um mich herum ist alles schwarz und finster. Ich bekomme kaum noch Luft und mein Körper verkrampft sich. Es tut weh, ich schnappe nach Luft, aber es geht nicht. Mein Körper kämpft einen Kampf, den er längst verloren hat, noch ehe er überhaupt angefangen hat. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)