Ich sehe was, was Du nicht siehst von abgemeldet ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Hallo Ihr Lieben - willkommen zu einer neuen Geschichte von mir :)! Ihr werdet bemerken, dass sie ein wenig aus dem Raster fällt und ich hoffe, das ist euer Ding^^. Viel Spaß beim Lesen! Lung ●○●○●○●○●○●○●○●○●○●○●○●○●○●○● Als ich die Badezimmertür öffnete, stand er mir plötzlich direkt gegenüber. Vor Schreck machte ich einen Satz nach hinten. „Meine Fresse!“, fauchte ich und presste mir die Hand auf die Brust, „Musst du mich so erschrecken? Kannst du nicht anklopfen, um Himmels Willen?“ Ich atmete tief ein und aus. „Was machst du eigentlich schon wieder hier? Hast du nicht schon genug angerichtet, verdammte Axt? Wie oft soll ich dir noch sagen, dass ich nicht nach Bad Harzburg fahren werde?“ Knurrend drängte ich mich an ihm vorbei und bemühte mich, ihn dabei nicht zu berühren. Außerdem wollte ich seine traurigen Hundeaugen nicht sehen. Meine Wut auf ihn war noch immer frisch und schmerzhaft. Ich knipste das Licht im Bad an und griff nach meiner Zahnbürste. „Bitte…,“ wimmerte er, „Du bist der Einzige, der mir helfen kann. Ich weiß, ich habe einen Fehler gemacht, als ich gestern hergekommen bin, aber ohne dich…ohne dich wird sie nie erfahren, dass–,“ „Ich weiß!“, erwiderte ich genervt, „Ich kenne die Geschichte auswendig. Und ich hab keinen Bock, diese Diskussion immer und immer wieder mit dir zu führen. Ich kann nicht nach Bad Harzburg fahren. Für dich mag das ein Katzensprung sein, aber für mich sind das über vier Stunden Zugfahrt. Und ich muss arbeiten. Außerdem habe ich im Moment wenig Lust, dir zu helfen.“ Ich begann mir energisch die Zähne zu putzen. Aus dem Spiegel schaute mir mein finsteres Gesicht entgegen. Über der Nasenwurzel durschnitten flache Fältchen meine Stirn. Und die Ringe unter meinen Augen bezeugten die letzte schlaflose Nacht. Er war immer noch da. Ich konnte seinen leisen Atem hinter mir hören und mir genau vorstellen, wie er da mit gesenktem Kopf seine Hände knetete. Ich wusste, worauf er wartete. Doch ich wollte ihm nicht entgegen kommen. Ich wollte, dass er sich schuldig fühlte. Ich wollte, dass er verschwand. Ich wollte in Ruhe meine Wunden lecken. „Vielleicht…,“ murmelte er, „Vielleicht könntest du sie anrufen?“ Ich prustete weißen Schaum ins Waschbecken und an den Spiegel. Empört drehte ich mich zu ihm um. „Anrufen?“, brachte ich hervor und Zahnpasta lief mir das Kinn hinab, „Ist das dein Ernst? Die wird mich für verrückt halten und auflegen, bevor ich noch irgendetwas sagen kann.“ „Dann rufst du eben nochmal an!“ „Damit sie dann ihre Nummer ändert, weil sie mich für einen Irren hält? Nein, danke.“ Er rang die Hände. „Bitte… Bitte, Tonda. Ich brauche dich. Wenn du mir diesen Gefallen tust, dann verschwinde ich für immer und störe dich nie wieder. Das verspreche ich.“ Ich schnaubte. Kunststück. „Ich flehe dich an. Ich weiß, ich war…am Anfang nicht besonders nett. Und das mit…mit deinem Freund tut mir sehr, sehr leid. Ganz ehrlich. Ich wollte das nicht. Aber du bist meine einzige Hoffnung. Bitte.“ Ich seufzte. Ich stöhnte. Ich fühlte meinen Widerstand bröckeln. Unter seinen Entschuldigungen und Schwüren putzte ich meine Zähne zu Ende und wusch mir Hände und Gesicht. Als ich mich abgetrocknet hatte, hatte er mich soweit. „Eine E-Mail,“ sagte ich entschieden, „Das ist mein Angebot.“ „E-Mail?“, wiederholte er und klang dabei gänzlich ahnungslos. „E-Mail. Du weißt schon. Eine E-Mail. Ein Brief über Computer.“ „Aber…aber das ist so unromantisch…,“ Ich lachte auf. „Unromantisch. Ich bitte dich. Mit Romantik ist es nun sowieso vorbei. Ich schreibe eine E-Mail an sie. Da kann sie mir weder die Tür vor der Nase zuschlagen, noch auflegen. Hauptsache, du kennst ihre E-Mail-Adresse.“ Ich sah zu, wie er grübelte. Zehn Sekunden, zwanzig Sekunden. Ich murrte und rieb mir die Augen. „Was ist jetzt?“, schimpfte ich, „Ja oder nein? Ich bin müde und will bald ins Bett.“ „In Ordnung!“, rief er in weinerlichem Tonfall, „In Ordnung. Schreib ihr eine E-Mail. Ich…ich kenne ihre Adresse.“ „Na, also.“ Seufzend verließ ich das Bad und schleppte mich ins Schlafzimmer. Er wartete schon neben meinem Schreibtisch. Ich setzte mich hin und erweckte meinen Laptop mit ein paar Mausbewegungen zum Leben. Dann loggte ich mich bei meinem E-Mail-Anbieter ein und ließ mir von ihm mit stockender Stimme die E-Mail-Adresse diktieren. Nach kurzem Nachdenken schrieb ich Nachricht von Ralph in die Betreffzeile. „Was, wenn sie die E-Mail nicht öffnet?“, klagte er neben mir. „Wird sie schon,“ antwortete ich, „Das wird sie nicht ignorieren können.“ Gemeinsam machten wir uns an den Entwurf der E-Mail und mehrmals bekamen wir uns darüber in die Haare. Ralph wollte andere Worte, andere Formulierungen. Ständig wollte er mehr Intimitäten, mehr Insider, mehr Geschmuse, ich dagegen wollte so distanziert wie möglich bleiben. Die Gefahr, dass sie dies alles für einen morbiden Scherz hielt, war sowieso schon groß genug. Nach eineinhalb Stunden waren wir endlich fertig. Liebe Eva, mein aufrichtiges Beileid zum Verlust Ihres Verlobten Ralph. Sie kennen mich nicht, doch ich kannte Ihren Verlobten. Er bat mich, Ihnen etwas auszurichten, dass Ihnen den Abschied von ihm leichter machen und verhindern soll, dass Sie ihn in schlechter Erinnerung behalten. Ich weiß von Ralph, dass Sie in letzter Zeit Misstrauen ihm gegenüber hegten. Doch er möchte, dass Sie wissen, dass er Ihnen gegenüber niemals unaufrichtig war und Sie wirklich nie mit Ihrer Kollegin Nicole betrogen hat. Es tut ihm sehr leid, dass er Ihnen Kummer bereitet hat und hofft, dass Sie in Ihrem weiteren Leben die Liebe finden, die er Ihnen nun nicht mehr geben kann. Er wird die schönen Tage, die Sie gemeinsam am Vienenburger See verbracht haben, niemals vergessen und möchte Ihnen sagen, dass Sie die Frau waren, mit der er sein Leben verbringen wollte. Seien Sie nicht zu lange traurig. Mit freundlichen Grüßen, Tonda Lipkina „Okay…,“ sagte ich und massierte meine Stirn, „Das war’s. Senden wir sie endlich ab.“ „Ich…ich bin noch immer nicht ganz zufrieden.“ „Das ist gut so, Ralph. Da ist alles drin. Der See und die Entschuldigung und der Name Nicole und der ganze Liebesschmu auch.“ „Aber es fehlt die Erklärung!“ „Die Erklärung wird sie eh nicht glauben. Glaub mir. So ist es besser.“ Ralph seufzte. „In Ordnung.“ Erleichtert klickte ich auf Senden. Und fort war die E-Mail. Als ich mich in meinem Schreibtischstuhl umdrehte, stand er am Fenster und blickte hinaus. „Wann wird sie die Mail lesen?“, fragte er in den Nachthimmel. „Wenn sie das nächste Mal ihre Mails checkt, würde ich sagen. Morgen im besten Fall.“ Er seufzte erneut. „Was, wenn sie mir nicht glaubt? Wenn sie für alle Zeiten denkt, dass ich sie betrogen habe?“ „Wenn sie dich so liebt wie du sie, dann wird sie dir glauben,“ antwortete ich, „Aber was auch immer jetzt geschieht, Ralph, es liegt nicht mehr in deiner Hand. Du hast getan, was du konntest. Du darfst jetzt loslassen. Das ist okay.“ Er wandte sich zu mir um. Und zum ersten Mal sah ich ihn lächeln. „Wirklich?“, fragte er leise. Ich nickte. Er seufzte abermals und es klang befreit. „Danke für deine Hilfe. Und ich…ich hoffe, du und dein Freund kriegt das wieder hin.“ Diesmal lächelte ich, schief und freudlos. „Das werden wir nicht. Aber danke.“ „Leb wohl, Tonda.“ „Leb wohl, Ralph.“ Und vor meinen Augen löste er sich auf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)