In Unseren Augen von Jaelaki ([Naruto & Sasuke | light-slash]) ================================================================================ Kapitel 5: In Seinen Augen -------------------------- I always knew that you'd come back to get me and you always knew that it wouldn't be easy.  Bedrückende Stille füllte den Raum, den Sasuke um eine Person leerer zurückgelassen hatte. Sakura durchschnitt die plötzliche Starre als erste. Wortlos griff sie nach der Flasche und schenkte sich nach, führte das Glas an ihre Lippen und schluckte. Lee strich ihr über den Rücken, als versuchte er sie zu beruhigen. Doch das war nicht nötig. Sie war so ruhig – so verdammt ruhig. „Es war ein Fehler“, erhob sie ihre Stimme und es hörte sich bizarr an mitten in dieser Wortlosigkeit. Naruto starrte noch immer dort hin, wo Sasuke verschwunden war – durch das Fenster. Als könnte er noch nicht begreifen, als könnten seine Gedanken nicht akzeptieren, dass – doch dann, als wäre etwas in ihm erwacht, spannte sich sein Körper an. „Sakura-chan!“, sagte er ernst. „Mach dir keine Sorgen. Ich kümmer mich um ihn!“ Und er sprang - ehe sie auch nur ein Laut gebildet hatte - mit einer kraftvollen Bewegung in die dunkle Nacht hinaus. Sie seufzte, vergrub ihr Gesicht in den Händen. Sie war so müde. Lees Hand legte sich auf die ihrige. „Es wäre nicht Naruto, wenn er nicht –“ Sakura wischte diesen Einwand stoisch mit einer knappen Handbewegung beiseite. „Es war ein Fehler“, wiederholte sie leise, „zu glauben, es würde alles wieder wie früher werden.“ Sie sah durch ihre Finger, wie Lees Blick zum Fenster, zur Dunkelheit der Nacht schweifte. „Es wäre nicht Naruto, wenn er nicht daran glauben würde, das Positive aus ihrer Jugend wiederzuerwecken“, bedachte er ernst. Wütend stand sie auf, der Stuhl knarzte, und mit ärgerlichem Gesicht zischte sie: „Es gibt einen Unterschied zwischen Tapferkeit, Loyalität und Naivität sowie dummer Ignoranz. Naruto – ja, auch er – muss akzeptieren, dass Sasuke nie wieder – nie wieder –“ Ihr Blick flog durch den Raum, als wären dort die Worte versteckt, die sie suchte, um die ganze komplexe Situation zu verbalisieren. „Glaubst du wirklich, es geht Naruto darum, so zu tun, als wäre alles wie früher?“, fragte Lee und folgte mit seinem Blick ihren hektischen Schritten durch den Raum. „Oder geht es dir darum?“, fügte er leise hinzu. Sie erstarrte und schaute ihn an. To go back to the start to see where it all began Or end up at the bottom to watch how it all ends. „Sasuke! Warte – Sas – Sasuke! Teme!“ Stur sprang er weiter. Ein sanft funkelnder Hauch Weiß hatte sich auf die Dächer gelegt. Es war dunkel, nur der Mond schien und sein bleiches Licht glitzerte in den vereisten Dachziegeln. Sasuke sprang ab, landete. Der Wind peitschte in sein Gesicht. Die Rufe hinter ihm gingen darin unter. „Teme! Bleib stehen, verdammt! Du –“ Warum? Warum ließ er ihn nicht einfach – in seiner Leere ertrinken? Warum bestand dieser naive Hohlkopf darauf, ihn nicht einfach zu vergessen? Sich selbst vergessen zu lassen? „Bleib! Stehen!“ Mit einem Ruck griff er plötzlich nach seinem Arm, zog ihn heftig zurück, zwang ihn, stehen zu bleiben. Warum ließ er ihn nicht einfach in dieser Leere? Es gab dort kein Glück – aber auch keinen Schmerz. „Was willst du, Naruto?“, fragte er ohne sich umzudrehen. Er erahnte die Antwort, naiv und unbedacht. Doch er starrte hinaus in den Nachthimmel. Glitzernde, abertausende funkelnde Sterne. Nebelige Wolken verhangen die pechschwarze Dunkelheit an einigen Stellen, bedeckten die reinen Kristalle. Er spürte hinter sich, einige Zentimeter entfernt, die fahrigen Bewegungen seines – von Naruto. Eine glühende Hitze ging von ihm aus. Ein krasser Gegensatz zu der eisigen Kälte. Beinahe zu heiß, um sich daran zu erwärmen. Eher wie stechende kleine Kunai-Spitzen, die sich durch seine Kleidung fraßen. „Komm zurück, Teme“, bestand Naruto betont ruhig. Ein ungewohnt zurückhaltendes Verhalten für den impulsanten Möchtegern-Hokagen. Sasuke atmete tief aus. Der blonde Hohlkopf hielt immer noch seinen Ärmel fest, als fühlte er den steigenden Fluchtinstinkt, der in Sasukes Magen wühlte. Die Berührung brannte sich durch den Stoff. „Ich dachte, das wäre ich vor einiger Zeit bereits“, erwiderte Sasuke trocken, spürte dieses Brennen, diesen Schmerz, der ihm den Atem stocken ließ und doch davon zeugte, dass er noch – war. Dass er aus mehr als Leere bestand. Naruto seufzte genervt. „Man, du weißt doch, was ich mein. Sakura und Lee wart'n schon. Es ist eh voll kalt und –“ „Und du solltest einfach zurückgehen“, unterbrach ihn Sasuke dumpf. „Ja, genau! Das is', was ich mein, Teme. Lass uns –“ Sasuke drehte sich zu ihm um, sah ihm in die Augen und schüttelte langsam den Kopf. „Aber – du gehörst doch dazu, sturer Idiot“, empörte sich Naruto ärgerlich. „Nein. Das tue ich nicht. Schon lange nicht mehr.“ You tried to lie and say "I was everything" I remember when I said "I'm nothing without you" (I'm nothing without you). „Ich – ich“, stotterte Sakura und verstummte dann. Sie starrte in Lees dunkle Augen, der ihr aufmerksam entgegensah. „Ich weiß nur nicht, ob ich – das kann“, meinte sie dann leise, „es tut so weh. Es ist so – vertraut und so – so fremd.“ Sie suchte etwas in seinen Augen. Verstehen. Vorwürfe. Verlustangst. Irgendetwas. Oberflächlich gesehen, waren seine Augen Sasukes so ähnlich, aber sie wusste es besser. „Ja, es ist – schwer“, gestand Lee und strich ihr über den Rücken, lächelte sie an, „aber all der Weg, all die Zeit, die ihr für – um Sasuke gekämpft habt. Du hast nicht allein gekämpft. Ihr wart nie allein. Du musst das nicht alleine durchstehen, Sakura-chan. Naruto kämpft mit dir.“ Sie fand etwas anderes in seinen Augen. Ermutigung. Halt. Hoffnung. Etwas, an das sie sich nicht mehr in Sasukes Augen erinnern konnte. In seinen Augen hatte es gebrannt. Aber inzwischen - „Und ich auch“, fügte Lee leise lächelnd hinzu. Sie nickte ihm langsam entgegen. Somehow I found a way to get lost in you Let me inside, let me get close to you.  „Bist du bescheuert oder was?“, fragte Naruto entgeistert. „Du bist ein Teil von Team Sieben. Du bist unser Freund! Du bist –“ „Der Nukenin, der alle verraten hat, ein Überbleibsel eines Clans, der Konoha lieber zerstören als beschützen wollte, ein dummer, kleiner Bruder, der seinen großen Bruder abgeschlachtet hat“, durchbrach er wütend Narutos sentimentales Geschwätz. Diese azurblaue Augen starrten in seine eigenen, schienen etwas zu suchen. „Ja, auch der“, bestätigte Naruto langsam. Ihre Blicke waren ineinander verhakt. Ein heißes Brennen durchfuhr Sasuke, als er diesen klaren Blick sah, diese Augen voller – Verständnis und – „Wie kannst du – wie kannst du“, fuhr Sasuke ihn plötzlich an, „einfach so da stehen und das – einfach so – bejahen? Wie kannst du das akzeptieren? Du dummer – dummer Idiot!“ Sasukes Finger ballten sich zur Faust. Eine beißende Wut stieg in ihm auf, überwältigend, raubte ihm den Atem, nahm ihm die Sicht. Wie sollte er mit alldem einfach leben?  Mit diesen Augen. Die es nicht mehr gab. So dunkel wie die seinigen. Und diese blauen Augen voller Verständnis. So erwachsen. Und die Worte so naiv. Es stand so vieles zwischen ihnen. Er hatte so oft versucht, davor wegzurennen. Aber sein Blick – es verfolgte ihn. Die Worte verhallten und hinterließen eine drückende Stille. Schnaufend stierte Sasuke in dieses unglaublich stoische Gesicht, doch in dessen Augen lagen stürmische Wellen – wie das aufbrausende Meer vor einer Flut. Der Mond schien ihnen bleich auf die Gesichter, die Mitternachtsluft trug feine Flocken mit sich, spielte mit seinen goldenen Strähnen, die ihm wie gewohnt unordentlich-chaotisch vom Kopf abstanden. Sie sahen blass aus im Mondlicht. „Wie kannst du“, erwiderte Naruto gepresst, „wie kannst du einfach alles wegschmeißen und davonrennen? Immer und immer wieder!“ Change your mind, I'll get lost if you want me to Somehow I've found a way to get lost in you. „Ich –“ Er hatte ihm eigentlich sagen wollen, dass er nicht davonrannte. Aber es war gelogen. Und das wussten sie beide. Deswegen sah er ihm lediglich stur in die Augen und verstummte. „Ich brauche euch einfach nicht. Ich hätte meine Familie gebraucht, meinen Bruder“, flüsterte er dann leise, ehe er sich straffte und ihm mit einem kalten Funkeln in den Augen entgegenschleuderte: „Ich brauche dich nicht.“   Naruto blickte ihn nur stumm an, seine Gesichtszüge waren ihm so entsetzlich vertraut, das Funkeln der blauen Augen, die ihn gerade ernst und ruhig gefangen hielten, doch auf seinen Lippen lag nicht wie sonst ein sorgenfreies Lachen. Sasuke starrte zurück.   Der blonde Shinobi erkannte etwas Verachtendes in den Augen seines ehemaligen Teamkameraden, etwas, das ihm entsetzlich vertraut war. Er erkannte diese Einsamkeit, aus der man nicht allein herausfinden konnte, das Gefühl unwichtig zu sein, austauschbar, nichts wert, das eigene Leben bedeutungslos. Er erkannte sich selbst in den dunklen Augen, was gewesen war und wie es hätte sein können. „Ich hätt' auch gern eine Familie gehabt“, sagte er schließlich, „aber das geht nicht. Und – der Gedanke. Es tut weh. Es hätt' – wirklich, wirklich schön sein können. Aber es ist okay.“ „Es ist okay?“, fragte Sasuke höhnisch. „Es ist okay?“ Naruto nickte, nachdenklich verschränkte er seine Arme hinter dem Nacken. „Es muss. Alles and're macht einen kaputt. Und – anstatt zu denk'n, was ich alles nicht hab', denk' ich dran, was ich alles hab'.“ You always thought that I left myself open But you didn't know I was already broken.  Ungläubig brach Sasuke in ein freudloses Lachen aus, hart, stechend. „Das ist wirklich lächerlich“, erwiderte er unnachgiebig und wandte sich um. „Es mag vielleicht für dich okay sein“, höhnte er und fügte dann kalt hinzu: „Für mich wird es das niemals wieder sein.“ Verächtlich strich er sich eine viel zu lange Strähne seines Ponys zurück, stieß sich von dem zugefrorenen Dach ab und wollte im wortlosen Zorn davonrauschen, doch Naruto schaute ihm wissend in die Augen, stand plötzlich vor ihm, ganz nah und hielt ihn mit einem eisernen Griff am Ärmel. „Er kommt nie wieder. Itachi. Er kommt nicht wieder. Wenn es deswegen ist, dann ja.“ Sasuke erstarrte. Er begriff zuerst diese Worte nicht, wie einer Zeitlupe, als tropften die Buchstaben zäh in sein Gehirn, unverständlich, einzeln. Dann verdichteten sich die Worte und die Bedeutung hagelte in seinen Gedanken nieder. „Halt deinen Mund“, raunte er. „Du wirst Fehler, die du gemacht hast, nicht rückgängig mach'n könn'n. Das ist klar.“ „Halt. Deinen. Mund.“ „Viele Freunde und Bekannte sind auch im Krieg gestorb'n.“ Naruto strich sich über sein eigenes Gesicht, müde, doch er ließ ihn nicht los. „Und du hast deinen Bruder getötet. Das wirst du nie –“ Mit einem Ruck riss sich Sasuke los und schlug ihm ins Gesicht. Ein Schmerz explodierte in seinem Kopf. Naruto taumelte, griff sich instinktiv ins Gesicht, Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor. Er starrte einen Moment lang seine Hände an, dann zuckte sein Kopf hoch und sein Blick fand den Sasukes. Atemlos schaute der ihm entgegen, schwer atmend. „Tu nicht so, als würdest du es verstehen! Du verstehst einen Scheiß!“, zischte Sasuke gepresst. „Was willst du eigentlich?“, schrie ihm Naruto plötzlich entgegen. „Willst du in deinem Selbstmitleid ertrinken? Du bist so'n Feigling!“ „Ich bin wenigstens realistisch. Du bist ein naiver Idiot!“, brüllte Sasuke zurück. Blut tropfte aus Narutos Nase, Kopfschmerzen durchschnitten seine Gedanken, doch ohne Rücksicht preschten sie plötzlich beide aufeinander zu. Der Vollmond erleuchtete das Szenario auf eine bizarre Art, wie ein Traum, ein wenig unscharf, ein wenig bleich, wie ausgewaschen. „Du bist ein Idiot!“, rief Naruto abgehackt, während er die wilden Schläge Sasukes parierte. Es lag Wut in ihnen. Mit einem Sprung brachte er einige Meter zwischen sie, doch Sasuke tauchte lautlos wieder nur einige Zentimeter entfernt vor ihm auf. „Kämpf, Naruto, hör auf mit diesem Schwächlings-Getue. Verdammt! Wehr dich! Kämpf endlich!“ Pure Kraft schien zu explodieren, als Sasuke blau glühendes Chakra schmiedete. Wellen reiner Kraft durchstießen seine Haut, stach wie brennende Streichhölzer, zu nah. Er hörte das elektrisierte Knistern. Wie Vögel. Ganz nah an seinem Ohr. Doch er wehrte sich nicht. Er starrte seinem besten Freund in die rot glühenden Augen, ohne ein Blinzeln. Und für einen vagen Moment dachte Naruto daran, dass Sasuke ernst machte. Dass er ihn wirklich verletzten würde, dass er sein Leben dem Willen eines verzweifelten, einsamen Mannes überließ, der vielleicht nicht mehr wusste, was er tat. „Du müsstest doch am besten wiss'n, dass die schwersten Kämpfe meistens die ohne Chakra sind“, flüsterte Naruto ihm ins Ohr. Und Sasuke erstarrte. Mit einem Male verstummte das zwitschernde Geräusch. Sasuke keuchte. Schweiß rann seine Schläfe entlang. Sie waren sich so nah. So nah, dass Naruto erkannte, dass Sasukes Iris nicht schwarz war, sondern nur schwarzbraun, dass der Ton der Pupille einen dunkleren Hauch hatte. So nah, dass er des angestrengte Heben und Senken seines Brustkorbs spürte. So nah, dass er spürte, wie sich etwas in seinem Bauch verknotete. So nah, dass er die spröden Lippen sah und – Und zwischen ihnen stand Verzweiflung und Einsamkeit. Naruto kannte dieses Gefühl. Dieses erdrückende Gefühl, voller Panik, voller Angst. Die drängenden Gedanken, allein zu sein, unverstanden, verhöhnt, überall angesehen, wie ein Fremder. Das Gefühl, sich selbst zu verlieren. Und er sah es in Sasukes Augen. Und er spürte diese Nähe. Er wusste nicht, was Sasuke in seinen Augen sah, wie er ihn so anblickte, angestrengt atmend, nur das Geräusch ihres Atems ließ es real wirken, wie sie da so beieinander standen. Nur der Mond und ihre verschwitzten Gesichter. Und ihre Augen, die einander nicht losließen. Er wusste nur, dass er plötzlich seine spröden Lippen auf seinen eigenen spürte. I told myself that it wouldn't be so bad Pulling away took everything I had. Mit einem fahrigen Stoß drückte Sasuke ihn plötzlich weg. Als hätte jemand einen Schalter umgelegt, als hätte er eben erst erkannt, was passierte. Wem er da gegenüber stand, wen er da – Seine Augen waren aufgerissen, starrten ihn an mit einer Intensität, mit einer Verwirrung, die ihn hätte beinahe zum Lachen gebracht hätte, aber da war dieses ungute Gefühl, diese Ahnung, die ihn schwiegen ließ. „Du – du bist. Das. Du bist ein Idiot. So ein unglaublicher – so – es –“ Sasuke spürte, wie sich seine Worte verhedderten, seine Gedankengänge wie in einem Labyrinth zu Sackgassen führten. Als er bemerkte, dass er stotterte, verstummte er mit zusammengekniffenen Lippen. „Warum?“, hörte er Naruto plötzlich fragen und es war die Aufrichtigkeit, das ehrliche Interesse, die unschuldige Ruhe, die etwas in ihm explodieren ließ. „Warum?“, echote er wütend, riss sich los und ging einige fahrige Schritte, ehe er sich resolut umwandte, ihm ins Gesicht sah und wutentbrannt geiferte: „Das wirst du nie verstehen. Du bist so naiv. Nicht daran zu denken, was – was sollte das überhaupt? Das ist so krank! Das ist so eine perverse Scheiße, die du hier abziehst!“ „Ich?“, warf Naruto stirnrunzelnd ein, doch Sasuke überhörte ihn provokant. „Das ist so erbärmlich. Das ist ekelerregend.“ Sasuke sah ihn von oben herab an. Herablassung, Arroganz, Kälte funkelte in seinem dunklen Blick. Narutos Blick schweifte ab. Er sah einen Moment in den schwarzen Himmel, als erinnerte er sich an etwas, das in weiter Ferne lag oder in ferner Vergangenheit. „Ich wollte nur wissen, warum du mich immer erst schlägst, um mich dann zu küssen, Sasuke“, fragte er ihn direkt und seine tiefblauen Augen wirkten wie das Meer bei Nacht, dann schloss er sie für einen kurzen Moment, denn er hielt es nicht aus. Zu sehen. Wie nah er ihm war. Und wie weit sie voneinander entfernt waren. Und er wusste noch bevor er sie wieder geöffnet hatte, dass Sasuke lautlos verschwunden war. You tried to lie and say "I was everything" I remember when I said "I'm nothing without you" (I'm nothing without you). Lange, dunkle Schatten warfen die majestätischen Bäume in der frischen Abendsonne. Ihre gigantischen Kronen rauschten im kühlen Wind. In der Luft hing der nüchterne Hauch des vergehenden Winters. Der Wind wehte leise um die Häuser und brachte letzte schmelzende Flocken. Der Boden war nicht mehr kalt genug, um zu gefrieren, aber kalt genug, um seine Nase laufen zu lassen. Verächtlich strich sich Sasuke eine viel zu lange Strähne seines Ponys zurück. Hinter ihm erhob sich das Gebäude, das einmal sein Zuhause gewesen war. Jetzt war es nur noch – voller schmerzender Erinnerungen. Nur ein alter Bau. Er saß auf der Veranda. Eigentlich war es zu kalt dafür, aber – es war nicht wichtig. Nichts war wichtig. Seine Gedankengänge waren wie ausgetretene Schleichwege; undurchsichtig und doch altbekannt. Sie wiederholten sich und führten doch nur in Sackgassen. Ein Labyrinth, bei dem er ständig verlor. Seine Gedanken waren verwirrend, störrisch. Er versuchte sie zu zähmen, doch sie galoppierten hektisch in seinem Kopf. Und dann wiederum war da nur zähe Leere. Was war das nur? Dieses Gefühl. Dieses – abartige, kranke Gefühl. „Hey, du hast wohl nicht mein Klopfen gehört – ich – ich wollte nur sehen, wie es dir geht.“ Sakura trat aus der dunklen Tür, musterte ihn mit hochgezogenen, feinen Augenbrauen. Er spürte ihren Blick auf sich ruhen, doch er sah weiterhin irgendwo in den meisterhaft bemalten Himmel. Wolken zogen vorbei, wurden durch die Abendsonne in ein kaltes Orangerot getaucht. „Was machst du überhaupt hier draußen. Es ist richtig kalt hier.“ Er zuckte knapp mit den Schultern, unmissverständlich, dass er kein Gespräch mit ihr suchte – im Gegenteil – gar nicht mit ihr reden mochte. Sie ließ ihren Blick schweifen. Über den vernachlässigten Garten und seine vernachlässigte Frisur. Sein schwarzes Haar hing ihm bis auf die Schultern. Einzelne wirre Strähnen fielen ihm ins Gesicht. Und trotzdem war er schön. Er besaß so eine traurige Schönheit, die faszinierend war aus der Ferne betrachtet, aber zerstörerisch in der Nähe. Sie befiel der Drang, einfach zu gehen, ohne einen Abschied. Einfach so. Weil es ihr irgendwie sinnlos erschien und so schwer. Aber sie war nicht so. Sie gab nicht einfach auf. Sie war nicht alleine und sie wollte, das Sasuke wusste, dass er auch nicht alleine war. „Wie geht’s dir, Sasuke?“, versuchte sie einen Vorstoß. Sie wusste, es musste hohl in seinen Ohren klingen. Aber was sollte sie sagen? Reiß dich zusammen! Mach was aus deinem Leben! Hör auf mit diesem Selbstmitleid! Was sollte sie fragen? Was ist aus dir geworden? „Wunderbar“, antwortete er zwischen ihre Gedanken und klang mehr als sarkastisch. Er warf ihr einen kühlen Blick zu – vielleicht in der absurden Hoffnung, sie würde dadurch wieder schneller verschwinden. Er müsste es doch inzwischen besser wissen. Sie setzte sich neben ihn, obwohl sie fror. Seufzend erkannte sie, dass oberflächliches Geplänkel sie nirgends hinführen würde. Sasuke würde sich nur weiter hinter seiner Mauer aus Groll und Selbstmitleid und Distanz und Wut verschanzen. „Weißt du“, meinte sie also behutsam, „es ist inzwischen schon viel Zeit vergangen und – ich habe das Gefühl, dass du trotzdem nicht –“ Sie suchte offensichtlich ein Wort, das ihr angemessen erschien, doch sie verstrickte sich in ihren Gedanken und ihr Satz versickerte in verlegener Stille. „Ich meine.“ Sie wusste, dass es nie wieder so sein würde, wie früher. Sie würde nie wieder das kleine, naive Mädchen sein, das hoffnungslos verschossen neben ihm saß. Er würde nie wieder der zwölfjährige Genin sein, der genervt von ihr stur weiter trainierte, der sie nicht akzeptierte, nicht anerkannte, ignorierte. Es würde nie wieder so sein. Doch sie bereute das nicht. „Ich will dich nicht nerven. Ich möchte nur, dass du weißt, dass ich weiß – also. Es wird nie wieder so sein, wie es einmal gewesen ist. Und – aber wenn du.“ Sie trauerte um den kleinen, verlorenen Jungen. Sie trauerte um seine Kindheit und Jugend. Sie trauerte um den jungen Mann, der im Krieg sich selbst verloren hatte und seinen Weg. Und jetzt nicht mehr nach Hause fand, obwohl er hier saß. Etwas brannte in ihren Augen. Sie stand auf, sein Gesicht war starr nach vorne gerichtet, ebenso starr wie sie sich fühlte. „Entschuldige“, murmelte sie. Und ging. Sie trauerte dem jungen Mann nach, der er hätte sein können. Sie vermisste einen Freund, den es nie gegeben hatte, sie vermisste, wie ihre Freundschaft hätte sein können. Worte konnten das nicht beschreiben. Worte klangen hohl und falsch. Und sie wollte nicht, dass er dachte, sie hätte nichts verstanden. Denn das hatte sie. Er spürte noch ihre Wärme neben sich, obwohl sie gefröstelt hatte. Ihre Worte wie im Echo. Und dann ihre Schritte. Er sah ihr lange nach, wie sie durch den verwilderten Garten schritt und dann über die Mauer sprang und verschwand. Er wusste nicht, was sie hatte sagen wollen. Er wusste nur, dass sie vieles nicht hatte sagen können. Zum ersten Mal hatte er das vage Gefühl, sie zu verstehen. Wortlos ging er ins Haus. Somehow I found a way to get lost in you Let me inside, let me get close to you. Es war wie Frühling. Die Sonne brachte erste wärmende Strahlen und diesen Geruch, der einen nach draußen drängte. Vorfreude entfachte auf die kommenden Sonnentage. Zumindest erinnerte sich Sasuke vage daran, dass es früher einmal so gewesen war. Mit ausdruckslosem Gesicht und einigen Schürfwunden an den Unterarmen saß er auf der Veranda, hielt eine Falsche in der Hand und fühlte diesem warmen Gefühl nach, das sich langsam in seinem Körper ausbreitete. Er schloss kurz die Augen. Als würde er es genießen. Aber. „Was machen Sie hier?“, fragte er, öffnete langsam die Augen und blickte wissend auf. An eine Säule gelehnt stand er da. Die Mimik unleserlich. Die Maske bedeckte seinen Mund, das Stirnband sein linkes Auge. Die grauen Haare standen wild in der Luft. Kakashi warf ihm einen undefinierbaren Blick zu und zuckte die Schultern. „Langeweile. Ich hab' heute keine Mission –“ Einen Moment lang schaute Sasuke ihn prüfend an, skeptisch, als suchte er einen doppelten Boden in seinen Worten. „Und da kommen Sie ausgerechnet zu mir, Sensei?“ Die Ironie in seinen Worten übermalte die Gleichgültigkeit. Kakashi nickte ausdruckslos. „Ja, denn – du bist der einzige, bei dem klar ist, dass er auf keiner Mission ist.“ Er wusste, dass er wusste, dass diese Worte – egal wie leicht daher gesagt sie waren – wie Nadelspitzen in die Fingerkuppe stachen. Wortlos zog sich Sasuke hoch und wandte sich einfach zum Gehen, doch dann blieb er einen Moment lang stehen. „Ich habe eigentlich eine Moralpredigt erwartet“, meinte er ohne einen Blick zurück. Die Herablassung stand in jeder Silbe, als er gleichzeitig die Flasche in seiner Rechten hob. Kakashi seufzte. „Du hast damals nicht auf meine Worte gehört. Warum solltest du es diesmal?“, stellte er leise eine Frage, statt der erwarteten Erklärung nachzukommen. „Manche Leute wollen das allerdings nicht so akzeptieren“, erwiderte Sasuke gleichgültig und warf seinem ehemaligen Lehrer einen dunklen Blick zu. Kakashi erwiderte ihn ruhig, schweigend. „Naruto war nie der Typ, um Wahrscheinlichkeiten zu akzeptieren“, entgegnete er dann vielsagend und Sasuke schnaubte, „oder seine Freunde aufzugeben.“ Noch bevor Sasuke durch die Tür hatte verschwinden können, war Kakashi nicht mehr zu sehen. Mit verengten Augen ließ er sie hinter sich ins Schloss krachen. Seine Freunde aufgeben. Ja, er hatte sie aufgegeben. Genauso, wie er sich selbst aufgegeben hatte. Nur einer wollte das nicht akzeptieren. Change your mind, I'll get lost if you want me to Somehow I've found a way to get lost in you (in you). Über ihnen spannte sich das blaue Himmelszelt, die Sonne strahlte, aber ein frischer Wind fuhr ihnen ab und an über die Gesichter. Naruto hatte den Kopf auf seine Arme gebettet, die im Nacken verschränkt lagen, sein Blick schweifte über den hellblauen Himmel, auf den einige sanfte Wolken gezeichnet waren. Sasuke schwieg, seinen Kopf im Nacken, im Gras vor dem Haus sitzend. Neben ihnen die alte Trauerweide, deren lange, dürre Äste bis zum Boden reichten. Grüne Knospen hingen daran. „Was machst du hier?“, fragte Sasuke ihn und über Narutos Lippen spannte sich ein ironisches Lächeln. „Dasselbe könnte ich dich fragen.“ Stille, nur das Rauschen des Windes in der alten Trauerweide. „Warum bleibst du hier, Teme, wenn dich hier doch alles ankotzt?“ Es sollte eine Frage sein, aber es klang wie eine Feststellung. Sasuke schwieg. „Und warum rennst du trotzdem vor allem davon?“, wollte Naruto weiter wissen und erwartete schon gar keine Antwort mehr, als - „Weil ich es nicht ertrage.“ Naruto starrte ihn an. Sasuke wusste nicht, warum. Ob es wegen seiner Worte war oder der verletzlichen Ehrlichkeit, die in ihnen lag. Aber er spürte diesen Blick. Diese hellblauen Augen, die ihn durchdrangen, sich ausbreiteten in seiner Erinnerung, seinen Gedanken. Er war schon immer dort gewesen. In seinem Kopf, seiner Vergangenheit. Er war immer ein Teil von ihm gewesen, selbst, als er ihn verleugnet hatte. Er schnaubte ob dieser sentimentalen Gedanken und setzte sich ruckartig auf. The pain of it all The rise and the fall I see it all in you.  „Hör auf, wegzulaufen, Teme.“ Naruto hielt ihn plötzlich fest an seiner Schulter. „Hör auf, mich anzufassen, Dobe. Das ist -“ Er stockte, suchte ein Wort, etwas, das dieses Gefühl in seinem Bauch beschreiben, nein, kaschieren konnte. „– das ist sexuelle Belästigung.“ Naruto blinzelte ihn an. „Hä? Hast du'n Schuss?“ Sasuke beäugte ihn mit zusammengekniffenem, dunklen Blick. „Du bist – das ist nicht normal. Kapiert?“, fügte er stur hinzu. Naruto schnaubte und zuckte die Achseln. „Wenn ich dich loslasse, rennst du dann wieder weg?“, fragte er skeptisch. Er warf ihm einen prüfenden Blick zu, den Sasuke mit einem warnenden quittierte. Seine Geduld stand auf einem sehr dünnen Pergament geschrieben, das Naruto gerne zusammenknüllte und auseinander zog – „Mh – bin mir nicht sicher“, hörte er ihn raunen. „Was?“, zischte Sasuke, stierte ihm verärgert in die Augen. „Na, ob du wegrennst oder mich schlägst und dann wieder kü- “ – bis es riss. Mit einem Aufschrei sprang Sasuke auf ihn, presste ihm die Luft aus den Lungen – er sah die Überraschung in Narutos geweiteten Augen – und verhinderte die letzte Silbe. Schwer atmend starrte er in sein Gesicht. Sein Blick wanderte zu Narutos Augen. Sie hatten sich nicht verändert. Darin sah er noch den kleinen, blonden Jungen mit der großen Klappe. Da stand der Genin, der ihn nicht hatte aufgeben wollen. Da zeichnete sich sein bester Freund ab. Der Anfang und das Ende. Und der Neubeginn, der nichts als ein Schatten war. Er sah etwas in ihnen. Er sah sich selbst. Er wandte sich überraschend ruhig ab, stand auf. Ließ Naruto mit gerunzelter Stirn zurück. „Tsunade-obaachan wartet darauf, dass du deine Mission endlich annimmst“, rief er ihm hinterher. „Du könntest bei der ANBU –“ Sasuke schnaubte. „Kannst du mir auch nur einen Grund nennen, warum ich Missionen für ein Dorf erledigen sollte, das meinen Bruder verraten hat? Ihn im Dreck hat liegen lassen, zum Verräter gemacht und –“ „Weil dein Bruder es geliebt hat.“ Sasukes Augen verengten sich. „Und weil Itachi-san dich geliebt hat“, fügte eine vertraute Stimme hinzu. Naruto und Sasuke wandten sich schlagartig zu ihr um. Sakura strich sich verlegen eine Strähne aus dem Gesicht. „Was machst du hier?“ Sasuke musterte sie argwöhnisch. „Ich bin hier wegen dir“, erwiderte sie und wandte sich Naruto zu, „wir haben eine Mission.“ Der sprang ohne ein Zögern auf seine Füße und ballte seine Hände zu Fäusten. Ein zufriedenes Grinsen legte sich auf seine Lippen, als er ihr zunickte. „Endlich. Ich hoff', es ist 'ne megawichtige. Alles andere wäre pure Zeitverschwendung, echt jetzt.“ „Keine Mission ist eine Zeitverschwendung“, rügte Sakura sofort und verpasste ihm einen Klaps auf den Hinterkopf, während sie beide davon schlenderten. „Oh, doch, Sakura-chan. Erinnerst du dich, als –“ Sasuke sah ihnen nach, sah, wie sie die Augen verdrehte und trotzdem leicht lächelte, während Naruto mal jammerte mal wichtigtuerisch mit der Hand in der Luft fuchtelte. Dann blieb sie plötzlich stehen und warf ihm einen Blick über die Schulter zu. „Ich hoffe, du unterstützt uns bald mal wieder.“ Ihre grünen Augen erwiderten einen Moment seinen Blick. Was sie darin erkannte? Jedenfalls nickte sie ihm zu. Naruto grinste übertrieben breit, streckte ihm den Daumen entgegen und rief schelmisch: „Ich bin bald zurück, Teme. Vermiss mich nicht allzu doll, echt jetzt!“ Dann waren sie mit einem kräftigen Sprung über die Mauer verschwunden. Sasuke starrte grimmig auf die Stelle, an denen sie eben noch gelegen hatten. Das Gras war ganz platt gelegen. Dann wanderte sein Blick zur Steinmauer, dunkles Moos wucherte dort, und er legte seinen Kopf in den Nacken, schaute in den Himmel. So blau. Blau wie – er schüttelte entnervt den Kopf und ging zurück ins Haus. Now everyday I find myself say "I want to get lost in you".  Weil Itachi das Dorf geliebt hat. Weil Itachi ihn geliebt hat. Weil Itachi das Dorf geliebt hat. Weil Itachi ihn geliebt hat. Weil – Sasuke seufzte und drehte sich zur anderen Seite. Sein Bett war ätzend unbequem. Doch es war noch mühseliger, aufzustehen. Jeder Tag war anstrengend, obwohl er nichts tat – nichts außer dort zu liegen und an die Decke zu starren – oder in den Himmel. Die Zeit kroch zäh dahin. Und doch verflog sie wie ein Schatten. Er musste. Seine Blase drückte schmerzhaft und mit einem entnervten Schnauben raffte er sich auf und schritt ins Bad. Er spritzte sich kühles Wasser ins Gesicht, als er vor dem Spiegel stand, der voller Wasserflecken seine düstere Mimik widerspiegelte. Weil Itachi das Dorf geliebt hat. Weil Itachi ihn geliebt hat. Weil Itachi das Dorf geliebt hat. Weil Itachi ihn geliebt hat. Er betrachtete seine harten Gesichtszüge, grimmig sah er aus, aber auch müde. Dunkle Augenringe prangten unter seinem schwarzen Blick. Er sah mehr denn je aus, wie sein Bruder. Nur die herablassende Gleichgültigkeit, die professionell-kühle Distanz war ihm irgendwo abhanden gekommen. Dafür zeichnete sich Desinteresse in seinem Gesicht ab. Wenn er hier wäre, dann - Er schüttelte energisch den Kopf. War er nicht. Weil er das Dorf geliebt hat. Weil er ihn geliebt hat. Er wünschte sich, er hätte es nicht getan. Er wünschte sich, Itachi wäre so selbstsüchtig gewesen und hätte das Dorf nicht beschützt, hätte ihn nicht beschützt. Ihn nicht dazu verdammt, weiterzuleben. Oder. Er wünschte sich, sein Bruder wäre so egoistisch gewesen, wie er selbst. Dann wären sie vielleicht heute – Er wandte sich mit einem Ruck vom Spiegel ab. Da war er, dieses Echo seines Bruders. Immer wieder. Immer, wenn er in den verdammten Spiegel sah. Ballte seine Hände zu Fäusten. Wandte sich ab und ging aus dem Haus. Hinaus. Weg von den verfänglichen Spiegeln darin. Denn. Andernfalls. Er verlor sich in seinem Spiegelbild. Seinen Augen. I'm nothing without you Somehow I found a way to get lost in you.  Es war Nacht, als Sasuke aus dem Schlaf hochschreckte, seine Instinkte jedoch sofort wieder kontrollierte und bedächtig dem Gefühl nachspürte, dass etwas nicht stimmte. Ruhig war es. Draußen schien der Mond. Sterne. Und doch. Er fühlte etwas Fremdes in seinem Haus. Er griff nach dem Kunai auf dem Nachttisch, schlich sich zur Schlafzimmertür und öffnete sie einen Spalt weit. Es war nichts Übermächtiges, nur dieses leise Gefühl, das ihn aus der Tür heraustreten, in den Flur huschen ließ. Dann hörte er, wie jemand eine Küchenschranktür öffnete. Das leise Knarren und Quietschen. Augenblicklich vernahm er das leise Pfeifen, eine schiefe Melodie. „Was machst du hier, verdammt?“, grollte Sasuke, ließ das Kunai sinken und fuhr sich genervt über die Augen. Naruto schaute überrascht auf. Er verharrte unwillkürlich in der Bewegung, die Schokolade in der Hand, als er ihn so vor sich stehen sah, der Blick gewohnt desinteressiert, die Hand ruhig in der schwarzen Hosentasche, aber die dunklen Augen unscheinbar aufmerksam auf ihn gerichtet. „Öm – wollt' gucken, wie's dir geht. Komm' grade von der Mission zurück. War nicht schwierig – war eher –“, brabbelte er vor sich hin. „Was machst du in meiner Küche?“, fuhr Sasuke dazwischen und ließ sich auf einen Hocker am Küchentresen sinken. „Hab ich doch gesagt! Ich wollt' gucken, ob alles klar ist hier. Aber dann – ich hab' so'n Hunger bekommen.“ Naruto grinste und fuhr sich verlegen durchs Haar und Sasuke verdrehte seine Augen. „Und was hast du die Tage so gemacht?“, wollte Naruto leichthin wissen, während er sich die Schokolade in den Mund stopfte. Sasuke versuchte sein Ekelgefühl zu unterdrücken, zuckte mit den Schultern. „Das Übliche. Nichts Besonderes. Ich war hier.“ Naruto runzelte nachdenklich die Stirn. „Mh. Weißt du, was ich mich frag'?“ Er sah Sasuke an, der schnaubte. „Woher sollte ich wissen, ob und wenn, was in deinem chaotischen Hirn vor sich –“ „Ich frag' mich, wie du es hier aushältst. Ich mein. Hier –“ Naruto machte eine ausladende Geste. Sasuke blickte ihn an. Einfach nur an, ehe er mit den Achseln zuckte und sich ein Wasser aus dem Kühlschrank holte. „Warum sollte ich es hier nicht aushalten?“ „Weil es hier doch voller – Erinnerungen ist. Oder? Und. Wenn man irgendwo allein wohnt, dann – ich denk“, erwiderte Naruto zaghaft, „wenn ich dran denk, wie einsam ich mich manchmal gefühlt hab', aber ich hatte wenigstens keine – guten Erinnerungen an meine Wohnung. Keine Erinnerungen an Leute mit mir gelebt hab'n – an eine Familie, die vorher dort – dann muss man sich doch noch viel einsamer fühl'n.“ Sasuke zuckte die Schultern, stellte die Flasche zurück und wandte sich um. „Ich geh schlafen. Wenn du gehst, mach die Tür zu.“ Zuhause. Familie. Verrat. Tod. Leben. Freunde. Schuldgefühle. Rache. Einsamkeit. Heimatlos. Er hielt an Dingen fest, die er bereits vor Jahren verloren hatte. Müde und doch konnte er nicht einschlafen. Mühsam drehte er sich im Bett um. Er starrte an die Decke, dann zum Fenster. Dieses Haus. Naruto hatte Recht. Es war nicht sein Zuhause. Nicht mehr. Sein Zuhause war nur noch eine Erinnerung. Und dieses Haus. Getränkt in Einsamkeit. Let me inside, let me get close to you Change your mind, I'll get lost if you want me to.  Was war schon ein Haus wert? Ein Haus, an dem nur Erinnerung vermischt mit diesem brennenden Schmerz prangerte. Ein Haus, das ihn versinken ließ, in Fragen. In der schlimmsten. Was wäre gewesen, wenn. Es erdrückte ihn. Es - nahm ihm den Atem. Es ließ einen brennenden Schmerz in ihm flackern. Er lag im Gras. Die Frühlingssonne strahlte warm auf sein Gesicht. Wind streichelte seine Haut. Er blickte auf das Hauptgebäude. Das, was einmal sein Zuhause gewesen war. Das Zuhause seiner Familie. Auf der Veranda. Da hatte gewöhnlich sein Bruder gesessen. Einfach nur sitzend in den Himmel gesehen. Seine Mimik war immer stoisch gewesen. Auf den ersten Blick. Aber seine Augen. In seinem Blick da hatte etwas geglüht. Feuer gebrannt. Was hätte Itachi getan? Hätte er weiterhin auf der Veranda gesessen? Hätte er es einfach – gelassen? Wäre er lebenslang gefangen geblieben? Die Vergangenheit knechtete ihn. Die Gegenwart war sein Gefängnis. Die Zukunft seine Strafe. Sasuke setzte sich auf, riss gedankenverloren einige Grashalme heraus und ließ sie wieder im Gras zurück. Dann erhob er sich. Seine Familie war gestorben. Weil sie sich von der Vergangenheit knechten gelassen hatte. Sein Bruder war gestorben. Weil die Gegenwart sein Gefängnis gewesen war. Aber die Zukunft. Die lag vor ihm. Den Weg mochte er nicht bestimmen – aber die Richtung, die konnte er wählen. Sein Bruder war gestorben, weil er ihn geliebt hatte. Mehr als er sich hatte von der Vergangenheit knechten lassen. Dieses Haus. Was war schon ein Haus wert? Ein Haus, an dem nur Erinnerung vermischt mit diesem brennenden Schmerz prangerte. Ein Haus, das ihn versinken ließ, in Fragen. In der schlimmsten. Was wäre gewesen, wenn. Ein Haus. Das kein Zuhause mehr war. Sondern Gefängnis. Voller knechtender Erinnerungen. Somehow I've found a way to get lost in you (somehow I've found).  Amaterasu. Mit loderndem Blick betrachtete er ein letztes Mal das scheinheilig friedliche Gebäude, dann entzündete er es mit einem überwältigenden Gefühl. Berauscht. Befreit. Sein Bruder wäre nicht in Selbstmitleid vergangen. Sein Bruder hätte sich nicht in die Schatten der Vergangenheit zurückgezogen. Sein Bruder hätte seine Mission ausgeführt. Die Mission, diejenigen zu schützen, die er liebte. Das wusste Sasuke. Denn. Itachis Augen. Sie waren nie leer gewesen. In seinem Blick war bis zum Schluss nicht das Glühen erloschen. Das Feuer in seinem Blick. Dasselbe Feuer, das auch in seinem Blick wieder zu glühen vermochte. Sasuke schüttelte lachend den Kopf, lehnte sich zurück und betrachtete die züngelnden Flammen. Hitze leckte über seine Haut. Das Knacken und Knistern des sterbenden Hauses. Aber sein Bruder war tot. Ein Moment, in dem er nur den knisternden Flammen lauschte, die brennende Hitze im Gesicht. Dann. Sasukes Lippen spannten sich zu einem verkniffenen Lächeln. Wenn er hier wäre, wenn er ihn heute sähe, würde er bereuen, was er für ihn getan hatte? „Teme?“, brüllte Naruto ihm entgegen. „Was – oh, mein Gott! – was machst du da?“ Sasuke spürte plötzlich das Chakra von Sakura und Lee und vielen anderen, die sich in sicherem Abstand des brennenden Infernos sammelten. Die schwarze Feuerwand musste Aufsehen im Dorf erregt haben. Hitze spann sich über das Anwesen, schwarze Flammen züngelten, leckten an der Fassade. Strebten dem dunkelblauen Himmel empor. „Teme! Sasuke –“ Naruto drängte ihn zurück, rüttelte an seinen Schultern, bis sein Blick sich zwangsweise auf ihn fokussierte. „Was ist passiert? Was –“ Sasuke sah in seine blaue Augen. Seinen Blick, der ihn besorgt mustere und ein feines Lächeln zog mit einem Male an seinen Mundwinkeln. „Ich komme nach Hause“, flüsterte er. A way to get lost in you (A way to get lost in you). Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)