Geheimnisse eines Stars von Atina ================================================================================ Kapitel 5: Akt 4.1 ------------------ London, 15.Oktober „Lucas?“ Miss Harver lief die Treppe hinauf. Sie hatte die Auseinandersetzung und das Gehen Adas mitbekommen. „Ist alles in Ordnung?“ Sie trat in die Wohnung und sah, wie Lucas vor dem Fenster stand, sich auf dem Fensterbrett abstützend. „Lucas?“ „Es ist alles in Ordnung, Miss Harver.“ „Aber ich habe gehört, dass Ada gegangen ist. Sie schien geweint zu haben.“ „Bitte gehen Sie.“ „Aber Lucas…“, versuchte sie es noch einmal. „Miss Harver, bitte lassen Sie mich jetzt allein.“ Seine Stimme war lauter geworden und sie zog sich leise wieder zurück. Als er hörte, dass sich die Tür geschlossen hatte, schlug er mit der Faust auf das Fensterbrett. Wieso musste es so enden? Wieso musst ausgerechnet du diejenige sein? Ich liebe dich doch, Ada. Genf, 16.Oktober „Ich will aussteigen!“ Noch in derselben Nacht war Ada nach Genf geflogen. Am nächsten Morgen um Punkt acht Uhr saß sie im Büro ihres Vorgesetzten. „Warum?“ „Ich kann das einfach nicht mehr. Durch diesen Job habe ich alles verloren. Ich habe ihn verloren.“ „Ada, du kannst nicht einfach so aussteigen. Du hast einen Vertrag unterschrieben“, warf ihr Boss ein. „Aber ich will das nicht mehr!“ „Du wurdest jahrelang ausgebildet, du gehörst zu den Besten, die wir haben.“ „Ja, warum gehöre ich wohl zu den Besten? Weil du mich schon als Kind zu den Trainingscamps geschleppt hast.“ „Und trotzdem kannst du das nicht hinschmeißen.“ „Er wird mich anzeigen und dann wandere ich ins Gefängnis, da kann ich auch gleich aufhören“, erwiderte sie trotzig. „Bleib doch mal realistisch. Du hast nichts falsch gemacht und du wirst nicht ins Gefängnis gehen, schließlich arbeitest du für eine Regierungsorganisation. Es war richtig, dass du ihm nicht gesagt hast, für wen du arbeitest. Du hast schließlich eine Schweigeklausel unterzeichnet. Aber wenn er dir nicht vertraut, dann war er nicht der Richtige für dich. Vergiss ihn einfach und mach deinen Job. Mach das, das du kannst!“ „Wie soll er mir auch vertrauen? Er weiß, dass ich eine Verbrecherin bin und er arbeitet bei der Polizei. Er denkt, ich stehe auf der falschen Seite.“ „Ada, jetzt reiß dich mal zusammen. Du machst deine Arbeit und damit ist die Diskussion beendet!“ „Aber…“, wollte sie einwerfen. „Kein Aber!“ „Wie du befiehlst, Vater!“, sagte sie und verließ das Büro. Mit schnellen Schritten lief sie die Treppe hinunter und trat aus dem Gebäude. Als sie endlich draußen war, schrie sie laut auf. Sie musste einfach ihren Frust hinaus lassen. Sie schrie und schrie und fühlte sich nach einer Weile besser. Als sie wieder das Gebäude betrat, wurde sie von den Mitarbeitern, die sie beobachtet hatten, verwundert angesehen, doch es war ihr egal. Ich habe die Person verloren, die ich liebe. Ich habe jedes Recht, mir meinen Frust von der Seele zu brüllen. Lasst mich doch alle in Ruhe. London, 16.Oktober Etwa zur gleichen Zeit saß Lucas in seinem Büro und rang mit sich. Sollte er seinem Vorgesetzten von seinen Ergebnissen berichten oder doch noch warten? Sie hatte ihm die Einbrüche gestanden, sie war schuldig. Aber konnte er wirklich verantworten, dass sie festgenommen und eingesperrt wurde? „Ich muss es melden!“ Er begann einen Bericht zu schreiben, fügte alle Hinweise und Fotos hinzu, die er für entscheidend erachtete, und machte sich auf den Weg zu dem Büro seines Vorgesetzten. Als er vor der Tür stand und klopfen wollte, hielt er noch einmal kurz inne. Ich kann doch die Anzeige nicht hinauszögern, nur um sie zu schützen. Ich kann meinen Vorgesetzten nicht vorgaukeln, dass ich noch keine Spur habe. Das wäre der falsche Weg. Er klopfte und wurde hineingebeten. Zurück in seinem Büro begann Lucas, die Fotos und Notizzettel von der Pinnwand zu nehmen und in einen Ordner einzuheften. Als er das Bild von Ada in die Hand nahm, betrachtete er es eine Weile. Es tut mir leid. Dann legte er es zu den anderen Bildern. Als Lucas am Abend nach Hause kam, stand das Abendessen bereits auf dem Tisch. Miss Harver hatte es auf seinem kleinen Küchentisch angerichtet. Das hat sie ja schon lange nicht mehr gemacht. Er sah die Post durch, die neben dem Teller lag, doch es schienen nur Rechnungen zu sein. Piep, piep. Sein Handy zeigte an, dass eine Kurzmitteilung empfangen wurde. Ach ja, ich hatte das Handy heute Morgen vergessen. Lucas griff nach einem Stück Tomate und lief zu seinem Schreibtisch hinüber. Das Display zeigte 5 Anrufe in Abwesenheit und 3 Kurzmitteilungen an. Er klickte auf die Anrufe, alle waren von Ada, und als er die Mitteilungsübersicht öffnete, musste er feststellen, dass die Nachrichten ebenfalls von Ada waren. Er markierte sie als gelesen und legte das Handy wieder zur Seite. „Lucas.“ „Miss Harver. Hallo.“ „Du hast ja noch gar nichts gegessen“, meinte sie vorwurfsvoll. „Ich bin ja auch gerade erst rein. … Aber vielen Dank!“ „Na komm, setz dich schon und iss. Du siehst ganz hungrig aus.“ Er lächelte, auch wenn ihm nicht danach zumute war. Sie setzte sich mit ihm an den Tisch. „Wie war dein Tag heute?“ „Anstrengend.“ „Hast du deinen Fall gelöst?“ Er schluckte. „Ja.“ „Na, das ist doch schön. Seit Monaten sitzt du daran, arbeitest viel zu lang, bis spät in die Nacht. Vielleicht bekommst du nun leichtere Aufgaben“, sagte Miss Harver. „Mal sehen.“ Woher soll sie auch wissen, dass Ada die Schuldige ist? Er seufzte und biss erneut von dem mit Käse belegten Brot ab. „Warum ist Ada eigentlich nicht da?“ „Sie konnte nur kurz vorbeischauen, die Arbeit eben. Sie haben hier einen Termin gehabt.“ „Ach so, ich hatte mich schon gewundert, dass sie so schnell wieder weg war. Ehrlich gesagt hatte ich Angst, dass ihr euch gestritten habt.“ Lucas antwortete darauf nichts mehr, er wollte einfach nicht lügen. Stattdessen aß er die Brote, die auf noch auf dem Teller lagen. Miss Harver hätte schließlich nicht zugelassen, dass auch nur ein Krümel übrig blieb. „Vielen Dank für das Essen.“ „Ich mache das doch gern für dich, Lucas.“ „Trotzdem.“ Sie sammelte das Geschirr zusammen, stellte es auf ein Tablett und wandte sich zum Gehen. „Ich wünsche dir eine gute Nacht.“ „Ihnen auch, Miss Harver.“ Als sie am Ende der Treppe angekommen war, schloss Lucas die Tür. Er ließ sich in seinen Ohrensessel fallen, stützte den Kopf in beide Hände, schloss die Augen. Ich vermisse sie so. Bangkok, 01. November In den frühen Morgenstunden landete das Flugzeug in Bangkok. Es war noch dunkel, als die Passagiere aus dem Flugzeug in die Ankunftszone strömten. Sie liefen die langen Gänge entlang bis zu den Gepäckbändern. Ada sah durch die große Fensterfront nach draußen. Ich wünschte, ich könnte bei Lucas sein. Ich möchte ihn so gern in den Arm nehmen und einfach nur halten. Und von ihm gehalten werden. Es stahlen sich Tränen in ihre Augen, so wie jedes Mal, wenn sie an ihn dachte. Ständig waren ihre Gedanken bei Lucas, sie fragte sich, was sie hätte anders machen können, was sie hätte sagen können. „Ada, alles klar? Du siehst so traurig aus“, fragte Anna. „Ja, alles okay. Ich bin nur müde. ... Haben wir im Hotel noch einmal Zeit, um uns hinzulegen?“ „Um 11 Uhr ist der erste Termin, für den wir um 10 abgeholt werden, also ja.“ „Gut. Im Flugzeug schlafe ich immer so schlecht...“ Hoffentlich kann ich in einem Bett besser schlafen... ohne immer von ihm zu träumen. London, 05. November „Lucas, hast du heute Abend Zeit?“ „Hallo Judy! Wie wäre es mit einer Begrüßung?“ „Entschuldige. ... Hallo Lucas. Wie geht es dir?“ „Judy, schön von dir zu hören. Mir geht es ganz gut - viel Arbeit“, antwortete er und schmunzelte über das Verhalten der Freundin. So war sie schon immer gewesen. „Du arbeitest sowieso zu viel. Nimm dir doch den Abend frei und unternimm etwas mit mir. Bitte!“ Judy zog das Bitte ganz lang. „Komm schon! Bitte, bitte, bitte. Du sagst sonst immer ab.“ „Ich habe doch noch gar nichts gesagt.“ „Aber auch nicht zugesagt!“ „Wann und wo wollen wir uns treffen?“ „Wirklich, Lucas?“ „Schnell, bevor ich es mir anders überlege.“ „Ich hole dich um sieben ab, trage einen Smoking oder Anzug. Und keinen billigen!“ „Judy, was hast du...“, doch bevor er die Frage beenden konnte, hörte er das Tuten, das anzeigte, dass der Anrufer aufgelegt hatte. Judy, das kann doch nicht dein Ernst sein! Aber dann legte er lächelnd auf. Als ob ich ihr absagen würde. Und es wird mir gut tun, mal unter Leute zu kommen. Singapur, 06. November Anna, Rachel und Ada saßen mit ihren Tablets und Laptops im Wohnzimmer ihrer Suite. Rachel ging ihrem Interesse nach und surfte auf Internetseiten, die sich mit Berühmtheiten aus Musik, Film und Fernsehen beschäftigten. „Gestern war der Winterball zur Unterstützung der Elton John AIDS Foundation - seht euch mal die Fotos an. Fantastische Kleider. Warum gehen wir eigentlich nie auf solche Bälle?“ Sie drehte den Laptop herum, damit die anderen beiden die Fotos sehen konnten und klickte nach einigen Sekunden weiter in der Show. „Das rote Kleid ist wirklich fantastisch.“ „Ja, zu den blonden Locken wirkt es als toller Kontrast.“ „Oh wow, das ist ja fast durchsichtig. Sie wollte wohl jemand aufreißen.“ „Oder unbedingt auffallen, damit der Stern nicht sinkt.“ Sie amüsierten sich köstlich über die anderen Berühmtheiten, so wie sich vermutlich andere Menschen auch über sie unterhielten. Beim nächsten Foto setzte Adas Herz für einen Moment aus - dort stand Lucas und lachte in die Kamera. Seinen Arm hatte er um Judy gelegt, die in ihrem saphirblauen Kleid wunderschön aussah. Anna und Rachel erkannten die beiden nicht wieder und sie klickten weiter. Als sie alle Fotos durchgesehen hatten, setzte sich Ada wieder an ihr Tablet und öffnete die Fotoshow erneut. Sie suchte das Foto mit Lucas und starrte es einfach nur an. Er sieht so gut aus. Und so glücklich. Ich hätte nicht gedacht, dass er mich so schnell vergisst. Ob sie zusammen sind? Wir sind noch nicht einmal einen Monat getrennt. ... Obwohl ich seine Wahl verstehen könnte, sie wohnt in London, sie kennen sich schon seit der Schule, sie sieht großartig aus. ... Er fehlt mir so schrecklich. Sie blinzelte mehrmals, damit die Tränen nicht die Wangen hinunterlaufen konnten. Warum musste es nur soweit kommen? Was hätte ich tun können, um das zu verhindern? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)