Bullum Solare von Shub_Niggurath ================================================================================ Kapitel 8: Artefakte -------------------- Den Starseed abgezogen hatte sich der Leguan sechs Artefakte Sunnas angeeignet, die zu den ältesten Gegenständen des Universums zählten und wegen ihrer Macht ein Gefühl des Unwohlsein erweckten, war man ihre Präsenz nicht gewohnt... das Amulett, mit welchem Akane sich verwandelte. Ihre Waffe, die Geißel und einen Schild, der bis seit kurzem verschollen ist. Einen Armreif, der ihr einen zusätzlichen Energieschub geben würde, jedoch schwer zu beherrschen war, sowie einen Ring mit selber Funktion. Und einen Degen, der jedoch zu heilig war, als dass Akane ihn jemals führen durfte. In Anbetracht der Unkontrollierbarkeit der Macht des Armreifs, dessen Gefährlichkeit der Leguan ihr lang und breit erklärt hatte, hielt Akane den Vorschlag für einen Wahnsinn, den der Leguan ihr unterbreitete. „Kommt nicht in Frage!“, knurrte sie, als sie die Nachricht auf ihrem Computer las. Sie lautete: Deine Sturheit führt zur Verblendung. Du schleuderst sogar mit denselben Phrasen um dich, welche auch dir gesagt wurden. Es sei unverantwortlich, jemanden in etwas, das größer ist als man selbst, hineinzuziehen, auch wenn das Gegenüber noch so sehr will. Erinnerst du dich nicht... Akane übersprang die nächsten Zeilen und musste sich zuammenreißen, den Computerbildschirm zu zertrümmern. Sieh es ein, deine Warnungen werden die Sailorkriegerinnen nicht abhalten. Sie werden die Macht der Sonne brauchen um langfristig zu überleben, irgendwann wirst du scheitern, sie zu retten. Im Übrigen kommst du mir in letzter Zeit ein wenig ungenau vor... Ich halte es daher für die beste Idee, die Kraft des Armreifs auf die zehn Kämpfer aufzuteilen. Einer Person mag sie zu viel sein, doch geteilt sehe ich keine Gefahr der Überforderung. Die Sailorkriegerinnen einzubeziehen würde außerdem eine Entlastung für dich bringen. Vielleicht wird sich auch der Kontakt zu ihnen reduzieren, sobald sie nicht mehr auf dich angewiesen sind. Die Argumente waren nicht schlecht, doch eine Sache übersah der Leguan: „Ich brauch den Armreif selbst.“ Pause. „Scheiß auf deine Meinung, ich könnte ihn nicht ertragen. Erklär mir, wie ich sonst gegen Hyperions Bastard antreten soll?“ Mithras Namen sagte man nicht. So beschwort man ihn. Sie hätte als Code allerdings lieber eine vulgärere Beleidigung gewählt als Bastard, doch das würde der Fetti nicht gerne hören. „Schön außerdem, dass du so viel Vertrauen in mich hast, dass ich die Weiber nicht beschützen könnte.“ Akane setzte den Leguan in sein Terrarium zu dem weiblichen Drusenkopf, der Angst vor Fetti hatte. Sie sah auf die Uhr. „Ich muss ins die Galerie. Ende der Diskussion. Ich spiel da nicht mit.“ Wütend über die verräterische Haltung des Leguans stampfte Akane aus dem Haus, wohlwissend, dass im Zweifelsfall ihre Meinung egal war, da der Leguan die Kontrolle über die Artefakte hatte und damit machen konnte, was er wollte. „Interessante Technik, diese Besessenheit“, lobte Mithras, doch sein Gesichtsausdruck verriet, dass er nicht nur solche Worte für Allekto übrig hatte. „Nur nicht wirklich effektiver als die Ideen deiner Schwestern. Außerdem lassen wir durch die Entführung Menschen in unsere Sphäre.“ Das Wort „Mensch“ sprach er mit einem solchen Ekel aus, dass er schauderte. „Sie können die Menschen ja zum Sport töten“, wollte Allekto als Anreiz geben. „Nur, wenn sie es auch tatsächlich bis hierher schaffen. Kam nicht Sailor Sun zuvor?“ Mithras Stimme hatte einen drohenden Klang. „Hast du so überhaupt einen Anhaltspunkt, ob dieses Opfergör nun die Mondprinzessin ist?“ Ob sie Sunnas Starseed in sich trug, brauchte er gar nicht zu fragen, schließlich war die Trägerin aufgetaucht. „Das nicht“, gestand Allekto. „Besseres.“ Sie grinste. „Ich sehe, was meine Wirte sehen. Und vor den Augen des brünetten Mädchens hat sich eine junge Frau in Sailor Mars verwandelt. Ich weiß zwar nicht, wie sie heißt, aber ich habe ihre Adresse.“ Stolz warf sie sich die Schlangenhaare hinter die Schultern. „Ich werde sie problemlos wieder aufspüren. Meine nächste Schlange ist schon auf sie angesetzt.“ „Nein.“ Allekto riss überrascht die Augen auf. „Du hast richtig gehört. Ruf das Viech zurück, bevor es was anrichten kann. Gib mir die Adresse und überlass das Weib mir.“ Er lehnte sich zurück. „Die Marsschlampe allein führt uns nicht zu Sunnas Starseed.“ „Aber zur Mondprinzessin.“ Mithras wurde lauter: „WIE OFT NOCH? Die Mondprinzessin ist zweitrangig und kann warten! Was mit der Fährte zu ihr also passiert, lass meine Sorge sein und such lieber ein neues Opfer.“ Allekto nickte, schließlich blieben ihr keine Alternativen. Glücklicherweise spürte sie im Gegensatz zu ihrer Schwester Tisiphone keinen Groll über Mithras cholerisches und wankelmütiges Wesen. Als Ami die große Galerie betrat, läutete ein Glöckchen. Begeistert schaute sie auf die Kunstwerke, die eine beachtliche Zahl an Richtungen abdeckte – photorealistisch, surrealistisch, expressionistisch, abstrakt, Fotographie, auch Skulpturen waren zu finden. Als Tayo die Galerie „RikArt“ als „kleinen Mistladen“ bezeichnet hatte, hatte Ami sich etwas ganz anderes vorgestellt als einen so großen und schönen Raum. „Kann ich Ihnen behilflich sein?“, fragte eine Frau Anfang dreißig mit langen schwarzen Haaren und runder Hornbrille im schwachen Osakadialekt. Sie trug ein rotes kurzes Kleid einer italienischen Modemarke und war dezent geschminkt. Eine sehr elegante Frau – vom Auftreten her das komplette Gegenteil zu Tayo. Ami fiel es trotzdem nicht schwer, sie als ihre Schwester Rika zu identifizieren, da sie fast das gleiche Gesicht hatten. „Ich bin Ami Mizuno, eine Freundin von Akane. Wir sind hier verabredet.“ Die Brillenträgerin guckte zuerst verwirrt, dann rief sie: „Aki-chan! Da ist eine Person, die behauptet deine Freundin zu sein. Soll ich sie rauswerfen?“ Mit einem Kaffee in der Hand tauchte Tayo auf, einmal nicht in T-Shirt und Jeans, sondern in einem ähnlichen Kleid wie ihre Schwester gekleidet. Rika Tayo stand es eindeutig besser. „Ich hab dir gesagt, außerhalb der Küche dürfen keine Getränke konsumiert werden!“, fauchte Rika, als wäre Ami vergessen. Akane blieb beim Türrahmen stehen und fauchte: „I vergiss so wos scho ned. Im Gegnsotz zu dia. I hob da g’sogt, dass fia a Stund ne Oide von da Uni kummt.“ Ami blinzelte verdutzt – offensichtlich riss sich Tayo zusammen, wenn sie mit Einheimischen von Tokio sprach. Wie sie mit Rika redete, war der Dialekt so tief, dass Ami kaum ein Wort mitbekam. Es folgte ein längerer Wortwechsel zwischen den Schwestern in einem nahezu unverständlichen Kauderwelsch, bis Tayo Ami schließlich zuwinkte. Sie folgte ihr und nahmen in der Küche Platz, wo schon ein Stapel Bücher lag. „Sorry, meine Schwester hat ’nen Schuss. Zu viel Terpentin eingeatmet“, meinte Tayo mit verständlicher Aussprache. „Kein Problem. Mein Vater ist auch Maler. Künstler sind grundsätzlich exzentrisch.“ „Wenn du Wahnsinn so nennen willst, von mir aus.“ Tayo schlug ein Buch auf und damit war das Thema gewechselt. Sie hatte nur eine Stunde Zeit zu arbeiten, da Tayo noch für einen Kunden Rikas Wein und Kuchen servieren musste. Zuvor hatte sie Rika geholfen neue Werke zu rahmen. Doch trotz der beschränkten Zeit waren Ami und Tayo gut vorangekommen. Bei der Verabschiedung fiel Ami in letzter Sekunde etwas ein: „Ach, Usagi schickt dir das.“ Sie hielt Tayo eine Eintrittskarte zur Feier von Minakos Seifenoper unter die Nase. „Sie möchte, dass du auch erscheinst.“ Tayo kaute auf den Lippen. „Hat Hino euch nicht erzählt, dass ich eine Bestie bin?“ Ami lächelte: „Usagi lässt sich davon nicht abschrecken. Sie meint, wir sollen dich erst besser kennenlernen, bis wir ein Urteil fällen. Und was eignet sich besser als eine Party? Ich bin im Übrigen ihrer Meinung.“ „Ich will euch nicht näher kennenlernen.“ Ami blickte traurig auf Tayo, sodass sie ihre Wortwahl mäßigte: „Sorry, so war das ned g’meint. Ich bin nur kein Fan oberflächlicher Veranstaltungen.“ „Ich auch nicht. Aber ich bin mir sicher, es gibt eine Möglichkeit sich zu amüsieren.“ „Nein, gibt es nicht. Richte Tsukino kein Dankeschön aus.“ Ami verstand, dass damit die Diskussion beendet war, und wollte aufbrechen, als plötzlich eine schrille Stimme rief: „Du bis zu ’ner Party eingeladen?“ Rika schaute plötzlich über die Schulter ihrer Schwester auf die Eintrittskarte in Amis Hand. „Lieben und Leiden Lassen?! Ich liebe diese Serie!“ Rika zog das Prädikat künstlich in die Länge. „Ach und sieh mal, die Karte gilt auch für eine Begleitperson! Aki-chan, da müssen wir hin!“ „Nein“, knurrte Tayo. „Doch. So kommst du endlich mal unter andständige Leute. Und ich kann einem Prominentenkreis meine Galerie vorstellen!“ „Des san Leit, mit dänan i nix z’tu hobn wü!“ Und damit begann eine unverständliche Diskussion im tiefen Osakaslang, der Ami baff zuhörte. Sie wusste nicht, ob sie bleiben oder einfach gehen sollte. Die Debatte zwischen den Schwestern endete damit, dass Tayo sich auf die Stirn schlug und Rika Ami die Eintrittkarte aus der Hand riss. „Richte aus, dass wir kommen werden!“, triumphierte Rika. Ohne Verabschiedung tänzelte sie in die Küche. Tayo seufzte: „Tja, dann bis heut Abend.“ „Bis heute...“ Tayo schlug die Tür vor Amis Nase zu. Shota Kikuchi brachte zwei mit Sekt gefüllte Gläser, die er seinen Schauspielkolleginnen Minako Aino und Kyoko Asakawa reichte. Dabei schaute er vor allem auf Minako. Zu einem Gespräch kam es jedoch nicht, da er von einem der Produzenten zu einer Unterhaltung gerufen wurde. „Er steht so was von auf dich!“, lachte Kyoko. Minako errötete, doch grinste breit. „Ach, er guckt doch jedes Mädchen so an.“ „Ne, ne! Glaub mir, ich kenn ihn schon lange und so beäugt er nur Frauen, die sein Herz erobert haben.“ Sie nahm einen Schluck. „Wag doch mal den nächsten Schritt.“ Minakos Grinsen wurde immer breiter: „Ich bin doch noch ein kleiner Fisch im Geschäft. Ich bin zu schüchtern, so eine Größe anzugraben.“ „Aber für eine Bettszene warst du nicht zu schüchtern.“ Kyoko stupste mit dem Ellbogen in Minakos Rippen. Tatsächlich hatte Shota Minako nur mit knapper Unterwäsche bekleidet gesehen und umgekehrt. Er spielte ihren aktuellen Geliebten und ein verschwörerisches Gespräch, seine Ex-Frau aus dem Weg zu räumen, die ihn erpresste, hatte halbnackt in einem Himmelbett stattgefunden. Minako war sehr nervös gewesen, doch angemerkt hatte man es ihr offensichtlich nicht. Kyoko und Minako begannen zu lachen. Die Party hatte erst vor einer halben Stunde begonnen, doch der große, prunkvolle Saal war schon gut gefüllt. Minako und Kyoko streiften ein wenig herum um bekannte Gesichter zu begrüßen – nebenbei hielt Minako Ausschau nach ihren Freundinnen. So konnte es gar nicht erwarten, Usagi, Ami, Rei und Makoto die wunderbare Welt zu zeigen, in die sie vor einem Jahr vollkommen unerwartet hineingeraten war. Wie gerne erinnerte sie sich an Tag zurück, als der Produzent Shinichi Tenma ihr in einer Karaokebar ein nicht auszuschlagendes Angebot gemacht hatte. Und irgendwie freute sie sich auf Tayo – sie fand es aufregend, eine Neue in ihrer Mitte begrüßen zu können, und schade, dass sie sich so sträubte. Hoffentlich tauchte sie tatsächlich auf, um Tayo näher kennenzulernen und ihr ihre tolle Umgebung vorstellen. Keine der vier war jedoch schon eingetroffen – dafür entdeckte Minako ein anderes bekanntes Gesicht. „MICHIRU!“, rief sie. Sie hatte sich in der langen Zeit kaum verändert, bloß ihr Haar war etwas länger geworden. Minako fand, dass sie noch viel schöner geworden war. Sie trug ein elegantes blaues Abendkleid und ihre Haltung erinnerte an die einer Prinzessin aus einem Märchen. Ehe Michiru gemäß reagieren konnte, fiel Minako ihr um den Hals. „Wir haben uns schon ewig nicht mehr gesehen! Wie kommst du hier her?“, frohlockte Minako. Michiru setzte ein aristokratisches Lächeln auf. „Es freut mich auch, dich wiederzusehen. Ich habe deine Anwesenheit erwartet. Erstmals möchte ich dir zu deinem Erfolg gratulieren. Deine Rolle scheint bei den Fans wirklich gut anzukommen.“ Sie warf ihr Haar hinter die Schulter, während Minako sich laut bedankte. Schließlich erklärte Michiru: „Ich bin mit Shinichi Tenma befreundet. Ich habe kürzlich die Violine für die Hintergrundmusik eingespielt.“ „Das heißt, du hast dich auf die Musik spezialisiert?“, löcherte Mianko. „Ich versuche die Violine und die Malerei ausgeglichen zu verfolgen, aber die Musik geht vor. Doch genug von mir – ist der Rest der Gruppe auch noch hier?“ „Usagi, Ami, Rei und Makoto kommen noch. Darf ich dir Kyoko Asakawa vorstellen?“ Kyoko hatte still der Unterhaltung gelauscht. Nach einem kurzen Smalltalk zwischen den beiden, fiel Minako die nächste Frage ein: „Bist du alleine hier oder ist Haruka mitgekommen?“ Michirus Miene verfinsterte sich kurzfristig, dann lachte sie: „Ach, Haruka habe ich seit ihren Umzug in die USA nicht mehr gesehen. Ich bin mit meinem Verlobten hier.“ Minako riss verdutzt die Augen auf, es hatte ihr die Sprache verschlagen – Verlobter? Tatsächlich. Michiru winkte einem stattlichen Herrn zu, der etwas älter als sie war. Er stellte sich als Masaru Fujima vor und war Cellist. Außerdem redete er viel, erzählte, wie sich er und Michiru kennengelernt hatten, in welchen Konzerthäusern er schon gespielt hatte und was er am liebsten aß. Minako kam kaum zu Wort. Sie hätte Michiru gerne noch einige Fragen gestellt, doch Kyoko zerrte sie plötzlich weg – entweder, weil ihr die Situation zu langweilig wurde, oder weil sie wollte, dass Minako mit dem einsam herumstehenden Shota flirtete. „Du siehst furchtbar aus“, raunte Rika. „Hättest du dir nicht zumindest die Haare bürsten können?“ Akane schnaufte, würdigte der Beschwerde ihrer Schwester keine Antwort und fragte sich, wie sie den Abend durchstehen sollte, ohne Amok zu laufen. Einerseits würde sie die ganze Zeit die quengelnde Rika an ihrer Seite haben, andererseits würde sie noch ausgiebigen Kontakt mit Sailor Moon und Co. haben müssen. Warum hatte sie sich heute Nachmittag dazu überreden lassen hierher zu kommen? „DU HAST DEN LEGUAN MIT!“, schrie Rika plötzlich. Akane starrte auf das dicke Reptil, das aus ihrer Tasche guckte. Hatte sie dem Vieh nicht gesagt, er solle da drin bleiben? Wie hatte er von innen überhaupt den Reißverschluss öffnen können? Sie stupste sein Köpfchen in das Tascheninnere zurück. „Ich hab mich schon gewundert, dass du so eine große Tasche mitgenommen hast. Bring ihn ins Auto.“ „Ich hab keine Schlüssel.“ Rika drückte Akane den Autoschlüssel in die Hand, woraufhin Akane grinste. „Danke. Jetzt hab ich eine Garantie, dass du nicht besoffen heimfahren wirst und mich zurücklässt.“ „Das ist einmal passiert! Trägst du mir das noch immer nach? Bring lieber den Scheißleguan ins Auto, das ist peinlich.“ Akane schüttelte den Kopf – deswegen hatte sie ihn ja mitgenommen: „Ja, ich trage dir das noch immer nach, deswegen nehme ich mir auch das Recht heraus, Fetti in der Tasche zu behalten.“ Rika rieb sich die Schläfen: „Wehe, du blamierst mich mit dem Ding.“ Sie legte die Hand auf den Nacken ihrer Schwester. „Als Kompromiss nimmst du dafür heute diese grausige Kette ab.“ Und mit einer unmerklichen Handbewegung hatte Rika Akane das Amulett vom Hals genommen. Akane blieb kurzfristig der Atem stehen. Es war als hätte man ihr ein inneres Organ genommen. „Dieses oxidierte Ding solltest du wirklich in den Müll schmeißen.“ „Gib das wieder her!“, Akane versuchte Rika das Amulett aus der Hand zu reißen, doch Rika blockte sie gekonnt ab. „Das war ein Geschenk von Akira“, fauchte Akane. Rika ließ das Amulett in ihrer Tasche verschwinden. „Ich werf es ja nicht weg. Und wie lange ist der Freak tot? Sechs Jahre? Du solltest langsam darüber wegkommen.“ Bei diesem Satz hätte Akane ihre Schwester gerne geschlagen. Sie holte tief Luft: „Gib es mir wieder.“ „Nö. Sieh mal, da ist das Mädchen von heute!“ Akane ließ sich davon wirklich ablenken. Ami war zwar da, doch Rika nutzte die Ablenkung, um in der Masse zu verschwinden. Akane schnaufte wie ein angreifender Stier. Das wird sie mir büßen!, grollte sie und stampfte los, um ihre Schwester zu suchen. Usagi kam aus dem Staunen nicht heraus. Sie hatte Lieben und Leiden lassen schon vor Minakos Einstieg in die Seifenoper verfolgt, und bestaunte die Stars. Sie hatte sich besonders hübsch gemacht: das lange rosa und weiße Kleid, das sie zu ihrer Abschlussfeier getragen hatte, Markenstöckelschuhe, hübsch geschminkt und die Zöpfe hatte sie gelockt. Usagi fühlte sich richtig schön. Deshalb wollte sie sich auch benehmen, wie es einer zukünftigen Königin würdig war. Und vielleicht würde ihr Auftreten jemanden so beeindrucken, dass ihr auch eine Rolle für einen Film oder fürs Fernsehen angeboten wurde. Sie hatte sich bei Mamoru eingehakt – es war ein hartes Stück Arbeit gewesen ihn zu überreden mitzukommen, schließlich mochte er so große Feiern nicht. Doch auch er schien seinen Missmut langsam fallen zu lassen und zeigte sich begeistert von der prunkvollen Kulisse. Usagi nahm einen mit Orangensaft gestreckten Sekt und zwei kleine Tomatenbrötchen vom Cateringtisch, als Minako in Begleitung von Kyoko Asakawa auftauchte. Sie begrüßten sich mit einem Kuss links und rechts. Die drei Mädchen bewunderten abwechselnd ihre Kleider, tranken Sekt, unterhielten sich über den Glanz der Feier und die tollen Leute hier, wobei Minako ihre Kollegen glorifizierte. Schließlich kam sie darauf zu sprechen, dass Michiru Kaino anwesend war und sie sich offensichtlich von Haruka getrennt hatte. Usagi machte sich sofort auf die Suche nach ihr. Mamoru verhielt sich still. Ami und Makoto waren zusammen gekommen und fühlten sich irritiert von den vielen Leuten, unter denen zunächst kein bekanntes Gesicht zu finden war. Ami empfand sich als unpassend gekleidet – sie hatte einen schlichten Rock und eine weiße Bluse an, während alle anderen Gäste, einschließlich Makoto, elegante Kleider trugen. Alle Männer trugen Anzüge. Minako hätte ruhig etwas über den Dresscode sagen können, solche Dinge waren nicht für jedermann selbstverständlich Makoto probierte von jedem Brötchen eines. „Ich kenne schlechtere Cateringfirmen. Aber um meine professionelle Meinung zu hören, die Organisatoren hätten hier ruhig wert auf Qualität legen können. Der Schinken schmeckt, als läge er schon Wochen im Kühlschrank.“ „Die meisten scheinen sowieso nur zu trinken“, beobachtete Ami. Tatsächlich hielten alle Gäste Sektgläser in der Hand – auch Minako, die gerade auf die beiden zustürmte und gleichzeitig umarmte. Im Schlepptau hatte sie eine nicht weniger euphorische Blondine namens Kyoko. „Wollt ihr denn gar nichts trinken?“, fragte Minako beunruhigt auf die leeren Hände der beiden schauend. Makoto zuckte mit den Schultern: „Wo du es sagst, meine Zunge fühlt sich wirklich trocken an.“ Minako brachte zwei Sektgläser. Ami winkte ab. „Ach komm schon, das ist doch ein Anlass für ein hart arbeitendes Mädchen mal ein wenig beschwipst zu sein.“ „Nein, tut mir Leid, ich trinke keinen Alkohol.“ Ami wurde bei dieser Aussage verlegen. Minako akzeptierte das und behielt das Glas für sich. Sie wies darauf hin, dass Usagi und Mamoru auf der Suche nach Michiru waren und Makoto und Ami beschlossen sich der Suche anzuschließen. Ami kam jedoch nicht dazu – sie wurde brutal an der Schulter gepackt und von der Gruppe weggerissen. „Mizuno, du musst mir helfen!“, sagte Tayo mit aggressivem Tonfall. Ami lächelte: „Es freut mich, dich hier zu sehen, ich fürchtete, du würdest dich im letzten Moment noch anders entscheiden.“ Sie begutachtete Tayos Kleidung – das Kleid, das sie in der Galerie getragen hatte, hatte sie nicht gewechselt, nur ein Unisex-Sakko war dazugekommen. Und eine sportliche große Tasche. Ami war also nicht die einzige, die unpassend gekleidet war. „Ja, ja. Hör zu, du musst mir helfen, meine Schwester zu finden. Sie hat mein Amulett geklaut.“ Ami blinzelte: „Wieso das denn?“ „Weil sie verrückt ist. Ich muss es wieder haben. Ich fühl mich nackt. Außerdem verliert Rika alles.“ Da Tayo wirklich panisch aussah, stimmte Ami zu zu helfen. Rei grollte aufgrund des gestrigen Gesprächs mit Usagi noch immer. Zwei Stunden lang hatte sie auf ihre beste Freundin eingeredet, damit sie keinen Fehler beging. Immer wieder hatte sie ihr erzählt, wie Akane Tayo ohne Skrupel ihre Miko verletzt und schlechte Ausreden verwendet hatte. Pausenlaus verwies sie auf ihre Vision, dass etwas Schreckliches passieren würde und dies eng im Zusammenhang mit Sailor Sun stand. Ständig erinnerte sie daran, dass Sailor Sun aus derselben Quelle ihre Kraft bezog, wie die Gegner. Doch Usagi zeigte sich unbeeindruckt. „Ich denke, das wird sich klären, sobald wir sie näher kennen.“ Ihre Antwort auf alles, der Standpunkt auf dem sie verharrte. Midori war seit dem Vorfall nicht mehr erschienen und hatte es auch nicht mehr vor. Als Grund nannten die Eltern ihre lähmende Furcht vor Schlangen, und dass sie an einem Ort nicht arbeiten konnte, wo es diese Tiere gab. Sie haben derentwegen einen dreiviertelstündigen Black Out erlitten. Die Kratzer am Rücken erklärte sie sich durch einen Sturz. An die wahren Ereignisse konnte sie sich nicht erinnern. Sakura hatte allerdings beschlossen weiterhin Miko im Hikawa-Tempel zu bleiben. Nachdem sie den Festsaal betreten hatte, entschied sich Rei Sorge und Wut bei Seite zu lassen. Die Party würde schon genug Ablenkung bieten, allein die vielen Stars und Sternchen, die sie nur beim Eintreten erblickte, waren Grund genug. Hoffentlich würde es zu einem Gespräch mit Shota Kikuchi kommen. Rei irrte eine Zeit lang herum, bis ihr Minako, Makoto, Usagi und eine Blondine, die sie als Minakos Filmschwester identifizierte, zuwinkten. Sie begab sich zu der Gruppe. Minako nahm für sich und Rei ein Glas Sekt. Alle waren gelassen – sie lachten und redeten über banale Dinge. Rei schaffte es tatsächlich ihre Befürchtungen zu ignorieren. Bis Minakos Kollegin sich plötzlich von der Gruppe entfernte, weil sie unbedingt jemanden begrüßen musste. Sofort kamen in Rei die vergessen geglaubten Gefühle wieder hoch. Was Rei nämlich nicht wusste war, dass Usagi für Akane Tayo eine Eintrittkarte besorgt hatte. „Du bist es!“, kreischte die Blondine, klatschte wie ein Delphin in die Hände und grinste breit. „Wer soll ich sein?“ Krampfhaft versuchte sich Akane zu erinnern, ob sie dieser Person schon einmal das Leben gerettet hatte, doch über die Jahre hinweg waren es so viele Opfer gewesen, dass sie sich kaum ein Gesicht merkte. Schlecht. Sie hatte Angst, dass gerade jemand sie als Sailor Sun identifizierte. „Tu nicht so blöd. Spange und lange Haare sind zwar weg, aber dein Gesicht könnte ich nie vergessen.“ Spange und lange Haare? Akane hatte beides in Osaka abgelegt. Noch bevor sie Sailor Sun geworden war. Die Person kannte sie noch aus ihrer alten Heimat. Das machte ihr fast noch mehr Sorgen. „Dein Name ist Akane Tayo und du gingst mit mir auf die Kitsunekami-Privatschule. Dein Geburtstag ist der 12. August und isst gerne alle Arten und Zubereitungen von Fisch.“ Akane stellte sich weiterhin dumm: „Jaaa... Und du heißt Doofi Trotteli?“ Die Blondine lachte: „Immer ein freches Wort auf der Zunge. Jetzt sag nicht, dass du keine Ahnung hast, wer ich bin. Nicht mal aus dem Fernsehen?“ Akane schüttelte den Kopf. „Ne, ernsthaft. “ Sie wollte eigentlich umdrehen und gehen, schließlich hatte sie noch ihre Schwester zu suchen, doch die Blondine packte sie am Arm. „Ich bin Kyoko Asakawa! Mensch, wir kennen uns seit dem Kindergarten.“ Akane fiel es wie Schuppen von den Augen – nachdem der Name gefallen war, erkannte sie ihre ehemalige Freundin aus Osaka wieder. Mit Betonung auf ehemalig. Bis zum Übergang in die Sekundarstufe waren sie wie Pech und Schwefel gewesen, doch schließlich entwickelten sich die Interessen in gänzlich unterschiedliche Richtungen. Nach dem Umzug nach Tokio hatte Akane diese Person verdrängt. Deswegen hatte sie sie auch nicht identifizierte können – oder es lag am Verlust des Osakadialekts und an der Nasenoperation. Erinnerungen an Streitereien, Lästereien, Rivalitäten und Streiche rasten durch Akanes Kopf, was es ihr schwierig machte, freundlich zu bleiben. Und wie konnte eigentlich Kyoko freundlich bleiben, wo sie doch dieselben Erfahrungen mit Akane gemacht hatte, wie Akane mit Kyoko. „Hey, woher kennst du denn Tayo?“ Aino war hinter Kyoko aufgetaucht. Und das allerschlimmste war, dass Kyoko offensichtlich Sailor Venus kannte, und damit viele Dinge aus ihrer Vergangenheit Personen offenbart werden würden, die nichts davon wissen sollten. Was in Osaka geschehen war, sollte auch in Osaka bleiben! „Hoffä dir gefällt de Party.“ Minako war offensichtlich schon leicht angeheitert. Egal was Kyko ihr heute erzählen würde, sie würde es vergessen. Heute. „Wir sind...“ „Wir waren in einer Schule. Bekannte am Rande,“ unterbrach Akane sofort. „Tja, war schön dich zu sehen, Kyoko, mach mich ja nicht ausfindig.“ „Warte, Usagi möchte mit dir reden!“, lallte Minako. Weit entfernt entdeckte Akane die euphorische Tsukino, die skeptische Hino und die abgelenkte Kino. Ein weiterer Grund zu fliehen. „Ne, danke...“ Und sie verschwand in der Masse, auf der Suche nach ihrer Schwester und einem Versteck vor ungeliebten Personen. Mamoru versuchte sich amüsieren. Wirklich. Er dachte, er fände hier, wie Usagi versprochen hatte, Entspannung, doch die ganze Veranstaltung ermüdete ihn, sobald er feststellte, dass er der Hahn im Korb war. Usagi nervte mit einem aufgesetzten Prinzessinnenverhalten und Rei, Minako, Makoto und diese Kyoko schienen nur kreischen zu können. Und Ami war nicht ausfindig zu machen, mit ihr hätte er zumindest ein medizinisches Fachgespräch führen können. Michiru ebenso nicht. Unauffällig entfernte er sich der Gruppe und wurde auch nicht vermisst. Erst stand er alleine herum, aß und trank, schließlich gesellte sich ein Mann gleichen Alters zu ihm, der auf der Flucht vor einem „Fangirl“ war. Er stellte sich als der Schauspieler Shota Kikuchi vor. Die beiden kamen ins Gespräch. Mamoru erzählte vom Medizinstudium und seiner Abschlussarbeit. Auch der Schauspieler hatte eigentlich Medizin studieren wollen, doch ein Modeljob führte ihn in diese Welt, die ihn nun gefangen hielt. „Ich finanziere mich durch Kellnern“, erzählte Mamoru. „Nicht sehr lukrativ, aber ich kann mich über Wasser halten.“ „Schade. Um ehrlich zu sein hast du die perfekten Wangenknochen, um einmal für die besten Marken vor der Kamera zu stehen.“ Shota Kikuchi grübelte. „So weit ich weiß, haben wir noch keine Besetzung für die Rolle eines attraktiven Anwalts.“ Mamoru schlug sich als Antwort auf die Stirn. Doch kein tiefgründiger, intelligenter Gesprächpartner, wie er zuerst gehofft hatte. Sie hatte sich Rei Zweifel zu Herzen genommen und es hatte ihr vom Herzen wehgetan, ihrer Freundin vorzugaukeln, dass sie sich nicht dafür interessiere. Ja, Sailor Sun war auch ihr suspekt, doch sie hatte keine andere Wahl, als ihr zu vertrauen, wenn sie weiter die Gegner bekämpfen wollte. Ohne diese rettende Hand gibt es keine Chance gegen diese Gestalten. Und chancenlos war eine Verwandlung in Sailor Moon unnötig. Und sie wollte Sailor Moon nicht aufgeben! Obwohl der Sekt gestreckt war, spürte Usagi die drei Gläser. Wie konnte Minako noch nach sechs Gläsern auf den Beinen stehen? Usagi wackelte auf die Toilette, um sich das Gesicht zu waschen. Ohne der erhofften Stütze von Mamoru, der irgendwohin verschwunden war. Genau so wie Ami... Dafür fand sie Akane, die ihr vor wenigen Minuten entwischt war. Ihr Leguan saß im Waschbecken. Das Wasser lief. „Ich muss ja Rika irgendwie Recht geben, du bist peinlich,“ murmelte sie dem Tier zu. „Immerhin hast du nicht...“ Sie brach ab, da sie Usagi im Spiegelbild entdeckt hatte. „Hi!“, sagte Usagi. Akane verdrehte Augen. „Lass mich in Ruhe und mach dein Geschäft.“ „Ich muss nicht. Ich wollt nur ein paar Minuten Ruhe. Und ich bin froh, dich hier zu treffen. Ich will mit dir reden.“ Akane hob den Leguan aus dem Waschbecken. „Ich hab aber leider zu tun.“ Usagi grinste: „Hast du gerade einen Flirt mit einem hübschen Jungen am Laufen?“ „Ähnlich. Ich verhandle grad mit ’nem Amerikaner über ’ne Rolle in ’nem Porno.“ Usagi stieß einen angeekelten Schrei aus und Akane knurrte: „Sag nicht, du hast das ernst genommen.“ Usagi wurde rot und schwieg – sie hatte sie beim Wort genommen. Akane versuchte den Leguan in ihre Tasche zu quetschen, was sich als etwas schwierig herausstellte, da der Leguan sich wehrte. Sie verfluchte ihn vulgär. Usagi nutzte diese Minuten, in denen Akane noch nicht verschwinden konnte, und redete: „Stimmt das, was Rei erzählt hat?“ „Was hat sie denn berichtet? Dass ich ’n Biest bin, gell?“ Usagi nickte bekümmert. „Da sie’s nicht verstanden hat, noch mal: Ich hab keine Alternative als die Dämonen durch Schläge auszutreiben. Irgendwie musste ich ja ihren Hintern retten. Und ja, die Betroffen können durch die Geißel sterben, aber die Wahrscheinlichkeit ist gering.“ „Es ist nicht nur das. Rei hat hellseherische Kräfte und meint, du würdest uns einmal in Schwierigkeiten bringen.“ Akane zuckte mit den Schultern: „Das erahne ich auch ohne hellseherische Kräfte.“ „Außerdem beziehst du aus derselben Quelle wie die Feinde deine Kräfte.“ Wieder zuckte sie mit den Schultern: „Kraftquellen an sich sind nicht böse, nur was man damit macht.“ Usagi musste daraufhin lächeln – das war genau die Antwort, die sie hören wollte. Ein Argument, das Reis Zweifel zumindest diesbezüglich ändern musste. So unverschämt Akane auch war, sie war nicht böse. Nur Sailor Suns Aura. Usagi wollte Akane darauf ansprechen, doch plötzlich ging die Tür auf. „Aus dem Weg!“, rief Rei und öffnete eine Toilettenkabine. Hinter ihr stürzte Makoto mit Minako huckepack herein. Kurz darauf hörte man jemanden erbrechen. „Sie hat zu viel getrunken“, erklärte Rei. Daraufhin fiel ihr Blick auf Akane Tayo und ihre Miene verfinsterte sich. Akane gab als Antwort ein breites Grinsen „Tja, da habt ihr ja jetzt genug Stoff zum Lästern. Und mit dir reicht’s mir.“ Akane hob den Leguan auf ihre Schulter. „Sieht dich halt jeder. Ciao, Lolitas!“ Sobald sie die Tür geöffnet hatte, riss Akane sie auch wieder zu. „Dreck...“, murmelte sie. Ami fragte sich, ob Tayo ihre Schwester nicht inzwischen gefunden und vergessen hatte, ihr Bescheid zu geben. Jedoch war der Saal riesig. Nicht einmal Makoto oder Minako hatte Ami wiederentdeckt und Usagi oder die ominöse Michiru getroffen. Doch dann kam es zum Erfolg. Rika Tayo sprach gerade mit einem älteren Herrn, trank Wein und drückte ihm eine Visitenkarte in die Hand. „Frau Tayo, darf ich Sie stören?“, sprach sie die Brillenträgerin an. Rika Tayo war sichtlich schon etwas betrunken und reagierte mit einem „Hä?“ „Akane hat mir gesagt, Sie hätten etwas, das ihr sehr wichtig ist.“ Die Brillenträgerin musterte sie: „Du bist doch diese Freundin.“ Das letzte Wort sprach sie mit einem sarkastischen Unterton aus. „Was soll ich denn haben?“ „Ein Amulett.“ „Ein Amulett? Ich hab kein Amulett.“ Sie überlegte kurz. „Ach du meinst dieses Rostding. Ja, das hab ich.“ „Akane hätte es gerne wieder.“ „Ne, das kriegt se ned.“ Rika drohte in den Osakadialekt zu fallen. „Sie hat ja scho das schiache Viech, da braucht’s ned a no des no!“ Ami hatte keine Ahnung, was die Brillenträgerin gerade gesagt hatte, doch ihr kam eine Idee: „Dann geben Sie es doch mir. Ihre Tasche kann sie stibitzen, um es wieder zurückzubekommen, aber sie wird nie vermuten, dass ich es habe.“ Einige Sekunden Stille. Ami glaubte schon, Rika Tayo würde diesen dummen Trick nicht durchschauen. Natürlich hatte sie vor, Tayo das Amulett zurückzubringen. Doch wahrscheinlich wegen des Alkoholpegels sagte Rika: „Tolle Idee!“ Sie kramte in ihrer Tasche und fand schließlich das Artefakt. „I glaub, es hat meine Tasche sowieso ganz dreckig gemacht.“ Sie legte es Ami in die offene Hand. Ami war überwältigt – das Amulett strahlte eine so unheimliche Macht aus und erfüllte ihren Körper mit einer Kraft, die sie noch nie wahrgenommen hatte. Das Alter des Schmuckstücks konnte sie in jeder Zelle spüren. Doch es jagte ihr keine Angst ein, das Artefakt hatte eine beruhigende Aura. Ami musste einfach ein wenig auf diese Quelle einer Kraft schauen, die sie nie haben würde. „Dankeschön.“ Als sie zu Rika wieder hochsah, hatte sie sich verändert. Sie stand kerzengerade da und ihre Augen waren glasig. Auch sie starrte auf das Amulett. Ehe Ami Fragen stellen konnte, ertönte ein schrilles Signal. Es war das Artefakt – der rote Stein in der Mitte leuchtete. „Starseed.“ Ihre Augen wanderten zu Rika. „SUNNAS STARSEED!“, schrie sie. Daraufhin packte Rika Ami am Blusenkragen und versuchte das Amulett aus ihrer Hand zu reißen. „DRECK!“, schrie Akane noch einmal. In Windeseile setzte sie den Leguan wieder in das Waschbecken und starrte ihn entsetzt an. „Was mach ich jetzt?“ Sie raufte sich die Haare. „Ich muss da raus! Hast du irgendwas, was mir helfen kann?“ Der Leguan züngelte. Akanes panisches Verhalten erinnerte die Mädchen an die letzte Begegnung mit der zweiten Furienschwester. „Was ist los?“, fragte Usagi. „Jetzt nicht! Ich muss denken... denken... Denk nach! Konzentrier dich!“ Akane holte tief Luft. Inzwischen ahnten Usagi, Rei und Makoto, was los war. Akane sprach es trotzdem aus: „Okay, da draußen wird irgendwer angegriffen und meine dämliche Schwester hat mir das Amulett geklaut!“ Sie holte noch einmal tief Luft – ihre Gestus wurde ruhiger, ihre Stimme jedoch nicht. „Ich bin wehrlos und meine Schwester ist unter den Feinden mit dem verdammten Amulett. Ich...“ Akane hielt inne, denn Usagi, Rei und Makoto hörten nicht mehr zu. Das Wort „Angriff“ war wohl ein Codewort gewesen, dass die Mädchen ihre Stäbe zückten und sich verwandelte. Was Akane noch auszuführen hatte, war wohl von keinem Interesse. Da standen nämlich plötzlich Sailor Moon, Sailor Mars und Sailor Jupiter... Sailor Venus kotzte noch in ziviler Gestalt. Reflexartig stellte sich Akane vor die Tür. „Lass uns durch!“, befahl Jupiter. Akane gefiel ihr Ton nicht. „Halt’s z’am. Wir brauchen ’nen Plan. Rika muss hier raus. Die Leute müssen hier raus...“ Angestrengt dachte Akane nach und ihre Augen huschten durch den Raum. Sie entdeckte den Brandmelder. „Lulatsch, hilf mir hoch!“ Sie deutete auf Jupiter. „Du bist größer als ich“, klagte sie. „Jaja.“ Sie kramte aus der Sakkotasche ein Feuerzeug, ein Relikt ihrer viermonatigen Zeit als Raucherin im letzten Schuljahr. Erst kletterte Akane auf das Waschbecken, dann weiter auf Jupiters Schulter, wo sie Probleme hatte, das Gleichgewicht zu behalten. Die Flamme des Feuerzeugs wurde vom Brandmelder kaum wahrgenommen. „Du bist ganz schön schwer,“ klagte Jupiter. „Du trägt Springerstiefel zu so einem Kleid?“ „Lass den...“ Ehe sie aussprechen konnte, verlor Akane das Gleichgewicht und fiel zusammen mit Jupiter hart auf den Boden. Akane war den Tränen nahe. „Dreck...“ Rei machte mit einem Klopfen auf Akanes Schulter auf sich aufmerksam. „Wenn du mich mal ran lassen würdest.“ Sie spannte den Feuerpfeil. „Macht des Mars, sieg!“ Der Angriff zeigte seine Wirkung zu gut. Die ganze Toilette brannte. Aber immerhin ging der Brandmelder an. Akane schlug sich auf die Stirn. Makoto hob Minako hoch und zerrte sie hinaus, Rei und Usagi folgten. Akane nahm den Leguan und trottete verstört heraus. Der Brand war nicht so schlimm wie erwartet und breitete sich nicht so schnell aus. Die Gäste und Gastgeber waren schon am fliehen. Die drei Sailorkriegerinnen umzingelten das besessene Opfer. Akane starrte auf den Leguan, der züngelte. „Ich weiß, was du vor hast,“ murmelte Akane. „Und denk nicht mal...“ Dann bemerkte sie, dass das Opfer Rika war. Erstaunlich viele Leute zeigten Zivilcourage. Erst versuchte man auf Rika einzureden, Ami loszulassen, was bei einer Besessenen nicht funktioniert. Mit aller Macht versuchte sie Ami das Amulett aus der Hand zu reißen, doch sie ließ es nicht zu. Das Artefakt wollte sich auch nicht stehlen lassen und schien an ihrer Haut festzukleben. Schließlich packte ein Mann Rika, sie ließ Ami vor Schreck los. Sie fiel hin, während Rika den Mann unmenschlich kreischend mit der Faust schlug. Mehrere Männer versuchten sie zu bändigen, doch erfolglos. Ami stolperte los, ignorierte helfende Hände. Dann erklang der Feueralarm. Sofort brach im ganzen Saal eine Panik los und man stürmte zum Ausgang. Ami wurde niedergestoßen, nun half ihr niemand mehr. Wie aus dem nichts erschien die besessene Rika Tayo vor. „STARSEED!“, kreischte sie. Wieder packte sie Ami, versuchte das Amulett zu entwenden, erfolglos. Sie stieß Ami zu Boden. Eine widerwärtige Masse schlang sich um ihre Hände, die das Artefakt noch immer umklammert hielten. „SUNNAS STARSEED!“ Mit diesen Worten wollte Rika eigentlich angreifen, wurde aber kurzfristig von einem Donnerschlag gelähmt. Sie wandte sich zu zwei bekannten Gestalten, die ihm schwachen Licht zu leuchten schienen. Ami bemerkte Sailor Mars auf einmal neben sich. „Alles in Ordnung?“, fragte sie. Ami nickte leicht benommen. Sie hatte das Artefakt noch. Es war alles gut. Sailor Moon sprach: „Du wagst es eine schöne Feier mit deinen bösen Machenschaften zu stören? Ich bin Sailor...“ Akane dachte mal wieder nicht im Traum daran, Sailor Moon ihre Predigt zu Ende sprechen zu lassen. Erst recht nicht, wenn das Opfer ihre Schwester war, die sie zu gerne selbst vermöbeln würde. Akane zerrte Rika an den Haaren, die animalisch kreischte, und hielt mit dem anderen Arm um die Hüften fest. „Labert nicht, handelt!“ Die Worte waren in erster Linie an Mars gerichtet. Trotz Abscheu gehorchte sie. Sie zog den Bannzettel und heftete ihn an die Stirn der besessenen Frau. Ihre Schreie verklangen. Und wie beim letzten Mal erbrach das Opfer eine Schlange, die sich zunächst gequält am Boden wand. Akane ließ ihre bewusstlose Schwester hart zu Boden fallen und ergriff die Tasche. Das Amulett war nicht zu finden. Sie überprüfte die Säcke ihres Blazers und den Ausschnitt, doch ihre Schwester hatte das Artefakt nicht mehr bei sich. Mit jeder Sekunde wurde ihr Atem kürzer. Das Amulett schien verschwunden... Ihre panische Suche endete erst, als sie hart auf den Boden aufschlug, direkt neben dem Leguan. Das Monster hatte sie wohl dorthin geschleudert. Der Kampf zwischen der Riesenschlange und Moon, Mars und Jupiter begann. Venus lag betrunken in einer Ecke und Merkur war noch zu geschockt. Und Sailor Sun war entmachtet. Sie beobachtete geistesabwesend den auswegslosen Kampf, die drei lagen verletzt auf den Boden. Da konnte auch Tuxedo Masks lyrische Preisung der Rose nichts mehr retten. Wie üblich tauchte er wie aus dem Nichts auf und sah sich kurz darauf schwer verletzt auf dem Boden liegen. Und Sailor Sun war entmachtet und konnte ihnen nicht helfen. „Ich weiß was du vor hast“, keuchte Akane den Tränen nahe, den Wunsch unterdrückend, die Beschwörungsformel zu rufen, was ja nichts bringen würde. Ohne Amulett. Obwohl die Mondprinzessin ihre Hilfe brauchte. Akane streichelte dem Leguan über den Kopf. „Mach, was du willst...“ Der Leguan öffnete das Maul. Von schmerzend hellem Licht begleitet flog der Armreif aus seinem Körper und wurde größer. Seine Macht lenkte das Schlangenmonster ab und die Sailorkriegerinnen blickten fasziniert auf den Gegenstand. In seiner Gegenwart verstand Akane, warum der Leguan sich weigerte, sie mit dem Armreif zu stärken. Seine Kraft war eine schmerzende Last, selbst wenn man ihn nicht trug. Sein Licht tat in den Augen weh. Seine Heiligkeit und sein Alter ließen einen minderwertig wirken. Akane hatte sich noch nie so bedeutungslos gefühlt. Der Armreif zerbrach in zehn Teile, was seine Wirkung schmälerte. Während vier Stücke durch ein geöffnetes Fenster rasten, näherten sich die restlichen sechs Ami, Minako, Usagi, Rei, Makoto, und Mamoru. Alle starrten wie hypnotisiert darauf. Schließlich vermengten sich die Bruchstücke des Armreifs mit deren Körper. Ob sie wissen, was ich ihnen da gebe, welche Macht ich opfere, ohne der ich den unheiligen Bastard nicht besiegen kann?, dachte Akane und schloss die Augen. Egal, ich kann’s eh nicht mehr brauchen. Ich hab mein Amulett verloren. Die Mädchen durchlebten ihre Metamorphosen – aus gelben Licht traten die von der Macht der Sonne gestärkten Kriegerinnen. Mars’, Merkurs, Jupiters und Venus’ Kostüm hatten sich kaum verändert – bloß ein gelber Streifen zierte von nun an ihre Uniformen. Sailor Moon trat jedoch anders auf – ihre Uniform bestand von nun an aus einem weißen, ärmellosen, kurzen Kleid und gelben Unterrock. Der Kragen war gelb, ihr Dekolleté zierte eine rote Masche in Form von Engelsflügeln. Tuxedo Mask blieb optisch unverändert – doch auch er spürte den Machtschub. Die fünf Mädchen atmeten simultan tief durch. Und dann sollte der Kampf von neuen beginnen. Das Monster war wieder angriffbereit. „Feuer des Mars!“, rief Sailor Mars als erste, „flieg!“ Sie warf eine Fackel auf das Ungeheuer. Es schrie. „Wasser des Merkur!“, rief Sailor Merkur, „flieg!“ Ein aus Wasser geformter Caduceus traf das Monster ins Auge und es wirbelte hysterisch herum. „Herzsteine der Venus“, rief Sailor Venus, „flieg!“ Ein Steinregen ging über die Kreatur und es stürzte zu Boden. „Blitz des Juipter!“, rief Sailor Jupiter, „flieg!“ Auf die Riesenschlange gingen Blitze nieder. Einmal schrie das Monster noch und schließlich löste es sich in Rauch auf. Akane musste grinsen. Und das gehört jetzt nicht mir... ich kann ja die Macht der vier Helferinnen schon kaum fassen. Was Sailor Moon wohl drauf hat? Was ICH draufgehabt hätte? Sailor Moon stellte sich dieselbe Frage. Sie schaute auf sich herab. Egal, was sie nun vermochte, sie wusste, wie sehr ihre Macht gestiegen war. Allein das Kribbeln an ihrer Haut verriet es. Während die Mädchen irritiert auf sich herabblickten, wandte sie sich an Akane. „Das warst du, oder?“ Akane starrte mit hasserfüllten Augen auf Moon. Da verlor sie ihre Kräfte und diese Weiber bekamen eine, die sie kaum verstanden. „Jetzt sind wir gleichgestellt. Ihr trägt die Energie der Sonne in euch. Dieselbe Quelle, wie sie die Feinde haben.“ Rei wurde bei diesen Worten hellhörig. „Und nutzt sie gut. Ich hab meine gerade verloren.“ Erst jetzt bemerkten die Mädchen, dass Akanes Gesicht von Tränen überströmt war. Und Merkur fiel es plötzlich wieder ein – sie lief zu Akane und reichte ihr das Amulett. „Hier. Rika wollte es mir stehlen, aber ich habe es beschützt.“ Sie sagte das mit Stolz. „Tut mir leid, in der Aufregung habe ich fast vergessen.“ Akane starrte mit großen Augen auf das Artefakt und nahm es. Jedes Gefühl der Hilflosigkeit und Nacktheit verschwand. Stattdessen kam Wut. „DU DÄMLICHE KUH!“ Sie stieß Ami um. „Ich hätte fast ’nen Herzinfarkt gehabt, weil ich dachte ich hätte es verloren!“ Akane hob den Leguan auf ihre Schultern und stampfte weg. Moon, Mars, Jupiter und Venus wollten sie jeweils aufhalten, doch sie wimmelte alle vier ab. „Fasst mich nicht an! Ich pfeif auf euch. Ich brauch euch jetzt nicht mehr die Hintern zu retten! Sprecht mich in Zukunft nie wieder an!“ Sailor Moon wollte sie aufhalten, doch Merkur hielt sie davon ab. „Sie ist zu aufgewühlt.“ Missmutig verstand Moon den Rat und ließ Akane gehen. „DER ARMREIF!“, schrie Mithras so laut, dass Allekto zusammenzuckte. „SUN HAT DER MONDPRINZESSIN DEN SCHEISSARMREIF GEGEBEN! DIESER UNWÜRDIGEN KREATUR!?“ Allekto nickte. Zum ersten Mal hatte sie Angst, dass Mithras ihr etwas antun würde. Es traf immer die Überbringer schlechter Nachrichten. Und so kam es auch. Von einer Druckwelle wurde Allekto niedergeworfen. „Das wird sie mir büßen“, murmelte Mithras. „Das wird diese Schlampe mir büßen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)